Die „Abenteur des braven Soldaten Schwejk” in Österreich
Josef Švejk

Dokumente

Klara Köttner-Benigni und Konrad Biricz

Die „Abenteur des braven Soldaten Schwejk” in Österreich

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In mehreren Folgen von „Volk und Heimat” werden die an der burgenländisch-niederösterreichischen Grenze bei Bruckneudorf gelegenen Schauplätze der ,,Abenteuer des braven Soldaten Schwejk” von Jaroslav Hašek geschildert und kommentiert. Anlaß für deren Erarbeitung war das UNESCO-Jubiläum zum 100. Geburtstag von Hašek im Jahre 1983. In dankenswerter Weise hat sich Konrad Biricz aus Bruck an der Leitha mit lokalhistorischen Forschungen und durch bildliche Dokumentation der Schauplätze an der vorliegenden Arbeit beteiligt.


    I.   Folge: Einleitung
            Textstellen zum „Schwejk”
            K. Biricz: Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im „Schwejk”, 
            Teil I

    II.  Folge: Anmerkungen zum „Schwejk”, Teil I
            K. Biricz: Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im „Schwejk”,
            Teil II

    III. Folge: Anmerkungen zum „Schwejk”, Teil II
            K. Biricz: Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im „Schwejk”,
            Teil III
			
    IV.  Folge: K. Biricz: Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im „Schwejk”
            Abschließende Darlegungen zur Rezeption des „Schwejk”,
            Teil IV

Einleitung

Klara Köttner-Benigni

Die „Abenteuer des braven Soldaten Schwejk” (im folgenden „Schwejk” abgekürzt)1 von Jaroslav Hašek führen von Böhmen nach Niederösterreich, ins Burgenland, nach Ungarn, ferner Polen und in die Sowjetunion; u.zw. verweilt der Autor im ersten Teil, „Im Hinterlande”, in Prag, wendet sich im zweiten Teil, „An der Front”, südlich von Prag hauptsächlich nach Tábor, Putim, Písek und České Budějovice, ehemals Budweis, in weiterer Folge nach Wien und nach Bruck an der Leitha beziehungsweise Bruckneudorf, ehemals Királyhida, im dritten Teil, „Der glorreiche Zusammenbruch”, bleibt er zunächst in Bruckneudorf, in weiterer Folge bewegt er sich nach Budapest und in kleinere ungarische Siedlungen, schließlich u.a. nach Sanok und in die Umgebung von Sambor, d.h. auf polnisches, jetzt sowjetisches Gebiet; der vierte Teil des „Schwejk”, „Fortsetzung des glorreichen Debakels”, ist ein kürzeres Fragment, das auch in geografischer Hinsicht an den dritten Teil anschließt.

Wien wird im „Schwejk” auf knapp drei Seiten als Schauplatz nur gestreift, die Handlung beschränkt sich dort auf den Empfang des Budweiser Infanterieregiments 91 durch das Österreichische Rote Kreuz, die Ausspeisung der Soldaten und ein Gespräch im Zusammenhang mit Schloß und Tiergarten Schönbrunn. Bruck an der Leitha und Királyhida hingegen bilden auf 81 Seiten den lokalen Hintergrund.2 Dem Umfang nach hat ein Achtel des Buches seinen Schauplatz in Bruck an der Leitha und in Királyhida, wenn Schwejk bei seinen Erzählungen auch immer wieder in alle Himmelsrichtungen, am liebsten Richtung Böhmen, ausschwärmt.

Autobiografische Züge sind in dem Buch unverkennbar. Hašek wurde am 17. Feber 1915 zum Militärdienst einberufen, u.zw. als Maturant nach kurzer Zwischenzeit zu den Einjährigfreiwilligen und Offiziersanwärtern.3 Den Dienst trat er beim Infanterieregiment 91 in Budweis an. Gegen Mitte Mai5 wurde das Regiment, wie Hašek es im „Schwejk”, für damals richtig,ausdrückt, „nach Ungarn”8, im Juni wurde sein Bataillon an die galizische Front verlegt7,8.

Es stimmt, daß in Ungarn, nämlich Királyhida, „Marschbataillone”, d.h., für den Fronteinsatz vorgesehene Bataillone, „zusammengestellt” wurden, nachdem die Soldaten dort „im Feldschießen ausgebildet” worden waren; wie es Hašek im „Schwejk” beschreibt.9 Das sogenannte Brucker Lager, nämlich Militärlager, bekam „ständig Zuzug von Soldaten aller Nationen der Monarchie”; sie wurden „hier ausgebildet” und gingen anschließend „zu ihren Einheiten” oder „an die Front”.10 Garnison im strengen Sinn des Wortes war das „Brucker Lager” nie, aber „ganze Verbände bekamen hier ihre Schießausbildung”.11 Das „Brucker Lager” hatte Unterkünfte für 15.280 Mann, mußte im Ersten Weltkrieg aber oft 20.000 Mann aufnehmen12, manchmal sogar noch mehr13. Das 91. Regiment war dort bis 1. November 1918 stationiert.14

Textstellen im „Schwejk”

Klara Köttner-Benigni

Das aus Anlaß des 100. Geburtstags von Jaroslav Hašek 1983 weltweit und von der UNESCO offiziell gefeierte Jubiläum war die hauptsächliche Anregung dafür, die im „Schwejk” insbesondere auf Bruck an der Leitha und Királyhida beziehungsweise Bruckneudorf bezogenen Textstellen in einer Dokumentation festzuhalten und die von Hašek erwähnten Gebäude, Verkehrswege usw., soweit sie bis in die Gegenwart erhalten sind oder soweit von ihnen ältere Ansichtskarten greifbar waren, auch in Abbildungen beziehungsweise in Plänen zu zeigen. Vorweggenommen sei, daß sich viele dieser Örtlichkeiten auf dem Areal des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf, im „Brucker Lager”, befinden und daß es dem Entgegenkommen des Österreichischen Bundesheeres zu danken ist, wenn Fotos davon publiziert werden können. Insgesamt sind von der Verfasserin ungefähr 70 Textstellen des „Schwejk” notiert, zum größeren Teil an Konrad Biricz, Bruck an der Leitha, zur Erhebung weitergegeben, zum kleineren Teil nach Durchsicht einschlägigen Archivmaterials, einschlägiger Literatur usw. selbst behandelt worden.

Band 115

S. 288: „Schwejks Erlebnisse in Királyhida. Das Einundneunziger Regiment übersiedelte nach Bruck an der Leitha, nach Királyhida.”

S. 324: „Über das Militärlager in Bruck breitete sich nächtliche Stille. In den Mannschaftsbaracken zitterten die Soldaten vor Kälte, und in den Offiziersbaracken wurden die Fenster geöffnet, weil die Baracken überheizt waren. - An anderer Stelle erwähnt Hašek den „eisernen Ofen” einer Baracke (Bd. 2, S. 16) - Unten in Bruck an der Leitha glänzten die Lichter der k.u.k. Fleisch-konservenfabrik, wo Tag und Nacht gearbeitet und allerhand Abfälle verarbeitet wurden.”

S. 325: „Von einem verlassenen Pavillon aus, wo in Friedenszeiten irgendein Photograph die Soldaten photographiert hatte, die ihre Jugend auf der Militärschießstätte verbrachten, konnte man unten im Tal der Leitha das rote elektrische Licht des Bordells ,Zum Kukuruzkolben’ sehen, das Erzherzog Stephan während der großen Manöver bei Sopron im Jahre 1908 mit seinem Besuch beehren sollte. Täglich versammelte sich hier eine Offiziersgesellschaft. - Es war das beste verrufenste Lokal, das gemeine Soldaten und Einjährigfreiwillige nicht betreten durften. — Die gingen ins 'Rosenhaus’, dessen grüne Lichter man ebenfalls von dem verlassenen Photographenatelier aus sehen konnte. — Bruck an der Leitha erstrahlte, ebenso wie auf der ändern Seite der Brücke Királyhida leuchtete. Zisleithanien und Transleithanien. In beiden Städten, in der ungarischen sowie in der österreichischen, spielten Zigeunerkapellen, strahlten die Fenster der Kaffeehäuser und Restaurants, sang und trank man.”

S. 328: Oberleutnant Lukasch zu Schwejk: „Wissen Sie, wo in Királyhida die Sopronyi utca16 ist?” „Schreiben Sie sich auf ein Stückchen Papier auf: Sopronyi utca, Nummer 16’. In dem Haus ist ein Eisengeschäft... Der Laden gehört einem Magyaren, einem gewissen Kakonyi... Oben über dem Laden ist der erste Stock, und dort wohnt er.”

S. 329: „Oberleutnant Lukasch hatte ursprünglich nicht die Absicht gehabt, lange auszubleiben. Er war gegen Abend aus dem Lager in die Stadt gegangen, um das magyarische Theater in Királyhida zu besuchen. Man spielte eine magyarische Operette, deren Hauptrollen mit molleten jüdischen Schauspielerinnen besetzt waren.” Weiter unten erwähnt Hašek in dem Theater eine „Galerie”, ein „Parkett” und eine „Garderobe”.

S. 330: Hier bezeichnet Hašek dieselbe Bühne als „Stadttheater”.

S.330: „Oberleutnant Lukasch ... ging in die Stadt, wo er in der großen Weinstube 'Zum Erzherzog Albrecht’ mit einigen Offizieren vom 91. Regiment zusammentraf... Überaus gut gelaunt, begab er sich dann in das kleine Kaffeehaus 'Zum Kreuz des heiligen Stephan’, zog sich in ein kleines Chambre séparée zurück...’

S. 332: Hier ermähnt Hašek eine „Kaserne”, die weiter unten einem „Landwehr (regiment)” zugeordnet werden kann. Ferner führt er den „Neusiedler See” an. Vor einem „Wirtshaus am Neusiedler See” nennt er ein Wirtshaus „Rotes Lamm” in Bruck, ferner die Gemeinde „Pausdorf”.

S. 334: Hier erwähnt er in oder bei einer Gemeinde am Neusiedlersee den „Boden in einem Bauernhof”, wo man sich „ganz unterm Dach im Heu vergraben” kann, sowie „unterm Wald Heuschober”.

S. 334: Hier erwähnt Hašek im Lager eine „Schule” sowie „beim Fluß zwischen den Gärten” ein „Lokal, still wie eine Kapelle”, und daneben „noch ein Lokal”.

S. 336: Hier erwähnt er die „Ziegelei”.

S. 336: Hier erwähnt er die „Eisenhandlung Kakonyi” im „ersten Stock” des Hauses Sopronyi utca 16” in Királyhida, in dem Haus eine „Einfahrt” sowie ein „gegenüberliegendes Haus”.

S. 342: Hier führt er die „Hauptwache” an.

S. 344: Hier erwähnt Hašek ein „Divisionskommando”. An anderer Stelle erwähnt er dessen „Kanzleien in einer anderen Baracke” (S. 358), an anderer Stelle ein „Regimentskommando” (S. 348), eine „Regimentskanzlei” (S. 347) und verschiedene andere, Kanzleien usw.

S. 351: Hier nennt er das „Divisionsgericht” und beschreibt es als ein „mit Gittern versehenes Gebäude”. Ferner beschreibt er einen „Arrest” mit „Bänken” und behauptet, daß es in diesem „keine Pritschen” gab.

Band II17

S. 7: „Aus Bruck an der Leitha nach Sokal. Oberleutnant Lukasch ging aufgeregt in der Kanzlei der 11. Marschkompanie auf und ab. Es war ein dunkles Loch in der Kompaniebaracke, vom Gang durch einen Bretterverschlag getrennt18. Ein Tisch, zwei Stühle, eine Kanne mit Petroleum und eine Pritsche.”

S. 8: Hier erwähnt Hašek eine „Offiziersmenage”, an anderer Stelle schreibt er von einer „Offiziersküche” (S. 27).

S. 10: Oberleutnant Lukasch zu Rechnungsfeldwebel Waňek: „Vorgestern bei der Nachtübung haben wir, wie Sie wissen, gegen die Einjährigfreiwilligenschule hinter der Zuckerfabrik manövrieren sollen.”

S. 19: Hier erwähnt Hašek die „Musik” (im Sinn von Musikbaracke).

S. 20: Hier erwähnt er ein „Magazin”, in dem „Konserven für die Kompanie” gefaßt werden sollen.

S. 23: Hier führt er eine „Kantine” an.

S. 24: Hier erwähnt er eine „Allee”.

S. 25: Hier erwähnt er den „Bahnhof”.

S. 31: Hier erwähnt er ein „Offizierskasino"

S. 34: Hier erwähnt er „Kaffeekonserven” aus den „Kompanieküchen".

S. 43: Der Gefreite Peroutka von der 13. Marschkompanie wurde am Morgen bei der „Weißen Rose” in Bruck gefunden. Er redete sich aus, daß er das bekannte „Glashaus des Grafen Harrach bei Bruck” besichtigen hatte wollen.

S. 195: „Besonders viel wird gestohlen beim "Roten Kreuz", erklärte Koch Jurajda ungemein erzürnt. "Ich habe in Bruck einen bekannten Koch gehabt, der für die Schwestern in der Baracke gekocht hat ...”

Anmerkungen

Im allgemeinen wurde von jeder Lokalität usw. nur eine Textstelle angegeben.

Die Bilddokumentation, die Konrad Biricz auf Grund meiner Angaben erarbeitet hat und die wie meine Abhandlung vier Teile umfaßt, kann nicht als Illustration meiner Abhandlung betrachtet werden, sondern weist ihre eigene Systematik auf. Alle acht Teile zusammen ergeben in Text und in Abbildungen eine weitgehend vollständige Darstellung der "Schwejk”-Schauplätze in Österreich.

Anmerkungen zum "Schwejk" Teil I

Klara Köttner-Benigni

Királyhida, das magyarische Stadttheater und die Frau Kakonyi in der Sopronyi utca

Der Satz im "Schwejk”: „Das Ein-undneunziger-Regiment übersiedelte nach Bruck an der Leitha, nach Királyhida” (Bd. 1, S. 288) läßt grammatikalisch zwei Auslegungen zu, nämlich die eine, daß nacheinander verschiedene Ortsnamen aufgezählt werden, und die andere, daß einem deutschen Ortsnamen dessen ungarische Form folgt. Hašek scheint jedenfalls nur einen ungenauen Begriff von der Grenze zwischen den beiden Gemeinden gehabt zu haben, obwohl diese, genau gesagt, sogar in zwei verschiedenen Reichshälften lagen. Mit dieser Beiläufigkeit war er zu seiner Zeit aber durchaus nicht allein. Je nach österreichischem oder ungarischem Standort wechselten für die Bevölkerung die Namen. Die österreichische Stadt Bruck an der Leitha hatte (im Gegensatz zu ungarischen Gemeinden jenseits der Grenze) auch offiziell nur einen deutschen Namen, wurde aber von der Bevölkerung des Burgenlandes sogar noch viele Jahre nach dessen Angliederung an Österreich 1921 mit der bereits 1898 von Bruck abgetrennten Gemeinde über der Leitha, nämlich Királyhida, namentlich gleichgestellt, das heißt, ebenso genannt.19 Die Einheit der beiden Gemeinden ebenso wie die  Vorstellung von deren ähnlich städtischem Charakter lebte noch lange weiter, obwohl Királyhida, vom Militärlager abgesehen, lan§e Zeit nur aus wenigen, allerdings teilweise einstöckigen Häusern bestanden hatte. Aus der Zeit vor dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867, nämlich 1856, stammt eine Katastralmappe Bruck an der Leitha, auf der das spätere Királyhida als "Stadt Bruck .an der Laytha ungarischer Seits” aufscheint und als zum "Oedenburger Distrikt, Wieselburger Comitat” zugehörig angegeben wird (Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt). Auf Blatt 5 dieser Katastralmappe ist deren Ortsried mit dem Bahnhof zu sehen; das Militärlager wurde erst 1867 errichtet, und erst danach entstand die Siedlung.

Hašek, dem es auf topografische Genauigkeit offenbar nur in begründeten Fällen angekommen ist, läßt Oberleutnant Lukasch im „Schwejk” eher wahllos in Brucker oder Királyhidaer Lokale gehen; wahllos im Hinblick auf deren Standort in einer der beiden Gemeinden. So besucht der unternehmungslustige junge Offizier auch ein „magyarisches Theater” in Királyhida (S. 329), in dem eine sehr pikante, natürlich magyarische Operette gespielt wird. Konrad Biricz konnte ein festes Theater in Királyhida nicht nachweisen, auch Rudolf Stadlmayer erinnert sich an ein solches nicht, und es ist sicher, daß in der betreffenden Zeit (oder in einer anderen) dort keines bestanden hat. Wie Konrad Biricz erkundete, haben im Királyhidaer „Schöberl-Garten” (Bahnhofplatz) um die betreffende Zeit einheimische Kinder zunächst in einem Theaterzelt, später in einer Theaterbaracke bei Wohltätigkeitsveranstaltungen Lieder vorgetragen usw.; möglicherweise haben dort auch andere Aufführungen stattgefunden. Rudolf Stadlmayer blieb im erwähnten „Schöberl-Garten” eine Kinobaracke' in Erinnerung, die „Ungarisches Kino” genannt wurde20, was doch eine deutliche Wortverbindung zu einem „ungarischen” oder „magyarischen Theater” ergibt. Tatsache ist aber, daß Hašek im Zusammenhang mit dem „magyarischen Theater” an anderer Stelle ausdrücklich von einem „Stadttheater” mit Parkett, Galerie und Garderobe schreibt (S. 330) und daß damit kein provisorisches Bauwerk, keine Varietébude oder ähnliches gemeint sein konnte. Es ist so gut wie sicher, daß er sich in erster Linie auf das „Sommertheater" am Bahnhofgürtel bezieht, das (entsprechend einer der im Verlag Effenberger hergestellten „Album-Karten”) sogar „Stadt-Theater” heißt; das bedeutet, daß er die späteren „Arbeiterheim Lichtspiele” meint, die schließlich „Film Casino” genannt worden sind und in der in Raiffeisengürtel umbenannten Straße liegen. Das „Sommertheater” wurde 1904 zu dem Zweck erbaut, Soldaten „Unterhaltung zu bieten”21, und es hat sicherlich kein gehobenes Programm gebracht.

Hašek könnte es selbst besucht, jedenfalls gekannt haben, und vielleicht hat er es mit dem „Ungarischen Kino” verquickt. Der Raiffeisengürtel liegt eindeutig im Stadtgebiet von Bruck an der Leitha, nicht auf der Ortsried von Királyhida wie das „Ungarische Kino”, demnach zur betreffenden Zeit nicht in Ungarn. Für Hašek waren solche Fakten, wie oben angedeutet, ziemlich unwichtig. Worauf es ihm in seinem Konzept angekommen zu sein scheint, ist, ein „magyarisches Theater” auf „magyarischem” Boden zur Verfügung zu haben, in dem Oberleutnant Lukasch die attraktive Ehefrau eines „magyarischen Herrn” kennenlernen kann (S. 329). Der Hinweis einer gefälligen Garderobefrau, daß „hier alles durcheinandergemischt” ist, nämlich magyarisch und deutsch (S. 330), stimmte weit eher für das ungarische Királyhida als für das österreichische Bruck an der Leitha. Doch erweist sich diese Tatsache im Zusammenhang ais bedeutungslos. Hašek legt in einer Methode, die der fotografischen Sandwichtechnik ähnelt, oder in einem Prozeß, der ähnlich einer „Verdichtung” im psychoanalytischen Sinn abläuft, bestimmte Vorstellungen übereinander, verbindet mehrere Örtlichkeiten, Persönlichkeiten usw. nach Bedarf zu einem Ganzen, das einem einzigen Ziel dient: seine literarische Absicht bildlich zu verdeutlichen. Zunächst zum Namen des „magyarischen Herrn”, „Kakonyi”, im tschechischen Original „Kákonyi” geschrieben. Er ist in Bruck an der Leitha und in Bruckneudorf unbekannt. Im Deutschen klingt der Name unauffällig, „typisch magyarisch”. Vermutlich ist es ein Zufall, daß die beiden ersten Silben „ka-ko” lauten, beziehungsweise daß „kako”, das als griechisches Bestimmungswort eindeutig Negatives bezeichnet, so „schlecht”, „übel”, „miß-” usw., hier aufscheint — Hašek war das vielleicht gar nicht bewußt. Eher wird zutreffen, daß er die im Ungarischen bei „kak-” gegebenen Assoziationen zu Hahn, Kuckuck usw. gezielt herangezogen hat, die im Zusammenhang mit einem Menschen auch nicht gerade schmeichelhaft klingen. Natürlich ist licht auszuschließen, daß Hašek, jer sonst vielfach wirkliche Namen verwendet, wenn auch manchmal verballhornt, den Namen Kakonyi einfach erfunden hat.

Nun zu den Straßenbezeichnungen: Nicht nur Oberleutnant Lukasch bewegt sich in die ,,Stadt”, wenn er nach Királyhida geht. Ebenso in die Stadt bewegt sich sein Offiziersdiener Schwejk, wenn er in Királyhida die "Sopronyi utca" (Ödenburger Straße)22 sucht, was ihm ausdrücklich aufgetragen ist. Er bewegt sich sogar in die Stadt "hinunter", was insofern selbstverständlich ist, als das Militärlager jedenfalls höher liegt als das dichter bebaute Gebiet (S. 328). Das angepeilte Haus liegt in der Sopronyi utca ausdrücklich auf Nr. 16. Die Nummer dürfte allerdings bedeutungslos sein; in der ersten Fassung des „Schwejk” lautet sie 13.23 Im Text ist bei der Schilderung des Hauses von einer "Einfahrt” (S. 336) und einem "ersten Stock” (S. 328) die Rede, schließlich von einem „gegenüberliegenden Haus” (S. 341), was darauf hinweist, daß es sich nicht um ein alleinstehendes Haus handelt. In der ersten Fassung des ,,Schwejk” wohnt die gesuchte Etelka Kakonyi in der „Pozsonyi utca” (Preßburger Straße), erst in der zweiten in der „Sopronyi utca”.24 Soweit bekannt, hat es weder in Királyhida noch in Bruck an der Leitha jemals eine nach Preßburg benannte Straße gegeben (die Richtung Preßburg führende Straße heißt nach einer auf der Strecke liegenden Stadt bis jetzt Hainburger Straße). Auf Landkarten und Plänen aus älterer Zeit tragen verschiedene Straßenzüge des Gebietes den Namen „Ödenburger Straße” (mit unterschiedlicher Schreibweise).

Die Verfasserin hat eine „Oedenburger Straße” bereits auf der "Perspektivkarte des Erzherzogtums Österreich Unter der Enns des Franz Schweickhardt Ritter von Sickingen, Umgebung von Pruegg (Bruck) an der Leitha”, aufgefunden, eine sich (vermutlich schon von Bruck) nach Parndorf, jedenfalls von letzterer Gemeinde nach Süden ziehende Straße; allerdings ist die aus 1830 stammende Karte wahrscheinlich zu alt, als daß sie einen Beweis für Straßennamen zur Zeit des Ersten Weltkrieges könnte (Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt). In einem von Rudolf Stadlmayer publizierten und auch Konrad Biricz im Original bekannten kolorierten Plan des südlichen Teiles von Bruck und dem heutigen Bruckneudorf ist eine „Strahse von Ödenburg” eingezeichnet, die, vom Süden her über das Leithagebirge kommend, in Bruck einmündet; doch auch dieser aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, jedenfalls aus der Zeit vor 1867 stammenden Plan (in dem nämlich noch kein Militärlager eingezeichnet ist) gibt für spätere Straßenbezeich-nungen keinen verläßlichen Anhaltspunkt25; er läßt aber immerhin vermuten, daß der Name „Ödenburger Straße” überliefert worden ist. Auch auf jüngeren Landkarten zeigt die Fortsetzung dieses Straßenzuges, die „Windner Straße”, keine Häuser, und bis in die Gegenwart ist sie sehr wenig verbaut, so daß die Aufforderung Oberleutnant Lukaschs an Schwejk, in die „Stadt” zu gehen, dem Bild dieser einsamen Straße widerspricht. Die von Konrad Biricz auf einer Landkarte aus der Zeit um die Jahrhundertwende entdeckte, neben dieser Straße zwischen „Neuem Barackenlager” und Lagerspital allein stehende „Villa Nagy” könnte auf einen ungarischen Besitzer hindeuten, ergibt aber doch eine allzu fragwürdige Gedankenverbindung zu dem magyarischen Ehemann Etelka Kakonyis. Weit entfernt von dieser Villa war das Regiment 91 allerdings nicht untergebracht. Wie Konrad Biricz auf Grund eines militärischen „Situations-Planes” von 1915 feststellte, bestand im „Neuen Lager” eine Baracke 186, wie sie im „Schwejk” erwähnt wird (Bd. 2, S. 152).

Schließlich erscheint es so gut wie ausgeschlossen, daß Schwejk und der sich ihm zugesellende Kamerad Woditschka auf dem Weg zu der von Oberleutnant Lukasch hochverehrten Dame bei dem begreiflichen Wunsch, sich in einem Weinlokal zu erfrischen und für das überaus gefährliche Vorhaben zu stärken, vom Lager zuerst ins „Rote Lamm”26, das ausdrücklich in Bruck lokalisiert ist (Bd. 1, S. 332), und dann durch das Lager zurück in eine Sopronyi utca marschieren.

Besonders die Tatsache, daß Hašek zunächst eine Preßburger Straße, später eine Ödenburger Straße nennt, sollte davon abhalten, diese Straßen als „Schauplatz” des „Schwejk” zu betrachten. In verschiedenen Gemeinden der weiteren Umgebung gab und gibt es sowohl Ödenburger als auch Preßburger Straßen. Vielleicht ging Hašek in diesem Zusammenhang überhaupt nicht von örtlich fixierbaren Straßenzügen aus, wußte er lediglich, daß Zentralorte durch „Post- und Commercial'straßen” verbunden waren, die nach diesen benannt zu werden pflegten. Daß der Straßenname vorkommt, konnte er unabhängig von einem konkreten Wissen annehmen, und weil er eine genaue Anschrift brauchte, setzte er eine Hausnummer dazu. Aufschlußreicher als die wechselnde Straßenbezeichnung mit der wahrscheinlich erfundenen Hausnummer ist die ebenfalls wechselnde Berufsbezeichnung des Ehemanns von Etelka Kakonyi. In der ersten Fassung des „Schwejk” betreibt er in seinem Haus einen Papierwaren-, in der zweiten einen Eisenwarenhandel.27 Schriftliche Unterlagen bei Interessenvertretungen usw. fehlen, eine Spekulation aber sei erlaubt: Hašek dürfte bei seinen Spaziergängen durch Bruck verschiedene Geschäfte gesehen haben, an die er sich später erinnerte, und es ist so gut wie sicher, daß von ihm und anderen Soldaten u.a. „Heinrich Effenberger’s Papier- und Galanteriewarenhandlung” Ecke Kirchengasse — Haydngasse beachtet worden ist. Effenberger führte laut Geschäftsschild auch „Militär-Bedarfsartikel, Zeitungen, Spielwaren”, und er hatte außerdem einen Verlag, von dem Ansichtskarten vertrieben worden sind.23 Der Wechsel Hašeks von einer Papier- zu einer Eisenhandlung erscheint nur auf den ersten Blick gravierend, die Entwicklung der beiden Branchen erweist den lange bestehenden Zusammenhang zwischen ihnen.29 Ein solcher könnte im Bewußtsein Hašeks noch nachgewirkt haben — wenn seine Entscheidung nicht einfach eine willkürliche war. Ähnlich anderen Brucker Geschäftshäusern war auch das Haus von Effenberger einstöckig und im übrigen so gelegen (nämlich anderen Häusern gegenüber), daß es den Schauplatz für die erdachte Tragikomödie im Hause Kakonyi abgeben hätte können!

Die Lokalisierung des Hauses Kakonyi, nicht nur in einer bestimmten Straße, sondern auch in einer bestimmten Siedlungseinheit allerdings stößt auf Schwierigkeiten. So rechnet Hašek Királyhida nicht nur zum Stadtgebiet, er bezeichnet es ausdrücklich als „Stadt”, z.B., wenn er von der „ungarischen” (im Gegensatz zur „österreichischen”) schreibt (S. 325). An anderer Stelle wieder verlegt er sogar das in Királyhida liegende Militärlager nach Bruck an der Leitha (S. 345), wie das auch von anderer Seite oft geschah. Das läßt die Vermutung zu, daß Hašek nach seinen Erinnerungen und mit seiner Fantasie sich einen magyarischen Geschäftsmann schuf, daß er diesen in der „magyarischen” oder ,,ungarischen Stadt” Királyhida ansiedelte, daß er dessen Haus, sich Brucker Häuser entsinnend, nach Bruck versetzte. Im weniger verbauten Királyhida mit seinem kleinen Ortskern ist ein Geschäft der geschilderten Art 1915 kaum vorstellbar (wenn es auch andersartige Geschäfte gegeben hat). Ein äußerer Schauplatz für die Affäre Kakonyi wird kaum zu finden sein — der Schauplatz waren die Bilder in der Vorstellung Hašeks, eine Verbindung von dessen Eindrücken und Gedanken.

Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im „Schwejk”

Konrad Biricz

In mehreren Folgen von „Volk und Heimat” werden die „Schwejk”-Schauplätze auf Ansichtskarten gezeigt. Sie stammen ungefähr aus der Zeit, die Jaroslav Hašek im „Brucker Lager” zugebracht hat. Größtenteils sind sie meiner Privatsammlung entnommen. Ebenso wie die Ansichtskarten stammen auch die gezeigten Pläne aus dieser Zeit. Einzelne Schauplätze werden sowohl in historischen als auch in Aufnahmen gezeigt, die in den Jahren 1981 bis 1983 gemacht worden sind (einzelne Jahreszahlen werden gesondert angeführt).

Unter den Abbildungen stehen kurze Angaben. Nach den Fußnoten zu den einzelnen Textabschnitten finden sich ausführlichere Anmerkungen.

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1. Neues Barackenlager
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2. Mannschaftsbaracke, altes Lager
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3. Offiziersbaracke und Allee
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4. Mannschaftsbaracke, Innenansicht
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5. Offiziersbaracke, Dr. Radko Pytlík und Obstl. Bärnthaler
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6. Ehemaliger Offiziersbaracke, Pytlík und Bärnthaler
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7. Kommando der k.u.k. Armeeschießschule
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8. Schießstände der k.u.k. Armeeschießschule
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9. Schießschule, davor Dr. Pytlík und Obstl. Bärnthaler
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10. Lagerhauptwache
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11. Administrations-Pavillon des k.u.k. Truppenspitals
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12. Ehemaliger Offizierskasino II. Heute Gardehaus
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13. Offizierskasino, unter Denkmalschutz
Teil I
„Brucker Lager”, Bruckneudorf (Királyhida) (Bd. 1, S. 324)
  1. Neues Barackenlager (1914/15)
  2. Mannschaftsbaracke (S. 324, Altes Lager.
  3. Offiziersbaracke, daneben Allee (Bd. 2, S. 24)
  4. Mannschaftsbaracke, Innenansicht
  5. Offiziersbaracke (21iger Baracke”), unter Denkmalschutz, noch als Gästehaus in militärischer Verwendung, davor Hašek-Forscher Dr. Radko Pytlík (Prag) und Oberstleutnant Alfred Bärnthaler (1983) (Bd. 1, S. 324)
  6. Ehemaliger Offiziersbaracke, noch in anderweitiger militärischer Verwendung, davor Dr. Pytlík und Obstl. Bärnthaler
  7. Kommando der k.u.k. Armeeschießschule, unter Denkmalschutz (S. 325)
  8. Schießstände der k.u.k. Armeeschießschule
  9. Schießschule, noch in gleichartiger Verwendung, davor Dr. Pytlík und Obstl. Bärnthaler
  10. Lagerhauptwache (S. 342)
  11. Administrations-Pavillon des k.u.k. Truppenspitals (Bd. 2, S. 195)
  12. Ehemaliger Offizierskasino II. Heute "Gardehaus"
  13. Offizierskasino, unter Denkmalschutz (S. 29)
Anmerkungen zu den Abbildungen

Zu Abbildung 1: Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde westlich vom „Alten Lager” das „Neue Lager” errichtet. Es erstreckte sich zwischen Leithakanal und Lagerspital an der Straße nach Winden am See. Im „Neuen Lager” war ab 1915 auch das Infanterieregiment 91 und daher auch Jaroslav Hašek untergebracht. 1918 zog das böhmische Regiment ab, vorübergehend diente das Lager zur Unterbringung eines ungarischen Regiments und schließlich als Sammellager für Flüchtlinge. Bald nach dem Ersten Weltkrieg wurde es abgerissen.

Zu Abbildung 2-4: Es ist anzunehmen, daß Jaroslav Hašek in einer Mannschaftsbaracke untergebracht war. Die Länge der Mannschaftsbaracken betrug je fast 70 m, sie waren mit Betonfußböden ausgestattet und hatten je 4 Ein- und Ausgänge mit Doppeltüren und 32 Fenster mit Giebelentlüftung. Die Baracken waren mit Eisenöfen bestückt, (vgl. Bd. 2, S. 16) Erst 1917, als Hašek nicht mehr im Lager weilte, wurde die Bretterverschalung der Baracken abgetragen und die Innen- und Außenseiten der Längs- und Giebelwände verputzt.

Zu Abbildung 3,5,6: Von den Offiziersbaracken des "Brucker Lagers” wurden einige abgerissen, viele sind noch erhalten, so das Objekt 377, die ehemalige "21iger Baracke”.

Zu Abbildung 7-9: Die Schulkommandobaracke lag vor den Armeeschießhallen. Die Schießstätte war eine der ersten Bauten zu Beginn der Errichtung des „Brucker Lagers”. Sie hat Bruck an der Leitha einst in der ganzen Österreichisch-Ungarischen Monarchie bekannt gemacht. In der Nähe der Schießstätte standen mehrere Schulbaracken.

Zu Abbildung 10: Die Hauptwache war das Zentrum des „Brucker Lagers”. Hier wurden die Wachen vergattert und in ihre Lagerbereiche abkommandiert, um für Ordnung und Disziplin zu sorgen. So liefen hier auch alle Nachrichten und Meldungen zusammen. In der Hauptwache waren auch die Arreste untergebracht. Die wechselnden Regimentsmusikkapellen konzertierten vor der Hauptwache. Nach 1921 wurde das Objekt umgebaut und als Offizierscasino und Lagerkaffeehaus verwendet. Die Bevölkerung nannte es "Milchmariandl”. 1955 fand in dem Objekt das Bankett aus Anlaß der Übergabe des „Brucker Lagers” durch die sowjetische Besatzungsmacht an die österreichischen Behörden statt. Anschließend wurde es nicht mehr verwendet und bedauerlicherweise abgerissen.

Zu Abbildung 11: Das Truppenspital lag zwischen dem „Alten Lager” und dem „Neuen Lager”. Es konnte bis zu 2500 Verwundete aufnehmen und verfügte übereinen Operationssaal. Der Name „Rotes Kreuz” für das Lagerspital war unter der Bevölkerung üblich.

Zu Abbildung 13: Vor dem ehemaligen 2. Offizierskasino (Offizierskasino II) ist auf dem Bild ein ehemaliger Musikpavillon zu sehen.

Ergänzungen und Berichtigungen zu Teil I

Bild 3: ursprünglich Offiziersbaracke

Bild 6: von links nach rechts: Biricz, Pytlík, Obst lt. Bärnthaler

Bild 9: abgebildetes vorne stehendes Objekt nur mehr Werkstätten enthaltend

Bild 10: Objekt im Alten Lager

Aus technischen Gründen kann Bild (12) (Spitalsbaracke) von Teil I erst in Teil II abgedruckt werden (letztes Bild der Objekte in Bruckneudorf, jetzt mit Nummer 15. Das in Teil I irrtümlich mit der Nummer bezeichnete Bild stellt das Offizierskasino II dar, noch als Gardehaus in Verwendung, unter Denkmalschutz: das mit Nummer 13 bezeichnete Bild zeigt dasselbe Objekt während der Zeit der Monarchie (Bilder wurden verrauscht).

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1. K.u.k. Landwehr-kaserne
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2. K.u.k. Militär-Conservenfabrik
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3. Ehemalige k.u.k. Militär-Conservenfabrik
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4. Ungarischer Staatsbahnhof
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5. Zuckerfabrik bei Bruck an der Leitha
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6. Stadt-theater
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7. Ungarisches Kaffeehaus
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8. Ehemaliges „Ungarisches Kaffeehaus”
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9. Gasthof zur ungarischen Krone
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10. Ehemaliger „Gasthof zur ungarischen Krone”
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11. Palmenhaus und Zuchtgärten beim Schloß Harrach
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12. Schloss Prugg
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13. Altstadt
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14. ?
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15. Ehemaliger Spitalsbaracke
Teil II
Objekte in Bruckneudorf (Bd. 1, S.288)
Objekte in Bruck an der Leitha (Bd. 1, S. 288)
Anmerkungen zu den Abbildungen

Zu Abbildung 2—3: Die Konservenfabrik wurde 1896 erbaut. 1919 wurde sie stillgelegt. Anschließend diente das Objekt als Lagerhaus. 1948 wurde in einem Bereich des Objekts wieder eine Konservenerzeugung untergebracht, die aber bald stillgelegt wurde.

Zu Abbildung 4: Das Gelände des „Ungarischen Bahnhofs” wurde im Ersten Weltkrieg wegen der Notwendigkeit, Militäreinheiten und Kriegsmaterial rasch zu verschieben, ausgebaut. Unzählige Soldaten, Verwundete, Fronturlauber, Kriegsgefangene wurden durch den Bahnhof transportiert. 1972 und 1976 diente der Bahnhof als Kulisse für „Schwejk”-Verfilmungen. 1977 mußte das Gebäude einem Neubau weichen. Obwohl der Bahnhof auf dem Areal von Bruckneudorf liegt, wurde die Bezeichnung Bahnhof Bruck an der Leitha gewählt und beibehalten.

Zu Abbildung 5: Die Zuckerfabrik besteht noch, Gebäude und Gelände sollen aber in den nächsten Jahren einer anderen Verwendung zugeführt werden.

Zu Abbildung 6: Das Stadt-Theater, auch Sommertheater genannt, wurde später in ein Museum und zuletzt in ein Kino umgewandelt, das 1985 geschlossen werden mußte. Jetzt soll in dem Gebäude von der Stadtgemeinde Bruck an der Leitha ein Kulturzentrum ein gerichtet werden.

Zu Abbildung 7: Text der Ansicht karte; „Gruss aus Bruck a. d. Le itha. Üdvözlet Kiralyhidarók. Unser Kaiser nach der Inspizierung in die Stadt reitend. O felsége a katonai szemlérol hazajövet. 11071 Verlag H. Effenberger, Bruck a. L." Datum der Absendung: „13. VII. 03”. Das „Ungarische Kaffeehaus' war im Stock des Objekts untergebracht. Es war ein Mittelpunkt heiterer Geseiligkeit, und Kavalleristen solle es sogar mit ihren Pferden aufgesucht haben. Unteren militärschen Rängen war der Eintritt nicht gestattet.

Zu Abbildung 9—10: Wahrscheinlich meint Hašek mit dem stille Gasthaus, das am Fluß bei Gäne steht, die „Ungarische Krone”. Sie wurde 1726 auf Weisung Karls V als Herberge errichtet und diente später als Einkehrgasthof. Sein Eigentümer war die Stadtgemeinde Bruck an der Leitha. Er wurde späters verpachtet und schließlich an die Familie Krakhofer verkauft. Neben dem etwas abgesetzt von die Straße liegenden Restaurant un mittelbar an der Leitha erstrecht sich noch jetzt ein Park mit alte Bäumen. Andere Lokale in Flußnähe bestanden nur vorübergehen. In der „Ungarischen Krone” sind Raufereien zwischen Soldaten während des Ersten Weltkriege verbürgt, wie die heutige Besitzerin Cilli Krakhofer berichtet.

Zu Abbildung 11 — 12: Das Schloss „Prugg” ist seit 1625 im Besitz des Geschlechts Harrach. Das Bild zeigt vor dem Schloß links das Gewächshaus, in der Mitte das Palmenhaus und die Zuchtgärten rechts das Orangenhaus; dahinten waren die Rosengärten. Die Anlage wurde während der Kriegshandlungen im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht mehr restauriert. Über Leithagürtel und Schloss mühlgasse ist das Schloß mit Nebengebäuden erreichbar.

Zu Abbildung 13: „Altstadt” ist jetzt ein Brucker Straßenname. Zur Zeit des „Brucker Lagers” war hier das Vergnügungsviertel, das St. Pauli der Monarchie. Zwischen Haus Nr. 1, neben dem „Röhrbrunnen”, bis Nr. 14, wo das Gasthaus „Zur goldenen Rose” stand, gab es verschiedene Etablissements, Freudenhäuser usw. Sie hatten Hochbetrieb. Die Kaffeehäuser waren bis tief in die Nacht geöffnet. Zigeunerkapellen spielte nicht nur in den Gaststätten, sie begleiteten mit einem Abschied marsch auch die ins Lager zurück ziehenden Soldaten. 1919 gingen die „goldenen Zeiten” zu Ende. Ruhe und Ordnung kehrte langsam ein. Aus der ärarischen Stadt wurde eine kleine stille Provinzstadt.

Anmerkungen zum „Schwejk" Teil II

Klara Köttner-Benigni

Oberleutnant Heinrich/Rudolf Lukasch/Lukáš/Lukas, Kadett (Jan) Bi(e)gler und deren Untergebener Jaroslav Hašek.

Gerhard Tötschinger gibt an, daß der im „Schwejk” „Heinrich” Lukasch genannte Oberleutnant mit dem Vornamen „Rudolf” hieß30, daß er bis Kriegsende beim Infanterieregiment 91 gedient hat und im Militärschematismus des Jahres 1918 als Hauptmann geführt worden ist.31 In der tschechischen Fassung des „Schwejk” ist der Familienname des Offiziers „Lukáš.”32 Wie Radko Pytlík erwähnt, hat Lukasch während der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie die Akzente auf seinem Namen weggelassen und sich „Lukas” geschrieben33; sicherlich ist der Name oft deutsch ausgesprochen worden. Der Nationalität nach war Lukasch gemischt, sein Vater war Tscheche, die Mutter Deutsche.34

Die Beziehung des „schneidigen Offiziers”35 Lukasch zu den Frauen ist im „Schwejk” „wohl überzeichnet”.35 Tatsache bleibt, daß er ein Mädchen aus Bruck an der Leitha, die Tochter eines „wohlhabenden” bürgerlichen „Bäckermeisters”37, Anna Bauer, geheiratet hat. Verwandte von ihr leben in Bruck und Wien. Ihnen ist bekannt, daß der angeheiratete Onkel tschechisch und deutsch gesprochen hat, daß ihm dies als Staatsbeamtem der ersten tschechoslowakischen Republik zugute gekommen ist. Auch, daß er ein Staatsbegräbnis bekommen hat, als er 1938 in Prag starb, wird in der Verwandtschaft noch erzählt. Der von Hašek ebensowenig wie Lukasch erfundene ehemalige "Kadett Biegler" schrieb einem Berliner Verleger des „Schwejk”, daß Rudolf Lukasch nach dem Ersten Weltkrieg den Rang eines Kapitäns im Generalstab einnahm und in Prag diente.33

Lukasch war der Kompaniekommandant Hašeks im „Brucker Lager”, und er war Hašek im großen und ganzen gut gesinnt. Er mochte Künstler und Literaten.39 Hašek beschrieb Oberleutnant Lukasch im „Schwejk” recht freundlich. 40 „Am 10. Mai 1915” war Hašek in „Bruck-Királyhida, wo er der dritten Kompanie des 12. Marschbataillons zugeteilt wurde”.41 Sein „frischgebackener Vorgesetzter” wurde dort der seinerzeitige „Kadett Biegler”, ein „ehemaliger Mitschüler” aus der Einjährigfreiwilligenschule in Budweis. Hašek hatte es auf Biegler besonders „abgesehen”.42 Gewiß hatten alle Vorgesetzten mit Hašek ihre liebe Not. So lehnte er es ab, an der Ausbildung für Einjährigfreiwillige teilzunehmen. Wie in Budweis versuchte er auch hier, Rheumatismus vorzutäuschen. Er meldete sich dauernd krank, und meist half er Vaněk bei Kanzleiarbeiten.43)

Selbst schildert Hašek in einem von Radko Pytlík auszugsweise veröffentlichten Feuilleton sein Verhalten: „Als ich (vom „Brucker Lager” aus) „mit der Marschkompanie ins Feld ziehen sollte, versteckte ich mich in einem Heuschober, womit ich drei Marschkompanien entging. Nachher simulierte ich Epilepsie, und beinahe wäre ich erschossen worden, wenn ich mich nicht noch freiwillig an die Front gemeldet hätte.”44 „Am 26.6 fuhr die Einheit aus Bruck mit der Bahn an die galizische Front ab. Bei der Abfahrt fehlten der Zugsführer Malovec — und der Einjährigfreiwillige Hašek.”45

Der Kreis Királyhida und die Királyhidaer Wochenschrift

Im „Schwejk” wirft Oberst Schröder seinem Untergebenen Lukasch das nicht genossene Abenteuer mit Etelka Kakonyi vor, noch mehr aber, daß darüber verschiedene Zeitungen berichtet haben. (S. 344 ff.) Er zwingt ihn, z.B. aus dem „Pester Lloyd” einen Bericht vorzulesen. Das Blatt gab es tatsäschlich wie z.B. die global erwähnten Preßburger Blätter. Wer die geringe Einwohnerzahl und mindere Bedeutung Királyhidas — vom Lager abgesehen — während des Ersten Weltkrieges kennt, wird die Existenz der von Hašek im „Schwejk” angeführten (zivilen), in einem „Királyhidaer Kreis” (S. 346) angesiedelten „Királyhidaer Wochenschrift” (S. 347) allerdings für ziemlich ausgeschlossen halten. Ein Soldatenblatt konnte damit nicht gemeint sein, auch kaum ein Erzeugnis der in der jetzigen Parndorfer Straße lokalisierten Druckerei C. G. Vogel, einem Zweigbetrieb eines deutschen Unternehmens, das damals vielerlei Druckwerke herstellte, wie Konrad Biricz herausgefunden hat. Auch die damals bestehenden Brucker Zeitungen hat Hašek kaum angesprochen.

Királyhida wurde erst 1898 eine selbständige Gemeinde. Es hatte 1910 562 magyarische, 339 deutsche, 10 kroatische und 123 Einwohner sonstiger Nationalität.46 Seine ganze Bedeutung verdankte es dem Militärlager. Und nur dieses rechtfertigt die von Hašek freilich ironisch gemeinte Kennzeichnung „magyarische Feste” (S. 345), die er einem ungarischen Journalisten in den Mund legt. Királyhida unterstand den Komitats-behörden in Wieselburg (Moson), dem Stuhlrichteramt (der Bezirks-hauptmannschaft) in Neusiedl am See und dem Steueramt in Ungarisch Altenburg (Magyaróvár). Sein Hauptwahlamt war Zurndorf.47 In keiner Richtung war demnach die Gemeinde Zentralort. So gab es auch keinen „Királyhidaer Kreis” und demnach ebensowenig einen „Abgeordneten” dieses Kreises.

Tschechische und magyarische Soldaten in Királyhida

Hašek arbeitet die sich vor dem Ersten Weltkrieg verschärfenden Gegensätze zwischen verschiedenen Völkern der österreichisch-ungarischen Monarchie an vielen Stellen des „Schwejk” ein, und die Schilderung solcher Gegensätze war ihm fühlbar ein Herzensanliegen. Nicht zufällig läßt er zwei tschechische Soldaten, Schwejk und den Sappeur48 Woditschka, den magyarischen Kaufmann Kakonyi genußvoll verhauen. Und ebensowenig zufällig kommt es anschließend zu einer wilden Balgerei zwischen tschechischen und magyarischen Soldaten (S. 341 f.). Schon zu Beginn der Darstellung von Schwejks Erlebnissen in Királyhida heißt es, daß sich die tschechischen Soldaten „mit den Magyaren raufen” (S. 288). „Schlägereien zwischen den ungarischen und den tschechischen Soldaten waren in Bruck an der Tagesordnung.” Doch sie waren angeblich ,,kaum ein Ausdruck des Chauvinismus, sondern eher eine Art Unterhaltung”.49 Unter Belastungen konnten die Konflikte aber auch heftiger aufflammen. Die Tatsache, daß die Soldaten des etwa zur Hälfte aus Deutschen, etwa zur anderen Hälfte aus Tschechen bestehenden 91. Regiments bei dessen Abzug aus dem „Brucker Lager” 1918 die in den Magazinen vorhandenen Lebensmittelvorräte verschleuderten und vernichteten50, obwohl oder gerade weil sie über das Nachrücken ungarischer Gendarmerie informiert waren, ist ein Hinweis auf die nationalen Spannungen und Streitigkeiten.

Pausdorf bei Királyhida und eine Gemeinde am Neusiedlersee

„Einmal hatten wir dir schon so einen magyarischen Lackl in Pausdorf, wohin wir Sappeure auf Wein gegangen sind, an der Kehle”, beginnt Woditschka im „Schwejk” eine Erzählung, deren Schauplatz nach den Zusammenhängen kaum anderswo als in der Gegend von Királyhida gesucht werden kann. Anschließend schildert er eine Auseinandersetzung mit Honvéd-soldaten in einem Dorf in der Nähe des Neusiedlersees, wo in einem Wirtshaus Csárdás getanzt wird, magyarische Schreie ausgestoßen werden usw. (S. 332 ff.)

Dem phonetischen Klang nach könnte mit Pausdorf, bei starker Verschleifung, vielleicht Podersdorf gemeint sein, aber die Ortschaft ist vom Brucker Lager entschieden zu weit entfernt, um nur zum Weintrinken aufgesucht zu werden. Schließlich gab es überall in der Gegend Weinschenken. Ungleich leichter erreichbar als Podersdorf ist Parndorf, das eventuell als Pausdorf verschrieben oder — weit eher — dazu bewußt abgewandelt worden sein könnte, wie Hašek das öfters getan hat. Oder er hat Parndorf und Podersdorf zu Pausdorf „verdichtet” (zumal auch die ungarischen Formen, nämlich Pándorfalu und Pátfalu, sich sehr ähneln)! Wenn Parndorf auch, im Gegensatz zu Podersdorf, keine Weinbaugemeinde ist, ist es doch durch seine vielen Gasthãuser auffällig. Woditschka hätte dort mit größerer Wahrscheinlichkeit statt auf einen ungarischen auf einen kroatischen „Lackl” stoßen müssen, weil die Gemeinde eine vorwiegend kroatische ist. Aber die in Ungarn lebenden Kroaten haben Hašek, wie es scheint, überhaupt nicht tangiert (offenbar waren sie für ihn, wie die dort lebenden Deutschen, in erster Linie Untertanen des Königreichs Ungarn!). Die ungenannte Gemeinde am Neusiedlersee (S. 332), welche auch immer, war schon in ungarischer Zeit sehr vorwiegend von Deutschen bewohnt (von im Süden des Sees liegenden, teilweise ungarischen Gemeinden ist abzusehen, weil sie nicht in Betracht kommen). Das Gebiet des Leithagebirges bis hin zu dem des Neusiedlersees ist noch jetzt ein bevorzugtes Übungsgebiet für Soldaten, und es besteht kein Grund zu bezweifeln, daß Hašek von Übungen der Honvéd-soldaten in dieser Gegend gehört hat.51

Für ein Übungsgelände bei Winden am See spricht, daß die Soldaten im „Schwejk” auf einem Waldweg in das Lager zurückkehren; eben nach dieser Richtung sind Wälder zu durchqueren. (S. 334) Nicht auszuschließen ist aber, daß Hašek auch andere Wege durch das Leithagebirge als diesen gekannt, beziehungsweise gemeint hat, so den früheren der Breitenbrunner nach Bruck.

Was Breitenbrunn betrifft, läßt sich leicht eine Spekulation entwickeln: Es ist bei dem Dorf am Neusiedlersee von einem Wirtshaus die Rede, das einen „Saal” hatte. Solch größere Gasthäuser waren in dem Gebiet selten. Vor allem in Betracht kommt das ehemalige Gemeindegasthaus von Breitenbrunn, von der Bevölkerung zu der betreffenden Zeit „Großes Wirtshaus” genannt. Dieses hatte im ersten Stock einen Saal. Daß Hašek besonders darstellt, wie die ungarischen Soldaten in den Fenstern „an den Füßen gefangen und wieder in den Saal gezogen” worden sind, könnte auf eine gewisse Gefährlichkeit der Situation hinweisen, die bei einem ebenerdig gelegenen Saal nicht gegeben gewesen wäre. (S. 333) Woditschka erklärt ausdrücklich, daß die betreffende Veranstaltung „drei Wochen” vor dem Gespräch mit Schwejk stattgefunden hätte. Es gab verschiedene Tanzveranstaltungen, und wenn Hašeks Regiment etwa zwischen dem 10. und dem 20. Mai in Királyhida eingetroffen ist, könnte er am 16. Mai zum Kirtag, am 24. Mai zum Nachkirtag nach Breitenbrunn gegangen sein. Oder aber er hörte später, noch während seines bis Juni dauernden Aufenthaltes in Királyhida, von den geschilderten Vorfällen. Die Plastizität der Schilderung läßt aber auf eigenes Miterleben schließen. (Allerdings wäre insbesondere in diesem Zusammenhang zu untersuchen, was sich von diesen Erzählungen bereits in der Vorkriegsausgabe des „Schwejk” findet.)52 Bemerkenswert ist schließlich, daß der Wirt in dem oben erwähnten Lokal von den Tschechen „Prügel bekommen” hat, weil er sie in deutscher Sprache zur Ordnung ermahnt. (S. 334) Offensichtlich war er ein deutscher Wirt in einer deutschen Gemeinde! Auch hier charakterisiert Hašek den blinden Nationalismus treffend und einfallsreich. Im ganzen scheint es ihm aber weniger auf ethnische Gegebenheiten als auf einen Hintergrund für seine humoristischen Ausfälle gegen die Magyaren angekommen zu sein.

Fabriken in Bruck an der Leitha und Etablissements in Királyhida

Woditschka stößt in der „Stadt”, in Királyhida, in einem nicht näher bezeichneten Lokal auf zwei Gäste, die sich „mitsamm magyarisch unterhalten” (S. 334), was ihn natürlich ärgert. Es kommt wieder einmal zu einer Rauferei, und als er gegen Morgen heimkehrt, muß er sich sogleich ins „Marodenzimmer” begeben, wo er sich ausredet, in die „Ziegelei gefallen” zu sein. (S. 335) Eine Ziegelei — nach Angabe von Konrad Biricz sogar mehrere Ziegeleien — gab es in Bruck an der Leitha tatsächlich. Die „Ziegelofengasse… erinnert daran, daß um die Jahrhundertwende hier in der Fischamenderstraße eine sehr produktive Ziegelbrennerei bestand”53. Wie Konrad Biricz erwähnt, gab es in dem Gebiet weitere Ziegelhütten, Tümpel usw., und es ist durchaus wahrscheinlich, daß einmal ein betrunkener Soldat ins Wasser gefallen ist...

In Királyhida war noch im Ersten Weltkrieg die „K.u.k. Militär-Conservenfabrik” (im „Schwejk” „k.u.k. Fleischkonservenfabrik”) in Betrieb. (S. 324) In ihr dürften sehr vorwiegend Fleisch-, Suppen-, Gemüse- und Kaffeekonserven hergestellt worden sein. Zumindest im Frieden waren die Rezepturen einwandfrei, wie Konrad Biricz nach deren Prüfung in Akten des Staatsarchivs (Kriegsarchivs) erklärt. Wegen kriegsbedingter Versorgungsschwierigkeiten wird die Qualität sicherlich schlechter geworden sein, aber die Bemerkung, daß dort — bereits 1915! — eine Mischung von stinkenden „verfaulten Sehnen, Hufen, Klauen und Knochen” zu „Suppenkonserven” verarbeitet wurde (S. 325), ist eine der grotesken Übertreibungen des Gourmets Hašek, dem es vor dem kulinarischen Massenbetrieb geekelt haben muß. Schlechte Gerüche können am ehesten vom Schlachthof der Konservenfabrik, der, gegenüber der Leitha, unweit des „Neuen Lagers” lokalisiert war, zu Hašek gedrungen sein. (Konrad Biricz stellte fest, daß der Schlachthof auf dem Boden der jetzigen Gärtnerei Franz Kosak lag.) Was öffentliche Lokale betrifft, ist Hašek zwar den Gepflogenheiten der damaligen Zeit gefolgt, hat er ihnen übliche Bezeichnungen gegeben, aber auf deren Richtigkeit hat er offensichtlich keinen Wert gelegt — vielleicht im Gegenteil. Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich, Sektion Fremdenverkehr, Wien, besitzt wohl ältere Unterlagen über Gaststätten usw. auch von Bruck, konnte aber keinerlei Auskünfte über Lokalbezeichnungen erteilen. Kein einziger der von Rudolf Stadlmayer angeführten Betriebe ist bei Hašek zu finden, und umgekehrt. Selbst die ungefähr 50 Gastgewerbebetriebe (einschließlich Kantinen usw.) umfassende Liste der betreffenden Zeit, die Konrad Biricz zusammengestellt hat, gibt keinerlei Aufschlüsse. In der Lagerstraße stand ein nach einem Erzherzog benanntes Hotel, nämlich das zum „Erzherzog Franz Ferdinand”54; Hašek hatte sich statt dessen eine „große Weinstube ,Zum Erzherzog Albrecht'" ausgedacht — wobei der Name des Erzherzogs nicht erfunden, mit ihm sogar der einer für Bruck bedeutungsvollen Persönlichkeit gewählt worden ist. Das damals bestehende Gasthaus 'Zur Rose'55 in der Brucker Altstadt wird mit dem von Hašek erwähnten „Rosenhaus”, dem Mannschaftspuff (S. 325), bzw. der „Weißen Rose” (Bd. 2. S. 43) kaum identisch sein; die Brucker Bordelle waren in anderen Häusern eingerichtet, und sie hießen auch anders (laut Befragungen von Konrad Biricz gab es auch Geheimprostitution).

Rote, schwarze und unsichtbare Lämmer

Eines der von Hašek im „Schwejk” genannten Brucker Lokale ist das oben angeführte 'Rote Lamm' (Bd. 1. S. 332). Rot ist das Lamm allerdings in der für die Untersuchung herangezogenen „ro ro ro”-Ausgabe. In der ebenfalls auf der Übersetzung von Grete Reiner beruhenden, vom Aufbau-Verlag herausgebrachten Ausgabe steht an derselben Stelle „Schwarzes Lamm”.56 Und auch in dem tschechischen Originalwerk von Hašek ist das Lamm schwarz.57 Sollte da jemand eine falsche Farbbezeichnung korrigiert haben? Tatsache ist und bleibt, daß in Hašeks tschechischem Originalwerk die Bezeichnung „U černého beránka” lautet; „černý” heißt „schwarz”, und „rot” hieße „červený”. Ein Gasthaus „Zum roten Lamm” hieße „U červeného beránka”.58

In den Aufzeichnungen von Rudolf Stadlmayer und Konrad Biricz findet sich in Bruck oder Bruckneudorf kein Gasthof „Rotes” oder „Schwarzes Lamm”, dafür aber ein „Roter Hahn” und ein'„Schwarzer Adler”; auch kein „Lamm” anderer Färbung, dafür aber ein „Löwe”59, der es gefressen zu haben scheint. Gerhard Tötschinger allerdings schreibt, daß im Hof eines ehemaligen Gasthauses „Zum roten Lamm” jetzt eine Autolackiererei untergebracht ist.60 Eine Quelle hiezu kann er nicht nennen, er spricht von einem Lehrer, der allerdings nicht mehr eruierbar ist. Und László Juhász gibt nicht nur als Schauplatz für den „Schwejk”, sondern auch als Aufenthaltsort für Hašek einen Gasthof „Zum schwarzen Lamm” (in der ungarischen Übersetzung „Fekete Bá-ránhoz”) an.61 Für ihn hat der „Schwejk” hier anscheinend den Charakter eines Reiseführers, denn auf Anfrage teilt er mit, daß er die Örtlichkeit in Bruck eben dem Werk Hašeks entnommen hat (er gibt sogar eine Seite an)! Doch auch Radko Pytlík meint, daß die „tschechischen Soldaten gerne im Gasthaus ,Zum schwarzen Lamm’ gesessen wären”.62

In Bruck ist dieses Lamm unsichtbar. Konrad Biricz setzt den Behauptungen von dessen seinerzeitiger Existenz entgegen, daß im Hof eines ehemaligen Brucker Gasthauses tatsächlich die Autolackiererei Dvorak untergebracht ist. Für das betreffende Objekt bestehen sowohl er als auch, völlig unabhängig von ihm, Rudolf Stadlmayer auf einem ganz anderen Namen als „Lamm”: nämlich auf „Weißes Rössel”!63 Heute ist in dem Gebäude auf der Straßenseite das „Café Altstadt” und das „cinema Altstadt” untergebracht. Anno dazumal war im ersten Stock ein Bordell...

Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im „Schwejk”, Teil III

Konrad Biricz

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1. Gesamtansicht Bruck an der Leitha
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2. Altes Lager
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3. Neues Lager
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4. Arreste in der Hauptwache
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5. Pritschen in Arresten in der Hauptwache

Pläne zum „Brucker Lager”, Bruckneudorf (Királyhida), sowie ergänzende Abbildung

Anmerkungen zu den Abbildungen:

Zu Abbildung 1: Es handelt sich um eine Ansichtskarte, die vermutlich von einem ins „Brucker Lager” verlegten tschechischen Soldaten namens Karel geschrieben worden ist.

Zu Abbildung 2—5: Wie auf den Plänen angeführt, betragen die Originalmaßstäbe 1:25 (Gebäude) bis 1:3000 (Lager); sie mußten aus technischen Gründen verkleinert werden.

Die Pläne des „Alten Lagers” und die des „Neuen -Lagers” zeigen zahlreiche Objekte, die im „Schwejk” genannt werden. U.a. kommen folgende Begriffe vor:

Arreste spielen im „Schwejk” eine große Rolle. Sowohl gemeinsame als auch Einzelarreste waren im Erdgeschoss der Hauptwache (Hauptwachbaracke) des „Alten" Lagers” untergebracht. Das Militärgericht des jeweiligen Truppenteiles tagte in einer der Baracken.

Auch im „Neuen Lager” gab es eine „Hauptwache”. Ein festes vergittertes Gerichtsgebäude ist im Lagerareal nicht bekannt. Die verschiedenen Kanzleien hatten ebensowenig feste Räumlichkeiten.

Der Photopavillon lag am Beginn des „Alten Lagers” neben dem Post- und Telegraphenamt. Jetzt steht dort eine Baumgruppe.

Fotos der ersten drei Folgen: Konrad Biricz, mit Ausnahme von 1/6 (Obstlt. Georg Scheck).

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1. Bruck a. L. bei Nacht
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2. Äufnahmen zu Schwejk-Film
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3. Weinkeller über Winden am See
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4. Gasthof „Zur goldenen Weintraube” und Fleischhauerei Franz Wolf in Winden am See
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5. Ehemaliger Gasthof Franz Wolf in Winden am See
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6. Breitenbrunn mit Wehrturm
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7. -
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8. Švejk und Oberleutnant Lukáš
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9. Švejk mit Sappeur Vodička bei Herrn Kákonyi

Bilddokumentation der Bruckneudorfer und Brucker Schauplätze im "Schwejk", Teil IV

Konrad Biricz

Ergänzende Bilddokumentation der übrigen burgenländischen Schauplätze im „Schwejk”

Walter Benigni

Quellennachweis zu den Bildern:

Abschließende Darlegungen zur Rezeption des „Schwejk"

Klara Köttner-Benigni

Östrerreich

Der österreichische Teilnehmer an der 1983 in Dobříš bei Prag abgehaltenen Internationalen Hašek-Konferenz stand vor dem merkwürdigen Phänomen, daß der "Schwejk” in der (neutralen) Schweiz — im Vergleich zu (dem ebenfalls neutralen) Österreich — weniger Popularität genießt. Dabei müßten doch gerade Österreicher, auch geschichtsbewußte Bürger der „Republik Österreich”, den "Schwejk” nicht unbedingt schätzen.

Die Popularität des „Schwejk” in Österreich hängt nicht zuletzt mit der Mentalität vieler Österreicher zusammen. Begabt mit Fantasie, einfallsreicher Selbstironie und schwarzem Humor, jedoch übertriebenem Traditionsbewußtsein wenig zugeneigt, fällt es besonders den Wienern meist nicht schwer, den "Schwejk” oder aber Schwejk zu verstehen. Leicht und mühelos schlüpfen sie in die Gestalt des braven Soldaten, im allgemeinen ebensowenig gern wie er aber in die Uniform. Und im Erfinden von Ausreden und Vorwän-den..,sich der Bürokratie und anderen Repressalien zu entwinden oder ihnen zwar resignierten, erstaunlicherweise aber doch nicht wirkungslosen Widerstand entgegenzusetzen, sind sie große Talente. Zur Popularität des „Schwejk1 in Österreich beigetragen hat ohne Zweifel die zwar gelegentlich kritisierte, aber doch im großen und ganzen auch für die sprachlich feinfühligen Österreicher brauchbare Übersetzung von Grete Reiner.

Gerade die Bruckneudorfer Szenerie, die in dem „magyarischen Theater” von Királyhida beginnende Liebesgeschichte von Oberleutnant Lukasch regt einige Gedanken an, die nicht nur psychologisch, sondern auch stil- und sprachanalytisch relevant sind. Zunächst ist festzustellen, daß Schwejk nicht Deutscher, sondern — wenn auch tschechischer — Österreicher (im historischen Sinn) ist. Das bedeudet daß ihm als Prager kein Berliner, sondern eher ein dem Wienerischen verwandter Dialekt zukommt. Grete Reiner verwendet zum Beispiel — in einer Fußnote erklärt — das Österreichern und insbesondere Wienern so wohlvertraute wie überaus sympathische Wort „Beisel” statt „Kneipe”.64 Im Satzzusammenhang ist allerdings zum Beispiel oft ein die Österreicher „preußisch” anmutendes Wort, nämlich „mal”, zu finden, so wenn es heißt, daß ein Ferdinand „mal” aus Versehen eine Flasche mit Haartinktur ausgetrunken hat.65 In der Schreibweise bemüht sich Grete Reiner oft, den österreichischen Jargon anzudeuten, zum Beispiel in dem Satz „Das ist ja ein Schkandal”.66 Im allgemeinen erleichtert es die Übersetzerin den österreichischen Lesern, sich in die für Schwejk charakteristischen Gespräche einzufühlen.

Radko Pytlík weist darauf hin, daß die Gespräche im „Schwejk” gewöhnlich angefüllt sind mit „freien Assoziationen und Wortspielen”, daß ihren Ausdruck die „unmittelbare humorvolle Plauderei, die Wirtshausimprovisation” ausmachen.67 Im Kampf gegen die „journalistische Phrase” setzt Hašek parodistisch den „Kontrast der verschiedenen Sprachebenen und -schichten ein”.58 In seiner Erzählweise vollzieht er eine „originelle Transformation von Slang und Umgangssprache”.69 Diese Differenziertheit kann von Grete Reiner im Deutschen allerdings nicht immer oder doch nur in Andeutungen wiedergegeben worden sein. Auch hier erleichtern Hašek wie Reiner dem Leser aber, verschiedene Klassenidiome zu erfassen: Während Schwejk seinen Kompaniekommandanten mit „Herr Oberlajt-nant” anredet,70/71 sagt Oberst Schröder zu ihm „Herr Oberleutnant”.72 Eine solche Differenziertheit findet ihre Konsequenz in der Mehrsprachigkeit der direkten Rede in der Szene im Hause Kakonyi (S. 338 ff.) — was sich sehr reizvoll in einer "Schwejk”-inszenierung des Prager Weinberger Theaters 1983 äußerte, in der die Gespräche tschechisch, ungarisch und deutsch geführt wurden!

Besonders Wiener Schauspieler zeigen ein beachtliches Talent, im „Schwejk” den Akzent deutsch sprechender Tschechen nachzuahmen, zu „böhmakeln”, und sie steigern dadurch ihre humoristische Wirkung. Sprachlich richtiger wäre es, nicht Tschechen „schlecht” deutsch sprechen zu lassen, sondern ihnen die Sprache der unteren Schichten, denen sie in ihren Rollen meist angehören, in den Mund zu legen; das heißt, das Deutsch schichtspezifisch an das Tschechische anzupassen, oder es vielmehr einem vergleichbaren Milieu zu entnehmen. Indes wird sich an der Praxis des „Böhmakelns” nichts ändern lassen, zumal kaum einem Schauspieler bewußt wird, daß er damit ein nicht mehr gegebenes Phänomen, die Sprachschwierigkeiten von Tschechen in Zeiten der Monarchie, die der armen Schneider und ausgenützten Dienstmädchen, aufleben läßt. Ohne Zweifel ist diese Verspottung nicht böse gemeint, eher hat sie nostalgische Anklänge, höchstens unterschwellig mag sie eine heitere Rache der Wiener am „Schwejk” sein. Im großen und ganzen wird sich das Publikum einem „böhmakelnden” Schauspieler herzlich zuwenden und gleichzeitig und umso unmittelbarer auch dem braven Soldaten. Österreicher akzeptieren Schwejk nicht naiv, beurteilen seine Einstellung und Haltung sensibel und differenziert. Und weil sie ihn begreifen, haben sie ihn gern.

Ausgaben des „Schwejk” in der Höhe der auch in Österreich gern gekauften „ro ro ro” - Ausgabe aus der Bundesrepublik Deutschland wurden bei den in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Graz und bis Anfang der sechziger Jahre in Wien verlegten Ausgaben selbstverständlich nicht annähernd er-reicht. Aber Österreich darf sich immerhin rühmen, nach dem Zweigten Weltkrieg vor der Bundesrepublik und vor der Schweiz den „Schwejk” als Buch herausgebracht zu haben, außerdem in Fortsetzungen als Zeitungsroman schon nach dem Ersten Weltkrieg. In österreichischen Zeitungen und Zeitschriften wurde oft über den „Schwejk” geschrieben; 10 Titel sind in der Hašek-Bibliografie (1983) angegeben.73)

Ab Mitte der zwanziger bis Anfang der dreißiger Jahre fanden im Wiener Volkstheater und im Raimund-„Schwejk” in der Dramatisierung von Max Brod und Hans Reimann statt. Als Gast trat in der Titelrolle der Berliner Komiker Max Pallenberg auf. Wie das tschechische Blatt „Lidové noviny” im Zusammenhang mit der Aufführung im Raimundtheater schrieb, waren zur Generalprobe Vertreter des Ministeriums für Heereswesen und der Polizeidirektion erschienen, sie hatten aber an der Dramatisierung nichts auszusetzen.74 „Lidové noviny” lobte zwar die schauspielerische Leistung von Pallenberg, kritisierte aber die Bearbeitung, die eine „entlauste, gewaschene, gestutzte, frisierte Gestalt” eines Schwejk geschaffen habe. Ausdrücklich wurde von einer „literarischen Verfälschung” geschrieben und die Enttäuschung des Publikums, dem der „Schwejk” doch vertraut sei, wurde hervorgehoben.75 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg bis Mitte der fünfziger Jahre wurde der dramatisierte „Schwejk” in Wien mindestens dreimal inszeniert, und die Bearbeitung löste ähnliche Kritiken aus. So schrieb die „Presse” über die Aufführung in den Wiener Kammerspielen, mit Heinz Conrads in der Titelrolle, daß die „Unsterblichkeit Schwejks dem Buch Jaroslav Hašeks und nicht seiner Dramatisierung durch Max Brod und Hans Reimann” entspringe, und Schwejk selbst bezeichnet sie als eine „Volksgestalt von der dichterischen Größe eines Sancho Pansa”.76

Hans Weigel schrieb im „Bild-Telegraf”, daß dem „verbummelten Prager Genie Jaroslav Hašek” die „bisher letzte große unsterbliche Figur der Weltliteratur geglückt” sei: „Schwejk, der brave Soldat, der eine ganze Aera ad absurdum führt, indem er sie einfach nur beim Wort nimmt”; aber er kritisierte die Inszenierung und insbesondere die eingebauten Chansons.77 Auch in der „Wiener Zeitung” klagte Edwin Rollett über die Dramatisierung und Inszenierung: „Die Weisheit der Groteske, der ernste Hintergrund, von dem sich die Witze abheben sollten und der diesen erst das satirische Gewicht geben müßte, sind ganz verschwunden.” Zu Hašeks Werk aber meint er: „Wie alle noch so starren und starken Einrichtungen und Konstruktionen an der primitiven Schlauheit eines einzelnen versagen und lächerlich werden, wie der selbstbewußte Stolz und das Vertrauen zur eingewurzelten Gegebenheit und Ordnung sich entlarven und verpuffen, sobald sie mit natürlichem Humor in Konfrontation treten müssen, wie die Narrheit zur Weisheit. Würde und ein befreiendes Gelächter sie auflöst, das ist der geniale Grundgedanke, sozusagen die Moral, vor Jaroslav Hašeks berühmt gewor denem Volksroman ’Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk', jenes kleinen Prager Hundehändlers, der, als er im ersten Weltkrieg in die Uniform gesteckt wird, durch seine kuriose, gutmütige Erfüllungstaktik in der Armee das brillanteste Durcheinander anrichtet...”78.

Ähnlich wird der Eindruck bei einem anspruchsvolleren Publikum gewesen sein, das die vorläufig letzte österreichische Inszenierung des „Schwejk” nach der gleichen Dramatisierung in der Spielzeit 1983/84 im Stadttheater St. Pölten gesehen hat. Die Premiere am 26. März 1983, im Jahr des UNESCO-Jubiläums aus Anlaß des 100. Geburtstags Hašeks, und die darauffolgenden Aufführungen haben aber ohne Zweifel dazu beigetragen, Schwejk neuerlich in das Bewußtsein des Publikums zu bringen.

Das Österreichische Fernsehen sendete 1972 sechs Folgen der Verfilmung des „Schwejk”, die 1975 wiederholt wurden. 1976 wurden weitere sieben Folgen, mit Wiederholungen im gleichen Jahr, ausgestrahlt. Fritz Muliar verkörperte die Titelrolle, Wolfgang Liebeneiner führte Regie. Trotz aller Abweichungen vom Roman und aller Zugeständnisse an das Publikum kann nicht bestritten werden, daß die Popularität des „Schwejk” durch die Aufnahme in das Fernsehprogramm stark anstieg. Drehorte waren außer dem Brucker Lager u. a. der Bahnhof Bruck (in Bruckneudorf gelegen).

Die Fernsehsendung zu Neujahr 1984, unmittelbar nach Mitternacht, war eine neuerliche Ausstrahlung des verfilmten „Schwejk”, mit Heinz Rühmann in der Titelrolle. In dieser Fassung scheint ein Schauplatz Bruck — Bruckneudorf überhaupt nicht auf. Kurioserweise ist der Ehemann Etelka Kakonyis darin weder Papier- noch Eisen-, sondern Pelzwarenhändler, und er wohnt mit ihr weder in einer Preßburger noch in einer Odenburger Straße, sondern auf einem operettenhaften Kaiserplatz Nr. 5!

Auch der Hörfunk würdigte das Jubiläumsjahr. Das Landesstudio Niederösterreich strahlte 1983 Teile des „Schwejk” in Fortsetzungen aus, und das Landesstudio Burgenland brachte von der Verfasserin mehrere Sendungen über Hašek, darunter eine im 1. Programm des Hörfunks. Für das 3. Programm wurde ein Hašek gewidmetes Retrospektive Hörbild und wegen der Örtlichkeit hervorzuheben ist auch eine Veranstaltung aus Anlaß des UNESCO-Jubiläums zum 100. Geburtstag Hašeks am Truppenübungsplatz Bruckneudorf, dem ehemaligen „Brucker Lager”, die am 10. Dezember 1983 in Anwesenheit u. a. des militärischen Kommandanten und weiterer Offiziere stattfand. Die Verfasserin hielt ein festliches Referat, Konrad Biricz einen ausführlichen Lichtbildervortrag über die Schauplätze des „Schwejk” in Bruck und Bruckneudorf. Eine Stelle aus dem Referat: „Daß österreichische Offiziere an Schwejk ihr Vergnügen finden, zeigt deren Souveränität, deren Erfahrung im Umgang mit vielerlei Nationalitäten und Mentalitäten, vor allem aber deren in Generationen gewachsene und geschulte Fähigkeit, historische Zusammenhänge auch aus menschlicher Sicht zu analysieren. Ich glaube, daß solche heitere Überlegenheit mit ein durchaus ernsthafter Garant für das Beste ist, das wir Österreicher in dieser Welt voller Konflikte, in dieser Welt des tödlichen Wettrüstens haben: mit ein Garant für unsere immerwährende Neutralität.”79

Aus internationaler Sicht

„Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk” von Jaroslav Hašek wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt und sind in Millionenauflagen erschienen. Keine Untersuchung allerdings wird die merkwürdige Persönlichkeit des Autors und die Ursachen seines literarischen Erfolgs erhellen. Über seine Arbeitsmethode wollte auch diese Abhandlung einiges aussagen. Hašeks Funktion war nie größer als in der Gegenwart. Dies sollen einige Zitate unterstreichen. Im „Fischer Literatur-Lexikon” aus der Bundesrepublik Deutschland ist zum „Schwejk” u. a. zu lesen, daß darin einem „grundsätzlichen Abscheu vor jeder Form des Krieges bleibender Ausdruck” verliehen worden ist.80 Das „Lexikon der "Weltliteratur" von Pongs aus der Bundesrepublik schreibt u. a., daß das "Sein" in den von Hašek dargestellten „einfachen Leuten mächtiger ist als die Gewalt, der sie ausgesetzt sind.”81 Im kritischen Jahr 1938 bereits wies Laco Novomeský in der Tschechoslowakei darauf hin, daß der „Charakter von Josef Schwejk ein großes Kapital für den Verteidigungsfonds der Republik” bedeute.82

In der Deutschen Demokratischen Republik erhebt u. a. Günther Jarosch die Stimme und erklärt, daß Hašek im „Schwejk” das „Machtinstrument” der Armee durch „Hyperloyalität verulkt”, daß er eine „antimilitaristische Satire von großer Kraft” geschaffen hat.83 Ludwig Richter aus der Deutschen Demokratischen Republik hebt hervor, daß Hašek darin „Wertbegriffe” wie den Heldentod für Kaiser, Gott und Vaterland als „hohle Phrasen einer fremdnationalen Obrigkeit entlarvt”, fremdnational” im Sinn der Tschechen.84 Christine Hansen-Löve aus Österreich betont, daß Hašek nicht „literarische Höhenflüge, sondern Fakten interessieren — das konkrete Leben”.85 Radko Pytlík aus Prag sagt: „Durch seine unschuldige Ignoranz und in der Maske eines 'göttlichen Toren’ entkommt Schwejk dem Argwohn und der Gewalttätigkeit der ihn umgebenden Welt.”86 Schwejk verspottet die Maschinerie der Repression dort, wo sie leerläuft und Phrasen drischt; er ist beharrlicher Sand in ihrem Getriebe. Damit leugnet er ihre Gefährlichkeit jedoch nicht, er führt sie vielmehr ad absurdum, weist sie als absoluten Nonsens aus. Solche Erkenntnisse sind in der Gegenwart bedeutungsvoller denn je.

Nachwort

Konrad Biricz

Der tschechische Schriftsteller Jaroslav Hašek schuf mit seinem satirischen Roman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk” eines der bekanntesten Werke der Weltliteratur. Rund um Hašek gibt es viele Unklarheiten, Vermutungen und seltsame Geschichten. Es war für mich eine faszinierende Tätigkeit, seinem „Brucker Lagerleben” nachzugehen und es zu dokumentieren. So habe ich die mir gestellte Aufgabe durch Quellenstudium, aber auch aus eigener, seit früher Jugend erworbener lokaler Kenntnis gewissenhaft zu erfüllen getrachtet.

Es sei mir gestattet, an dieser Stelle Frau Köttner-Benigni meinen Dank für die Einladung zur Mitarbeit auszusprechen. Ferner danke ich allen Archiven, die mir mit Auskünften und mit Aktenmaterial gedient haben, insbesondere den Herren im Staatsarchiv (Kriegsarchiv) Wien, Dr. Egger und Rossa, die mich freundlich beraten und das Gedeihen der Arbeit mit reger Anteilnahme verfolgt haben. Ebenso danke ich den älteren Brucke-rinnen und Brückern, die mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind. Mein Dank gilt auch den Herren Peter Ladich und Heinz Kapaun, deren private Bildmaterialsammlungen ich benützen durfte. Zu Dank verpflichtet bin ich auch dem Kommandanten des „Brucker Lagers” und Truppenübungsplatzes, Herrn Oberst Hans Seitz, für sein freundliches Entgegenkommen sowie den Herren Oberst Alfred Petznek und Oberstleutnant Alfred Bärnthaler für ihre Unterstützung und für die Begehung der Schauplätze im Lagerbereich. Ferner danke ich dem Vorstand der Sparkasse Bruck an der Leitha und allen übrigen Förderern für ihre Bereitwilligkeit, mir zu helfen. Sowohl der Wissenschaft als .auch meiner Heimatstadt Bruck an der Leitha möchte ich mit meiner Arbeit ein zeitgeschichtliches Dokument zur Verfügung stellen.

Auf dem traditionsreichen Gelände des „Brucker Lagers” entsteht eine moderne Kasernenanlage, die „Benedek-Kaserne”, die für Truppenteile des heutigen Österreichischen Bundesheeres bestimmt ist. Die verantwortlichen Kommandanten pflegen Kontakte mit der Öffentlichkeit, mit der Bevölkerung von Bruck an der Leitha und Bruckneudorf. Und wenn wir heute dort noch etwas suchen, was „vom Doppeladler übriggeblieben ist”, dann finden wir es im „Brucker Lager-Marsch”, in Romanen, in der Weltliteratur1

Für HTML angepasst: Jomar Hønsi, 2012

Fußnoten

[1] Hašek Jaroslav „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk”, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1960, zweibändige ,,ro ro ro”-Ausgabe (Erstausgabe der deutschen Übersetzung 1926).

[2] Bezieht sich auf die unter Fußnote 1 angegebene Ausgabe! Natürlich erwähnt Hašek Wien in verschiedenen Zusammenhängen. Am frappierendsten ist wohl die Anführung der genauen Anschrift des „Komitees für Kriegsgräber" (Wien IX, Canisiusgasse 4) (Bd. 2. S. 106).

[3] Petr Pavel „Hašeks Schwejk in Deutschland”, Berlin (Ost) 1963. S. 23. Unrichtige Details in den Angaben Petrs hat Radko Pytlík an anderer Stelle, entsprechend neueren Forschungsergebnissen, bereinigt. Vgl. auch Pytlík Radko (Hsg.) „Jaroslav Hašek in Briefen, Bildern und Erinnerungen", Berlin (Ost) 1983, S. 233!

[4] Jarosch Günther „Jaroslav Hašek" in: „konfiszierte Unmoral”, Berlin (Ost), 1. Aufl. 1964, 2. Au-fl. 1966, S. 10.

[5] Petr, a.a.O.

[6] Hašek, a.a.O.. Bd. 1, S. 288.

[7] Jarosch, a.a.O.

[8] Tötschinger Gerhard, „Die privaten Abenteuer des braven Schwejk” in: „Pannonia", Zeitschrift für Mitteleuropa, Eisenstadt 3/1974, S. 74.

[9] Hašek, a.a.O.

[10] Stadlmayer Rudolf „Bruck an der Leitha", Bruck an der Leitha o.J. (1973), S. 9.

[11] Stadlmayer, a.a.O.

[12] Grubmüller Josef (Hsg.), „Heimatbuch des Bezirkes Bruck an der Leitha", Bruck an der Leitha 1951, S. 131.

[13] Mayer Josef „100 Jahre — Rückschau und Ausblick" in: „Festschrift der Stadtgemeinde Bruck an der Leitha", Bruck an der Leitha o.J. (1967), ohne Seitenangabe: Hier wird die Zahl 30000 genannt, was Konrad Biricz auf Grund seiner Erhebungen im Österreichischen Staatsarchiv (Kriegsarchiv) bestätigt.

[14] Zwiauer Herbert „Geschichte des Brucker Lagers" in: „Festschrift der Stadtgemeinde Bruck an der Leitha". Bruck an der Leitha o.J. (1967), ohne Seitenangabe.

[15] Hašek, a.a.O.

[16] Hašek Jaroslav „Osudy dobrého Vojáka Švejka za světové války” (Hsg. Adolf Synek), Prag 1926. zweibändige Ausgabe: In dem Originalwerk steht „Šopronyi utcza", wie dies etwa der Schreibweise und Aussprache im Tschechischen entspricht.

[17] Hašek, entsprechend der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe!

[18] Laut Angabe eines ehemaligen Wirtschaftsunteroffiziers, der vor absehbarer Zeit im „Brucker Lager” Dienst machte, sah sein Kanzleiraum in einer der noch benützten Baracken, von der Einrichtung abgesehen, ähnlich aus.

[19] Hinweis von Karl Semmelweis, Eisenstadt. Zur Zeit der Monarchie bereits wurden auf derselben Ansichtskarte deutschsprachige Grüße aus Bruck an der Leitha, ungarischsprachige aus Királyhida gedruckt.

[20] Stadlmayer, a.a.O., S. 26.

[21] a.a.O., S. 20. Noch in Budapest werden die Soldaten an eine Schauspielerin Weiner erinnert, die sie „in Bruck als Gast gesehn" hatten (Bd. 2, S. 112, der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe)!

[22] Vgl. Fußnote 16!

[23] Vgl. Pytlík Radko „Jaroslav Hašek am Neusiedlersee" in: „Burgenländische Heimatblätter”. Eisenstadt 2/1983, S. 59! Die betreffenden Angaben unterstreichen die Zufälligkeit der Hausnummern im „Schwejk".

[24] Vgl. Pytlík, a.a.O.! Zu beachten ist, daß die Wahl der Ödenburger Straße im Nachkriegs-„Schwejk” gegenüber einer (geografisch näherliegenden) Preßburger Straße im Kriegs-„Schwejk" eine möglicherweise auf verbesserten Lokalkenntnissen beruhende Korrektur darstellen könnte!

[25] Stadlmayer, a.a.O., S. 305.

[26] Zu dieser Bezeichnung siehe weiter unten!

[27] Pytlík, a.a.O. Dazu gibt Konrad Biricz, Bruck an der Leitha, an, daß auf dem Gebiet von Bruckneudorf in der betreffenden Zeit zwei Betriebe bestanden, die in einem Zusammenhang mit den Vorstellungen Hašeks gestanden sein könnten: in der ehemaligen „Ödenburger Straße" (jetzt Ecke Gärtnergasse) ein einstöckiges Gebäude mit einer 3äckerei, insbesondere aber, in der von der Parndorfer Straße zum bahnhof führenden jetzigen Kiralystraße den Alteisenhändler Adolf Leitner, der auch ein Fiakerunternehmen hatte und für Einjährigfreiwillige Ausflugsfahrten durchführte.

[28] Stadlmayer, a.a.O., S. 271. Lt. Hinweis von Rudolf Stadlmayer hat das Geschäft Effenberger während des Ersten Weltkrieges und danach bis m die dreißiger Jahre unter demselben Namen bestanden. Der Name des Verlages Effenberger ist auf Ansichtskarten gedruckt zu finden.

[29] Lt. einem in Unger Theodor-Khuli Ferdinand „Steirischer Wortschatz”, Graz 1903. S. 263, erwähnten „Inventar" von 1715 gehören zur „Galanterie” u.a.: „Scheiben- und Sackuhren, stählerne Plxl" (Büchsen), „Pecher” sowie „Schreibt äff er ln"(Schreibtäfelchen), demnach nicht nur feinere Metallgegenstände, sondern auch, dem Verwendungszweck nach, Vorläufer von Schreibpapier, Notizblocks usw.

[30] Tötschinger, a.a.O., S 73. Tötschinger ist nicht der erste Autor, der die Schauplätze des „Schwejk" im „Brucker Lager" usw. beachtet hat. Im „Grenzland-Kurier” vom 29. 9. 1955 (Erscheinungsort Bruck an der Leitha) steht sin Artikel von Konrad Biricz über den Truppenübungsplatz mit dem Titel „Wo einst Schwejk und Mietzike ging” (Mietzike ist eine Figur bei Rudolf von Eichthal).

[31] Tötschinger, a.a.O., S. 74.

[32] Hašek, die unter Fußnote 16 angegebene Ausgabe!

[33] Pytlík Radko „Kniha o Švejkovi", Prag 1983, S. 143.

[34] Pytlík, a.a.O. Zur gemischten Nationalität schreibt Hašek in Bd. 1, S. 158, der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe Ober Lukasch: „Er sprach in Gesellschaft deutsch, las tschechische Bücher, und wenn er in der Einjährigfreiwilligenschule vor lauter Tschechen unterrichtete, sagte er ihnen vertraulich: 'Seien wir Tschechen, aber es muß niemand davon wissen. Ich bin auch Tscheche.'"

[35] Pytlík, a.a.O.

[36] a.a.O.

[37] a.a.O.

[38] „Kadett Biegler aus dem 'Schwejk’ meldet sich” in: „Volksstimme'’, Wien, 9. 2. 1955. Zu Kadett Biegler vgl. Hašek, Bd. 2, S. 64. der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe!

[39] Pytlík, a.a.O.

[40] Vgl. die allgemeine Charakteristik, Bd. 1, S. 153f., der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe!

[41] Pytlík, a.a.O.

[42] a.a.O., S. 145.

[43] a.a.O., S. 146. Rechnungsfeldwebel Vaněk (in der deutschen Übersetzung Waněk) ist wie Biegler eine Gestalt im „Schwejk”. Vgl. Hašek, Sd. 2, S. 7ff., der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe!

[44] a.a.O., S. 146. „Heuschober” im Gebiet von Királyhida erwähnt Hašek u.a. in 3d. 1. S. 334, der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe. Lt. Hinweis von Konrad Biricz gab es solche auf dem Gebiet des „Brucker Lagers" wie auch in dessen Umgebung. Lt. Hinweis von Katja Schmidt-Piller, Purbach, waren Heuschober im Gebiet des Leithagebirges Richtung Neusiedlersee in der betreffenden Zeit ebensowenig üblich wie jetzt. Am Zeilerberg über Winden stehen aber noch immer Weinkeller, und zwar nicht weit „unterm Wald” (a.a.O.), in denen das Heu auf einer Art Oberboden aufbewahrt worden ist (nämlich das „geschoberte” Heu). Zu dem a.a.O. ebenfalls erwähnten „Bauernhof”, wo „unterm Dach” das Heu lag, meint Schmidt-Piller, daß es sich dabei um einen Bauernhof in Breitenbrunn gehandelt haben könnte; wenn auch nach der Straßenseite zu geschlossen, waren dort die Bauernhöfe nach hinten zu offen und leicht zugänglich. Der ermähnte Zugsführer konnte sich daher leicht auf einen Heuboden flüchten.

[45] a.a.O., S. 147. In diesem Zusammenhang ist auf die Erzählung „In strategischen Schwierigkeiten" in „Böhmische Küche”, 40 Humoresken von Jaroslav Hašek, Verlag der Nation Berlin 1985, zu verweisen. Auf S. 211 des 3andes findet sich eine Stelle, die nicht nur auf das Sicn-Verstecken in einem „Strohschober”, auf das Simulieren der Fallsucht, letztlich auf die freiwillige Meldung an die Front, um der Erschießung zu entgehen, hinweist, sondern auch folgende Stelle enthält, die einer Koordinierung mit der Biografie bedürfte: „Zu Beginn des Krieges hatte man mich aus der Offiziersschule des 91. Regiments hinausgeworfen, dann hatte man mir auch die Litzen eines Einjährigfreiwilligen abgetrennt, und während meine ehemaligen Kollegen die Titel Kadett und Fähnrich erhielten und wie die Fliegen an allen Fronten fielen, saß ich eingesperrt im Kasernenarrest in Budweis und in Most an der Litava."

[46] „Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes” (Hsg. Burgenländische Landesregierung), 3d. 1. Der Verwaltungsbezirk Neusiedl am See. Eisenstadt 1954, S. 162 f.

[47] a.a.O., S. 162.

[48] Der „Sappeur" ( = Pionier) Woditschka (in dem der vorliegenden Untersuchung zugrundeliegenden tschechischen Originalwerk — vgl. Fußnote 16! — Vodička geschrieben) hat, unabhängig von der biografischen Wahrheit, im „Brucker Lager" mit seiner Waffengattung Tradition. Ab dem Wiener Kongreß 1814/15 war „Sappe” ( = ein von Sappeur ren errichteter.Erdwall),,,Sappeur" usw. durch die Stationierung des III. Sappeur-Korps im betreffenden Gebiet ein verbreiteter Begriff (,,Sappe-8erg”, „Sapp-Schanze", „Sapp-Wiese", „Sapp-Allee", Gasthof „Zur Sappe" sind teilweise bis in die Gegenwart bekannte bzw. gebräuchliche Bezeichnungen). Wahrscheinlich kannte Hašek nicht nur Sappeure, sondern auch deren Übungsanlagen auf dem Gebiet des „Brucker Lagers”.

[49] Tötschinger, a.a.O.

[50] Stadlmayer, a.a.O., S. 12. Nicht nur in Bruck an der Leitha, It. Hinweis von Katja Schmidt-Piller, Purbach, auch in Seegemeinden wird noch jetzt gelegentlich von heftigen Konflikten und ernsthaften Raufereien zwischen Angehörigen verschiedener Nationalitäten während der betreffenden Zeit erzählt.

[51] Nicht zufällig erwähnt Hašek Übungen der „Honvéds" auch in seiner Erzählung „Am Neusiedlersee", in deutscher Übersetzung erschienen in „wortmühle". Eisenstadt 1/1983, S. 3 ff. Möglicherweise hat er bei einem früheren Aufenthalt in Ungarn Podersdorf kennengelernt. Vgl. dazu Pytlík „Jaroslav Hašek am Neusiedlersee", a.a.O., S 60! Der Name Pándorfalu für Parndorf findet sich z.B. auf der „Routenkarte der Eisenbahnen von Österreich, Ungarn und Bosnien-Herzegowina” aus 1916 und der Name Pátfalu für Podersdorf z.B. auf „G. Freytags Karte von Österreich-Ungarn" aus 1914, war also zur betreffenden Zeit in Gebrauch (Burgenländisches Landesarchiv)

[52] Der Hinweis auf das Breitenbrunner Gemeindegasthaus als möglichem Schauplatz stammt von Katja Schmidt-Piller, Purbach. Unter der Voraussetzung, daß Hašek (von Woditschka oder einem anderen Kameraden) eine Erzählung oder Schilderung übernommen hat, die tatsächlichen Ereignissen folgt, kommt vor allem der ehemalige Einkehrgasthof von Winden am See als Schauplatz In Frage. 1915 wurde der Kirtag in Winden am 9. Mai gefeiert, der Nachkirtag daher am 16. Mai. Drei Wochen später hielt sich Hašek tatsächlich noch im „Brucker Lager" auf (Woditschka spricht von einem Ereignis, das drei Wochen vorher stattgefunden hätte). Lt. Anna Wolf, geb. 1915, Winden am See, der Besitzerin des angeführten Gebäudes, wurde auch zur Zeit des Ersten Weltkrieges im 1. Stock in einem Saal getanzt. Daß Soldaten aus dem „Brucker Lager” an Tanzunterhaltungen teilnahmen, weiß Anna Wolf aus Berichten ihres verstorbenen Mannes. des Gastwirts und Fleischhauers Franz Wolf. geb. 1899 (im Familienbesitz befindet sich sogar ein Krug aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, der Namen von Offizieren aus dem Lager trägt). Der Gasthof. der von der Familie Wolf 1917 dem Stift Heiligenkreuz abgekauft wurde, wurde, wie der Jahreszahl im Keilstein des Torbogens zu entnehmen ist, 1780 errichtet; Franz Wolf behauptete

[53] Stadlmayer, a.a.O., S. 295.

[54] a.a.O., S. 306.

[55] a.a.O.

[56] Hašek Jaroslav „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk”, Berlin (Ost) und Weimar, 8. Aufl. 1982. S. 383.

[57] Bd. 1, S. 172, der unter Fußnote 16 angegebenen Ausgabe.

[58] Abgesehen davon, daß mehrere der Verfasserin bekannte Leser sich am Bild eines „roten" Lammes stießen, wies eine Leserin auf die verbreitete Metapher des „schwarzen Schafes” hin, die sich durchaus in die Vorstellungswelt Hašeks gefügt haben könnte.

[59] Vgl. Stadlmayer, a.a.O.!

[60] Tötschinger, a.a.O., S. 75.

[61] Juhász László „Burgenland, Második kladás”, München 1982, S. 73f.

[62] Vgl. Pytlík, „Kniha...", S. 143!

[63] Lt. Hinweisen von Rudolf Stadlmayer und Konrad Biricz Anschrift = Altstadt 6; Autolackiererei Dvorak = Raiffeisengürtel 7 (Haus mit Hof erstreckt sich zwischen zwei Straßen)

[64] Hašek, Bd. 1, S. 41, der unter Fußnote 1 angegebenen Ausgabe.

[65] a.a.O., S. 9.

[66] a.a.O., S. 14.

[67] Pytlik Radko, „Jaroslav Hašek und der brave Soldat Schwejk'’, Prag 1983, S. 23.

[68] a.a.O., S. 32.

[69] a.a.O., S. 56.

[70] In dem tschechischen Originalwerk — vgl. Fußnote 16! — steht sogar „Obrlajtnant”, womit Schreibweise und Sprachgebrauch noch etwas mehr verdeutlicht sind.

[71] Hašek, a.a.O., S. 160.

[72] a.a.O., S. 346 ff.

[73] „Bibliografie Jaroslava Haška” (Zusammenstellung und Redaktion Boris Médilek), Prag 1983, S. 194 ff.

[74] Prag, 10. 10. 1930.

[75] Prag, 7. 11. 1930. In dieser Nummer schreibt das Blatt, daß die Wiener kirchliche Zensur eine Begegnung Schwejks mit dem Feldkuraten (Katz) im Stock verboten hatte.

[76] Wien. 25. 3. 1955.

[77] Wien, 24. 3. 1955.

[78] Wien, 25. 3. 1955.

[79] Eine Dokumentation über diese Veranstaltung, deren Teilnehmer, mit dem Referat der Verfasserin, einigen reproduzierten Ansichtskarten von Schauplätzen aus dem Vortrag von Konrad Biricz und Presseberichten wurde der Österreichisch-Tschechoslowakischen Gesellschaft in Wien zur Verfügung gestellt.

[80] Frankfurt am Main 1964, Bd. 1, S. 308 f.

[81] Bensheim, Nachdruck 1976, S. 1647.

[82] Novomeský Laco „Erwägungen" (Hg. Karol Rosenbaum), Berlin (Ost) 1977, S. 91.

[83] Jarosch, a.a.O., S. 5.

[84] Richter Ludwig „Jaroslav Hašeks ,Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk' in: „Weimarer Beiträge”, Berlin (Ost) und Weimar 4/1983, S. 667.

[85] Hansen-Löve Christine „Rätselhaft wie ein kleines Kind” in: „Die Presse”, Wien, 23. / 24. 4. 1983, Literaricum V.

[86] Pytlík, a.a.O., S. 50.