ÖSTERREICH-UNGARNS LETZTER KRIEG 1914-1918

HERAUSGEGEBEN VOM ÖSTERREICHISCHEN BUNDESMINISTERIUM FÜR HEERESWESEN UND VOM KRIEGSARCHIV

ZWEITER BAND

ERSTER TEIL

DAS KRIEGSJAHR 1915

ERSTER TEIL

VOM AUSKLANG DER SCHLACHT BEI LIMANOWA-ŁAPANÓW BIS ZUR EINNAHME VON BREST-LITOWSK

UNTER DER LEITUNG VON EDMUND GLAISE-HORSTENAU

BEARBEITET VON

JOSEF BRAUNER, EDUARD CZEGKA, JAROMIR DIAKÓW, FRIEDRICH FRANEK, RUDOLF KISZLING, EDUARD STEINITZ UND ERNST WISSHAUPT

MIT 40 BEILAGEN UND 36 SKIZZEN

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, Vorbehalten

Copyright 1930 by Verlag der Militärwissenschaftlichen Mitteilungen in Wien

Einbandzeichnung von Rudolf Junk in Wien

Druck von Paul Kaltschmid in Wien

VORWORT ZUM ZWEITEN BANDE

Der vorliegende zweite Band des Werkes „Österreich-Ungarns letzter Krieg 1914—1918“ behandelt die schweren Karpathenkämpfe des öst.-ung. Heeres, den darauf folgenden Siegeszug von Gorlice bis zur Einnahme von Brest-Litowsk und die Kämpfe gegen Italien, die in diesen Zeitraum fallen. Die Schriftleitung hatten wieder der Unterzeichnete und der Oberstaatsarchivar Obst. a.D. K i s z 1 i n g inne, die hiebei abermals durch den Hofrat d. R. Obst. a. D. Ehnl unterstützt wurden. Für die Abfassung des Bandes galten die gleichen Grundsätze wie für den ersten Band. Die einzelnen Abschnitte wurden von den folgenden Mitarbeitern verfaßt:

„Die Lage um die Jahreswende 1914/15“: vom Unterzeichneten und vom Mjr. des Bundesheeres Dr. Franek;

„Der Karpathenwinter 1914/15": vom GM.d.R. Steinitz (einzelne Abschnitte über die Dezemberkämpfe 1914 vom Oberstaatsarchivar Obstlt. a.D. Meduna-Riedburg und vom Hptm. des Bundesheeres Wisshaupt, statistisches Material im Schlußabschnitt vom Mjr. des Bundesheeres Dr. Czegka);

„Vom Zwei- zum Dreifrontenkrieg“: vom Unterzeichneten (unter Benützung von Beiträgen K i s z 1 i n g s über die italienische Front und des Obstlts. des Bundesheeres Mühlhofer über den Balkankriegsschauplatz) ;

„Von Gorlice bis Lemberg“: vom Unterzeichneten, der sich hiebei auf Studien der Generalmajore d. R. Steinitz und Paić sowie des Oberstaatsarchivars Obstlt. a. D. Uriel stützen konnte;

„Der Feldzug von Brest-Litowsk“: vom Obst. Kisz ling gemeinsam mit Obstlt. d. R. D i a k o w sowie mit Mjr. Dr. Czegka, Mjr. Dr. Franek und Hptm. Wisshaupt;

„Die Einleitungskämpfe an der Südwestfront“ und „Die Sommerschlachten gegen Italien“: vom Obst. K i s z 1 i n g, der für die Schilderung der Kämpfe in Tirol eine Studie des GM. d. R. Julius Lustig-Prean benützen konnte, und dem die Darstellung der Kämpfe in Kärnten teilweise Obstlt. des Bundesheeres Brauner abnahm.

Das Personen- und Truppenkörperverzeichnis wurde wie im ersten Bande vom Hofrate d. R. S a c k e n angelegt. An der Bearbeitung einzelner Textteile haben noch Staatsarchivar Mjr. a. D. Dr. Schmidt und Mjr. des Bundesheeres Adolph-Auffenberg mitgewirkt, indes die Herstellung der Kartenbeilagen und Skizzen inhaltlich wieder vom Obst. des Bundesheeres Zöbl geleitet wurde. Von den beiden mit Übersetzungen befaßten Mitarbeitern GM. d. R. Spannocchi und Mjr. a. D. P i b 1 hat der erstgenannte seine Tätigkeit auch auf die italienische Kriegsliteratur ausgedehnt. Die das Eisenbahnwesen betreffenden Fragen bearbeitete wieder Gen. d. R. Ing. Ratzenhofer. Besonderer Dank gebührt abermals den zahlreichen Persönlichkeiten des alten Heeres, die die Güte hatten, einzelne Abschnitte vor der Drucklegung zu überprüfen und zu ergänzen, ferner dem GO. d. R. Sarkotic-Lovcen, dem Gen. Ratzenhofer und dem Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Generalstaatsarchivar Univ.-Prof. Dr. B i 11 n e r, die sich neuerlich in liebenswürdigster Weise um die Durchsicht und Überprüfung des ganzen Textes bemüht haben.

Wie der erste Band dieses Werkes, so durfte sich auch der vorliegende wieder vor allem der werktätigen Förderung durch den Bundesminister für Heereswesen, Bundeskanzler a. D. Vaugoin, erfreuen. Ebenso nahmen sich der Fortführung des Werkes mit gewohntem Nachdruck an: der Leiter der Sektion I des Heeresministeriums, GdI. Sc hie bei, der Leiter des Verlages, Obst. des Bundesheeres Schubert, und — als bewährter druck- und verlagstechnischer Beirat — der frühere Direktor der Staatsdruckerei, Hofrat G r ü n d i g.

Wien, im Sommer 1931

Der Direktor des Österreichischen Kriegsarchivs GLAISE - HORSTENAU

INHALTSVERZEICHNIS

Seite

Vorwort zum Zweiten Bande................V

Verzeichnis der Abkürzungen ...............XVI

Die Lage um die Jahreswende 1914/15

Überblick über die Weltlage zu Anfang 1915...........3

Österreich-Ungarns Wehrmacht um die Jahreswende.........8

Kämpfer und Kriegsgerät...............8

Heer- und Kampfführung...............19

Das moralische Gefüge................27

Der Karpathenwinter 1914/15

Die Verfolgung der Russen nach der Schlacht bei Limanowa-Łapanów ....    33

Das unbefriedigende Ergebnis der Verfolgung und die Führerentschlüsse auf

beiden Seiten (13. Dezember).............33

Das Zusammenwirken der 3. und der 4. Armee bis zum 17. Dezember .    .    36

Der russische Rückzug nördlich der Weichsel (15. bis 18. Dezember) ...    43

Die letzten Kämpfe des Kriegsjahres 1914............47

Die Ereignisse südlich der Weichsel............47

Bildung der neuen russischen Front. Die österreichisch-ungarischen

Maßnahmen am 17. Dezember...........47

Kämpfe bei Tarnów und am Dunajec (18. bis 20. Dezember) ...    49

Das Stocken der Offensive der 3. Armee (18. bis 20. Dezember) .    .    52

Die Besprechung in Oppeln (19. Dezember).........54

Beginn der russischen Gegenoffensive in Galizien (21. bis 24. Dezember)    58

Das Eingreifen des X. Korps auf dem rechten Flügel der 3. Armee und

die Angriffe Pflanzer-Baltins bis zum 25. Dezember ....    64

Rückzug der 3. Armee gegen den Hauptkamm der Karpathen und

Abwehrkämpfe des Südflügels der 4. Armee (25. bis 27. Dezember)    67

Die Ereignisse in Przemyśl und bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin

bis zum Jahresschlüsse.............72

Erwägungen und Anordnungen der Führer auf beiden Seiten (27. bis

28. Dezember)...............74

Seire

Das Zurückweichen der 3. Armee (28. bis 31. Dezember; ....    75

Die Schlacht der 4. Armee (28. bis 31. Dezember).......78

Die Ereignisse nördlich der Weichsel............80

Die Kämpfe der 1. Armee um die Nidaübergänge (20. bis 31. Dezember) 80 Die Kämpfe der 2. Armee bei Tomaszów (19. bis 31. Dezember) .    .    84

Die Neujahrsbesprechung der verbündeten Führer in Berlin.....91

Erster Versuch zur Offensive über die Karpathen..........94

Neue Offensivpläne der Verbündeten............94

Der Ausklang der Dezemberkämpfe............99

Die Anlage der Jänneroffensive über die Karpathen.......107

Gliederung der Streitkräfte auf dem nördlichen Kriegsschauplätze nach dem

Stand vom 23. Jänner 1915...............114

Die russischen Pläne.................122

Beginn der Offensive und Rückschlag............124

Der Angriff der 3. und der Südarmee (23. bis 26. Jänner) .... 124 Kampfschwankungen bei der Südarmee und am Uzsokpaß vom 27. Jänner

bis 5. Februar................129

Brussilows Gegenschlag gegen die k.u.k. 3. Armee (27. Jänner bis

5. Februar)................133

Verfügungen zur Wiedergewinnung des Raumes bei Mezölaborcz .... 143 Neuregelung der Befehlsverhältnisse in den mittleren Karpathen und hineinspielende Ereignisse (6. bis 15. Februar) .    . _.......147

Die Offensive der Armeegruppe Pflanzer-Baltin gegen Kolomea—Nadworna

(31. Jänner bis 16. Februar)..............    155

Die Winterschlacht in Masuren und ihre Auswirkung.......160

Die Grundlagen für die Entschlüsse der k.u.k. Heeresleitung.....165

Die Kämpfe in den Karpathen bis zum 26. Februar........167

Der rechte Heeresflügel und sein nächstes Operationsziel Dolina

(16. bis 26. Februar)..............167

Die Begebenheiten bei der 3. und der 4. Armee (15. bis 26. Februar)    175

Zweiter Versuch zur Offensive über die Karpathen.........180

Vorbereitungen der 2. und der 3. Armee für den neuerlichen Vorstoß über

das Gebirge.......................180

Die Vorgänge an den Flügeln der verbündeten Heere bis zum 22. März . 186 Die Kämpfe Pflanzer-Baltins gegen die anwachsende Übermacht der

Russen (27. Februar bis 22. März)...............186

Das wechselvolle Ringen der Südarmee (27. Februar bis 23. März)    .    192

Die Vorgänge an der Front nördlich der Weichsel bis zum 22. März    .    195

Die letzten Anstrengungen zum Entsätze von Przemyśl.......196

Lagebeurteilung in Teschen nach dem Ergebnis der ersten Angriffe der

2. und der 3. Armee..............196

Der Angriff der 4. Armee (27. Februar bis 17. März)......198

Das Ringen der 2. und der 3. Armee auf seinem Höhepunkt (2. bis

10. März).................201

Das endgültige Scheitern des Entsatzversuches (11. bis 20. März) .    .    205

Der Fall der Festung Przemyśl.............211

Rückblick....................    ,    217

Seite

Die Gegenoffensive Iwanows............... 224

Die Führerentschlüsse bei den Russen und bei den Verbündeten .... 224

Wachsende Bedrängnis bei der 2. und der 3. Armee.......228

Die Krise (26. bis 31. März)..............235

Die letzten Märzkämpfe bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin und bei der

Südarmee.................. 242

Die Osterschlacht in den Karpathen (1. bis 6. April).......246

Zurücknahme der 2. Armee hinter den    Karpathenhauptkamm .    .    .    246

Der Russenansturm gegen die 3. Armee    und    seine Abwehr (1. bis

5. April).................251

Der Ausklang des großen Karpathenringens...........258

Die Angriffe Brussilows nach der Osterwoche und die Eroberung des Zwinin

durch die Deutschen (6. bis 14. April)..........258

Das Abflauen der Karpathenkämpfe in der zweiten Aprilhälfte 1915 .    . 261

Das Ergebnis des Karpathenwinters............267

Vom Zwei- zum Dreifrontenkrieg

Die politisch-militärische Lage Österreich-Ungarns im April 1915.....275

Die Kampfpause an der Balkanfront............275

Italiens Abfall vom Dreibunde.............281

Italiens Rüstungen und Kriegspläne...........284

Österreich-Ungarns Abwehrmaßnahmen gegen Italien.......288

Entschluß der Mittelmächte zum Angriff gegen die Russen.......297

Die    Entstehung des    Gorliceplanes der    Mittelmächte........297

Die    Absichten der    Russen...............309

Von Gorlice bis Lemberg

Die Durchbruchsschlacht bei Gorlice (2. bis 8. Mai 1915).......315

Der    Aufmarsch zur Schlacht..............315

Der    Vorstoß an die Wisłoka (2. bis 5. Mai)..........318

Die Kämpfe am 5. Mai und das Eingreifen der k.    u. k.    3. Armee    .    .    328

Die Einnahme von Tarnów und das Kesseltreiben bei Dukla    (6.    Mai)    .    .    331

Die Fortführung des Angriffes über den Wisiok (7. und 8. Mai) .... 336 Der Entschluß    der Russen zum    Rückzug hinter    den    Wisłok    .    .    .    340

Der Einbruch    der Verbündeten    in die Russenfront    bei    Krosno    und

Rymanów....................342

Die Auflockerung der Russenfront in den Waldkarpathen und die Armeegruppe Pflanzer-Baltin in der ersten Maiwoche.......345

Die öst.-ung. Heeresleitung zwischen dem 4. und dem 9.    Mai.....347

Der Rückzug der Russen an den San (9. bis 13. Mai).........350

Die Schlacht bei Sanok und Rzeszów (9. und 10. Mai).......350

Der russische Gegenstoß am Dniester (9. bis 12. Mai).......357

Entschluß der Russen zum Rückzug an den San (10. Mai)......361

Die    Verfolgungskämpfe am 11. und 12. Mai..........364

Beginn des Rückzuges der Russen im Weichsellande......370

Seite

Die Wiedereroberung Mittelgaliziens (12. Mai bis 5. Juni).......371

Die beiderseitigen Weisungen für die Fortführung des Feldzuges (12. und

13. Mai)...................371

Die Schlacht bei Jaroslau (14. bis 20. Mai)..........374

Der Vorstoß der Verbündeten über den San........374

Der Gegenangriff der Russen.............383

Die Schlacht bei Opatów (15. bis 22. Mai)..........387

Beginn der Schlacht bei Przemyśl.............392

Die Kämpfe auf dem rechten Heeresflügel..........397

Die Entschlüsse bei Freund und Feind vor der Kriegserklärung Italiens .    .    . 403

Angriffspläne der Mittelmächte gegen Italien und Serbien......403

Entschluß zur Isonzoverteidigung und Befehle für den weiteren Angriff

gegen die Russen................410

Die russisch-italienische Militärkonvention und die weiteren Entschlüsse der

russischen Führer................414

Die Schlacht bei Przemyśl (24. Mai bis 4. Juni)...........419

Vergebliches Ringen östlich von Husaków..........419

Der Vorstoß Mackensens über Radymno...........422

Der Rückschlag bei Sieniawa.............426

Fortführung des Angriffes der 11. Armee.........429

Die Bezwingung von Przemyśl..............432

Der Handstreich gegen das Werk Pralkowce........432

Iwanows Gegenangriff gegen die 11. und die 4. Armee.....434

Der Fall der Sanfestung (3. und 4. Juni)............439

Die Einnahme von Stryj...............442

Der Vorstoß nach Ostgalizien (5. bis 22. Juni)...........447

Entschluß der Verbündeten zur Offensive gegen Lemberg......447

Gegenmaßnahmen der Russen.............451

Die Vorbereitungen der Verbündeten für die Offensive    gegen Lemberg .    . 453

Die Verdrängung der Russen vom südlichen Dniesterufer    (5. bis 15. Juni) . 456

Angriff Letschitzkis und Gegenangriff Pflanzer-Baltins.....456

Die Einnahme von Kalusz und Stanislau.........459

Der Gegenangriff der Russen bei Mikołajów und    Żurawno .... 462

Vorstoß Pflanzers an den Dniester und neuerliche Krise bei der Südarmee ...............................    465

Die Durchbruchschlacht bei Mościska und Lubaczów (12.    bis 15. Juni) .    . 469

Vorstoß östlich und nordöstlich von Sieniawa........478

Erwägungen und Entschlüsse auf beiden Seiten.......480

Die Schlacht bei Gródek und Magierów...........481

Die Gewinnung von    Niemirów und    Lubaczów (16. bis    19.    Juni)    .    .    481

Der Vorstoß an die    Wereszyca und an den Tanew......483

Der Durchbruch bei    Magierów und    die Bezwingung    der Wereszycalinie    488

Die Kämpfe südlich    vom Dniester...........492

Die Einnahme von Lemberg (20. bis 22. Juni).........495

Die Maßnahmen der Hauptquartiere...........495

Die entscheidenden Kämpfe um Lemberg.........498

Seite

Die Feldzugspläne................... 507

Österreich-Ungarn.................507

Italien.....................509

Die Grenzkämpfe in Tirol im Mai und Juni 1915..........512

Die operativen Erwägungen und Maßnahmen bei Freund und Feind .    .    512

Die Begebenheiten an der Tiroler Westfront und im Rayon „Südtirol“ .    .    517

Die Verteidigung der Dolomitenfront............520

Die Ereignisse an der Kärntner Front vom 23. Mai    bis    Anfang    Juli 1915 .    .    . 523

Die ersten Grenzkämpfe und der Aufmarsch des k.u.k. VII. Korps bis Ende

Mai ...................523

Die Kämpfe auf dem Karnischen Kamm von Anfang Juni bis Anfang Juli . 528 Die Kämpfe zwischen Krn und Flitsch von Ende Mai bis Ende Juni 1915 . 532

Die ersten Kämpfe im Küstenland..............534

Einbruch der Italiener und Aufmarsch der k.u.k.    5. Armee.....534

Der Begegnungskampf    im Raume zwischen Krn und Tolmein (2. bis 4. Juni)    539

Die ersten Gefechte zwischen Plava und dem Meere (5. bis 22. Juni)    .    .    541

Der Feldzug von Brest-Litowsk

Die Offensive an die Gniła Lipa...............549

Die militärpolitische Lage nach der Einnahme von Lemberg.....549

Die Schlacht bei Bukaczowce und Bobrka...........555

Vorrückung der    2. und der Südarmee vom 23. bis 25. Juni .    .    .    555

Die Ereignisse bei der    Heeresgruppe Mackensen (23. bis 28. Juni) .    .    .    560

Bereitstellung zum Nordstoß.............560

Der Vorstoß auf Tomaszów (26. bis 28. Juni).........564

Vorgehen der 1. Armee gegen Zawichost und    Gliniany    (23. bis 28. Juni) . 565

Die Entscheidung in der Schlacht bei Bukaczowce—Bobrka    (26. bis 28. Juni) 567

Die Dniesterkämpfe vom 23. bis zum 28. Juni.........570

Der Vorstoß an die Złota Lipa und über Kraśnik und Zamość (28. Juni bis

13. Juli)........................573

Die Absichten der Heerführer zu Ende Juni..........573

Die Preisgabe der San-Tanewlinie durch die Russen (29.    und 30. Juni) .    . 576

Die Schlacht an der Gniła Lipa..............579

Die Verfolgung an die Złota Lipa (2. bis 5. Juli).......583

Die letzten Kämpfe der 1. Armee auf dem linken Weichselufer (29. Juni bis

2. Juli) ..................587

Die „Zweite Schlacht bei Kraśnik“ (1. bis 10. Juli)........588

Die Einleitungskämpfe am 1. und 2. Juli.........588

Der Angriff der k.u.k. 4. Armee bis zu seinem Höhepunkt (3. bis

6. Juli)...................    592

Der neuen Offensive entgegen............600

'    Der russische Gegenangriff in der Richtung auf Kraśnik und seine

Abwehr .................    .    601

Seite

Die großen Führerentschlüsse in der ersten Julihälfte.......609

Die Verdrängung der Russen aus dem Weichselbogen.........613

Die Dniesterkämpfe vom 14. bis zum 19. Juli..........613

Die zwei ersten Kampftage.............613

Die Ereignisse auf dem Ostflügel der 7. Armee und    an    der    Zlota    Lipa    616

Das Vordringen der Verbündeten bis Cholm, Lublin und    bis    vor    Iwangorod

(15. Juli bis 1. August)...............618

Angriffsplan und Bereitstellung der Armeen........618

Die Schlacht bei Krasnostaw (16. bis 18. Juli)........622

Die Eroberung von Sokal durch dir k.u.k. 1. Armee (15. bis 18. Juli) 625 Fortführung des Angriffes der k.u.k. 4. Armee beiderseits der Bystrzyca

(16. bis 18. Juli,...............628

Der Durchbruch der Armeeabteilung Woyrsch bei Sienno (16. bis

18. Juli).................629

Die Schlacht am Chodelbach und die Neugliederung der Heeresgruppe

Mackensen (19. bis 28. Juli)...........631

Vordringen der Armee Woyrsch bis vor Iwangorod und der Weichsel-

iib;rgang bei Ryczywół (19. bis 31. Juli)........637

Die Einnahme von Lublin und Cholm (29. Juli bis 1. August) .    .    . 645

Hindenburgs Stoß über den Narew (13. Juli bis 4. August)......650

Die Eroberung von Iwangorod (1. bis 4. August)........653

Die Ereignisse zwischen Weichsel und Bug vom 2. bis zum    4. August    .    .    655

Die Bugkämpfe vom 19. Juli bis zum 4. August.........659

Wechselvolles Ringen um den Brückenkopf bei Sokal (20. bis 31. Juli) 661 Die Säuberung des westlichen Bugufers durch die Armee Böhm-Ermolli

(20. bis 26. Juli;...............663

Rückzug der russischen 13. Armee hinter die Ługa (1. bis 4. August) . 665

Von der mittleren Weichsel bis Brest-Litowsk...........667

Die Führerentschlüsse bei Freund und Feind zu Anfang August    ....    667

Die Schlacht bei Lubartów (5. bis 8. August)..........672

Der Kampf um die Ostrówstellung (8. bis 11. August).......677

Die deutsche Ostfront vom 5. bis zum 11. August........683

Vormarsch der Heeresgruppe Prinz Leopold bis vor Luków und Siedlec 683 Der Vorstoß Hindenburgs bis über Ostrów und Łomża (5. bis 11. August) 685 Erwägungen und Maßnahmen der verbündeten Heeresleitungen und des

Oberkmdos. Mackensen..............686

Maßnahmen der russischen Führung...........688

Der Vormarsch gegen Brest-Litowsk (12. bis 17. August)......689

Die deutsche Ostfront vom 12. bis zum 17. August........697

Die Vereinbarungen der Verbündeten vom 14. bis zum 19. August    .    .    .    699

Der Vorstoß über Kowel (19. bis 26. August)..........704

Die beiderseitige Überflügelung von Brest-Litowsk durch die Vorstöße der

Flügelgruppen Mackensens über den Bug (18. bis 23. August) .    .    . 707

Die Fortführung der Offensive bei den Heeresgruppen Prinz Leopold und

Hindenburg (18. bis 23. August)...........714

Die Einnahme von Brest-Litowsk (24. bis 26. August).......716

Betrachtungen über die Sommeroffensive 1915...........724

Die Sommerschlachten gegen Italien

Seite

Die erste Isonzoschlacht (23. Juni bis 7. Juli)...........733

Artillerievorbereitung und Erkundungsgefechte (23. bis 29. Juni) .... 733

Die entscheidenden    Tage der Schlacht (30. Juni    bis    7. Juli).....738

Die zweite Isonzoschlacht (18. Juli bis 10. August)..........745

Bereitstellung der Kräfte und Einleitungskämpfe auf der Karsthochfläche

und vor Görz (18. und 19. Juli)............745

Verlust und Rückeroberung des Mt. S. Michele (20. bis 24. Juli)    .    .    .    750

Der Kampf um den Görzer Brückenkopf (20. bis 24. Juli)......753

Italienische Angriffe im Krngebiet (19. bis 25. Juli)......754

Der Höhepunkt der Schlacht auf der Karsthochfläche (25. und    26. Juli)    .    .    755

Das Abflauen der    Schlacht...............758

Die Kärntner Front von    Anfang Juli bis Mitte August    1915.......763

Neugliederung der beiderseitigen Streitkräfte und Stellungsbau ....    763

Die Kämpfe im Grenzraume Kärntens............767

Die Kämpfe am oberen Isonzo in der zweiten Augusthälfte    1915    ....    769

Der italienische Angriffsplan und die Stärke beider Parteien    .    .    .    769

Die Kämpfe bei Tolmein vom 12. bis zum 20. August.....771

Das Ringen um das Becken von Flitsch..........774

Die Ereignisse der letzten Augusttage..........778

Begebenheiten in den westlichen Abschnitten der Armeegruppe Rohr    .    779

Die Sommerkämpfe in Tirol................780

Die Dolomitenoffensive der Italiener............780

Der italienische Angriff imValSugana und auf der Hochfläche von Lavarone

und Folgaria.................784

Die Ereignisse im Etschtal und an der Tiroler Westfront......786

Die ersten Kämpfe gegen Italien im Lichte der heutigen Geschichtskenntnis    .    .    787

Nachträge zum Zweiten Bande...............793

Personenverzeichnis ..................797

Verzeichnis der öst.-ung. Truppenverbände............805

Verzeichnis der deutschen Truppenverbände...........811

Druckfehlerverzeichnis..................814

BEILAGEN- UND SKIZZENVERZEICHNIS

Standestabellen..................Beilage    1

Lage in Polen am 14. und 31. Dezember 1914.........„    2

Lage der 3. und der 4. Armee am 22. und 31. Dezember 1914    ....    „    3

Lage auf dem östlichen Kriegsschauplatz am 1. Jänner 1915.....„    4

Lage südlich der Weichsel am 5. Jänner 1915.........„    5

Operationsplan zur Offensive über die Karpathen und Lage am 22. Jänner

1915    .....................6

Kämpfe der 3. Armee..................7

Offensive über die mittleren Karpathen im März 1915......„    8

Die Festung Przemyśl und der Ausfallsversuch ihrer Besatzung am 19. März

1915......................9

2. und 3. Armee am 31. März 1915..............10

Öst.-ung. Ostfront am 14. April 1915................11

Lage auf dem Balkankriegsschauplatz am 1. Mai 1915.......„    12

Übersichtskarte des südwestlichen Kriegsschauplatzes 1:200.000 ....    „    13

Kriegsgliederung der im Frühjahr 1915 dem k.u.k. Armeeoberkommando .

unterstehenden Streitkräfte...............14

Lage und Verteilung der Kräfte am. 1. Mai 1915 (Nordosten) ....    „    15

Durchbruchsschlacht bei Gorlice; Entwicklung der Lage 1. bis 6. Mai 1915    „    16

Durchbruchsschlacht bei Gorlice; Fortführung des Angriffes bis über den

Wislok 6. bis 9. Mai 1915...............17

Durchbruchsschlacht bei Gorlice; Entwicklung der Lage 9. bis 12. Mai 1915    „    18

Beginn der Schlacht bei Jaroslau und Austritt der 2. und der 3. Armee

aus dem Gebirge..................19

Fortsetzung der Schlacht bei Jaroslau...........„    20

Laufbild der Eisenbahn-Truppentransporte. Transportstraßen der Truppentransporte Mai bis August 1915............,,    21

Die Schlacht bei Przemyśl.................22

Die Kämpfe am östlichen Heeresflügel (7. Armee)........,,    23

Die Schlachten westlich von Lemberg 12. bis 21. Juni 1915.....„    24

Lage am 22. Juni abends (Nordosten)..............25

Situation der beiderseitigen Streitkräftc bei Kriegsbeginn 1915 (Südwesten)    „    26

Die Kämpfe in Tirol im Mai und im Juni 1915. Die Dolomitenkämpfe im

Juli und im August 1915...............27

Lage am l.Juni 1915 (Isonzofront)................28

Die Kämpfe zwischen Lemberg und der Złota Lipa 23. Juni bis 5. Juli .    .,    29

Vorrückung der Verbündeten zu beiden Seiten der Weichsel vom 22. bis

30. Juli...................    .    „    30

Die zweite Schlacht bei Kraśnik (1. bis 10. Juli)........„    31

Lage auf dem russischen Kriegsschauplatz am 5. Juli 1915.....„    32

Die Ereignisse beiderseits der Weichsel vom 15. bis 31. Juli.....Beilage

Nebenskizze: Die Eroberung von Iwangorod (1. bis 4. August)

Die Ereignisse vom 6. bis 17. August (zwischen Weichsel und Bug) .    .    „

Die Ereignisse vom 18. bis 26. August (am Bug)........„

Nebenskizze: Die Einnahme von Brest-Litowsk Die Offensive der Verbündeten im Osten von Mitte Juli bis Ende August

1915 (Überblick).................

Lage am    23. Juni 1915. Beginn der ersten Isonzoschlacht......„

Lage am    18. Juli 1915. Beginn der zweiten    Isonzoschlacht......„

Lage der    Armeegruppe GdK. Rohr am 1. August 1915......„

Lage am    oberen Isonzo Ende August 1915..........„

Lage der Armeegruppe Pflanzer-Baltin am 15. Dezember 1914 ....    Skizze

Lage der Armeegruppe Pflanzer-Baltin am 31. Dezember 1914 ....    „

Kämpfe bei Tomaszów. Lage am 25. Dezember 1914.......

Südarmee am 26. Jänner 1915...............

Armeegruppe Pflanzer-Baltin und Südarmee am 5. Februar 1915 .    .    .    

Armeegruppe Pflanzer-Baltin und Südarmee am 15. Februar 1915 ...    „

Nordflügel der Verbündeten im Februar 1915.........„

2. und 3. Armee am 26. Februar 1915............

4. Armee am 15. Februar 1915...............

Armeegruppe Pflanzer-Baltin und Südarmee am 19. Februar 1915 ...    „

Armeegruppe Pflanzer-Baltin am 26. Februar 1915.........

4. Armee am 20. Februar 1915 vorm.............

4. Armee am 25. Februar 1915...............

Armeegruppe Pflanzer-Baltin und Südarmee am 2. März 1915 ...    .    „

Armeegruppe Pflanzer-Baltin am 4. März 1915..........

Pflanzer-Baltin am 22. März 1915.............

Lage in Polen und Ostpreußen am 22. März 1915.........

4. Armee am 8. März 1915................

Armeegruppe Pflanzer-Baltin am 29. März 1915.........

Ostgruppe Pflanzer-Baltin am 31. März 1915..........

2.    und Südarmee am 4. April 1915............„

Die Osterschlacht 1915.................

3.    Armee am 6. April 1915................

Lage am 24. April 1915. Antransport der deutschen Korps.....„

Übersichtskizze des südwestlichen Kriegsschauplatzes.......„

Der rechte Heeresflügel anfangs Mai 1915 (7. Armee).......„

Die Schlacht am Dniester................

Der rechte Heeresflügel (7. Armee) am 13. Mai 1915 abends.....„

Die Lage der k.u.k. 7. Armee am 22. Juni abends........„

Die Lage am 22. Juni morgens. Die Einnahme von Lemberg.....„

Das k.u.k. VII. Korps auf dem Karnischen Kamm am l.JuLi 1915    .    .    „

Lage der Gruppe FML. Langer (92. ID.) am 22. Juni 1915.....„

Die Schlacht am Dniester................

Lage am Südflügel der Isonzofront am 5. Juli 1915........

Lage am 25. Juli früh (an der Isonzofront)...........

Lage der Armeegruppe GdK. Rohr Ende August—Anfang September 1915    „

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN

AOK. = Armeeoberkommando Baon. -— Bataillon bh. = bosn. herz.

BHD. = Bosnien, Herzegowina, Dalmatien BOK. = Oberkmdo. der Balkanstreitkräfte DOHL. = Deutsche Oberste Heeresleitung DonD.I (II), DrinD., MorD., SumD., TimD. = Donau- (Drina-, Morava-. Sumadia-, Timok-) Division I. (II.) Aufgebotes DR., HR., UR. = Dragoner-, Husaren-, Ulanenregiment FABrig. = Feldartilleriebrigade FHR. (FHD.) = Feldhaubitzregiment (-division)

FJB. = Feldjägerbataillon FKR. = Feldkanonenregiment finn. = finnisch

GID. = Gardeinfanteriedivision (deutsch, russ.)

GKD. = Gardekavalleriedivision (deutsch, russ.)

GRIBrig. = Gardereserveinfanteriebrigade (deutsch)

GbBrig. = Gebirgsbrigade Gen. = General (allgemein)

GFM. = Generalfeldmarschall (deutsch) GLt. = Generalleutnant (deutsch, russ.) GdA. = General der Artillerie (deutsch, russ.)

GrenD. = Grenadierdivision (russ.) GrenKorps = Grenadierkorps (russ.)

HHR. = Honvédhusarenregiment HIBrig. = Honvédinfanteriebrigade HID. = Honvédinfanteriedivision IBrig. = Infanteriebrigade

ID. = Infanteriedivision IR. (HIR., LstIR., GIR.) = Infanterie-(Honvéd-, Landsturm-, Gardeinfanterie-) regiment kauk. = kaukasisch KBrig. = Kavalleriebrigade KD. = Kavalleriedivision KJR. = Regiment der Tiroler Kaiserjäger Komb. KD. = Kombinierte Kavalleriedivision

Kmdo. (z. B. Festungskmdo.) = Kommando KosD. = Kosakendivision KSchBrig. (KSchR.) = Kaiserschützenbrigade (-regiment)

LstlBrig. = Landsturminfanteriebrigade LstlD. = Landsturminfanteriedivision LstHusBrig. = Landsturmhusarenbrigade LstTerrBrig. == Landsturmterritorialbrigade

LD. = Landwehrdivision (deutsch)

LKBrig. = Landwehrkavalleriebrigade (deutsch)

LKorps = Landwehrkorps (deutsch) MaBrig. = Marschbrigade öst.-ung. = österreichisch-ungarisch rt. SchR. = reitendes Schützenregiment RIBrig. = Reserveinfanteriebrigade (deutsch)

RD. — Reservedivision (deutsch, russ.) SchBrig. = Schützenbrigade (öst., russ.) SchD. = Schützendivision (öst., russ.) Schwd. = Schwadron sFHD. = schwere Feldhaubitzdivision sib. = sibirisch

SOK. = Serbisches Oberkommando Stawka = Russische Oberste Heeresleitung


Weitere Abkürzungen siehe Bd. I, Seiten XX und 62, und Bd. II, Beilage 14, Seite 3.

Bei Truppen sind im Texte die 1918 gültigen Bezeichnungen angewendet, z. B. Schützen, Kaiserschützen, reitende Schützen, Honvéd und nicht „k. k. Landwehrinfanterie“, „Landesschützen“, „Landwehrulanen“ oder „k. u. Landwehrinfanterie“. Vgl. Fußnote *) S. 30, Bd. I.

DIE LAGE UM DIE JAHRESWENDE 1914/15

Die Mittelmächte hatten ihren ersten Kriegsplan auf der Idee aufgebaut, sich durch einen entscheidenden Schlag im Westen vom würgenden Drucke des Zweifrontenkrieges zu befreien; die Hoffnung, daß dies gelingen werde, war an der Marne zusammengebrochen. Die Entente hatte auf die gewaltige Kraft des russischen Millionenheeres, auf die „Dampfwalze“ des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch gebaut; diese war in den Kämpfen von Łódż-Łowicz und Limanowa-Łapanów zum Stehen gekommen. Im Westen war der Krieg nach dem „Wettlauf zum Meere“, der mit der Ypernschlacht geendet hatte, im Schützengrabenkampf erstarrt. Vom Ärmelkanal bis zur Schweizer Grenze bei Basel zog sich alsbald eine doppelte Linie von Stacheldraht und Erdverschanzungen hin. Ein gleiches Antlitz nahm um Weihnachten das Ringen im Osten zwischen der unteren Weichsel und dem Karpathenkamm an. Die Ereignisse hatten dem Generalfeldmarschall Grafen v. Moltke rechtgegeben: der neuzeitliche Krieg mit seinem Massenaufgebot, mit seinen Völkern in Waffen, war in einem oder zwei Feldzügen nicht zu entscheiden gewesen. Millionenheere hatten einander in einem Dutzend schwerer Schlachten und in ungezählten Gefechten gegenübergestanden, mehr als einmal schien das Schicksal der einen oder der anderen Partei an einem Faden zu hängen. Aber als das ereignisvolle Jahr 1914 zur Neige ging, da machte keine der kriegführenden Mächte Miene, einzulenken oder das Spiel verloren zu geben. Die Entschlossenheit, der verbissene Ingrimm, den Krieg bis zur Entscheidung fortzuführen, schienen um so mehr zu wachsen, je mehr die Kräfte einander die Waage hielten. Wer von den Streitern an der Front geträumt hatte, er werde Weihnachten 1914 wieder am häuslichen Herde verleben dürfen, wurde bitter enttäuscht. Das Ende des blutigen Ringens stand in unabsehbarer Ferne.

Mit dieser schmerzlichen Erkenntnis erhob sich für die Kriegführenden beider Lager und für die ganze neutrale Welt die ausschlaggebende Frage, für wen die Zeit arbeiten werde, ob für die Mittelmächte oder die Entente. Diese Frage wurde durch das Verhalten Englands schon in den ersten Monaten halb und halb zuungunsten der Mittelmächte beantwortet. Großbritannien hatte am Tage des Kriegsausbruches mit einem

l*

planmäßigen Wirtschaftskrieg eingesetzt, mit dem es hoffen durfte, den Gegner über kurz oder lang in die Knie zu zwingen. Gestützt auf die willfährige Hilfe seiner Bundesgenossen, mit denen es sich im Londoner Vertrag vom 4. September auf Gedeih und Verderb zusammengeschlossen hatte, zerstörte es schon in den ersten Kriegswochen den ausländischen Besitz und die internationalen Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands und seiner Verbündeten von Grund auf durch Maßnahmen verschiedenster Art (Handels- und Zahlungsverbot, Auflösung der in den Ententeländern tätigen deutschen und öst.-ung. Unternehmen, Beschlagnahme der Post usw.). Am 2. November 1914 erklärte die britische Regierung die Nordsee zum Kriegsgebiet, indem sie gleichzeitig die Zufahrt zwischen Schottland und Norwegen durch eine Minenkette sperrte und die Handelsschiffe der neutralen Anrainer Deutschlands den Weg durch den Ärmelkanal zu nehmen zwang. Über den alten völkerrechtlichen Begriffsunterschied zwischen unbedingter und bedingter Bannware setzte sich England von Anbeginn planmäßig hinweg, um ihn schließlich 1916 in aller Form fallen zu lassen. Der Gegner wurde von jeder Zufuhr abgeschnitten, ob sie nun unmittelbaren Kriegszwecken diente oder nicht, die neutrale Schiffahrt wurde ganz unter englische Aufsicht gestellt. Scharfsinnig ausgedachte Handelsorganisationen sollten allmählich die Blockierung der Mittelmächte vom Lande her ergänzen. Selbst die Vereinigten Staaten von Amerika mußten Zusehen, wie sich England die unumschränkte Kontrolle über die Ausfuhr von Baumwolle, Gummi und Metallen anzueignen wußte.

Gleichzeitig mit dem Wirtschaftskrieg setzte gegen die Mittelmächte ein groß angelegter Ideenkrieg ein, zu dem die technischen Vorbedingungen dadurch geschaffen worden waren, daß England in der Nacht vom 4. auf den 5. August die deutschen Unterseekabel durchschnitten hatte. Unterstützt durch die mächtigste Presse diesseits und jenseits des Ozeans, konnte sofort der große Propagandafeldzug eröffnet werden, der damit begann, Deutschland und seine Verbündeten der Alleinschuld am Kriege und schwerer Greueltaten in den von ihnen durchschrittenen belgischen und serbischen Gebieten zu bezichtigen und gegen sie den Haß und die Verachtung der ganzen Welt heraufzubeschwören. Überdies wurde sehr bald die Wühlarbeit bei den slawischen und romanischen Völkern Österreich-Ungarns aufgenommen.

Der Wirtschafts- und Ideenkampf der Entente gegen die Mittelmächte verfolgte neben anderem auch den Zweck, dem Vielverband Bundesgenossen aus der Reihe zögernder und unentschlossener Neutraler zuzuführen. Der erste Erfolg in dieser Richtung war freilich dem mitteleuropäischen Zweibund durch den Anschluß der Türkei beschieden gewesen. Die Pforte hatte am 31. Oktober 1914 die diplomatischen Beziehungen zu den Ententemächten abgebrochen und vierzehn Tage später die Kriegserklärung folgen lassen. Der Beitritt der Türkei zum Bunde der Mittelmächte war für diese, abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen, die Deutschland am Bosporus und in Kleinasien verfolgte, politisch und strategisch von hoher Bedeutung. Das Zarenreich wurde in der Südflanke bedroht. Wer an den Dardanellen saß, beherrschte den wichtigsten Seeweg zwischen den Kornkammern Rußlands und den Industriereichen des Westens. Von Mesopotamien und vom Sinai aus mochte sich England in den zwei wichtigsten Grundpfeilern seines Kolonialreiches, in Indien und Ägypten, bedroht fühlen.

Diesen Vorteilen standen freilich beträchtliche Nachteile gegenüber. Die militärische Führung der Mittelmächte sah sich vor schwierige Aufgaben gestellt. Die Türkei verfügte über ausgezeichnete Soldaten, aber über wenig Ausrüstung und Kriegsgerät. Die Verbündeten, die selbst nicht aus dem Vollen schöpfen konnten, mußten auf manche Opfer gefaßt sein. Sehr unangenehm wirkte der Mangel einer frei benützbaren Landverbindung zwischen Mitteleuropa und Konstantinopel. Im Gegensatz zu Bulgarien, das eine den Türken wohlwollendere Neutralität bewahrte, verhielt sich Rumänien gegenüber der Durchfuhr von Kriegsmitteln zumeist entschieden ablehnend, was die deutsche Heeresleitung im Herbst 1914 und auch später veranlaßte, einer möglichst raschen Besetzung des Negotiner Kreises (vgl. Bd. I, S. 710) das Wort zu reden, und den GdI. Falkenhayn auch im Jahre 1915 immer wieder auf Offensivpläne gegen Serbien zurückkommen ließ, bis im Oktober dieses Jahres zur Tat geschritten werden konnte.

Auch die Verteidigung der entlegenen Grenzgebiete der Türkei mußte angesichts der Armut Kleinasiens an Bahnen (die Bagdadbahn war nur streckenweise fertiggestellt), an Straßen und an Hilfsmitteln aller Art der Truppe und ihrer Führung ganz außergewöhnlich schwierige Aufgaben stellen.

Die großen Probleme, die der Krieg aufgeworfen hatte, wurden durch den Eintritt der Türkei in den Krieg noch mannigfaltiger und verwirrter. Die Begehrlichkeit der Entente nach türkischem und persischem Besitz sah sich durch die immerhin gegebene Möglichkeit mächtig angeregt, das ottomanische Reich zu zertrümmern. Rußland meldete seine Ansprüche auf Konstantinopel, auf Armenien und auf Vergrößerung der durch die Verträge von 1907 festgelegten Einflußzone in Nordpersien an. England war bereit, Rußlands Forderungen zu unterstützen, verlangte dafür aber Mesopotamien, die Mittelmeerhäfen Jaffa und Akka, den beherrschenden Einfluß im südlichen Arabien und eine Erweiterung der britischen Einflußzone im erdölreichen Südpersien. Vergeblich hatte der Kalif die britischen Pläne dadurch zu durchkreuzen gehofft, daß er am 14. November 1914 die grüne Fahne des Propheten zum „Dschihad“, zum heiligen Krieg, entrollt hatte. Das Echo in der Welt des Islams war verhältnismäßig schwach gewesen. Ägypten stand von Anbeginn unter dem Einfluß Großbritanniens, das am 18. Dezember die Unabhängigkeit des Landes erklärte und einen gefügigen „Sultan“ an Stelle des türkenfreundlichen Khediven setzen ließ. In Arabien fand der Ruf des Kalifen wohl teilweise Gehör, aber schon im Sommer 1915 schlug sich der Großscherif von Mekka — vor allem aus wirtschaftlichen Gründen — auf die Seite Englands, das ihm zum Danke das von Stambuł unabhängige Königreich Hedschas verlieh. In Afghanistan, wohin deutsche Emissäre abenteuerliche Fahrten unternahmen, machte sich anfangs starke Türkenfreundlichkeit geltend; aber die doppelte Bedrohung durch England — aus Indien und Südpersien — ließ sie nicht wirksam werden. Indien blieb still.

Gegenüber den russischen und englischen Ansprüchen ließ sich Frankreich von seinen Bundesgenossen das Anrecht auf Syrien und ein dort bis an den obersten Tigris reichendes Einflußgebiet bestätigen. Die ersten eine Aufteilung der Türkei betreffenden Abmachungen wurden zwischen den Alliierten im März 1915 getroffen.

Inzwischen hatten die Kämpfe in den türkischen Randgebieten längst begonnen. In Mesopotamien war ein englisch-indisches Expeditionskorps bis an den Zusammenfluß der beiden biblischen Ströme vorgedrungen. In Armenien erlitt die Armee Enver Paschas nach anfänglichen Erfolgen in den Gebirgen nordöstlich von Erzerum Mitte Jänner einen Rückschlag, der einer Vernichtung gleichkam; dann erstarrte der Kampf für Monate zum Stellungskriege. Kurz darauf, im Februar, versuchte Dsche-mal Pascha mit '20.000 Türken und höchst unverläßlichen Arabern vergeblich, den von indischen und neuseeländischen Divisionen verteidigten Suezkanal zu überschreiten. Er mußte sogar nach Palästina weichen.

Noch ehe an der Kaukasusgrenze die Wendung zugunsten der Russen eingetreten war, war im Schöße der Entente der Gedanke an einen Entlastungsangriff gegen die Dardanellen auf genommen worden. Er führte zunächst am 18. März zu dem ergebnislosen Versuch, durch eine englischfranzösische Flotte die Einfahrt in die Meerengen zu erzwingen, und vier Wochen später zur Landung eines englisch-französischen Expeditionskorps an der Südspitze der Halbinsel Gallipoli.

Die Hoffnungen, daß Italien dem Beispiele der Türkei folgen werde, waren unterdessen schon völlig geschwunden. Trotz der seinen Verbündeten bei Kriegsbeginn gegebenen Zusicherung wohlwollender Neutralität hatte selbst der als Dreibundfreund geltende Außenminister Marchese San Giuliano schon zu Anfang August Fühler über den Preis ausstrecken lassen, der dem Königreich im Falle eines Anschlusses an die Entente winken konnte1). San Giuliano starb wenige Wochen später. Sein Nachfolger Sonnino war in den Tagen des Kriegsausbruches noch eindringlich für die Erfüllung der Dreibundpflicht eingetreten. Doch am 11. Dezember, unmittelbar nach der für das Habsburgerreich so unglücklichen Schlacht bei Arangjelovac, durfte sich mit seiner Zustimmung der Ministerpräsident Salandra öffentlich zum „sacro egoismo“ bekennen. Gleichzeitig griff Italien die Kompensationsansprüche wieder auf, die es schon bei Kriegsbeginn unter Berufung auf den Artikel VII des Dreibundvertrages gegenüber der Monarchie geltend gemacht hatte. Damals waren diese Ansprüche von Wien noch nicht anerkannt worden. Trotzdem hatte man dort schon gute Miene zum bösen Spiel gemacht, als die Italiener am 30. Oktober auf der Insel Saseno gelandet waren, und man änderte diese Haltung auch nicht, als zu Weihnachten Valona von italienischen Abteilungen besetzt wurde. Kurz darauf sollte Italien seine Maske vollends lüften, indem es, gewiß entgegen dem Sinne des Dreibundvertrages, Ansprüche auf altösterreichisches Gebiet erhob. Das Verhalten Italiens erweckte bei den Verbündeten um so mehr Sorge, als es nach allen Erfahrungen auf Rumänien zurückwirken mochte2).

Auch in Bulgarien ließ die Entente im Winter 1914/15 alle Minen springen, obgleich die maßgebenden Kreise des Landes aus Gegnerschaft gegen Rumänien und Serbien von Kriegsbeginn an den Mittelmächten zuneigten. Aber die Diplomatie der Mittelmächte behielt die Oberhand, wenn auch die öst.-ung. Niederlage in Serbien der bulgarischen Regierung Zurückhaltung auf erlegte. Dagegen arbeitete in Griechenland der Ministerpräsident Venizelos vom ersten Tage an für den Anschluß an die Entente, die mit glänzenden Versprechungen nicht sparte. Aber der deutschfreundliche König Konstantin, ein Schwager des Deutschen Kaisers, entließ Venizelos im März 1915 zum ersten Male, weil er mit dessen Politik nicht einverstanden war.

1)    Das Zaristische Rußland im Weltkriege (Berlin 1927), 263 ff.

2)    Vgl. Bd. I, 313.

Von entscheidender Bedeutung für die Kriegslage der Mittelmächte wäre es gewesen, die Beherrschung des Meeres durch England zu überwinden. Die Deutschen hatten zu Kriegsbeginn entgegen dem Rate des Großadmirals Tirpitz und anschauungsverwandter Persönlichkeiten den Versuch unterlassen, ihre Flotte auf hoher See gegen die britische einzusetzen. Auf solche Weise rechtfertigte sich die Auffassung der englischen Admiralität, daß die bloße Anwesenheit ihrer Geschwader in dem ihrem Schutze anvertrauten Gebiete („Fleet in being“) ausreichen werde, dem Inselreiche seine unangreifbare Seegeltung zu sichern.

Dabei gebrach es der deutschen Flotte an Unternehmungsgeist wahrlich nicht, wie die Seeschlachten von Coronel (1. November 1914) und bei den Falklandsinseln (8. Dezember), die Kämpfe an der Doggerbank (24. Jänner 1915) und die Irrfahrten zahlreicher auf das Weltmeer verstreuter Kreuzer bewiesen. Die Seegeltung Englands und damit dessen schärfste Waffe, die Hungerblockade, blieben aber durch die Taten der deutschen Kriegsmarine unberührt. Die Abschnürung Deutschlands von der hohen See besiegelte auch das Schicksal der deutschen Kolonien, von denen bis in den Sommer 1915 alle, mit Ausnahme von Deutsch-Ostafrika, verloren gingen. An der Verteidigung von Tsingtau, das bereits am 7. November 1914 gefallen war, hatte auf Befehl Franz Josephs auch die Besatzung des öst.-ung. Kreuzers „Elisabeth“ mitgewirkt; sie geriet in japanische Gefangenschaft. Die weitgehende Verdrängung der Mittelmächte vom offenen Meere verfehlte selbstverständlich bei den Neutralen diesseits und jenseits der Atlantis ihren Eindruck nicht. Zumal Staaten mit ausgedehnten Küsten, wie Italien und Griechenland, konnten nicht umhin, die nun erwiesene Tatsache der britischen Vorherrschaft zur See entscheidend in die Rechnung ihrer Politik einzustellen.

Österreich-Ungarns Wehrmacht um die Jahreswende

Kämpfer und Kriegsgerät

Der Wehrmacht Österreich-Ungarns waren beim gemeinsamen Abwehrkampf der Mittelmächte im Jahre 1914 außerordentlich schwierige Aufgaben zugefallen. Im Nordosten hatte sie zu Kriegsbeginn die Hauptmasse des russischen Heeres gegen sich, der sie sich viermal entgegenwarf, zuerst allein, dann im engeren Anschlüsse an die Verbündeten. Mít zu Schlacken ausgebrannten Abteilungen konnte sie schließlich südlich von Krakau dem Feinde den Weg nach Prag und Wien verriegeln. An den Toren des Orients erwuchs einem Teil des Heeres die Pflicht, einen länderlüsternen, kriegsgewohnten, todesmutigen Feind abzuwehren. Vielleicht in Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit, aber nicht minder genötigt durch die unerhörten Schwierigkeiten, die der Führung eines reinen Abwehrkampfes auf diesem Kriegstheater entgegenstanden, haben auch auf dem Balkan die österreichisch-ungarischen Streitkräfte zweimal ihr Glück im Angriffe versucht. Als Ergebnis festzustellen, daß diese Angriffe den strategischen Zweck erreichten, heißt nicht, eine an sich furchtbare Katastrophe beschönigen. Die Truppe war durch den schrecklichen Rückschlag von Arangjelovac ins Mark getroffen.

Welche Einbußen an Kraft Österreich-Ungarns Armeen in diesem atembeklemmenden Zweifrontenkrieg des Jahres 1914 erlitten, zeigen am deutlichsten die Verlustzahlen. Nord- und Südheer waren mit insgesamt anderthalb Millionen Streitbaren ins Feld gezogen. Die Heimat hatte ihnen im Laufe der vier Kriegsmonate 800.000Streiter nachgesandt1). Dennoch betrug der Gesamtstand an Kämpfern zu Ende 1914 nicht einmal ganz eine Million Mann, 680.000 im Norden, 260.000 im Süden. Noch greller wird die Lage erhellt, wenn man statt der Kampfstände die für die Beurteilung der Kampfkraft ausschlaggebenden Fe uergewehr-stände der Infanterie in Betracht zieht2). Nur 254.000 Gewehre standen in den weit ausgedehnten Armeen der Nordfront. Die Verluste hatten eben im Norden und Süden zusammen bereits die Höhe von eineinviertel Millionen erreicht, nicht viel weniger als die Gesamtkämpferzahl zu Kriegsbeginn betragen hatte3).

Die in der Beilage 1, Tabelle 2 wiedergegebene Standesübersicht vom 31. Dezember 1914 zeigt, daß von den Divisionen, deren Feuergewehrstand 12.000 bis 15.000 Mann zu betragen gehabt hätte, gut die Hälfte nicht erheblich mehr Kämpfer zählte als ein aufgefülltes Kriegsregiment, ja daß einige überhaupt nur zwei oder drei Kriegsbataillone stark waren.

Wenn die Führung vom Dezember 1914 auf den ihr vom Generalstabe vorgelegten Lagekarten das Zeichen für eine Division wiedergegeben sah, so mußte sie sich stets vor Augen halten, daß die infanteristische Kraft dieses Heereskörpers jetzt nur mehr einen Bruchteil der zu Kriegs-

L) Vgl. Beilage 1, Tabellen 1 und 4.

2)    Vgl. Beilage 1, Tabellen 1 und 2. In den in Tabelle 1 an der Balkanfront angeführten 176.000 Feuergewehren sind die Sicherheitsbesatzungen der festen Plätze inbegriffen. Der Stand der an der Front verfügbaren Feuergewehre war wesentlich niedriger.

3)    Vgl. Beilage 1, Tabelle 3.

beginn wirksamen Stärke darstellte. Sicherlich erhoben sich dieselben Klagen wegen zu geringer Kampfstärken stets auch im feindlichen, zumal im russischen Lager. Aber so ungünstig, wie zeitweilig im k.u.k. Heer, scheint es in diesem Belange beim Feinde doch nicht bestellt gewesen zu sein.

Die durch die Verluste bedingte Spannung und Verdünnung der Fronten ließ den gleichzeitig eingetretenen Offiziersmangel umso bitterer empfinden. Die Zahl der Offiziere, die im Jahre 1914 ins Feld rückten, ist verläßlich leider nicht festzustellen. Nimmt man sie mit 50.000 an (Aktive und Nichtaktive, samt allen bei Stäben und in Etappendiensten Eingeteilten sowie der nicht geringen Zahl von Militärbeamten), so schätzt man sie eher zu hoch als zu niedrig. Von diesen 50.000 sind nahezu 3200 gefallen, 7800 verwundet worden, etwa gleichviel krank abgegangen und etwa 2800 als gefangen oder vermißt (daher auch zum Teil tot) ausgewiesen. Das ergibt insgesamt 22.000 Offiziere. Die Gesamtverluste belaufen sich darnach auf 44 v. H., die an Toten auf 6.4 v. H. Mindestens jeder 15. Berufs- oder Reserveoffizier war auf dem Schlachtfeld geblieben.

Bei der Mannschaft beträgt der Gesamtabgang 43 v. H. aller in den vier Kriegsmonaten zur Feldarmee Eingezogenen — 3.9 v. H. der an Toten. Jeder 25. der bis Ende 1914 ins Feld Ausmarschierten ist nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt. Somit hatte die Mannschaft eine nur halb so starke Einbuße an Toten erlitten wie das Offizierskorps. Desgleichen war bei diesem der Abgang durch Krankheiten ungefähr um 50 v. H. größer, was wohl mit dem wesentlich höheren Durchschnittsalter der Offiziere zusammenhängt. Beide — Offizier und Mann — haben dem männermordenden Krieg reichlichen Tribut gezollt.

Die Geschichte der Kampfverluste des Heeres ist in erster Linie ein Hauptkapitel aus der Leidensgeschichte der Infanterie. Reiterei, Artillerie und die anderen Waffen- und Truppengattungen hatten — dies lag in ihrer Verwendung begründet — auch dem Verhältnisse nach nur einen Bruchteil der Verluste erlitten, die vom Fußvolk zu tragen waren.

Nach dem Abmarsch des Feldheeres war im Hinterlande bei den Ersatzkörpern die ganz beträchtliche Zahl von 1,350.000 Mann zurückgeblieben. In dieser Zahl war außer dem Instruktions- und Verwaltungspersonal der Ersatzbataillone, dem Kanzlei- und Hilfspersonal der Militärbehörden, Spitäler, Depotsund sonstigen Anstalten und jener Mannschaft, vorwiegend Ersatzreservisten, die in den Feldformationen und in den ersten Marschbataillonen nicht mehr Aufnahme gefunden hatte, der ganze, gleich bei Mobilisierungsbeginn einberufene Rekrutenjahrgang 1914 inbegriffen. Dazu traten im Oktober und November noch die vorzeitig gemusterten und gleich eingezogenen Rekruten des Jahrganges 1915 und Nachgemusterte früherer Jahrgänge, zusammen rund 360.000 Mann und

200.000    wiedergenesene Verwundete und Kranke1).

Von diesen nahezu zwei Millionen Mann gingen im Rahmen der Marschbataillone und von Landsturmneuformationen über 860.0002) zur Feldarmee ab. Weitere 90.000 standen in Bereitschaft gegenüber Italien und in den Brückenköpfen an der Donau.

Sonach befanden sich um die Jahreswende 1914/15 fast eine Million Männer im Waffendienst in der Heimat. Von diesen wurden schon in den ersten Jännertagen von 1915 126.000 an die Front entsandt3) und 170.000 zu „VI. Marschbataillonen“ formiert. Dafür rückten, neben etwa 50.000 Wiedergenesenen der letzten Wochen, im Laufe des Jänners und Februars

619.000    Neuausgehobene älterer, nicht voll ausgenützter Rekrutenjahrgänge als weitere Ergänzung in die Heimatreserve ein.

Diese gewaltige Masse von Kampffähigen, deren Unterbringung vielfach um so mehr auf Schwierigkeiten stieß, als auch zahlreiche Ersatzkörper aus den vom Feinde besetzten Gebieten Platz finden mußten, zeugt für die geringe Ausnützung der Wehrfähigen, die vor dem Kriege gesetzlich vorgesehen war. Unwillkürlich wirft sich die Frage auf, welchen Verlauf die ersten Kämpfe genommen hätten, wenn die Armee zu Kriegsbeginn dementsprechend stärker aufgetreten wäre. Andererseits freilich kamen die Massen Zurückgelassener jetzt der Auffüllung der Kampfstände sehr zustatten. Trotzdem tauchte auch während der Kämpfe immer wieder die Frage auf, ob nicht wenigstens ein Teil der Menschenmassen, die in der Heimat zur Verfügung standen, zur Aufstellung neuer Truppenkörper verwendet werden sollte.

Die beim selbständigen Einsatz der ersten Marschbataillone gemachten Erfahrungen4) sprachen gegen solche Versuche. Die Heeresleitung verschloß sich diesen Erfahrungen keineswegs. Sie war nachdrücklich bestrebt, in Zukunft solchen Verlockungen zu widerstehen und zögerte

!) Vgl. hiezu und zu den folgenden Ausführungen Beilage 1, Tabelle 4.

2)    Die weiter oben genannte Zahl von 800.000 bezog sich auf den „Kampfstand“, während hier die Gesamtzahl der ins Feld Nachgerückten in Betracht gezogen ist. Vgl. Beilage 1, Tabelle 1.

3)    Der größere Teil der um die Jahreswende eben im Abtransport zur Front begriffenen V. Marschbataillone.

4)    Vgl. Bd. I, 304.

auch nicht, im Spätherbst 1914 eine Reihe von Landsturm verbänden aufzulösen. Andererseits konnte man freilich weder im Norden noch im Süden um die Notwendigkeit ganz herumkommen, in Augenblicken äußerster Bedrängnis doch wieder ein oder das andere Marschbataillon in den Kampf zu werfen. Ebenso mußten mannigfaltige Verbände in die Front eingestellt werden, die als Neuformationen zu betrachten waren. Zumal die Aufstellung der Armeegruppe Pflanzer-Baltin gehört in dieses Kapitel. Aber auch die Balkanstreitkräfte und der Grenzschutz gegen Italien bedurften Aushilfen solcher Art. Kriegsministerium, Ministerium fürLandesverteidigung und Honvédministerium warenleifrig bestrebt, den Wünschen der Heeresleitung möglichst gerecht zu werden.

Erhebliche Schwierigkeiten bot der Offiziersersatz. Namentlich der bald eintretende Mangel an aktiven Offizieren wurde bitter empfunden; es rächte sich, daß man mit den Feldregimentern und den ersten Marschbataillonen alle aktiven Offiziere auf die Walstatt gesandt hatte. Nun hieß es aus den Stäben, von der durch Offiziersverluste weniger getroffenen Reiterei und aus den durch die Kriegsaufgaben stark in Anspruch genommenen Hinterlandsbehörden sowie aus den Militärschulen Ersatz für die Front und Personal für die Ausbildung bei den Ersatzkörpern herbeischaffen. Wiedergenesene kamen hinzu. Trotzdem blieb der Offiziersmangel den ganzen Winter über bestehen. Der Hauptmann als Bataillons-, der Leutnant oder der Fähnrich als Kompagnieführer waren die Regel, Bataillone mit einem einzigen aktiven Offizier gar nicht selten. Besonders fühlbar machte sich die im Frieden eingetretene Überalterung der Stabsoffiziere, von denen ein großer Teil den Kriegsentbehrungen nicht mehr gewachsen war.

Blieb der Mangel an Offizieren, zumal an aktiven, den ganzen Krieg über ein chronisches Übel, so vermochte trotz der verhältnismäßig großen Menschenmasse, die in der Heimat aufgeboten war, auch der Mannschaftsersatz mit den Bedürfnissen der Armee während des großen Bewegungskrieges nur selten Schritt zu halten. Kaum war ein Marschbataillon eingesetzt, so war es von der versengenden Flamme des Kampfes schon aufgezehrt worden. Vorsorgen gegen Drückebergerei, Selbstverstümmelung, gegen Versuche, mit leichten Wunden oder vorgetäuschten Krankheiten aus dem Armeebereich wegzukommen oder länger als unbedingt nötig in Spitalspflege zu bleiben — Vorsorgen, wie sie in allen Armeen getroffen werden mußten — zeitigten nur geringe Ergebnisse im Verhältnis zu den Krafteinbußen, die die Waffen des Feindes, ein kräfteverzehrendes Kampfverfahren, Kriegsstrapazen und in deren Gefolge rasch um sich greifende Krankheiten, wie Cholera und Ruhr, hervorriefen. Zum Glück gelang es verhältnismäßig bald, besonders den so gefährlichen Schrecken des Choleragespenstes durch durchgreifende Maßnahmen (Isolierung, Impfung) zu bannen.

Ein Problem für sich ergab sich aus der ohneweiters erklärlichen Erscheinung, daß in den einzelnen Kriegsphasen die Verluste der Truppenkörper mitunter recht verschieden waren. Der Gedanke, den mehr gelichteten Regimentern ab und zu Ersätze weniger gelichteter zuzuweisen, wäre wohl auch dann fallen gelassen worden, wenn seiner Ausführung nicht die nationale Buntheit des Ersatzes widerraten hätte. Dennoch mußte beispielsweise im Frühjahr 1915 den Tiroler Kaiserjägern vorübergehend tschechischer Ersatz zugewiesen werden, was zum Teil auch aus nationalpolitischen Gründen geschah. Später griff diese Vermengung des Ersatzes — fast ausschließlich aus nationalpolitischen Gründen — mehr um sich. Wenn irgendwie möglich, ließ man aber jedem Truppenteil seine Ersatzmannschaft zukommen. Geschah es dann, daß beispielsweise im Frühjahr 1915 Regimenter in den Stellungen des W'eichsellandes zu fünf, sechs und selbst sieben kriegsstarken Bataillonen anwuchsen, indes in den Karpathen gleiche organisatorische Einheiten nur mehr drei oder zwei schwache Bataillone, manche selbst nur eines zählten, so mußte man sich damit abfinden. Im Notfälle konnte die Heeresleitung aus den ruhigen Fronten Brigadegruppen herauslösen, um sie ausgebluteten Heereskörpern anderer Abschnitte zu Hilfe zu senden.

Ein besonderes Hemmnis für die rechtzeitige Gestellung des Ersatzes lag in den sehr bald auftretenden Schwierigkeiten der Beschaffung von Bekleidung, Bewaffnung und Ausrüstung.

Mit den von der Feldarmee bei ihrem Ausmarsche zurückgelassenen Uniformen sah es so schlecht aus, daß die Ersatzkörper sofort auf die dünnen Zwilch- und auch auf die alten dunkelblauen Friedensmonturen greifen mußten. Mancher Sicherungsdienst in der Heimat wurde wohl auch im Zivilkleid mit schwarzgelber Armbinde abgeleistet. So gekennzeichnete Soldaten sah gegen Ende 1914 sogar Pflanzers Karpathenschutz in seinen Reihen.

Die Ausstattung der Neueinberufenen war nicht die einzige Aufgabe der militärischen Bekleidungswirtschaft. Auch das Feldheer bedurfte neuer Uniformen. Die bei Kriegsausbruch getragenen Uniformen hatten sich im Sommer wohl als ziemlich heiß erwiesen, sie ließen jedoch an Güte nichts zu wünschen übrig. Nur die Farbe, das altehrwürdige „Hechtgrau“ der Jäger, das man einige Jahre vor dem Krieg für alle

Waffen- und Truppengattungen mit Ausnahme der Reiterei als Feldfarbe gewählt hatte, entsprach wegen des blauen Einschlages nicht den Forderungen möglichst geringer Sichtbarkeit. Man begann im Frühjahr 1915 mit der Nachlieferung von Uniformen in feldgrauer Farbe, die sich im Gelände wesentlich weniger abhob und in der sich das Stoffzeug auch leichter herstellen ließ als jenes in blaugrauer oder brauner Farbe, ein Vorteil, der mit zunehmender Stoffknappheit besonders ins Gewicht fiel.

Neben der normalen Bekleidung heischte der Winterkrieg auch die Lieferung von Schneemänteln, Wollwäsche, Pelzen, Winterschutzmitteln aller Art. An ihnen war im ersten Kriegswinter kaum ein Mangel, da sich auch die private Hilfsbereitschaft der Heimat in reichem Maße auswirken konnte.

Die Ausrüstung des öst.-ung. Infanteristen war wahrlich nicht leicht zu nennen. Der Mann trug mit Gewehr, Patronen, Spaten, Kochgeschirr, Tornister, gerolltem Mantel und Zeltblatt nicht selten nahezu 30 kg. Vornübergebeugt wie ein Lastträger, das Antlitz der Erde zugewandt, schleppte er sich viele hunderte Kilometer weit. Kein Wunder, daß schon bei den ersten Rückzügen, wenn sich dieBande der Ordnungetwaslockerten, vor allem der schöne, wertvolle Kalbfelltornister daran glauben mußte und weggeworfen wurde. An seine Stelle trat der bei den Tiroler Kaiserschützen längst eingeführte Rucksack, der schon nach einem halben Jahr den Tornister fast völlig verdrängen und der Silhouette des öst.-ung. Soldaten gemeinsam mit der sehr praktischen weichen Kappe fernerhin ihr Gepräge geben sollte. Dem Tornister folgte auch das Ledertraggerüst, das aus Mangel an Material durch Hanfgurten ersetzt wurde. Das kostbare Leder sollte später immer mehr aus der Ausrüstung des Mannes verschwinden.

Über all diesen Schwierigkeiten standen aber in der ersten Kriegszeit die, die sich aus dem Mangel an Gewehren gleich nach Kriegsausbruch ergaben. Von den 2.5 Millionen Gewehren, über die man bei der Mobilisierung verfügte, waren ein Drittel moderne M. 95-Gewehre. Die zwei anderen Drittel bestanden wohl auch zum größten Teil aus solchen mit 8 mm Kaliber, die mitunter allerdings schon 26 Jahre alt waren. Auch 100.000 Werndl-Einzellader befanden sich unter ihnen. Außerdem wurden in der großen Waffenfabrik Steyr 75.000 rumänische 6,5 mm-Gewehre und 70.000 mexikanische 7 mm-Repetiergewehre M. 13 und 14 mit Beschlag belegt und im verbündeten Deutschen Reiche noch 60.000 Stück 7,9 mm-Mausergewehre, in der Schweiz etwa 10.000 Mehrlader erstanden. Dieser Menge konnten sich in den nächsten Monaten die Er-

Zeugnisse der beiden Waffenfabriken Steyr und Budapest beigesellen. Die Steyrer Fabrik steigerte ihre Leistung von 2000 Gewehren im September 1914 auf 26.000 im Dezember und auf 32.000 im Jänner 1915. Die wesentlich kleinere Budapester Fabrik erzielte eine Durchschnittsleistung von 6000 Gewehren in Monat. Einige Erleichterung brachte auch die anwachsende Menge russischer Beutegewehre, die zur Aufnahme unserer Patrone umgearbeitet werden konnten.

Ein Vergleich dieser Zahlen mit der Masse der zum Kriegsdienst Einberufenen ergibt ein gewaltiges Soll selbst dann, wenn kein Gewehr unbrauchbar geworden oder verloren gegangen wäre. Nun nahm aber der Verlust an Gewehren gleich zu Beginn beängstigende Formen an und alle Gegenmittel, die von der Heeresleitung aufgewendet wurden (strenge Ahndung im Falle persönlicher Schuld, Prämien für Verwundete, die ihr Gewehr zurückbrachten usw.), konnten nicht verhindern, daß der Gesamtabgang an Gewehren Ende 1914 schon eine Million betrug, welche gewaltige Masse durch die bei den Armeen „ersparten“, d. i. heimlich zurückbehaltenen Gewehre kaum nennenswert verringert wurde. Die Leidtragenden dieser Entwicklung waren zunächst die Ersatzkörper, die sich bei der Ausbildung mit gewehrähnlich zugeschnittenen und ausgestatteten Holzstangen begnügen mußten. Die Marschbereitschaft der Ersatztransporte hing oft vom Eintreffen der Gewehre ab. Nicht selten kamen sie unbewaffnet in den Armeebereich und es konnte bei der Not an Mann geschehen, daß ein oder der andere Befehlshaber den Vorschlag machte, die Unbewaffneten so nahe hinter die Kampflinie zu stellen, daß jeder von ihnen sofort an Stelle eines Toten oder Verwundeten einspringen konnte. Wenn die Heeresleitung auch auf derlei Anträge nicht einging, so vermochte sie es doch nicht zu verhindern, daß mancher Ersatzmann bei seinem Einrücken ins Gefecht höchstens ein paar scharfe Schüsse, vielleicht auch gar keinen abgegeben hatte. Auch die sonstige, unter erschwerten Bedingungen meist nur einige Wochen währende Ausbildung hatte oft ein so unzulängliches Ergebnis, daß die nunmehr zum größten Teil aus solch neueingestellten Kämpfern bestehenden Abteilungen durch geringe Festigkeit und mangelndes Geschick bei Märschen und Gefechten übergroße Verluste erlitten.

Nicht geringe Schwierigkeiten ergab die Versorgung mit Munition, wo Gewehre verschiedenen Kalibers verwendet wurden. Wohl hatte man es im allgemeinen durch Tausch erreicht, daß die Werndl-Einzellader bei den Landsturmsicherungen in der Heimat blieben. Aber es kam, zumal bei der improvisierten Armeegruppe Pflanzer-Baltin, doch vor, daß in einer Brigade, ja selbst in einem Bataillon zwei und drei verschiedene Gewehrarten eingestellt waren. Diese Abteilungen mit entsprechendem Schießbedarf zu versorgen, verursachte viele Schwierigkeiten. Noch ärger war das Waff enchaosbei den Sicherungstruppen ander italienischen Grenze.

Bei der stärkeren Nachlieferung von Gewehren um die Jahreswende drängte sich auch die Frage nach Beschaffung einer moderneren Waffe auf. Von der Einführung eines Selbstladers wurde in den Beschlüssen, die man im März 1915 faßte, abgesehen. Aber auch die Einführung eines verbesserten nichtautomatischen Gewehres wurde im weiteren Kriegsverlaufe zurückgestellt, da sich andere Heeresbedürfnisse ungleich dringender geltend machten.

Besondere Wichtigkeit gewann für die Infanterie vom ersten Tage an das Maschinengewehr. Da es sich als vortreffliche Waffe erwies, deren Bedeutung zumal bei schwindenden Ständen und geringerer Artillerieunterstützung nur noch stieg, ertönte sehr bald von allen Teilen der Walstatt der Ruf nach Vermehrung. Schon das Streben, die Zahl der beim Infanteriebataillon eingeteilten Maschinengewehre von zwei auf vier zu erhöhen, bedeutete einen Gesamtmehrbedarf von 1400 gegenüber den2500, die bei Kriegsbeginn überhaupt vorhanden waren. Dazu kam der Ersatz der immerhin erheblichen Verluste. Wenn man bedenkt, daß allein die Erzeugung des Gehäuses 400 Einzelvorgänge erforderte, so kann man ermessen, welch umfangreiche Aufgabe daraus der Steyrer Waffenfabrik für die nächsten Monate erwuchs.

Gegenüber dem Problem der Waffenerzeugung trat das der Erzeugung von Infanterieschießbedarf weit zurück. Der Verlauf der modernen Schlacht hatte zu einem wesentlich geringeren Verbrauch geführt, als er im Frieden errechnet worden war. Man konnte um die Jahreswende so weit gehen, die Erzeugung von Infanteriepatronen zugunsten der von Artilleriemunition erheblich einzuschränken.

Schon im November und Dezember 1914 waren Flammenwerfer an die Front gekommen, ohne aber zu nennenswerter Wirksamkeit zu gelangen. Auch der zur selben Zeit bereits auftauchende Gedanke, Artilleriegeschosse mit Stickgase entwickelnden Präparaten zu füllen, wurde noch nicht praktisch verwertet. Wohl aber fanden jene Kampfmittel lebhafte Verwendung und Entwicklung, die aus den veränderten Bedürfnissen des Nahkampfes im Stellungskrieg erwuchsen: Minenwerfer, Granatwerfer und Handgranate. Auch das Infanteriegrabengeschütz, dessen Verwendung zu Beginn des Jahres 1915 zum ersten Male Gegenstand von Versuchen bildete, erhielt dauernde Bedeutung.

Zur Lebensfrage für die Infanterie war die Vermehrung und Verbesserung der Artillerie geworden. Die Schwierigkeiten, mit denen diese ruhmreiche Waffe in den ersten Kriegsmonaten im Norden und Südenzukämpfen hatte, sind im ersten Bande dieses Werkes bei der Schilderung der Ereignisse soweit wie möglich angeführt worden. Die Feldartillerie war der Zahl nach zu schwach, es gebrach ihr an mittleren und schweren Kalibern, und drei Geschützarten, die Gebirgskanonen, die Feldhaubitzen und die 15 cm-Haubitzen, erwiesen sich als völlig veraltet undminderkriegsbrauchbar. Vor allem aber herrschte Munitionsnot. Der Schrei nach Beseitigung dieser Übelstände erklang gleich nach den Lemberger Schlachten und verstummte seither nicht mehr. Die Heeresleitung griff zunächst auf ihre Reserve an Feldkanonen, 800 Stück an der Zahl. Dabei sollte allerdings darauf Bedacht genommen werden, daß man auch Verluste ersetzen mußte, die z. B. im ersten Feldzug bei der 4. Armee allein 84 Feldkanonen betrugen 1). Auch die gesamten, noch zur Verfügung stehenden Gebirgs-batterien wurden in den Ebenen und im Hügellande Galiziens eingesetzt. Außerdem holte man 24 cm- und 30.5 cm-Mörser in die Front, wobei die Munition des zweitgenannten Geschützes erst für die Wirkung gegen Truppenziele umgeändert werden mußte. Alle anderen organisatorischen Änderungen, die Aufstellung neuer Batterien sowie die Umbewaffnung bestehender, konnten nicht von heute auf morgen vorgenommen, sondern nur nach einem strengen Plane auf weite Sicht durchgeführt werden. Im Oktober 1914 stellte das AOK. in Noten an das Kriegsministerium und die Militärkanzlei seine Forderungen auf, die in folgendem bestanden: Neuerzeugung leichter Feldkanonen in dem Ausmaße, daß darunter die Schaffung anderer Typen nicht litt, Neuerzeugung einer modernen Feldhaubitze an Stelle der bisher eingeführten sowie von 15 cm-Haubitzen, 10cm-Kanonen und Gebirgsgeschützen neuen Systems. Von allen diesen Typen hatte man bereits Modelle zur Hand, die zwar noch nicht im Kriege, immerhin aber auf Schießplätzen ausreichend erprobt waren. Auf die Schaffung einer neuen Feldkanone wurde verzichtet, weil die vorhandene noch ganz gut entsprach und ihre Bedeutung gegenüber dem Steilbahngeschütz immer mehr zurücktrat. Im Februar 1915 sah sich die Heeresleitung veranlaßt, ein Artillerieprogramm aufzustellen, nach welchem die Infanteriedivision 24 Feldkanonen behalten und mit 36 leichten Feldhaubitzen ausgestattet werden sollte. Außerdem sollte jede Infanteriedivision eine schwere Feldartilleriedivision zu je 4 10 cm-Kanonen und 15 cm-Haubitzen erhalten (Geschützzahl bei der Divisionsartillerie 68).

*) Verläßliche Verlustzahlen für die ganze Wehrmacht liegen nicht ror.

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Die Korpsartillerie sollte auś 3 schweren Feldartilleriedivisionen der eben angeführten Zusammensetzung bestehen. Die Gebirgsartillerie war auf 14 volle Regimenter zu bringen, auch die Festungsartillerie, zumal die Zahl der 30.5 cm-Mörser, entsprechend zu vermehren L).

Es erübrigt sich, des näheren auszuführen, daß Monate vergehen mußten, ehe sich die Kriegsindustrie auf die nun erforderliche Mehrerzeugung eingerichtet haben konnte. Die Zeit bis dahin mußte überbrückt werden. Aus den schon angeführten 800 Reservegeschützen wurden 55 neue Feldkanonenbatterie formiert und zur Armee entsendet. So wie bei den Gewehren griff man auch bei den Geschützen zunächst auf solche, die von fremden Staaten bei Skoda bestellt waren: 52 Gebirgs-kanonen, 24 Feldkanonen, 18 Feldhaubitzen, für China erzeugt, 50 Stück mittlere türkische Feldhaubitzen wurden beschlagnahmt. Diese Geschütze konnten noch im Laufe des Jahres 1914 der Armee zugeführt werden, ebenso 30 Stück neue 15 cm-Haubitzen, 6 Stück 30.5 cm-Mörser und 2 Stück 42 cm-Küstenhaubitzen. Selbst diese geringen Verstärkungen wurden dort, wo sie hinkamen, mit Freuden begrüßt. Sie standen aber in keinem Verhältnisse zur Verlängerung der Front, die allmählich von Piotrków bis in den südlichen Winkel der Bukowina reichte.

Ist es solcherart schon begreiflich, daß die artilleristische Ausrüstung des Heeres um die Jahreswende 1914/15 ihren Tiefstand erreichte, so gilt dies in noch höherem Maße, wenn man die Munitionslage mit in Rechnung zieht. Oft und oft mußte bei der Darstellung der Kämpfe auch auf diesen schmerzlichen Punkt verwiesen werden. Man konnte erfahren, daß ein Armeeführer einen Angriff nur für den Fall zugestand, als er ohne nennenswerten Verbrauch an Artilleriegeschossen möglich war; daß Geschütze in der Stellung nur ein paar wohlvorgezählte Schüsse im Tage abgeben durften; daß Batterien aus dem Kampf gezogen werden mußten, weil die Protzen und die Munitionswagen leer waren. Diese Lage, die mitunter fast die Fortführung der Kämpfe in Frage stellte, dauerte den ganzen Winter über an, da es nicht gelang, die Geschoßerzeugung so weit zu steigern, daß wenigstens die ohnehin bei weitem nicht ausreichende Normalausrüstung an Munition wieder erreicht werden konnte. Es war ein Zustand quälender Wehrlosigkeit, von der Infanterie wie von der Artillerie gleich bitter empfunden.

Tiefgreifend wirkten die Erlebnisse und Erfahrungen der ersten Kriegsmonate auch auf die Reiterei zurück. Die im Frieden genährten Vorstel-

x) Aus einem Manuskript des GM. Pflug, der vom Beginn bis zum Ende de« Krieges als Artilleriereferent des AOK. wirkte.

lungen über die Verwendung der Waffe" hatten sich als großer Irrtum erwiesen. Weder die Ausrüstung, noch die Gefechtsführung hatten dem Ernst der Stunde standzuhalten vermocht. Die glitzernde Uniform verschwand im Grau des galizischen Herbstes allmählich aus dem Bilde der Armee und machte der schlichteren Feldfarbe Platz. Der Feuerkampf mit dem abgeschnallten Karabiner trat an die Stelle der Attacke mit dem blanken Pallasch. Von den Husaren bei Limanowa-Łapanów wurde erzählt, daß sie sich im Nahkampf aus Mangel an Bajonetten der spornbewehrten Absätze ihrer ausgezogenen Stiefel bedient hätten. Auch der Ruf nach dem von der Infanterie so außerordentlich geschätzten Spaten verstummte nicht mehr, bis er erfüllt wurde. Pferde gab es wohl noch genug im Reiche, um die vielen zugrundegegangenen Tiere zu ersetzen, aber die Dressur fehlte und konnte nicht in ein paar Wochen nachgeholt werden. So entstand, aus nicht mehr berittenen „Füßlern“ zusammengezogen, um die Jahreswende bei einzelnen Kavalleriedivisionen die erste „Schützenabteilung“, deren Auftreten für den weiteren Werdegang der Waffe symbolisch werden sollte. Gewiß gab es auch für größere Reiterverbände noch Verwendungen, die dem Traume der Friedenszeit entsprachen. Im allgemeinen überwog aber doch schon die Rolle einer berittenen Infanterie, eine Rolle, in die sich die Kavallerie mit ihrem ausgewählten Offizierskorps und ihrer vortrefflichen Mannschaft meist überraschend schnell hineinfand.

Sollte im vorliegenden das Wichtigste über die Organisation der drei Hauptwaffen gesagt sein, wie sie sich um die Jahreswende 1914/15 darstellte, so wird der folgende Abschnitt über „Heer- und Kampfführung“ Gelegenheit bieten, auch der Entwicklung der anderen Waffen und Dienstzweige innerhalb der möglichen Grenzen zu gedenken.

Heer - und Kampfführung

Die Kriegführung Österreich-Ungarns war im Jahre 1914 in Nord und Süd durch zwei markante Führerpersönlichkeiten verkörpert: Conrad und Potiorek. Dem ideenreichen, nie um Aushilfen verlegenen Geiste Conrads war der Bewegungskrieg im weiten galizisch-russischen Raum besonders gelegen. Immer wieder fand der Offensivgeist dieses Führers Mittel und Wege, dem übermächtigen, in gewaltigen Massen heranziehenden Feinde das Gesetz des Handelns zu diktieren. Immer wieder wußte er sich gleich den deutschen Generalen des Ostheeres der Gefahr zu entziehen, dem russischen Willen zu unterliegen. Begreiflicherweise verfolgte er mit wachsender Beklemmung, wie der Krieg allmählich in die Fesseln

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des Stellungskampfes geschlagen wurde: zuerst im polnischen Weichsellande, dann am Dunajec. Unwillkürlich wandte sich Conrads Blick immer mehr gegen Osten, den Karpathen und dem Dniester zu, wo — trotz der Ungunst des Geländes und der Witterung — noch die Möglichkeit zu freierer Entfaltung der Kräfte zu winken schien.

Nicht weniger als Conrad war Potiorek dem Bewegungskriege zugeneigt, wie die stets aufs neue aufgenommenen Angriffe bewiesen. Und nicht weniger als Conrad lebte auch Potiorek dem Angriffsgedanken, wie es seine zweimalige, wenn man will, dreimalige Offensive gegen den zähen, kriegsgewohnten Feind dartat — wobei allerdings auch die schwierigen Abwehrverhältnisse im Südosten des Reiches einen gewissen Zwang auferlegten. Diese Schwierigkeiten hatten, wie die Schilderung der Ereignisse zeigte, keinen geringen Anteil daran, daß die vom Feldzeugmeister gewählte Angriffsrichtung abseits der großen, welthistorischen Heerstraße über Belgrad lag.

Von den strategischen Elementen des Durchbruches und der Umfassung gaben beide Feldherrn in den Einleitungsfeldzügen fast ausnahmslos der Umfassung den Vorzug, was bei Conrad noch insofern zu vermerken ist, als er bei Friedensübungen und Kriegsspielen auch der anderen Lösungsmöglichkeit strategischer Aufgaben weitgehende Aufmerksamkeit zu schenken gewohnt war. Dabei spielte allerdings weder bei Conrad, noch bei Potiorek der von Schlieffen so nachdrücklich vertretene Gedanke doppelseitiger weitausholender Umgehung („Cannae“) eine nennenswerte Rolle. Sie begnügten sich in der Regel mit Angriffen gegen einen Flügel des Feindes, gegebenenfalls mit Flankenstößen. In beiden Fällen hatten die Frontgruppen die feindlichen Kräfte durch entschiedenes Zugreifen festzuhalten. Wenn ein so eingeleitetes Manöver zu einem reinen Stirnkampf ausartete, was infolge der Gegenmaßnahmen des Feindes verhältnismäßig leicht geschah, so kam bei der Führung noch immer der Gedanke schrittweisen Zurückdrängens der feindlichen Linien weit mehr zur Geltung, als der, sie zu durchbrechen. Ergaben sich aber einmal Lücken in der feindlichen Front — wie etwa im Einleitungsfeldzug gegen Rußland — dann war das Streben abermals mehr auf die Umfassung offener Frontteile, als auf ein Durchgreifen in den Rücken des Feindes gerichtet. Eine gewisse Hast, lieber lokale Erfolgsmöglichkeiten rasch abzuschließen als Aktionen auf weite Sicht zu wagen, mag hiefür Erklärung bieten.

Diese Beschränkung in den Kampfzielen war vor allem durch das fast immer wenig günstige Kräfteverhältnis bestimmt. Weitausholende Umfassungen hätten eine so tiefgreifende Schwächung der Frontgruppen gefordert, daß deren Ausharren bei den geringen artilleristischen Mitteln sehr fraglich geworden wäre. Auch ist es nicht zu leugnen, daß manche Heereskörper eine größere Empfindlichkeit gegen Flankenangriffe aufwiesen und daher zu Umgehungsmanövern weniger geeignet waren. Gewiß brachte dieses Maßhalten in den Kampfzielen die Führung das eine- oder anderemal um eine glänzende Erfolgsmöglichkeit. Doch ist ein wirkliches „Cannae“ im Geiste Schlieffens auch von der deutschen Armee im Weltkriege nur ein einziges Mal, bei Tannenberg, mit Erfolg geschlagen worden.

Das ungünstige Kräfteverhältnis, das Fehlen eines ausreichenden artilleristischen Rückgrates und die Unterschätzung kräftesparender Abwehr hatten wohl auch eine zweite Erscheinung im Gefolge: daß es trotz der zweifellos bestehenden theoretischen Erkenntnis nur selten gelang, im entscheidenden Raume ein Höchstmaß an Kräften zu entscheidendem Handeln zusammenzuziehen. Die Schlachten gewannen vielfach das Bild, das Jahre vor Kriegsbeginn der damalige k.u.k. Gstbsobst. v. Csicserics1) auf Grund seiner persönlichen Erfahrungen im russisch-japanischen Krieg entworfen hatte.

Was die Kenntnis der Lage beim Feinde anbelangt, so litt der erste Feldzug im Norden stark unter der geringen Einschätzung, die man den gegen Ostgalizien vorgehenden russischen Kräften zuteil werden ließ. Bald aber eröffnete das Abhorchen und Entziffern russischer Funksprüche der Führung aller Grade ein Nachrichtenmittel von unübertrefflichem Werte. Der Radiohorchdienst2), der die Karten der Russen fast immer in einem den weitesten Ansprüchen genügenden Ausmaße und nicht selten früher als für ihre eigenen Führer aufdeckte, wog für die Verbündeten

— das darf ohne Übertreibung gesagt werden — Armeen auf. Der in früheren Kriegen so wichtige Kundschaftsdienst trat diesem Nachrichtenmittel gegenüber um so mehr beinahe ganz in den Hintergrund, als gerade Ausforschungen operativer Natur meist "viel zu spät eingelangt wären. Ebenso erzielten strategische Luft- und Kavallerieaufklärung, jene vor allem wegen des Mangels an geeigneten Flugzeugen, nicht im entferntesten das, was der Radiohorchdienst einbrachte. In der Gefechtsberührung wurden die Ergebnisse der strategischen Erkundung durch die Einvernahme von Überläufern und Gefangenen wertvoll ergänzt, so daß sich ein bis ins einzelne ziemlich getreues Bild über die Lage beim Feind ergab. Der

x) Csicserics, Die Schlacht (Wien 1908).

2) Über Entstehung und Geschichte des Radiohorchdienstes vgl. R o n g e, Kriegsund Handelsspionage (Wien 1930), 52 f.

Radiohorchdienst hatte noch den besonders großen Vorteil, daß er der Führung erlaubte, wichtige Maßnahmen des Feindes zu durchkreuzen, ehe diese überhaupt in die Tat umgesetzt waren. Das machte sich bei wachsender Übermacht besonders bezahlt.

Als Mittel zur gegenseitigen Verständigung und zur Weitergabe von Befehlen bedienten sich die höheren Stäbe fast ausschließlich des Drahtes und da wieder weniger des Fernsprechers als des Fernschreibers1), der bald auch zum Besitzstand mancher Korpskmdos. gehören sollte. Daneben kam natürlich der Kraftwagen zur Gelrang, indes der überall noch eingeteilte „reitende Ordonnanzoffizier“ nur mehr im Bereiche der Division verwendet wurde. Auch auf dem Kampffelde gewann das Telephon dank der aufopfernden Tätigkeit der Feldtelephonisten größte Bedeutung.

Heeresbewegung und Heeresversorgung spielten sich im Norden wie im Süden unter äußerst schwierigen Wegverhältnissen ab. In Galizien triumphierte der kleine Wagen, in Bosnien und Serbien auch das Tragtier bedingungslos über die schweren Fuhrwerke und Pferde. Dabei waren infolge der hohen Anforderungen und der unsäglichen Strapazen die Verluste an Pferden in diesem Dienste außergewöhnlich groß. Auch das Lastenauto, ja vorübergehend selbst der Personenkraftwagen fanden auf den durchweichten Straßen wenig Verwendungsmöglichkeit.

Als es notwendig wurde, die 2. Armee aus den Karpathen nach Preußisch-Schlesien zu verlegen, wurden zum ersten Male Heereskörper von Armeestärke mit Bahn von einem Schlachtfeld auf das andere geworfen. Trotz des Mangels an jeglicher Erfahrung wurde der Transport mit neu-eingeführten rascheren Militärzügen aus den Karpathen im weiten Bogen fast durch die Reichsmitte gut bewältigt. Truppentransporte, zur Umfassung des Feindes auf wiederhergestellten Bahnen bis in den Kampfraum vorgebracht, gingen der Schlacht von Limanowa-Łapanów voraus; sie sollten in ungleich größerem Maßstab wiederholt werden, als sich zu Beginn 1915 die Kämpfe in die Karpathen zogen. Mit Staunen und Befriedigung zugleich sah die Bevölkerung der beiden Reichshauptstädte Wien und Budapest dabei auch deutsche Helme in Massen vorüberfahren.

Die besondere Bedeutung der Bahnen für den Nachschub kam im Südosten tragisch zum Ausdruck, als Potiorek mit seinen erschöpften, ausgehungerten, gelichteten Divisionen in die Falle von Arangjelovac hineinstieß, um sich des Besitzes der für die Heeresversorgung unentbehrlichen Kleinbahn im Kolubaratal zu versichern. Begreiflicherweise stellte auch der Abschub der Kranken und Verwundeten die Eisenbahnen und

i) Vgl. Bd. I, 443, Fußnote.

die militärischen Bahnbehörden vor Aufgaben, die kaum weniger schwer zu bewältigen waren als der Zuschub von personellem und materiellem Ersatz.

Bei der Aufrechterhaltung der Verkehrswege erwuchsen denTruppen-pionieren, den Sappeur- und den Pionierkompagnien sowie den Eisenbahnbauabteilungen und den vielfältigen Arbeiterformationen schwierige Aufgaben, denen sie sich mit dem Aufgebote aller Kräfte unterzogen. Bei den technischen Truppen kamen auch noch viele Flußübergänge, dann die zahlreichen Weg-, Bahn- und Brückenzerstörungen dazu, die auf Rückzügen notwendig waren, um die Verfolgung durch den Feind zu verzögern. Die zerstörten Objekte mußten, wenn vormarschiert wurde, wiederhergestellt werden1).

An Verpflegung für Mann und Pferd gebrach es noch nicht, wenn sie der Truppe zugeführt werden konnte. Dies war freilich oftmals nicht ohne große Schwierigkeiten möglich. So mußten im Oktober 1914 die beiderseits von Przemyśl kämpfenden Armeen durch geraume Zeit aus den Vorräten der Festung ernährt werden, weil ein Zuschub größerer Mengen aus den eigenen Vorräten wegen der Bahnzerstörung und der schlechten Straßen unmöglich war.

Hatten sich auf dem Gebiete der Krieg-und Heerführung trotz Massenaufgebots und Kriegstechnik die ewig geltenden Grundsätze der Führungskunst doch wieder aufs neue bewährt und hatte sich — bei Freund und Feind — jegliches Handeln gegen sie meist sofort gerächt, so waren in der Kampfführung auf dem Schlachtfelde in den ersten Kriegsmonaten bei allen Armeen, selbst die kriegserprobten nicht ganz ausgenommen, Erfahrungen gesammelt worden, die in der Folge einen mitunter geradezu revolutionären Umschwung in den Meinungen und Methoden nach sich ziehen sollten. Was hier im besonderen für die öst.-ung. Wehrmacht zu sagen ist, gilt in mehr oder weniger abgestufter Weise auch für die anderen kriegführenden Heere.

Wie kaum eine zweite Armee der Welt war die österreichisch-ungarische für den Angriff und für die Begegnungsschlacht geschult2). Die Friedensschulung hatte dabei — trotz theoretischer Abmahnungen, an denen es nicht fehlte — die aus dem Kriege 1870/71 stammenden Vorstellungen über die Kürze und Raschheit des Verlaufes einer Kampfhandlung unablässig genährt. Nachdem die Infanterie ziemlich unabhängig von der Artillerie ihren „Kampf um die Feuerüberlegenheit“ geführt, und, meist zu übergroßer Hast angetrieben, viel zu schnell Raum gewonnen hatte, war sie aus nächster Entfernung zum Sturm gegen den Feind geschritten. Von diesem hatte man nach den Lehren des Reglements geglaubt, annehmen zu dürfen, daß er den Nahkampf vielfach nicht erst abwarten, sondern die Stellung schon vorher, erschüttert durch das wohlgezielte Feuer, geräumt haben würde. Daß es neben der infanteristischen Feuerüberlegenheit auch eine, sich im Ernstfall als ausschlaggebend erweisende artilleristische gab, ist in der Friedensschulung der Infanterie verhältnismäßig wenig betont worden — von Begriffen wie Trommelfeuer, Feuerwalze, Feuerschirm u. dgl. schon gar nicht zu reden.

Auch dort, wo bei den ersten Zusammenstößen mit dem Feinde eine solche Kampfweise Erfolg hatte, wurde dieser fast immer durch außerordentlich schwere Opfer an Offizieren und an Mannschaft erkauft. Bald aber blieb auch der Erfolg aus. Die Truppe erlebte einen Kampfverlauf, der sich ganz wesentlich von dem auf dem Exerzierplatz oder Manöverfeld geübten unterschied. Vor allem griff sie, wenn auch hoch in den Lüften platzende Schrapnells die Nähe des Feindes verrieten, gegenüber den das Gelände trefflich benützenden, in allen Kriegslisten wohlbewanderten Feinden infanteristisch ins Leere ł). Hatte man die Infanterie im Frieden gelehrt, daß sie ihr zielsicheres Gewehr etwa schon auf 1500, ja selbst auf 2000 Schritte Entfernung gebrauchen werden müsse, so kam sie nun — nicht selten sogar von der feindlichen Artillerie angetrieben, ihr Feuer zu „unterlaufen“ — auffallend weit vorwärts, ohne auch nur einen Schuß abgegeben zu haben. Da wuchs plötzlich in nächster Nähe aus der Leere des Schlachtfeldes auch ein infanteristischer Gegner mit Maschinengewehren empor. Häufig waren es — gegenüber der Friedensschulung gleichfalls eine Überraschung — Vortruppen des Feindes, die lediglich den Zweck hatten, dem Angreifer schon ein gut Stück seiner Kraft zu rauben, ehe er an die Hauptlinien herankam. War er nun diesen verhältnismäßig nahe gerückt, auf eine Entfernung meist, in der man im Frieden die Hauptarbeit schon als geleistet wähnte, dann erst begann der opferreiche, nervenerschütternde Kampf.

Der in seinen gut angelegten Schützengräben bis an die Achseln eingegrabene Feind war in den meisten Fällen durchaus nicht erschüttert.

!) Vgl.die fesselnden Schilderungen bei Pitreich, Lembergl914 (Wienl929), 131 f.

Das Flachbahnfeuer der Feldkanonen hatte den Deckungen nichts anzuhaben vermocht, das spärliche Steilfeuer der veralteten Haubitzen sie nur zu oft gar nicht erreicht. Das Feuer der angreifenden Infanterie aber und ihrer Maschinengewehre war, wenn es endlich überhaupt Ziele gefunden hatte, an den Erdwällen fast wirkungslos verpufft. So gesellte sich nun zu dem Hagel der Granaten und Schrapnells das Prasseln und Pfeifen der Kleingewehr- und Maschinengewehrgeschosse, oft aus flankierenden Anlagen, die bis zum letzten Augenblick nicht bemerkt worden waren. Ohne Deckung lagen jetzt die Schwarmlinien in diesem vernichtenden Feuer. Suchten sie der qualvollen Lage zu entrinnen, indem sie nach vorne durchgingen, um sich auf den Feind zu stürzen, so brachen sie nur zu oft in einem unverletzten Drahthindernis oder Astverhau zusammen. Gar bald und immer häufiger begann die Truppe zu graben. Zuerst „Schützenmulden“, die man im Frieden empfohlen hatte, dann ein Loch, das bis zu den Hüften reichte, bis man endlich auf Schulterhöhe in die Erde tauchen konnte. Es war Aufgabe nacheilender Reserven, den Angriff zu „nähren“, ihm neue Impulse zu geben und schließlich zu erfolgreichem Ausgang zu bringen. Oft aber kam auch der Rückschlag, sei es dadurch, daß die eigenen Linien abzubröckeln begannen, sei es, daß der Feind aus irgendeiner Richtung her nach heftigster Artilleriebeschießung mit zusammengefaßter Kraft selbst zum Gegenangriff schritt, dem man nicht mehr standzuhalten vermochte. Wie immer aber die Dinge verlaufen waren, sie wiesen ein wesentlich anderes Antlitz auf, als man es nach den Lehren der Friedenszeit erwarten durfte.

Die Folgen dieser Erfahrungen sind im ersten Bande dieses Werkes an geeigneter Stelle angedeutet worden1). Sie haben sich vielleicht nie mit so erschütternder Deutlichkeit gezeigt als damals, da im Oktober 1914 am San die besten Regimenter des k.u.k. Heeres trotz infanteristischer Überlegenheit den am Westufer eingenisteten Feind nicht zu werfen vermochten! Hier wie bei Krakau und bei Limanowa-Łapanów erwies es sich, daß die öst.- ung. Infanterie den Angriff noch keineswegs verlernt hatte. Aber der innere Glaube an die Erfolgsmöglichkeit hatte doch schon schwer gelitten und vergeblich blickte das hart ringende Fußvolk zurück nach der Artillerie, die allein in der Lage gewesen wäre, ihr jenen Glauben wieder zurückzugeben.

Der Artillerie ging es in allen diesen Belangen nicht besser als der großen Schwesterwaffe. Auch sie hatte in taktischer Beziehung mancherlei nachzuholen, was sie in der Friedensschule nicht gelehrt

worden war. Aber noch schwerer lastete auf ihr der materielle Mangel, der in einem früheren Abschnitt geschildert worden ist; wobei allerdings zu vermerken ist, daß sich dieser Mangel auch bei den Russen zusehends mehr fühlbar machte, je mehr man in den ersten Kriegswinter hineinging.

Wirkliches Atemholen erlaubte den Divisionen, die dieses Glückes teilhaftig wurden, erst die „Dauerstellung“ in Russisch-Polen und am Dunajec. Hier entstanden befestigte Schlachtfelder — allerdings von einer ganz anderen Art, als sie von den Vorschriften gedacht gewesen waren. An Stelle geschlossener Stützpunkte entstand in der Linie, an der eben die Bewegung im Kampf zum Stillstand gekommen war, seltener auch an vorher ermittelten oder flüchtig hergerichteten Geländeabschnitten der durchlaufende Schützengraben. Parallel zu ihm zog sich ein immer breiter werdendes Drahthindernis. Verbindungsgräben führten nach rückwärts, wo überdies an manchen Frontteilen bald eine zweite und selbst eine dritte Linie entstanden. Der vorderste, eigentliche Kampfgraben aber wurde immer mehr ausgestattet. Nach oben schützten Dächer aus Brettern, mit einer dünnen Erdschicht belegt, die sogenannten Schrapnellschirme, mehr gegen Witterungsunbill als gegen feindliche Geschosse. Mannigfaltige Formen von Schießscharten wurden erfunden und in die Brustwehr eingebaut. Beide, Schrapnellschirme und Schießscharten, haben die Truppen viel mühsame Arbeit gekostet, bevor sie — spät genug — als unzweckmäßig erkannt und verworfen wurden. Unterstände, vorläufig noch durchaus nicht mit Bedacht auf Schutz gegen Artilleriefeuer errichtet, boten Zuflucht in den kargen Stunden der Ruhe und bald gesellte sich den vom Krieg diktierten Bedürfnissen auch etwas wie Wohnlichkeit bei. Tische und Bänke, Fenster und Türen und ein oder das andere Möbelstück täuschten in Gemeinschaft mit dem fröhlich flackernden Feuerchen des „Schwarmofens“ einen Schimmer jener Häuslichkeit vor, die man solange entbehrt hatte und noch viel, viel länger entbehren sollte. Und als endlich der Frühling kam, gab es wohl auch da und dort ein schüchternes Blumenbeet, angelegt über dem bleichenden Gebein des unbekannten Soldaten.

Aber nur den Auserwählten des Schicksals unter den Regimentern war es vergönnt, diese bescheidene Herrlichkeit länger zu genießen. Der Karpathenwinter rief immer wieder unersättlich nach Soldaten. Division um Division zog von den Fleischtöpfen Polens und Westgaliziens weg und verließ die Erholungsquartiere in Syrmien, um vom eisstarrenden, verderbendrohenden Waldgebirge an den nördlichen Gemarkungen Ungarns verschlungen zu werden.

Das moralische Gefüge

Daß den schweren Erlebnissen der ersten Kriegsmonate die ursprüngliche Begeisterung zum Opfer fiel, ist nicht verwunderlich. Auch die wachsende Erkenntnis, daß der Krieg noch Monate, ja vielleicht Jahre dauern werde, drückte auf die Gemüter von Offizier und Mann. Ein erhebliches Maß von Kriegsmüdigkeit war namentlich um die Jahreswende festzustellen. Sie machte erst einer hoffnungsvolleren Stimmung Platz, als der Frühling von Gorlice die Herzen emporriß. Die Wirkung solcher seelischer Vorgänge mußte natürlich bei einem Heere von so großer völkischer und kultureller Buntheit besonders mannigfaltig sein. Bei einem beträchtlichen Teil der Kämpfer, und zwar keineswegs bloß bei solchen deutscher Zunge, trat an die Stelle der ersten überschwenglichen Kriegsbegeisterung das Pflichtbewußtsein gegenüber Herrscher und Vaterland und das Ehrgefühl des Mannes, der in der Stunde der Not nicht verzagen will. Bei den Söhnen kulturell weniger hochstehender Völker mußte das eherne Gesetz strengsten Gehorsams und unverrückbarer Manneszucht ethische Bindungen ersetzen.

Nicht überraschend konnte es für die Führung sein, daß in solchen Wochen und Monaten die Stimmung der slawischen und romanischen Soldaten noch besonderen, herabdrückenden Einflüssen aus doppelter Richtung ausgesetzt war, aus der Heimat und von der Feindesseite her. Die Geschichte der nationalen Revolution der habsburgischen Völker füllt eine gewaltige, in allen europäischen Sprachen niedergelegte Literatur. Die Anfänge dieser Revolution fallen in die Zeit, von der hier die Rede ist. Die Erscheinungen, die damit Zusammenhängen, machten auch den Befehlsstellen der Feldarmee und des Hinterlandes schwere Sorgen, die aus zahlreichen Aktenstücken zur Nachwelt sprechen.

Den Gradmesser für den nationalen Widerstand der einzelnen Völker bot von Anbeginn das Verhalten der tief ins Innere des Reiches eingebetteten Tschechen. Die Stimmung in Böhmen und Mähren ließ schon nach den ersten Rückschlägen in Galizien und Serbien gar manches zu wünschen übrig. Ungünstige Nachrichten vom Kriegsschauplätze verbreiteten sich rasch, die Zeitungen und die Gesichter der Intelligenz verrieten trotz der durch den Ausnahmszustand drohenden Gefahren nur schlecht verhehlte Befriedigung. Beim Ausmarsch der zweiten Marschbataillone, Mitte September, kam es schon zu allerlei Zwischenfällen. Zum mindesten schmückte man sich mit Fähnchen und Bändern in allslawischen Farben, die auch auf den Feldzeichen der Feinde zu sehen waren. Zum

Waffendienst Einberufene trugen wohl auch Trauerabzeichen. Die ursprünglich nur von einer dünnen Schichte der städtischen Intelligenz ausgehende Feindschaft gegen Österreich griff tiefer in die Massen, als sich die Russen der Festung Krakau und damit den Ländern der Wenzelskrone näherten. Proklamationen des Großfürsten Nikolai und seltsamerweise auch des Generals Rennenkampf wurden in aller Heimlichkeit weitergegeben, allenthalben rüstete man sich zum Empfang des „Befreiers“. Damals wurden die ersten Todesurteile wegen Hochverrates gefällt. Solches waren die Eindrücke und Erlebnisse, mit denen der tschechische Reservemann in die Front kam, um dort die durch den Krieg gerissenen weitklaffenden Lücken zu füllen J).

Aber auch von der Feindseite her winkte die Verlockung. Tschechische Kolonisten hatten gleich zu Kriegsbeginn mit der Aufstellung von Fürsorgevereinen zugunsten der slawischen Gefangenen begonnen. Die zahlreichen Gefangenen, die alsbald eingebracht wurden, „diese Armee von Brüdern, die mit dem Schwerte bezwungen war“, sollten nunmehr, wie es in den Zeitungen hieß, „auch geistig erobert werden“. Gleichzeitig wurde an die Errichtung tschechischer Legionen geschritten, deren Verwendung als Kampftruppe der Zar zwar noch nicht zuließ, deren erste Abteilungen aber schon im Winter als Kundschafter und Propagandisten an der Front auftauchten. Der Heeresleitung kamen auch allerlei Meldungen zu, daß jeder Gefangene, der sich als Mitglied des nationalen Turnvereines der Sokoln (Falken) legitimieren konnte, eine bevorzugte Behandlung erhoffen durfte. Wie dem auch war, so ist im allgemeinen doch festzustellen, daß die Fälle unmittelbaren Einvernehmens mit dem Feinde seltener gewesen sind, als man annahm. Die Folgen der politischen Einflüsse traten freilich dennoch zutage, wie es sich besonders kraß beim IR. 36 und beim SchR. 30, die aus den nationalsozialistischen und antimilitaristischen Bezirken Jungbunzlau und Hohenmauth stammten, am 26. Oktober bei Jaroslau zeigte. Wirkte die politische Zersetzung nicht unmittelbar, so drückte sie doch auf die Widerstandskraft der betreffenden Regimenter.

Nicht so oft, aber gleichfalls nicht ganz unbedenklich äußerten sich ähnliche Erscheinungen bei den Truppen mit vornehmlich serbischer Mannschaft. Serben bosnischer Truppenteile wurden zu Kriegsbeginn zu Arbeiterabteilungen zusammengezogen und außerhalb der Kampfzone verwendet. Sie baten, wieder zum Regiment eingeteilt zu werden. Man willfahrte ihnen, doch benützten viele die erstbeste Gelegenheit, um zum

!) Moli sch, Vom Kampf der Tschechen um ihren Staat (Wien 1929), 33 f.

Feinde zu entweichen. Wenig befriedigten in den Karpathen die Truppen aus Istrien. Besondere moralische Belastung legte die Besetzung Ost-und Mittelgaliziens durch die Russen den von dort stammenden ruthe-nisch-polnischen Regimentern auf. Ihre Soldaten wußten Familie, Haus und Herd hinter den feindlichen Schützenlinien einem unbestimmten Schicksal preisgegeben. Es war zu verwundern, daß nicht viel, viel mehr Leute dem Lockruf der Russen, frei in die Heimat zurückzukehren, erlagen, als es wirklich geschah1).

Die Heeresleitung, welche die ungünstigen politischen Einwirkungen auf die Armee mit wachsender Sorge verfolgte, erblickte nicht zu Unrecht die Wurzel alles Übels in den nationalpolitischen Verhältnissen des Reichsinnern. Wohl waren schon seit Kriegsbeginn Hochverrat und die diesem verwandten Vergehen und Verbrechen auch im Hinterlande der militärischen Gerichtsbarkeit unterworfen2), das hatte sich aber nicht als hinreichend wirksam erwiesen. Das AOK. bemühte sich, die beiden Regierungen zu einem schärferen Kurs zu gewinnen, stieß aber auf die bestimmte Ablehnung sowohl der Kabinette als auch des Kaisers selbst. Die Ministerpräsidenten stellten die Tatsachen wohl nicht in Abrede, hielten aber die Schilderungen des AOK. für übertrieben und waren auch der Anschauung, daß durch allzu scharfe Mittel die Lage höchstens noch verschlechtert werden könnte. Auch die Vorschläge, für Böhmen einen militärischen Statthalter und auch für Kroatien einen General als Banus zu bestellen, blieben unberücksichtigt. In Bosnien und in der Herzegowina schritt der um Weihnachten 1914 zum Landeschef ernannte GdI. v. Sarkotić mit sicherer Hand an die Befriedung des noch zum Kriegsr gebiet gehörenden Landes3).

Der deutsche Bundesgenosse war im Monate Oktober zum erstenmal in nähere Berührung mit dem öst.-ung. Heere getreten. Das Urteil, das er um die Jahreswende über dieses hatte, war recht düster; wie leicht man bei solchen Äußerungen allerdings den Eindrücken des Augenblickes erliegt, zeigt sich daraus, daß Falkenhayn zu derselben Zeit auch das deutsche Heer ein „zertrümmertes Werkzeug“ nannte4).

!) Den besetzten Gebieten entstammte fast ein Achtel der gesamten Wehrmacht.

2)    Vgl. Redlich, Österreichische Regierung und Verwaltung im Weltkriege (Wien 1925), 119f.

3)    Erzherzog Eugen hatte bei der Ernennung zum Kommandierenden der Balkanstreitkräfte die Absicht, Sarkotić als Generalstabschef an seine Seite zu nehmen. Der Kaiser entschied jedoch, daß sich der General nach Sarajevo zu begeben habe, wo er bis zum November 1918 die Verwaltung des Landes führte.

4)    Reichsarchiv, Der Weltkrieg 1914-1918 (Berlin 1929), VI, 363 und 415.

Die Zusammenarbeit zwischen den Verbündeten sollte in den Karpathenkämpfen des ersten Vierteljahres 1915 noch enger werden. Die deutschen Offiziere hatten es in der eigenen Armee bald nach Kriegsausbruch erlebt, daß man mit Elsässern und Lothringern aufgefüllte Regimenter vom französischen Kriegstheater nach dem Osten verlegen mußte. Nun lernten sie ein Heer näher kennen, bei dem solche Schwierigkeiten vervielfacht waren. Sie trafen mit allen Nationen des Reiches zusammen, am wenigsten leider mit Regimentern deutscher Stammeszugehörigkeit, und sahen mit Staunen auf die Buntheit einer Wehrmacht, an deren Aufgaben und Leistungen sie bisher keinen anderen Maßstab angelegt hatten als an das eigene Heer1).

Dieser Armee des Habsburgerreiches, damals wirklich fast zur Schlacke ausgebrannt und zu einem Milizheer geworden, wurde bald nach der Jahreswende 1914/15 von der Führung ohne Zögern eine neue, unerhört schwere Feuerprobe auferlegt, die sie trotz eines unleugbaren Übermaßes an Anforderungen unter abermaligen schweren Kräfteeinbußen, aber wieder durchaus ehrenvoll, bestehen sollte.

*) Die Tabellen 5 und 6 der Beilage 1 zeigen die nationale Zusammensetzung der verschiedenen Truppenkörper sowie des Offizierskorps und dessen Nachwuchses.

DER KARPATHENWINTER 1914/15

Die Verfolgung der Russen nach der Schlacht bei Limanowa-Łapanów

Das unbefriedigende Ergebnis der Verfolgung und die Führerentschlüsse auf beiden Seiten

(13. Dezember)

Hiezu Beilage 27 von Bd. I. und Beilage 2

Schon seit dem Eingreifen der 3. Armee in die Schlacht bei Limanowa-Łapanów erwog die Heeresleitung, wie dem südlich der Weichsel kämpfenden russischen Heeresteile möglichst viel Abbruch zugefügt werden könnte. Conrad beabsichtigte, wie aus seiner Aufzeichnung vom

11. Dezember abends1) hervorgeht, Boroević die Offensive gegen Norden mit dem linken Flügel auf Zakliczyn—Gromnik, mit der Mitte auf Tuchów—Pilzno und mit dem am rechten Flügel kämpfenden VII. Korps auf Frysztak—Strzyżów fortsetzen zu lassen. Der Chef des Generalstabes hoffte vorerst auf einen vernichtenden Erfolg gegen die eingekeilten Truppen Dimitriews. Mit der 3. Armee mehr nach rechts, das heißt gegen Nordosten „vorzuhalten“, erschien im Augenblicke noch nicht nötig, da die Russen noch zu tief in Westgalizien steckten.

Noch ohne Kenntnis dieses Planes strebte GdI. Boroević mit seinem Armeebefehle vom 13. den gleichen Zielen zu. Aus Teschen erfuhr er, daß Szurmay und Berndt auf dem westlichen Dunajecufer nicht mehr gebraucht würden und daher scharf gegen Norden abschwenken konnten. Weiters wußte man aus Fliegermeldungen, daß der Raum nördlich von Jasło—Biecz mit russischem Fuhrwerk vollgestopft war, woraus hervorging, daß der Feind noch in Reichweite sein mußte.

„Eine letzte Anstrengung noch und der Rückzug des Gegners wird zur Flucht“, so feuerte der Armeeführer seine Truppen an, von denen er „rücksichtslose Verfolgung“ forderte. Die durch Infanterieabteilungen zu verstärkende 4. KD. hatte sich an die Spitze zu stellen und das rechte Dunajecufer entlang vorzugehen, Szurmay zwischen diesem Flusse und der Biała mit der Mitte auf Zakliczyn, das IX. Korps auf Gromnik—

x) Conrad, Aus meiner Dienstzeit (Wien 1921—1925), V, 728 f.

3


II

Tuchów, das III. mit dem rechten Flügel über Pilzno gegen Tarnów und das VII. auf Frysztak—Strzyżów vorzustoßen; weiters sollten Krautwald gegen Sanok—Lisko und die 6. ID; als Armeereserve gegen Stróże vorrücken. Das Festungskmdo. Przemyśl wurde ersucht, die Gegend Jaroslau— Dębica—Krosno—Sanok durch seine Flieger aufzuklären.

Die hochgespannten Wünsche des Feldherrn für die nach errungener Entscheidung einsetzende Verfolgung gingen jedoch nicht in Erfüllung.

Vor der 4. Armee (Bd. I, S. 812) baute der Feind am 13. Dezember nun auch im Łososinatale ab. FML. Arz folgte unter Nachhutgefechten mit seinem linken Flügel (Teilen der 13. und der 45. SchD. sowie mit der 6. KD.) bis auf den von der Kobyla im Bogen über A 493 nächst Michal-czowa streichenden Bergrücken; anschließend erreichte sein rechter Flügel den Mündungswinkel der Łososina bei Witowice. In diesen Kämpfen wurden den Russen etwa 2000 Gefangene, zahlreicher Troß und verschiedenes Kriegsgerät abgenommen. Vor der übrigen Front der Armee des Erzherzogs, so namentlich nördlich von Bytomsko, behauptete sich jedoch der Feind in unverminderter Stärke und wies jede Annäherung durch lebhaftes Artilleriefeuer ab.

Die Luftaufklärung stellte indes überall große Truppen- und Troßkolonnen im Marsche nach Osten fest und bestätigte damit, daß jeder örtliche Widerstand der Russen nur mehr dem Zeitgewinne diente. Ein frontales Zurückdrücken des nächst Bochnia inkaumbezwingbarer Stellung standhaltenden Feindes lag nicht in der Absicht der Heeresleitung; diese rechnete im Gegenteil darauf, daß die Auswirkung der durch die 3. Armee aus der Tiefe angesetzten Umfassung umso größer sein werde, je länger der Russe im zurückhängenden Frontsacke westlich vom Dunajec verweilte. Neuerlich lockte der Gedanke, den Erfolg auf dem rechten Flügel der 4. Armee durch Zuführen des ganzen XVIII. Korps zu steigern. Doch hätte dieses dort erst drei bis vier Tage später eingreifen können und es wäre unter Umständen vielleicht gerade in dem Augenblicke weit hinter der Front gewesen, da der Feind locker ließ und ein energisches Nachdrängen am Platze war. Überdies war es nicht ausgeschlossen, daß die Russen wieder zu einem Offensivstoße ausholten, um sich den ungestörten Rückzug zu sichern; nach Gefangenenaussagen und Kundschaftermeldungen planten sie, gegen Gdów vorzubrechen. Das 4. Armeekmdo. zog daher das Gros des XVIII. Korps *) von Wieliczka (Bd. I, S. 811) in den Raum Gdów—Dobczyce.

x) Die 86. SchBrig. (5 Bataillone und 2 Batterien) befand sich am 14. zur Verfügung Roths in Tymbark.

Die gegen die feindliche Rückzugsstraße Zakliczyn—Gromnik vorgetriebene Verfolgung vermochte in dem unwegsamen, stark vereisten Wald- und Berggelände, wo die Wege häufig durch leicht sperrbare Engen zogen, nicht rasch vorwärts zu dringen; überdies deckte die starke Reiterei des Russengenerals Dragomirow den Abzug der inneren Flügelkorps der 3. und der 8. Armee. Die Erschöpfung der öst.-ung. Truppen und die vorzügliche Rückzugstaktik der feindlichen Führer ersparten Iwanow schwere und mit Katastrophen verbundene Verluste.

Auch bei der k.u.k. 3. Armee (Bd. I, S. 809 ff) enttäuschten am 13. die Ergebnisse der Verfolgung.

Die 4. KD. konnte infolge der Zerstörung der Popradbrücke nur bis Neusandez gelangen; die 38. und die komb. HID. rückten in Fühlung mit feindlicher Reiterei bis auf etwa 10 km an die Straße Zakliczyn—Gromnik heran, hinter den Honvéds folgte die 11. LstTerrBrig., GM. Nottes. Die 6.ID. verschob sich als Armeereserve nach Stróże. Beim IX.Korps gerieten die beiden Divisionen im Laufe der Verfolgungskämpfe in auseinander-strebcnde Richtungen; dabei gewann die 26. SchD. verhältnismäßig rasch Raum, konnte sich aber der feindlichen Stellungen bei Staszkówka ebensowenig bemächtigen, wie die beiderseits der Ropa fechtende 10. ID. den Widerstand der Russen südwestlich von Biecz zu brechen vermochte. Das

III. Korps drückte mit seiner Hauptkraft die russische 4. SchBrig. aus dem Raume nördlich von Żmigród in der Richtung auf Jasło zurück, wogegen auf dem linken Flügel die 44. SchBrig. nicht imstande war, den auf der Ostra Ga. eingenisteten Feind zu vertreiben. Das IR. 27 schwenkte von Żmigród aus nach Osten zur Unterstützung des VII. Korps ab. Dieses zwang Teile des XII. Russenkorps nach einem vierstündigen Morgengefechte nördlich von Dukla zur Preisgabe ihrer Stellungen; ein gemischtes Detachement besetzte in der Nacht zum 14. kampflos den Straßenknoten bei Miejsce Piastowe. Auch vor der durch ein Regiment der 20. HID. verstärkten 5. HKD. wich der Feind zurück. Ebenso wie am Vortage kam die Gruppe Krautwald flott vorwärts; die l.KD. näherte sich dem Orte Zagórz bis auf eine Wegstunde, traf aber hier auf eine starke russische Stellung; die 56. ID. und die 8. KD. erreichten mit ihren Anfängen die Gegend südwestlich und südlich von Baligród. Das Hauptquartier des 3. Armeekmdos. wurde von Kaschau nach Bartfeld verlegt.

Unterdessen stand die Stawka unter dem schweren Drucke der Lage. In Polen hämmerten die Deutschen seit der Einnahme von Łódź gegen die russische Front westlich der unteren Bzura los; sie schienen sich außerdem, wie in Baranowiczi vermutet wurde, zu einem Vorstoße über

Mława anzuschicken. Die Weisungen, die Iwanow am 9. Dezember (Bd. I,

S. 800) für Dimitriews Angriff in Westgalizien ausgegeben hatte, erwiesen sich nach dem Anfangserfolge an der Stradomka ebenso unausführbar wie der beabsichtigte Schlag Brussilows gegen die über die Karpathen vorbrechenden Kolonnen der Armee Boroević.

Nikolai Nikolajewitsch lud die beiden Heeresfrontkommandanten zur Beratung der zu ergreifenden Maßnahmen fürdenlS.nachBrest-Litowsk1). Hier wurde beschlossen, mit der 1., der 2., und der 5. Armee in die vorbereiteten Stellungen hinter der Bzura und Rawka auszuweichen, um möglichst weit westlich von Warschau sowie rechts der Weichsel in der Richtung auf Mława einen ausgedehnten Operationsraum zu behaupten. Ebenso hatten sich die Armeen der Südwestfront vom Gegner abzusetzen. Durch diese ausgiebige Frontverkürzung konnten Kräfte erspart werden, die sowohl zur Verstärkung der 10. Armee in Ostpreußen dienen, als auch Brussilow zu einem Schlage gegen Boroević befähigen sollten.

Gen. Iwanow verfügte hierauf, daß sich die 4. und die 9. Armee zwischen Tomaszów—Chęciny und hinter der Nida festzusetzen hatten. Die 9. Armee hatte wenigstens zwei Divisionen, womöglich aber zwei Korps als Reserven bei Chęciny—Stopnica—Staszów zu versammeln. Die

3. Armee erhielt den Befehl, an den Dunajec und die Biała zurückzugehen. Dort sollte sie sich binnen zwei Tagen für eine neue Operation bereithalten; ihr wurden von der 9. Armee zwei Reservedivisionen über die Weichsel zugeschoben. Die 8. Armee hatte zur Sicherung dieses Rückzuges ein Vordringen der Armee Boroević gegen die Bahn Tarnów—Jaroslau nachdrücklich zu verzögern. Die 11. Armee sollte die Einschließung von Przemyśl aufrechthalten, dabei aber eine Vorrückung des Gegners über Dynów—Dubiecko gegen Przeworsk—Jaroslau verhindern und mit ihrem linken Flügel bereit sein, Brussilow zu unterstützen, sobald etwa öst.-ung. Kräfte gegen seine Ostflanke von Sanok und Lisko her vorgingen.

Das Zusammenwirken der 3. und der 4.Armee bis zum

17. Dezember

Diesen Entschlüssen gemäß zogen sich die Russen seit dem grauen Winterabend des 14. Dezember im Weichselbogen nach Osten zurück. In Galizien dagegen hielt Gen. Iwanow mit traditioneller Zähigkeit denFront-

*) Dani low (Daniloff), Rußland im Weltkriege 1914—1915 (deutsche Ausgabe, Jena 1925), 383; A. Nesnamow, Strategische Skizzen (in russischer Sprache, Moskau 1922), III, 16ff und M.Boncz-Brujewitsch, Unser Verlust Galiziens im Jahre 1915 (in russischer Sprache, Moskau 1921), I, 13 ff.

teil im Weichsel-Dunajecwinkel an diesem Tage noch fest, so daß weder die 39. HID. und der rechte Flügel der deutschen 47. RD. gegen die russische Nachhutstellung Rajbrot—Tropie (am Dunajec zwischen Witowice und Czchów) noch auch die übrigen Teile der 4. Armee nennenswerten Bodengewinn erringen konnten.

Nach dem am 14. Dezember nachmittags ausgegebenen Heeresbefehle hatte sich die 4. Armee gegenüber den Stellungen Dimitriews festzusetzen, sich jedoch abwartend zu verhalten, bis sich die Offensive der rechten Nachbararmee gegen den Rücken des Feindes fühlbar gemacht habe. Boroević sollte bis an die Straße Tarnów—Rzeszów vorstoßen und die Karl Ludwig-Bahn bei Rzeszów unterbrechen. Als Trennungslinie der beiden Armeen galt der Dunajec bis zur Bialamündung. Weiters wurde Erzherzog Joseph Ferdinand angewiesen, die leistungsfähigste seiner Reiterdivisionen für den Ostflügel der 3. Armee abzugeben. Die Wahl fiel auf die 10. KD.

Am herandämmernden Morgen des 15. Dezember war endlich die ganze russische Front von der Weichsel bis Zakliczyn in vollem Rückzuge, verfolgt von der k.u.k. 4. Armee, die nur an einzelnen Stellen leichte Nachhutgefechte zu bestehen gehabt hatte. Trotzdem alle Brücken vom Feinde zerstört waren und trotz unvermeidlicher Friktionen ging die Verfolgung am 15. und 16. flott vonstatten, so daß bis zum 16. abends die Linie Zakliczyn—Biadoliny-Szlacheckie—Szczurowa erreicht wurde. Die

6. KD. und der Rest der ll.HKD. gelangten zur Erholung in die Gegend nordwestlich von Neusandez, während die vom Festungskmdo. Krakau vorübergehend unterstellte Landsturmgruppe Oberst Brauner (1. und 35. LstlBrig.) bei Niepołomice auf das nördliche Weichselufer überging und sich dort im Verbände der 1. Armee an der Verfolgung beteiligte. Das 4. Armeekmdo. übersiedelte am 16. von Wadowice nach Myślenice.

Der Westflügel der Armee Boroević begegnete am 14. im Abschnitte südlich von Zakliczyn—Gromnik zwischen Dunajec und Biała der zähen Abwehr russischer Nachhuten, die diesen Raum für die Rückwärtsschwenkung der sich stauenden Truppenmassen solange als möglich festhalten wollten.

Die 4. KD. und die Spitzen Szurmays trafen daher gleich nach dem Überschreiten der Sicherungslinie auf den Feind. Dieser wurde wohl zweimal zum Aufgeben von Zwischenstellungen gezwungen, doch gelang es nicht, bis in den heillos verstrickten Russenknäuel bei Zakliczyn hineinzustoßen. Immerhin geriet der feindliche Troß in das Artilleriefeuer des Verfolgers.

Beim IX. Korps nahm der rechte Flügel am Vormittag Biecz. FML.

Králiček schloß nunmehr seine Divisionen für die Vorrückung nach Norden zusammen, ohne jedoch bis zur Bialabrücke bei Gromnik durchzudringen. Vor dem III. Korps zogen die Russen langsam ab, Jasło wurde von ihnen geräumt. Das VII. Korps erreichte ohne nennenswerten Kampf Krosno und schob ein Detachement gegen Iskrzynia. Die nur mehr 500 Reiter starke 5.HKD. verbrachte die Nacht auf den 15. bei Rymanów. Krautwald gegenüber schienen sich die Russen erst beiLisko stellen zu wollen; der Gruppenführer benützte den 14., um seine Kräfte für den Angriff zusammenzuziehen.

Auf Grund des Heeresbefehles dirigierte nunmehr Boroević die Gruppe Szurmay, einschließlich der 11. LstTerrBrig., gegen Tarnów, wohin die

4. KD. vorausreiten sollte, das IX. Korps rechts der Biała gegen den Raum östlich der ebengenannten Stadt, das III. beiderseits der Wisłoka gegen Pilzno und Debica, endlich das VII. von Krosno auf Ropczyce— Sędziszów und dessen Kavallerie zur Sicherung gegen Osten auf Rzeszów. Krautwald hatte dem VII. Korps in der Staffel östlich der Linie Brzozów— Lutcza—Rzeszów zu folgen und zur Deckung der rechten Armeeflanke starke Sicherungen bei Sanok zu belassen. Die 6. ID. wurde für den 15. zum Marsche von Stróże nach Zagórszany (südwestlich von Biecz) befohlen.

Wenn es den Russen nicht glückte, die Vorrückung der Armee Boroević gegen die Straße Tarnów—Rzeszów aufzuhalten, so konnten sie sich auch an unteren Dunajec, von Aufrollung bedroht, nicht festsetzen. Diese Gunst der Lage wurde auch in Bartfeld erkannt. „Pflicht der 3. Armee wird es sein, jeden Versuch des Gegners, sich noch südlich der Karl Ludwig-Bahn zu halten, durch unaufhaltsamen Vorstoß gegen Norden zu vereiteln.“ So drahtete Boroević am 15. mittags an seine Unterführer.

Indes erzielte an diesem Tage nur sein Westflügel einige Fortschritte, ohne jedoch das gesteckte Ziel zu erreichen. In engem Anschlüsse an die Gruppe Arz preßte Szurmay den Feind im Raume bei Zakliczyn noch enger zusammen. Die komb. HID. erhielt Befehl, links einzuschwenken und dem Feinde gegenüber der 38. HID. den Rückzug über den Dunajec zu verlegen, ein gemischtes Detachement wurde gegen Tarnów entsendet. Aber wieder bestand die Zähigkeit der Russen die schwere Probe; indem sie sich fest an Zakliczyn klammerten, wehrten sie die Truppen Szurmays ab, an deren linkem Flügel die 4. KD. focht.

Noch hartnäckiger kämpfte der Feind gegen das IX. Korps. Erhebliche Teile der russischen 13. ID. warfen sich der 26. SchD., die wieder auf Gromnik losging, aus dem Białatale entgegen, so daß dem Korps nur verschwindend geringer Geländegewinn beschieden war. Auch das Vordringen des III. Korps über Jasło stockte; seine über die Ropa angreifende linke Flügelbrigade wurde sogar auf das Südufer des Flusses zurückgeworfen. Die Divisionen des IX. und des III. Korps fochten jetzt mit kaum mehr als je 3000 Feuergewehren.

Beim VII. Korps verbiß sich die 17. ID. in hartem Kampfe gegen eine Höhe nordwestlich von Krosno, die 20. HID. stürmte die Hügel nördlich dieser Stadt, fiel aber dann in die Abwehr zurück; Iskrzynia konnte vorerst nicht genommen werden. Die 5.HKD. wurde schon in ihrem Nächtigungsraume von Norden und Osten her vom Feinde angefallen und mußte durch Teile der 17. ID. unterstützt werden. Krautwalds Angriff gegen Lisko verzögerte sich, weil die 56.ID. und die 8.KD. noch nicht aufgeschlossen hatten.

Um die Operation wieder in Fluß zu bringen, befahl Boroević der als Armeereserve zurückgehaltenen 6. ID., am 16. über den linken Flügel des III. Korps hinaus gegen Siepietnica vorzustoßen und weiters dem FML. Szurmay, der zurückgebliebenen 26. SchD. des IX. Korps zu helfen. Die von der 4. Armee abgezweigte 10.KD. (S.37) wurdenachBieczbeordert.

Am 16. gingen die Gruppen Arz und Szurmay auf beiden Dunajec-ufern in engem Einklänge vor, wodurch es der 38. HID. glückte, in Zakliczyn einzudringen. Während die Vortruppen dieser Division dem Feinde folgten, rang Kornhaber tagsüber hart mit den Russen, ohne daß sich sein rechter Flügel der Bialabrücke bei Gromnik hätte bemächtigen können.

Wegen der heftigen russischen Artilleriewirkung erzielten die Angriffe des IX. und des III. Korps kein nennenswertes Ergebnis. Die Truppen Králičeks fochten hauptsächlich in den Linien vom Vortage; der versuchte Handstreich eines Detachements gegen die Tuchówer Brücke scheiterte unter ansehnlichen Verlusten.

Boroević hatte von dem flankierenden Einsatz der 6. ID. nicht nur die Öffnung der Straße durch das Wisłokatal für das III. Korps, sondern auch einen frischen Impuls für das IX. erhofft. Nichts davon traf zu. Die 6. ID. konnte sich nur so weit Vorarbeiten, daß sie die Lücke zwischen den beiden Korps ausfüllte; das III. Korps blieb in ein stehendes Gefecht nördlich von Jasło verstrickt.

Front gegen Nordosten drängte das VII. Korps die Russen eine Strecke zurück, wodurch Krosno fest in die eigene Hand gelangte. Krautwald erwehrte sich in der Nacht und am Morgen wiederholter Vorstöße des hier wieder angriffslustig gewordenen Feindes, sein eigenes Vorgehen geriet aber trotz des Einsatzes der 56. ID. auf dem rechten Flügel alsbald ins Stocken.

In Teschen war man unterdessen beharrlich bestrebt, den Sieg bei Limanowa-Łapanów zu einer möglichst schweren Niederlage für die Russen auszubauen; die 3. Armee sollte deshalb kräftigst gegen die Rückzugslinien des Feindes wirken1). Noch waren aber die nächsten Absichten der russischen Führer nicht zu erkennen. Leistete der Feind westlich vom San neuerlichen Widerstand, dann erschien ein Stoß gegen seinen Südflügel erfolgversprechend; ging er jedoch ohne Aufenthalt hinter diesen Fluß zurück, ohne seine Stellungen in Polen aufzugeben, dann gedachte Conrad, mit der 4. Armee die Weichöel zu überschreiten und im Zusammenwirken mit den nördlich des Flusses kämpfenden Kräften den Feind aus dem Strombogen zu vertreiben, während der 3. Armee die Sicherung gegen Osten zufallen sollte.

Am 15. Dezember, dem Zeitpunkte, zu welchem bei der Heeresleitung diese Erwägungen angestellt wurden, kämpfte jedoch Boroević erst in der Beckenreihe Sanok—Krosno—Jasło; nichts hinderte die Russen, hinter der schützenden Wand der Nachhuten Brussilows an den San abwärts von Przemyśl, oder gar, was allerdings doch für weniger wahrscheinlich gehalten wurde, mit erheblichen Teilen auf das Nordufer der Weichsel abzuziehen. In beiden Fällen war eine Verstärkung des Ostflügels der 3. Armee notwendig, der außerdem stets einem Flankenstoß frischer Kräfte über Jaroslau—Przemyśl—Chyrów ausgesetzt war.

Conrad wünschte, die Russen möglichst noch diesseits vom San zum Kampfe zu zwingen, sie gegen Osten abzudrängen und Przemyśl ehestens zu entsetzen. Vorübergehend erwog er eine Aktion der Gruppe FML. Krautwald im Einklänge mit der Festung. Doch GdI. Boroević gab mit Recht zu bedenken, daß auch sein rechter Flügel im Sinne der im Gange befindlichen Operation die Nordrichtung beibehalten müsse; die 3. Armee sei nicht stark genug, um sich weiter gegen Osten auszudehnen. Das AOK. hatte immerhin am 15. verfügt, daß außer der bereits zugewiesenen 10. KD. auch die Masse der Gruppe Arz (39. HID. und 45. SchD.) aus dem Befehlsbereiche der 4. in jenen der 3. Armee überzutreten habe. Am nächsten Tage steigerten sich jedoch die Befürchtungen Conrads, daß es den Russen gelingen werde, ungestört hinter den San zu schlüpfen. Er plante daher, die Hauptkraft der Armee Dankl an den Ostflügel des GdI. Boroević zu verschieben, begnügte sich aber zuletzt damit, das X. Korps hiefür zu bestimmen, obgleich sich dieses gegenwärtig nördlich von der Weichsel im Rahmen der 1. Armee an der Verfolgung der an die Nida abziehenden Russen beteiligte. Es hatte am 17. zur Einwaggonierung nach Krakau zu marschieren und war mit dem Korpskmdo. und der 24. ID. gegen Mezö-laborcz, mit der 2. ID. auf der gegen Uzsok führenden Bahnlinie zu transportieren. Boroević wurde angewiesen, das Korps zur Umfassung der ösüichen Flanke der Russen auf das .rechte Sanufer ausgreifen zu lassen. Es kam nun darauf an, ob diese Maßnahme rechtzeitig wirksam wurde.

Was die Zahl betraf, blieb man den Russen gegenüber stets im Nachteil. Das gesamte öst.-ung. Nordheer zählte Mitte Dezember nur noch etwa

274.000 Feuergewehre. Es konnte auch durch die bis zur zweiten Februarwoche 1915 eintreffenden Marschformationen bloß auf eine halbe Million verstärkt werden, vorausgesetzt, daß bis dahin keine erheblichen Verluste eintraten.

In Anbetracht der durch die Schlacht in Westgalizien wesentlich gebesserten Lage befand sich die Heeresleitung in zuversichtlicher Stimmung, hielt es aber doch für ratsam, den Unterführern Vorsicht einzuschärfen, damit die Bahn des Erfolges nicht durch Rückschläge unterbrochen werde. Dunkle Schatten am Horizont gab es noch immer genug, mußte doch am 14. die Räumung Belgrads verfügt werden (Bd. I, S. 748), wodurch die Serben volle Muße gewannen, sich hinter der Save—Donau auf neue Operationen vorzubereiten. Auch kam dem GdI. Conrad das Gerücht zu Ohren, daß deutscherseits die Absicht zu Sonderverhandlungen mit dem Zarenreiche bestehe; sorgenerfüllt bat er den Grafen Berchtold am 14., seinen Einfluß dagegen aufzubieten1).

Tatsächlich hatte GLt. Falkenhayn nach dem Rückschläge auf dem westlichen Kriegsschauplätze bei Ypern beim deutschen Reichskanzler angeregt, auf diplomatischem Wege einen Sonderfrieden mit Rußland herbeizuführen, weil er glaubte, „auf völlige Niederwerfung des Feindes mit militärischen Machtmitteln überhaupt verzichten zu müssen“. Die Besprechungen und Verhandlungen über diesen Gegenstand dauerten, vom

18. November angefangen, etwa einen Monat, wurden dann aber wieder fallen gelassen, weil Sondierungen ergaben, daß in Rußland keinerlei Friedensstimmung vorhanden war2).

Schon bei Beginn der Offensive der k.u.k. 3. Armee hatte die Festung Przemyśl durch ihren Ausfall am 9. und 10. Dezember (Bd. I, S. 803) zu verhindern gesucht, daß sich die russische Einschließungsarmee zugunsten einzelner im freien Felde verwendeter Teile schwäche. Eine kleinere Unternehmung im südwestlichen Vorfelde diente am 13. bloß zur Feststellung der im Einschließungsringe stehenden feindlichen Verbände. Mit

1)    Conrad,V, 722 und 754 ff.

2)    R e i c h s a r c h i v, VI, 406 ff.

dem Fortschreiten der Operation der 3. Armee gegen Norden mußte jedoch demnächst der Zeitpunkt eintreten, in dem die Festung die Ostflanke der Streitkräfte des GdI. Boroević immittelbar zu sichern hatte. Das 3. Armeekmdo. stand in dauerndem Funkverkehr mit Przemyśl, unterrichtete den Festungskommandanten stets über die Lage und ersuchte wiederholt um Mitwirkung der Festungsflieger bei der Luftaufklärung.

Am 14. funkte das AOK., die Besatzung habe alles aufzubieten, einen Abmarsch der vor dem Platze stehenden Russen nach Westen zu vereiteln. Kurz darauf teilte das 3. Armeekmdo. mit, daß der Feind vor der Armeefront den Rückzug in stark gelockerter Verfassung angetreten habe. GdI. Kusmanek vermutete, FML. Krautwald sei zum Entsätze der Festung bestimmt und plante, mit ihm unmittelbar zusammenzuwirken. Am 15. stießen daher \1XU Bataillone und 13 Batterien der Besatzung unter Führung des FML. Árpád v. Tamásy in der Richtung auf Bircza vor, bemächtigten sich an diesem Tage und am 16. nach weiterer Verstärkung durch drei Bataillone wichtiger russischer Stützpunkte, so daß in der Einschließungslinie eine Lücke klaffte, die die Straße nach Bircza freilegte. Schon hielten sich die Schwadronen Tamásys bereit, hier durchzustoßen. Damals würde ein Durchbruch noch Aussicht auf Gelingen gehabt haben, wenn er bei voller Kenntnis der Lage befohlen worden wäre; das Auftreten der starken Armeegruppe der Besatzung im Rücken der feindlichen Front bei Sanok—Lisko hätte entscheidende Bedeutung erlangen können.

Da trat am 17. eine Krise ein. Die Russen warfen sich von Lisko auf Krautwald und drängten ihn weit gegen Südwesten zurück; gegenüber der Ausfallstruppe zog der Feind Verstärkungen an sich und brachte ihren Angriff zu verlustreichem Scheitern. Niemand ahnte, daß damit die letzte Aussicht auf den Entsatz der Festung geschwunden war. Die Besatzung erlitt durch diese Enttäuschung eine schwere Einbuße an seelischer Kraft. Da schon am 17. abends durch einen Funkspruch der Rückschlag beim FML. Krautwald in Przemyśl bekannt geworden war und der Feind tags darauf die Vorfeldstellung im Norden des Platzes angriff, ließ Kusmanek die Ausfallstruppen wieder hinter den Gürtel abrücken.

Die 3. Armee hatte durch die vom AOK. verfügte Überstellung der Gruppe Arz allerdings eine Verstärkung, freilich aber nur für den weniger wichtigen Westflügel erhalten. GdI. Boroević befahl am 16. mittags, daß Arz am 17. gegen Tarnów zu verfolgen und Szurmay (38. HID. und ll.Lst-TerrBrig. Nottes) rechts von ihm über Tuchów gegen den Raum östlich von Tarnów vorzurücken habe; die komb. HID., von der Gruppe Szurmay abgetrennt, sollte im Verbände des IX. Korps über Gromnik in den Rücken des Feindes gegenüber der 26. SchD. eindringen. Dem IX. Korps wurde die Richtung über Ryglice gegen Czarna gewiesen; für das III. blieb die bisherige Direktion auf Pilzno—Dębica aufrecht, wobei eine Division als Armeereserve auszuscheiden war, sobald es die Verhältnisse gestatteten. Das VII. Korps hatte die rechte Armeeflanke zu decken und entbehrliche Kräfte gegen Ropczyce zu entsenden. FML. Krautwald wurde beauftragt, den Feind verläßlich festzuhalten und die durch Infanterie zu verstärkende 1. KD. zur Unterstützung des VII. Korps gegen Brzozów und Lutcza zu dirigieren. Sobald sich diese Entsendung fühlbar machte, sollte Erzherzog Joseph mit seinem Korps die Offensive auf Ropczyce—Sędziszów aufnehmen. Wie schon die 10. KD. wurde auch die 4. KD., auf dem Westflügel der Armee nicht mehr gebraucht, gegen Osten verschoben.

Nach dem bereits erwähnten Mißerfolge seiner Gruppe befahl Krautwald dem bis Sanok vorgedrungenen Detachement (Major Oskar Zeiss), dem Feinde die Richtung auf Rymanów zu verlegen und eine Gefährdung der Flanke des hart kämpfenden VII. Korps zu verhindern.

Dem Fehlschlag auf dem Ostflügel stand entgegen, daß um die Mittagsstunde des 17. der russische Widerstand vor dem III. und dem IX. Korps erlahmte und namentlich dem III. Korps ein erheblicher Geländegewinn beschieden war. Arz überschritt am Morgen den Dunajec auf einer bei Zakliczyn geschlagenen Kriegsbrücke, wobei er auf dem linken Ufer durch die aus dem Verbände seiner Gruppe tretende 13.SchD., auf dem rechten durch die Gruppe Szurmay gesichert wurde.

Der russische Rückzug nördlich derWeichsel (15. bis 18. Dezember)

Bei der Armee Dankl und der Armeeabteilung Woyrsch war die Verfolgung seit dem 15. in vollem Gange. Jene überschritt das Schlachtfeld, auf dem sie vom 16. bis zum 28. November gestritten hatte und erreichte am 17. beim Einbruch der Dunkelheit die Nidzica und die Linie Działoszyce—Deszno. Der nächste Tag wurde zum Aufschließen ausgenützt. Regen und Schnee, gänzlich zerfahrene Wege und die starke Übermüdung der Truppen hatten einen kurzen Halt bedingt. Das X. Korps war im Sinne des von der Heeresleitung am 16. erteilten Befehles nach Krakau zurückmarschiert, um mit der Bahn an den Ostflügel der Armee Boroević gefahren zu werden.

Bis zum 19. abends rückte die Armee an die hochangeschwollene Nida, mit der Landsturmgruppe FML. Kletter (106.LstID., 1., 35. und

110. LstlBrig.) abwärts von Wiślica, mit dem V. Korps (33. und 14. ID., 37. HID.) biszurMierzawamündung, mit dem I. (S.und 12.ID., 46-SchD.)1) und links davon mit dem II. Korps (4. und 25. ID., 2. KD.) bis nördlich von Brzegi. Nennenswerte Zusammenstöße hatten nicht stattgefunden, ausgenommen bei der Landsturmgruppe Kletter, die sich ihren Weg unter kleineren Gefechten hatte bahnen müssen. Die dem linken Armeeflügel auf Kielce vorauseilende 2. KD. fand die Brücke bei Brzegi zerstört und die jenseitigen Uferhöhen in der Hand der Russen. Nach den Tagebuchaufzeichnungen der Korps wurden während des Vormarsches an die Nida etwa 7000 Gefangene eingebracht.

Links von der 1. Armee gelang es dem Südflügel der Armeeabteilung Woyrsch, nach Kämpfen mit russischen Nachhuten am 17. die obere Pilica zwischen Koniecpol und Krzętów zu überschreiten.

Von der auf dem Nordflügel vorgehenden Armee Böhm-Ermolli drang die Vorhut der 27. ID. des Korps Gallwitz, dem außer der 1. GRD. auch die Reiterei Hauers unterstellt worden war, in der Nacht zum 16. in die vom XIV. Russenkorps verlassene Stadt Piotrków ein. Im Laufe des 16. strebte das XII. Korps von Noworadomsk nach Przedbórz und gelangte nach leichten Scharmützeln mit der Spitzendivision bis Kodrąb; das

IV. Korps, kurze Zeit vom Feinde aufgehalten, erreichte Mierzyn—Lubień. Gallwitz stieß mit der 27. ID. über Piotrków und mit der 1. GRD. auf Sulejów vor. Gen. Gillenschmidts Reiterdivisionen, die bisher mit der Deckung der empfindlichen Nordflanke der zurückgehenden Armee Ewert betraut waren, wichen nach Nordosten auf Tomaszów—Wolborz aus. Zwischen dem an der Wolborka stehenden linken Flügel der russischen 5. und dem rechten der 4. Armee befand sich nur ein brigadestarker Teil des XIV. Korps. Als nun Hauer, der mit seiner Reiterei vorauseilte, bei Sulejów an der Pilica eintraf, stieß er auf zähesten Widerstand. Der Fluß konnte auch von der vorgezogenen Infanterie des Korps Gallwitz am 16. nicht überschritten werden.

An diesem Tage behaupteten sich die Streitkräfte Plehwes (2. und

5. Armee) noch hinter der Wolborka und Mroga gegenüber dem Südflügel Mackensens. Vor dessen Nordflügel war aber die russische 1. Armee, nachdem sie am 13. noch einmal angegriffen hatte, in eiligem Rückzuge auf das rechte Bzuraufer. Die Deutschen versuchten dort, dem Feinde südlich von Sochaczew die Flanke abzugewinnen. Es schien möglich zu sein, die noch westlich von der Rawka haltenden Truppen Plehwes in die

!) Die 12. ID., nach Żarki entsendet (Bd. I, 769), war wieder zum I. Korps zurückgetreten.

Zange zu nehmen, wenn das Korps Gailwitz gleichzeitig gegen Nord vorstieß1). Böhm-Ermolli wurde daher am 16. spät abends von Woyrsch beauftragt, die Verfolgung zwar nach Osten fortzusetzen, jedoch eine Division über Tomaszów auf Lubochnia vorzutreiben.

Hiefür wurde die 1.GRD. bestimmt und dem GO. Mackensen unterstellt. Sie nahm am 17. mit dem auf dem Südflügel der 9. Armee befindlichen Kavalleriekorps Frommei die Richtung über Wolborz gegen den Rücken der noch westlich von der Rawka befindlichen feindlichen Korps. Indes hatte der Russe schon in der Nacht auf den 17. den Rückzug hinter die Rawka angetreten. GO. Mackensen setzte sofort die 1. GRD. und die Kavallerie Frommeis zur Verfolgung links von der Pilica auf Nowe Miasto und Grójec an; mit vier Korps seines rechten Flügels wollte er dem Feinde gegen Osten folgen, während vier Korps des linken Flügels über die Bzura bis zu der von Skierniewice nach Warschau führenden Bahnlinie vorstoßen sollten, um die Masse der bereits im vollen Rückzüge gegen die mittlere Weichsel vermuteten drei russischen Armeen

— 1., 2., 5. — von Norden her zu umklammern2).

Die Armee Böhm-Ermolli vermochte die versumpfte Pilicaniederung am 17. nur an zwei Punkten zu überschreiten, da alle Übergänge zerstört waren und die russischen Nachhuten noch das Ostufer verteidigten. Auf dem linken Flügel beim Korps Gailwitz mißlangen die bei Sulejów unternommenen Übergangsversuche der 27. ID. und der 9. KD. Dagegen konnte die 3. KD. oberhalb der Czarnamündung das rechte Flußufer gewinnen. Vom XII. Korps traf die 16. ID. am Nachmittag vor Przedbórz ein. Das Vorhutbataillon der Hermannstädter Division stürmte über die halbverbrannte Brücke, vertrieb den Feind und legte des Nachts einen flüchtigen Brückenkopf auf dem Ostufer an.

In der Nacht auf den 18. zog der Russe aber auch vor Gailwitz ab und gab den Pilicaabschnitt bei Sulejów frei.

Als Böhm-Ermolli den Rückzug der Russen vor dem linken Flügel Mackensens erfuhr, erwartete er, weder an der Czarna noch bei Opoczno auf Widerstand zu stoßen. Er beschloß, den Abzug der Armee Ewert gegen die Weichsel durch eine scharfe Verfolgung zu stören.

Am 18. Dezember zu früher Stunde setzten die Truppen der 2. Armee auf Kähnen und rasch gebauten Stegen dem Feinde über die Pilica nach. Gallwitz gelangte mit der 27. ID. und den beiden Kavalleriedivisionen Hauers auf der Straße nach Opoczno bis Mniszków und in den Raum

1)    R e i c h s a r c h i v, VI, 307.

2)    Ebenda, VI, 309 ff.

südlich von Tomaszów. Stark besetzte russische Stellungen geboten einem weiteren Vordringen Halt. Das IV. Korps rückte inzwischen über den Czarnaabschnitt oberhalb von Przyłęk vor, geriet aber dann in das Feuer eingegrabener russischer Schützen und wurde am Abende vom Feinde auf das Westufer zurückgedrängt. Auch beim XII. Korps, das an der Straße von Przedbórz gegen die Czarna und südlich davon vorging, kam es zu Gefechten. Czermno wurde von der 16. ID. in der Nacht erstürmt, die 35. ID. blieb aber vor dem stark besetzten Dorfe Pilczyca liegen.

Südlich von der 2. Armee waren die deutschen Divisionen des GO. Woyrsch an diesem Tage nach Kämpfen mit feindlichen Nachhuten bis Małogoszcz-Kajetanów gelangt und sahen sich sodann einer starken russischen Stellung an der Łososina gegenüber.

Damit war die Verfolgung der Armeeabteilung am 18. abends zum Stehen gekommen. Woyrsch erkannte sogleich, daß sich der Feind wieder gestellt hatte und schrieb seinem Südflügel vor, sich vor den russischen Stellungen hinter der Łososina zur Abwehr einzurichten1).

Bei der Armee Mackensen war die 1. GRD. am 17. und 18. nördlich von der Pilica bis über Tomaszów nach Osten, ihr Südflügel bis an die Rawka vorgedrungen. Die Russen hatten die Bzura bei Łowicz aufgegeben, hielten sich aber weiter unterhalb. Nachrichten über die Hartnäckigkeit des feindlichen Widerstandes ließen vermuten, daß die Russen entschlossen waren, um diesen Abschnitt zu kämpfen. Damit schien die Hoffnung zu schwinden, den Feind durch Umfassung von Norden her entscheidend zu schlagen.

Auch in Teschen tauchten Zweifel auf, ob der Russe seinen Rückzug bis hinter die mittlere Weichsel fortsetzen werde. Nach Conrads Anschauung lag die Entscheidung mehr als je an den Flügeln. Seiner Bemühungen um die Verstärkung des südlichen Heeresflügels wurde bereits gedacht; er glaubte fest an die Möglichkeit, den Bewegungskrieg im Osten bis zum durchschlagenden Erfolge aufrechtzuerhalten, wenn die Deutschen in Frankreich in der Abwehr verharrten und namhafte Verstärkungen gegen Rußland warfen. Ihm schwebte das Ziel einer im größten Stile auszuführenden doppelten Umfassung der russischen Massen vor, die in riesiger Breitenausdehnung noch im Weichselbogen und in Westgalizien hielten2).

Zunächst schrieb die k.u.k. Heeresleitung am 18. der Armeeabteilung Woyrsch vor, im Anschlüsse an den längs der Pilica vorstoßenden Südflügel Mackensens die Front Odrzywół—Koósk—Cmińsk zu gewinnen,

x) Reichsarchiv, VI, 311 f.

2) Conrad, V, 808f.

aus der sie dann im Vereine mit dem linken Nachbar, dessen Vorgehen sich Conrad über die Bahnlinie Skierniewice—Warschau nach Südosten dachte, die Umfassung des Feindes von Norden anzustreben hatte. Die Armee Dankl sollte mit dem rechten Flügel die Weichsel entlang Vordringen und bereit sein, auch südlich des Flusses einzugreifen1). Dort stockte am 17. bei der Erzherzogsarmee plötzlich der Gang der Verfolgung, An ihrer ganzen Front kam es zu erbitterten Kämpfen, die einen neuen Abschnitt des Feldzuges einleiteten.

Die letzten Kämpfe des Kriegsjahres 1914

Die Ereignisse südlich der Weichsel

Bildung der neuen russischen Front.

Die österreichisch-ungarischen Maßnahmen am 17. Dezember

HiezuBeilage27 von Bd.I

Auch in der zweiten Dezemberhälfte spielten sich die für den Krieg im Osten bedeutungsvolleren Vorgänge südlich der Weichsel ab; sie standen unter der Nachwirkung der Schlacht bei Limanowa-Łapanów.

Auf feindlicher Seite war die Ausführung der Befehle Iwanows vom 13. für den Rückzug und die Umgruppierung der 3. und der 8. Armee (S. 36) in vollem Gange. Von den gegen den Erzherzog Joseph Ferdinand und den Westflügel der Armee Boroević angesetzten Kräften eilte der Nordflügel Dimitriews (halbes XI. und IX. Korps) an den unteren Dunajec zurück, das XXI. und das halbe XI. Korps in den Raum bei Tuchów und das X. gegen Dębica. Brussilow zog seine unmittelbar an der westgalizischen Schlacht beteiligten Armeekörper mit Gewaltmärschen in die neue, gegen Süden gekehrte Front. So berief er die 10. KD. von ihrer aussichtsreichen Unternehmung im Kamienicatal (Bd. I, S. 791 f) ab, um die Verbindung zwischen dem XXIV. und dem XII. Korps herzustellen ; dieses hatte zur Deckung von Przemyśl eine Flankenstellung östlich von Krosno-Rymanów einzunehmen, jenes in den Abschnitt Jodłowa— Brzostek und das VIII. als Armeereserve an die Linie Rzeszów—Krosno zu gelangen. Endlich wies Brussilow die 11. Armee an, eine Division zur

1) Es war der gleiche Vormarschplan, wie ihn Conrad zu Beginn des Monats Oktober der 1. Armee vorgeschrieben hatte (Bd. I, 358).

Vertreibung des Gegners aus Sanok über diese Stadt gegen Rymanów zu entsenden. Zweifellos lag das Schwergewicht der gegen die Armee Boroević gewendeten Russenfront im Abschnitte zwischen der Biała und Wisłoka; denn der Feind hatte auch ein Aufrollen der am Dunajec westwärts gekehrten Stellungen zu verhüten. Die von der russischen 9. Armee abgezweigten beiden Divisionen rückten über die Weichsel; die 61. RD. erhielt die Bestimmung als Reserve für die 3. Armee, während die 70. RD. mit dem halben XI. Korps im Raume östlich von Tuchów links vom XXI, das komb. Korps des Generals Sacharow zu bilden hatteJ).

Unablässig war GdI. Boroević bestrebt, seinen Ostflügel zu verstärken. Er plante, das IX. Korps aus der Front zu ziehen und über Krosno gegen Sanok abrücken zu lassen. Dadurch wäre es möglich gewesen, das ganze X.Korps (S. 40) im Ungtale auszuladen und mit ihm sowie mit der wieder zu unterstellenden Gruppe Csermák zu weitausholender Rechtsumfassung der Russen über Turka vorzugehen. Der Armeebefehl vom 17. abends trug dieser Absicht bereits Rechnung. Die Direktionen für den Westflügel (VI. Korps und Gruppe Szurmay) gegen Tarnów und östlich davon blieben im allgemeinen aufrecht, nur sollte der FML. Kornhaber wieder zu Szurmay, dagegen die 11. LstTerrBrig. über Gromnik und Biecz in den Verband des IX. Korps treten. Dieses wurde angewiesen, die Verfolgung einzustellen und vorerst als Armeereserve nach Jasło zu marschieren. Auch die Vorrückungsziele für das

III. Korps — Pilzno und Dębica — blieben ungeändert; eine gemischte Abteilung war über Frysztak in den Rücken des dem VII. gegenüberstehenden Feindes zu werfen. Dieses Korps hatte mit der 17. ID. gegen Frysztak, mit der 20. HID. und der 5. HKD. auf Lutcza-Domaradz anzugreifen. Von den Reiterdivisionen sollten die 4. KD. zum IX. und die

10. KD. zum VII. Korps gelangen. Endlich wurde Krautwald, dessen Mißgeschick noch nicht bekannt war (S. 42), aufgefordert, sich in der Gegend Sanok—Lisko zu behaupten.

Unterdessen hatte sich das AOK. entschlossen, dem GdI. Boroević auch das XVIII. Korps der 4. Armee zur Verfügung zu stellen; im Paralleltransport sollten das ganze X. gegen Mezölaborcz, das XVIII. ins obere Ungtal herangebracht werden.

Bald nachdem von Bartfeld die vorerwähnten Befehle abgegangen waren, langte dort wie auch bei allen anderen Armeekmdos. ein zu!) Nesnamow, III, 22 £ und Memoires du General Broussilov, Guerre 1914—1918 (in französischer Sprache, Paris 1929), 102.

sammenfassender Heeresbefehl aus Teschen ein. Das AOK.1) billigte die von Boroević in Aussicht genommene Verschiebung nach Osten, doch sollte das VI. Korps nach Erreichung des Raumes bei Tarnów wieder der 4. Armee unterstellt werden. Erzherzog Joseph Ferdinand hatte mit starkem rechten Flügel auf der großen Straße Tarnów—Pilzno—Dębica und nördlich von ihr vorzugehen, die 3. Armee mit ihren linken Flügelgruppen gegen Ropczyce-Rzeszów zu verfolgen. Dem Feinde müsse ein Festsetzen an der unteren Wisłoka durch wirksame Bedrohung seiner Rückzugslinie verwehrt werden. Hielt er die Sanlinie, so sollte Boroević mit dem X. und dem XVIII. Korps zu tiefer Umfassung ausholen.

Kaum hatte der Draht diese Befehle von Teschen weiterbefördert, als dort die Nachricht einlief, daß die vorerwähnten zwei russischen Divisionen — die 61. und die 70. — bei Nowy Korczyn über die Weichsel gegangen wären und den Marsch nach Süden fortsetzten. Darauf wurde das 3. Armeekmdo. angewiesen, mit der beabsichtigten Kräfteverschiebung zu warten, bis der Erzherzog Joseph Ferdinand die Biała-Dunajec-linie auch unterhalb von Tarnów überschritten hatte und das sofortige Eingreifen eines starken Westflügels der 3. Armee nicht mehr geboten war.

Während der nunmehr beginnenden neuen Phase der Operationen wurde die Auswertung des Schlachtsieges bei Limanowa-Łapanów durch die Ungunst der Witterung beeinträchtigt. Die Regengüsse der letzten Tage hatten den Boden durchweicht, die Naturwege waren grundlos geworden, so daß die Artillerie nur unter unsäglichen Schwierigkeiten in Stellung gehen konnte.

Kämpfe bei 'Carnów und, am Dunajec (18. bis 20. Dezember)

Hiezu Beilage 27 von Bd. I und Beilage 2

Die am 17. von der Erzherzogsarmee im westlichen Anland des mittleren und unteren Dunajec geführten Gefechte hatten dargetan, daß sich der Russe durchaus nicht beeilte, hinter den Fluß zu kommen; bei der Gruppe Roth erlitt die deutsche 47. RD. einen empfindlichen Rückschlag

L) Der Heeresbefehl wurde mit Maßnahmen zur Ordnung der Verbände eingeleitet. Insbesonders sollte die 86. SchBrig. vom 4. Armeekmdo. nicht über Tarnów hinaus mitgenommen werden, weil sie ihrem XVIII. Korps nachzufahren hatte, auch war die komb. IBrig. GM. Reymann des II.Korps (IR. 81, bh. IR. 1 und vier Batterien) von der 4. an die 1. Armee zurückzugeben.

II    4

und verlor etwa 600 Mann an Gefangenen1). Beim 4. Armeekmdo. sowie auch in Teschen bestand die Auffassung, daß man sich zunächst des Raumes bei Tarnów bemächtigen müsse, worauf der feindlichen Dunajec-verteidigung durch einen Stoß gegen Norden beizukommen sei. Im übrigen befahl das 4. Armeekmdo. für den 18., den Russen scharf nachzudrängen, ohne sich in vereinzelte und verlustreiche Angriffe einzulassen. Den südlich von Zakliczyn versammelten beiden Reiterdivisionen wurden weite Vorrückungsziele gesteckt: der 6. KD. Przecław und der ll.HKD. Dąbrowa. Das XVIII. Korps (ohne die 86. SchBrig., die der Gruppe Roth folgte) war bereits im Abmarsche nach Krakau.

Überraschenderweise sah sich die 4. Armee auch am 18. auf dem wesüichen Dunajecufer zu ernsten Kämpfen genötigt, in denen es ihr nicht gelang, den Feind zu werfen. Hartnäckig stemmte sich dieser, den Fluß unmittelbar im Rücken, in einzelnen stark besetzten Dörfern gegen den Verfolger, offenbar um sich durch Brückenköpfe auf dem linken Ufer eine neuerliche Offensive zu erleichtern.

Das 4. Armeekmdo. verlegte sein Hauptquartier von Myślenice in das Schloß Okocim bei Brzesko. Für den Stoß gegen Tarnów kam besonders das VI. Korps in Betracht, das bereits am 17. zwischen Dunajec und Biała gegen Norden angesetzt worden war, jedoch tatsächlich dem GdI. Boroević unterstand. In Anbetracht der Lage mußte diesem Korps trotzdem aufgetragen werden, im Mündungswinkel der Biała und wenn möglich auch östlich von diesem Flusse mit ausreichenden Kräften gegen Tarnów vorzudringen. Die 6. KD., die ohnedies die geschlossene Russenfront nicht zu durchbrechen vermocht hätte, wurde für Unternehmungen gegen die Flanke und den Rücken des Feindes dem FML. Arz unterstellt. FML. Roth erhielt aufs neue die Weisung, verlustvolle Stirnangriffe zu vermeiden; auch schenkte das 4. Armeekmdo. einem Vorschläge Křiteks kein Gehör, der auf die Nachricht von dem Vormarsche der zwei russischen Divisionen über die Weichsel gegen Süden den unteren Dunajec überschreiten wollte.

All dies lag vollkommen im Sinne des AOK. Im Laufe des 18. neigte man in Teschen nun doch der Auffassung zu, daß der Feind es von neuem auf entscheidende Kämpfe ankommen lassen werde, umsomehr, als gleichzeitig die Offensive der 3. Armee zu stocken begann. Der 4. Armee wurde daher am Abende des 18. befohlen, von einer Bezwingung des Dunajec Abstand zu nehmen, sich an diesem Flusse und an der Biała zur Abwehr einzurichten und ihren rechten Flügel für den bevorstehenden Stoß gegen

Tarnów stark zu halten. Hiedurch sollte es auch der 3. Armee ermöglicht werden, ihre gelichteten Verbände gegen Osten zusammenzuschieben. Die Festung Krakau wurde angewiesen, an den Erzherzog zwei 30.5 cm-Mörser-, vier 15 cm-Haubitz- und zwei 12cm-Kanonenbatterien abzugeben.

Während die Verfolgungsoperationen der 1. Armee und der Armeeabteilung Woyrsch an der Nida, an der Czarna und im Pilicabogen südlich von Tomaszów zum Stillstände kamen, versteifte sich am 19. der russische Widerstand auch südlich von der Weichsel.

Allerdings räumte der Feind in der Nacht vor dem Nordflügel der

4. Armee das Westufer des unteren Dunajec, wo sich die Truppen Křiteks sofort festsetzten, aber alle Bemühungen der Gruppe Ljubicić und des Nordflügels der Gruppe Roth, sich der noch immer von den Russen gehaltenen Ortschaften diesseits des Flusses zu bemächtigen, schlugen fehl.

FML. Roth wollte dem VI. Korps, das sich im Bialamündungswinkel festgerannt hatte, durch einen Stirnangriff der 13.SchD. über den Dunajec gegen Tarnów Luft schaffen; doch der Erzherzog untersagte das immerhin gewagte Unternehmen. Inzwischen hatte man sowohl in Teschen als auch in Okocim erkannt, daß der Einsatz des Korps Arz in dem sich zwischen den beiden Wasserläufen verengenden Raume unmöglich zur raschen Gewinnung von Tarnów führen konnte. Das AOK. befahl daher, das VI. Korps durch Teile der Gruppe Roth abzulösen, woraufhin Arz auf dem östlichen Bialaufer gegen die Stadt vorgehen sollte.

Am späten Nachmittag überschritt FML. Schmidt-Georgenegg, der Führer der 43. SchD., mit der 86. SchBrig. und dem Gros der komb. IBrig. Reymann den Dunajec auf einer Kriegsbrücke unweit von Wojnicz, um den Gefechtsabschnitt des VI. Korps zu übernehmen. Zu spät traf der Befehl des AOK. ein, der den sofortigen Abtransport der 86. SchBrig. zum XVIII. Korps verfügte, während die komb. IBrig. ohnedies der 1. Armee zurückgegeben werden sollte.

In Teschen vermutete man, daß die Russen dem Erzherzog gegenüber nur ein Mindestmaß an Kräften belassen, sich aber mit der Masse der Armeen Dimitriew und Brussilow auf Boroević werfen würden. Da sonach die 3. Armee bis zum Eintreffen des X. und des XVIII. Korps einen schweren Stand haben mußte, wurde noch angeordnet, daß ihr von der 4. das XI. Korps (11. und 30. ID.) zuzuführen sei, weiters hatte die 11. HKD. unverzüglich nach Osten abzureiten und schließlich wurde noch das SchR. 5 (zwei Bataillone) der Sicherheitsbesatzung von Pola mit der Bahn zu Boroević herangezogen.

Die Erzherzogsarmee konnte ihren Wunsch, die Herrschaft über das

ganze linke Dunajecufer zu erlangen, auch am 20. nicht verwirklichen; zäh behaupteten sich die Russennester vor ihrer Mitte.

Zu einem Zusammenwirken mit der 1. Armee war es bisher nicht gekommen. GdK. Dankl hatte zwar schon am 19. abends die Verschiebung der 14. ID. des V. Korps an seinen rechten Flügel eingeleitet, um mit ihr und der Landsturmgruppe GM. Kletter durch einen Vorstoß zwischen der Dunajec- und der Nidamündung der Gruppe Křitek vorwärts zu helfen. Als man aber am nächsten Tage im Hauptquartier zu Miechów den Eindruck gewann, daß sich an der Nida von ihrer Mündung bis Chęciny nur fünf bis sechs russische Divisionen festgesetzt hatten, die übrigen Kräfte aber nach Kielce zum Abtransport gegen Norden zurückgingen, beschloß Dankl, am 21. vorerst an der Nida anzugreifen und durch die Eroberung von Nowy Korczyn die von den Russen hergestellten Weichselbrücken (S.49) zu bedrohen.

Bei der 4. Armee begann das XI. Korps sich in der Nacht auf den

21. aus der Front zu lösen. Die Armee bestand nur noch aus den beiden großen Gruppen Roth und Křitek1).

Das Stocken der Offensive der 3. Armee (18. bis 20. Dezember)

GdI. Boroević war unterdessen bestrebt gewesen, rasch gegen Norden Raum zu gewinnen. Die Ungunst der Verhältnisse, namentlich die große Frontausdehnung, verwehrte ihm aber, schon jetzt mit starkem rechten Flügel entscheidend zu wirken. Dort wies Krautwald am 18. einen russischen Vorstoß ab und sandte am nächsten Tage auf Befehl des

3. Armeekmdos. zur Unterstützung seines in krisenhafter Lage befindlichen linken Nachbarn außer dem Detachement Mjr. Zeiss (S. 43), das aber noch westlich von Sanok mit feindlicher Infanterie und Kavallerie zu kämpfen hatte, die 1. KD. nach Bukowsko ab.

Das VII. Korps stand in schwerem Kampfe mit dem feindlichen XII., dem offenbar Verstärkungen zugekommen waren. Als Erzherzog Joseph um Unterstützung bat, konnte ihm Boroević nur empfehlen, die

5. HKD. sowie die auf ihrem Marsche nach Osten südlich von Jasło eintreffende 10. KD. gegen den linken Flügel des Feindes einzusetzen; das Korps müsse aber Krosno zum Schutze der östlichen Armeeflanke unbedingt festhalten. Am 19. vormittags nahm der linke Flügel der 20. HID.

*) Die Polenlegion Piłsudski, die nach der Schlacht bei Limanowa-Łapanów in das Erholungsquartier Neusandez gelegt worden war, wurde nach Zakliczyn herangezogen.

die Waldhöhen nördlich von Odrzykoá; doch drängte der Russe am Nachmittag die Angreifer an einzelnen Stellen zurück. Außerdem wurde das Vorgehen der 10. KD. und der 5. HKD. gegen die feindliche Ostflanke durch die Nachricht vom Eintreffen russischer Verstärkungen im Raume östlich von Brzozów alsbald gehemmt.

Vergeblich bemühte sich das III. Korps, den Widerstand des Feindes bei Brzostek und bei Jodłowa, wo die 6. ID. eingriff, zu brechen. Um einer Vergrößerung der Lücke zwischen dem III. und dem zurückhängenden VII. Korps vorzubeugen, befahl Boroević dem GdI. Colerus, den erreichten Raum vorläufig festzuhalten und eine starke Reserve rechts zu staffeln. Die trotzdem am 19. unternommenen Versuche, gegen Brzostek Boden zu gewinnen und gleichzeitig die Höhen nördlich von Jodłowa zu behaupten, waren nicht von Erfolg begleitet.

Das IX. Korps erreichte am 18. in flottem Vorgehen die Gegend bei Ryglice und schob seine Vorhuten bis an die vom Feinde besetzten Höhen nördlich vom Orte heran. Die komb. HID. Kornhaber, die Anschluß an den linken Korpsflügel gewonnen hatte, und die 26. SchD. erstritten am 19. die Hügel nördlich von Ryglice, stießen aber dann auf eine unbezwingbare Stellung. Die 10. ID. wurde mit voller Wucht vom Feinde gepackt und zurückgeworfen. Szurmay eroberte im Anschlüsse an das

VI. Korps am 19. vormittags mit der 38. HID. und der 11. LstTerrBrig. die Höhen nordöstlich von Tuchów, hatte aber dann mit den entgegenstürmenden Russen hart zu ringen.

In Teschen und Bartfeld hoffte man, die an einem toten Punkte angelangte Offensive der 3. Armee nach der Durchführung der angeordneten Verschiebungen und nach dem Eintreffen des X. und des XVIII. Korps wieder in Schwung zu bringen. Unter dem Schutze der Gruppen FML. Krautwald und Obst. Csermák hatten sich vom X. Korps die 24. ID. an der Straße Mezölaborcz—Sanok und im Osławicatale, Spitze in Komańcza, die 2. ID. dahinter bei Vidrány und im Laborczatale, das XVIII. Korps im Ungtale mit dem Anfang bei Csontos zu versammeln. Indes konnte die erste Staffel dieser Verstärkungen nicht vor dem 22. Dezember auf dem Ostflügel der 3. Armee wirksam werden und Boroević war bis dahin auf seine schon arg zusammengeschmolzenen Verbände angewiesen. Da der Armeeführer an einem Erfolge bei Tarnów zweifelte und überhaupt der Vertreibung der Russen von der Dunajeclinie nur untergeordnete Bedeutung beimaß, trat er am 20. vormittags mit einem neuen Vorschläge an das AOK. heran. Um die Aktion seines Ostflügels entscheidend zu gestalten, wollte er hier acht bis neun Infanterie- und fünf Kavalleriedivisionen versammeln1). Vier von den Reiterdivisionen (4. und 10. KD., 5. und ll.HKD.) sollten anfangs dem VII. Korps als Verstärkung zugewiesen werden; dabei schwebte Boroević ihre spätere Verwendung als großer Kavalleriekörper in der Richtung auf Przemyśl vor. Die Heeresleitung genehmigte den Abmarsch des VI. und des XI. Korps nach Osten, die ll.HKD. war ohnedies bereits zum Seitenmarsch ange-gewiesen. Die 4. Armee und der Westflügel der 3. hatten, wenn nicht die Russen abzogen, in der Abwehr zu verharren, bis der Stoßflügel des GdI. Boroević angriffsbereit war.

Die Vorgänge südlich von der Weichsel trugen aber auch am 20. weder bei der 4. noch bei der 3. Armee dazu bei, die Absichten des Feindes ganz aufzuhellen. Auf dem rechten Flügel der 3. Armee konnte das VII. Korps den zermürbenden Kämpfen bei Krosno keine entscheidende Wendung verleihen. Die 17. ID. mußte ein Stück Gelände preisgeben, worauf die 4. KD., als willkommene Unterstützung begrüßt, auf dem linken Flügel ins Gefecht trat. Die Schützenlinien der mit der Front gegen Nordosten fechtenden 20. HID. wurden durch die 5.HKD. verlängert, während sich die 10. KD. im Vordringen über Besko gegen Brzozów bald überlegenen Kräften gegenüber sah.

Auch beim III. und beim IX. Korps sowie bei der Gruppe des FML. Arz, dem Szurmay und Kornhaber vorübergehend unterstellt wurden, dauerte der Abwehrkampf an. Anfänglich hatte die 6. ID. Erfolge gegen Jodłowa aufzuweisen; doch warf sie ein russischer Gegenstoß wieder zurück, so daß der rechte Flügel des IX. Korps zur Hakenbildung genötigt wurde. Bei diesem Korps zählten die 10. ID. 1400, die 26. SchD. nur noch 1000 Feuergewehre.

Die Besprechung in Oppeln (19. Dezember)

Hiezu Beilage 27 von Bd. I sowie Beilagen 2 und 3

Am 17. Dezember, als der russische Rückzug vor der ganzen deutschen 9. Armee gemeldet wurde, war bei einer Besprechung in Berlin zwischen Falkenhayn, dem deutschen Reichskanzler und Ludendorff festgelegt worden, daß der Angriff bis zur Gewinnung der mittleren Weichsel

L) Der damalige Chef der Operationsabteilung des 3. Armeekmdos., GM. Anton Ritt. v. Pitreich, teilt mit, daß ursprünglich ein Stoß mit sieben Divisionen in der Richtung auf Stary Sambor geplant war (Schreiben vom 17. Mai 1929).

fortgesetzt werden müsse 3). Tags darauf teilte in Teschen der deutsche bevollmächtigte General v. Freytag-Loringhoven dem k.u.k. Chef des Generalstabes mit, Falkenhayn schlage eine Zusammenkunft vor, um die weiteren Ziele zu vereinbaren, „der Winter käme immer näher, wir werden nicht ewig kämpfen“ 4). Am 19. trafen sich die beiden Generalstabschefs auf dem Bahnhofe in Oppeln5).

Gleich zu Beginn des Gespräches zeigte sich der Gegensatz der Anschauungen über die Führung des Krieges im Osten. Daher konnte auch die Frage, was zu unternehmen sei, wenn die Russen den Weichselbogen und Galizien bis zum San räumen sollten, keiner befriedigenden Lösung zugeführt werden. Nach Falkenhayns Ansicht hätte man sich in diesem Falle damit zu begnügen gehabt, auf dem linken Weichselufer in Polen eine „chinesische Mauer“ aufzurichten, an der jeder feindliche Vorstoß zerschellen würde. War man einmal so weit, dann wollte der General ehestmöglich starke Kräfte vom deutschen Ostheere abziehen und mit diesen Verstärkungen Anfang Februar zu einer entscheidenden Offensive in Frankreich schreiten.

Das widersprach den Gedankengängen Conrads; er beharrte darauf, daß der Russe durch umfassenden Angriff beider Flügel geschlagen werden müsse, sei es westlich oder östlich von der Weichsel. Im zweiten Falle wäre die Hauptkraft des deutschen Ostheeres über den Narew auf Siedlec vorzuführen, wie dies schon für den Kriegsbeginn, leider vergeblich, geplant gewesen sei. Die Möglichkeit sei vorhanden, die Russen niederzuwerfen. Gelänge dies, dann würde auch Frankreich zusammenbrechen und der Balkan ohne seinen zaristischen Beschützer zur Ohnmacht verurteilt sein.

Falkenhayn teilte diese Auffassung nicht. Die Russen könnten sich, meinte er, durch Zurückweichen einem Schlage stets entziehen; dann käme es weder im Osten noch im Westen zu einer günstigen Entscheidung. Übrigens werde der Widerstand der Franzosen durch die Briten gesteift. Die vorgeschlagene Operation über Siedlec erfordere ansehnliche Kräfte, weil auch die russische 10. Armee in Ostpreußen abgehalten werden müsse. Wie stünde es unterdessen im Westen? Würde dort die deutsche Front durchbrochen, so nützten alle Siege gegen Rußland nichts. Überhaupt hänge die ganze weitere Beschlußfassung auch von dem Zu-

Stande des über die Weichsel zurückgedrängten Zarenheeres ab. Immerhin sagte der deutsche Generalstabschef seinem Kollegen zu, dem Ostheere nicht früher Kräfte zu entziehen, bis die in Breslau beschlossene erste Etappe der Operation erreicht war.

Conrad meinte, wenn man die Russen über die Weichsel geworfen habe, ohne daß die Offensive weitergeführt werde, so wären im Strombogen je fünf deutsche und öst.-ung. Korps zu belassen, die aber nicht in einer „ununterbrochenen Schützenlinie“ aufgestellt werden sollten, sondern nur mit Vortruppen in gut befestigten Linien, die Massen hingegen im Staffelverhältnis an beiden Flügeln. Dieser Vorschlag beleuchtete die berechtigte Abneigung Conrads gegen den Stellungskordon mit seiner gleichmäßigen Kräfteverteilung. In der Folge gelang es freilich weder ihm noch einem anderen Heerführer, sich von den Fesseln des Stellungskrieges frei zu machen.

Zu einem Beschlüsse über diese Frage kam es in Oppeln nicht1). Auch über die Verwaltung der okkupierten Teile Polens wurde gesprochen. Falkenhayn glaubte, daß die Truppenbereiche die Grenze zu bilden hätten, überdies aber die Kreise von Bendzin und Czenstochau in deutscher Verwaltung zu belassen wären. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden2).

Die k.u.k. Heeresleitung gab nunmehr am 20. Dezember spät abends zur Fortführung der Operationen Richtlinien aus. Das Hauptgewicht wurde nach wie vor auf die beiderseitige Umfassung des russischen Heeres gelegt, von Norden her durch die deutsche 9. Armee, die sich hiezu den Ausgangsraum wohl erst erkämpfen mußte, und von Süden her durch die 3. Armee. Erzherzog Joseph Ferdinand, Dankl und Woyrsch hatten sich vorläufig zu behaupten und nur anzugreifen, wenn der Feind vor ihnen Kräfte abzog. Wieder dachte Conrad daran, den rechten Flügel der

3. Armee, wenn sich die Lage günstig entwickelte, auf einer weiter östlich gelegenen Linie vorrücken zu lassen, um Przemyśl zu entsetzen und damit eine verläßliche Karpathensicherung zu erreichen. Noch immer blieb aber das AOK. im ungewissen, ob die Russen auf ihrem vermeintlichen Rückzuge hinter den San nicht doch nur vorübergehend Front machten3). In einem tags darauf an den Minister des Äußern gerichteten Schreiben4)

x) In Oppeln wurde auch über die Besetzung des Negotiner Kreises in Serbien verhandelt, wodurch die Munitionsversorgung der Türkei sichergestellt werden sollte.

2)    Es handelte sich vornehmlich um das Kohlen- und Industriebecken von Bend-zin-Dąbrowa. Am 10. Januar 1915 wurde in Posen von den Verbündeten beschlossen, dieses Gebiet zu teilen, um eine beiderseitige Auswertung zu ermöglichen.

3)    Conrad, V, 832.

4)    Ebenda, V, 852 ff.

schilderte der Chef des Generalstabes die Gesamtlage in nicht erfreulichem Lichte. „Alle Kriegführenden sind einander gegenüber festgefahren, so daß die Lage eine stationäre ist, woran die täglichen lokalen Kämpfe wenig ändern ..Er halte einen Erfolg nur im Raume östlich von Tomaszów möglich, wozu aber der Einsatz von mindestens sechs deutschen Divisionen erforderlich sei.

Während GdI. Conrad auf diese Weise den Feldzug bis zur Niederwerfung des feindlichen Heeres fortführen wollte, sann man im russischen Lager über neue Pläne, um den Entscheidungskampf westlich von der Weichsel und dem San wieder aufnehmen zu können.

Gen. Rußki hielt seine Armeen nicht mehr für stark genug, den Angriffen der Deutschen hinter der Rawka und der Bzura standzuhalten und wollte daher bis in die „Warschauer Vorstellung“ zwischen Nowo Georgiewsk und Góra Kalwar ja zurückgehen1), wobei er überdies von der Sorge um den schon immer erwarteten Vorstoß des Gegners von Mława her erfüllt war. Das deutsche Korps Graudenz hatte die auf dem rechten Weichselufer operierenden Flügelgruppen der russischen 1. Armee anfangs Dezember wieder auf Sierpc, Ciechanów und Przasnysz zurückgedrückt, mußte jedoch in der Monatsmitte infolge des Eingreifens von russischen Verstärkungen abermals gegen die westpreußische Südgrenze ausweichen. Aber Rußki hatte in diesen Tagen alle Zuversicht verloren, denn die Offensive seiner 10. Armee war in Ostpreußen an der Angerapp und an den Masurischen Seen festgelaufen, auch traute er seinen Streitkräften in Polen keine Kampfkraft zu, ehe ihre Gefechtsstände wieder aufgefüllt waren.

Dagegen wollte der Großfürst-Generalissimus seinen großen Einbruchsplan nach Deutschland noch immer nicht aufgeben. Er bemühte sich, die Lage der Nordwestfront durch einen Gegenschlag mit den an der Pilica und Bzura versammelten Armeen — 4., 5., 1. — wiederherzustellen. Ohne Iwanows Einspruch zu beachten, ordnete er am 16. Dezember die Verlegung der Garde von der 9. Armee in die Gegend von Siedlec an, wo sie zur Verfügung der Stawka zu stehen hatte. Ende Dezember sollte zu dieser Reserve noch das IV. sib. Korps hinzutreten. Außerdem schob er die 3. turk. SchBrig. von Brest-Litowsk mit der Bahn nach Warschau zur Verstärkung der Nordwestfront heran. Trotzdem bestand Rußki am 17. auf dem weiteren Rückzug. Gab ihm nun das Höchstkmdo. nach und gingen die Nordwestarmeen auf Warschau zurück, dann riß der Zusammenhang der beiden Heeresfronten und Iwanow wäre genötigt

gewesen, die Nidalinie preiszugeben sowie mit der 4. und der 9. Armee gegen Iwangorod zu weichen. Er erhob daher beim Großfürsten eindringliche Gegenvorstellungen, denn die Behauptung der Nida zur Deckung der Flanke der galizischen Armeen war die Voraussetzung für die Aufnahme des Entscheidungskampfes gegen das öst.-ung. Heer. Und abermals siegte Iwanow im Meinungsstreite der beiden Frontbefehlshaber. Nikolai Nikolajewitsch wies Rußki an, mit der 2. und der 5. Armee an der unteren Bzura stehen zu bleiben, während der 4. und der 9. befohlen wurde, die Linie Lubocz (an der Pilica westlich von Nowe Miasto)—Opoczno—Radoszyce, die Łososina und die Nida zu behaupten, wobei die rechte Flanke der

4. Armee zugleich durch einen kräftigen Gegenstoß gesichert werden sollte.

Beginn der russischen Gegenoffensive in Galizien (21. bis 24. Dezember)

Hiezu Beilage 27 von Bd. I und Beilage 3

Der 21. Dezember wurde zum Wendepunkt für die Operationen südlich der Weichsel. Bisher konnten die Angriffssäulen des GdI. Boroević nach Überschreitung des Hauptkammes der Karpathen nur auf dem Westflügel zusammenhängende, wenn auch dünne Gefechtsfronten bilden, dagegen bewegten sich die einzelnen Gruppen der Armeemitte und namentlich des Ostflügels nur in ziemlich loser gegenseitiger Fühlung. In dem Maße, als Iwanow allmählich seinen Abwehrwall gegen Süden neu errichtete, erwies sich die Kampfkraft der k.u.k. 3. Armee nicht mehr ausreichend, um den entscheidenden Nordstoß fortzuführen. Am 21. begannen die Russen ihre Gegenoffensive, und zwar das XXI. Korps im Mündungswinkel der Biała, das komb. Korps Sacharow auf Gromnik— Biecz, anschließend daran das X. bis Jodłowa und das XXIV. sowie das XII. bei Jasło und im Abschnitt östlich davon. Gegenüber der Erzherzogsarmee hatte Gen. Schtscherbatschew die Dunajeclinie zu behaupten1).

Aber auch hier kam es am 21. zu heftigen Kämpfen, denn dieser russische Führer wollte seine Aufgabe in offensivem Sinne lösen. Er warf etwa drei Bataillone nördlich von Radiów über den Fluß, stieß aber hier auf den erfolgreichen Gegenangriff von Křiteks 82.HIBrig. Da ihm die Auslösung des k.u.k. XI.Korps nicht entging, ließ er seine 5.ID. gegen

1) Über das VIII. Korps fehlen bei Nesnamow, III, 23 f Angaben. Auch die von Brussilow beabsichtigte Verwendung (S. 47) scheint abgeändert worden zu sein. Vermutlich rückte es aus seinem Versammlungsraum bei Pilzno zwischen Wisłoka und Wisłok vor, denn später tauchte es im Raume bei Jasło zwischen dem X. und dem XXIV., mit einer Division auch bei Dukla auf.

Radiów und südlich davon losstürmen und brachte die 8. und die 3.ID. der Gruppe Fabini vorübergehend ins Wanken. Auch die 47. RD. hatte sich seiner Angriffe zu erwehren. FZM. Ljubicić trat wohl mit der

11. ID. unbehelligt den Abmarsch nach Süden an; doch verzögerte sich unter dem heftigen russischen Feuer die Ablösung der 30. ID., so daß die 88. KSchBrig. für alle Fälle bei Radiów angehalten werden mußte. Trotz des am 22. weitertobenden Kampfes festigte sich aber doch die öst.-ung. Front und die Kaiserschützen konnten am Nachmittag ihrem Korps nachrücken.

Heißer wogte der Kampf im Bialamündungswinkel. Nach Ablösung des VI. Korps (45. SchD. und 39.HID.) durch die Gruppe FML. Schmidt-Georgenegg (86. SchBrig. und Teile der komb. IBrig. Reymann) stürzten sich die Russen mit voller Wucht auf ihren neuen Gegner und drängten ihn ein Stück zurück. In aller Eile wurde eine Brigade der 6. KD., die Polenlegion und der Rest der komb. IBrig. Reymann zu Hilfe gesandt. Beim 4. Armeekmdo. plante man, Schmidt äußerstenfalls auf die westlichen Uferhöhen des Dunajec zwischen Zakliczyn und Wojnicz zurückzunehmen und das zunächst zur Hand befindliche XI. Korps, rechts von Schmidt, umfassend in den Kampf eingreifen zu lassen.

Auch in Teschen wurden die Ereignisse an der Nahtstelle der 3. und der 4. Armee aufmerksam verfolgt. Erzherzog Joseph Ferdinand wurde am 22. mittags beauftragt, im Einvernehmen mit Boroević einen russischen Durchbruch zu verhüten und zu diesem Zwecke selbst anzugreifen. Das 4. Armeekmdo. übertrug dem FZM. Ljubicić den Befehl im Abschnitte zwischen dem Dunajec und der Biała, wobei zu seinem XI. Korps außer der Gruppe Schmidt noch die 6. KD. zu treten hatte; Roth sollte mit seiner schweren Artillerie1) den Angriff des Feldzeugmeisters unterstützen. Hiedurch war aber jetzt das XI. Korps (6500 Feuergewehre) von seiner Bestimmung zur 3. Armee abgelenkt. Ljubicić verstärkte mit einer Brigade die in verlustreiches Ringen verstrickten Truppen Schmidts und stellte im Sinne einer vom AOK. gegebenen Anregung seine Hauptkraft in die Staffel rechts hinten für den umfassenden Angriff bereit.

Das VI. Korps (10.300 Feuergewehre) begann am 21. sofort nach seiner Ablösung unter dem Schutze der beiderseits von Tuchów kämpfenden Gruppe Szurmay den Abmarsch an den Ostflügel der 3. Armee, mußte aber eine gemischte Abteilung bei Szurmay zurücklassen. Am Morgen

x) Die schwere und mittlere Artillerie der Gruppe Roth, einschließlich der aus der Festung Krakau zugeschobenen, stand geteilt westlich von Wojnicz und bei Radłów.

dieses Tages drängten die Russen das IX. Korps auf die bewaldete Höhenkette südlich von Ryglice zurück, wodurch auch die komb. HID. Kornhaber genötigt war, ihren rechten Flügel abzubiegen. Um das geschwächte Korps zu unterstützen, hielt Boroević die im Marsch nach Osten bis Biecz gelangte ll.HKD. (S. 51) an und wies sie an die Befehle Králičeks.

Am 22. hatte sich Szurmay unter ansehnlichen Verlusten russischer Anstürme zu erwehren und auch das IX. Korps wurde wieder hart vom Feinde bedrängt. Im Hinblick auf seine zusammengeschmolzenen Stände und den ungünstigen Gefechtsverlauf beim benachbarten III. Korps nahm FML. Králiček den rechten Flügel, die 10. ID., auf die Höhen südlich von dem Straßenstück Olpiny—Olszyny zurück. Unterdessen marschierte das VI. Korps mit der 45. SchD. von Gromnik gegen Biecz und mit der 39.HID. von Ciężkowice gegen Zagórszany. Starker Gefechtslärm scholl von Norden herüber. Eben hatte sich FML. Arz entschlossen, die 45. SchD. zur Entlastung der 10. ID., in deren Reihen bereits die 11. HKD. focht, einzusetzen, als der Befehl des 3. Armeekmdos. einlangte, mit dem ganzen VI. Korps über Olszyny in die Flanke des Feindes zu stoßen. Die hiezu notwendige Gruppierung beanspruchte den Rest des Tages.

Auch das III.Korps, dessen drei Divisionen (6., 28.ID. und 22.SchD.) insgesamt 10.200 Feuergewehre zählten, mußte am 21. dem übermächtigen Drucke des Feindes nachgeben und zog während der Nacht in eine Stellung beiderseits von Jasło ab. Die 4. KD. trat aus dem Befehlsbereiche des

VII. Korps und schloß an den rechten Flügel des III. an.

Boroević sah nun alle seine Pläne durchkreuzt, weil die für die Rechtsverschiebung bestimmten Armeekörper in den Strudel der schweren Abwehrkämpfe seines Westflügels hineingezogen worden waren. Die 86.Sch-Brig. und das XI. Korps steckten zwischen der Biała und dem Dunajec; das VI. mußte dem IX. beispringen, dem schon die ll.HKD. zu Hilfe geeilt war. An eine Verwendung dieser Kräfte auf dem Ostflügel war vorläufig nicht zu denken. In Anpassung an die neue Lage und in Ausnützung der in der Not der Stunde entstandenen Gruppierung beschloß der Armeeführer nunmehr am 22. nachmittags, zwischen der Biała und der Wisłoka vorzustoßen und den Feind bei Tarnów kräftig anzupacken. In Teschen wurde dieser Plan gutgeheißen, die von Boroević geforderte Heranziehung des XI. Korps jedoch nicht bewilligt; dafür ordnete das AOK. an, daß sich die 4. Armee der neugeplanten Offensive nach Maßgabe ihres Fortschreitens anzuschließen habe; das Unternehmen des Ostflügels der 3. Armee war bis zum Herankommen des X. und des XVIII. Korps aufzuschieben.

Mittlerweile bildeten sich am 21. beim VII. Korps drei Kampfgruppen: links am weitesten voraus die 17. ID., die zwar auf Frysztak nicht durchzudringen, sich aber immerhin zu behaupten vermochte. In der Mitte mußten die 20. HID. und die 680 Reiter starke 5.HKD. in eine kürzere Front zurückgenommen werden. Zur Rechten vereinigte sich die 10. KD. in der Gegend bei Besko mit der von Krautwald zugeschobenen 1. KD. und dem Detachement Mjr. Zeiss. Der Erzherzog Joseph beabsichtigte, die 17. ID. angesichts der drohenden Umfassung des rechten Korpsflügels zur Sicherung des Duklapasses nach Süden zu verschieben; doch verlangte das 3. Armeekmdo. ein weiteres Ausharren und wies auf die binnen vierundzwanzig Stunden zu gewärtigende Einwirkung der 24. ID. des

X. Korps hin. Der Widerstandskraft des VII. Korps war aber am 22. wegen der unaufhörlichen Gefechte nicht mehr viel zuzumuten. Immer offenkundiger trat die Absicht des Feindes hervor, das Korps von seinen über den Duklapaß laufenden Verbindungen gegen Westen abzudrängen. Der Raum bei Krosno konnte nicht länger gehalten werden. Die 17. ID. ging westlich von der Stadt hinter die Jasiolka zurück, die 20. HID., in deren Linien die Russen eingebrochen waren, zog mit der 5. HKD. in der Nacht zum 23. gegen den Ort Dukla ab. Die rechte Flügelgruppe kämpfte tagsüber mit feindlichen Kräften, die aus östlicher und nordöstlicher Richtung anrückten x); sie wich schließlich aus der Gegend bei Rymanów nach Deszno zurück. Diese Geländepreisgabe war dem 3.Armeekmdo. höchst unerwünscht, denn das VII. bildete den Eckpfeiler für den Einsatz des X. Korps. Boroević mahnte zum Standhalten, worauf der Erzherzog Joseph die von GM. Peteani befehligte Gruppe bei Deszno (1. und 10. KD. sowie Detachement Mjr. Zeiss) anwies, am 23. wieder vorzugehen. Weiter östlich rückte FML. Krautwald am 22. auftragsgemäß aufs neue in der Richtung auf Lisko vor. Da der Feind Kräfte gegen das VII. Korps abgezweigt hatte und diese Verschiebungen noch andauerten, gewann Krautwalds Angriff rasch Boden. Nunmehr hing das Gelingen der Operation auf dem Ostflügel von der zweckmäßigen Verwendung der Truppen des X. und des XVIII. Korps ab, deren Antransport in vollem Gange war.

Während sich die Lage bei der 3. Armee zuspitzte, konnte bei der

4. und der 1. der neuerlich aufgenommene Plan eines gemeinschaftlichen Unternehmens der inneren Flügel wieder nicht verwirklicht werden. Die Gruppe Martiny (14. ID. und Landsturmgruppe FML. Kletter) wurde

x) Vermutlich waren es Teile der 60. RD., die von Sanok westwärts vordrangen, und die 2. komb. KD., die das Gefechtsfeld von Nordosten her betrat.

selbst knapp nördlich von der Weichsel von den Russen angegriffen und Křitek mußte alle verfügbaren Kräfte zur Beteiligung an den bei Radłów andauernden Kämpfen des linken Flügels der Gruppe Roth verwenden.

Die Bereitstellung des XI. Korps für den Gegenangriff (S. 59) verzögerte sich. Das 4. Armeekmdo. befahl auf Grund einer vom AOK. gegebenen Anregung, FZM. Ljubičič habe den Feind zuerst gegen Nord zurückzuwerfen, sodann den Stoß unter gleichzeitiger Rechtsschwenkung

— rechter Flügel gegen Pleśna — fortzuführen und die Russen über die Biała zu drängen. Roth sollte hierauf weiter unterhalb ebenfalls das Westufer gewinnen und seine schwere Artillerie östlich vom Dunajec gegen die entscheidende Gorskiehöhe ins Feuer bringen.

Demgemäß arbeiteten sich die Truppen des FZM. Ljubičič mühsam bis zum 24. nachmittags eine kleine Strecke vorwärts. Doch zu einer weiteren Ausführung des nicht ganz einfachen Gefechtsplanes kam es nicht. Gerade jetzt wich die Nachbargruppe Szurmay der 3. Armee aus ihrem westlich von Tuchów gelegenen Stellungsteile zurück und Ljubičič mußte unterstützend eingreifen. Schon tags vorher war diese Krise vorausgesehen worden, denn die 38. HID. hatte schwere Verluste erlitten und die Artilleriemunition ging zur Neige. Das 3. Armeekmdo. ermächtigte Szurmay auf seine Bitte hin, seine Truppen beiderseits der Biała etwa bis halben Weges zwischen Tuchów und Gromnik im engen Anschluß an die südlich von Ryglice stehende 26. SchD. zurückzunehmen. Diese Division wurde Szurmay am Abende des 23. unterstellt.

Das VI. Korps war (S. 60) vom FML. Arz zu einem Flankenstoß bereitgestellt worden, um die 10. ID. zu entlasten, worauf sich diese und die

6. ID. des III. Korps dem Angriffe anschließen sollten. Mit nordostwärts gewendeter Front drang das Korps Arz am 23. anfangs fließend mit dem rechten Flügel nördlich von Ołpiny, mit dem linken über den Dobrolyn vor. Als aber die Höhengruppe über den schützenden Bereich der 26. SchD. hinausgelangte, stürzten sich die Russen auf deren offene Flanke und drängten sie bis zu der erwähnten, die Umgegend beherrschenden Waldkuppe zurück. Die Gruppe FML. Králiček (jetzt 6. und 10. ID.) unterstützte Arz im harten, Wechsel vollen Gefechte; schließlich wurde aber die ihrem rechten Flügel angegliederte 43. SchBrig. des III. Korps von den weiter östlich spielenden Ereignissen in Mitleidenschaft gezogen und zur Bildung eines Abwehrhakens genötigt. Ein starker russischer Angriff gegen Jasło hatte nämlich den GdI. Colerus veranlaßt, in einem Zuge bis auf die Höhen beiderseits von Żmigród auszuweichen. Er begründete diesen Entschluß später damit, daß die 17. ID. des VII. Korps den Rück-

zug angetreten habe; der Feind konnte nunmehr seinen rechten Flügel (4. KD. und Teile der 28. ID.) von Nordosten her bedrohen, wodurch auch die Verbindung mit Żmigród aufs äußerste gefährdet gewesen sei.

Noch ohne Kenntnis der Gründe, die den Korpsführer zu einem Rückzuge auf beinahe einen Tagmarsch bestimmt hatten, befahl das 3. Armeekmdo., darüber ungehalten, für den nächsten Tag die Wiederherstellung der Front, die sowohl links zur Gruppe Králiček, als auch rechts zum VII. Korps bedenkliche Lücken aufwies.

Der Morgen des 24. brach an. Colerus schickte sich eben an, seine drei Infanteriebrigaden und die 4. KD. neuerlich in nordöstlicher Richtung vorzuführen, als frische, auf ein bis zwei Divisionen geschätzte feindliche Kräfte zwischen der Wisłoka und der Jasiołka vorbrachen und das

III. Korps zwangen, bis auf die Höhen südlich von Żmigród zurückzugehen. Es war ein Unglückstag. Statt den geplanten Flankenstoß zu führen, blieb das VI. Korps mit seinen ermüdeten und ungenügend ernährten Truppen an die allgemeine Frontlinie gebannt. Da die Russen ihre Stöße gegen die Gruppe Králiček fortsetzten und zur Zurücknahme der 6. ID. und der 43. SchBrig. nötigten, erhielt FML. Arz den Befehl, sich in der Abwehr zu behaupten und verfügbare Kräfte über Biecz zu Králiček abzuschicken, der mit diesen die zum III. Korps klaffende Lücke ausfüllen sollte.

Dieser Frontriß erweckte in Bartfeld lebhafte Besorgnisse, denn der Feind konnte jetzt über Jasło ungehindert durchstoßen. Der Armeeführer bat daher in Teschen und Okocim um Truppenzuschub, um die vom VI.Korps bei der 4. Armee zurückgelassene gemischte Abteilung (S. 59) und wenigstens um die 88.KSchBrig. des ursprünglich für ihn bestimmten

XI. Korps. Die Antworten lauteten nicht tröstlich. Das XI. Korps könne erst nach dem Kampfergebnis im Mündungswinkel der Biała und nur mit Teilen nach Biecz dirigiert werden, sobald es Roth gelungen sei, das östliche Dunajecufer zu gewinnen. Um doch einigermaßen auszuhelfen, hatte die 5. KBrig. der 6. KD. ohne Verzug den Marsch nach Biecz anzutreten.

Boroević konnte sich nicht verhehlen, daß nunmehr auch der Plan eines Vorstoßes zwischen Wisłoka und Biała gescheitert war.

In Teschen waren am 23. Dezember die letzten Zweifel darüber geschwunden, daß sich die Russen westlich der Weichsel und des San zum Entscheidungskampfe stellten. Um sie über diese Flußläufe zurückzuwerfen, fehlte es an Kräften. Da vom Kriegsschauplätze in Frankreich keine weiteren Divisionen abgegeben wurden, konnte sich der Feind von seinen Niederlagen bei Łódź und Limanowa-Łapanów erholen1).

Am 24. wurde fast an der ganzen Ostfront gekämpft. Wohl hatte der Papst schon Anfang Dezember angeregt, die für die Christenheit bedeutungsvolle Heilandsfeier bei vollständiger Waffenruhe zu begehen; doch lehnte Rußland ein solches Zugeständnis aus militärischen Gründen ab.

Das Eingreifen des X. Korps auf dem rechten Flügel der 3. Armee und die Angriffe Pflanzer-Baltins bis zum 25. Dezember

Hiezu Beilage 3 sowie Skizzen 1 und 2

Mit höchster Spannung wurden in Teschen und Bartfeld die Vorgänge an der Linie Krosno—Mezölaborcz und ösüich von ihr verfolgt; gab man sich doch der Hoffnung hin, daß durch den Einsatz des X. und des XVIII. Korps zur Rechtsumfassung der Russen der unterbrochenen Offensive der 3. Armee ein frischer Impuls verliehen werde und daß die Früchte des Sieges bei Limanowa-Łapanów vielleicht doch noch voll geerntet werden könnten.

Zuerst trat das X. Korps1) auf den Plan. Die 24. ID. wurde als erste Staffel bis zum 20. Dezember bei Mezölaborcz ausgeladen und marschierte noch an diesem Tage über den Lupkowpaß vor, aber gleich die ersten Schritte des mittelgalizischen Korps vollzogen sich unter kräfteverbrauchenden Reibungen. FML. Krautwald, vom 3. Armeekmdo. beauftragt, die Versammlungsmärsche bis zum Eintreffen des Korpsführers, GdI. Hugo Meixner, zu regeln, wußte nach den erhaltenen Weisungen, daß die beiden mit der Bahn einlangenden Korps auf das rechte Sanufer auszugreifen hatten und dirigierte daher die zuerst ausgeladene 47. IBrig. gegen Wola Michowa. Unter dem Zwange der Umstände wollte Boroević aber jetzt das X. Korps in die breite Lücke zwischen den Gruppen Erzherzog Joseph und Krautwald vorgeführt wissen und befahl am 21. mittags, daß die 24. ID. am selben Tage so weit wie möglich gegen Bukowsko vorzurücken habe, um bei Sanok einzugreifen. Die nachfolgende 2. ID. sollte sich vorerst bei Komańcza-Palota versammeln. Schon war aber die 47. IBrig. nach Wola Michowa abgeirrt. So erreichte die 24. ID. mit sehr ermüdeten Truppen erst am 22. Bukowsko. Für den kommenden Tag wurde dem X. Korps befohlen, mit der 24. ID. in den Rücken des dem VII. Korps gegenüberstehenden Feindes zu stoßen; von

x) Für die Darstellung der Ereignisse beim X. Korps wurde, wie in früheren Teilen dieses Werkes, eine unveröffentlichte Studie des FML. Kralowetz, damals Generalstabschef dieses Korps, verwertet.

der 2. ID. sollten alle nördlich vom Beskidpaß befindlichen Teile (IR. 40) der 24. nachgesendet werden, während das Gros der 2. ID. bei möglichst zeitlichem Aufbruche über Jaśliska gegen Rymanów unmittelbar zur Unterstützung des VII. Korps einzugreifen hatte. Die beiden Korps wurden nicht unter einheitlichen Befehl gestellt.

Der Kampf des VII. Korps am 22. hatte mit dem Abzüge erheblicher Teile gegen den Ort Dukla geendet (S. 61). Am folgenden Morgen erging aus Bartfeld der Befehl, das Korps habe den gegenüber befindlichen Feind imbedingt zu binden, damit sich der Stoß der 24. ID. in den Rücken der Russen möglichst wirkungsvoll gestalte. Der Verlauf des 23. entsprach jedoch den Wünschen des Armeekmdos. keineswegs. Der Feind warf sich auf die isolierte 17. ID. und nötigte sie zum Rückzuge in den Raum nordöstlich von Dukla; bei dem Orte selbst waren die 20. HID. und

5. HKD. nach ihrem nächtlichen Marsche zu früher Stunde eingetroffen. Die Gruppe GM. Peteani (1. und 10.KD., Detachement Mjr. Zeiss) ging von Deszno nach Królik-Polski zurück.

Dadurch wurde es den Russen leicht gemacht, Teile ihrer 69. RD. gegen Osten abzudrehen und eine schirmende Wand gegen die 24. ID. aufzurichten. Diese Division trat von Bukowsko her bei Odrzechowa ins Gefecht. In Anbetracht der offenen Nordflanke und der steten Gefahr einer Rückenbedrohung aus der Richtung von Sanok zögerte der Divisionär, den Stoß gegen Rymanów weiterzuführen, da er auch über die Vorgänge beim VII. Korps noch völlig im ungewissen war. Die Vorrückung der Division stockte schon östlich von Odrzechowa. Das Gros der 2. ID. marschierte gegen Jaśliska. Krautwald hatte neuerlich Raum gewonnen und warf am 24. den Feind in dessen letzte Stellung südlich vom San zurück.

Für diesen Tag wurde dem X. Korps vom 3. Armeekmdo. aufgetragen, seine getrennten Teile in der Richtung auf Rymanów im Angriff zusammenzuschließen, die 24. ID. über Odrzechowa von Osten und die

2. ID. von Süden her. Die geplante Zangenwirkung kam jedoch nicht zustande, weil sich das schwache Gros der 2. ID. damit begnügen mußte, bei Królik-Polski hinter der Gruppe Peteani aufzuschließen. Als das von ihr gewärtigte Eingreifen ausblieb, ging die 24. ID., die sich dauernd im Rücken bedroht fühlte, nach Bukowsko zurück. Damit war die Klammer geöffnet, die unter einem Unstern begonnene Operation des X. Korps eigentlich schon jetzt gescheitert.

Am 25. wurde noch ein Versuch gemacht, die Dinge einzurenken. Erzherzog Joseph, dessen Korps am Vortage von den Russen nicht belästigt worden war, beschloß, den von GdI. Meixner angeordneten AnH    5

griff der 2. ID. auf Rymanów zu unterstützen und sammelte hiezu eine starke Reserve hinter seinem rechten Flügel. Meixner hoffte, auch die 24. ID. von Bukowsko aus wieder vorwärts zu bringen; Boroević verlangte deren sofortigen Angriff. Um die Mittagsstunde traten aber gleichzeitig bei Dukla und Bukowsko Krisen ein, die den Fehlschlag der ganzen Aktion besiegelten. Ehe noch das VII. Korps und die 2. ID. ihre Vorrückung begonnen hatten, stieß der Russe gegen Dukla vor. Der Ort ging verloren; die hartgeprüften Truppen wichen auf die Höhen südlich und südöstlich vom Dorfe. Die 2. ID. hielt aus diesem Grunde und wegen der Annäherung feindlicher Abteilungen gegen den eigenen rechten Flügel ein Vorgehen umso weniger für angezeigt, als sich überdies die beiden gänzlich erschöpften Reiterdivisionen Peteanis anschickten, auf Weisung des 3. Armeekmdos. über den Duklapaß in Erholungsquartiere abzumarschieren. Die 24. ID. wurde bei Bukowsko überfallen. Im dichten Nebel versagte die Gefechtsführung, die Truppen fluteten zurück und wurden erst bei Kulaszne gesammelt, wo der linke Flügel Krautwalds der erheblich geschwächten Division eine Stütze gewährte.

Der Verlauf des 25. zerstörte somit alle Hoffnungen darauf, daß das X. Korps einen Umschwung herbeiführen werde. Nunmehr bildete das drei Brigaden starke XVIII. Korps, FML. Tschurtschenthaler, für die Armeeführung den letzten Trumpf im blutigen Spiele.

Inzwischen war die rechts benachbarte Armeegruppe nicht untätig geblieben. GdK. Pflanzer-Baltin hatte sich am 15. (Skizze 1) entschlossen, dem FML. Hofmann zum Wiedergewinn der verlorenen Stellungen an der galizischen Grenze zu verhelfen. Hiezu sollte die Armeegruppe unter doppelter Umfassung des Feindes angreifen. Von der 52. ID. wurden drei Bataillone und zwei Batterien mit der Bahn zum Obst. Csermák geschoben, der sich dann des Uzsokpasses zu bemächtigen hatte. Durski wurde angewiesen, als rechter Zangenhebel gegen Nordwesten vorzudrücken, worauf Hofmann die Vorrückung gegen Nordosten anzutreten, Haller auf Zielona und Schultheisz wieder gegen Uście Putilla vorzustoßen hatten. Da sich aber die Russen bei Vezérszállás in letzter Zeit völlig untätig verhielten, wollte der Armeegruppenführer das Schwergewicht des Unternehmens gegen den Uzsokpaß legen und verfügte, daß Hofmann Kräfte dafür abgebe. Am 19. übernahm FML. Rónai-Horváth den Befehl über die verstärkte Gruppe Csermák mit dem Aufträge, am nächsten Tage mit zwanzig Bataillonen und neun Batterien den Kampf um diese wichtige Einfallspforte zu beginnen. Auch das Detachement Guilleaume arbeitete sich von neuem über Tiha gegen den Paß vor.

Bei Hofmann und Durski entbrannte der Kampf am 18. Dezember. Tags darauf drangen die 55. ID. in Vezérszállás und die 131. IBrig. in Almamezö ein; die rechte Flanke der Stoßgruppe schützte Durski. Bald aber erlahmte der gegen den Vereckepaß gerichtete Angriff aus Mangel an Reserven und wegen großer Verpflegsschwierigkeiten.

Da erweckte das Zuströmen der frischen Kräfte des XVIII. Korps im Ungtale beim GdK. Pflanzer-Baltin den Wunsch, wenigstens Teile für die Zwecke seiner Armeegruppe zu nützen. Angesichts der Besorgnis vor einem Rückschlag bei Hofmann erschien ihm die baldige Gewinnung des Uzsokpasses umso dringender. Dreimal drahtete er in der Nacht zum

22. nach Bartfeld, daß es angezeigt sei, der Gruppe Rónai-Horváth die zuerst ausgeladenen Staffeln des XVIII. Korps für den Angriff auf die Paßhöhen anzugliedern. Sobald die Russen vertrieben seien, werde er die Masse dieser Truppen dem 3. Armeekmdo. wieder zur Verfügung stellen und nur Teile von ihnen zu einem Vorstoße gegen Südosten über Libu-chora in Flanke und Rücken des gegenüber Hofmann stehenden Feindes verwenden. Boroević meinte jedoch, daß das XVIII. Korps, dem er nunmehr die Richtung über Baligród gegen Lisko zu weisen gedachte, hiedurch leicht von seiner Hauptaufgabe, der Offensive gegen Norden, abgezogen werden könnte. Da überdies Rónai-Horváth für dasi Unternehmen gegen den Uzsokpaß stark genug war, wurde der Vorschlag Pflanzer-Baltins abgewiesen. So marschierte das XVIII. Korps vom 23. an aus dem Ungtale über Takcsány und Cisna gegen Baligród.

Rónai-Horváth nahm trotzdem am 25. nach viertägigen Kämpfen das hartnäckig verteidigte Gebirgstor bei Uzsok und die braven Truppen Hofmanns wie Durskis behaupteten sich während dieser Zeit trotz der Befürchtungen des Armeegruppenführers und der harten ihnen auferlegten Entbehrungen gegen alle Angriffe der Russen.

Rückzug der 3. Armee gegen den Hauptkamm der Karpathen und Abwehrkämpfe des Südflügels der 4. Armee

(25. bis 27. Dezember)

Hiezu Beilage 3

Das Ungewitter des übermächtigen Ansturmes der Russen tobte gegen die ganze Front der 3. Armee weiter.

Wie vorausgesehen war, stieß der Feind am 25. Dezember über Jasło in die Lücke zwischen den Gruppen Colerus und Králiček hinein und griff dann von innen heraus die erschöpften und in ihren Reihen ge-

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lichteten Truppen mit solcher Heftigkeit an, daß ihre Widerstandskraft zerbrach und sich die ganze Front auflockerte. Králiček führte seine Gruppe gegen Biecz und in der folgenden Nacht mit Bewilligung des

3. Armeekmdos. in die Gegend nordöstlich von Gorlice zurück; ein Detachement deckte die rechte Flanke gegen die über Jasło vorgedrungenen Russen. Die vom FML. Arz auftragsgemäß (S. 63) zum Abmarsch gegen Biecz bereitgestellten Abteilungen waren aufgebraucht worden, als der Feind die kaum 1000 Feuergewehre starke 10. ID. Králičeks zu zertrümmern drohte. Arz hatte in der Nacht zum 25. den andrängenden Feind durch einen Gegenangriff abgeschüttelt, mußte aber, als am folgenden Nachmittag die Linien seiner 45. SchD. durchbrochen wurden, aller Reserven bar, bis knapp östlich von Olszyny zurückgehen. Wohl konnte sein linker Flügel an die Gruppe Szurmay gekittet werden, doch zwischen ihm und seinem Nachbar Králiček hatte sich eine neue Lücke auf getan.

Das 3. Armeekmdo. erhielt von allen Unterführern, mit Ausnahme von Krautwald, ungünstige Meldungen über die durch den übermächtigen Druck des Feindes geschaffene Lage. Bei der Artillerie herrschte empfindlicher Mangel an Munition. GdI. Boroević berichtete daher nach Teschen, daß es ihm nunmehr zweifelhaft zu sein scheine, mit dem X. und dem XVIII. Korps einen für die Gesamtoperation noch ins Gewicht fallenden Erfolg zu erzielen. Die verfügbaren Feuergewehre reichten für die ausgedehnte Front nicht aus. Die Armee müsse deshalb in eine kürzere Linie zurück und dort bis zur Auffüllung der Mannschaftsstände und der Artilleriemunition Widerstand leisten. Erst wenn möglichst starke Kräfte mit der Bahn an seinen rechten Flügel gefahren würden, ließe sich die beabsichtigte Operation wieder aufnehmen. Zunächst beantragte er die folgende Truppen Verteilung:

Die Gruppe FML. Krautwald, vermehrt um die 24. ID., hätte den Raum nordöstlich vom Lupkowpaß zu halten. Ein offensives Einsetzen des XVIII. Korps wäre ins Auge zu fassen. Weiters hätten die Deckung der nachstehend bezeichneten Einbruchswege über die Karpathen zu übernehmen: GdI. Meixner (2. ID., später durch die 1. und die 10. KD. verstärkt) Rymanów—Jaśliska—Mezölaborcz; das VII. Korps den Duklapaß; das III. Korps mit der 4. KD. Żmigród—Alsópagony; die Gruppe Králiček Gorlice—Zboró; endlich das VI. Korps Grybów—Bartfeld.

Das AOK. stimmte diesem Antrage nur zum geringsten Teile zu. Noch wollte der Feldherr auf seine Offensivpläne nicht verzichten. Dementsprechend sollten Tschurtschenthaler und Krautwald zuerst gegen Lisko—Sanok angreifen und hierauf das Gros der Armee Boroević durch einen Stoß in der Richtung gegen Rymanów entlasten. Die Vorschläge hinsichtlich des VII. und des III. Korps wurden genehmigt, dagegen konnte die 3. Armee nicht der Gefahr ausgesetzt werden, nach Süden abgedrängt zu werden. Die durch Schlesien und Mähren gegen Wien laufende Hauptverbindungslinie bedurfte ausreichender Deckung. Daher mußten die inneren Flügel der 3. und der 4. Armee fest aneinandergeschlossen werden. Aus diesem Grunde gliederte das AOK. die Gruppen Králiček, Arz und Szurmay in den Verband der Erzherzogsarmee ein und befahl, daß sie die Höhen beiderseits von Gorlice und die Gegend nördlich von Łużna-Gromnik festhalten sollten; die 13. SchD. war vom

4. Armeekmdo. an den rechten Flügel Králičeks zu verschieben, wohin auch entbehrliche Teile der Gruppe Szurmay zu gelangen hatten, um einem Einbrüche des Feindes in den Raum zwischen beiden Armeen zu begegnen. Nach der Festigung der Front waren die 6. und die 24. ID. wieder ihren Stammkorps zurückzugeben.

Das 3. Armeekmdo. gab um 10h nachm. seinen Unterführern bekannt, daß die Offensive vorläufig eingestellt sei und ermächtigte die Generale Krautwald und Meixner sowie das VII. und das III. Korps, falls der Feind drängte, bis auf den Hauptkamm der Karpathen zurückzugehen. Diese Erlaubnis sollte alsbald ungünstige Folgen nach sich ziehen.

Bei der 4. Armee kam die Gruppe Ljubičič im Mündungswinkel der Biała nicht vorwärts. Am 25. ging sie wohl neuerlich ein Stück gegen die Russenstellung vor, doch wurde am Abende ihre nächst des Dunajec fechtende Gruppe Schmidt vom Feinde zurückgedrückt. Das 4. Armeekmdo. wollte die bereits vom Südflügel Roths ausgelöste 13. SchD. i), die sich im Anmarsche gegen die Kriegsbrücke über den Dunajec unterhalb von Zakliczyn befand, dem FZM. Ljubičič zur Verfügung stellen. Auf Grund des spät abends einlangenden Befehles aus Teschen mußte jedoch die Division — die Infanterie im Wagentransport voran — über den Dunajec und über die Bialabrücke bei Gromnik zum FML. Králiček abrücken. Um sich für den wichtigen Südflügel neue Reserven zu schaffen, zog das 4. Armeekmdo. die 38. IBrig. und die 15. ID. Křiteks heran, so daß bei diesem nur die 37. IBrig. und die 82.HIBrig., insgesamt 9000 Feuergewehre, zurückblieben. Die 82. HIBrig. wehrte am 26. Vorstöße des Feindes ab, der unausgesetzt darnach trachtete, seinen Aktionsraum auf dem westlichen Dunajecufer zu erweitern.

*) Die 13. SchD. wurde durch Flügelstreckung der deutschen 47. RD. freigcmacht, wofür die Gruppe FML. Fabini (3. und 8. ID.) ein Frontstück auf dem Nordflügel der Deutschen übernahm.

Unaufhörlich wechselte die Lage. Am 26. begannen wuchtige Angriffe gegen Ljubičič, dessen 86. SchBrig. hiebei so große Verluste erlitt, daß aufs neue erwogen wurde, die ganze Gruppe bei Zakliczyn auf das wesdiche Dunajecufer zurückzunehmen. Damit wäre es aber ausgeschlossen gewesen, daß sich die von der 3. an die 4. Armee überstellten Kräfte an der Biała hätten halten können. Diese Gefahr wurde jedoch abgewendet. Die Regimenter klammerten sich zäh an die Höhe Wal; an der Standfestigkeit der Verteidiger prallten alle bis zum 27. abends fortgesetzten Anstürme des Feindes ab. Außerdem hatte das Armeekmdo. durch das Einsetzen der 38. IBrig. an den inneren Flügeln der Gruppen Ljubičič und Roth Hilfe gebracht.

Die Hauptsorge des 4. Armeekmdos. galt jetzt dem neuen Südflügel der Armee. Obgleich die Russen mit Teilen ihres X. Korps der Gruppe Králiček an der Straße Jasło—Biecz—Gorlice und südlich davon folgten, dabei den rechten Flügel (43.SchBrig.) zu umfassen und hiedurch offenbar einen Keil zwischen die beiden Armeen zu treiben suchten, gelang die Loslösung vom Feinde verhältnismäßig leicht. Die ll.HKD. und die halbe 6. KD. konnten sogar den ganzen Vormittag des 26. südlich von Biecz stehen bleiben. FML. Králiček zog seine Truppen geschickt aus der Umklammerung und vereinigte die Gruppe bis zum 27. beiderseits der Straße Gorlice—Grybów, mit der Mitte nächst dem Westrande von Gorlice und mit dem etwas vorgeschobenem rechten Flügel bei Sękowa. Dahinter sammelten sich die Reste der nur etwa 600 Gewehre zählenden, in ihrer Gefechtskraft verbrauchten 10. ID. Zum Glück traf an diesem Tage die allerdings nur 3000 Gewehre starke 13. SchD. ein; auch wurde die Vorrückung der Russen durch die infolge des Regens elende Beschaffenheit des Bodens verzögert.

Inzwischen schloß sich die Front auch nördlich von der Gruppe Králiček wieder zusammen, indem FML. Arz das VI. Korps in die Gegend Mszanka—Staszkówka führte und mit dem rechten Flügel der ihm jetzt untergeordneten Gruppe Szurmay feste Verbindung herstellte. Der Feind schob sich erst am 27. näher an die öst.-ung. Linien heran; sein mit starken Kräften unternommener Versuch, bei der 39. HID. durchzustoßen, endete mit einem Mißerfolge.

GdI. Boroević war über die Abtrennung erheblicher Teile seiner Armee wenig erfreut und legte dem AOK. dar, daß eine dauernde Schwächung von Übel sein würde. Ebenso wie die Erfolge der letzten Operation nur der Offensive seiner Armee zuzuschreiben seien, werde dies auch in Zukunft sein, weil die Verbindungen des Feindes von Ost nach West liefen und bei dem gegenwärtigen Zustande der Straßen und Wege doppelt empfindlich seien. Je weiter die 3. Armee gegen Süden ausweichen müsse, desto schwieriger werde die Lage der 4.; auch die Kaschau-Oderberger Bahn sei nicht ausreichend zu schützen, wenn sich die inneren Flügel der beiden Armeen voneinander entfernten. Seine Armee bleibe immer die entscheidende Staffel; erst wenn sie geschlagen worden sei, könne der Feind gegen Westen vorgehen.

Um auch seinerseits für die Sicherung der Lücke zur 4. Armee zu sorgen, verfügte GdI. Boroević, daß das III. Korps hinter seinen linken Flügel Reserven stelle und im Einvernehmen mit Králiček die Übergänge über die Magora decke. Weiter sollte das VII. Korps die 10. KD. über Bartfeld nach Tylicz und die 5. HKD. nach Zboró entsenden; beide Reiterdivisionen hatten nebst der Aufklärung die Verbindung mit dem Südflügel der Erzherzogsarmee aufrechtzuhalten, die 10. KD. überdies den Tyliczer Sattel zu sperren. Endlich wollte Boroević das von Pola anrollende SchR. 5 gegen die Nahtstelle vorführen.

In irrtümlicher Auslegung des vortägigen Armeebefehles (S. 69) gingen am 26. Dezember bei Tagesanbruch das III. und das VII. Korps noch weiter zurück; jenes zog nach Krempna ab, dieses beiderseits der zum Duklapasse führenden Straßen bis nach Tylawa. Für die Truppen war hiedurch nichts gewonnen; sie mußten im Freien lagern, da die Russen bei ihrem Rückzuge in der ersten Dezemberhälfte alle Ortschaften in Brand gesteckt hatten. Der Feind folgte dem Korps des Erzherzogs Joseph und bemächtigte sich am 27. abends, begünstigt durch Nebel und Schneegestöber, der Höhe südöstlich von Tylawa. Vergeblich bemühten sich Teile der 17. ID. und die 20. HID., den verlorenen Boden im Gegenangriffe wieder zu erstreiten.    .

Weiter östlich rückte am 26. die 2. ID., die auch mit der Sperrung des Jasieltales betraut war, unter Nachhutgefechten auf die Höhen südlich von Jaśliska ab; tags darauf brachte sie einen von den Russen bei Einbruch der Dunkelheit über diesen Ort geführten Angriff zum Stehen. Rechtzeitig hielt Boroevič den Abmarsch der 1. KD. in die Erholungsquartiere bei Felsö-vizköz an, so daß ihre 660 Reiter und 16 Geschütze zur. Verfügung der Gruppe Meixner blieben.

Durch den Rückzug der 24. ID. wurde ein Raum von etwa 16 km Breite beiderseits des Wisłok von eigenen Truppen entblößt. Das 3. Armeekmdo. wies daher schon am 25. abends das XVIII. Korps an, eine gemischte Abteilung zur Sperrung dieser Talfurche über Komańcza zu entsenden. Während das Korps am 26. und 27. gegen Baligród aufschloß, wurde die 24. ID. am erstgenannten Tage neuerdings von den Russen angefallen und zurückgeworfen. Krautwald war hiedurch gezwungen, den gegen Lisko schwer erkämpften Raum wieder preiszugeben und seine Gruppe in die Linie Baligród—Höhe Pasika (westlich von Komańcza) zurückzunehmen; er plante, am 28. von der Pasika aus mit starkem linken Flügel zum Gegenangriffe zu schreiten. Die nördlich von Baligród haltende 8. KD., gegen die feindliche Kräfte vorrückten, mußte durch einige Bataillone des XVIII. Korps verstärkt werden. Alle diese Vorgänge verzögerten die für den 27. vorgesehene Vorrückung Tschurtschenthalers und Krautwalds gegen Lisko—Sanok.

Die Ereignisse in Przemyśl und bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin bis zum Jahresschlüsse

Hiezu Beilage 3 sowie Skizzen 1 und 2

Ein wesentlicher Grund, warum GdI. Kusmanek den Ausfallskampf am 18.Dezember abbrach (S. 42), bestand darin, daß die russische 82.RD. auf der entgegengesetzten Seite des festen Platzes die Vorfeldstellung Na Górach—Batycze angriff und einige Vorteile errang. Der Feind wollte hiedurch offenbar seine Südfront entlasten, vielleicht auch den Vorübermarsch von Kräften verschleiern, die den San nördlich von Przemyśl überschritten und später gegen die Ostflanke des VII. Korps gewirkt haben mochten*). Teile der Festungsbesatzung mühten sich in verlustreichem Ringen vom 20. bis 22. ohne Erfolg ab, das verlorene Geländestück der Vorfeldstellung wieder zu erobern. Am 26. befahl das AOK. durch Funkspruch2) dem GdI. Kusmanek, die Vorrückung des Ostflügels der 3. Armee am kommenden Tage durch einen Ausfall gegen Südwesten zu unterstützen. Nun verzögerte sich aber das Unternehmen Tschurtschenthalers und Krautwalds um vierundzwanzig Stunden, wovon das Festungskmdo. jedoch nicht verständigt wurde, weil man es in Bartfeld für zweckmäßig hielt, daß der Ablenkungsstoß aus dem festen Platz heraus dem Angriffe des Ostflügels zeitlich voranging. Kusmanek setzte somit am

!) Vom 17. an beobachtete man aus der Festung die Märsche starker feindlicher Truppenkörper von Mościska gegen Radymno. Ob dies die von Iwanow erwarteten Verstärkungen (62. und 64. RD. der 7. Armee), die vereinigten Ersatzmannschaften der 3. und 8. Armee oder sibirische Truppenteile waren, läßt sich nicht feststellen.

2) Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß den Russen dieser Funkerverkehr kein Geheimnis geblieben ist und sie alle Depeschen zu entziffern gewußt hatten. Mjr. Stuckheil berichtet, daß Gen. Iwanow dem im März 1915 über Cholm in Kriegsgefangenschaft abgehenden Festungskommandanten versichert habe, er sei über alle Vorgänge im festen Platze stets genau unterrichtet gewesen.

27. aus dem südwestlichen Gürtelabschnitt fünfzehn Bataillone und dreizehn Batterien in Bewegung. Diese immerhin beträchtliche Kraftgruppe begegnete jedoch verschärften Abwehrmaßnahmen der Russen und vermochte gegen deren feste Linien nichts auszurichten. Zweifellos hatte bei den wackeren Besatzungstruppen die schwere Enttäuschung ob des beim Ausfall vor zehn Tagen erlittenen Mißgeschickes einen Niedergang der Stimmung herbeigeführt, der ihre Kampflust herabdrückte. Mit diesen leider ergebnislosen Gefechten endete die Offensivtätigkeit der Festung. Am Schluß des Jahres verfügte Kusmanek über einen Kampfstand von 83.700 Mann; er war somit numerisch stärker als jede einzelne der im freien Felde gegen Rußland kämpfenden k.u.k. Armeen; doch befanden sich darunter 69.000 Landstürmer.

Ebensowenig wie der letzte Ausfall der Besatzung von Przemyśl vermochte Pflanzer-Baltin dem Ostflügel des GdI. Boroević zu helfen. Zunächst wollte der Armeegruppenführer die Eroberung des Uzsokpasses durch ungesäumtes Vorrücken Rónai-Horváths über Turka ausnützen, dann hätte dessen Gruppe gegen Nordwesten aufzuschwenken und bei Lisko in den Kampf der 3. Armee einzugreifen gehabt. Indes war infolge der Erschöpfung der Truppen Rónai-Horváths der Höhepunkt des Erfolges bereits überschritten; nur schwächere Kräfte konnten über Libuchora in den Rücken des vor Hofmann stehenden Feindes abgezweigt werden (S. 67). Trotzdem rief Pflanzer-Baltin seine ganze Front für den 29. zum Angriffe auf. Hofmann sollte aufs neue vorgehen, Durski seinen Gegner kräftig anpacken und die 54. ID. ihren am 17. aufgegebenen Vorstoß gegen Uście Putilla wiederholen, wobei das Detachement GM. Schüler vom Kopilas über Szybeny einzugreifen hatte; endlich wurde Obst. Fischer beauftragt, an den Kl. Sereth vorzurücken.

FML. Rónai-Horváth ging am 28. und 29. langsam gegen die Höhen bei Borynia vor, wurde aber an den beiden folgenden Tagen von überlegenen Kräften angegriffen und bis knapp an den Paßausgang zurückgedrängt. Er beabsichtigte, seine hart mitgenommenen Bataillone am Neujahrstag unmittelbar hinter die Gebirgspforte zurückzuführen, um ihnen eine Erholungsfrist zu gewähren. Schon am 29. hatte die Heeresleitung mit Rücksicht auf die Ereignisse bei der 3. Armee befohlen, den Uzsok-paß wohl festzuhalten, aber von einer weiter reichenden Unternehmung abzusehen. Auch Hofmanns 55. ID. konnte nicht durchdringen; das von Rónai-Horváth verstärkte Detachement Guilleaume erschien zwar am 31. in der Flanke und im Rücken des Feindes, wurde jedoch durch frische, im Fuhrwerkstransport herangebrachte russische Abteilungen an weiterer

Tätigkeit gehindert. Seit Obstlt. Haller am 17. bei Zielona den Feind zurückgeworfen und die Stellung bei Rafailowa wieder bezogen hatte, ereignete sich dort und am Tatarenpaß nichts Bemerkenswertes. Befehls-; gemäß schob Obst. Fischer am 28. Vortruppen bis an den Kl. Sereth; an den beiden letzten Tagen des Jahres mußte er aber wieder dem feindlichen Drucke nachgeben1).

Immerhin wagte der Russe gegenüber der Armeegruppe keinen weiteren Angriff.

Erwägungen und Anordnungen der Führer auf beiden Seiten (27. bis 28. Dezember)

Hiezu Beilage 3

Am 27. Dezember waren die Russen an der Grenze ihrer Angriffskraft angelangt. Sie durften sich rühmen, die schwere Gefahr abgewendet zu haben, die ihnen aus dem Vordringen der Armee Boroević gegen die Straße Tarnów—Rzeszów erwachsen war. Nunmehr hatten sie es nicht mehr nötig, ihren Rückzug bis hinter den San und die Weichsel fortzusetzen. Um die Erneuerung der Schlagkraft seines Heeresteiles abzuwarten, beschloß Iwanow, den Angriff einzustellen. Er befahl am 27. Dezember2), daß die 3. und die 8. Armee die Verfolgung nur mit Vorhuten fortzusetzen hätten, damit — wie sich Iwanow hochtönend ausdrückte — die Auflösung des Gegners vervollständigt werde. Über den Dunajec und die Biała von ihrer Mündung bis Grybów, dann über die Linie Gorlice—Żmigród— Dukla (Ort)—Sanok—Lisko war vorerst nicht hinauszugehen. Wenn der Ostflügel der Armee Boroević neuerlich die Offensive ergriff, so sollte ihn Brussilow unbedingt wieder in die Berge zurückwerfen. Auf dem linken Heeresflügel waren von der 11. Armee die Übergänge über die Waldkarpathen zu sichern. Diese Armee hatte überdies „zu entscheidenden Operationen“ gegen die Festung Przemyśl zu schreiten.

Demnach standen der k.u.k. 4. Armee, deren Südflügel sich noch vor der bezeichneten Linie befand, weitere Kämpfe bevor, während die Armee Boroević unangefochten in ihren gegenwärtigen Stellungen hätte bleiben können. Vorerst zielten alle Bemühungen der Befehlsstellen in

1)    Wie hoch die Persönlichkeit des Obst. Fischer vom Feinde eingeschätzt wurde, beleuchtet ein Aufruf des russischen Gouverneurs an die Bevölkerung von Czernowitz: wer Fischer tötet oder dienstuntauglich macht, erhält 50.000 Rubel, wer ihn als Gefangenen einliefert 100.000 und eine Anstellung im russischen Staatsdienste (Conrad, V, 961).

2)    Nesnamow, III, 23 ff.

Teschen, Okocim und Bartfeld darauf hin, einem Durchstoßen der Front südöstlich von Gorlice vorzubeugen. Gegen diesen Ort drängten die Russen heran. Das AOK. hatte schon am 26. an GdK. Dankl gedrahtet, die 23. IBrig. nach Krakau und das Gros der 12. ID. ehestens nach Bochnia marschieren zu lassen, von wo die Division nach Neusandez an den rechten Flügel der 4. Armee gefahren werden sollte. Weiters wurde am

28. die Bildung eines Kavalleriekorps aus der 4. und der 10. KD. sowie der 5. und der 11. HKD.1) und den zwei Bataillonen des SchR. 5 aus Pola unter Befehl des GM. Berndt zur Sicherung des offenen Raumes südwestlich von der Magóra sowie der in die Zips führenden Kommunikationen und der Kaschau-Oderberger Bahn verfügt. In Teschen hielt man an dem Plane eines Entlastungstoßes durch den rechten Flügel der 3. Armee gegen Rymanów fest und wollte nach deren Verstärkung die Offensive gegen Norden wieder aufnehmen.

Die abgelaufene Operation war mißlungen, weil die nacheinander eingesetzten Divisionen des X. Korps, abgesehen von Führungsfehlern, an den abgekämpften Truppen des VII. Korps keine Stütze fanden, weiters weil man unter dem Zwange der Lage geglaubt hatte, nicht auf das Herankommen des XVIII. Korps warten zu dürfen und damit auf den einheitlichen Stoß von dreieinhalb verhältnimäßig frischen Divisionen verzichtete.

■    Das    Zurückiveichen der 3. Armee

(28. bis 31. Dezember)

Die Aussichten für den Entlastungsstoß des Ostflügels der 3. Armee gestalteten sich keineswegs günstig. Im Raume bei Baligród behauptete sich allerdings die Gruppe FML. Lehmann (56. ID. und die durch einige Bataillone des XVIII. Korps verstärkte 8. KD.), aber von einem Angriffe zwischen Baligród und dem San versprach sich FML. Tschurtschenthaler keinen besonderen Erfolg, da russische Kräfte bei Chrewt seine Flanke bedrohten. Die Russen drängten den FML. Krautwald am 28. beiderseits der nach Łupków führenden Bahn zurück, wobei die 24. ID. nur durch persönliches Eingreifen des Gruppenführers nordöstlich vom Łupków-paß festgehalten werden konnte. Der Gegenangriff von der Höhe Pasika (S. 72) erzielte zwar anfangs Erfolge, mußte aber wegen der Ereignisse beim linken Nachbar wieder eingestellt werden. Die 2. ID. wurde nämlich’ vom Feinde südlich von Jaśliska in der Ostflanke heftig angegriffen

2) Am 28. befanden sich: die 4. KD. auf dem linken Flügel des III. Korps, die 10. KD. in der Gegend von Tylicz, die 5. HKD. in Zboró und Komlóspatak, endlich die 11. HKD. bei Uście Ruskie.

und. ging auf Befehl des X. Korpskmdos., unter Belassung einer Nachhut auf dem Sattel bei Czeremcha, auf die Höhen beiderseits von La-borczfö zurück. Veranlaßt wurde dies durch das VII. Korps, das, am 27. bei Tylawa hart bedrängt, tags darauf über den Duklapaß abgezogen war; seine am Nordausgange haltende Nachhut wies vorfühlende russische Abteilungen ab. Boroević nahm dem GdI. Meixner die als Korpsreserve verwendete 1. KD. weg und verfügte ihren Abmarsch zur Sperrung des Hoszankatales bei Mikó. Weiters befahl er auch der Gruppe Colerus (28. ID., 44. SchBrig. und 4. KD.), in die Linie Pilipinski vrch— Czarne abzurücken. Noch vor Antritt dieser Bewegung warf die 44. SchBrig. den Feind durch einen kräftigen Gegenstoß zurück und wehrte auch in der neuen Stellung alle Annäherungen der Russen ab1).

Boroević drahtete am 28. nach Teschen, daß er bei dem krassen Mißverhältnisse der beiderseitigen Kräfte — 40.000 Feuergewehre der 3. Armee gegen 120.000 Russen2) — beabsichtige, schrittweise zurückzugehen, und zwar mit dem III. Korps über Bartfeld, mit dem VII. über Felsö-vizköz—Girált, mit dem X. über Sztropkó, mit der Gruppe Krautwald über Mezölaborcz und Wola Michowa, endlich mit dem XVIII. Korps über Cisna—Takcsány. Es war ein Verhängnis, daß, gleich wie zu Monatsbeginn, das 3. Armeekmdo. gerade in jenem Augenblicke einen weitgehenden Rückzug in Aussicht nahm, als die russische Führung die Einstellung der Offensive befahl. Schweren Herzens erklärte sich das AOK. mit diesen Absichten einverstanden und legte dem Armeeführer nahe, das

III., das VII. und das X.Korps enger zusammenzuschließen, dagegen das XVIII. und die Divisionen Krautwalds als selbständige Gruppen zu betrachten, die nach Umständen aktiv einzugreifen hätten. Weiters empfahl die Heeresleitung:

„Den einzelnen Gruppen der Armee ist einzuschärfen, daß nur durch zähestes Ausharren und geschicktes wechselseitiges Eingreifen bei den Detailgefechten zu erwarten ist, daß das Vordringen des Feindes vereitelt oder mindestens verzögert wird. In dieser Weise fechten die in den Ostkarpathen befindlichen Gruppen, obgleich sie zum großen Teil aus minderwertigen Formationen bestehen, bereits seit vielen Monaten erfolgreich gegen bedeutende Überzahl.“

!) GdI. Colerus berichtete dem 3. Armeekmdo. über zunehmende Erkrankungen bei Offizieren und Mannschaften sowie über das Verenden zahlreicher Zugpferde der Artillerie. „ ... Ich fürchte, daß infolge der progressiven Verschlechterung der sanitären Verhältnisse die numerische Zahl zur Behauptung der zugewiesenen Abschnitte nicht mehr ausreicht...“ Überdies seien die Wege grundlos und der Zuschub in die Stellungen aufs äußerste erschwert.

-) Die Angabe über die Stärke der Russen konnte nicht überprüft werden.

Dieser letzte Hinweis berührte einen empfindlichen Punkt des Armeeführers. Sofort antwortete er, daß seine Gruppen nie nacheinander, sondern immer gleichzeitig von den Russen angegriffen worden seien, die Marschlinien seien 8 bis 20 km voneinander entfernt und das Armeekmdo. zögere mit der Weitergabe einer solchen Instruktion, da die Anordnung des „wechselseitigen Eingreifens“ bei den „Detailgefechten“ im Hinblick auf die niederen Stände leicht zu Mißverständnissen führen könne. Überdies spielten sich die Zusammenstöße in den Ostkarpathen unter grundverschiedenen Bedingungen ab, jene Kampfart sei hieher nicht übertragbar. Durch seinen Armeebefehl vom 28. Dezember vormittags entsprach Boroević der Anregung des AOK. hinsichtlich der neuen Gruppierung. Tschurtschenthaler (XVIII.Korps, 56. ID. und 8.KD.) sollte die Gebirgs-übergänge bei Wola Michowa und Cisna, Krautwald (24. und 34. ID.) die ins Laborczatal führenden Einbruchswege decken. GdI. Meixner (2. ID. und 1. KD.) hatte sich gegen Südosten näher an das VII. Korps heranzuschieben; für dieses ebenso wie für das III. blieb der alte Befehl zur Sicherung ihrer Verbindungslinien maßgebend. Wie schon mehrmals vorher betrieb Boroević die Zusendung der 6. ID. und der 43. SchBrig., die beim IX. Korps eingeschoben waren; denn das jetzt nur drei Brigaden starke III. entbehrte bei seiner übermäßig ausgedehnten kordonartigen Aufstellung der Reserven auf dem wichtigen linken Flügel. Das 4. Armeekmdo. vertröstete jedoch den Nachbar; die Rückgabe werde nach dem Eintreffen der 12. ID. stattfinden (S. 75). Als aber die Erzherzogsarmee am 30. in schwere Kämpfe verstrickt wurde, erklärte man in Okocim, diese Verbände vorläufig nicht entbehren zu können.

Da der Feind gegen Banica und die Jasionkahöhe vorrückte, nahm Colerus seine Truppen am 29. noch weiter zurück und beließ nur Nachhuten auf dem Hauptkamm der Karpathen; am nächsten Tage bezogen seine Brigaden bei Festhaltung der Gebirgsstellungen Unterkünfte in den nächstliegenden Dörfern. Das VII. Korps verschob seine Masse am 29. etwas westwärts, ihm folgten die Russen über den Duklapaß nicht hinaus. Meixners Nachhut behauptete sich auf dem Czeremchasattel sowie mit einem Detachement bei Jasiel gegen scharfe Erkundungsvorstöße des Feindes, und Krautwalds 34. ID. vertrieb die Russen aus Radoszyce. Bei Tschurtschenthaler wurden die Linien der 56.ID. durchbrochen, worauf die ganze Gruppe im Laufe der Nacht zum 30. gegen Süden auswich. Während die 56.ID. und die 8.KD. zur Erholung in den Raum südlich von Wola Michowa abrückten, ging das XVIII. Korps am 31. ohne ersichtlichen Grund bis in die Gegend von Cisna zurück.

Zu nicht geringer Überraschung des AOK. war das Hauptquartier des 3. Armeekmdos. am 29. von Bartfeld nach Kaschau verlegt worden.

Von Teschen erging nunmehr die Weisung, daß die Truppen der

3. Armee nicht einen Schritt des vor kurzem schwer erkämpften Bodens freiwillig preiszugeben hätten, weil sich sonst der Feind mit verstärkter Kraft gegen den Südflügel der 4. Armee wenden könne. Besonderen Wert lege das AOK. darauf, daß sich der Ostflügel zähe halte, denn es sei beabsichtigt, diesem Anfang Jänner noch zwei Infanteriedivisionen zuzuführen, falls nicht die Verhältnisse ihren Einsatz auf dem Westflügel erheischen sollten. Eine solche Verstärkung müsse dann „nachhaltig zur Geltung kommen, nicht aber wie das letzte Einsetzen zweier frischer Korps wirkungslos bleiben.....CC1).

Zunächst gebot Boroević dem XVIII. Korps, keinesfalls hinter den Abschnitt Wola Michowa—Cisna—Smerek zu weichen. Als sich der Russe, wie noch zu schildern sein wird, zur Umfassung des Südflügels der Erzherzogsarmee anschickte, befahl er auf Ersuchen des Nachbarn das III. und das Kavalleriekorps GM. Berndt zum Angriff gegen Norden. Ehe hiefür die nötigen Einleitungen getroffen waren, senkte sich der Vorhang über das erste Kriegs jahr.

Die Schlacht der 4. Armee (28. bis 31. Dezember)

Die letzten vier Tage des Jahres verstrichen für die auf dem Nordflügel der 4. Armee am Dunajec Wacht haltenden Gruppen Křitek und Roth, von belanglosen Artillerieduellen abgesehen, nahezu ereignislos. Bei Roth wechselte nur die 3. ID. ihren Platz innerhalb der Gruppenfront.

Umso bewegter verlief diese Zeitspanne bei den übrigen Teilen der Armee. Am 28. glückte es den Russen gegenüber dem FZM. Ljubičič, die

11. und den linken Flügel der 30. ID. in die Linie Gromnik—Höhe Wal zurückzudrücken. Der Feind setzte seine Anstrengungen fort und rannte

x) Conrad bemerkte hiezu in seinem Kriegswerk (V, 954): „Die Gegenvorstellungen des 3. Armeekmdos. vom 29. Dezember und ein gewisser Zug zum Nachgeben bei der 3. Armee, der sich auch in der Rückverlegung des Armeekmdos. bis nach Kaschau aussprach, konnten nicht widerspruchslos hingenommen werden, um so mehr als es sich gegen die russischen Angriffe in Galizien, bei den Gruppen Pflanzer und Krautwald erwies, was tatkräftiger Imperativ vermag.“ GM. Pitreich erklärt in seinem Schreiben vom 17. Mai 1929 die Übersiedlung des 3. Armeekmdos. nach Kaschau u. a. damit, daß man in Bartfeld exzentrisch hinter dem linken Flügel lag, während dem rechten in der nächsten Zeit erhöhte Bedeutung zukam und daß man in Kaschau über die besten Bahn- und Drahtverbindungen verfügte.

am 29.und 30. wiederholt, jedoch ohneErfolg, gegen den Wal an; immerhin mußte die k.u.k. 15. ID. eingesetzt werden. Angreifer und Verteidiger brachten in diesen Kämpfen schwere Blutopfer. Nach allen Wahrnehmungen schien für den Abwehrkampf an dieser Stelle der 31. nur eine kurze Atempause zu bedeuten.

Auf dem rechten Armeeflügel führte FML. Arz seit dem 28. den Befehl über die Gruppen Králiček (43. SchBrig. und 6.ID. in erster Linie, dahinter die 10. ID. und die 13. SchD.), Hadfy (45. SchD., 39. HID. und

26. SchD.) und Szurmay (38. und komb. HID.). Dimitriew ballte starke Stoßkräfte vom Dunajec südwestlich von Tarnów bis in die Gegend von Gorlice. Diese warteten sprungbereit auf den Befehl zum Sturm, hatte doch Iwanow angeordnet, bis an die Flußlinien vorzudringen (S. 74). FML. Arz wollte den Russen, die offenbar seinen Südflügel zu umklammern suchten, durch einen Angriff zuvorkommen. Er nahm Hadfy zu diesem Zwecke die 26. SchD. weg, um sie Králiček zuzuführen. Doch das 4. Armeekmdo. war mit diesem kühnen Plane nicht einverstanden und gab zu wissen, daß das Festhalten der Straße Gorlice—Neusandez durch die Zufälligkeiten eines Kampfes nicht in Frage gestellt werden dürfe. Sollten aber die Russen in die Lücke zur 3. Armee einbrechen, dann habe ihnen Králiček in die Flanke zu fallen. Unterdessen betrieb ein Heer von Arbeitskräften zwischen Florynka und Gromnik den Ausbau einer hinteren Stellung.

Am 29. wurden feindliche Bewegungen bei Zagórszany und Gorlice wahrgenommen, die auch bei der Tageswende stellenweise zu Gefechtsberührungen führten. Im Laufe des 30. ließ der Russe seine Schützenlinien gegen die ganze Front der Gruppe vorgehen und in der Nacht brach dann der Ansturm los. Durch Schnee und Morast wälzten sich die erdbraunen Massen heran und wurden von den Geschossen des in wassergefüllten Gräben lauernden Verteidigers empfangen, in dessen Linien alsbald sämtliche nächststehenden Reserven aufgingen. Der russische Stoß richtete sich vornehmlich gegen Hadfy. Vermutlich wollte der Feind den nahe an der Biała befindlichen Frontteil zuerst bezwingen; doch wurde auch Králiček bei Gorlice und auf seinem Südflügel angefallen. In den Vormittagsstunden des 31. gab die Gruppe Hadfy etwas nach, kam aber doch noch vor der Biała zum Stehen, weil Teile der 26. SchD. wieder heraneilten und der Feind seine Truppen bei Staszkówka und auf der Pustki-höhe anhielt. Viel günstiger verlief an diesem Tage der Kampf der Gruppe Králiček. Bei Gorlice prallten alle russischen Vorstöße an unseren Linien (6. ID., 13. SchD., 43. SchBrig., Teile der 26. SchD. und 6. KD.) ab und die von Süden ausholende Umfassung des Feindes wurde von der auf dem rechten Flügel eingesetzten 10. ID. vereitelt. Schon senkte sich der Abend über die blutgetränkte Kampfstätte, als bei Sękowa die Schützen der 43. SchBrig. und östlich von Rychwald Teile der 10. ID. aus der Ab-wehriront hervorbrachen und den Feind in die Flucht trieben. Inzwischen waren auch die ersten Staffeln der bei Neusandez in Ausladung begriffenen 12.ID. (S. 75) über Grybów auf dem Schlachtfelde eingetroffen. Als die Silvesterglocken in der Heimat den Beginn eines neuen Jahres verkündeten, waren alle Führer der 4. Armee im Vertrauen auf ihre heldenmütigen Truppen fest davon überzeugt, am kommenden Tage den heißen Kampf siegreich zum Abschlüsse zu bringen.

In Teschen folgte man gespannt den einzelnen Phasen der Schlacht, hing doch von ihrem Ausgange ab, ob die nächsten, der 1. Armee entnommenen Verstärkungen dem westlichen oder, wie es wünschenswert schien, dem östlichen Flügel der Armee Boroević zuzuführen seien (S. 78).

Die Ereignisse nördlich der Weichsel

Die Kämpje der 1. Armee um die Nidaübergänge (20. bis 31. Dezember,

Hiezu Beilage 2

Die Richtlinien des AOK. vom 20. Dezember (S. 56) schrieben der

1. Armee im besonderen vor, alle entbehrlichen Kräfte auf den Südflügel zu ziehen und „im hinklange mit der 4. Armee tunlichst Raum nach vorwärts zu gewinnen und diese von Norden her über die Weichsel möglichst zu unterstützen“.

Noch vor dem Hinlangcn dieses Hecresbefehles, aber durchaus in dessen Sinne hatte GdK. Dank! für den 21. den Angriff zur Besitznahme der Nidaübergänge vom rechtcn Flügel aus befohlen J). Am frühen Morgen dieses Tages versuchte demgemäß FML. Martiny, dem außer seiner 14.ID. noch die Landsturmgruppe FML. Kletter unterstellt worden v/ar, mit drei Regimentern der letzterendie Nida zwischen Nowy Korczyn und Wiślica zu überschreiten. Mit großer Zähigkeit verteidigte das XVÍÍ. Russenkorps seine Stellungen auf dem linken Ufer, vor denen die versumpfte Flußniederung die Annäherung erschwerte. Russische Artillerie schoß auch vom Südufer der Weichsel auf die vorrückendcn

*) Nach einer Zuschrift des GO. Dankl an da» Kricgsarchiv vom 7. März 1930 beabsichtigte da* 1. Arrncckrmlo. ursprünglich, den Schwerpunkt des Angriffs auf Kiclcc y.u verlegen.

'*) Die 110. L&tiBrig. deckte diesen Vorstoß an der Weichsel.


Jędrzejów bereitstellen. Auf dem Südflügel der Armee plante FML. Martiny, seinen Angriff am 24. fortzusetzen, doch wurde die Verwirklichung dieser Absicht in Frage gestellt, da der Russe nach verläßlichen Nachrichten hier selbst mit drei Divisionen losgehen wollte.

In den ersten Nachmittagsstunden des 24. belegte der Feind auch tatsächlich die Brückenkopfstellungen der 106. LstlD. bei Nowy Korczyn von drei Seiten mit schwerem Kreuzfeuer und schritt zum Angriffe. Der Ort wurde genommen, doch behaupteten sich die 14. und 33. ID. Martinys auf dem linken Nidaufer.

Die schwierige Lage dieser Gruppe veranlaßte das 1. Armeekmdo., die dem I. Korps zur Verfügung gestellte 24. IBrig. an den südlichen Armeeflügel heranzuziehen. Außerdem ersuchte GdK. Dankl die 4. Armee, den Feind am untersten Dunajec kräftig anzufassen und hiedurch die Südflanke der 1. zu entlasten. Dazu war aber die schwache Gruppe Křitek nicht imstande (S. 62).

In den Morgenstunden des 25. versuchten die Russen von dem eroberten Orte Nowy Korczyn aus die noch auf dem Ostufer der Nida; befindlichen Kräfte Martinys aufzurollen. Der Angriff wurde jedoch von der 14. ID. abgeschlagen. Da aber die eigenen Stellungen mit der breiten Sumpfniederung im Rücken, die das eingetretene Tauwetter weglos machte, durch diese Vorstöße in der Flanke gefährdet schienen, nahm Martiny die 14. ID. in der Nacht ebenfalls über die Nida zurück. Seine drei Divisionen hatten nun den Abschnitt von der Weichsel bis westlich von Wiślica zu halten. Am nächsten Tage sollte die abgekämpfte 106.LstID. durch die vom Armeekmdo. heranbefohlene 24. IBrig. abgelöst und auch die 23. IBrig. der 12. ID. an den südlichen Armeeflügel herangeschoben werden. Die nördlich von der Nida von der deutschen Division Bredow abzulösenden Truppen des II. Korps (Teile der 25. ID.) hatten an Stelle der 12. ID. in den Raum bei Jędrzejów als Armeereserve zu gelangen.

Am 26. Dezember gewann man immer mehr den Eindruck, daß die Russen einen Durchbruch an der Verbindungsstelle der 1. und 4. Armee planten und zugleich Dankls Südflanke aufreißen wollten. Am Nachmittag stieß der Feind im Mündungswinkel zwischen Nida und Weichsel auf Ksany vor. Die mittlerweile an Stelle der völlig erschöpften 106. LstlD.1) eingesetzte 24. IBrig. brachte jedoch den gefährlichen Angriff zum Stehen.

Trotzdem die Kämpfe hier nicht zu einem Abschluß gelangt waren,

x) Die 106. LstlD. befand sich seit dem 2. Oktober, mit Ausnahme von wenigen Ruhetagen, unausgesetzt entweder auf dem Marsche und im Gefechte oder im Sicherungsdienst.

wies das AOK. das 1. Armeekmdo. an, die 12. ID. an den südlich von der Weichsel fechtenden Heeresteil abzugeben (S. 75) und teilte gleichzeitig mit, daß auch der Abtransport der 33. ID. in Aussicht genommen sei. Da die Russen ihre Vorstöße zunächst nicht wiederholten, konnte die Neugruppierung der 1. Armee am 27. ungestört beginnen1). GdK. Dankl hatte sich anfangs gegen die Entziehung der 12. ID. gesträubt, ließ aber auf erneuten Befehl die 23. IBrig. an diesem Tage nach Krakau abmarschieren. Ehe die 24. IBrig., wie beabsichtigt, am Morgen des 29. folgen konnte, entbrannte der Kampf an der untersten Nida aufs neue.

Die 24. IBrig., am 28. nachmittags von Str. Korczyn aus heftig angegriffen und von der russischen Artillerie in Flanke und Rücken beschossen, wurde unter schweren Verlusten zum Ausweichen veranlaßt. Die Feldjägerbataillone 11 und 19 der 14. ID. warfen jedoch den Verfolger wieder auf Str. Korczyn zurück. Angesichts des fortgesetzten starken Druckes an der untersten Nida schien jetzt die Abgabe der 33. ID. sowie auch der an ihrer Stelle in Aussicht genommenen 37. HID. in Frage gestellt. Um dieselbe Zeit verstärkte sich auch der Druck des Feindes südlich der Weichsel, so daß mit der Möglichkeit eines Rückzuges der

4. Armee vom Dunajec gerechnet werden mußte. Das AOK. trug dieser gespannten Lage Rechnung, indem es schon am 28. die 1. Armee anwies, den Ausbau einer Stellung nördlich von Krakau über Skała—Wolbrom— Pilicaknie westlich von Żarnawiec—Szczekociny in Angriff zu nehmen.

Der rechte Flügel und die Mitte der 1. Armee, Gruppe Martiny (14. ID.) 2), V. und I. Korps, beschränkten sich unter diesen Umständen ausschließlich auf die Abwehr, dagegen stellte das II. Korps auf dem linken Flügel aus Truppen der 25. ID. eine Stoßgruppe bereit, die sich dem eben in Ausführung begriffenen Angriffe der links benachbarten Division Bredow nach vorheriger Niederkämpfung der russischen schweren Batterien anschließen sollte. Dieser zur Unterstützung der Deutschen für den 31. geplante Angriff unterblieb jedoch, abgesehen von dem nächtlichen Vorstoße eines Jägerbataillons über die Nida, da auch die Südhälfte der Armeeabteilung Woyrsch nach einigen Erfolgen wieder in die Verteidigung zurückfiel. Nachdem nun das Gros der 12. ID. und

!) Die 14. ID. und Teile der 46. SchD. hatten die Stellungen der 110. LstlBrig. und der 24. IBrig. im Mündungswinkel von Ksany zu übernehmen, durch Frontstreckung des V. und des I. Korps gegen Südosten sollte die 33. ID. freigemacht werden.

a) Die nunmehr aus der 110. LstlBrig. und der LstlBrig. Obst. Köckh bestehende 106. LstlD. sowie die durch die Reste der 35. LstlBrig. verstärkte 1. LstlBrig., die sich westlich der unteren Nida retablierten, standen der Gruppe Martiny bezw. dem V. Korps als Reserven zur Verfügung.

die 37. HID. am 31. früh zur Verstärkung der 3. Armee nach Bochnia abmarschiert waren, befahl das AOK. der 1. Armee, auch noch die 33. ID. nach Ablösung durch die 106. LstlD. samt dem V. Korpskmdo. der 37.HID. nach Bochnia nachzuschicken.

So wurden der Armee Dankl seit Anfang Dezember acht Divisionen (27., 15., 39., 24., 2., 12., 33. und 37.) entnommen, um sie, mit Ausnahme der 27.ID., zur Nahrung des Kampfes in Galizien zu verwenden. Diese Schwächung zwang die 1. Armee, sich fortan mit der Abwehr zu begnügen.

Die Kämpfe der 2. Armee bei 'Comaszörv (19. bis 31. Dezember)

Hiezu Beilage 2 sowie Skizze 3

Wie bereits erwähnt, hatte das AOK. am 18. Dezember nachmittags der 2. Armee die Linie Odrzywół—Końsk als Ziel gewiesen (S. 46). In vorsichtiger Beurteilung der Lage schrieb hierauf GO. Woyrsch vor, Böhm-Ermolli habe seine Streitkräfte zunächst zum Angriffe gegen die westlich von Opoczno und hinter der Czarna vermuteten Stellungen der Armee Ewert bereitzustellen. Nur der linke Flügel der 2. Armee, das Korps Gallwitz, das im Vergleich zu dem auf Lubocz und auf Rawa vorgedrungenen Südflügel Mackensens noch weit zurück war, sollte am 19. auf dem rechten Ufer der Pilica weiter gegen Nordosten vorgehen. Demgemäß beschränkten sich das XII. und das IV.Korps an diesem Tage auf die Erkundung der russischen Stellungen. Beim XII. grub sich die 16. ID. im Anschlüsse an die rechts benachbarte deutsche 35.RD. an der Czarna nördlich von der von Przedbórz nach Końsk führenden Straße ein; die 35. ID. wurde als Reserve bereitgestellt. Das IV. besetzte das westliche Flußufer mit der 32. und der 31.ID. beiderseits von Kiew1). GdA. Gallwitz aber versuchte, mit der 27. ID. und dem unterstellten Kavalleriekorps Hauer auf Opoczno und rechts von der Pilica gegen Nordosten Raum zu gewinnen. Die 27. ID. geriet jedoch bald in schweres russisches Artilleriefeuer und kam nicht vorwärts, Hauer gelangte bis in die Gegend südlich von Smardzewice.

Böhm-Ermolli hatte inzwischen den Armeeabteilungsführer gebeten,

J) Bei Starzechowice (nordöstlich von Czermno an der Czarna) gelang es dem Feinde am 19. Dezember, eine vorgeschobene Gefechtsgruppe der 32. ID. von drei Seiten einzuschließen. Oblt. Franz Matheis, Kompagniekommandant im IR. 23, rettete diese Abteilung durch einen kühnen, aus eigener Initiative in die feindliche Flanke geführten Bajonettangriff vor der Vernichtung. Er erhielt für diese Waffentat das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

durch Vermittlung der k.u.k. Heeresleitung zu erwirken, daß die über Tomaszów nach Osten vorgegangene 1. GRD. über Inowlodz nach Süden abgedreht werde, wodurch sich die Möglichkeit zu eröffnen schien, den bei Opoczno vermuteten Nordflügel Ewerts anzugreifen. Als Gallwitz am Abend nach Piotrków, dem neuen Standorte des 2. Armeekmdos., meldete, daß im Pilicabogen kein ernstlicher Widerstand des Feindes mehr zu gewärtigen sei, entschloß sich Böhm - Ermolli, schon am nächsten Morgen mit der ganzen 2. Armee loszugehen. GO. Woyrsch hielt dagegen an seiner Anschauung fest, daß der Russe zu hartnäckiger Verteidigung bereitstehe; er erwartete sogar einen feindlichen Gegenangriff von Opoczno her gegen die 2. Armee und legte ihrem Führer daher nahe, einen Stirnangriff gegen die starken russischen Stellungen nicht früher zu unternehmen, ehe sich ein entsprechender Druck auf beide feindliche Flügel fühlbar gemacht habe. Die Armee sollte hiezu möglichst starke Kräfte auf ihrem Nordflügel versammeln und sodann — gleichzeitig mit dem umfassenden Vorgehen der 1. GRD. über die Pilica nach Süden — zum Angriffe schreiten1). GdK. Böhm-Ermolli bestand aber auf der Durchführung des bereits erlassenen Angriffsbefehles, um zwischen den beiden russischen Heeresgruppen durchzubrechen, ehe der Feind seine Mitte wieder verstärkt hätte.

Dementsprechend führte GdA. Gallwitz die 27. ID. am 20. morgens aus dem Raume bei Mniszków in nordöstlichster Richtung vor, um den nächst Opoczno vermuteten rechten Flügel Ewerts, das III. kauk. Korps, zu umklammern. Die Division drang jedoch nicht durch und wurde alsbald von den Russen selbst angegriffen, wobei ihr linker Flügel eingedrückt wurde. Damit war auch die Tätigkeit Hauers lahmgelegt. Die 3. KD., beauftragt, nördlich von Opoczno vorzustoßen und die im Marsche nach Inowlodz beobachtete russische 45. ID. des XIV. Korps festzuhalten, zwang stärkere feindliche Kräfte, die aus Opoczno vorbrachen, zur Entwicklung und wich dann kämpfend nach Brzostów aus. Die 9. KD. zog sich gegen die Pilica zurück. Nicht besser erging es den beiden anderen Korps. Beim IV. nahm die 31. ID. zwar eine russische Vorstellung; doch die 32. ID. wurde nach Überschreitung der Czarna bei Przyłęk in der Nacht wieder zum Uferwechsel genötigt. Das XII. Korps schob sich nördlich von der Straße nach Końsk nur bis an die festen russischen Linien heran.

GFM. Hindenburg hatte unterdessen den von Süden her bedrohten rechten Flügel der deutschen 9. Armee angehalten. Von diesem wandten sich das Kavalleriekorps Frommei, die Division Menges und das Korps

l) Reichs archiv, VI, 314.

Posen nunmehr gegen die über den Raum bei Opoczno in nördlicher Richtung voreilenden Russen. Als Böhm-Ermolli erfuhr, daß Frommei bei und unterhalb von Tomaszów auf das rechte Pilicaufer rücken sollte, bat er angesichts der geschilderten Verhältnisse bei seiner Armee, das Vorgehen der deutschen Reiterei zu beschleunigen, während das Kavalleriekorps Hauer von ihm zu neuerlichem Vorstoß gegen Nordosten befohlen wurde.

Am Abend des 20. langte der Heeresbefehl des AOK. ein, der nebst den schon wiedergegebenen allgemeinen Weisungen (S. 56) der Armeeabteilung Woyrsch den Schutz der Südflanke der deutschen 9. Armee durch einen stark zu haltenden Nordflügel übertrug. Böhm-Ermolli befahl hierauf seinen Korps, sich einzugraben und standzuhalten. Gleichzeitig trug er Sorge, Gallwitz durch die 32. ID. zu verstärken, indem er im Einvernehmen mit Woyrsch durch eine Linksschiebung des LKorps und der 35.RD. die k.u.k. 35.ID. des XII.Korps zur Auslösung der 32.ID. freimachen ließ. Ehe diese aber dem Nordflügel der 2. Armee zugeführt war, nahmen die Dinge eine ungünstige Wendung.

Gen. Ewert hatte Pilica abwärts von Inowłodz bis zur Czarna starke Kräfte (halbes XVI., XIV., III. kauk. und Kavalleriekorps Gillenschmidt) versammelt und suchte auf Geheiß Iwanows aus dem Pilicabogen hervorzubrechen, um die gegen Osten vorspringende Front der Verbündeten an ihrer Nahtstelle zu durchbrechen1).

Schon in der Nacht zum 21. mußte die 27. ID. vor dem russischen Angriff auf Mniszków—Bukowiec Raum geben. Zwischen ihr und der 3. KD., die bei Brzostów dem Korps Frommei den Pilicaübergang offenhielt, schoben sich russische Kräfte ein. Gegen Mittag griff der Feind die

27. ID. neuerlich an. Während die zum Schutze ihrer Nordflanke bestimmte 9. KD. an die Pilica zurückglitt, ^sprang auch eine Lücke zwischen der 27. und der 31. ID. auf. In fliegender Hast wurden die Reserven des

IV. Korps (drei Bataillone, eine halbe Schwadron und eine Batterie) nach Mniszków geschickt; ihnen gelang es, den offenen Raum rechtzeitig auszufüllen. Unterdessen wich aber im Norden die 3. KD. vor dem heranrückenden XIV. Russenkorps über die Pilica zurück. Die Gefahr, daß der Feind den bis Lubocz vorspringenden Eckpfeiler an der Grenze zwischen den Armeen Böhm-Ermolli und Mackensen von Süden her eindrückte* war groß. Mackensen sicherte seine Flanke durch die erwähnten, nach Süden abgedrehten Verbände; außerdem wurde das hinter der Mitte der

9. Armee stehende Kavalleriekorps Richthofen (deutsche 6. und 9. KD.) in Eilmärschen herangezogen, so daß schließlich bis zum 22. zwischen

Tomaszów und Lubocz drei deutsche Landwehrbrigaden und fünf Kavalleriedivisionen versammelt waren.

GdK. Böhm-Ermolli hoffte mm, daß die Kavallerie Frommeis und Richthofens durch einen kräftigen Vorstoß über die Pilica das Korps Gallwitz entlasten und zu einem neuerlichen Vorgehen befähigen würde. Indes vermochte das Korps Posen, das sich mit zwei Brigaden auf dem rechten Pilicaufer bei Tomaszów festgesetzt hatte, der deutschen Reiterei nicht den Weg in die Flanke des hier haltenden Feindes zu bahnen. Angesichts dieser Vorgänge war sich der Führer der 2. Armee alsbald im klaren, daß selbst die Kraft von sieben Kavalleriedivisionen (einschließlich des Korps Hauer) nicht ausreiche, um der Lage in den waldumgebenen Niederungen von Tomaszów eine entscheidende Wendung zu geben. Er bemühte sich daher, durch Vermittlung des GO. Woyrsch und des AOK. den Oberbefehlshaber Ost zu bewegen, mit stärkeren Infanteriekräften in den Rücken der vor Gallwitz zusammengeballten Russenmassen vorzustoßen. Die 9. Armee hatte jedoch alle ihre Kräfte bereits eingesetzt, um die Bzura und Rawka zu forcieren und war daher außerstande, diesem Wunsche zu entsprechen.

Während auf dem Nordflügel der 2. Armee die Kämpfe am 23. abflauten, wurde um die Pilicaübergänge bei Inowlodz umso heftiger gerungen. Dort hatte die 18. ID. des russischen XIV.Korps vorübergehend auf dem nördlichen Ufer Fuß gefaßt, so daß die beim Korps Richthofen befindliche Infanterie und die Artillerie von Tomaszów dahin dirigiert werden mußten x).

Gallwitz, mittlerweile durch die 32. ID. verstärkt, konnte am 25. den Angriff wieder aufnehmen; das 9. Armeekmdo. hatte dessen Unterstützung durch die Korps Posen und Frommei zugesagt. Die auf dem linken Flügel des Korps Gallwitz eingesetzte 32. ID., die südlich von Smardzewice vorstieß, kam an diesem Tage bis an die russische Hauptstellung heran, die Sicherung rechts besorgte die 27. ID. bei Bukowiec und in der linken Flanke Hauer mit der 9. KD. zu Fuß und der 3. KD. zu Pferd. Das Korps Posen drang mit zwei Brigaden aus dem Brückenkopf von Tomaszów beiderseits der Bahn nach Opoczno bis Wawol und Brzostów vor. Die deutsche 5. KD. und die öst.-ung. 7. KD. Frommeis wurden noch bei Tomaszów zurückgehalten, während bei Inowlodz eine deutsche Landwehrbrigade mit der Infanterie und Artillerie Richthofens das Südufer der Pilica gewann.

Am nächsten Tag wollte Böhm-Ermolli mit allen nördlich von der

Czarna befindlichen Kräften den Angriff in östlicher Richtung fortsetzen; doch hielt Gallwitz den Zeitpunkt für die angestrebte Umklammerung des russischen Nordflügels noch nicht für gekommen *), weil die Korps Posen und Frommei noch zurückhingen und der geplante deutsche Vorstoß von Inowlodz an diesem Tage noch nicht zu gewärtigen war. Die vorerst nur auf nahe Ziele gerichtete Vorrückung der 32. und des linken Flügels der 27. ID. führte zu Kämpfen ohne wesentlichen Raumgewinn. Die Russen gingen jedoch zu Gegenstößen über. Als das 2. Armeekmdo. davon erfuhr, befahl es dem IV. Korps, anzugreifen. Nach kurzer Zeit lagen aber dessen Schützenlinien vor der feindlichen Hauptstellung fest. Die 3. KD. wehrte mittlerweile den Feind nördlich von der 32. ID. ab.

Auf Anregung Böhm-Ermollis ersuchte das AOK. den Oberbefehlshaber Ost, das Korps Posen und das Korps Richthofen am 27. unter einheitlicher Führung von Tomaszów auf Krasnica zur Unterstützung der 2. Armee eingreifen zu lassen. Eine Einigung konnte jedoch nicht erzielt werden. Die Deutschen beabsichtigten, nur die öst.-ung. 7. KD. dem bei Brzostów fechtenden Gros des Korps Posen und der deutschen

5. KD. nachzusenden, im übrigen aber vorläufig auf dem nördlichen Pilicaufer stehenzubleiben und erst nach Wiederherstellung der abgebrannten Brücke bei Inowlodz von dort aus den Angriff anzusetzen.

So kam es, daß der linke Flügel der 2. Armee auch am 27. nicht imstande war, den Angriff weiter vorzutragen. Nach Gefangenenaussagen und Funksprüchen schien es, als ob sich der Feind im Pilicabogen verstärkt und auch Kräfte von Norden auf das südliche Flußufer herangezogen hätte. Unter solchen Umständen bot die Fortsetzung des Stoßes auf Opoczno bei der bisherigen Kräfteverteilung wenig Aussicht auf Erfolg. Böhm-Ermolli entschloß sich daher, die 35. ID. aus der Front des

IV. Korps zu ziehen und sie auf dem entscheidenden Nordflügel beim GdA. Gallwitz einzusetzen.

Endlich wurde jetzt auch im Einvernehmen mit Mackensen eine einheitliche Befehlsführung bei Tomaszów erzielt, indem die rechts von der Pilica befindlichen Truppen der Korps Posen und Frommei dem GdA. Gallwitz für den am 29. geplanten Angriff unterstellt wurden. Der deutsche Korpsführer verfügte nunmehr über vier Infanterie- und vier Kavalleriedivisionen 2).

Nebel und Regenwetter verhinderten am 29. die Artillerievorberei-

*) Gallwitz, Meine Führertätigkeit im Weltkrieg 1914/16 (Berlin 1929), 167.

2) 27., 32. und 35. ID., zwei Landwehrbrigaden des Korps Posen, Kavalleriekorps Hauer (9. und 3. KD.) und Frommei (7. und deutsche 5. KD.).

tung. FML. Fox sollte das Gros der 32. ID., die halbe 35. ID. und Schützenabteilungen des Korps Hauer auf dem Nordflügel, südlich an Brzostów vorbei, entlang der Bahnlinie nach Opoczno vorführen1). Ohne die Hilfe der Artillerie konnte man aber in die mit starken Drahthindernissen versehenen russischen Stellungen nicht eindringen. Gallwitz beantragte die Verschiebung des Unternehmens auf den nächsten Tag. Als nun in Piotrków die Nachricht eintraf, daß das feindliche XVI. Korps vor dem Südflügel der Armeeabteilung Woyrsch abziehe und daß sowohl die deutsche Division Bredow als auch das Landwehrkorps zur Ausnützung dieser Lage am 30. zum Angriff schreiten werden, entschloß sich Böhm-Ermolli, den Vorschlag des GdA. Gallwitz anzunehmen und erst am 30., dann aber mit seiner ganzen Armee anzugreifen. Er gab jedoch diesmal dem Korps Gallwitz nur mehr die Gewinnung der Slomiankaniederung als Ziel, weil er erkannt hatte, daß der von ihm seit Wochen angestrebte Durchstoß zwischen den beiden feindlichen Heeresgruppen mit den vorhandenen Kräften nicht mehr zu erreichen sei. In diesem Sinne berichtete er auch mit Rücksicht auf die bisherigen, nicht unerheblichen Verluste und den Mangel an Artilleriemunition dem AOK. und dem GO. Woyrsch.

GdI. Conrad teilte diese Auffassung, umsomehr, als eine Verstärkung der 2. Armee ausgeschlossen war. Die erschöpften Truppen Mackensens kämpften an der Bzura und Rawka gegen Überlegenheit. Die Hoffnung, daß diese Armee, wie dies dem k.u.k. Chef des Generalstabes vorgeschwebt hatte, zur Umfassung des russischen Nordflügels gegen Südosten einschwenken werde, war geschwunden und ebensowenig ließ sich von der Wirksamkeit des galizischen Hebels der Zange erwarten. Conrad sah daher die Aufgabe der 2. Armee als erfüllt an, „wenn sie die Lücke zur 9. Armee schloß, deren Flanke verläßlich deckte und ein Abziehen von Kräften seitens des ihr gegenüberstehenden Feindes verhinderte, ohne die Gefechtskraft der Truppen allzu sehr zu verbrauchen und ohne sich einem Rückschläge auszusetzen“.

Wie erwartet, erzielte der Angriff des Korps Gallwitz auch am 30. im schwierigen Wald- und Sumpfgelände gegen die stark ausgebauten Stellungen des III. kauk. und des XIV. Korps keinen nennenswerten Fortschritt. Desgleichen kam der über Inowłodz gegen Süden angesetzte Stoß der Deutschen nicht weit vorwärts und auch dem rechten Flügel der Armee-abteilung Woyrsch blieb — von örtlichen Vorteilen abgesehen — ein durchschlagender Erfolg versagt. Um die Front südlich von Tomaszów mit dem rechten Flügel Mackensens bei Inowłodz noch fester zu verkitten, sollte

!) Gallwitz, 170.

der Angriff des Korps Gallwitz am 31. planmäßig fortgesetzt werden; doch kam es zu einem ernstlichen Vorgehen an diesem Tage nicht mehr. Das Kavalleriekorps Richthofen erstritt sich schließlich noch endgültig den Brückenkopf von Inowlodz durch die Säuberung des Raumes im Mündungswinkel des Slomiankabaches.

Damit waren die Kämpfe der 2. Armee bei Tomaszów beendet. Die Ungunst der Witterung, zuerst Kälte, dann Nässe und Tauwetter in den Weihnachtstagen, hatte Erfrierungen und Gelenkskrankheiten zur Folge, auch mehrten sich die Ruhr- und Flecktyphusfälle. Böhm-Ermolli beschränkte sich mit seiner nur noch etwa 38.000 Gewehre und 2700 Reiter zählenden Armee auf die Festhaltung der erreichten Linien und war dadurch in der Lage, die abgekämpfte 35. ID. und das Kavalleriekorps Hauer zu ihrer dringend notwendigen Retablierung aus der Front zu ziehen. Im Laufe des l.und des 2. Jänner 1915 traten die 27. ID. zum

IV. Korps und alle südlich von der Pilica zur Unterstützung der 2. Armee verwendeten deutschen Verbände wieder zur 9. Armee. Die 7. KD., die schon während der Novemberoperationen bei Zduńska Wola im Verbände des Korps Frommei tapfer gefochten hatte, wurde der 2. Armee unterstellt.

Um die Jahreswende fielen die Verbündeten nach ruhmreichen Kämpfen im Weichselbogen überall in die Verteidigung zurück. Nördlich vom Strome war das Korps Graudenz wieder bis Bielsk, Ciechanów und Przasnysz vorgerückt, als die russischen Hauptkräfte vor dem Angriffe Mackensens hinter die Bzura und Rawka zurückgingen. In Ostpreußen hielt die 8. Armee gegen die Offensivunternehmungen der russischen 10. Armee stand. War es nun auch den beiden im Zentrum der Gesamtfront befindlichen öst.-ung. Armeen Dankl und Böhm-Ermolli nicht mehr gelungen, den Feind bis an die Weichsel zu drängen, so hatten sie doch die Operationen Hindenburgs bis zur Lahmlegung der „russischen Dampfwalze“ wirksam unterstützt, indem sie sich zuerst dem heranbrandenden feindlichen Heere an der schlesischen Lücke entgegenstellten, durch ihren Angriff die 4. und die 9. Armee festhielten und dadurch erhebliche Kräfte des Feindes an einem Eingreifen gegen die deutsche 9. Armee verhinderten.

Noch ahnte niemand, daß, gleichwie schon seit einiger Zeit der Bewegungskrieg gegen die Alliierten im Westen und gegen Serbien zum Stillstände gekommen war, den Streitkräften der Mittelmächte auch gegen Rußland, trotz einzelner Versuche, den Bann zu brechen, viele Monate hindurch kein entscheidender, raumgreifender Fortschritt be-schieden sein sollte. Allerdings hatte auch das AOK. nunmehr den Eindruck gewonnen, „als ob die Aktionskraft beider Gegner im Erlahmen wäre und beide der Ruhe bedürften, wenigstens für kurze Zeit1)“. Conrad hoffte aber doch, die Offensive mit der 3. Armee am 5. Jänner wieder aufnehmen zu können. Die Umrisse der nächsten Operationen zeichneten sich damit bereits ab.

Die Neujahrsbesprechung der verbündeten Führer

in Berlin

Hiezu Beilagen 2, 3 und 4

Immer nötiger hielt es der k.u.k. Generalstabschef, noch vor dem Ende des Winters einen entscheidenden Erfolg zu erzielen, der nach seiner festen Überzeugung nicht im Westen, sondern nur im Osten zu erreichen war. In Kenntnis davon, daß Deutschland im Begriffe war, vier neue Korps aufzustellen, richtete er am 27. Dezember eine Depesche an Falkenhayn, um ihn zu bewegen, frische Kräfte zu einem entscheidenden Schlage gegen Rußland heranzuführen. Gegenwärtig befänden sich die Verbündeten an der Ostfront überall feindlicher Übermacht gegenüber. Der Gefechtsstand der öst.-ung. Divisionen könne bis zum Februar nicht viel über Brigadestärke aufgefüllt werden. Der rasche Einsatz aus dem Westen herangeführter oder neu aufgestellter deutscher Armeekörper sei daher umso dringender, als Anfang März mit einem in seinen Folgen nicht abzusehenden Eingreifen der Neutralen gerechnet werden müsse. „Besteht für deren Einsatz [den von Verstärkungen] nördlich der Weichsel Besorgnis, daß sich diese Kräfte etwa an befestigter Narewlinie festfahren, dann käme deren Verwendung in der Lücke zwischen Pilica und Nida, namentlich am Nordflügel der Armee Woyrsch in Betracht, um dort die Lücke der russischen Front Richtung Radom durchzudrücken und Rückzug der Russen hinter Weichsel-Sanlinie zu erzwingen.“ Conrad berief sich bei seiner Forderung auf die im Frieden getroffenen Vereinbarungen, nach denen, sobald in Frankreich ein großer Erfolg errungen war, namhafte deutsche Kräfte nach dem Osten übergeführt werden sollten. Nach dem Ausgange der Marneschlacht müsse, wie er immer wiederholte, der Kampf im Westen abwehrweise geführt und der verblutende Verbündete sowie das deutsche Ostheer verstärkt werden, um die Entscheidung gegen Rußland zu erzwingen.

An GFM. Hindenburg erging ein Telegramm gleichen Inhaltes. Conrad fügte hinzu, daß er auf Zuschübe für das deutsche Ostheer des*) C o n r a d, V, 950. Der von den Hauptkräften der Verbündeten im Monate Dezember erzielte Raumgewinn ist in der Beilage 4 ersichtlich gemacht.

halb besonderes Gewicht gelegt habe, um nicht genötigt zu sein, die in Polen kämpfende Armee Böhm-Ermolli, ohne daß für Ersatz vorgesorgt werde, den schwer ringenden Streitkräften südlich der Weichsel zuzuführen. Schließlich bat er Hindenburg, die dargelegte Auffassung in Mé-ziěres zu vertreten6). Als am 28. Nachrichten einliefen, daß in Polen russische Verschiebungen im Gange und drei Korps aus der Front gelöst worden seien, plante Conrad tatsächlich, die 2. Armee nach Bartfeld und Mezölaborcz zu ziehen. Indes wollte er bis zur Beantwortung seiner Depesche durch Falkenhayn an der bestehenden Gruppierung nicht rütteln 7).

Diese Antwort traf am 29. in Teschen ein. Der deutsche Generalstabschef hatte aus der Mitteilung seines Kollegen die Einnahme eines neuen Standpunktes und einen Widerspruch gegenüber den Abmachungen in Oppeln herausgelesen und bat um mündliche Aussprache in Méziěres oder in einem nächstgelegenen Orte.

Wie er mitteilte, schien ihm derzeit alles darauf anzukommen, daß die öst.-ung. Hauptkraft ihre gegenwärtigen Stellungen halte, während die deutsche 9. und die k.u.k. 2. Armee weiter versuchen sollten, den Feind mürbe zu machen. Conrad antwortete umgehend, die Besprechungen in Oppeln hätten bezweckt, festzulegen, was zu geschehen habe, sobald die Russen hinter die Weichsel-Sanlinie zurückgegangen sein würden und wie dies zu erreichen sei. Bisher sei es weder den eigenen Kräften nördlich von der Weichsel gelungen, den Feind zum Rückzuge hinter den Strom zu zwingen, wie dies in Oppeln vorausgesetzt worden war, noch sei es trotz des Erfolges bei Limanowa-Łapanów der 3. und der 4. Armee geglückt, die Russen hinter den San zu drängen. „Neu dabei ist nur, daß ich im Telegramme vom 27. d. M. die Dringlichkeit einer Entscheidung im Osten hervorhob mit Rücksicht auf das im Frühjahr zu gewärtigende Verhalten der Neutralen8).“

Die Depesche schloß damit, daß Conrad erklärte, für eine mündliche Besprechung nicht abkömmlich zu sein; er habe nur einen Vorschlag gemacht und bitte um die Stellungnahme Falkenhayns. Als dieser aber nochmals den Wunsch nach einer Zusammenkunft — diesmal in Berlin — äußerte, trat Conrad am Silvesterabend die Reise nach der deutschen Reichshauptstadt an. An der Besprechung, die am Neujahrstage in den

Amtsräumen des preußischen Kriegsministeriums stattfand, nahm auch General Ludendorff teil1).

Bei dieser Gelegenheit wies Conrad abermals darauf hin, daß in Frankreich „alles festgefahren“ sei und nur im Osten durch den Einsatz von sechs deutschen Divisionen zwischen der deutschen 9. Armee und der Armeeabteilung Woyrsch ein Erfolg erzielt werden könnte, der sich auch auf die Gesamtlage günstig auswirken würde. Als Ludendorff hingegen unter der Voraussetzung, daß dem Ostheere die in der Aufstellung begriffenen neuen Armeekörper zugeführt würden, einen Stoß aus Ostpreußen gegen Bielostok vertrat, waran sowohl Conrad als auch Falkenhayn der übereinstimmenden Meinung, daß ein solcher bei den in Betracht kommenden großen Entfernungen keinen Einfluß auf die Lage in Westpolen üben könnte. Ludendorff kam hierauf mit einem neuen Vorschläge. Da die Fortführung des Angriffes an der Front Mackensens nicht mehr aussichtsreich scheine, sei er bereit, dem öst.-ung. Heere drei bis vier Divisionen der deutschen 9. Armee zur Verfügung zu stellen. Freudig nahm Conrad das Anerbieten an und entwickelte sogleich seine Absicht, die deutschen Divisionen zur Ablösung der Armee Böhm-Ermolli zu verwenden und nach deren Einsatz östlich von der k.u.k. 3. mit beiden Armeen zur Rechtsumfassung Brussilows aus den Karpathen hervorzubrechen. Aber auch gegen den Abänderungsvorschlag Ludendorffs, die k.u.k. 2. Armee lieber in Polen zu lassen und die deutschen Truppen an der geplanten Offensive teilnehmen zu lassen, äußerte er keine Bedenken.

Falkenhayn verhielt sich jedoch gegen eine Karpathenoperation völlig ablehnend. Nicht nur, daß die Geländeschwierigkeiten nahezu unüberwindlich seien, besitze der Russe überdies den Vorteil besserer Verbindungen und würde durch rasche Kräfteverschiebungen jedem Schlage zuvorkommen. Der Frontalangriff in Westpolen erschien dem General als das zweckmäßigste Unternehmen. Unter dem Eindrücke, daß dieser Gedanke allseitige Billigung gefunden habe, kehrte er in das Große Hauptquartier zurück.

Schon am folgenden Tage erhielt Conrad von ihm die Mitteilung, daß sich Kaiser Wilhelm mit der Stellungnahme Falkenhayns insofern einverstanden erklärt habe, als die Abgabe von Kräften aus dem Westen zurzeit unmöglich und die Frage der Verwendung der neuaufgestellten deutschen Korps erst in drei Wochen spruchreif sei. Doch ergehe an das

Die Angaben über diese Verhandlungen sind unter anderem auch einer vom deutschen Reichsarchiv bearbeiteten Studie „Die deutsche Südarmee. Anfang Januar bis Anfang Juli 1915“ entnommen.

Oberkmdo. Ost die Aufforderung, die Entscheidung auf dem linken Weichselufer durch schärfsten Druck in der Pilicagegend zu erzwingen, wobei vorausgesetzt werde, daß die öst.-ung. Fronten in Südpolen, in Westgalizien und in den Karpathen standhielten.

Erster Versuch zur Offensive über die Karpathen

Neue Offensivpläne der Verbündeten Hiezu Beilagen 4 und 5

Bei der Neujahrsbesprechung in Berlin hatte sich GdI. Conrad in politischen Belangen auf persönliche Mitteilungen stützen können, die ihm kurz zuvor vom Grafen Berchtold gemacht worden waren. Der Außenminister, der am 30. Dezember in Begleitung des Botschafters in Berlin, des Prinzen Gottfried Hohenlohe, in Teschen eingetroffen war, hatte die Verhältnisse im Süden der Monarchie als augenblicklich nicht bedrohlich hingestellt; er hielt einen Austritt Italiens aus dem Dreibund noch nicht für bevorstehend und hoffte, das römische Kabinett durch Verheißung eines Landgewinnes in Albanien ablenken zu können. Der unglückliche Ausgang der Kämpfe in Serbien habe die Italiener eher besänftigt als zu Taten angeregt. Immerhin war dem Minister der Rückzug über die Save mit Rücksicht auf die unsichere Haltung Rumäniens recht unerwünscht; auch fürchtete er, daß die Türkei ausspringen und in das feindliche Lager hinüberwechseln würde, falls der Weg für die Munitionszufuhr nicht freigemacht werden könnte. Der Minister schlug daher vor, zur unmittelbaren Verbindung mit Bulgarien die Nordostecke Serbiens mit Hilfe von zwei deutschen Divisionen zu besetzen. Conrad verwahrte sich dagegen; erlange man deutsche Unterstützung, so müsse sie zur Entscheidung gegen Rußland verwendet werden1).

Im Gegensatz zu diesen im allgemeinen beruhigenden Versicherungen Berchtolds trafen jedoch in der ersten Jännerwoche sowohl vom Ballhausplatz als auch vom Militärattache in Rom alarmierende Nachrichten beim AOK. ein, welche die aus dem Süden drohende Gefahr näher rückten. „Sicher ist,“ hieß es in einem vom FM. Erzherzog Friedrich am 5. Jänner an den Kaiser erstatteten schriftlichen Vortrag, „daß ein Angriff Italiens und Rumäniens oder selbst nur eines dieser Staaten die Monarchie in eine militärisch unhaltbare Lage bringen würde. Diese Situation drängt zu raschem Handeln, und zwar in der Absicht eines ehestens gegen Rußland zu erzielenden Erfolges.“ Diesen Erfolg wollte das AOK. nun doch durch den schon im Vormonat versuchten Stoß möglichst starker Kräfte aus den Karpathen gegen Norden herbeiführen. Unverkennbar spielte bei der Wahl dieser Angriffsrichtung der Wunsch nach dem baldigen Entsatz von Przemyśl eine sehr große Rolle; dazu kam noch die Nötigung, ungarisches Gebiet vor russischer Invasion zu schützen.

Das deutsche Oberkmdo. Ost war anderer Ansicht wie Falkenhayn und stimmte grundsätzlich dem von Teschen vertretenen Gedanken eines Angriffes aus den Karpathen zu, den es von einer Offensive aus Ostpreußen begleiten lassen wollte. Schon am 2. wurde von Posen aus im Sinne der in Berlin erteilten Zusage Ludendorffs dem AOK. mitgeteilt, daß die deutsche 9. Armee für den Fall, als sie westlich von Warschau nicht vorwärts kommen sollte, vier bis fünf Infanteriedivisionen an den Ostflügel der Armee Boroević abgeben könnte. Diese Freigebigkeit erfuhr jedoch eine Einschränkung, als Mackensen am 5. bei Bolimów und Rawa unerwarteterweise einen ansehnlichen Erfolg über die Russen errang und man durch den Entzug erheblicher Kräfte die Fortführung der aussichtsreichen Aktion nicht unterbinden wollte. Das Anbot wurde auf zweieinhalb Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision ermäßigt. Fast wäre es wegen eines in diesen Tagen zwischen den Militärverwaltungen in Polen ausgebrochenen Zwiespaltes — es handelte sich um die Aufteilung des politischen Bezirkes Bendzin — auch zu dieser Aushilfe nicht gekommen. Als Folge der entstandenen Mißstimmung knüpfte das Oberkmdo. Ost an die zugesagte Unterstützung einige Bedingungen, denen die k.u.k. Heeresleitung nicht entsprechen konnte. Sie beantragte daher, die Armee Böhm-Ermolli doch lieber durch deutsche Truppen zu ersetzen und statt der zugebilligten Verbände in die Karpathen abzutransportieren. Der Zwischenfall wurde jedoch alsbald durch eine loyale Erklärung aus Posen beigelegt.

Weniger bereitwillig zeigte sich Falkenhayn. Sicherlich waren seine schon in Berlin zur Sprache gebrachten Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit einer nach Gelände und Jahreszeit gleich schwierigen Operation in den Karpathen schwerwiegender Natur; auch erwartete er sich von diesem Unternehmen bestenfalls ein Zurückdrücken der Russen aus dem Gebirge in das ebene Anland Galiziens, womit man die kriegerischen Gelüste auf der apenninischen Halbinsel kaum dämpfen würde. Die Italiener ließen sich nach der Meinung der deutschen Staatsmänner, denen

Falkenhayn durchaus beipflichtete1), nur durch schleunigste und weitestgehende Befriedigung ihrer Gebietswünsche im Zaume halten. Aus diesem Grunde stellte der deutsche Generalstabschef jetzt ganz andere operative Ideen zu Conrads Erwägung.

Die von Mackensen abgezweigten deutschen Kräfte seien nicht in den Karpathen, sondern verstärkt durch weitere, der Ostfront zu entnehmende Verbände gegen Serbien zu verwenden, wo der durch Kämpfe, Krankheiten und Entbehrungen geschwächten feindlichen Armee, die auch bittere Not an Kriegsmaterial leide, ein entscheidender Schlag versetzt werden könne. Damit würde auch die Geltung Österreich-Ungarns auf dem Balkan und gegenüber Italien wieder hergestellt werden. Rumäniens Haltung, das erhoffte Losschlagen Bulgariens an der Seite der Mittelmächte und die außerordentlich wichtige Verbindung mit der Türkei seien ausschließlich von der Lage in Serbien abhängig2). Dieses Unternehmen werde aber nur dann zum Ziele führen, wenn die Armee Boroević die Karpathenpässe trotz ausbleibender Unterstützung auf die Dauer von sechs bis acht Wochen behaupten könne; ebenso dürfe für Przemyśl bis Ende Februar keine Gefahr bestehen.

In Teschen war man solchen Plänen durchaus abgeneigt. So wurde auch dem Wunsche der DOHL., beim k.u.k. Ministerium des Äußern Zugeständnisse an Italien zu befürworten, nicht entsprochen. Conrad warnte im Gegenteil den Grafen Berchtold davor, die italienische Neutralität durch Gebietsabtretungen erkaufen zu wollen und betonte auch nachdrücklich, daß derzeit ohne entscheidenden Erfolg gegen Rußland selbst der größte Sieg über Serbien politisch wirkungslos bleiben würde. Auch der spätere Besuch des Erzherzog-Thronfolgers beim Kaiser Wilhelm galt vor allem der Zurückweisung des deutschen Ansinnens, österreichisches Gebiet an Italien abzutreten.

Nach diesen fruchtlosen Bestrebungen, ein erwünschteres Tätigkeitsfeld für die der deutschen Ostfront entnommenen Kräfte zu gewinnen, verständigte die DOHL. das AOK. am 8. Jänner, daß sie zweieinhalb Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision abgeben werde. Diese sollten mit gleich starken öst.-ung. Kräften als Südarmee unter den Befehl des deutschen GdI. v. Linsingen gestellt werden, dem Ludendorff

*) Die voraussichtliche Bedrohung der Südflanke des deutschen Westheeres durch ein feindliches Italien mag für die Stellungnahme Falkenhayns gleichfalls von Einfluß gewesen sein.

2) Vgl. auch Falkenhayn, Die Oberste Heeresleitung 1914—1916 in ihren wichtigsten Entscheidungen (Berlin 1929), 48 f.

— zu allgemeiner Überraschung aller Außenstehenden — als Generalstabschef zur Seite treten sollte x).

Die näheren Vereinbarungen über den Einsatz der Südarmee wurden in unmittelbarem Einvernehmen zwischen dem AOK. und dem Ober-kmdo. Ost getroffen. Als Falkenhayn erfuhr, daß man die gebirgsunge-wohnten deutschen Truppen östlich vom Uzsokpasse verwenden wolle, erschien ihm das ganze Unternehmen neuerlich im ungünstigsten Lichte; die deutsche Artillerie und die schweren Trainfuhrwerke würden in der gegenwärtigen Jahreszeit in diesem unwegsamen Gebiete nicht fortkommen, es wäre viel besser, die Südarmee westlich vom Passe im Einklänge mit der 3. Armee vorrücken zu lassen2). Zunächst fruchtete es nichts, daß Conrad drahtete, die Weg- und Geländeverhältnisse seien in der vom AOK. für die Südarmee in Aussicht genommenen Operationsrichtung ganz die gleichen wie in der von Falkenhayn gewünschten. Der Südarmee stünden zwei gute durchlaufende Straßen und eine Bahnlinie zur Verfügung; durch reichliche Beistellung von leichtem Fuhrwerk und von Tragtieren werde für das Fortkommen der deutschen Truppen gesorgt werden, endlich sei durch die zur Südarmee tretenden k.u.k. Verbände die Möglichkeit geschaffen, schwierige Aufgaben auf Gebirgswegen durch Truppen lösen zu lassen, die hier seit Monaten kämpften und mit Gebirgsartillerie versehen waren. Falkenhayn gab sich nicht zufrieden. Erst bei einer Besprechung mit Conrad in Breslau am 11. Jänner stimmte er zu, weil die gleichzeitig anwesenden Generale Linsingen und Ludendorff erklärten, die Aufgabe der Südarmee sei zwar nicht leicht, aber immerhin durchführbar; man könne allerdings keine Entscheidung, doch vielleicht einen großen Sieg erhoffen.    .

Bestand nun die k.u.k. Heeresleitung trotz der Verschärfung der Beziehungen zu Italien auf ihrem Operationsplane, so wünschte sie jetzt den Regierungen in Rom und Bukarest deutlich kundgeben zu können,

*) Vermutlich war die auffallende Maßnahme, Hindenburg von seinem bewährten Berater zu trennen, der Rivalität zwischen Falkenhayn und dem siegreichen Oberbefehlshaber der deutschen Ostfront zuzuschreiben. Hatte sich Ludendorff für die unerwünschte Karpathenoperation mit solcher Wärme eingesetzt, so sollte er sich auch an ihrer Durchführung beteiligen.

2) Der Vertreter der DOHL. beim AOK., GLt. v. Freytag-Loringhoven, hatte Falkenhayn vor dem Einsatz deutscher Verbände in den Waldkarpathen gewarnt und vorgeschlagen, die Stoßkraft der deutschen Divisionen zu einer Offensive im Vereine mit dem rechten Flügel der Armee Boroević in der Richtung Sambor—Przemyśl auszunützen und so den Entsatz der Festung herbeizuführen (Freytag-Loringhoven, Menschen und Dinge, wie ich sie im Leben sah, 259).

daß jeder Einbruch in das Gebiet der Donaumonarchie auch auf deutschen Widerstand stoßen würde. Durch Entsendung je eines deutschen Halbbataillons nach Trient, Görz und Kronstadt sollte den beiden neutralen Mächten das Zusammenstehen der Verbündeten vor Augen geführt werden. Aus diesem Grunde hatte schon früher ein für die Südarmee bestimmtes deutsches Bataillon den Umweg über das Banat gemacht, um dem Feinde hier den Ersatz jener ansehnlichen Kräfte vorzutäuschen, die, wie noch zu erwähnen sein wird, von der Armee des Erzherzogs Eugen gegen Norden transportiert wurden. Dem neuerlichen Wunsche des AOK. zur Abgabe von deutschen Truppen für Demonstrationszwecke versagte sich jedoch die DOHL., da sie meinte, die beantragten Entsendungen würden von Italien und Rumänien als Drohung aufgefaßt werden und ungünstig auf die im Zuge befindlichen Verhandlungen mit der Consulta einwirken. Ohne Italien werde Rumänien niemals gegen die Donaumonarchie zu Felde ziehen.

Conrad regte weiters am 16. Jänner im Großen Hauptquartier an> die neuaufgestellten deutschen Korps auf dem rechten Weichselufer in der Richtung Mława—Pułtusk anzusetzen, wovon er sich eine Entlastung der beabsichtigten Karpathenoffensive versprach. Waren dann alle verfügbaren Kräfte zusammengefaßt und gelang es, den russischen Nordflügel zu zertrümmern, so mußte dies den Rückzug der feindlichen Streitkräfte im Weichselbogen nach sich ziehen. Falkenhayn antwortete zustimmend, behielt sich aber die Festsetzung des Verwendungsraumes dieser Korps noch vor. „Mit schwerem Herzen“ verzichtete er damit für längere Zeit auf eine aktive Kriegführung größeren Stils im Westen, weil er glaubte, daß Österreich-Ungarn sonst in kurzer Frist unter den Kriegslasten zusammenbrechen würde1). Diese Auffassung erwies sich denn doch als zu pessimistisch. Waren auch die bisher an die k.u.k. Streitkräfte gestellten Anforderungen außerordentlich hohe, so erscheint das Urteil Falkenhayns durch das noch mehr als dreieinhalb Jahre währende Ringen des öst.-ung. Heeres widerlegt.

Die Kämpfe in der schneebedeckten unwirtlichen Karpathenlandschaft waren schon in vollem Gange, als Falkenhayn am 26. Jänner nach Teschen mitteilte, daß die aus vier Korps neugebildete deutsche 10. Armee2), GO. v. Eichhorn, am 7. Februar die Operationen in Ostpreußen aufzunehmen haben werde. Freilich entsprach die gewählte Richtung nicht völlig den Wünschen des k.u.k. Generalstabschefs.

!) Falkenhayn, 49 f.

2) Drei neuformierte und das XXI. Korps von der Westfront.

Der Ausklang der Dezemberkämpfe

Unstreitig machte sich auf dem östlichen Kriegsschauplätze um die Jahreswende bei den streitenden Parteien ein gewisses Ruhebedürfnis (S. 91) geltend. Ehe sie zu neuen entscheidenden Schlägen ausholten, wurden nur begonnene Operationen in Teilkämpfen zum Abschlüsse gebracht und Vorbedingungen für nächstgeplante geschaffen.

Auf dem äußersten Nordflügel der Verbündeten behauptete sich die 8. Armee, GdI. Otto v. Below, auch weiterhin an den Masurischen Seen und an der Angerapp gegenüber den Angriffsstößen der 10. Russenarmee; die Gruppe Zastrow verhinderte ein Vordringen der feindlichen

12. Armee gegen den Rücken Belows, während die 9. Armee, GO. v. Mackensen, nach ihrem am 5. Jänner gegen die 2. und die 5. Armee errungenen Erfolge und nach der tags darauf begonnenen Auslösung der für die Südarmee bestimmten zweieinhalb Infanteriedivisionen*) und einer Kavalleriedivision bis zum 12. nur kleinere Fortschritte zu verzeichnen hatte. Dann erstarrte auch hier die Front.

Bei der Armeeabteilung Woyrsch, die den linken Flügel der vom AOK. befehligten Streitkräfte bildete, waren die Kämpfe an der Pilica bei Tomaszów—Inowłodz abgeflaut. GO. Woyrsch hatte nunmehr die Aufgabe, den gegenüberstehenden Feind zu binden und Verschiebungen gegen die deutsche Nachbararmee zu verhindern. Durch Streckung seines linken Flügels wurden die südlich von der Pilica befindlichen Teile der 9. Armee für diese freigemacht. Die Russen arbeiteten sich an einzelnen Stellen näher an die Schützengräben ihres Gegners heran, doch scheiterte ihr in der Nacht zum 21. Jänner bei Jasień unternommener Angriff an der Wachsamkeit der deutschen Landwehr.

Auch der rechte Flügel der k.u.k. 1. Armee wies russische Anstürme gegen den Stützpunkt Czarków am 10., 11. und 12. ab. In den folgenden Tagen schwoll die Nida stark an; von ihr überflutete Grabenstücke mußten geräumt werden. An eigene Offensivunternehmen konnten aber weder GO. Woyrsch noch GdK. Dankl denken, umso weniger, als die 1. Armee die 37. HID. und die 33. ID. (S. 84) in die Karpathen absenden mußte.

Während sich somit an den Fronten im Weichsellande nichts Erwähnenswertes ereignete, dauerten weiter südlich die Abschlußkämpfe der zuletzt geschilderten Operationsperiode noch eine Weile an.

Am Silvestertage hatte sich der gegen den Abschnitt Zakliczyn—

Ł) Außerdem stellte die 8. Armee ein Infanterieregiment und eine Artillerieabteilung für die Südarmee bei.

Gorlice gerichtete wütende Ansturm Dimitriews an der unerschütterlichen Abwehr der 4. Armee gebrochen (S. 78). Trotzdem gab der russische Führer seine Anstrengungen nicht ganz auf, galt doch für ihn noch der Befehl Iwanows, den Gegner über die Biała zurückzu werfen. So gingen zu Neujahr die Russen abermals unter Umfassung von Süden her gegen die Erzherzogsarmee vor und bedrohten damit die wichtige Verbindungslinie Gorlice—Grybów—Neusandez. Der gegen Südosten abgebogene Flügel der Gruppe Králiček (43. SchBrig. sowie Teile der 10. und der 12.ID.) verhinderte in wechselvollen Gefechten die Aufrollung der Front. Die äußerste rechte Flügelwacht, die zum Kavalleriekorps Berndt gehörige

II.    HKD., wich allerdings bis Uście Ruskie zurück und mußte durch die halbe 6. KD. verstärkt werden.

Leicht konnte nun die Front im Grenzgebiet der 4. und der 3. Armee noch weiter aufgerissen werden. Um diese Gefahr zu bannen, sollten das

III.    Korps und die vier Reiterdivisionen Berndts gegen Norden vorstoßen und die Umklammerungsbewegungen des Feindes zum Stehen bringen. Zuerst trat das SchR. 5, dem die Richtung auf den Straßensattel 604 *) gegeben war, bei Gładyszów in den Kampf. Während GM. Berndt auf Wunsch des 4. Armeekmdos. sein Kavalleriekorps schon am 2. in die Linie Gładyszów—Uście Ruskie vorgeführt hatte, griff das nur drei Brigaden starke III. Korps erst tags darauf links vorwärts gestaffelt ein. Eine Brigade der 28. ID. wurde rechts vom SchR. 5 zum Angriff auf Banica angesetzt, während die andere durch russische Kräfte gezwungen war, gegen Nordosten abzuschwenken. Die 44. SchBrig. mußte bei Ożenna als Flankenschutz gegen die russische Gruppe bei Krempna Zurückbleiben.

Bei der operativen Bedeutung, die den Vorgängen an dieser schwach geschützten Nahtstelle zukam, sah sich auch das AOK. veranlaßt, den Einklang im Handeln zu regeln. Es befahl daher am 3., das III. Korps habe am nächsten Tag den Abschnitt Banica—Długie—Grab—Ożenna verläßlich in die Hand zu nehmen; in der Folge müßten die inneren Flügel der beiden Armeen bereit sein, den Feind sogleich von Süden und Westen zangenartig anzupacken, wenn er versuchte, hier einen Keil einzutreiben. Das Kavalleriekorps, das sich vorerst mit den abgesessenen Reitern der 11. HKD. sowie mit Fußabteilungen und Radfahrern der 5. HKD. an dem Gefechte des SchR. 5 bei Gładyszów beteiligte, sollte hinter der Frontlücke den Augenblick zum Eingreifen abwarten. Unterdessen hatte FML. Králiček die gegen Gorlice und den rechten Flügel* seiner Gruppe vor!) Mit dem „Straßensattel 604“ ist der Punkt gemeint, wo die Chaussee Zboró— Gorlice die Magóra nördlich von Gładyszów übersetzt.

dringenden Russen abzuschütteln gewußt1). Der Angriff gegen Banica kam erst am 5. in Fluß. Zur Unterstützung des III. Korps dirigierte Králiček eine Kolonne über den Straßensattel 604, das SchR. 5 schwenkte bei Gładyszów gegen Osten ein und die Brigade der 28. ID. arbeitete sich von Süden gegen Banica heran.

Nunmehr erklärte aber Erzherzog Joseph Ferdinand, seinen Südflügel auf die Dauer nicht über den Straßensattel 604 ausdehnen zu können, worauf das 3. erwiderte, von einem vereinzelten Angriff auf die Höhen von Banica absehen zu müssen, weil diese dann nicht behauptet werden könnten. Das III. Korps, durch Boroević daher angehalten, einigte sich mit dem IX., die inneren Flügel zurückzunehmen. Man gab hierauf das ganze Unternehmen auf und das 3. Armeekmdo. nahm das Kavalleriekorps zurück. Am 6. marschierten die 4. und die

10.    KD. sowie die 5.HKD. in weitläufige Quartiere um Bartfeld; die

11.HKD.    wurde wieder der 4. Armee unterstellt.

Die an den Einsatz des Kavalleriekorps geknüpften Hoffnungen hatten sich trotz umsichtiger Führung begreiflicherweise in dem gebirgigen Gelände nicht erfüllen können. Überdies fehlte die Unterstützung durch die wegen der verschneiten und grundlosen Wege zurückgebliebene Artillerie. Die schwachen Kräfte des III. Korps sahen sich in ihrer Tätigkeit durch den stets möglichen Flankenstoß des Feindes von Krempna her gehemmt2). Dieser Fehlschlag bildete das Vorspiel für die Reibungen, die in den nächsten vier Monaten regelmäßig eintraten, sobald die inneren Flügel der beiden Armeen ihre günstige Gruppierung zu übereinstimmendem Vorgehen auszunützen gehabt hätten 3).

In dieser Zeit wehrten auch die Gruppen Szurmay und Ljubičič Angriffe der Russen ab, die namentlich gegen Ljubičič gerichtet waren. Das 4. Armeekmdo. stellte ihm deshalb ein noch als Reserve verfügbares Infanterieregiment für die sichere Abwehr zur Verfügung. Auf dem Nordflügel der 4. Armee herrschte fast vollständige Ruhe4). Überhaupt er-

x) Hiebei wurde ein versprengtes russisches Bataillon gefangengenommen.

2)    Boroević bat neuerlich (S. 77) um Zurückgabe der bei der 4. Armee eingeteilten 6. ID. ünd 43. SchBrig.

3)    Diese Ereignisse wurden hier in weit über den sonstigen Rahmen hinausgehender Ausführlichkeit geschildert, weil sie die operativen und taktischen Schwierigkeiten der Gefechtsführung an einer Nahtstelle beleuchten.

4)    Am 19. Jänner glückte einer Freiwilligenabteilung der deutschen 47. RD. eine Unternehmung gegen die russische Brückenkopfstellung am Westufer des Dunajec nördlich von der Eisenbahn nach Tarnów. Der Feind wurde überfallen und die Brücke durch Artilleriefeuer zerstört.

starb vom 5. Jänner an die Angriffslust des Feindes; er grub sich ein und baute sich allmählich eine starke Stellung.

Schon am Neujahrstage bestand beim AOK. kein Zweifel mehr, daß die 4.'Armee standhalten werde; nunmehr konnte das von der 1. Armee anrollende V. Korps (37. HID. und 33. ID.) dem Ostflügel des GdI. Boroević zugeführt werden (S. 80). Da überdies Nachrichten über Verschiebungen des Feindes gegen Südosten einliefen und der Führer der 3. Russenarmee offenbar nicht mehr an machtvolle Angriffsstöße dachte, entschloß man sich in Teschen, der 4. Armee drei Divisionen zugunsten des rechten Heeresflügels zu entziehen, und zwar: das Gros der 43. SchD. (86. SchBrig. mit Artillerie und Kavallerie) von der Gruppe Ljubicić, die 6. ID. und 43. SchBrig. der Gruppe Arz und die 19. ID., die auf vier Korps (XVII., XIV., XI. und VI.) aufgeteilt war.

Die Heeresleitung war sich des Wagnisses einer solchen Schwächung der 4. Armee voll bewußt. Diese Schwächung fiel umso mehr ins Gewicht, als sich Dimitriew doch nicht ganz untätig verhielt, wovon mehrere Angriffsversuche gegen die Höhe Wal Zeugnis ablegten. Um wenigstens den Flügeln eine Unterstützung zu sichern, sollte sich die 106. LstlD. der 1. Armee zur Mitwirkung an einem Kampfe südlich von der Weichsel in der Nähe der Brücke bei Jagodniki bereithalten und Boroević wurde beauftragt, die ihm wieder zugeführte 43. SchBrig. bei Zboró zu belassen.

So kamen die Truppen der 4. Armee in den nächsten zwei Wochen infolge der häufigen Ablösungen und Verschiebungen nicht zur Ruhe. Aber noch andere Sorgen beschäftigten die Armeeführung; sie ergaben sich aus der nationalen Zusammensetzung ihrer Verbände. In tückischer Absicht ließ der Russe durch die verschiedensten Kanäle die ost- und mittelgalizischen Mannschaften auffordern, in ihre „befreiten“ Heimatdörfer zurückzukehren. Da zur 4. Armee die 11. und die 30. ID. sowie die halbe 43. und die 45. SchD. gehörten, deren Angehörige ihre nächsten Verwandten in unmittelbarer Nähe hinter der Feindfront wußten, bestand die Gefahr einer Massendesertion. Beim XI.Korps half man sich dadurch, daß die unbedingt verläßliche 88. KSchBrig. bataillonsweise hinter der Front aufgeteilt wurde1). Unerschöpflich war der Feind in

*) Ob bei den genannten Armeekörpern ziffernmäßig ins Gewicht fallende Desertionen zum Feinde stattfanden, ist den Akten nicht zu entnehmen. Dagegen liefen wenige Tage nach dem Abschlüsse der vorgeschilderten Kämpfe, nicht von den Ru-thenen, sondern vom bh. IR. 1 ein Feldwebel und 184 Mann zu den Russen über. Dieses Regiment wurde sodann bei der 19. ID. eingeteilt und mit ihr zur Südarmee abtransportiert, wo es in der Gegend von Wyszków kämpfte. In der Nacht vom 7. auf den 8. Februar desertierten neuerlich etwa 100 Mann serbischer Nationalität zum Feinde.

der Erfindung von Kriegslisten. In öst.-ung. Uniformen verkleidete Leute überfielen unsere Patrouillen und kleinere Abteilungen sogar bei helllichtem Tage.

Der Armee Boroević gegenüber hatte sich der Feind mit seinen in der zweiten Dezemberhälfte errungenen Erfolgen begnügt. Bei den geschilderten Unternehmungen ihres Westflügels fand das III. Korps durch die rege Vorfeldtätigkeit des rechts benachbarten VII. entsprechende Unterstützung; Erzherzog Joseph schob dann auch seine Sicherungsabteilungen beiderseits der zum Duklapaß führenden Straße näher an den Feind heran. Die bisher zum Verbände der Gruppe Meixner gehörende 1. KD. wurde dem VII. Korps unterstellt (S. 76).

Beim X. Korps entspannen sich am 1., 3. und 5. Jänner Kämpfe um den Besitz des Gebirgsdorfes Jasiel, an denen sich Truppen der 2. und der zur Gruppe Krautwald gehörenden 24. ID. beteiligten. Offenbar planten die Russen, sich durch das Jasieltal den Weg in den Raum bei Mezölaborcz zu öffnen. Aber weder bei Jasiel noch auf der kürzlich in die Sicherungslinie einbezogenen Pojana (Höhe auf dem Grenzkamm 3 km westlich von Jasiel) vermochten sie festen Fuß zu fassen. Am 5. übernahm FML. Krautwald an Stelle des GdI. Meixner, der um Enthebung von seinem Posten angesucht hatte, den Befehl über das X. Korps; es bestand fortan aus der 2., 24. und 34. ID. Nachdem sich die ununterbrochen in Gefechte verwickelte 2. ID. am 7. der am Vortage verlorenen Höhe westlich von Jasiel wieder bemächtigt hatte, konnten ihre erschöpften Truppen endlich in Unterkünfte gelegt werden. Die 34.ID. schob sich nach Komańcza vor, wobei es zu Zusammenstößen mit dem Feinde kam.

Auf Befehl des 3.Armeekmdos. machte sich auch das XVIII.Korps zu der bevorstehenden Operation durch eine Vorverlegung seiner Widerstandslinie bereit; der Raum bei Kalnica gelangte hiedurch in gesicherten Besitz. Die Masse der 43. SchD., mit der Bahn von der 4. Armee herangezogen (S. 102), wurde vom 10. an in Szinna und Takcsány ausgeladen und schloß nach vorwärts auf. Die bisher dem Korps angegliederten Verbände der 56.ID. und der 8.KD. waren südlich vom Hauptkamme der Karpathen in Erholungsquartiere bei Telepócz gelegt worden. Diesen ermüdeten Truppen sollte aber nur kurze Ruhe beschieden sein.

In der Silvesternacht fiel der nordwestliche Eckpfeiler der Front Pflanzer-Baltins — der Uzsokpaß — in die Hände der Russen. FML. Rónai-Horváth, der hier befehligte, hatte allerdings schon beabsichtigt, seine durch die vorherigen Gefechte mitgenommenen Bataillone am 1. knapp hinter die Paßhöhen zurückzuziehen (S. 73), doch kam der Feind der Ausführung dieser Bewegung zuvor. Unter dem Schutze der Dunkelheit griffen die Russen überraschend an, eine Abteilung umging in der Nacht den linken Flügel des verwirrten Verteidigers; hiebei wurde Oberst Csermák tödlich verwundet. Wenig Widerstand leistete der rechte Flügel, der aus ruthenischen Landstürmern bestand. Von einem geordneten Rückzug war nicht mehr die Rede, die Truppen fluteten im Ungtale zurück und konnten erst in der Linie Révhely—Sóhát zum Stehen gebracht werden. Immerhin blieben aber die über Szinna in Flanke und Rücken der 3. Armee führenden Zugänge gedeckt.

GdK. Pflanzer-Baltin versuchte vergeblich, die rückgängige Bewegung anzuhalten. Er sandte nunmehr die 1. LstHusBrig. von Huszt zu Rónai-Horváth, veranlaßte dessen Verstärkung durch einige ungarische Landsturmkompagnien aus dem Hinterlande und bat das AOK. um ausreichenden Kräftezuschub. Dieses beschloß jedoch, die Sorge um den Uzsokpaß wieder dem 3. Armeekmdo. anzuvertrauen.

GdI. Boroević traf hierauf ungesäumt Maßnahmen zur Unterstützung der in ziemliche Auflösung geratenen Verbände Rónai-Horváths. Da die bei Telepócz in Erholungsquartiere verlegten Armeekörper unmittelbar zur Hand waren, hatte die in die 128. LstlBrig. umgewandelte 56. ID. über Utczás zu Hilfe zu eilen und die 8. KD. über Wolosate in Flanke und Rücken der im Ungtale vorrückenden Russen zu stoßen; später wurde aber auch der Reiterdivision die Richtung über Utczás vorgeschrieben. Durch starke Märsche erschöpft, sammelten sich die bezeichneten Truppen am 4. bei diesem Orte.

Ursprünglich wünschte das AOK., daß gleich nach der Wiederordnung der gelockerten Verbände und nach der Ankunft der zugesandten Verstärkungen an die Wiedereroberung des Uzsokpassesx) geschritten werde; dann sollte noch vorher das Einlangen des V. Korps abgewartet werden, schließlich stimmte man aber in Teschen dem Antrage des

3. Armeekmdos. zu, das Unternehmen erst in zeitlicher Übereinstimmung mit der allgemeinen Offensive durchzuführen. Die Russen fühlten sich indes in ihren Stellungen beiderseits des Ungtales stark ausgesetzt und zogen ihre vorgeschobenen Abteilungen etwas zurück, worauf der jetzt hier befehligende FML. Bartheldy am 10. näher an den Feind rückte.

Inzwischen rollten die zur Verstärkung der Streitkräfte in den Karpathen bestimmten Divisionen und Schützenbrigaden in ihre neuen Auf-

x) In kurzer Aufeinanderfolge wechselten hier die Befehlshaber. Rónai-Horváth wurde durch FML. Siegler ersetzt, dieser durch FML. Bartheldy, bis endlich später FML. Szurmay auf diesen wichtigen Posten gestellt wurde.

marschräume. Ein erheblicher Kraftzuschuß ergab sich daraus, daß GdK. Erzherzog Eugen, Befehlshaber der 5. Armee (Generalstabschef FML. Alfred Krauss), am 6. Jänner bereitwillig der Abgabe von fünf, und zehn Tage später von zwei weiteren Infanteriedivisionen für den russischen Kriegsschauplatz zugestimmt hatte, was durch die Beschränkung auf die reine Defensive gegen Serbien möglich geworden war. Von den erst-bezeichneten fünf Divisionen wurden die 7. und die 29. ID. (XIX. Korps) über Mezölaborcz und die 40. HID. über Ungvár—N. Berezna zur Armee Boroević, die 36. ID. und die 42. HID. (XIII. Korps) zur Armeegruppe Pflanzer-Baltin befördert.

An der Frontmitte dieser Armeegruppe herrschte um die Jahreswende fast völlige Ruhe. Dagegen verstärkte sich der Druck gegen ihre beiden Flügel. In den Tagen vom 3. bis zum 5. Jänner ging die Gruppe Hofmann infolge der Ereignisse am Uzsokpaß von Vežérszállás etwas gegen Süden zurück; der Ort wurde von den Russen besetzt. Auch die Gruppe Schultheisz (54. ID.), die seit zwei Wochen mit ihren Landstürmern auf unwirtlichen Berghöhen kämpfte, wich am 2., nachdem sie tags zuvor einen Angriff blutig abgewiesen hatte, bis zu dem Gestüt Luczyna; ihre Nachhut focht noch bis zum 4. bei Izwor. Ebenso mußte der tapfere Verteidiger der Bukowina, Oberst Fischer, mit seinen zusammengeschmolzenen Gendarmerieabteilungen unter beständigen Gefechten den Rückzug in die Mesticanestie-Stellung bei Jacobeny antreten, wo er schwer erkrankte und den Befehl an den Geniestabsmajor Papp abgab.

Pflanzer-Baltin besorgte, daß sein rechter Flügel dem Vordringen der kürzlich in ihren Ständen aufgefüllten halben russischen 71. RD., bei der auch etwa eine Kosakendivision eingeteilt war, nicht standhalten werde. Obgleich die Linie über Borsa nach Máramaros-Sziget operativ die weitaus wichtigere war, mußten Fortschritte des Feindes über Dorna Watra und den Bor^opaß mit Rücksicht auf Rumänien äußerst unerwünscht erscheinen. Der Armeegruppenführer ließ daher zur Unterstützung Papps das siebenbürgische Gendarmeriebataillon *) am Westeingang des Borgopasses bereitstellen und bat überdies das AOK. um das Verfügungsrecht über eine aus den Ersatzformationen Siebenbürgens zu bildende Infanteriebrigade, die er gleichfalls in diese Gegend zu ziehen gedachte.

Da erhob der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza Einspruch

*) Die Zusammenziehung der Gendarmerieabteilungen in ein Bataillon war vom Militärkmdo. Hermannstadt zur Sicherung Siebenbürgens gegen einen Russeneinbruch verfügt worden.

gegen die geplante Entblößung Siebenbürgens und erreichte auch beim AOK., daß nicht nur die Inanspruchnahme des erwähnten Gendarmeriebataillons unterblieb, sondern daß auch die bisher in der Front verwendeten Abteilungen der ungarischen Gendarmerie abgelöst werden sollten. Ebenso wurde in Teschen der Antrag zur Heranziehung der kombinierten Infanteriebrigade abgelehnt, dafür wurden aber der Armeegruppe vier Landsturmbataillone und eine Landsturmhusarendivision der Festungsbesatzung Krakau zugeschoben.

Nunmehr erfuhr Pflanzer-Baltin auch, daß zwischen seine etwas über

28.000 Feuergewehre zählende Armeegruppe1) und die 3. Armee die deutsche Südarmee eingeschoben und ihm für die bevorstehende Offensive die 6. ID. der 4. und die 5. HKD. der 3. Armee mit Bahn über Mára-maros-Sziget zugeführt werden sollten. Mit dem Eintreffen des Kommandos der Südarmee in Munkács traten die Gruppe Hofmann und die

12. LstTerrBrig., Oberst Burggasser, unter den Befehl des GdI. Linsingen.

FML. Durski begann am 11. mit dem Abmarsch seiner Polenbataillone von Ökörmezö in die Gegend nordwestlich von Borsa als Reserve für die Gruppe Schultheisz. Diese war, am 12. von den Russen umfassend angegriffen, von Luczyna auf die befestigten Höhen des Prislop und Rotundul zurückgegangen.

Den Befehl über die durch den Krakauer Landsturm verstärkte Gruppe Papp hatte am 14. GM. v. Lilienhoff übernommen; er mußte sich bald darauf in der Mesticanestiestellung heftiger Anstürme der Russen erwehren, die seine beiden Flügel zu umfassen suchten. Der Feind gab erst am 20. seine Angriffe auf, als FML. Schultheisz, dem sich Teile der Polenlegion angeschlossen hatten, zur Entlastung über Kirlibaba in den Rücken der Russen vorging. Am 22. konnte sich Schultheisz der beherrschenden Flutoricahöhe und des Raumes bei Kirlibaba bemächtigen.

Während dieser Gefechte soll ein russisches Bataillon unweit von Dorna Watra rumänisches Gebiet durchschritten haben. Die Grenze, an die sich der rechte Flügel Pflanzer-Baltins lehnte, war durch einen starken rumänischen Truppenkordon abgesperrt, dessen Offiziere den Russen wertvolle Aufschlüsse über die Aufstellung und die Stärke der k.u.k. Streitkräfte erteilten.

Unter dem Schutze der Gruppen FML. Hofmann und Oberst Burggasser wurden die mit der Eisenbahn zugeführten Teile der Südarmee

!) Für den Großteil der Truppen Pflanzer-Baltins bestanden keine besonderen Ersatzformationen; die nicht ganz ausreichende Ergänzung der Stände erfolgte durch Zuweisung von Landsturmmarschkompagnien.

ausgeladen; bei Munkács die deutsche l.ID. und die 3.GID., bei Huszt die deutsche 48. RD. und die k.u.k. 19. ID., endlich südlich von Csap die deutsche 5. KD.1). Der Bahntransport wickelte sich unter erheblichen Störungen ab. In Preußisch-Schlesien ereignete sich ein Bahnunfall, außerdem waren die wenig leistungsfähigen nordungarischen Stationen den Anforderungen der vermehrten Ausladung nicht gewachsen und bald mit Nachschubtransporten und Leermaterial verstellt, so daß sich der Aufmarsch um etwa dreißig Stunden verspätete und das deutsche XXIV. RKorps (deutsche 48. RD. und k.u.k. 19. ID.) seine Vorrückung statt am 23. erst am 24. Jänner antreten konnte.

Die Anlage der Jänner offensive über die Karpathen Hiezu Beilagen 4, 5 und 6

Aus den vorangehenden Angaben ist zu erkennen, daß die großen Truppenverschiebungen nur allmählich angeordnet werden konnten, umso mehr als die Zielbestimmung für die aus ruhigen Fronten ausgelösten Verbände der jeweiligen Lage angepaßt werden mußte2).

Bei der Offensive über die Karpathen sollte der 3. Armee die entscheidende Rolle zufallen; sie wurde demnach durch sechs Infanteriedivisionen - V. Korps (33. ID. und 37. HID.), XIX. Korps (7. und 29. ID.), 40. HID., 43. und 86. SchBrig. — verstärkt. Bereits am 2. Jänner erhielt GdI. Boroević die Weisung, seine Kräfte so zu gruppieren, daß bei Operationsbeginn der Ostflügel der Armee unter „Sicherung“ gegen den Uzsokpaß zu einer einheitlichen und kräftigen Offensive auf Lisko—Sanok vorgeführt werden konnte, während sich der Westflügel, der stark befestigten Stellungen gegenüberstand, erst später dem Angriffe „anzuschließen“ und Richtung auf Rymanów—Krosno—Jasło zu nehmen hatte. Im großen ganzen war dies eine Wiederholung des Dezemberangriffes.

GdI. Boroević legte nach seinem am 12. Jänner eingesendeten OperaGen. Ludendorff beantragte als Generalstabschef Linsingens, diese Reiterdivision, von deren Verwendung er sich in dem schwierigen Gelände der Waldkarpathen nichts versprach, wieder nach Polen zurückzuschicken. Das AOK., das auf die Aufklärungstätigkeit nach Durchschreitung der Gebirgszone großes Gewicht legte, ging jedoch auf diesen Vorschlag nicht ein. Als nun Ludendorff auf seiner Meinung bestand und ankündigte, daß er sich wegen Rückberufung der Kavalleriedivision in direktes Einvernehmen mit dem Oberkmdo. Ost setzen werde, wandte sich das AOK. selbst nach Posen. Hindenburg enthielt sich eines Eingriffes, weil ihm die Division nicht unterstellt war.

' Vgl. Ratzenhofer, „Truppentransporte beim Winterfeldzug in den Karpathen“ („Wissen und Wehr“, Jhrg. 1929, 8. Heft).

tionsentwurf besonderes Gewicht auf die möglichst rasche Gewinnung des Raumes bei Ustrzyki Dl. durch seinen Ostflügel, .wodurch der Feind bei Lisko und Sanok zum Weichen gezwungen würde. Da die zusammenhängende Front der Armee Brussilow nur bis zur Straße Cisną—Baligród— Lisko reichte und ihr linker Flügel bis zum Uzsokpaß nur aus einzelnen Gruppen und starker Kavallerie bestand, so ließ sich bei der Stoßrichtung über Lutowiska—Baligród erhoffen, alsbald gegen die Ostflanke der 8. Russenarmee einschwenken zu können.

Es kam jedoch zu einer Abänderung der ursprünglich geplanten Kräfteverteilung (Beilage 6) bei der 3. Armee. So geringfügig diese Abänderung auf den ersten Blick auch erscheinen mochte, so war sie doch von weittragenden Folgen. Der Anstoß hiezu ging vom Kmdo. der deutschen Südarmee aus.

GdI. Linsingen war mit seinem Generalstabschef Ludendorff am

13. Jänner in Munkács eingetroffen. Seine Armee sollte nach den von der k.u.k. Heeresleitung bekanntgegebenen Richtlinien am 23. im Einklänge mit der Gruppe Szurmay aus der Linie nördlich von Szolyva und Vucs-komezö zum Angriffe über Verecke —Tucholka —Volovec —Tuchla und Toronya—Wyszków vorgehen. Nach dem Überschreiten des Gebirgesund Erreichen des Raumes Dolina—Stryj—Synowódsko werde die weitere Aufgabe der Südarmee einerseits vom Ergebnisse der Kämpfe der 3. Armee südlich von Przemyśl, andererseits von dem etwaigen Auftreten russischer Verstärkungen abhängen. Je nach der Lage habe GdI. Linsingen daher entweder über Drohobycz—Borysław in den Kampf der 3. Armee umfassend und entscheidend einzugreifen oder, wenn die Armee Boroević bis dahin schon in den Raum Sambor—Przemyśl gelangt wäre, über Ży-daczów, Żurawno und Martynów gegen Flanke und Rücken des abziehenden Feindes vorzudringen. Sollten aber starke russische Kräfte gegen Stanislau—Nadworna—Kolomea herangeführt werden, so könne auch der gegen diese gerichtete Angriff die weitere Aufgabe der Südarmee bilden. Für diesen Fall wurde ihrem Führer die Unterstellung der mit dem linken Flügel über den Pantyrpaß vorrückenden Armeegruppe Pflanzer-Baltin zugesagt.

Gen. Ludendorff fand jedoch, daß die Stärke der Gruppe Szurmay eine rasche Wegnahme des Uzsokpasses nicht verbürge und beantragte daher, man möge entweder den FML. Szurmay durch die gebirgsgewohnte

6. ID. unterstützen *) oder die Zuführung der für Linsingen bestimmten

x) Die 6. ID. befand sich aber zum größten Teile schon bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin.

3. GID. genehmigen; außerdem müsse die zum Angriff auf den Uzsokpaß angesetzte Kraftgruppe auf die Dauer der Kämpfe in den Karpathen dem Kmdo. der Südarmee untergeordnet werden. Von diesen Anträgen berücksichtigte das AOK. nur die Verstärkung der Gruppe Szurmay, jedoch nicht durch die 6., sondern durch die 7. ID., die ursprünglich als Reserve der 3. Armee hinter die inneren Flügel der Gruppen Puhallo und Krautwald gelangen sollte.

Mit Rücksicht auf den neuerlichen Kraftzuschuß für Szurmay wurde das 3. Armeekmdo. von der Heeresleitung angewiesen, mit dieser Gruppe die Höhen bei Borynia bis zum 26. Jänner fest in die Hand zu nehmen. Die 3. GID. war — die Infanterie mit der Bahn — über Ungvár, N. Berezna, Csontos bis zum 26. in die Gegend südlich vom Uzsokpaß zu verschieben, um entweder, über Libuchora vorrückend, an der Öffnung der Verecke-straße oder in der Richtung auf Turka bei Szurmay mitzuwirken.

Lag die Sicherstellung des Erfolges am Uzsokpaß zweifellos im Interesse der Südarmee, so wurde doch dem für das Schicksal der Gesamtoperation ausschlaggebenden Stoße auf Ustrzyki Dl. durch Wegführung der 7. ID. ein unersetzlicher Kraftteil entzogen.

Eine Besprechung der Generale Boroević und Linsingen, die sich am

20., von ihren Generalstabschefs begleitet, in Sátoralja-Ujhely trafen, galt dem übereinstimmenden Vorgehen der Armeeflügel. Da FML. Szurmay seine Truppen schon" am 22. näher an den Uzsokpaß heranführen und seine Hauptkraft zu einer stark nach Süden ausgreifenden Umfassung bereitstellen wollte, sicherte Linsingen zu, seine linke Flügelkolonne am 21. Jänner gegen Vezérszállás vorgehen zu lassen und den Feind derart zu binden, daß Szurmays rechter Flanke keine Gefahr drohe. Schon am 15. hatte in Huszt eine Verabredung des Führers der Südarmee mit seinem rechten Nachbar, dem GdK. Pflanzer-Baltin, stattgefunden1).

Noch vor dem Beginn der Offensive wurde der Zwischenfall aus der Welt geschafft, der Hindenburg von seinem bewährten Berater getrennt hatte: Ludendorff kehrte, bei der Südarmee durch GM. v. Stolzmann ersetzt, nach Posen zurück.

Der Armeegruppe Pflanzer-Baltin wurde vom AOK. die Aufgabe gestellt, mit dem linken Flügel den Raum bei Nadworna zu gewinnen, während der rechte vorerst einen Einbruch des Feindes über Kirlibaba— Jacobeny abzuwehren und sich später gleichfalls an der allgemeinen Offensive zu beteiligen hatte. Nach dem Überschreiten der Waldkarpathen

1) Die Bereitstellung der Streitkräfte Linsingens und die den einzelnen Gruppen vorgeschriebenen Vorrückungslinien sind aus der Beilage 6 zu entnehmen.

sollte die Armeegruppe weit nach Norden hin auf klären, die gegen Stryj und Lemberg von Osten und Norden heranführenden Bahnen zerstören lind überhaupt die Verbindungen des Feindes unterbrechen.

Verschiedene Umstände wirkten zusammen, um die Bearbeitung des Operationsplanes bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin zu verzögern. Ursprünglich wurden dieser Armeegruppe nur die 6. ID., die 5.HKD. und die 10. KD.1) dann aber auch — von den Balkanstreitkräften — das XIII. Korps (36. ID. und 42. HID.) zugeführt. Für diese weitere Verstärkung waren politische und militärische Gründe maßgebend gewesen. Graf Tisza fürchtete, daß die im Dezember erfolgte Räumung eines großen Teiles der Bukowina, wodurch auch die dort ansässigen Rumänen der russischen Invasion preisgegeben wurden, auf die Haltung des Bukarester Kabinetts von Einfluß sein und dessen Begehrlichkeit auf stacheln werde. Auf Betreiben des ungarischen Ministerpräsidenten, der sich auch nach Teschen wandte, machte Graf Berchtold knapp vor seinem am 13. Jänner 1915 erfolgten Rücktritte vom Posten des Außenministers2) das AOK. auf diese Gefahren aufmerksam. Da die Möglichkeit doch nicht ganz außer Betracht lag, daß Rumänien sich an die Seite der Entente schlug, durfte der südliche Heeresflügel nicht vernachlässigt werden. Überdies waren in Teschen auch Nachrichten über einen bevorstehenden Einbruch starker russischer Kräfte in die Bukowina eingetroffen, was sich allerdings nicht bewahrheiten sollte. Endlich hatte GdK. Pflanzer-Baltin um die Zuführung einer Division für seinen rechten Flügel gebeten.

Nunmehr konnte auch der linke Flügel Pflanzers verstärkt werden. Die bereits südlich vonKörösmezö ausladende 6. ID. wurde daher, zunächst nur mit Teilen, nach Westen an die zum Pantyrpaß führende Marschlinie verschoben. Da aber der Russe gerade zur Zeit, als in Máramaros-Sziget die Offensive gegen Norden erwogen wurde, die früher geschilderten Vorteile über die Gruppe Schultheisz errungen hatte (S. 105), war zu besorgen, daß er die vorrückenden Streitkräfte Pflanzer-Baltins in der rechten Flanke und im Rücken bedrohe, wenn er seine Angriffe aus der Gegend von Kirlibaba fortsetzte. Das AOK. ermächtigte deshalb den Armeegruppenführer, einem solchen Stoß das XIII. Korps entgegenzuwerfen, ohne daß jedoch die in diesem Falle vornehmlich nur der 6.ID. übertragene Offensive über Körösmezö und Rafaiłowa aufzuschieben wäre.

x) Der Antransport der 10. KD. erfolgte erst Ende Jänner, jedoch mit der Bestimmung zur Südarmee. Die 5. HKD. folgte Mitte Februar.

2) An seine Stelle trat Baron Burián (Musulin, Das Haus am Ballplatz, Münchcn 1924, 254 f; Tisza, Briefe, I, 150).

Der Erfolg der Gruppe Schultheisz beseitigte aber bald darauf die von .Kirlibaba her drohende Gefahr9).

Die Heeresleitung stimmte dem in Beilage 6 dargestellten Opera-tionsentwurfe des Armeegruppenführers zu, legte ihm aber einen möglichst baldigen Angriff gegen die Russen in der Bukowina nahe, offenbar damit sein Nordstoß in der Flanke gesichert werde und auch um die Rumänen in ihrer Neutralität zu bestärken. Da sich aber das Heranführen des XIII. Korps verzögerte, war die Aufnahme der Offensive durch die Armeegruppe kaum vor der Monatswende möglich.

Die kritische Periode der Verschiebungen und Bereitstellungen an der ganzen Karpathenfront konnte glatt überwunden werden, weil die Russen sich jeder nennenswerten Störung des gegnerischen Aufmarsches enthielten. Als am 22. Jänner die Gruppe Szurmay ihre einleitenden Bewegungen zum Angriffe auf den Uzsokpaß bereits begann, faßte das AOK. die bisher bruchstückweise erteilten Anordnungen zur Offensive in einen einheitlichen Heeresbefehl zusammen. Dieser lautete (verkürzt):

„Am 23. Jänner beginnt die Offensive des Ostflügels der 3. und der Südarmee mit dem Angriffe auf den Uzsok- und Vereckesattel.

Die Armeegruppe Pflanzer-Baltin wird sich diesem Angriffe in der Staffel östlich anschließen, in der Richtung Delatyn—Nadworna und mit Teilen durch die Bukowina vorgehen.

Mit dem Fortschreiten der Offensive wird der Westflügel der 3. Armee über Żmigród und Dukla, die 4. Armee mit dem Südflügel über Jasło anzugreifen haben.

Volles Zusammenwirken des III. Korps mit dem Südflügel der 4. Armee ist dabei unerläßlich.

Dem Angriffe der Gruppe Arz werden sich die Gruppen Ljubicić und Roth anschließen. Gruppe Křitek wird über den unteren Dunajec entlang der Weichsel in der Staffel vorrücken, tun jede Einwirkung des Feindes vom nördlichen Weichselufer zu verhindern, eventuell auch über die Weichsel vorgehen, um das Vordringen der 1. Armee über die Nida zu unterstützen.

Die 1. Armee und die Armeeabteilung Woyrsch10) sind stets bereit, jedes Abziehen feindlicher Kräfte mit dem sofortigen Angriffe zu beantworten und im Falle gegnerischen Rückzuges sofort zu folgen. Es ist wahrscheinlich, daß der Feind wenigstens mit Nachhuten in seiner rückwärtigen Stellung von der Pilica, über Opoczno, Końsk, Kielce und südöstlich davon neuerdings Widerstand leisten wird.

Die 1. Armee richtet ihre Hauptkraft gegen den Raum bei und vornehmlich südöstlich von Kielce.

Die Armeeabteilung Woyrsch wird am Südflügel mit der Division Bredow und dem LKorps den Raum bei Cminsk zu nehmen haben, die Hauptkraft der 2. Armee am Nordflügel versammeln, um gegen Nowemiasto—Drżewica anzugreifen, in der übrigen Front aber nur schwache Kräfte in breiter Front dem Gegner folgen lassen.“

Das Oberkmdo. Ost wurde von der k.u.k. Heeresleitung ersucht, die der 9. Armee gestellte Aufgabe auch weiterhin aufrechtzuhalten: Fortsetzung des Angriffes, mindestens aber Bindung der russischen Kräfte und Verhinderung selbst teilweisen Abziehens in den Raum südlich von der Pilica oder gegen die Karpathen.

Der Aufmarsch des Angriffsheeres hinter den Karpathen in einer Front von nahezu 400 km war in hohem Grade von dem Bahnnetz und der Leistungsfähigkeit der einzelnen Transportlinien abhängig. Selbst wenn außer den bereitgestellten Divisionen augenblicklich noch weitere Kräfte zur Verfügung gewesen wären, so hätte man sie in Anbetracht der transporttechnischen Möglichkeiten bis zum 23. Jänner, dem für den Beginn der Offensive festgesetzten Tage, nicht haben heranbringen können. Abgesehen davon, daß die nunmehr hiezu bestimmten Kräfte für den weiten Raum nicht ausreichten, sollte sich der Mangel einer größeren Reserve binnen kurzem recht fühlbar machen.

Das AOK. beabsichtigte, aus dem Gebirge umfassend zum kriegsentscheidenden Angriffe vorzubrechen, im Rahmen der großen Operation aber auch auf der kürzesten Linie gegen Norden vorzustoßen, um die Festung Przemyśl zu entsetzen. Die tatsächliche Kräftegruppierung entsprach vor allem dem zuerst erwähnten Zwecke; der Nordstoß hingegen hätte wirksamer geführt werden können, wenn die Südarmee, wie es deutscherseits ursprünglich gedacht war, knapp neben der 3. Armee im Abschnitte zwischen der Gruppe FZM. Puhallo und dem Uzsokpasse eingesetzt worden wäre. Nunmehr mußte aber die Stoßgruppe des GdI. Boroević bei ihrem Vorgehen auf Przemyśl zunächst der Unterstützung durch den rechten Heeresflügel entbehren; denn die Südarmee und die überhaupt zu einem späteren Zeitpunkte vorrückungsbereite Armeegruppe Pflanzer-Baltin hatten vorerst die Gebirgszone zu durchschreiten und den hier zu gewärtigenden Widerstand des Feindes zu brechen, ehe sie — und zwar wahrscheinlich auch nicht kampflos — gegen Norden aufzuschwenken und in eine enge Verbindung mit der 3. Armee zu treten vermochten. Das AOK. glaubte, den schweren Nachteil eines Verzichtes auf die Gleichzeitigkeit der Stöße gegen die Flanke der russischen Massen und auf eine straffe Zusammenfassung der Kräfte deshalb in den Kauf nehmen zu müssen, um die Befreiung Przemyśls sobald als möglich ins Werk zu setzen. Schwer lastete das Schicksal der tapferen Besatzung auf der Seele des Feldherrn und ebenso bildete die politische Lage einen wesentlichen Antrieb zu größter Eile.

In allererster Linie hing die Widerstandsdauer des festen Platzes Przemyśl von den verfügbaren Verpflegsmengen ab, die vor der zweiten Einschließung eine empfindliche Einbuße durch Abgaben an die Feldarmee erfahren hatten und durch den bald unterbrochenen Zuschub nicht ausreichend hatten ersetzt werden können1). Es dauerte längere Zeit, bis sich die Festungsintendanz den notwendigen Überblick verschaffte. Noch in einer am Neujahrstage in Teschen eingetroffenen Meldung hieß es, die Verpflegung des Mannes reiche bei weiterem Konsum von Pferdefleisch nur bis zum 18. Februar. Obgleich sich das AOK. dagegen ungläubig verhielt, mochte diese Feststellung ihre alarmierende Wirkung nicht verfehlt und die Notwendigkeit beschleunigten Entsatzes eindringlich vor Augen geführt haben. Wenige Tage später ergaben aber neuerliche Berechnungen des Festungskmdos., daß die Vorräte bis zum 7. März gestreckt werden könnten, wenn man mit ausgiebigen Pferdeschlachtungen sofort begänne und den Stand an Pferden auf ein Mindestmaß reduzierte. Die Bewegungsmöglichkeit der Besatzung und auch die Verteidigungsfähigkeit des festen Platzes würden aber hiedurch erheblich verringert werden.

Das Festungskmdo. fragte daher am 4. Jänner beim AOK. an, ob man sich auf einen Durchbruch etwa um den Í. Februar oder zum Aushalten bis zum 7. März einzurichten habe. Ein Flieger, der am 14. Jänner in Przemyśl landete, brachte dem Festungskmdo. zunächst nur den Befehl, aus der Besatzung fünf Divisionen zu formieren und mit diesen spätestens im Februar entweder kraftvoll an einem Entsatzversuche teilzunehmen oder äußerstenfalls bei Zurücklassung einer Minimalbesatzung die Räumung von Przemyśl und den Anschluß an die Feldarmee zu bewirken. Erst am 11. März meldete das Festungskmdo., daß die Verpflegs-vorräte nach der Durchführung der Pferdeschlachtungen und nach einer gründlichen und planmäßigen Durchsuchung des Vorfeldes nach Nahrungs- und Futtermitteln die Widerstandsdauer des festen Platzes bis zum 24. März gewährleisteten. Mitte Jänner rechnete aber das AOK. noch mit einem viel früheren Termine.

Bei der russischen 11. Armee, die Przemyśl mit ihrer Masse einschloß,

!) Die folgenden Angaben zum Teil nach Stuckheil, „Der Kampf um Przemyśl 1914/15“.

deren Truppen aber auch die Besetzung des ganzen Karpathenabschnittes östlich von Lisko bestritten, herrschte ein reger Wechsel bei den Verbänden der zwei mit der Zernierung betrauten Korps. Freund und Feind verzichteten aber um die Jahreswende auf größere Unternehmungen; die Russen brachten ihre Anwesenheit nur durch gelegentliche Bombenabwürfe auf die Stadt und den Festungsbereich in Erinnerung. Die Besatzung wieder mußte für den Endkampf möglichst geschont werden; auch verbot sich jede größere Kampfhandlung schon deshalb, weil sie mit einer Erhöhung der Verpflegsration zur vorangehenden Kräftigung der Truppen verbunden gewesen wäre, was der notwendigen äußersten Sparsamkeit zuwiderlief. Der Verpflegsstand der Festung betrug bei Jahresbeginn 127.800 Mann und 14.540 Pferde; überdies war für die Ernährung von etwa 18.000 Zivilbewohnern und 1000 Kriegsgefangenen zu sorgen.

Gliederung der Streitkräfte auf dem nördlichen Kriegsschauplatz nach dem Stand vom 23. Jänner 1915

ARMEE WOYRSCH

Kmdt.: preuß. GO. v. Woyrsch

Gstbsdief: preuß. Obstlt. Heye

A. ÖST.-UNG. 2. ARMEE

Kmdt.: GdK. v. Böhm^Hrmoiii

Gstbsdief: Obst. Dr. B a r d o 1 f f

KORPS GALLWITZ

Kmdt.: preuß. GdA. v. Gallwitz Gstbsdief: preuß. Obst. v. Bartenwerffer Öst.-ung. 35. ID.: FML. Fox    Öst.-ung. 27. ID.: FML. Kosak

69.    IBrig.:    GM. v. Baitz    53.    IBrig.:    GM. Urbarz

70.    IBrig.:    Obst. Edl. v. Salmon    54.    IBrig.:    Obst. v.Watteridi

121/2 Baone., 2 Sdiwd., 9 Bt.,- 8.080 Feuer« IIV2 Baone., 2 Scfawd., 7 Bt.,- 9.470 Feuer» gewehre, 246 Reiter, 52 Gesct.    gewehre, 256 Reiter, 42 Gesdi.

ÖST.-UNG. IV. KORPS Kmdt.: GdK. v. Tersztyánszky Gstbsdief: Obstlt. Freih. v. Salis^Samaden

31. ID.: FML. Freih. v. Lütgendorf    32. ID.: GM. Ludwig G o i g i n g e r

61.    IBrig.:    GM. v. Felix    63.    IBrig.:    GM. v. Podhoránszky

62.    IBrig.:    GM. Blasius v. Dáni    64.    IBrig.:    GM. Grallert

121/2Baone., 2Schwd., 10Bt.,- 11.468Feuer*    13 Baone., 4 Sdiwd., 7 Bt.,- 8.613 Feuer*

gewehre, 294 Reiter, 56 Gesch.    gewehre, 370 Reiter, 42 Gesdi.

ÖST.-UNG. XII. KORPS Kmdt.: GdI. v. K ö v e s s Gstbsdief: Obst. Freih. v. Zeidler*Sterneck

16. ID.: FML. v. Schariczer    Deutsche 35. RD.: GLt. v. Schmcttau

31. IBrig.: GM. v. Szende    13 Baone., 3 Sdiwd., 6V2 Bt./ 8.992 Feuer*

32.    IBrig.: GM. Goldbach    gewehre,    348    Reiter,    34    Gesch.

14 Baone., 3 Sdiwd., 10 Bt.,- 10.705 Feuer*

gewehre, 366 Reiter, 56 Gesch.

Dem Armeekmdo. unterstellt:

3. KD.: FML. Ritt. v. Brudermann

10. KBrig.: Obst. Freih. v. Cnoblodi

17. KBrig.: GM. Ritt. v. Pruszyński 1 Fußbaon., 20 Schwd., 3Bt.,- 789 Feuer* gewehre, 2.364 Reiter, 12 Gesch.

7. KD.: FML. Edl. v. Korda 11. KBrig.: Obst. Gf. Lasocki

20. KBrig.: GM. v. Le Gay 1 Fußbaon., 16 Schwd., 4 Bt.,- 400 Feuer* gewehre, 1.907 Reiter, 16 Gesch.


9. KD.: GdK. Freih. v. H a u e r

1. KBrig.: Obst. Dienst!

9. KBrig.: GM. Ritt. v. Micewski

1 Fußbaon., 16 Schwd., 3 Bt.,- 545 Feuergewehre, 1.903 Reiter, 12 Gesch.

B. DEUTSCHE ARMEEABTEILUNG WOYRSCH

Kmdt.: GO. v. Woyrsdi

Gstbsdief: Obstlt. Heye

LANDWEHRKORPS Kmdt.: GLt. Freih. v. König

3. LD.: GLt. v. Rieß    4.    LD.: GLt. v. We g e r e r

12 Baone., 4 Sdiwd., 8 Bt.,- 8.185 Feuer* 9 Baone., 7 Schwd., lOVaBt.,- 6.244 Feuer* gewehre, 312 Reiter, 44 Gesch.    gewehre,    1.052    Reiter,    56 Gesch.

LD. Bredow: GLt. Gf. v. Bredow

13 Baone., 2 Schwd., 13 Bt.,- 9.554 Feuergewehre, 188 Reiter, 64 Gesch.

Summe der Armee Woyrsch: 113V2 Baone., 81 Schwd., 91 Bt.,- 83.045 Feuergewehre,

9.606 Reiter, 486 Gesch.

I.    ARMEE

Kmdt.: GdK. Danki

Gstbscfaef: GM. Edl. v. Kochanowski

II.    KORPS

Kmdt.: FML. Johann Freih. v. Kirchbach Gstbsdief:    Obst. Gf. Szeptycki

25. ID.: FML. Erzherzog    Peter    Fe r»    4. ID.: FML. Edl. v. Stöger»Steiner

d i n a n d    7. IBrig.: Obst. Schaible

49.    IBrig.: Obst. Edl. v. Severus    10 Baone., 2 Schwd., 9 Bt.,-    8.381    Feuer*

50. IBrig.: GM. Ritt. v. Bolberitz    gewehre, 217 Reiter, 49 Gesch.

11 Baone., 2 Sdiwd., 9 Bt.,- 9.266 Feuer*

gewehre, 208 Reiter, 44 Gesch.

Korpsunmittelbar: 1 Baon., 1 Schwd.,• 540 Feuergewehre, 98 Reiter

I. KORPS Kmdt.: GdK. Karl Freih. v. Kirchbach Gstbsdiefi Obst. Demus 5. ID. j FML. Edl. v.Habermann    46. SchD.: GM. Edl. v. Brandner

9.    IBrig.: Obst.Wossala    92. SdiBrig.: Obst. Haas

10.    IBrig.: Obst. Adalbert v. Kaltenborn    k. k. 110. LstlBrig.: Obst. Freisinger

12 Baone., 4 Schwd., 9V2 Bt.,- 9.318Feuer=    18Baone.,3Sdiwd.,16V4Bt.,-14.505Feuer=

gewehre, 357 Reiter, 50 Gesch.    gewehre, 342 Reiter, 70 Gesch.

Gruppe FML. Martiny

Gstbsdief: Hptm. Hans Ritt. v. W i 11 a s

14. ID.: GM. Ritt. v.W i II e r d i n g    106. LstlD.: FML. K 1 e 11 e r

27.    IBrig.: GM. Horváth    k. k. 1. LstlBrig.: Obst. Brauner

28.    IBrig.: Obst. Jenisdi    k. k. LstlBrig.: Obst. Ködih

15Baone., 2Sdhwd., 7l/4Bt./12.147Feuer*    12 Baone., 4 Sdiwd., 7 Bt.,- 7.171 Feuer*

gewehre, 194 Reiter, 43 Gesdi.    gewehre, 406 Reiter, 37 Gesch.

91.SdiBrig.: GM. v. Urbański

6 Baone., 3 Bt.,- 5.835 Feuergewehre, 18 Gesdi.

2.    KD.: FML. Ritt. v. Ziegler

3.    KBrig.: GM. Freih. v. Abele

16. KBrig.: GM. Freih. v. Diller

1 Fußbaon., 23 Schwd., 3 Bt.,- 840 Feuergewehre, 2.434 Reiter, 12 Gesdi.

Summe der 1. Armee: 86 Baone., 41 Sdiwd., 64 Bt.,- 68.003 Feuergewehre,

4.256 Reiter, 323 Gesch.

4. ARMEE

Kmdt.: GdI. Erzherzog Joseph Ferdinand

Gstbsdief: FML. Rudolf K r a u s s

XVII. KORPS

Kmdt.: GdLKřitek

Gstbsdief: Obst. Edl. v. L e r c h

121. IBrig.: Obst. Edl. v. Lüftner    41. HID.: FML. Schay

5V2 Baone., 1 Sdiwd., 5Bt.,- 2.600 Feuer-    40. HIBrig.: GM. Foglár

gewehre, 100 Reiter, 28 Gesdi.    82. HIBrig.: GM. Sdiamsdiula

12 Baone., 2 Sdiwd., 6 Bt.,- 9.300 Feuer* gewehre, 195 Reiter, 27 Gesdi.

XIV. KORPS Kmdt.: FML. Roth

Gstbsdief: Obst. Göttlicher

3. ID.: FML. Edl. v. Horsetzky    8. ID.: FML. v. F a b i n i

5. IBrig.: Obst. Edl. v. Merten    96. IBrig.: GM. Ritt. v. Ržiha

15. IBrig.: Obst. Fischer    8    Baone.,    2    Schwd.,    12    Bt.,-    4.827    Feuer-

14‘/2 Baone., 2 Schwd., 12V2 Bt.,- 8.503    gewehre,    224    Reiter,    64    Gesch.

Feuergewehre, 139 Reiter, 49 Gesdi.

Deutsdie 47. RD.: GLt. v. B e s s e r    k. k. LstGroppe: Obst. G r z e s i c k i

13Baone., 1 Sdiwd., 13Bt.,- 11.197Feuer*    3 Baone.,- 2.108 Feuergewehre

gewehre, 93 Reiter, 52 Gesch.

Korpsunmittelbar: 1 Sdiwd., 4V2 Bt.,- 80 Reiter, 13 Gesch.

XI. KORPS Kmdt.: FZM. L j u b t č i ć

Gstbsdief: Obst. R i m 1

11. ID.: FML. Anton v. B e 11 ni o n d    15. ID.: FML. Edl. v. Schenk

21.    IBrig.:    Obst. Sdiönauer    29. IBrig.: Obst.    v. Stanoilovic

22.    IBrig.:    GM. Alexander    Ritt. v.    30. IBrig.: Obst.    Leide

Wasserthal    9V2 Baone., 2 Sdiwd., 9 Bt.,- 5.175Feuer=

10V4Baone., 2Sdiwd., 15Bt.,- 6.621 Feuer*    gewehre, 204 Reiter, 47 Gesdi.

gewehre, 151 Reiter, 87 Oes*.    6. KD.: GM. Edl. v. S c h w e r

30. ID.: FML. Kaiser    } Vm,"8':    n

60. IBrig.:    Obst. Ritt. v. Gruber    1 Ful,bao"- 8f*T,d-'3 Bt.'    1;005 Feuer-

88. KS* Brig.: Obst. v. Edthardt    Sewehre- 947 RelKr' 12 GtsA-

8 Baone., 2 Schwd., 12 Bt.,- 5.330 Feuer-    Detachement Obstlt. Freih. v. Vé v e r

gewehre, 227 Reiter, 54 Gesch.    1 Fußabteilung, 6 Sdiwd.,- 258 Feuer*

gewehre, 371 Reiter

GRUPPE ARZ

VI. KORPS

Kmdt.: FML. v. A r z Gstbsdief: Obst. Huber

39.ID.: FML. Hadfy    12.ID.: FML. Kestranek

77.    HIBrig.: GM. v. Molnár    23. IBrig.: Obst. Ritt. v. Metz

78.    HIBrig.: Obst. Daubner    24. IBrig.: GM. v. Puchalski

12 Baone., 2 Sdiwd., 10 Bt.,- 6.713 Feuer*    12V4 Baone., 2Sdiwd., 8V2 Bt.,- 9.313

gewehre, 280 Reiter, 57 Gesdi.    Feuergewehre, 210 Reiter, 48 Gesch.

45. SchD.: FML. Smekal

89.    SdiBrig.: Obst. Gąsiecki

90.    SdiBrig.: Obst. Edl. v. Pattay

6 Baone., 3 Sdiwd., 2 Bt.,- 3.311 Feuergewehre, 281 Reiter, 12 Gesdi.

Korpsunmittelbar: 1 Sdiwd., 1 Bt.,- 73 Reiter, 4 Gesch.

Gruppe Bartheidy 38. HID.: FML. Barthel dy    komb.HID.: FML. v. Kornhaber

76. HIBrig.: Obstlt. Krušina    200. HIBrig.: GM. Tanárky

7 Baone., 2 Schwd., 672 Bt.,- 3.520 Feuer-    9^2 Baone., 1 Sdiwd., 1 Bt.,- 2.778 Feuer»

gewehre, 172 Reiter, 32 Gesch.    gewehre, 86 Reiter, 6 Gesch.

IX. KORPS Kmdt.: FML. Králiček

Gstbsdief: Obst. v. Krammer

10. ID.: GM. v, Mecenseffy    13. SchD.: FML. Edl. v. Kreysa

19.    IBrig.: GM. v. Iwanski    25. SdiBrig.: Obst. Mader

20.    IBrig.: GM. Reymann    26. SdiBrig.: GM. v. Székély

IOV4Baone., 2Schwd., 10 Bt.,-7.713 Feuer-»    8 Baone., 2 Schwd., 9 Bt./ 6.132 Feuer*

gewehre, 237 Reiter, 55 Gesch.    gewehre, 170 Reiter, 52 Gesch.

26. SchD.: FML. L i s c h k a

51.    SdiBrig.: Obst. Spielvogel

52.    SdiBrig.: Obst. Meisel

9 Baone., 3 Sdiwd., IOV2 Bt.,- 7.853 Feuer* gewehre, 190 Reiter, 58 Gesch.

11. HKD.: GM. Gf. Bissingen    5. KBrig.: Obst. A d 1 e r

22, HKBrig.: GM. Czitó    1 Rdfbaon., 8 Schwd.,- 160 Feuergewehre,

24. HKBrig.: Obst. Flohr    883    Reiter

I    Fußbaon., 16 Schwd., 3V2 Bt.,-

640 Feuergewehre, 1.200 Reiter, 14 Gesdi.

Armeeunmittelbar:

IR. 88: 2 Baone.,- 1.656 Feuergewehre    Polenlegion Obst. Piłsudski

FKR. 5: 5 Bt.,- 27 Gesdi. (zur 1. Armee    6 Baone., 1 Schwd., 1 Bt. (in Retablierung)

bestimmt)    '

Summe der 4. Armee: 168 Baone., 1 Rdfbaon., 72 Schwd., 160 Bt.,-106.713 Feuergewehre, 6.513 Reiter, 798 Gesch.

3. ARMEE

Kmdt,: GdI, v. Boroević

Gstbschef: GM. v. B o o g

III. KORPS

Kmdt.: GdI. v. C o 1 e r u s

Gstbschef: Obst. Richard Müller

28. ID.: GM. Edl. v. Hinke    22. SdiD.: GM. Schmidt Edl. v.

55. IBrig.: Obst. Gheri    F u s s i n a

56.    IBrig.: GM. v. Haustein    43. SchBrig.:    GM. Nemeczek

II    Baone., 2 Schwd., 7 Bt.,- 8.259 Feuer*    44. SchBrig.:    Obst. Zahradniczek

gewehre, 252 Reiter, 44 Gesch.    12 Baone., 2    Schwd., 10 Bt.,- 8.775 Feuer

gewehre, 258 Reiter, 54 Gesch. Korpsunmittelbar: 1 Sdiwd., 1 Bt.,- 126 Reiter, 4 Gesch.

4. KD,: GM. Berndt

18. KBrig.: Obst. Kopeček

21. KBrig.: GM. Gf. Marenzi 1 Fußbaon., 16 Schwd., 3 Bt.,- 410 Feuergewehre, 1.592 Reiter, 14 Gesch.

VII. KORPS Kmdt,: GdK. Erzherzog Joseph Gstbschef: Obstlt. Eisner-Bubna

17. ID.: GM. v. le Beau    20. HID.: GM. v. N a g y

34. IBrig.: Obst. Freih. v. Henneberg    81. HIBrig.:    GM. Perneczky

IOV2Baone., 2Schwd., 10Bt.,-7.650 Feuer* 10 Baone., 1 Schwd., 7 Bt.,- 5.600 Feuer» gewehre, 187 Reiter, 52 Gesch.    gewehre, 133 Reiter, 40 Gesch.

Korpsunmittelbar: 2 Bt.,- 8 Gesch.

1. KD.: GM. Freih. v. P e t e a n i

7. KBrig.: GM. Chev. de Ruiz 1 Fußbaon., 16 Schwd., 4 Bt.,- 357 Feuergewehre, 1320 Reiter, 20 Gesch.

X. KORPS Kmdt.: FML. Ritt. v. Krautwald

Gstbschef:    Obst. v. Kralowetz

2.    ID.: GM. Edl. v. Langer    24. ID.: GM. Schneider Edl. v.

3.    IBrig.: Obst. Klein    Manns*Au

4.    IBrig.: Obst. Prusenowsky    47. IBrig.: GM. v. Unschuld

11V2 Baone., 4 Schwd., 7 Bt.,- 8.150 Feuer*    48. IBrig.: Obst. Edl. v. Vidulovic

gewehre, 330 Reiter, 42 Gesch.    7 Baone., 3 Schwd., 8 Bt.,- 5.587 Feuer»

gewehre, 163 Reiter, 46 Gesch.

34. ID.: GM. Ritt. v. B i r k e n h a i n    43. ScfiD.: FML. Schmidt    v.

67. IBrig.: GM. v. Lauingen    Georgenegg

10 Baone., 3 Schwd., 2 Bt.,- 6.950 Feuer*    59. IBrig.: GM. Kroupa

gewehre, 274 Reiter, 8 Gesdi.    86. SdiBrig.: GM. Jesser

13 Baone., 2 Sdiwd., 9 Bt,/ 10.650 Feuer* gewehre, 240 Reiter, 50 Gesdi. Korpsunmittelbar: 4 Bt.,- 14 Gesdi.

GRUPPE PUHALLO

XVIII. KORPS <44. SchD.)

Kmdt.: FML. v. T schurtschenthaler Gstbsdief: Mjr. Ritt. v. E h r 1 i c h

122. SdiBrig.: Obst. Hentke    k.    u.    101.    LstlBrig.: Obst. Biffl

13 Baone., 3 Sdiwd., 11 Bt.,- 8.763 Feuergewehre, 264 Reiter, 52 Gesch.

V. KORPS

Kmdt.: FZM, v. P u h a 11 o

Gstbsdief: Obst. S a 11 a g a r

33. ID.: FML. Goglia

37. HID.: FML. Wieber

73.    HIBrig.: Obst. v. Pogány

74.    HIBrig.: GM. Hunké

13 Baone., 2 Sdiwd., 9*/2 Bt.,-10.833 Feuer* gewehre, 207 Reiter, 57 Gesdi.


65.    IBrig.: GM. Czapp

66.    IBrig.: GM. Lieb

9 Baone., 2 Schwd., 10 Bt.,- 6.800 Feuer* gewehre, 231 Reiter, 52 Gesch.

Korpsunmittelbar: 1 Sdiwd., 2 Bt.,- 126 Reiter, 8 Gesdi.

XIX. KORPS <Armeereserve>

Kmdt.: FML. Tro 11 m ann

Gstbsdief: Obst. G ü n s t e

29. ID.: GM. Zanantoni

57.    IBrig.: Obst. Wöllner

58.    IBrig.: GM. Poleschensky

14 Baone., 4 Sdiwd., 11 Bt.,- 10.940 Feuergewehre, 468 Reiter, 44 Gesdi.

Gruppe FML. Szurmay

Gstbsdief: Mjr. Röder

7.    ID.: GM. Letovsky

14.    IBrig.: GM. Baumgartner

71. IBrig.: Obst. Plivelic

14 Baone., 3 Sdiwd., 10 Bt.,- 13.033 Feuer* gewehre, 314 Reiter, 36 Gesch.

75. HIBrig.: Obst. Mina

7 Baone., l/2 Sdiwd., 8Bt.,- 4.158 Feuer* gewehre, 35 Reiter, 32 Gesch.

8.    KD.: FML. Edl. v. Lehmann

13. KBrig.: GM. Freih. v. Leonhardi

15.    KBrig.: Obst. Freih. v. Klingspor

1 Fußbaon., 12 Schwd., 2 Bt.,- 502 Feuer* gewehre, 980 Reiter, 8 Gesch.

40. HID.: FML. Plank

79.    HIBrig.: Obst. Lengerer

80.    HIBrig.: GM. Háber

10Baone., 2 Schwd., 10Bt.,- 9.392 Féuer* gewehre, 210 Reiter, 40 Gesch.

k. u. 128. LstlBrig.: Obstlt. v. A r t n e r

6 Baone., 1 Sdiwd., 3 Bt.,- 3.900 Feuer* gewehre, 82 Reiter, 15 Gesdi.

k. u. 1. LstHusBrig.: Obst. Freih. v.

B o t h m e r

8 Sdiwd., V2 Bt.,- 924 Reiter, 2 Gesch.


Summe der 3. Armee: 174 Baone., 9OV2 Sdiwd., 151 Bt.,- 130.709 Feuergewehre,

8.716 Reiter, 742 Gesdi.

DEUTSCHE SÜDARMEE

Kmdt.: GdI. v. Linsingen

Gstbschef: GM. Ludendorff (später GM. v. Stolzmann)

ÖST.=UNG. KORPS HOFMANN Kmdt.: FML. H o f m a n n Gstbschef: Obst. Gf. L a m e z a n Öst.*ung.55. ID.: GM. F1 e i sch m an n    Deutsche    1. ID.: GLt. v. C o n t a

129.    IBrig.: GM. Drda    12 Baone.,    1 Sdiwd., 14Bt.,- 7.500 Feuer-

130.    IBrig.: Obst. Witoszyński    gewehre,    96 Reiter,    80    Gesch.

13    Baone., 2 Schwd., 12 Bt.,- 8.650 Feuer*

gewehre, 254 Reiter, 44 Gesch.

Öst. •»ung. 131. IBrig.: Obst. Andreas Berger.’

7 Baone., 4V2 Bt.,- 5.180 Feuergewehre, 18 Gesch.

DEUTSCHES XXIV. RESERVEKORPS Kmdt.: GdI. v. G e r o k

Gstbschef: GM. v. M u t i u s Öst.-ung. 19. ID.: GM. Richard Mayer    Deutsche    48. RD.: GLt. v. Hahn

37.    IBrig.: GM. v. Richard    13 Baone.,    1 Schwd., 11 Bt.,- 6.380Feuer*

38.    IBrig.: Obst. Steiger    gewehre,    146 Reiter,    62    Gesdi.

14    Baone., 2 Schwd., 8 Bt.,- 9.340 Feuer*

gewehre, 180 Reiter, 44 Gesch.

k. k. 12. LstTerrBrig.: Obst. Burggasser

11 Baone., 3*/2 Bt.,- 4.680 Feuergewehre, 15 Gesch.

Dem Armeekmdo. unterstellt:

Preuß. 3. GID.: GdK. Freih. M a r s c h a 11

9 Baone., 1 Sdiwd., 8 Bt.,- 5.520 Feuergewehre, 78 Reiter, 38 Gesch.

Öst.-ung. 10. KD.: GM. Gf. Herber*    Deutsche 5. KD.: GLt. v.    H e y d e=

stein    breck

4. KBrig.: Obst. v. Horthy    1 Baon., 24 Schwd., 3 Bt.,- 840 Feuer=

8. KBrig.: GM. Viktor v. Bauer    gewehre, 2.500 Reiter,    12 Gesch.

1 Fußbaon., 16 Schwd., 3 Bt.,- 475 Feuer* gewehre, 1.600 Reiter, 12 Gesch.

Summe der deutschen Südarmee: 81 Baone., 47 Schwd., 67 Bt.,- 48.565 Feuergewehre,

4.854 Reiter, 325 Gesch.

ARMEEGRUPPE PFLANZER

Kmdt.: GdK. Freih. v. Pfianzer^Baitin

Gstbschef: Obst. v. S o ó s

6. ID.: FML. Fürst Schönburg

11.    IBrig.: Obst. Hubinger

12.    IBrig.: Obst. Rudolf Müller

9 Baone., 3 Sdiwd., 9 Bt.,- 8.132 Feuer* gewehre, 317 Reiter, 49 Gesch.

Polenlegion Obstlt. v. H a 11 e r 3V2 Baone., 2l/2 Bt.,- 1.424 Feuergewehre,

10 Gesch.

54. ID.: FML. v. Schultheisz k. u. 126. LstlBrig.: GM. v. Salomon Polenlegion: FML. Ritt. v. Durski 10V2 Baone., 3 Schwd., 6 Bt.,- 3.942 Feuer* gewehre, 269 Reiter, 26 Gesch.

Gruppe FML. Ritt. v. Schreitter Brig. GM. v. Lilienhoff

14 Baone., 4 Sdiwd., 3V2 Bt.,- 9.050 Feuer* gewehre, 436 Reiter, 14 Gesch.


k. u. 123. LstlBrig.: Obst. L    a t z i n    Gruppe Obstlt. B é k é s i (Reste der k.    u.

4 Baone., V2 Sdiwd./ 2.100 Feuergewehre,    7. LstEtBrig.)

35 Reiter    IV2 Baone./ 717 Feuergewehre

Im Anrollen: XIII. KORPS Kmdt.: GdI. Freih. v. R h e m e n

Gstbsdief: Obst. Alfred v. Zeidler 36. ID.: FML. Czibulka    42. HID.: GM. Gf. S a 1 i s * S e    e w    i    s

13. IBrig.: GM. Stracker    83. HIBrig.: Obst. Mihaljevic

72. IBrig.: Obst. Edl. v. Luxardo    84. HIBrig.: Obst. Petrovic

15 Baone., 2 Sdiwd., 9 Bt.,- 11.070 Feuer»    14 Baone., 2 Sdiwd., 10 Bt.,- 14.930 Feuergewehre, 240 Reiter, 36 Gesch.    gewehre, 252    Reiter,    40 Gesdi.

Korpsunmittelbar: 1 Schwd.,    2Bt.,-    100 Reiter, 8    Gesdi.

5. HKD.: GM. Freih. v. A p ó r

19. HKBrig.: Obst. v. Jóny    Streifkorps Rtm. Freih. v. V i v e n o t

1 Fußbaon., 7 Sdiwd., 2 Bt.,- 894 Feuer-    200    Reiter

gewehre, 652*Reiter, 8 Gesdi.

Summe der Armeegruppe Pflanzer: 72V2 Baone., 23V2 Sdiwd., 44 Bt.,-52.259 Feuergewehre, 2.501 Reiter, 191 Gesch.

Festungsbesatzungen

Przemyśl

Kmdt.: GdI. v.Ku sm an ek Gstbschef: Obstlt. Hubert

23. HID.: FML. Arpád v,    T a m á s y    k. k.    93. LstlBrig.: GM. Kaltneker

45.    HIBrig.: GM. Seide    *    k. u.    97. LstlBrig.: GM. We e b e r

46.    HIBrig.: Obst. v. Létay    k. k.    108. LstlBrig.: Obst. Martinek

85. SchBrig.: GM. Komma    k. k.    111. LstlBrig.: GM. Wa i t z e n=

d o r f e r

42 Baone., 6 Sdiwd., 18 mob. Bt., 8 FsABaone.,- rund 50.000 Feuergewehre, rund 800 Reiter, rund 108 mob. Gesdi.

Krakau

Kmdt.: FML. Kuk

Gstbsdief: Obstlt. Edl. v. Haller 20 Baone., 7 mob. Bt., 9V2 FsABaone.,- 13.950 Feuergewehre, 42 mob. Gesdi.

Summe der Streitkräfte auf dem nördlichen Kriegsschauplatz

A) Feldheer

695 Baone., 1 RdfBaon., 355 Schwd., 577 Bt.,- 489.294 Feuergewehre, 36.446 Reiter, 2.865 Gesdi.

B) F estungsbesatzuogen

62 Baone., 6 Sdiwd.,. 25 mob. Bt., 17V2 FsABaone.,- 63.950 Feuergewehre,

800 Reiter, 150 mob. Gesdi.

Gesamtsumme

757 Baone., 1 RdfBaon., 361 Schwd., 602 Bt., 17V2 FsABaone.,-553.244 Feuergewehre, 37.246 Reiter, 3.015 Gesch.

Die russischen Pläne Hiezu Beilagen 4, 5 und 6

Seit der Zusammenkunft der russischen Heeresführer in Siedlec am 29. November (Bd. I, S. 595) hatte die Kampfkraft der zaristischen Streitkräfte weitere Einbußen erlitten1). Um die Jahreswende wäre, wie der Generalquartiermeister der Stawka, Gen.Danilow, in einer Mitte Jänner verfaßten Denkschrift darlegte, eine halbe Million Soldaten zur Auffüllung der zusammengeschmolzenen Einheiten notwendig gewesen; auf die Normaldotation der Artilleriemunitionskolonnen fehlten 200.000 Geschosse.

Dennoch hielt Danilow einen Rückschlag an der Front für ausgeschlossen. Ebenso stellte er freilich die Möglichkeit entscheidender Operationen in Abrede, ehe die erwähnten Mängel behoben waren, was zum Teil in der zweiten Hälfte Februar, vollständig aber erst im April zu erhoffen stand. Doch schien es ihm notwendig, schon jetzt über die Ziele der künftigen Kriegshandlungen ins reine zu kommen. Man könnte sich entweder zur Ausnützung der in der zweiten Dezemberhälfte in Galizien errungenen Erfolge gegen das öst.-ung. Heer wenden oder alle Anstrengungen im Interesse der bundesgenössischen Kriegführung auf eine Offensive in der Richtung auf Berlin vereinheitlichen. Beides gleichzeitig zu unternehmen, hielt Danilow damals für ausgeschlossen. Die Nachteile der ersterwähnten Aktion wurden in der Denkschrift eingehend beleuchtet. Möge die Vorrückung gegen Wien oder Budapest noch so verführerisch locken, sie führe doch zu einer bedenklichen Schwächung des eigenen Zentrums; sei man einmal tief in das Innere der Donaumonarchie eingedrungen, komme man sicherlich zu spät, einen Vorstoß der Deutschen nach Osten rechtzeitig aufzufangen. War es aber überhaupt möglich, die Österreicher und Ungarn in kurzer Zeit vernichtend zu schlagen ? Danilow bezweifelte dies; der Feldzug in der Richtung auf Wien würde Monate in Anspruch nehmen und dann stünde man erst recht vor der Aufgabe, die Kriegsentscheidung gegen Deutschland herbeizuführen. Folgerichtig bekannte sich der General daher zu der Ansicht, daß man vor allem den Hauptgegner treffen müsse. Unter den verschiedenen Möglichkeiten, dies zu verwirklichen, entschied er sich, wie schon früher, für einen neuerlichen Angriff auf Ostpreußen, der die große Offensive gegen Breslau—Berlin einzuleiten hätte.

Nach dem Empfang dieser Denkschrift erteilte der Großfürst Nikolai

!) Die folgenden Darlegungen nach Danilow, Kap.XIII, und Nesnamow,

III, 35 bis 51.

Nikolajewitsch dem Generalquartiermeister den Auftrag, hierüber mit dem Oberkommandierenden der Nordwestfront zu sprechen. Dies geschah am 17. Jänner in Siedlec. Nach längerer Wechselrede schlossen sich der General Rußki und sein Stab der Ansicht Danilows an. Eine aus zehn Divisionen zu formierende 12. Armee sollte den Angriff auf Ostpreußen von Pułtusk—Ostrołęka gegen Soldau—Orteisburg unter der Mitwirkung der 10. Armee führen. Selbstverständlich hatten die russischen Streitkräfte links von der Weichsel die ihnen gegenüberstehende Front gleichfalls anzupacken. Der Großfürst erklärte sich einverstanden. Schon am nächsten Tage erfolgte der Befehl zur Bildung der 12. Armee, an deren Spitze General Plehwe zu treten hatte.

Anders dachte man beim Oberkommando der Südwestfront. General Iwanow hielt hartnäckig an der Anschauung fest, die gegen die öst.-ung. Streitkräfte in Galizien erzielten Erfolge bis zur Zertrümmerung des gegnerischen Heeres auszubeuten; er träumte sogar von einem Sonderfrieden mit Ungarn und rechnete darauf, daß Rumänien dann sogleich an die Seite der Entente treten würde. Angesichts der sich allmählich an der ganzen Karpathenfront von der Duklastraße bis in die Gegend von Dorna Watra abzeichnenden Kräfteentfaltung des Gegners verschmähte er es, sich auf die starre Verteidigung zu beschränken, sondern verständigte seine Unterführer schon am 20. Jänner von seiner Absicht, über den Gebirgswall in die ungarische Tiefebene einzubrechen. Sein Generalstabschef Alexejew pflichtete diesem Gedanken nicht völlig bei; ihm schien ein Angriff in Westpolen gegen den Abschnitt Tomaszów—Piotrków— Noworadomsk mehr Erfolg zu versprechen, weil die dünnen Linien der Verbündeten hier zu einem Durchbruche einluden. Der unbefriedigende innere Zustand der russischen Armeen an diesem Frontteile, namentlich aber der Mangel an Artilleriemunition, veranlaßten jedoch die Stawka, diesen Plan abzulehnen.

Zunächst entging Iwanow aber die Gefahr nicht, die dem linken Flügel seiner 8. Armee aus der Richtung von Ungvár und Munkács drohte, da in der über 250 km ausgedehnten Front vom Uzsokpaß bis zur Dreiländerecke nur vier russische Divisionen standen, darunter bloß eine Felddivision. Auf seine Bitte um die Zuführung von vier Felddivisionen in den Raum Sambor—Stryj—Dolina verfügte die Stawka am 26. Jänner schweren Herzens den Abtransport des XXII. Korps von der 10. Armee zur Südwestfront. '

Es scheint, als ob seit dem Spätherbste die Energie des Großfürsten nach dem Ausbleiben des von der legendären „Dampfwalze“ erhofften

Triumphes zu erlahmen begonnen hätte. Statt die Autorität der Heeresleitung kraftvoll aufrechtzuhalten, erblickte er nunmehr seine Aufgabe darin zwischen den auseinandergehenden Anschauungen seiner beiden Unterführer zu vermitteln. Danilow versucht den Feldherrn damit zu entschuldigen, daß die organisationsgemäß verbrieften Rechte dieser Befehlshaber nicht geschmälert werden durften. Immerhin wurde fortan der Widerstreit der beiden Heeresfrontkommandanten zu einem alle Operationen bestimmenden Faktor.

Iwanow schritt ungehindert an die Ausführung seiner Pläne. Mit der Offensive in den Richtungen Eperjes—Kaschau—Csap betraute er den Gen. Brussilow. Die 3. Armee sollte ihren linken Flügel ,,zur Verbindung und Unterstützung“ der 8. entsprechend verlängern, die 11., über deren im freien Feld stehende Teile Brussilow den Oberbefehl erhielt, hatte bis an die rumänische Grenze auszugreifen. Gleichzeitig ordnete die Heeresleitung an, alle an der polnischen Front befindlichen Gebirgs-batterien in die Karpathen zu senden; nur diese verfügten über volle Munitionsvorräte.

Da aber der Angriff auf Ostpreußen keineswegs gänzlich aufgegeben war, so bedeutete die eingeleitete Offensive gegen Budapest doch gerade jenes Verfahren, das die Denkschrift Danilows vermieden wissen wollte: die Kräftezersplitterung nach zwei Operationszielen. Vielleicht hat ein Ratschlag des Generals Joffre dabei mitgewirkt, der sagen ließ, wenn die Russen infolge Munitionsmangels in Polen nicht vorrücken könnten, sollte doch wenigstens die Verfolgung des Feindes in Galizien fortgesetzt werden, weil sich im Gebirgsgelände die verringerte Artilleriewirkung weniger fühlbar machen werde x).

Als sich die 8. Armee am 25. und 26. Jänner in Bewegung setzte, war ihr der Gegner mit seiner Offensive bereits zuvorgekommen.

Beginn der Offensive und Rückschlag

Der Angriff der 3. und der Südarmee (23. bis 26. Jänner)

Hiezu Beilagen 6 und 7 sowie Skizze 4

Bisher hatte die Theorie gelehrt, daß Gebirgszonen von der Beschaffenheit der Karpathen im Kriege nur als Durchzugsland in Betracht

x) Äußerung Joffres zum russischen Militärattache Ignatiew (Danilow [Dani-loff], Großfürst Nikolai Nikolajewitsch. Sein Leben und Wirken [Berlin 1929], 133).

kommen könnten. Als sich die k.u.k. Heeresleitung zu dem gewaltigen Unternehmen einer hier angesetzten Offensive entschloß, rechnete sie sicherlich damit, daß ein rascher und raumgreifender Angriff alle Hemmnisse überwinden und das Heer alsbald die Manövrierräume Galiziens erreichen werde. In welchem Grade aber die Fortbewegung einer Masse von mehr als zwanzig Infanteriedivisionen der 3. und der Südarmee (175.000 Feuergewehre und fast 1000 Geschütze), die in der zweiten Jännerhälfte hier zur Tätigkeit gelangten, und ihr Kampf im winterlichen Gebirge der Führung alle Grundlagen für eine halbwegs sichere Berechnung entziehen sollten, erwies erst der Versuch, die geplante Offensive durchzuführen. Die an die Truppen gestellten Anforderungen waren jedenfalls ganz außergewöhnlich; die Kriegsgeschichte hat kaum ein Seitenstück aufzuweisen. Ein Volksheer, dessen herabgeminderte Schlagkraft bereits geschildert wurde und dessen Streiter den verschiedensten Ständen und Berufen entstammten — nur mit einem verhältnismäßig geringen Einschlag von Gebirgsbewohnern — sollte auf tief verschneiten und vereisten, kaum gangbaren Berghöhen kämpfen, Tag und Nacht ohne Obdach und ohne Aussicht auf stärkende Rastpausen dem Feinde die Stirne bieten. Für diese gewaltige Beanspruchung brachte der Großteil nicht die notwendige körperliche Härte mit. Bald sollte man erfahren, daß die entsetzlichen Unbilden der Witterung und die rasch eintretende Erschöpfung der Kräfte bei der anstrengenden Vorrückung über Berg und Tal mehr Opfer forderten als das Geschoß des Russen und daß alle diese Begleitumstände sich zu einer grauenhaften Folie der Operation gestalteten, zumal der Abschub von Kranken und Verwundeten zu einem kaum zu bewältigenden Problem wurde. Durch reichlichen Zuschub von Winterausrüstungsgegenständen aller Artx) sowie durch zweckdienliche Vorsorgen für einen gesicherten Nachschub und für die Unterbringung der Truppen suchte man der mißlichen Lage der Karpathenkämpfer nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Doch trotz aller Anstrengungen gelang es nicht, die materielle Ausrüstung des Heeres für einen Winterfeldzug über notdürftige Improvisationen hinauszubringen. Zum Unterschiede von den Russen verfügte aber die Artillerie über die komplette Grunddotierung an Munition; das Einsetzen und der Stellungswechsel begegneten jedoch bei der fahrenden Artillerie solchen Schwierigkeiten,

Große Mengen schafwollener Mantelfutter, Pelzwesten, Schneehauben, Pulswärmer, Baschliks, warmer Unterwäsche, Wadenstutzen, Gummi- und Schneemäntel, Schuhwerk, Decken, Kochkisten und Schwarmöfen wurden unausgesetzt an die Front geschoben.

daß die kämpfende Infanterie in der Regel ausreichender Unterstützung durch die Schwesterwaffe entbehren mußte. Viele Batterien wurden überhaupt im Ausgangsraume zurückgelassen und sollten erst später nachgezogen werden. Die ansehnlichen Höhenunterschiede und der tiefe, oft nicht tragfähige Schnee verursachten, daß die Tagesleistungen im Gelände und auf Nebenwegen, selbst ohne Gefecht, auf 3 bis 4 km herabsanken. Dieses unvermeidliche Schneckentempo gewährte der russischen Führung Zeit, ihre Kräfte im wegsameren und gangbareren galizischen Vorland zu verschieben, Lücken in den Linien rechtzeitig zu schließen und rasch neue Fronten aufzubauen. Konnten sie infolge der reicheren Besiedlung nördlich vom Karpathenkamme ihren Leuten während der Kampfpausen ausreichende Erholung in verhältnismäßig guten Unterkünften gewähren, so war dies auf der anderen Seite des Gebirges nicht der Fall. Als daher unsere Truppen am 23. Jänner zur Vorrückung antraten, war ihre physische Leistungsfähigkeit durch den langen Aufenthalt in gänzlich ressourcenloser Gegend bereits stark herabgemindert.

Wie aus Beilage 7 ersichtlich, in der das Ergebnis der nächsten Kampftage festgehalten ist, stieß bei der 3. Armee die auf Ustrzyki Dl. gewiesene Gruppe des FZM. Puhallo in nordöstlicher Richtung in die Lücke zwischen dem Ostflügel der zusammenhängenden Front Brussi-lows und den Russenkräften am Uzsokpaß hinein; sie traf fast nur auf die Reiterei des Gen. Chan Nachiczewanski und gewann daher ziemlich rasch Raum. Wenn trotzdem die Marschleistungen ihres rechten Flügels einigermaßen hinter den geforderten zurückblieben, so trugen hieran die Geländeschwierigkeiten mehr Schuld als der Widerstand des an dieser Stelle anfangs weit schwächeren Feindes. Die rechte Nachbargruppe unter FML. Szurmay war beauftragt, den Uzsokpaß von Südwesten und Westen anzugreifen und nach Gewinnung der Paßhöhen Kräfte über Tiha und Libuchora abzuzw^eigen, um die Südarmee bei der Öffnung des Verecke-passes zu unterstützen. Erst am 26. gelang es, die russische 34. ID. und Teile der 65. RD. zu vertreiben und über den Paß ein Stück Weges hinabzusteigen, ohne jedoch an diesem Tage, wie es das AOK. wollte, die Höhen bei Borynia gewinnen zu können. Zu diesem Anfangserfolge hatte die über Tiha und N. Rosztoka weit nach Süden ausholende, daher viel Zeit in Anspruch nehmende Umfassung durch die 40. HID. und am entgegengesetzten Flügel der vom 3. Armeekmdo. befohlene Vorstoß der 66. IBrig. Puhallos über Wolosate gegen die Paßhöhen nicht wenig beigetragen. Diese Brigade wurde Szurmay untergeordnet, der hiefür die 71. IBrig. der 7. ID. als Armeereserve nach Wolosate zu stellen hatte.

Da nun zwischen den Gruppen Szurmay und Puhallo eine Lücke aufgesprungen war, hielt das 3. Armeekmdo. am 25. die Masse der 33. ID. und die 37. HID. an. Die 71. IBrig. wurde dem rechten Flügel Puhallos nachgezogen und trat alsbald statt der 66. in den Verband der 33. ID.; diese trieb nur schwache feindliche Kräfte vor sich her, während bei Lutowiska der Feind noch eine Weile zögerte, den Ort der 37. HID. zu überlassen. Die linke Flügelgruppe Puhallos, die 44.SchD., erreichte schon am 23. die Gegend bei Chrewt, von wo sie stärkere Kräfte auf das Westufer der Solinka schob; diese griffen umfassend in den Kampf der gegen Baligród vordringenden 43. SchD. Krautwalds ein. Da sich die Notwendigkeit einer einheitlichen Leitung der beiden Divisionen ergab, wurde die 43. SchD. am 25. der Gruppe Puhallo angegliedert und rückte tags darauf, ohne mehr auf Widerstand zu stoßen, in Baligród ein. FML. Krautwald, der angewiesen war, den entscheidenden Angriff mit starkem linken Flügel erst zu beginnen, sobald Puhallos Vorgehen wirksam werde, traf mit seinen drei anderen Divisionen auf die feindliche Hauptstellung. Die 34.ID. erschöpfte sich in vergeblichen Angriffen beiderseits derBeskid-straße. Nur wenige Kilometer über die Ausgangsstellung hinausgelangt, harrten ihre Kämpfer, bei Tag und Nacht regungslos in den Schnee gebannt und bloß auf den Genuß kalter Konserven angewiesen, auf eine günstige Wendung der Schlacht. Den beiden links benachbarten Divisionen war die Aufgabe zugefallen, die östlich von Czeremcha stehenden Russen zurückzudrücken, um die Westflanke der Stoßgruppe zu sichern. Trotz anfänglicher Erfolge sah sich die 2. ID. nach schweren Verlusten genötigt, mit dem linken Flügel auf den Grenzkamm zurückzugehen L); die 24. ID. behauptete sich in wechselvollen Kämpfen. Gering erschien für Krautwald die Aussicht, den Angriff ohne Verstärkungen fortzuführen; doch*GdI. Boroević wollte die Armeereserve (29. ID.) dem entscheidenden Ostflügel zuführen und wies Krautwald am 25. an, sich lediglich zu behaupten, Stirnangriffe zu unterlassen und, ohne Rücksicht auf den ursprünglichen Befehl, den Erfolg dort anzustreben, wo er leicht zu erreichen war.

Die Gruppen Erzherzog Joseph (VII. Korps und 1. KD.) und Colerus (22. SchD., 28. ID. und 4. KD.) hatten den Feind fürs erste bloß zu binden, die Bestimmung des Zeitpunktes für ihren Angriff hatte sich das 3. Armeekmdo. Vorbehalten. Von der Gruppe des Erzherzogs beteiligte sich die

20. HID. seit dem 23. an den Gefechten der 2. ID., ohne gegen Czeremcha

x) Die 2. ID., die mit 8150 Feuergewehren angetreten war, zählte am 25. nur noch 6130.

durchdringen zu können. Am 26. griffen aber die Russen westlich von der Duklastraße selbst energisch an. Sie warfen die 17. ID. zurück, doch hielt sich diese noch in einer hinteren Stellung wacker gegen weitere Anstürme des Feindes. Das 3. Armeekmdo. beauftragte den GdI. Colerus, den Erzherzog durch einen Stoß gegen die Westflanke der ihn bedrängenden Russen zu entlasten. Daran konnte aber bald nicht mehr gedacht werden, weil sich die Russen am 26. auch auf den rechten Flügel des III. Korps stürzten und der 22. SchD. den Pilipinski vrch entrissen, eine wichtige Höhe, die nicht mehr wiedererobert werden konnte.

Schon beim Beginn der Offensive wandte sich das 4. Armeekmdo. an das 3. mit dem Vorschläge, die Gegend bei Banica im Rahmen des Gesamtunternehmens durch übereinstimmende Vorrückung der inneren Flügel von den Russen zu säubern, was Anfang Jänner nicht gelungen war. Boroević hielt jedoch jetzt begreiflicherweise den Fortschritt auf seinem Ostflügel und im Zentrum für wichtiger; demgegenüber schien ihm das vorgeschlagene Unternehmen von untergeordneter Bedeutung zu sein. Er antwortete daher, das III. Korps habe die von Żmigród heranführende Kommunikation zu sperren; käme es hier später zur Offensive, so müsse der Feind ohnedies von Banica abziehen. Im gleichen Sinne entschied am 24. die Heeresleitung.

Zur Rechten der 3. Armee begann die deutsche Südarmee x) die Offensive mit ihrer Westgruppe, dem Korps Hofmann, beiderseits der Straßen nach Tucholka und Tuchla ebenfalls am 23. Jänner. Bis zum 26. war der Raum bei Vezérszállás erkämpft und auch gegen Volovec wurden Fortschritte erzielt. Heftige Gegenangriffe der Russen konnten den wackeren Streitern Hofmanns den erreichten Geländegewinn nicht wieder entreißen.

Wie bereits erörtert (S. 107), trat die Ostgruppe, das XXIV. RKorps, erst mit einer Verspätung von vierundzwanzig Stunden án. Der Feind wurde aus zwei Fronten angefaßt, von der deutschen 48. RD. und der 12. LstTerrBrig. in nördlicher und nordöstlicher Richtung beiderseits, insbesonders aber links von der zum Wyszkówer Sattel führenden Straße, während sich die k.u.k. 19. ID. von Südosten gegen diese Straße herankämpfte. Ein Detachement wurde über die Beskidklause gegen Ludwi-kówka dirigiert. Der Russe zeigte sich auch gegenüber dem XXIV. RKorps höchst aktiv, doch scheiterten hier gleichfalls seine Gegenstöße.

Der Befehlshaber der russischen Südwestfront, wie erwähnt entschlossen, den Hieb als beste Parade zu wählen, beabsichtigte die augen-

1) Für die Darstellung der Operationen der Südarmee wurde auch die auf Seite 93 (Fußnote) erwähnte Studie des Reichsarchivs verwertet.

blickliche Gruppierung auszunützen und mit der Hauptkraft der 8. Armee gegen Mitte und Westflügel der Armee Boroević vorzustoßen, um alle östlich davon in den Karpathen stehenden Heeresteile der Verbündeten abzudrängen. Aus Bruchstücken eines wenige Tage später auf gefangenen russischen Funkspruches ließ sich entnehmen, daß Brussilow zur Verwirklichung dieses Entschlusses dem VIII. Korps aufgetragen hatte, bis in die Linie Mezölaborcz—Łupków—Cisna—Luch (nördlich von Kalnica) vorzudringen; sein linker Flügel sollte sich des von der Gruppe Puhallo erreichten Raumes Chrewt—Smolnik—Lutowiska bemächtigen. Wäre der Ostflügel der Armee Boroević stärker gewesen und hätte er die nötige Stoßkraft besessen, so konnte der russische Plan zu einem großen Echec für Brussilow führen. Doch dem war nicht so.

Der 26. Jänner kann als Wendepunkt der kaum begonnenen Offensive der Verbündeten gelten. Die Aussichten für ihr Gelingen hatten sich erheblich verschlechtert. Szurmay, der an diesem Tage auf den Höhen von Borynia hätte stehen sollen, war abgeblieben und Puhallo, in Sorge um seine Ostflanke, mußte die beiden rechten Flügeldivisionen zurückhalten, wodurch sein Stoß gegen Norden die erforderliche Wucht einbüßte. Krautwald hatte alle Kräfte verausgabt und behauptete sich mühsam in den erreichten Linien. Hinter dieser ausgedehnten Front stand nur eine einzige Division, die 29. ID., als Armeereserve, kaum imstande, der Vorrückung einen kräftigen Impuls zu verleihen. Der Geländegewinn bei der deutschen Südarmee befriedigte im Vergleich zu den optimistischen Anfangshoffnungen ebenfalls nicht und bis zu dem Zeitpunkte, wo Pflanzer-Baltin über den Tatarenpaß vorbrechen konnte, mußten noch einige Tage verstreichen. Rapid schmolz die Streiterzahl; die Ausfälle durch Lungen- und Darmerkrankungen sowie durch Erfrierungen mehrten sich in erschreckendem Maße. Schon mußte um das Gelingen der Offensive der 3. Armee, die ohne Rücksicht auf den weit abhängenden rechten Heeresflügel unternommen worden war, mit Recht gebangt werden.

KampfSchwankungen bei der Südarmee und am Uzsokpaß vom 27. Jänner bis 5. Februar

Hiezu Beilage 7 sowie Skizzen 4 und 5

Gerade jetzt vollzog sich aber bei Linsingen ein verheißungsvoller Umschwung.

Das XXIV. RKorps errang am 27. Jänner einen vollen Erfolg. Der rechte Flügel und- die Mitte warfen den Feind, der sich namentlich bei

Toronya tapfer schlug, über die Wyszkówer Straße zurück und verfolgten ihn mit einzelnen Abteilungen nordwestwärts in die Berge. Rasch wandte sich dann das Korps gegen Nordosten und alsbald entbrannten neue Kämpfe um den Wyszkówer Sattel. Die östlichste Kolonne focht an der Beskidklause, wo die Russen den Weg nach Ludwikówka sperren wollten. Die deutsche 209. IBrig. der 48. RD., GM. Stehr, wurde gegen Lawoczne abgezweigt (Skizze 4), um das Vordringen Hofmanns gegen Tuchla zu unterstützen.

Nach dieser glücklichen Wendung versagte sich aber das Schicksal auf lange Zeit den Wünschen der hier fechtenden Führer und Truppen. Wohl bemächtigte sich die Ostkolonne der 19. ID. am 1. Februar der Beskidklause, sah sich aber sofort wieder einer neuen Stellung des Feindes gegenüber. Heftiger noch wogte der Kampf um den Sattel bei Wyszków, ohne jedoch die ersehnte Entscheidung zu bringen. Vergeblich rief das AOK. in Teschen zur energischen Vorrückung gegen Dolina auf; dem Feinde konnte buchstäblich nur schrittweise Boden abgerungen werden.

Die Gruppe Hofmann1), aus Marschbataillonen und Landsturmverbänden zusammengesetzt, folgte dem weichenden Feinde auf dem Fuße und war schon am 28. Jänner in Besitz der Orte Volovec, F.- und Al.-Verecke. Die Russen zogen sich nach den Pässen zurück und standen nunmehr dem Westflügel der Südarmee in zusammenhängender Stellung von Smorze bis zur ESt. Beskid gegenüber. Trotz großer Erschöpfung vertrieben jedoch die Truppen Hofmanns den Feind am 3.Februar von dieser Eisenbahnstation und setzten an den beiden nächsten Tagen die Verfolgung fort, wobei die deutsche 209. IBrig. Anschluß an seinen rechten Flügel gewann.

Die eben geschilderten Vorgänge bei der Südarmee standen in enger Wechselbeziehung zu jenen bei der Gruppe Szurmay der 3. Armee. Am

26. Jänner war allerdings der Uzsokpaß in ihre Hände gefallen; doch erst der Besitz der Höhen westlich von Borynia konnte die Festhaltung des wichtigen Einbruchsweges verbürgen. Aus dieser von Natur aus starken Stellung mußten daher die Russen vertrieben werden. So rückten Szur-mays Streitkräfte tags darauf beiderseits der Bahn und Chaussee gegen Turka vor; sein rechter Flügel, die 75.HIBrig., erreichte Libuchora (Bei-

x) Anfangs bildeten die 55. ID., die 131. IBrig. und die deutsche 1. ID. ein Korps unter Befehl des FML. Hofmann. Als sich aber herausstellte, daß der Führer der 1. ID., GLt. v. Conta, im Dienstrang höher war als Hofmann, wurde der Korpsverband aufgelassen und die l.ID. rückte, unmittelbar dem Armeekmdo. unterstellt, auf der Straße gegen Tucholka vor.

läge 7). Es war geplant, daß die 3. GID., sobald sich Szurmay der Höhen bei Borynia bemächtigt hatte, nach Südosten abschwenken und in der Richtung auf Tucholka in den Kampf der dorthin dirigierten deutschen 1. ID. eingreifen sollte. Boroević regte aber einen Rollentausch mit der weiter vorne befindlichen 75. HIBrig. an; ihm erschien es zweckmäßiger, daß sich die Garde an dem bevorstehenden Angriff Szurmays beteilige und später, über Skole angesetzt, der Südarmee aus den Bergengen heraushelfe, Nach einigem Schwanken entschied die Heeresleitung im Sinne der mittlerweile vorgebrachten Gegenvorstellungen Linsingens, der seine Division so bald als möglich an sich ziehen wollte. So gelangte die 3. GID. am 29. nach Libuchora, nachdem die 75. HIBrig. am Vortage noch im Sinne des Rollentausches in Matków eingetroffen war.

Das weitere Vordringen der Gruppe Szurmay gegen Turka und darüber hinaus war in doppelter Hinsicht von großer Bedeutung; einesteils sollte dadurch dem bereits erlahmenden Stoße gegen Przemyśl ein neuer Antrieb gegeben, andererseits Flanke und Rücken der 3.GID. gedeckt werden. Die Heeresleitung griff daher zwischen dem 28. und 31. Jänner wiederholt mit Befehlen ein. Am 31. wurde auch Linsingen aufgefordert, gegen Świdnik eine starke Kolonne mit der zweifachen Aufgabe zu entsenden, zuerst Szurmay zu unterstützen und dann bei der Südarmee flankierend einzugreifen.

Da die Höhenstellung bei Borynia, wie man sich alsbald durch die ergebnislosen Vorstöße überzeugte, im Stirnangriff nicht zu bezwingen war, setzte FML. Szurmay nach der Umgruppierung seiner Verbände am 31. zeitlich früh überfallsartig zu einer doppelseitigen Umfassung an. Mühsam arbeiteten sich die Schützenlinien durch den tiefen Schnee vorwärts; doch der Feind verlängerte beide Flügel, so daß ein durchschlagendes Ergebnis kaum erwartet werden konnte. Da die Erschöpfung der Truppen einen 'bedenklichen Grad erreicht hatte, überdies grimmige Kälte herrschte, sah Szurmay von der wenig aussichtsreichen Aktion ab und zog seine Gruppe in der Nacht zum 2. Februar wieder in eine Stellung knapp nordöstlich vom Uzsokpaß zurück. Hier wollte er seinen überan-strengten Kämpfern eine kurze Erholungspause gewähren.

Die 75. HIBrig. focht am 30. gemeinschaftlich mit der 3. GID. östlich von Matków gegen den Westflügel der Linsingen gegenüberstehenden Russen, rückte aber tags darauf infolge der erwähnten Entscheidung des AOK. gegen den rechten Flügel Szurmays heran, um nach wechselvollen Kämpfen gleichzeitig mit diesem ein kurzes Stück zurückzugehen, leider aber auf dem westlichen und nicht auf dem östlichen Stryjufer. Die 3.GID.

konnte hiedurch leicht in Bedrängnis geraten, denn die Zugänge in ihre Flanke und ihren Rücken lagen nunmehr für den Feind offen.

In Munkács verfolgte man diese Entwicklung mit großer Besorgnis und wandte sich mit der Bitte um Abhilfe sowohl an das Oberkmdo. Ost als auch an die DOHL.!). Der 3. Februar wurde aus diesem Grunde für die obersten Befehlsstellen zu einem Tage der Weiterungen und Mißverständnisse, die ungünstig auf die Stimmung der verantwortlichen, mit vielen anderen Sorgen beschwerten Personen zurück wirkten. Auf den Streifen des Hughesapparate erschien immer wieder die 3. GID. So erbat sich Hptm. Fleischmann im Aufträge des Oberkmdos. Ost vom AOK. Auskunft über den Sachverhalt. Außerdem telegraphierte Ludendorff an Conrad, alle bisherigen Erfolge der Südarmee seien durch das freiwillige Zurückgehen Szurmays in Frage gestellt; endlich ließ auch Falkenhayn den bevollmächtigten deutschen GM. v. Cramon 2) aus gleicher Ursache in Teschen Erkundigungen einziehen.

Aus der Lagemeldung des 3. Armeekmdos., die um Mittag in Teschen eintraf, ersah das AOK. zum erstenmal, daß tatsächlich für die Sicherung der 3.GID. rechts vom Stryj nicht vorgesorgt worden war. Außerdem wirkte das Zurückgehen der Gruppe Szurmay um so störender, als mittlerweile über die Frontmitte der 3. Armee eine Krise hereingebrochen war, die noch zu schildern sein wird. Jetzt mußte wenigstens ihr Ostflügel standhalten, unbedingt aber ein Mißerfolg der Garde abgewendet werden. Nach Kaschau erging die Weisung, den rechten Flügel Szurmays sofort östlich vom Stryj vorrücken zu lassen.

Inzwischen bestand aber längst keine Gefahr mehr für die 3. GID. Ihr Vordringen in beständigem Gefechte über Smorze hatte der deutschen 1. ID. zu dem Gewinn der Straßenhöhe Lysa (Skizze 4) verholfen und am

3. Februar vertrieben beide Divisionen im engen Anschluß den Feind aus Tucholka. Die Absendung von Verstärkungen durch Szurmay erwies sich daher als überflüssig und hätte überdies dem Grundgedanken der Gesamtoperation widersprochen, der das Schwergewicht auf den rechten Flügel der 3. Armee legen hieß.

Noch in Unkenntnis der Vorgänge bei Tuchla, verfügte das AOK., daß die Garde umzukehren und im Anschluß an Szurmay gegen Norden vorzugehen habe.

Da sich das Kmdo. der Südarmee von den bisherigen Ergebnissen der Offensive nicht befriedigt fühlte, richtete es am 4. Februar an die k.u. k. Heeresleitung einen Vorschlag zur Besserung der Lage: GdK. Pflanzer-Baltin habe nur schwächere und minderwertige Kräfte des Feindes vor sich, während sich dieser gegenüber der 3. und der Südarmee zusehends verstärke. Die Vorrückung der Armee Boroević sei ins Stocken geraten und auch die Südarmee komme nicht recht vorwärts. Es sei also notwendig, daß von dieser nicht nur die Garde, sondern noch weitere Kräfte dem rechten Flügel Szurmays zu Hilfe eilten. Hiezu benötige aber Linsingen weitere Verstärkungen an beiden Flügeln seiner Armee, um rasch aus dem Gebirge herauszukommen, und zwar für den rechten die 6. ID. Pflanzer-Baltins, für den linken Truppen der 3. Armee, die sodann insgesamt unter seinen Befehl zu stellen wären. Aus Teschen wurde geantwortet, Szurmay erhalte demnächst Verstärkungen, doch hoffe man, daß die Zuführung der 3. GID. genügen werde, um den Angriff vorwärtszutragen. Auf eine Abänderung der Befehlsbefugnisse ließ sich das AOK. nicht ein.

Bevor die 3.GID. zu Szurmay abrücken konnte, mußte noch der Feind, der sich nördlich von Tucholka neuerlich stellte, geworfen werden. Dies gelang im Zusammenwirken mit der deutschen 1. ID. Hierauf kämpfte die Garde Schulter an Schulter mit der 75. HIBrig. östlich vom Stryj.

Brussilows Gegenschlag gegen die k.u.k. 3. Armee (27. Jänner bis 5. Februar)

Hiezu Beilagen 6 und 7

Inzwischen hatte sich der Druck des Feindes gegen die Armee Boroević verstärkt. Da sich die Russen auf den Höhen westlich von Borynia durch die FortschrittePuhallos — V.Korps (33.ID.und37.HID.)undXVIII.Korps (44. und 43. SchD.) — bedroht fühlten, stießen sie gegen den rechten Flügel dieser Gruppe nordwärts vor. Indes schritt der gegen Ost abgebogene Frontteil des V. Korps sogleich zum Gegenangriff und warf den Feind am 29. Jänner wieder zurück. Als aber FML. Szurmay der Aufforderung, den in die Lücke zwischen seiner und der Gruppe Puhallo eingedrungenen Feind in die Zange zu nehmen, nicht nachkommen konnte, zog das V. Korpskmdo. seinen rechten Flügel in das frühere Verhältnis eines Defensivhakens zurück; dies war um so mehr geboten, als der Angriff der

37. HID. über Lutowiska hinaus Raum gewonnen hatte und es verhindert werden mußte, daß der Zusammenhang mit der 33. ID. verloren gehe.

Beim XVIII. Korps wurde der Ostflügel vom Feinde am 28. um etwa 5 Ion zurückgedrückt, während die linke Flügeldivision (43. SchD.), bereits südlich von Baligród, mit den sich vorpressenden Russen hart zu ringen gehabt und in vergeblichen Gegenangriffen ihre Kampfkraft nahezu völlig eingebüßt hatte; schon gingen einzelne Gefechtsgruppen zurück.

Wurde dem russischen Stoße nicht bald ein Riegel vorgeschoben, so drohte der Verlust des wichtigen Raumes bei Cisna. Die nächste, aber auch einzige Hilfe konnte die nach Wola Michowa gelangte Armeereserve, die 29. ID., bringen. Ursprünglich hatte Boroević geplant, diese Division an seinem Ostflügel einzusetzen, um den von der 44. SchD. errungenen Anfangserfolg auszubeuten. Der am 26. Jänner begonnene Rechtsmarsch der 29. ID. mußte aber wegen des noch zu schildernden Rückschlages auf dem westlichen Armeeflügel eingestellt werden. Nunmehr sah sich der Armeeführer gezwungen, die Division zur Ablösung der abgekämpften 43. SchD. zu verwenden. Als sie jedoch am 30. Jänner hinter dem ihr zugedachten ausgedehnten Abschnitte eingetroffen war, erklärte der Kommandant des XIX. Korps, FML. TrollmannJ), daß die Reste der 43. SchD. in der Front belassen werden müßten, weil sonst das Festhalten des mühsam gewonnenen Bodens nicht gewährleistet wäre. Mit der Genehmigung dieses Antrages scheiterte die Absicht des 3. Armeekmdos., sich mit der abgelösten 43. SchD. eine neue Reserve zu schaffen.

Die Offensivkraft des Stoßflügels war nunmehr erschöpft und Boroević außerstande, den Kampf zu nähren. So mußte die gegen die Gruppen Krautwald, Erzherzog Joseph und Colerus heranbrandende Russenflut schlimme Bedrängnis bringen. Unaufhörlich langten in den nächsten Tagen Hiobsbotschaften in Kaschau ein, zuerst vom VII., dann vom X. und auch vom III. Korps. Obgleich es weder bei der Abwehr noch beim Gegenstoß an Zügen hervorragender Tapferkeit fehlte, buchtete sich doch gegenüber dem unaufhaltsamen Vorgehen der beiden rechten Flügelkorps der Armee Brussilow die eigene Front immer tiefer gegen Süden aus. Die Hoffnung, mit dem bereits gelähmten Offensivflügel eine entscheidende Wendung herbeizuführen, war geschwunden. Bei den Tag und Nacht unter den unerhörtesten Entbehrungen und den Unbilden des eisigen Winters im Kampfe stehenden Truppen schlich sich ein bedenklicher Gast ein: Apathie und Stumpfheit, eine Folge der Überspannung der Anforderungen. Dies machte sich in den verschiedensten Schattierungen geltend; begreiflicherweise bei den Verbänden slawischer Nationalität, die gegen den Blutsbruder fochten, stärker als anderswo. Und gerade der

x) Vom XIX. Korps war nur die 29. ID. zur Stelle.

Schutz des lebenswichtigen Raumes bei Mezölaborcz war zwei galizischen Divisionen anvertraut. Wenn sie sich dennoch brav schlugen, so geschah dies mehr aus anerzogenem Pflichtgefühl als aus der festen inneren Überzeugung, einer großen Sache zu dienen.

Als die russische Offensive in der Gegend des Duklapasses begonnen hatte, glaubte Boroević anfangs nicht an weit gesteckte Ziele des Feindes, dessen Stößen gegen Süden er bloß die Absicht zuschrieb, das Abziehen von Kräften aus der Front der Armee Dimitriew zu verschleiern. Um dies zu verhindern, regte Boroević jetzt selbst einen Angriff der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand an.

Das 4. Armeekmdo. hatte auf Grund des Heeresbefehles vom 22. Jänner (S. 111) Direktiven für eine mit starkem Südflügel zu führende Offensive ausgegeben, die in Übereinstimmung mit der 3. Armee aufgenommen werden sollte (Beilage 6). Den Zeitpunkt für die Offensive hielt man aber erst für gekommen, sobald der Feind unter der Einwirkung des Stoßes der Armee Boroević beginnen würde, seine Stellungen gegenüber der

4. Armee zu räumen. Nur wenn sich der Russe mit voller Kraft auf das III. Korps würfe, was vom 26. an einzutreten schien, sollten Teile der Gruppe Arz den linken Hebel der Zange bilden, mit der man die Russen aus der Gegend der inneren Armeeflügel herausdrängen wollte. Hiefür wurden einige Bataillone der 45.SchD. und die ll.HKD. bereitgestellt. Weiters bestand eine Vereinbarung mit dem 1. Armeekmdo., daß zur Erleichterung der Forcierung des unteren Dunajec die Artillerie vom nördlichen Weichselufer einzugreifen habe, allenfalls aber auch Truppen zur unmittelbaren Unterstützung über die Brücke bei Jagodniki gesandt werden sollten.

GdI. Boroević bat am 30. angesichts der sich immer mehr verschärfenden Lage beim X. und bei dem auf 24 km ausgedehnten VII. Korps um schleunige Zuführung einer Division auf der Bahnlinie nach Mezölaborcz. Bei diesem Hilferuf ließ er als Unterton den Vorwurf mitschwingen, daß das AOK. die ursprünglich als Armeereserve bestimmte

7. ID. der Gruppe Szurmay zugeschlagen habe, indes die letzte noch verfügbare Reserve, die 29. ID., bereits verausgabt war1).

In Teschen brach sich die erst viel später in die Tat umgesetzte Ansicht Bahn, daß die Krise bei der 3. Armee am besten durch den ungesäumten Angriff der Erzherzogsarmee beschworen werden könne. Noch am 30. wurde daher dem 4. Armeekmdo. am Fernsprecher anheimgegeben, entweder mit ganzer Kraft anzugreifen oder eine Infanteriedivision an Boroević abzusenden. Aber in Okocim hielt man begreiflicherweise einen Stirnangriff gegen die stark verdrahteten Stellungen' Dimitriews für aussichtslos1). Noch war der Gedanke der Durchbruchsschlacht mit zusammengefaßtem Zerstörungs- und Vernichtungsfeuer schwerer und schwerster Artillerie bei den Führern zu wenig gereift. Man wählte die

*) Zur Erläuterung dieser Auffassung bemerkt der damalige Chef der Generalstabsabteilung des 4. Armeekmdos., GM. v. Paić:

„Die 4. Armee hatte nach dem Siege bei Limanowa-Łapanów in der Verfolgung des Gegners um die Mitte Dezember 1914 die Dunajec-Biaialinie erreicht. Der anfangs gehegte Plan, die Offensive sofort weiterzuführen, wurde alsbald als undurchführbar erkannt, da der Russe in der nunmehr verkürzten, durch das Terrain ungemein begünstigten Front starke Kräfte vereinigt hatte, die bald darauf selbst zum Angriffe schritten. Erst am 5. Jänner 1915 flauten die feindlichen Vorstöße ab. Die technische Verstärkung der nun eingenommenen Stellung und das Ordnen der arg durcheinandergekommenen Verbände sowie Vorsorgen materieller Natur nahmen die nächsten Tage in Anspruch. Bevor aber noch das Armeekmdo. schlüssig werden konnte, ob und unter welchen Bedingungen die Wiederaufnahme der Offensive möglich sein konnte, trafen die Weisungen des AOK. ein, die auf eine Operation über die Karpathen abzielten. Nicht nur das von der 1. Armee anrollende V. Korps wurde nunmehr dem Ostflügel des GdI. Boroević zugeführt, sondern die 4. Armee selbst hatte drei Infanteriedivisionen an den rechten Heeresflügel abzugeben.

Unter diesen Verhältnissen waren alle Voraussetzungen für einen selbständigen, große Ziele verfolgenden West-Oststoß der 4. Armee genommen. Wenn auch in den folgenden Wochen und Monaten die gegenüberstehende Front des Gen. Dimitriew nach und nach geschwächt wurde, so änderte dies nichts an der Situation, da auch die

4. Armee immer wieder weitere Kräfte in die Karpathen abzugeben hatte. Ein isolierter Angriff der 4. Armee blieb aussichtslos. Es war ganz undenkbar, daß er, mit den vorhandenen geringen Kräften unternommen, so große Erfolge zeitigen würde, um auf die Situation der östlichen Teile der Karpathenfront wirksam zu werden; es war aber sicher, daß jede solche Offensive überaus verlustreich sein mußte und dadurch selbst die weitere unbedingte Behauptung der Dunajec-Biaialinie in Frage stellen konnte.

Bei den Erwägungen und Erörterungen eines solchen Angriffes mußte daher das

4. Armeekmdo. eine ablehnende Haltung einnehmen. In Okocim war man sich jedoch andererseits der Pflicht bewußt, jede Schwächung des gegenüberstehenden Feindes ebenso mit einem sofortigen Angriff zu beantworten, wie in dem Falle offensiv zu werden, wenn das benachbarte III. Korps zum Angriff schritt oder selbst arg bedroht würde. Das 4. Armeekmdo. war sich endlich auch im klaren, daß die großen Ziele des AOK. auch unter Opfern gefördert werden müßten. Es stimmte daher der Schwächung der eigenen Front bis an die Grenze des überhaupt möglichen zu, ohne jemals Bedenken zu äußern, und ergriff jede Gelegenheit, um durch partielle offensive Unternehmungen das benachbarte III. Korps zu unterstützen oder ein Abziehen des Gegners zu verhindern“ (Zuschrift vom 5. Jänner 1929 an das Kriegsarchiv).

Kräfteabgabe an die 3. Armee und stellte eine Division zur Verfügung. Das AOK. griff aber nur auf zwei Infanterieregimenter (IR. 81 und 88), die aus der Front gezogen und als kombinierte Brigade am 31. Jänner und 1. Februar aus der Gegend von Brzesko nach Mezölaborcz transportiert wurden.

Als nun das X. und das VII. Korps am 31. wieder ein Stück zurückgedrängt wurden, forderte das 3. Armeekmdo. unbedingtes Ausharren, damit die kombinierte Brigade in Mezölaborcz ausgeladen werden könne. Doch das VII. Korps mußte immer mehr Raum gegen Sztropkó geben. Boroević faßte hierauf durchgreifende Entschlüsse, umsomehr, als abgehorchte Funksprüche die Fortsetzung der russischen Offensive ankündigten. Er beabsichtigte, den Feind durch doppelseitigen Angriff aus der tiefen Fronteinbuchtung des VII. Korps herauszupressen, wozu die kombinierte Brigade nach Bereitstellung hinter dem rechten Flügel dieses Korps in der Richtung über Havaj vorstoßen, die 28. ID. des III. Korps im Vereine mit den Kräften, die von der Gruppe Arz zur Verfügung gestellt würden, von Westen vorgehen sollten. Hiedurch kam allerdings das X. Korps, das zurzeit mit 15.800 Feuergewehren einen Abschnitt von 28 km deckte, um die zugesagte Unterstützung. In brennender Sorge, daß der dünne Schleier seiner abgekämpften Verbände reißen könnte, ehe Verstärkungen eintrafen, schlug Boroević vor, an den Eisenbahnendpunkten Massen unbewaffneter Ersatzmannschaften bereitzustellen, die, von den rückströmenden Verwundeten und Kranken mit Waffen und Ausrüstung versehen, zu den schwer ringenden Divisionen nach vorne zu schicken wären. Dieser Vorschlag wurde vom AOK. abgelehnt.

In Teschen bereitete man aber doch einen großen Gegenschlag vor. Auf dem Südflügel der 4. Armee sollte eine starke Angriffsmasse von fünf Infanteriedivisionen (10. und 11. ID., 13., 26. und 45. SchD.) und einer Kavalleriedivision (11. HKD.) gebildet werden und unter dem Befehl des GdI. Křitek südlich von der Magora vorstoßen, um den bedrängten Westflügel der 3. Armee zu entlasten. Die beiderseits der Straße Ropa—Gorlice—Biecz stehenden Teile der Armee des Erzherzogs waren angewiesen, sich diesem Angriffe, der am 7. zu beginnen hatte, anzuschließen.

Für eine unmittelbare Verstärkung der 3. Armee kam Ende Jänner der bereits erwähnte Vorschlag des Erzherzogs Eugen (S. 105) zu gelegener Stunde. Er beantragte die vorübergehende Verwendung des zu den Balkanstreitkräften gehörenden VIII. Korps (9. ID. und 21. SchD. mit zusammen 23.000 Feuergewehren) auf dem nördlichen Kriegsschauplätze. Freudig ging man in Teschen darauf ein. Schon am 3. Februar rollten aus dem Süden die ersten Transporte auf zwei Bahnlinien zur 3. Armee, die 21. SchD. mit dem VIII. Korpskmdo. gegen den Raum Mezölaborcz, die 9. ID. gegen den Uzsokpaß. Außerdem stellte die 1. Armee noch die 1. LstlBrig. zur Verfügung, die vom 2. Februar abends von Brzesko gleichfalls nach Mezölaborcz geleitet werden sollte.

Der somit beträchtlichen Verstärkungen entgegensehenden 3. Armee schrieb die Heeresleitung vor, unter Festhaltung des Raumes von Mezölaborcz die Vorrückung des verstärkten Ostflügels gegen Sanok—Chyrów entscheidend zu gestalten. Ob die hiefür zur Verfügung gestellten Kräfte genügen würden, blieb allerdings fraglich; sie waren aber sicherlich ausreichend, um gegen den russischen Einbruch in die ungarische Ebene einen festen Damm zu errichten. In Teschen befriedigte die Führung der 3. Armee nicht. Das AOK. telegraphierte nach Kaschau, daß das unaufhörliche Zurückweichen des VII. und des X. Korps die Gesamtlage immer bedenklicher gestalte, die Gefechtslinie wurde immer ausgedehnter, dünner und weniger widerstandsfähig. Die Depesche enthielt aber auch einen wenig verhüllten Tadel:

„Das bloß defensive, portionenweise Stopfen der Lücken durch die zugewiesenen Verstärkungen ist nicht dazu angetan, diese Verhältnisse zu bessern, sondern es sind diese Verstärkungen, möglichst zusammengefaßt und im Anschlüsse mit den bereits im Kampfe befindlichen Truppen, zu einem möglichst kräftigen einheitlichen Stoß in der vom Armeekmdo. als günstigst oder dringendst erkannten Richtung einzusetzen.“

Dann folgte noch eine Andeutung über die Notwendigkeit persönlichen Eingreifens durch den Armeeführer selbst.

Die in kritischen Zeiten selten ausbleibenden inneren Reibungen und damit verbundenen Verstimmungen hatten damit zwischen diesen beiden Befehlsstellen schärfere Formen angenommen. GdI. Boroević antwortete noch am selben Tage, daß auch er sich zu den vom AOK. dargelegten Führungsgrundsätzen bekenne, von denen abzuweichen ihn nur die Macht der Umstände gezwungen habe.

Mit Rücksicht auf das von der Heeresleitung angekündigte Unternehmen der Gruppe Křitek verschob Boroević den ursprünglich geplanten Gegenangriff von Westen her, weil sich daran anfangs nur untergeordnete Kräfte der 4. Armee hätten beteiligen können. Dagegen hielt er an dem Einsätze der kombinierten Brigade über Havaj fest, weil er besorgte, daß der ins Gleiten geratene rechte Flügel des VII. Korps die Russen kaum mehr daran hindern könnte, sich von dieser Seite her des Ortes Mezölaborcz zu bemächtigen.

Der 3. Februar, ein Tag, der schon unter dem Unstern der die 3.GID.

betreffenden Weiterungen (S. 132) stand, bewies mit seinem lebhaften Drahtverkehr zwischen Teschen und Kaschau, daß sich die Anschauungen der Heeresleitung und des 3. Armeekmdos. nicht völlig deckten. Ganz im Sinne der erhaltenen Weisungen wollte Boroević alles daransetzen, seinen Ostflügel wieder flottzumachen, der in stetem Abwehrkampfe, namentlich beim XVIII. Korps und auf dem rechten Flügel Krautwalds, Boden eingebüßt hatte. Der Armeeführer ging sogar um einen Schritt weiter als das AOK. und beantragte die Heranführung beider Divisionen des VIII. Korps gegen den Uzsokpaß, während die Heeresleitung die

21. SchD. bei Mezölaborcz verwendet wissen wollte. Boroević glaubte aber, sich im Gefechtsraume des VII. Korps durch den Gegenangriff der kombinierten Brigade Luft machen zu können, indes die hinter dieser anrollende 1. LstlBrig. zur unmittelbaren Unterstützung des X. Korps genügen würde.

In seinen Erwägungen trat der Westflügel augenblicklich in den Hintergrund, obgleich sich gerade jetzt zwischen dem III. und dem

VII. Korps eine breite Lücke aufgetan hatte. Das dem VII., dem X. und zum Teil auch dem III. Korps vorzuschreibende Verhalten hing nicht nur davon ab, ob die russischen Angriffe andauern würden, sondern auch von dem Zustande der in die Verteidigung gedrängten und über alle Maßen beanspruchten Truppen. Dieser und die Rücksicht auf die Eintreffzeiten der Verstärkungen mußten die Art der weiteren Kampfführung wesentlich beeinflussen. In gewissen Abschnitten war Widerstand bis aufs äußerste, selbst bei Aufopferung einzelner Divisionen, geboten. An anderer Stelle schien ein elastisches Ausweichen, auch bei Preisgabe schon gewonnenen Geländes, das zweckmäßigere Verfahren, um unnötige Verluste zu vermeiden und Zeit zu gewinnen, mit Hilfe der anrollenden Verstärkungen zu einem neuen Stoß auszuholen.

Wie es scheint, hatte das AOK. aus einer Lagebeurteilung die Absicht des 3. Armeekmdos. herausgelesen, daß die augenblicklich festgehaltenen Räume nicht bis auf das äußerste behauptet werden sollten. In Teschen befürchtete man, daß der Russe auf ungarischem Boden weiter Raum gewinnen könnte, was aus innerpolitischen Gründen womöglich zu verhüten war. Die Heeresleitung verlangte daher, daß die 3. Armee keinen Schritt weiter zurückweiche; es stünden fünfzehn eigene gegen zwölf feindliche Divisionen1).

ł) Dieser Kräftevergleich war mit Rücksicht auf die grundverschiedenen Feuergewehrstände wohl nicht ganz zutreffend und sollte vermutlich nur zur Stärkung des Widerstandswillens dienen.

Inzwischen hatte sich aber der Frontriß an den inneren Flügeln des III. und des VII. Korps zu einer derart großen Lücke erweitert, daß die Gefahr eines völligen Durchbruches nicht ausgeschlossen zu sein schien. Das 3. Armeekmdo. entschloß sich daher, die nach Mezölaborcz gewiesene 1. LstlBrig. auf die Linie über Eperjes abzuleiten, nördlich von dieser Stadt auszuladen und der 4. KD. zuzuweisen, die mit der Bewachung des entblößten Raumes betraut war. Im Vereine mit dieser Verstärkung sollte der Führer dieser Reiterdivision, GM. Berndt, das VII. Korps durch einen Gegenangriff entlasten.

Am Abende des 3. Februar traf beim 3. Armeekmdo. die Antwort auf den Antrag des GdI. Boroević wegen eines ungeteilten Einsatzes des VIII. Korps am Uzsokpaß ein. Das AOK. erklärte sich unter der Bedingung einverstanden, daß der Raum Mezölaborcz mit Hilfe der beiden dahin gesendeten Brigaden — der kombinierten und der 1. LstlBrig. — zuverlässig festgehalten werde. Nun war aber dem X. Korps gerade die bitter nötige Unterstützung entzogen worden.

Immer schwerer lastete während des Tages der Druck des Feindes auf dem VII. und dem X. Korps. Dadurch, daß die Russen kurz nach Mitternacht in Mikó eindrangen, war Mezölaborcz auch von Nordwesten her bedroht. Auch das III. Korps wollte seine Truppen schon in den Abschnitt von Zboró zurücknehmen. Nach Fliegermeldungen bewegten sich starke russische Kolonnen in der Richtung auf Sanok. Obgleich Boroević im Sinne der eingetroffenen Weisung seine Korps unaufhörlich zum äußersten Widerstand anspornte und dabei betonte, daß die wichtige Eisenbahnstrecke Mezölaborcz—Łupków keinesfalls verlorengehen dürfe, zerbrach schließlich die Kraft der Truppen unter der Überspannung der an sie gestellten Forderungen. Zum Glück konnte das rollende Material der bezeichneten Strecke rechtzeitig nach Süden abgeschoben werden. Jetzt erreichte jedoch die Krise ihren Höhepunkt.

Schweres russisches Artilleriefeuer lag am 4. Februar seit den ersten Nachmittagsstunden auf den Gebäuden des Bahnhofes von Mezölaborcz und auf dem gegenüberliegenden Hause, wo das X. Korpskmdo. seit der Jahreswende sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Bis zum Spätabend harrte der Stab hier aus, um die letzten Anordnungen für den unausweichlich erscheinenden Rückzug zu treffen. Die 2. ID. war, in der Front an mehreren Stellen durchbrochen, trotz heldenhafter Gegenstöße einzelner unverzagter Abteilungen bis unweit vom Orte zurückgegangen; nordöstlich davon deckte die 24. ID. aus weiter vorgeschobener Stellung die Bahnstrecke nach Łupków.

Kurz nach llh nachts brachen die Russen in Mezölaborcz ein, doch währte bei dichtem Schneegestöber bis lange nach Mitternacht das Handgemenge in den Ortsgassen; erst gegen 3h morgens zog unsere letzte Abteilung ab. Die auf kaum 1000 Feuergewehre zusammengeschmolzenen Reste der 2. ID. wichen im Laborczatale zurück. Nachhuten nahmen noch vorübergehend Stellung. Nicht ein Fuhrwerk fiel in die Hände des Feindes.

* *

*

Während der vierzehntägigen Kampfperiode büßte die 3. Armee allein fast 89.000 Mann, somit über 50o/o ihres Standes ein; viel größer als der Verlust an Toten, Verwundeten und Gefangenen war der an Kranken. Die obige Ziffer verteilt sich auf die einzelnen Kampfgruppen etwa wie folgt: Gruppe Szurmay 14.500, V.Korps 16.660, XVIII. Korps 8010, XIX. Korps 5440, X. Korps 22.220, VII. Korps 13.080 und III. Korps 9000 Mann1).

Hier soll nun die Ansicht des damaligen Generalstabschefs beim X. Korps, FML. v. Kralowetz, über die Anlage und Durchführung der Karpathenschlacht (23. Jänner bis 5. Februar) wiedergegeben werden2).

„Bei Gegenüberstellung der durch die Disposition des 3. Armeekmdos. angestrebten Angriffsziele und der von seinen Einheiten erreichten Räume ergab sich ein beträchtlicher Fehlbetrag in Kilometern. Nach sechstägiger Operation hatte am Stoßflügel der Armee das V. Korps einen Raumgewinn von nur etwa 18 km zu verzeichnen. Die etwas über Baligród vorgedrungene 43. SchD. war nach vollständiger Erschöpfung ihrer Kräfte im zwangsweisen Abbau ihres Geländegewinnes von 12 km begriffen. Das X. Korps hatte mit seinem linken Flügel dem übermächtigen russischen Drucke nachgegeben und stand vor der Notwendigkeit der Zurücknahme seiner Gesamtkräfte in die Ausgangsstellung. Endlich war das nicht zur Stoßgruppe gehörige VII. Korps mit der 17. ID. sogar hinter seine ursprüngliche Stellung zurückgedrängt worden.

Das räumliche Ergebnis war also gewiß nicht im Einklänge mit einem Unternehmen, das für alle beteiligten Verbände mit den schwersten Opfern, ja vielfach mit der gänzlichen Einbuße des Gefechtswertes in zahlenmäßiger, physischer und moralischer Hinsicht abschloß, weniger durch die Einwirkung des Feindes als hauptsächlich durch die auflösenden und zersetzenden Einflüsse des rauhen Gebirgswinters.

Der Feind hatte nicht annähernd den gleichen Abbruch erlitten. Seine bis zum Eintritt des unvermeidlichen Schwächemoments beim Angreifer zurückgehaltenen und geschonten Hauptkräfte holten jetzt zum Gegenschlage aus, der auf bereits dezimierte, entkräftete, erstarrte und wehrlose Truppen traf....

Ein Bewegungskrieg mit weitgesteckten Zielen war unter den gegebenen Verhältnissen nur im Gange zu erhalten, wenn nach etwa zwei bis drei Tagen für eine Ab-

x) Diese Verlustangaben sind dem Schreiben des GM. Anton Pitreich vom 20. September 1929 an das Kriegsarchiv entnommen. Nachträglich ist nicht festzustellen, ob sich diese Ziffern auf den „Gefechts-“ oder auf den „Feuergewehrstand“ beziehen.

2) Aus einer unveröffentlichten Studie des Generals (verkürzt und auszugsweise).

lösung der sich mühsam vorarbeitenden Truppen durch ausgerastete Kräfte vorgesorgt worden wäre. Nur ein „schichtweises Vorarbeiten“ hätte diese Winteroffensive schrittweise ans Ziel gelangen lassen, ohne die Truppen gänzlich aufzureiben. Dazu waren aber Ablösungskräfte in den Stoßrichtungen, zum mindesten aber volle festgefügte Truppenbestände, die dem enormen Verbrauche Rechnung trugen, unerläßlich. Hatte man diese Kräfte nicht, dann hätte das Wagnis dieses Bewegungskrieges füglich unterlassen werden sollen.

Die im Jänner 1915 in den Karpathen begonnene Offensive konnte unmöglich über den ersten Ansatz hinausgelangen.....“

An einem solchen Urteile darf nichi vorbeigegangen werden, wenn die eiserne Tatkraft der Heeresleitung gerühmt wird, die ihre Aufgabe darin erblickte, das übermächtige Russenheer nicht nur zu fesseln, bis deutsche Kräfte vom französischen Kriegsschauplätze frei geworden waren, sondern auch die Initiative an sich zu reißen und eine baldige Kriegsentscheidung zu erzwingen, die aus den bereits dargelegten Gründen angestrebt wurde.

Ob aber die für die Offensive gewählte Richtung die einzig mögliche und sachgemäße war, darüber wird noch später zu sprechen sein.

Die hier gebotene Beschränkung auf die Darlegung der operativen Vorgänge bei notgedrungener Vernachlässigung der Einzelheiten im Gefechte bringt die Gefahr mit sich, beim Leser nicht völlig zutreffende Vorstellungen hervorzurufen; denn zu dem Gesamtbilde gehört unzertrennlich, was die Truppe zu erdulden hatte, was ihr an Leiden und Mühsal aufgebürdet wurde. Um diesem Mangel wenigstens einigermaßen abzuhelfen, werden an geeigneten Stellen Bruchstücke einer aus der Feder des Obersten Dr. h. c. Veith stammenden Schilderung1) abgedruckt. Über die eben dargestellte Phase schreibt Oberst Veith:

„Am 23. Jänner brach man los, hinein in die eisige Hölle der Karpathenschlacht. Der Uzsok-, der Verecke- und der Wyszkówer Paß wurden erstürmt, aber am Nordhange des Gebirges empfing die Truppen der Schneesturm. Am 25. Jänner wird die siegreich vordringende Brigade GM. Lieb, nachdem sie den Feind geworfen, durch den eisigen Nordost in ihre Ausgangsstellung zurückgejagt. Das Verhängnis bricht herein. Es ist erschütternd, die Berichte aus jenen Tagen zu lesen. Täglich erfrieren Hunderte; jeder Verwundete, der sich nicht fortschleppen kann, ist unweigerlich dem Tode verfallen. Reiten wird zur Unmöglichkeit. Ganze Schwarmlinien ergeben sich weinend, um der entsetzlichen Pein zu entgehen; beim SchR. 21 wird die abends eingesetzte Schwarmlinie am nächsten Morgen bis auf den letzten Mann erfroren aufgefunden. Kein Fuhrwerk, kein Tragtier kommt in den ungeheuren Schneemassen vorwärts; selbst muß die Mannschaft die Kochkisten in die Stellung tragen, doch die erschöpften Träger bleiben liegen und erfrieren, durch Tage erhalten die Kämpfer

J) Veith, „Werdegang und Schicksal der öst.-ung. Armee im Weltkrieg“ (Wien 1922, Manuskript). Vgl. I, 44, Fußnote.

bei —25° Celsius kein Essen, der eiserne Vorrat, den der Mann bei sich trägt, ist eishart gefroren und ungenießbar; durch sieben Tage steht die ganze 43. SchD. ununterbrochen in schwerstem Kampfe gegen Feind und Schneesturm ohne einen warmen Bissen, durch volle dreißig Tage kommt nicht ein einziger Mann ihres Verbandes unter ein schützendes Dach!

Ähnlich geht es auf der ganzen Front. An Ablösung der Kämpfenden, an auch nur vorübergehende Einquartierung ist nicht zu denken, die Stände sind zu gering und werden bei den furchtbaren Verlusten täglich geringer, die Aussicht auf Ablösung immer problematischer. Beim SchR. 20 sinkt der Stand auf 9 Offiziere, 250 Mann (Sollstand zirka 60 Offiziere, 3400 Mann), kaum ein Bataillon der Front zählt noch zweihundert. Immer dünner wird die Linie, immer wieder müssen an einer Stelle die todmüden Kämpfer aus der Front gezogen werden, um an einer anderen ein eben entstandenes Loch zu stopfen; Sanitätspersonal, Leichtmarode, Leichtverwundete werden eingesetzt, eine totale Vermengung der Stände, diese größte Erschwernis jeder geordneten Kampfführung wie des Nachschubes, ist dauernd die Folge.

Trotz des erreichten Kampferfolges ist die Stimmung der Truppen gedrückt, ja verzweifelt; das sichere Gefühl, sich im Kampfe mit den Elementen aufzureiben, läßt keine Siegeshoffnungen aufkommen. Die höheren Kommanden tun ihr Möglichstes, die moralische Widerstandskraft zu heben; man muß froh sein, den gelegentlich hervorbrechenden Hang zur Panik niederzuhalten. Die stumpfe Apathie und Gleichgültigkeit, die die Front immer mehr ergreift, ist nicht zu bannen.

Ende Jänner tritt plötzlich Tauwetter und Regen ein, alles ist bis auf die Haut durchnäßt, keine Möglichkeit zum Trocknen, dagegen gefrieren den Leuten über Nacht die Kleider am Leibe zu Eispanzern. Wer keine eiserne Natur hat, muß jetzt zusammenbrechen. Da setzt der russische Gegenangriff ein. Die vor Qual halb wahnsinnigen Kämpfer weichen in stumpfsinniger Ergebung auf ihre Ausgangsstellungen zurück. Auch der Feind hat bald genug von diesem Kampfe, auch auf seiner Seite ergeben sich ganze Abteilungen. Endlich verebbt die Schlacht. Man ist dort, wo man Mitte Jänner gewesen; aber in der Zwischenzeit ist wieder eine Armee zugrunde gegangen ........

Das war die erste Schlacht in den Zentralkarpathen.“

Diese wahrheitsgetreue Schilderung, ein schmerzlicher Nachklang der opfervollen Tätigkeit unserer Truppen, legt dem Geschichtsschreiber die Pflicht auf, zu versuchen, die Beweggründe für den Plan des Feldherrn bloßzulegen, den Ursachen des Mißerfolges nachzuforschen und das Ergebnis freimütig darzulegen. Dies wird in der Folge geschehen.

Verfügungen zur Wiedergewinnung des Raumes bei Mezölaborcz Hiezu Beilage 7

Die Eisenbahn Homonna—Mezölaborcz—Łupków und die von Łupków abzweigende Kleinbahn stellten die Lebensader für die zum Ostflügel der 3. Armee gehörigen Verbände dar. Dieser Schienenweg war nun seit der Nacht zum 5. Februar durch den russischen Vorstoß bei

Mezölaborcz—Vidrány unterbunden worden, was selbstverständlich auch die Benützung des östlichen Streckenteiles ausschloß. Namentlich für die geplante Fortführung der Offensive gegen Przemyśl bedeutete die Verletzung dieses Zufuhrstranges einen empfindlichen Schlag. Aus diesem Grunde strebte die Heeresleitung zunächst die Wiedergewinnung des Raumes um Mezölaborcz an.

Es mußte als seltener Glücksfall gelten, daß die Russen die Gunst des Schicksals nicht erkannten, sich bis 5. mittags in Mezölaborcz des errungenen Erfolges freuten und erst dann die Höhen zwischen der großen Bahnkurve bedächtig zu erklimmen begannen, statt ohne Säumen die Verfolgung im Laborczatal fortzusetzen. Das AOK. war neuerlich mit der Kräfteverwendung bei der 3. Armee nicht zufrieden und hielt ihrem Führer vor, daß er die beiden zuerst verfügbaren Brigaden (komb. IBrig. und 1. LstlBrig.) nicht einheitlich, sondern an verschiedenen Stellen der Front eingesetzt habe. Das unmittelbare und persönliche Eingreifen des Armeekommandanten sei zur Wiederherstellung der Lage bei Mezölaborcz geboten. In Teschen hatte man offenbar geglaubt, daß der willensharte Befehlshaber das schier Unmögliche vollbringen werde, seine Truppen in unaufhaltsamem Angriffsdrang über die in Schnee und Eis versunkenen Berge zu treiben. Statt dessen jetzt der alle Pläne der Heeresleitung durchkreuzende Rückschlag! Gelände und Jahreszeit zeigten sich eben — wie übrigens auch bei der Südarmee — stärker als der Wille des Führers.

Boroević, den die empfangenen Vorwürfe tief verletzten, rechtfertigte sich damit, daß die Schlappe bei Mezölaborcz unvermeidlich gewesen sei, weil er hinter seiner über 160 km ausgedehnten Armeefront über keine Armeereserve verfügt und die vom AOK. angeordnete Verwendung der 7. ID. die Durchführung seines Operationsplanes geschädigt habe. Nunmehr seien im Laufe des mehrtägigen Ringens bei seinen Korps alle Reserven aufgebraucht worden. Der Einsatz der beiden Brigaden habe sich gezwungenermaßen vollzogen. Die komb. IBrig., von der nur die erste Staffel in Mezölaborcz, alle weiteren jedoch in hinteren Stationen ausgeladen worden seien, habe zur Entlastung des VII. Korps bereitgestellt werden müssen, während die Landsturmbrigade überhaupt nicht vor dem Abend des 6. Februar südlich von Mezölaborcz hätte eintreff en können. Da hier von einem frontalen Einsatz kein Gewinn zu erhoffen gewesen sei, habe das 3. Armeekmdo. sie der 4. KD. für einen westwärts zu führenden Gegenangriff zur Verfügung gestellt, der mittelbar zur Besserung der Lage bei Mezölaborcz beitragen werde. Nichts sei

unversucht geblieben, die Truppen zum Ausharren zu verhalten, bis der Angriff der Gruppe Křitek wirksam werde. „Persönlich konnte es [das Armeekmdo.] bei der Natur des hiesigen Kampfes und der Ausdehnung der Front bestenfalls nur bei einzelnen Bataillonen eingreifen, was aber die Führung der Armee ausschließt . . .“ Gegen den unter einem vom AOK. verlangten sofortigen Angriff des VII. und des X. Korps äußerte Boroević schwerwiegende Bedenken; der Zustand der Truppen ermunterte auch sicherlich nicht zu einem solchen Unternehmen.

Es mag freilich dahingestellt bleiben, ob der von diesen beiden Korps in den letzten Tagen in knapp hintereinanderliegenden Abschnitten geführte Abwehrkampf nicht doch hätte vermieden werden können und ob man die Truppen nicht mit einem Schlage vom Feinde hätte absetzen und rechtzeitig in Räume zurückführen sollen, deren Behauptung gerade noch die lebenswichtige Bahnstrecke sicherte. Der Mannschaft wäre die dringend notwendige Atempause und die Zeit geboten worden, sich in den neuen Stellungen zu hartnäckiger Verteidigung einzurichten und dort vielleicht doch bis zum Herankommen der Verstärkungen auszuhalten1). Der Russe besaß ein feines Tastgefühl für die Merkzeichen einer vorbereiteten Verteidigungsfront und pflegte dann sofort das Tempo der Annäherung zu mäßigen. Nichts hat aber die Truppenmoral schwerer geschädigt als die mißbräuchliche Anwendung des Befehles „Widerstand bis zum letzten Mann“, der hätte geleistet werden sollen, um den Weisungen der Heeresleitung zu entsprechen.

Als sich GdI. Boroević gegen die Möglichkeit einer persönlichen Einflußnahme aussprach, waltete offenbar ein Mißverständnis vor. Es hätte sich nur um die üblichen Frontfahrten gehandelt und um den unmittelbaren Gedankenaustausch mit den vorne befindlichen Kommandanten, der zu den wichtigsten Hilfsmitteln der Führung gehörte. Der Armeebefehlshaber verließ aber fast nie seinen Standort, um nicht etwa den Zeitpunkt für eine dringend erforderliche Anordnung zu versäumen2).

Am 5. Februar traf in Teschen eine Meldung des 4. Armeekmdos.

x) Vgl. Steinitz, „Ausharren oder Ausweichen“ (Militärwissenschaftliche Mitteilungen, Wien 1930, Jänner-Februarheft).    .

2) GM. Pitreich bemerkt hiezu in seiner Zuschrift vom 20. September 1929, daß GdI. Boroević namentlich in kritischen Situationen „mündliche Aussprachen“ mit seinen Unterführern vermied und auch eine „mündliche Befehlsübermittlung“ durch Angehörige des Armeestabes nicht zuließ. Er besorgte auch, sich bei mündlicher Verhandlung „überreden“ oder durch örtliche Eindrücke beeinflussen zu lassen. Für ihn galt nur das „Schwarz auf weiß“ des Befehlsschreibens oder der Depesche. Ein Mittelding wollte er nicht kennen.

ein, die zusammen mit den Ereignissen bei Mezölaborcz neue Entschlüsse hervorrief. Erzherzog Joseph Ferdinand hatte das Gelände für die Vorrückung der Gruppe Křitek (S. 137) persönlich erkundet und mit mehreren der anwesenden Führer gesprochen, die alle der Meinung waren, der bevorstehende Ansturm auf die starken Befestigungen der Russen werde sich ungemein verlustvoll gestalten. Nach der Ansicht des 4. Armeekmdos. sollte daher der Angriff nur dann stattfinden, wenn es die Verhältnisse bei der 3. Armee unbedingt forderten, aber nicht schon am 7., vielmehr keinesfalls vor dem 9. Februar. In Anbetracht der Lage bei Mezölaborcz war dies reichlich spät. Die Heeresleitung sah hierauf von dem geplanten Unternehmen ab, weil kaum zu erwarten war, daß die an Artillerie schwache Gruppe Křitek genügend viel Raum gewinnen werde, um damit die Lage beim X. Korps zu beeinflussen. Das AOK. verfügte daher, daß GdI. Křitek am 6. nur mit dem aus der 11.ID. und der 45.SchD. neu gebildeten XVII.Korps hinter den eigenen Linien über Komlóspatak und Zboró abzurücken habe. Das 3. Armeekmdo. beabsichtigte, das Korps, dem die Gruppe Berndt — 4. KD. und 1. LstlBrig. — unterstellt wurde, aus der Lücke zwischen dem III. und dem VII. Korps in der Richtung überFelsö-vizköz gegen denDuklapaß vorstoßen zu lassen, während sich das VII. Korps diesem Angriffe anschließen sollte und das III. die linke Flanke des XVII. zu decken hatte. Der Beginn der Vorrückung Křiteks wurde für den 9. oder 10. in Aussicht genommen.

Über die noch nicht geklärte Frage der Verwendung des VIII. Korps (S. 140) fand am 5. ein lebhafter Drahtverkehr zwischen Teschen und Kaschau statt. Das AOK. hatte in seiner die Zuführung des XVII. Korps betreffenden Weisung erläuternd beigefügt: die Offensive über Turka und Lisko könne erst fortgesetzt werden, bis man die Fortschritte der Russen gegen Sztropkó und über Mezölaborcz eingedämmt habe. Daher müsse der Feind zunächst aus diesen Räumen vertrieben werden. Boroević beantragte deshalb in Teschen, daß das VIII. Korps doch nicht über den Uzsokpaß zu dirigieren, sondern mit beiden Divisionen über Sztropkó einzusetzen sei. Durch Zusammenwirken mit dem XVII. Korps, der Gruppe Berndt und Teilen des VII., von insgesamt etwa sechs Divisionen, ließe sich ein sicherer Erfolg in der Richtung auf den Duklapaß erzielen. Man stoße hiebei „auf die anscheinend schwächste Stelle“ der Feindfront und da überdies die mittlerweile verschlimmerte Witterung die Operation über den Uzsokpaß verzögern würde und der Feind vermutlich seine Reserven über Stary Sambor vorschiebe, müsse dieser, ,,mit Übermacht an einer anderen Stelle getroffen, den Erfolg freigeben...“

Das AOK. antwortete, daß es darin eine völlige Verkennung des Leitgedankens der gesamten Karpathenoperation erblicken müsse, die auf ein Zusammenwirken des starken Ostflügels der 3. mit der Südarmee aufgebaut sei, und daß auch der Entsatz von Przemyśl nicht außeracht gelassen werden dürfe. Entsende der Russe wirklich starke Kräfte über Stary Sambor, dann laufe man Gefahr, daß gerade an dieser entscheidenden Stelle die Gesamtkriegshandlung scheitern könne, falls das

VIII. Korps dort fehle.

Die Vielfältigkeit der für die 3. Armee erwachsenden Aufgaben springt ins Auge.

Unterdessen hatte das Armeekmdo. die 41. SchBrig. der 21. SchD. ins Laborczatal herangezogen. Dies wurde zwar in Teschen gebilligt, doch wollte die Heeresleitung von der Verwendung der Hauptkraft des Korps am Uzsokpaß vorläufig nicht abgehen. Mit dem XVII. Korps, der komb. IBrig., der 1. LstlBrig. und der 41. SchBrig.1), endlich mit den Kräften des III., VII. und X. Korps müsse es umso mehr gelingen, die Lage wieder herzustellen, als „das Armeekmdo. selbst trotz des dortigen Mißerfolges die feindliche Front relativ am schwächsten erachtet“.

Die Frage, wohin die verfügbaren Kräfte zu entsenden seien, war sicherlich schwer zu beantworten. Vermochte man den Ostflügel der 3. Armee in dem Maße zu verstärken, daß seine Offensive unaufhaltsam gegen Norden fortschritt, dann ließ sich hoffen, daß der russische Vorstoß gegen den Westflügel zusammenbrechen werde. War man aber hiezu, wie es der Fall war, nicht imstande, so blieb nichts anderes übrig, als alle freizumachenden Verbände an den Wiedergewinn der Gegend von Mezölaborcz zu setzen. Ohne Eisenbahn war eine spätere Offensive über Ustrzyki Dl. undenkbar. Außerdem mußte aber auch ein weiteres Vordringen des Feindes gegen die ungarische Tiefebene unbedingt hintangehalten werden.

Neuregelung der Befehlsverhältnisse in den mittleren Karpathen und h i n e i n s p i eie n d e Ereignisse •    (6.    bis    15. Februar)

Hiezu Beilage 7 sowie Skizzen 5 und 6

Daß die Heeresleitung und das 3. Armeekmdo. in ihrer Entschlußfassung wiederholt schwankten und auch untereinander uneins wurden,

*) Die Vereinigung der 41. SchBrig. mit der Masse ihres Korps am Uzsokpaß sollte indes sobald wie möglich erfolgen.

erscheint unter den einstürmenden Eindrücken des Kampfverlaufes begreiflich, da bald dieser, bald jener Frontteil zurückgedrückt wurde.

In Teschen reifte aber gerade dadurch die wichtige Erkenntnis, daß es nicht zweckmäßig sei, die in einem gewissen inneren Widerspruch stehenden Aufgaben der 3. Armee durch einen einzigen Führer lösen zu lassen. Außerdem war die 3. Armee auf 18 Infanterie- und 3Va Kavalleriedivisionen angewachsen, so daß sich schon aus diesem Grunde eine Teilung empfahl. Möglicherweise spielten auch seelische Einflüsse mit, die wohl von den getrübten Beziehungen zwischen der Heeresleitung und dem wichtigsten Unterführer ausgingen. Das AOK. entschloß sich daher am 6., das 2. Armeekmdo. von Westpolen abzuberufen, ihm den Befehl über den bisherigen Ostflügel des GdI. Boroević zu übertragen und die neue 2. Armee durch einige Divisionen aus ruhigen Frontabschnitten zu verstärken.

Vorerst gab aber am 7. Februar ein Brief des FML. Krautwald an den Generalstabschef der 3. Armee, GM. Boog, den Anstoß zu einer neuerlichen Abänderung der für das VIII. Korps getroffenen Verfügung. Durchaus kein Schwarzseher, schilderte der Führer des X. Korps den Zustand seiner Truppen, die durch sechzehn Tage unter den furchtbarsten Schwierigkeiten unaufhörlich kämpfen mußten, in den dunkelsten Farben; ihm fehle jetzt in Anbetracht der gewaltigen Offiziersverluste das Vertrauen in ihre weitere Leistungsfähigkeit1). Die 41. SchBrig. genüge als Verstärkung nicht, er benötige eine ganze Division. Zur Zeit rollten bereits Teile der 21. SchD. über Ungvár gegen den Uzsokpaß, wohin auch die 9.ID. gewiesen war. Das 3. Armeekmdo. ordnete nunmehr das Abschwenken aller Transporte der Schützendivision ins Laborczatal an und meldete nach Teschen, daß es nach dem Einlangen der Division den Feind aus dem Raume bei Mezölaborcz vertreiben wolle.

Inzwischen trafen aber in Kaschau sehr schlimme Nachrichten ein. Die Russen hatten die 34. ID. über Łupków zurückgeworfen und in schweren Nachtkämpfen Teile der Division abgeschnitten; diese zählte nur mehr 3500 Feuergewehre. Aber auch die 29. ID. sowie das XVIII. Korps hatten Geländeteile preisgeben müssen und um das Mißgeschick des

7. Februar zu vermehren, wich auch die 20. HID. des VII. Korps ein weiteres Stück zurück.

Unter diesen ungünstigen Eindrücken sank die Stimmung in Kaschau.

x) Dessenungeachtet kämpften diese Truppen dann noch durch drei Monate in den Karpathen weiter.

Der Armeegeneralstabschef berichtete dem AOK. durch den Fernsprecher über erschreckende Verlustziffern (S. 141). Da somit die Gefahr bestehe, daß die Armee gänzlich zugrundegehe, sei es zweckmäßig, die geplante Offensive auf eine bessere Jahreszeit zu verschieben. Von Teschen aus befragt, äußerte sich auch GdI. Boroević ähnlich. Er habe jedoch keineswegs die Loslösung der Armee vom Feinde im Sinn und halte daran fest, mit dem XVII. Korps, der verstärkten Gruppe Berndt, dem VII. Korps und der 21. SchD. den Raum bei Mezölaborcz freizumachen, doch müsse man sich bei allen anderen Korps mit der Behauptung ihrer jetzigen Stellungen begnügen, namentlich dürfe Szurmay nicht „vorgetrieben“ werden, da dieser schon ein Drittel seines Standes geopfert habe. Erst bis sich die strenge Kälte gebrochen habe, seien die anrollenden oder weitere etwa durch Verschiebungen zu gewinnende Kräfte zu einer neuen Aktion einzusetzen, sonst komme es bloß zu einem nutzlosen Verbrauch der Truppen, die überdies nur ungenügend mit Winterschutzmitteln versehen seien. „Ich erfülle eine ungeheuer schwere Pflicht, wenn ich darauf hin weise, daß die Fortsetzung der Offensive unter den gegenwärtigen Witterungsverhältnissen aus Mangel an Kämpfern zusammenbrechen müsse.“

In Teschen stand man vor schicksalhaften Entschlüssen. Sollten alle bisherigen Opfer vergeblich gebracht worden sein? Mußte auf den Entsatz von Przemyśl verzichtet werden ? Das AOK. konnte sich zu solchen Entschlüssen nicht durchringen; es beharrte fest auf seinen Angriffsplänen.

Boroević wurde am 8. beschieden, daß ein Abwarten ausgeschlossen sei, weil dadurch die Heranführung russischer Verstärkungen begünstigt und sich der feindliche Widerstand noch mehr versteifen würde. Zwar erhielt der Armeeführer das Verfügungsrecht über das ganze VIII.Korps, doch mit der Einschränkung, die 9. ID. bei Takcsány—Csontos derart zu versammeln, daß sie sowohl gegen Cisna oder Mezölaborcz als auch über den Uzsokpaß vorgeführt werden könne. Boroević, von dieser Bindung nicht befriedigt, bat, die 9. ID. dennoch in die Richtung auf Mezölaborcz leiten zu dürfen; er wollte sie bei dem bevorstehenden Angriffe wenigstens in Reichweite haben. Doch das AOK. gewärtigte einen russischen Vorstoß über Cisna auf Czirokaófalu, der allen Offensivabsichten ein Ende bereiten konnte, und lehnte den Antrag ab.

Hierauf begab sich der Armeegeneralstabschef am 9. Februar nach Teschen und legte dort im Aufträge des GdI. Boroević dar, daß der Angriff des Ostflügels keine Aussichten auf taktisches Gelingen biete und daß auch die Verstärkung dieses Flügels wegen der materiellen Versorgung auf große Schwierigkeiten stoßen werde, daß sonach die Offensive zwischen Laborcza und Ondava zu führen sei. Doch auch dieser Versuch, die Heeresleitung umzustimmen, schlug fehl1).

Der Wettergott beschenkte die hartgeprüften Karpathenkämpfer mit zweifelhafter Gunst. Vom 8. Februar an stieg allerdings die Quecksilbersäule des Thermometers und die Temperatur wurde erträglicher. Dafür wurden infolge der Schneeschmelze alle Täler und Niederungen von Überschwemmungen heimgesucht.

An diesem Tage regelte ein Heeresbefehl die Teilung der 3. Armee und legte die noch vor dem Eintreffen des 2. Armeekmdos. in Ungvár eine Lösung heischenden Aufgaben fest. Der Westflügel hatte sofort nach Bereitstellung der Kräfte anzugreifen und den über den Duklapaß, den Czeremchasattel und über Łupków eingebrochenen Feind zurückzuwerfen ; der Ostflügel, vorerst zur Behauptung seiner gegenwärtigen Stellungen beordert, sollte nach dem Eintreffen der anrollenden Verstärkungen, voraussichtlich Mitte Februar, die Offensive in der Richtung Lisko— Stary Sambor aufnehmen. Für Szurmay habe dieser Zeitpunkt nicht unbedingt zu gelten, falls er glaube, sich schon früher mit Hilfe der 3.GID. der Höhen von Borynia bemächtigen zu können.

Hiernach befahl GdI. Boroević am 9. den Angriff seines Westflügels für den kommenden Tag. Die Gruppe Křitek (XVII. Korps, 4. KD. und

1. LstlBrig.) hatte beiderseits von Felsö-vizköz über das Ondavatal auf Ladomermezö vorzustoßen, das VII. Korps — jedoch erst auf besondere Weisung des 3. Armeekmdos. — sich diesem Angriffe in der Richtung über Mákos auf Nagyderencz anzuschließen. Das III. sollte die Westflanke Křiteks sichern, das X. den gegenüberstehenden Feind binden und später den allgemeinen Angriff über Mezölaborcz begleiten, endlich das XIX. Korps sich lediglich behaupten. Die 9. ID. war als Armeereserve im Raume Szinna—Takcsány—Czirokaófalu zu versammeln.

Der Angriff Křiteks stieß schon am 10. auf hartnäckigen Widerstand; russische Gegenangriffe entrissen unseren Divisionen einige bereits erstrittene Höhen. Im großen ganzen focht die Gruppe bei mäßigem Raumgewinn nur innerhalb der Lücke zwischen dem III. und dem VII.Korps. Erzherzog Joseph mußte die Hauptkraft seines Korps, um die befohlene Stoßrichtung einzuhalten, zunächst über das Hocsánkatal gegen Osten zusammenschieben und beabsichtigte erst dann vorzugehen, bis sein linker Nachbar die Ondava überschritten hatte; er verlangte am 11. die Mitwirkung des X. Korps westlich von der Laborcza. Da aber die hiefür in Betracht kommende 21. SchD. noch im Anmarsche aus den Ausladeorten

11

war, verstrichen die nächsten Tage bloß mit dem Zurückdrücken der russischen Sicherungsabteilungen beiderseits der Chaussee nach Mezölaborcz und mit der Gruppierung der Division auf den Höhen westlich von der Laborcza. Am 13. wurde ihr noch die komb. IBrig. angegliedert, die bis dahin nicht recht zu geschlossenem Eingreifen gekommen war.

Das AOK. stimmte nunmehr dem Antrage des 3. Armeekmdos. auf Verwendung der 9. ID. im Laborczatale unter der Voraussetzung zu, daß sich der Ostflügel der 3. Armee behaupten könne. Ohne Unterbrechung stürmten aber die Russen gegen diesen vor und brachten gerade jetzt das V., das XVIII. und das XIX. Korps ins Zurückgleiten. Beim V. Korps, das am 11. vom Odrytrücken verdrängt worden war, zählte die 33. ID. noch 4500, die 37. HID. gar nur 3200 Feuergewehre. Unter diesen Umständen konnte daher GdI. Boroević die geforderte Verpflichtung nicht gewährleisten, worauf das AOK. befahl, die 9. ID. nach Cisna vorzuziehen, von wo sie später im Rahmen der 2. Armee an der Offensive teilnehmen sollte.

Am 12. mittags traf GdK. Böhm-Ermolli in Ungvár ein. Zur neuen

2. Armee gehörten: Gruppe Szurmay, V., XVIII. und XIX.Korps1). Auf Weisung der Heeresleitung sollte Boroević bis zur endgültigen Übernahme der Befehlsbefugnisse durch das 2. Armeekmdo. alle Anordnungen für seinen bisherigen Ostflügel im Einvernehmen mit Böhm-Ermolli treffen. Zunächst handelte es sich um die 9. ID. Das 2. Armeekmdo. hielt ihren Einsatz zwischen der 34. und der 29. ID. des XIX. Korps für die einfachste und zweckentsprechendste Lösung.

Unterdessen nahm der Kampf auf dem Westflügel der 3. Armee seinen Fortgang. Der Gruppe Křitek glückte es nach heftigem und wechselvollem Ringen und unter der Mitwirkung der 22. SchD. des III. Korps, den Feind am 14. gegen die Ondava etwas zurückzudrücken. Boroević verfügte hierauf, daß das VII. Korps am nächsten Tage gleichfalls mit dem Angriffe zu beginnen und daß sich das X. am 16. mit starkem linken Flügel anzuschließen habe.

Auf Anregung des AOK. hatte sich das 4. Armeekmdo. schon am

8. Februar bereit erklärt, zwei weitere Infanteriedivisionen (41. und

38. HID.2) an die Karpathenfront abzugeben. Die verhältnismäßig gesicherte Lage der Front und das Streben, auch unmittelbar in den Kampf

x) Das XIX.Korps bestand anfangs nur aus der 29. ID.; nach einer am 13. Februar vom AOK. befohlenen Abgrenzung der Armeebereiche trat noch die links anschließende 34. ID. in den Korpsverband.

2) Die 75. HIBrig. gehörte bereits dem Verbände der 3. Armee an.

des Nachbarn einzugreifen, veranlaßten den Erzherzog überdies, am 10. vorzuschlagen, die Offensive der benachbarten 3. Armee durch ein Vorgehen des eigenen Südflügels über Banica auf Żmigród zu unterstützen. Hiezu sollten die 13. und die Hauptkraft der 26. SchD. aus der Front gezogen werden und am 15. unter dem Befehl des FML. Králiček die Vorrückung aus der Gegend westlich von Gładyszów beginnen. Als Voraussetzung für diese Aktion bezeichnete das 4. Armeekmdo. eine gleichzeitige Offensive des III. Korps gegen Żmigród.

Boroević begrüßte diesen Plan und erklärte sich auch mit der vom Erzherzog Joseph Ferdinand angeregten Unterordnung der Gruppe Králiček unter GdI. Colerus einverstanden. Doch war es das Los aller Unternehmungen der inneren Flügel dieser beiden Armeen, nicht zu dem gewünschten Ergebnisse zu führen. So auch jetzt. Die Höhe Jasionka, das erste Ziel dieses Stoßes, sollte nach der ursprünglichen Vereinbarung von Králiček und von Teilen des III. Korps umfassend angegriffen werden. Mit seinem rechten Flügel mittlerweile in die Kämpfe Křiteks verstrickt, glaubte Colerus — auch in Anbetracht der großen Ausdehnung seiner Front — nicht mit ausreichenden Kräften gegen die Jasionka mitwirken zu können. Hienach wäre aber der Raum für die Gruppe Králiček zu groß gewesen; ein Erfolg mußte fraglich erscheinen. Boroević einigte sich daher mit dem 4. Armeekmdo., den Angriff bis zum Freiwerden des III. Korps aufzuschieben; der Zeitpunkt werde gekommen sein, sobald Křitek das Ondavatal erreicht habe.

Die Verhältnisse auf dem Westflügel waren keineswegs befriedigend. Der bisherige Verlauf des Angriffes ließ keinen durchschlagenden Erfolg erhoffen, weil die Stoßkraft der hart mitgenommenen Truppe erlahmt und eine ausreichende Tiefengliederung nicht erzielbar gewesen war. Auch die dringend notwendige Auffüllung der Stände konnte erst gegen Ende des Monats Februar stattfinden, um welche Zeit die nächste Serie der Marschformationen einlangen sollte. Mit Zustimmung des GdI. Boroević wandte sich der Armeegeneralstabschef am Fernsprecher nach Teschen und gab dem Ermessen der Heeresleitung anheim, so wie vor einigen Tagen das XVII.Korps verschoben wurde, nunmehr zur unmittelbaren Unterstützung auch die 13. und die 26. SchD. in den Kampfraum dieses Korps zu dirigieren, zumal das 4. Armeekmdo. den Angriff seines Südflügels wiederholt als besonders schwierig bezeichnet habe. Erst nach dieser Verstärkung könne die 3. Armee zum Angriffe in Staffeln vom linken Flügel antreten. GdI. Conrad ließ jedoch antworten: die vorgeschlagene Verschiebung würde nur wieder zu frontalen Einsätzen und dem damit verbundenen Kräfteverbrauche führen, namentlich wenn das

III., das VII. und das X. Korps tatenlos zuwarteten, bis der Feind die Anstrengungen des zuerst vorbrechenden Korps zunichte gemacht hätte. Durch einen Staffelangriff werde dem Russen ein solches Verfahren erleichtert, auch gewähre es ihm volle Freiheit in der Verwendung seiner Reserven. Alle Korps des Westflügels müßten einheitlich vorgeführt werden, die Gruppe Králiček der 4. Armee aber von Westen her mitwirken. Zur Zeit, als das XVII. Korps verschoben wurde, sei die Lage der 3. und der 4. Armee grundverschieden von der jetzigen gewesen. Damals war der Einbruch des Feindes auf Sztropkó und über Mezölaborcz auf den Höhepunkt gelangt, das X. und das VII. Korps hatten durch schwere Verluste ihre Gefechtskraft fast völlig eingebüßt und zwischen dem III. und dem VII. klaffte eine breite Lücke. Dagegen seien heute die Verhältnisse viel gefestigter. Der 4. Armee könne man aber die Abgabe von zwei ganzen Divisionen nicht zumuten1).

Nach dieser Ablehnung bat das 3. Armeekmdo. um die schon früher vereinbarte Unterstützung durch den Nachbar; sie wurde zugesagt. Die gemeinsame Aktion sollte am 17. beginnen.

Das 3. Armeekmdo. hielt an seinem Angriffsverfahren fest, nur in der Reihenfolge der Staffeln ergab sich ein Wechsel. GdI. Křitek, der vom 10. bis 14 allein gefochten und große Verluste erlitten hatte, erklärte, aus dem stehenden Abwehrkampf erst am 17. wieder zum Angriffe übergehen zu können. So stieß am 15. nur das VII. Korps vor, traf aber auf starken Widerstand, den es jedoch am kommenden Tag —unter Mitwirkung der 21. SchD. auf dem rechten Flügel — zu brechen hoffte. Die Truppen dieser Division erklommen die Höhen westlich vomLaborcza-tale und sollten am 16. dem Feinde das Dorf Szukó entreißen. Mithin waren die Rollen doch wieder getauscht und die rechte Flügelstaffel hatte den Nachbarn vorwärts zu helfen (Beilage 7).

In den letzten zehn Tagen konnte auch am Uzsokpaß kein nennenswerter Erfolg erreicht werden. FML. Szurmay beschloß am 6., die Offensive wieder aufzunehmen; dem schwierigen Stirnangriffe sollte nunmehr durch ein scharfes Vordrängen des rechten Flügels vorgearbeitet werden. Allein die Russen waren auf der Hut. Ihren Höhenstellungen gegenüber vermochten weder die verstärkte 75. HIBrig. noch die unter dem Befehle

Linsingens verbliebene 3. GID. einen ins Gewicht fallenden Raumgewinn zu erzielen. Als überdies am 10. ein nächtlicher Sturm der Honvéds an der Aufmerksamkeit des Feindes scheiterte, befahl Boroević, Szurmay habe sich jedes weiteren Angriffsversuches zu enthalten, durch den die Behauptung des Uzsokpasses gefährdet werden könnte.

Inzwischen nahm auch der Kampf beim V. Korps eine ungünstige Wendung. An beiden Flügeln von den Russen umklammert, riß die Verbindung zu den Nachbarn, von denen keiner helfend beizuspringen vermochte. Schon erwog das Korpskmdo., am 13. die Front in die Ausgangsstellung vom 23. Jänner zurückzunehmen. Ebenso hatten die Mitte und der linke Flügel dieser Gruppe schwere Kämpfezubestehen.Dem3. Armeekmdo. blieb nichts anderes übrig, als im Einvernehmen mit GdK. Böhm-Ermolli die 9. ID., deren Einsatz zu einer so lange umstrittenen Frage geworden war, am 13. der abbröckelnden Front zuzuführen. Unter Zerreißung der Verbände wurden ihre Hauptkraft dem XVIII. und die restlichen Teile dem XIX. Korps zur Verfügung gestellt. Damit war endlich das VIII. Korps in der Kampffront aufgegangen.

Mittlerweile hatte sich der Widerstand der Russen gegenüber der deutschen Südarmee (Skizzen 5 und 6) zusehends verstärkt. Nur der Westflügel der Armee blieb im Vordringen, allen voran die Gruppe Hofmann, die sich gegen Tuchla vorarbeitete1), links von ihr focht die deutsche

1. ID. um den Besitz des Zwinin. Auf dem Ostflügel war der Wyszków-sattel zu einem russischen Plewna geworden; hier spottete die Zähigkeit des Verteidigers aller Anstrengungen des XXIV. RKorps. Auch als die deutsche 209.IBrig. aus der Kampfgemeinschaft mit Hofmann schied und am 12. zur Umfassung des Feindes gegen diese Sattelhöhe abgedreht wurde, konnten nur vorübergehende Erfolge erzielt werden. Auf der ganzen Front zu Gegenstößen aufgerufen, holten sich die Russen zwar blutige Köpfe, doch erlahmte allmählich auch die Angriffskraft der verbündeten Truppen.

GdI. v. Linsingen bat im Wege des AOK. um die Zusendung einer deutschen Division. Falkenhayns Bescheid lautete, das Oberkmdo. Ost werde vielleicht in absehbarer Zeit eine der jetzt noch im Gefechte stehenden Divisionen abgeben können. Dafür stellt aber Conrad der Südarmee die Zuführung der k.u.k. 5. ID. in Aussicht. Diese war in der Nacht auf den 14. aus der Front der 1. Armee gezogen worden; ihre Bestimmung sollte jedoch alsbald wieder geändert werden.

x) Am 13. stieß ein russisches Bataillon, in österreichische Uniformen verkleidet, gegen die Linien Hofmanns vor.

Die Offensive der Armeegruppe Pflanzer-Baltin gegen Kolomea~Nadwórna (31. Jänner bis 16. Februar)

Hiezu Beilage 6 sowie Skizzen 5 und 6

Unterdessen hatte auch die Offensive Pflanzer-Baltins längst begonnen, aber leider war seit dem 26. Jänner der Angriff über die mittleren Karpathen bereits um jeglichen Schwung gekommen1).

Die Schuld an der Verzögerung des Vorgehens dieser Armeegruppe trug das langsame Eintreffen der 42. HID. auf der wenig leistungsfähigen, gleichzeitig mit anderen Transporten belasteten Bahn nach Körösmezö. Die Spitzenstaffel der 42. HID. wurde vom 24. an südlich von Körösmezö ausgeladen, doch erst vom 28. an erfolgte ein regelmäßiger Antransport. Pflanzer-Baltin war daher außerstande, der von Linsingen am Vortage gestellten Aufforderung zum Losschlagen nachzukommen; doch schob er von seiner Westgruppe das Gros der 6. ID. am 30. über den Pantyrpaß nach Rafaiłowa, wo es sich zum Angriffe auf Zielona gruppierte. Nebenkolonnen faßten Fuß auf den Höhen Douha, auf der Sewola und in der Gegend von Osmołoda.

Die Ostgruppe — Korps FML. Czibulka (36. ID. und die aus den Resten der 54. und der 52. ID. gebildeten, etwa brigadestarken Verbände der FML. Schultheisz und Schreitter) — trat die Vorrückung planmäßig am 31. Jänner in drei Kolonnen aus dem Tale der Goldenen Bistritz bei Kirlibaba und unterhalb davon über die nordöstlich vorgelagerten Höhenzüge gegen Breaza, Moldawa und Izwor an (Skizze 5). Die Gruppe bei Jacobeny sollte zunächst die rechte Flanke gegen feindliche Kräfte bei Kimpolung sichern. Nach der Gewinnung des Moldawatales beabsichtigte Czibulka, seine Hauptkraft gegen Fundul Moldovi zu wenden, um den Feind auftragsgemäß aus der Südbukowina zu vertreiben 2).

Unter beständigen Kämpfen erreichten die westliche Kolonne am 5. Februar Izwor und die mittlere bereits am 3. Moldawa. Schon hatte der Korpsführer am 3. den Rechtsabmarsch starker Kräfte gegen Fundul

x) Für die Schilderung der Operationen der Armeegruppe Pflanzer-Baltin vom Offensivbeginn bis zum 2. März wurde auch eine Studie des Obstlt. Rodič benützt, deren Verfassung erfolgte, ehe die betreffenden Akten durch einen in den Amtsräumen des Kriegsarchivs ausgebrochenen Brand zum größten Teile vernichtet wurden.

2) In den Befehlsverhältnissen bei den einzelnen Kolonnen fand in den nächsten Tagen ein beständiger Wechsel statt; schließlich führten FML.Benigni die westliche, FML. Schreitter die auf Moldawa vorgehende Mittel- und GM. Lilienhoff die östliche Kolonne.

Moldovi eingeleitet, als der Russe am 6. gegenüber dem GM. Lilienhoff Pozoritta und Kimpolung räumte.

Am 1. Februar brachen auch die Masse der 42. HID. und Teile der 52. ID. über den Tatarenpaß gegen das Pruthtal bei Worochta—Tatarów vor1). Die Kolonne Mihaljevic (drei Bataillone, eine Viertel Schwadron und eine Gebirgsbatterie) stand an diesem Tage schon in Żabie2). Am 2. und 3. bemächtigte sich die Hauptkraft der kroatischen Division der beiden vorerwähnten Orte im Pruthtale, dann aber stockte ihre Vorrückung; eines ihrer Regimenter war bei Tatarów in einen Hinterhalt geraten und büßte die Vernachlässigung des Sicherungsdienstes mit erheblichen Verlusten. Die Mannschaft, der Ebene entstammend, des rauhen Klimas ungewohnt und nicht entsprechend bekleidet, litt schwer unter Erfrierungen der Gliedmaßen. Schon nach Ablauf der ersten vier Operationstage belief sich der Abgang bei dieser Division auf 26 Offiziere und 1800 Mann. Der 5. Februar verstrich mit dem Ordnen der Verbände.

Inzwischen hatte die 6. ID. schwere Kämpfe zu bestehen gehabt. Ihre Hauptkolonne, die mit den Polen Hallers3) im Tale der Bystrzyca Nadwórnianska vorrückte, stieß bei Zielona auf die sich verstärkenden Russen und konnte sich erst nach mehrtägigen, außerordentlich harten und verlustreichen Kämpfen am 5. dieses Ortes bemächtigen. Infolge des Abbleibens der 42. HID. fehlte ihr der nachbarliche Beistand. Auch die entlang der Täler der Bystrzyca Sołotwińska und der Łomnica vorgehenden Nebenkolonnen der alpenländischen Division hatten wechselvolle Gefechte zu bestehen. Wie überall mußten die wackeren Truppen auch hier mit allen Schrecken des winterlichen Gebirges ringen; namentlich an die Höhenkolonnen wurden kaum zu bewältigende Forderungen gestellt.

In Anbetracht der isolierten Lage der 6. ID. griff der Armeegruppenführer in gewohnt energischer Weise ein und spornte die 42. HID. zu beschleunigter Vorrückung an. Des Erfolges gegen die russische Minderzahl sicher, bat er das AOK., ihm statt der im Bahntransport aufgehaltenen

x) Den Befehl über das XIII. Korps führte während des Gebirgsüberganges an Stelle des beurlaubten GdI. Rhemen der Kommandant der 6. ID., FML. SchönburgHartenstein.

2)    Die Kolonne Mihaljevic, bei der sich das Freiwilligendetachement des Lt. Russ um den Aufklärungsdienst besonders verdient machte, kämpfte am 5. und 6. erfolgreich westlich von Uście Putilla. Mihaljevic wurde in diesen Tagen durch Landstürmer, Artillerie und Kavallerie verstärkt.

3)    Obstlt. Haller (drei Polenbataillone, eine Viertel Schwadron und eine Gebirgsbatterie) wies schon in der Nacht auf den 24. Jänner bei Rafailowa einen Angriff der Russen ab.

5. HKD. die für die Südarmee bestimmte 10.KD. zur Verfügung zu stellen; denn der Reiterei mußten im ebeneren Karpathenvorland wichtige Aufgaben harren. Die Heeresleitung lehnte jedoch ab, weil sie hoffte, daß auch Linsingen die Gebirgszone demnächst hinter sich bringen werde.

Bei der 42. HID. verzögerte sich die Vorrückung neuerlich durch weitgehende Sicherungsmaßnahmen auf den schwer zugänglichen und tief verschneiten Begleithöhen des Pruthtales; am 11. erreichte sie die Gegend südlich von Delatyn. Links von ihr kämpfte die 6. ID. bei Pasieczna, ohne die Russen aus ihrer letzten Stellung an den Gebirgsrändern südlich von Nadworna werfen zukönnen. Nunmehr setzte aber das vereinigte XIII.Korps am 12. zu einem geschlossenen Angriffe an, dem, als das Kärntner IR. 7 eine beherrschende Höhe erstürmt hatte, ein voller Erfolg be-schieden war. Tags darauf drang die Hauptkraft der Kroaten in Delatyn ein und folgte dem weichenden Feinde am 14. bis Nadworna; hinter der 42.HID. schloß auch die Hauptkolonne der 6.ID. auf, deren Nebenkolonnen in den westlichen Seitentälern gleichfalls Raum gewannen. Das Detachement Mihaljevic marschierte über Krzyworównia, drängte bei Jaworów russische Abteilungen zurück, wurde hierauf an den rechten Korpsflügel herangezogen und stand am 14. in Lanczyn.

Nach einem aufgefangenen Befehl hatte der Russe schon am Nachmittag des 13. den Rückzug in der Richtung auf Stanislau begonnen. Jetzt, nach den Erfolgen auf dem rechten Flügel des Ostkorps bei Kimpolung, erschien es möglich, die Hauptkraft Czibulkas nach Norden abschwenken und an das XIII. Korps anschließen zu lassen. Pflanzer-Baltin hatte daher schon am 6. befohlen, daß Benigni über Seletin, Uście Putilla und Kuty—Wiznitz in der Staffel hinter dem Detachement Mihaljevic vorzurücken und Schreitter von Moldawa über Seletin nach Berhometh a. S. zu marschieren habe. Mit der Verfolgung des in die Südbukowina weichenden Feindes wurde nur GM. Lilienhoff betraut, der die Richtung über Gurahumora—Radautz einschlagen und die Russen über die Flußläufe der Suczawa und des Sereth zurückdrängen sollte.

Am 7. Februar standen Benigni in Seletin und Izwor, Schreitter in Moldawa und Fundul Moldovi, in welchen Räumen beide am nächsten Tage rasteten, indes Lilienhoff in Kimpolung und Warna anhielt1). In

!) Die bisherigen Kämpfe des Ostkorps hatten dargetan, daß auf einen Teil der Landstürmer älterer Jahrgänge bei der Fortsetzung der Offensive in körperlicher Hinsicht nicht mehr gerechnet werden konnte; auch die Gendarmerieabteilungen mußten gesichtet werden, da ein Teil von ihnen wieder ihrem normalen Sicherheitsdienste in der Bukowina zuzuführen war. Die Kolonnen des Ostkorps erhielten daher eine etwas geänderte

Durchführung der ergangenen Anordnungen warfen die Kolonnen Schreitter und Benigni feindliche Kräfte südlich von Berhometh und südlich von Kuty—Wiznitz zurück, gingen am 12. zum umfassenden Angriff des Feindes gegen die Schwesterorte beiderseits des Czeremosz vor, brachen den Widerstand der Russen und rasteten am 13. daselbst. Lilienhoff war unterdessen unangefochten über Gurahumora und Radautz in der Richtung auf Czernowitz vorgerückt.

Schon am 8. drahtete das AOK. nach Máramaros-Sziget, PflanzerBaltin habe die Masse seiner Westgruppe (XIII. Korps) nach der Einnahme von Nadworna—Delatyn ohne Verzug auf Dolina vorzuführen, um Linsingen aus dem Gebirge zu helfen *■); die Ostgruppe des FML. Czibulka sei über Kuty—Wiznitz auf Kolomea zu dirigieren, während ihre in der Bukowina befindlichen Teile dem Feinde über den Sereth zu folgen hätten.

Wie aus unserer Darstellung hervorgeht, war die Verwirklichung dieser Absichten durch den Armeegruppenführer bereits in sachgemäßer Weise angebahnt worden, doch schienen ihm die verfügbaren Kräfte nicht auszureichen, da eine Verstärkung des Feindes mit Sicherheit zu erwarten war. Er bat daher das AOK. um Zuweisung von mindestens zwei Infanteriedivisionen. Dieser Wunsch konnte aber in Anbetracht der ungünstigen Lage der 3. Armee nicht erfüllt werden. Pflanzer-Baltin plante nunmehr, das XIII. Korps nach Bereitstellung bei Nadworna und einer kurzen, aber dringend nötigen Atempause am 16. in zwei Kolonnen über Lachowce (südlich von Bohorodczany) und Solotwina gegen Dolina, das Ostkorps mit einer schwächeren Kolonne über Jabłonów, Peczeniżyn, Bohorodczany auf Kałusz, mit der Hauptkraft über Kolomea, Ottynia nach Stanislau vorzuführen; GM. Lilienhoff hatte sich der Hauptstadt der Bukowina zu bemächtigen.

Da erfuhr man aus aufgefangenen Funksprüchen, daß die über den Sereth gegen Czernowitz zurückgewichenen russischen Kräfte den Befehl zum Westabmarsch über Śniatyn erhalten hätten; ein Vorstoß gegen die Ostflanke und den Rücken der Armeegruppe war sonach zu gewärtigen. Trotzdem ließ Pflanzer-Baltin die Hauptkraft des Ostkorps (FML.

I Zusammensetzung, und zwar FML. Benigni: 126. LstlBrig. und 72. IBrig. (12 Bataillone, ' 2 Schwadronen und 9 Batterien), FML. Schreitter: 13. IBrig. und drei Polenbataillone j (10 Bataillone, l3/4 Schwadronen und 41/2 Batterien) und GM.Lilienhoff: 2 Heeres-, 6 Gendarmerie-, 3 Landsturm- und 2 Freiwilligenbataillone (13 Bataillone, 31/i Schwadronen und 11/2 Batterien).

x) Am 14. wurde Pflanzer-Baltin von dem Führer der deutschen Südarmee ebenfalls um beschleunigtes Vorgehen auf Dolina ersucht.

Benigni) die Vorrückung gegen Kolomea aufnehmen, wogegen Lilienhoff und Teile der Gruppe Schreitter gegen Norden vorgehen sollten, um die etwa südlich vom Pruth abziehenden Russen zu stellen und zu schlagen. Diese Anordnungen waren bereits in der Durchführung begriffen, als man gewahrte, daß der Raum südlich vom Flusse bis zur Mündung des Czeremosz vom Feinde frei sei. Ohne Säumen trat der Hauptteil des Ostkorps den Vormarsch gegen Kolomea an. Am 14. warf Benigni den Feind bei Jabłonów zurück. Am nächsten Tage kämpfte er, durch Schreitter verstärkt, schon südlich von Kolomea, wo sich die Russen hartnäckig wehrten. Lilienhoff hielt westlich und südlich von Czernowitz.

Die feindlichen Führer, denen die Gef ahr eines Vorgehens des XIII.Korps auf Dolina keineswegs entging, stürzten sich am 15. vorerst auf die beiden westlichen Kolonnen der 6. ID., drängten sie zurück und richteten sich knapp südlich von Solotwina zum Widerstande ein.

Nunmehr war eine rasche Entscheidung bei Kolomea unerläßlich, um das Ostkorps an das XIII. heranzubringen. Pflanzer-Baltin befahl daher, daß Teile der bei Lanczyn stehenden Gruppe Mihaljevic den südlich von der Stadt standhaltenden Russen in den Rücken zu gehen hätten. Weiters beabsichtigte er, die vom AOK. nun doch zur Verfügung gestellte 10. KD. der Südarmee nach ihrer Ausladung bei Delatyn gegen Stanislau, die 5. HKD. gegen Dolina zu senden; endlich hatte ein aus Freiwilligen gebildetes Streifkorps die anbefohlenen Bahnzerstörungen bei Kolomea und Stanislau zu bewirken.

Das Ergebnis am 16. lohnte die sachgemäß getroffenen Anordnungen. Der doppelt umfassende Angriff des Ostkorps auf Kolomea wurde durch die von Łanczyn ausgehende Bedrohung des feindlichen Rückens wirksam unterstützt; unmittelbar hinter den alsbald flüchtenden Russen drangen unsere Truppen in die Stadt ein, so daß jene nicht mehr die Zeit fanden, die vorbereiteten Brückenzerstörungen ins Werk zu setzen. Auf dem entgegengesetzten Flügel vertrieb die Hauptkraft der 6. ID. den Feind aus Solotwina und auch ihre westlichen Nebenkolonnen rückten aufs neue vor; ebenso schob sich die 42. HID. zwischen der Bahn nach Stanislau und der Bystrzyca Sołotwińska etwas gegen Norden vor.

So stellte sich die von Pflanzer-Baltin mustergültig geleitete Operation als straffe Zusammenfassung der Kräfte auf dem entscheidenden Flügel dar. Ob außerdem Linsingen von der Armeegruppe unmittelbar unterstützt werden konnte, mußte die Zukunft lehren. Für die Heeresleitung aber bildeten die vom äußersten rechten Heeresflügel einlangenden Meldungen den einzigen Lichtblick in trüben Tagen und Wochen.

Die Winterschlacht in Masuren und ihre Auswirkung Hiezu Beilage 6 sowie Skizzen 7 und 8

Der Befehlshaber der russischen Südwestfront, Gen. Iwanow, blieb nach wie vor ein entschiedener Verfechter der von ihm vorgeschlagenen und ins Werk gesetzten Offensive über die Karpathen in das ungarische Tiefland, wo er überdies für seine zahlreiche Reiterei ein geeignetes Tätigkeitsfeld zu finden hoffte. Auch die Russen litten unter den Unbilden des Karpathen winters; die Stände schmolzen zusammen, konnten aber allerdings aus den unerschöpflichen Menschenmassen des Zarenreiches in ganz anderer Weise aufgefüllt werden, als dies auf der Gegenseite möglich war. Immerhin wollte Iwanow dem unleidlichen Aufenthalt im Gebirge ein Ende bereiten. Er scheute nicht davor zurück, der Stawka anzudrohen, daß er genötigt wäre, seine Streitkräfte aus den unwirtlichen Bergen gegen Norden zurückzuziehen, falls er keine Verstärkungen bekäme, die ihn befähigen würden, den Stoß fortzusetzen und die Entscheidung zu erzwingen. Unablässig betrieb er daher die Zuführung neuer Verbände; er glaubte oder wollte glauben machen, daß

150.000 Deutsche beim öst.-ung. Heere eingetroffen seien.

Der Großfürst schwankte. Was sollte im Gewährungsfalle aus der geplanten Offensive gegen Ostpreußen (S. 123) werden? Bald trat ein, was Danilow immer befürchtet hatte: die Einheitlichkeit der Kriegführung zerfiel, man strebte zwei voneinander weit entfernten Operationszielen zu. Dabei billigte Großfürst Nikolai Nikolajewitsch die Maßnahmen Iwanows durchaus nicht restlos. Er tadelte, daß der Befehlshaber der Südwestfront seine Korps durch verlustreiche Frontalstöße gegen die feindliche Mitte erschöpfte, statt die Entscheidung gegen die Ostflanke der Verbündeten zu suchen; denn auch mit Rücksicht auf Rumänien sei es erwünscht, dem Gegner in der Bukowina einen kräftigen Schlag zu versetzen. Die Blicke des Großfürsten wandten sich nach Süden, wo um diese Zeit die britisch-französische Dardanellenexpedition vorbereitet wurde. Vom Balkan aus, so schien es ihm, ließen sich die Fronten der Zentralmächte am leichtesten auflockern.

Der Losbruch des deutschen Angriffes in Ostpreußen überhob die Stawka weiterer Überlegungen.

Während man in Teschen die Entwicklung der Lage in den Karpathen mit Sorge verfolgte, gipfelte die Offensive des GFM. Hindenburg (S. 98) in den Tagen vom 7. bis 21. Februar in der siegreichen „Winterschlacht in Masuren“. Durch diesen gelungenen Schlag der 10. und der

8. Armee wurde Ostpreußen völlig von den Russen gesäubert. Schon am 11. Februar hatte GdA. Gallwitz mit einer aus Feld-, Besatzungs- und Grenzschutztruppen zusammengerafften Armeegruppe die Vorrückung mit dem rechten Flügel über Płock und bald darauf mit dem linken von Willenberg auf Przasnysz angetreten. Zwei Tage später trat in den Verband dieser Armeegruppe auch die k.u.k. 3. KD., die am 26. Jänner von der 2. Armee dorthin überwiesen worden war. Als der siegreiche Ausgang der Winterschlacht feststand, erhielt am 17. Februar die deutsche 8. Armee den Befehl, die Bobr-Narewlinie Łomża—Ossowiec zu bezwingen1).

In seiner an Ludendorff gerichteten Glückwunschdepesche zu diesen Ergebnissen regte GdI. Conrad an, die Offensive des deutschen Ostheeres gegen Flanke und Rücken der im Weichselgebiet versammelten russischen Kräfte fortzusetzen, da nicht nur der Erfolg an Ort und Stelle für die Kriegsentscheidung, sondern auch für das weitere Verhalten der Verbündeten -und der noch schwankenden Neutralen von durchschlagender Bedeutung sein würde. Schon war aber Falkenhayn diesen Plänen entgegengetreten. Er kündigte Hindenburg am 19. an, daß erhebliche Teile der deutschen Heeresgruppe in der zweiten Hälfte des Monates März nach dem Westen überführt werden müßten, um die Lücken auszufüllen, die die Entlastungsoffensive der Franzosen und Briten während der letzten Monate in die deutschen Reihen gerissen hatte2).

Ebenso wie Conrad gelegentlich der Neujahrsbesprechung in Berlin (S. 93) Bedenken gegen den Flügelangriff im äußersten Norden ausgedrückt hatte, beklagte nun Luden dorff, daß der Winter schiacht die strategische Auswirkung versagt bleiben werde 3).

Wohl gelang es dem verstärkten linken Flügel der Armeegruppe Gallwitz, am 24. in Przasnysz einzudringen, doch schon am 27. mußten die Deutschen die Stadt vor den andringenden Russen wieder räumen und an die Grenze zurückweichen. Dagegen hielt sich die deutsche 8. Armee vor Ostrołęka—Łomża; auf Ossowiec wurde das Feuer eröffnet4). Südlich von der befestigten Flußlinie zog jedoch der Feind ansehnliche Massen zusammen, weshalb Falkenhayn nun doch auf die Abgabe von Kräften vom östlichen auf den westlichen Kriegsschauplatz verzichten mußte5).

J) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, I, 526 und 529.

2)    Falkenhayn, 51 f.

3)    Ludendorff, Meine Kriegserinnerungen 1914—1918 (Berlin 1919), 99.

4)    An dieser Beschießung nahmen zwei öst.-ung. 30.5 cm-Mörserbatterien teil (Schwarte, I, 533).

5)    F a 1 k e n h a y n, 53.

Wie im September 1914 klaffte zwischen dem nördlichen und dem südlichen Hebel der verbündeten Streitkräfte wieder ein weiter Raum; es fehlte die Kraft, die Zange zusammenzudrücken.

Um den Einfluß beurteilen zu können, den die glänzenden Erfolge Hindenburgs auf die Lage der auf dem ösdichen Kriegsschauplätze kämpfenden Kräfte der Verbündeten ausübten, muß man die gleichzeitigen russischen Maßnahmen betrachten1).

Die von Iwanow so nachdrücklich begehrten, noch in Reserve stehenden beiden Korps (Garde- und XV.) mußten der Nordwestfront zu Hilfe eilen. Am 13.Februar wies die Stawka die Bitten Iwanows um Verstärkungen endgültig ab, obgleich das unaufhaltsame Vordringen Pflanzer-Baltins ernste Gefahren für den vernachlässigten russischen Ostflügel heraufbeschwor. Die Südwestfront möge Truppen von ihrem im Weichselbogen stehenden zwei Armeen oder auch von der 3. wegziehen und sich aus eigener Kraft helfen. Nicht genug damit, auch das III. kauk. Korps wurde von der Südwestfront abgefordert.

Iwanow erteilte hierauf am 14. und in den folgenden Tagen für die bis Ende Februar geplante Umgruppierung seiner Heeresfront eine Reihe von Befehlen und gab den Armeen die Ziele für die Fortsetzung der Offensive bekannt2). So hatte die 8. Armee über Bartfeld und den Uzsokpaß vorzudringen, den Raum bei Varannó—Homonna zu gewinnen und mit ihrem Ostflügel die aus der Richtung von Ungvár, Munkács und Huszt vorrückenden Verbündeten aufzuhalten, während die 3. Armee mit ihrem linken Flügel auf Neusandez und Alt Lublau vorstoßen sollte. Hiezu wurden dieser Armee auch das XXIV. und das XII. Korps Brussilows unterstellt; überdies beabsichtigte man, sie noch durch eine Infanteriedivision und eine Schützenbrigade aus dem Weichselbogen zu verstärken.

Unter dem Befehle des Gen. Letschitzki war auf dem äußersten linken Heeresflügeleine neue 9 .Armee aus dem XI., dem XVII. und dem XXX.Korps sowie dem II. Kavalleriekorps zu bilden, während die inW estpolen zurückbleibenden Teile der 4. Armee angegliedert wurden. Letschitzki erhielt den Auftrag, über Nadworna vorzugehen und Pflanzer-Baltin zurückzuwerfen. Weiters sollte die 11. Armee eine energische Tätigkeit gegen die Festung Przemyśl entfalten und endlich war bei Chyrów eine Reserve für den Großfürsten-Generalissimus zusammenzuziehen.

Mit der Wegnahme des III. kauk. Korps erklärte sich Iwanow nicht

*) Danilow, 420 ff und 452 ff; Nesnamow, III, 53; Boncz-Bruje-witsch, I, 38—70.

2) Siehe auch die Übersichtskarte.

einverstanden; das Korps sei gegen Halicz-Zurawno zu entsenden, um der befürchteten Umfassung seines Ostflügels durch Pflanzer-Baltin zu begegnen. Indes vertröstete ihn die Stawka mit der Ankündigung baldiger Verstärkung der 9. Armee durch das XXXIII. Korps.

Am 17. Februar fand in Siedlec unter dem Vorsitze des Großfürsten abermals eine Beratung der Befehlshaber der beiden Heeresfronten statt. Rußkis Antrag, die zwölf Korps der 10., 12. und 1. Armee zu einer Offensive gegen die Südgrenze von Ostpreußen zusammenzufassen, fand Billigung, dagegen trat Iwanow der Anregung Rußkis entgegen, weitere Kräfte dadurch zu gewinnen, daß die Front im Weichselbogen durch Zurücknahme verkürzt werde. Die Rivalität der beiden Führer der Heeresfronten stand wieder einmal im Vordergrund. Jeder begehrte für die eigene Offensive Verstärkungen auf Kosten des anderen. Auch darüber, ob man sich im Weichselbogen nur auf einen großen Brückenkopf beschränken oder die bisherigen Stellungen behaupten sollte, entbrannte ein lebhafter Streit. Lange zögerte Nikolai Nikolajewitsch, bindende Weisungen zu geben. Vorübergehend erwog die Stawka auch den Plan, die schütteren Linien der Verbündeten in Polen in westlicher Richtung zu durchstoßen, ließ ihn aber wieder fallen, da sie in die Offensivfähigkeit ihrer dort befindlichen Armeen nur geringes Vertrauen setzte.

Der Großfürst, der unter dem Eindrücke der Waffenstreckung eines großen Teiles der russischen 10. Armee in den Wäldern bei Augustów kleinmütig geworden war, verständigte am 23. seine Unterbefehlshaber, daß es in Anbetracht des Munitionsmangels und des Zustandes der Armeen derzeit nicht möglich sei, dem Gegner das Gesetz des Handelns zu entreißen. Man müsse die Front links von der Weichsel bis an die Grenze des Möglichen von Truppen entblößen, sich auf Gegenangriffe rechts vom Strome und in den Karpathen beschränken und dem Gegner wenigstens Teilniederlagen bereiten1).

Dies fand bei Iwanow keinen Beifall. Als am 2. März die Offensive Rußkis begann, legte er der Stawka dar: der Feind habe starke Kräfte zur Offensive in der Richtung Sanok—Lisko versammelt, um Przemyśl zu entsetzen und hole über Stanislau zu einer gefährlichen Umgehung des russischen linken Flügels aus, was die Räumung Galiziens erzwingen könne. Gelänge ihm aber dieser Anschlag nicht, so würden Armee und Volk in Österreich-Ungarn zusammenbrechen. Aus diesen Gründen müsse die Entscheidung im Süden gesucht, die Front im Weichselbogen behauptet, im Norden aber das deutsche Heer bloß festgehalten werden.

Wieder setzte sich Iwanow in Baranowiczi durch, weil die Stawka der politischen Wirkung, die das Erscheinen der Russen im Herzen Ungarns wegen der Verhältnisse auf dem Balkan (Dardanellenexpedition, Haltung Rumäniens) hervorrufen mußte, entscheidende Bedeutung beimaß. Auch die Westmächte drängten hiezu, um auf die Italiener zu wirken. Rußki wurde angewiesen, gegen Ostpreußen „keine breitangelegte Offensive“ zu unternehmen und Iwanow am 19. März beauftragt, mit seinem linken Flügel gegen Budapest vorzudringen, „worauf die ganze Linie Krakau—Posen—Thom umgangen werden wird*)“. Iwanow hatte somit im Meinungsstreite gesiegt und als die Stawka überdies Abgaben von der Nordwestfront verlangte, trat Rußki, von diesem verderblichen Wandel der Ansichten erschüttert, von seinem Posten zurück. Er wurde im Front-kmdo. durch Gen. Alexejew, Iwanows Stabschef, ersetzt.

Die Verstärkungen für den linken Heeresflügel der Russen konnten nur allmählich in die ihnen zugedachten Räume gebracht werden. Lediglich das XXII. Korps war schon in der ersten Hälfte des Monats Februar über Stryj der deutschen Südarmee entgegengeworfen worden; dort erwiesen sich die finnischen Schützen alsbald als Träger des in den Waldbergen geleisteten heftigen Widerstandes. Die Südgruppe des XXX. Korps, die bisher unglücklich gegen Pflanzer-Baltin gefochten hatte, erhielt schon am 12. Februar den Befehl, über den Pruth auszuweichen und die Vorrückung der k.u.k. Armeegruppe durch Vorstöße von Osten her zu verzögern, Czernowitz aber zu räumen. Die 74. RD., die 3. und die

2. SchBrig. der 4. Armee wurden hastig über Bolechów gegen Stanislau geschoben, um die bedrohte Flanke der 8. Armee zu decken. Erst am

27. übernahm Gen. Letschitzki in Tarnopol den Befehl über die von Norden und Nordwesten heraneilenden Teile der neuformierten 9. Armee.

Überblickt man die russischen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit, so ergibt sich, daß die Offensive Hindenburgs vor allem den Einsatz des russischen Garde- und XV. Korps gegen das in den Karpathen schwer kämpfende öst.-ung. Heer verhindert hat. Keinem Zweifel unterliegt ferner, daß die Stawka ohne diesen machtvollen Angriff dem Drängen Iwanows auf weitere Kräftezufuhr nachgegeben und damit die Erfolgsmöglichkeiten für das Gelingen des Vorstoßes auf Budapest gesteigert

x) Boncz-Brujewitsch, I, 78. Danilow erzählt, daß der Operationsbefehl vom 19. März der einzige während des ganzen Krieges gewesen sei, der der Feder des Stabschefs Gen. Januschkiewitsch entstammte. Danilow, der bei der Abfassung übergangen wurde, bat um seine Enthebung. Dieses Ansuchen wurde vom Großfürsten entschieden abgelehnt (Danilow, Großfürst Nikolai Nikolajewitsch, 134).

hätte. Der Schmerz der Russen über ihre furchtbare Niederlage in Masuren verwandelte sich nachher aber doch in ein heißes Verlangen, die Scharte durch Erfolge ihrer Südwestfront auszuwetzen. Der Druck gegen das öst.-ung. Heer verstärkte sich und das Schicksal der Festung Przemyśl drohte sich zu erfüllen.

Die Grundlagen für die Entschlüsse der k.u. k. Heeresleitung Hiezu Beilage 7 sowie Skizzen 6 und 9

Sehnsüchtig hielt die Besatzung von Przemyśl Ausschau nach dem Befreier. Nach längerer Pause begann am 9. Februar die russische Einschließungsartillerie wieder gegen den Festungsbereich zu feuern. Die Tage verhältnismäßiger Ruhe waren endgültig verstrichen. Die Beschießung dauerte nunmehr unausgesetzt an, doch hatte die Stadt selbst wenig darunter zu leiden. Außerdem begann auch wieder der Kampf um das Vorfeld, der von beiden Seiten tatkräftigst geführt wurde, vom Verteidiger besonders aus dem Grunde, um die vom Feinde beabsichtigte Verengung des Einschließungsringes zu verhindern.

Am 10. meldete das Festungskmdo., daß, falls sofort 3500 Pferde geschlachtet würden, Mannesverpflegung bis zum 14. März, Futter für die Pferde bis zum 12. März vorhanden sein würden; damit werde aber der Reichweite offensiver Unternehmen enge Grenzen gesetzt, die Möglichkeit eines Durchbruches wäre dann ausgeschlossen. Nach kurzem Zögern stimmte das AOK. am 16. der Pferdeschlachtung zu.

Die Entfernung des festen Platzes Przemyśl von dem nächstbefindlichen öst.-ung. Frontteil betrug 70 km Luftlinie. In Teschen verringerte sich allmählich die Hoffnung, die trennende Strecke rasch durchmessen zu können. Schon am 12. Februar berichtete das AOK. an die Militärkanzlei des Kaisers, daß die Möglichkeit rechtzeitigen Entsatzes zweifelhaft geworden sei; nichtsdestoweniger werde alles versucht, den Fall der Festung zu verhüten. DreiTage später mahnte der Monarch denErzherzog-Oberkommandanten eindringlich, den Verlust des Platzes hintanzuhalten.

Politische und psychologische Forderungen legten hier der Entschlußfreiheit des Feldherrn starke Fesseln an. Immer dringender aber erschien die Fortsetzung der unterbrochenen Offensive. Die Anlage der am 23. Jänner begonnenen Kriegshandlung hatte nach raschem Entsätze von Przemyśl auf der kürzesten Linie gestrebt. Deshalb der schon im Dezember des Vorjahres angewandte Staffelangriff, der sich nach dem

Fortschreiten der Offensive des Ostflügels der 3. Armee zu richten hatte. Bevor sich der Antrieb zur Vorrückung bis zum III. Korps fortpflanzen konnte, erfolgte jedoch der Gegenhieb Brussilows, der dieses Korps nötigte, hinter die Ondava zurückzugehen. Damit schien das Eingreifen der k.u.k. 4. Armee hinausgerückt zu sein. Wie aber deren höhere Führer über einen Stirnangriff auf die starke Front Dimitriews dachten, wurde hier schon wiederholt dargelegt; ohne Mitwirkung des III. Korps wollte man an dieses für aussichtslos und sehr verlustreich gehaltene Unternehmen nicht herangehen. Obgleich es an Andeutungen der Heeresleitung nicht fehlte, zog es das 4. Armeekmdo. vor, sich die unvermeidlichen großen Opfer lieber durch allmähliche Abgabe von Divisionen für Offensivfronten zu ersparen, doch war es immer bereit, die Anstrengungen seines rechten Nachbars durch eine auf seinen Südflügel beschränkte Aktion zu unterstützen. Daß man in Okocim einem Vorstoße der Gruppe Křitek schließlich am 5. Februar widerriet, lag nebst den geltend ge-gemachten Gründen auch darin, daß der Offensivfähigkeit der 3. Armee nach den bisherigen Fehlschlägen kein rechtes Vertrauen mehr entgegengebracht wurde. Vor einer vereinzelten Unternehmung schreckte man aber mit Recht zurück.

Sobald sich jedoch die Lage bei Boroević wieder etwas gefestigt hatte, trug das 4. Armeekmdo. neuerlich die Hilfe seines Südflügels an und unterstellte sogar die hiefür bestimmten zwei Divisionen dem Führer des III. Korps (S. 152). Für die Masse der 4. Armee blieb der Heeresbefehl vom 22. Jänner (S. 111) aufrecht, sich dem Angriffe der

3. Armee anzuschließen. Sollte aber Dimitriew schon vorher mit dem Abbau seiner Front beginnen, so war ungesäumt anzugreifen. Gelang es dabei, seinen Abzug aufzuhalten, so machten sich alle Opfer bezahlt. Die 4. Armee verfügte freilich nach Abgabe von sieben Divisionen (43. und 86.SchBrig., 19., 6., 11. ID. und 45. SchD. sowie 41. und 38. HID.) noch über etwas mehr als 100.000 Feuergewehre — in einer Zeit, wo überall Not an Mann war, eine nicht voll ausgewertete Kraft. Man mußte aber mit einem Angriffe der russischen 3. Armee rechnen. Hätte dieser Erfolg gehabt, so wäre das ganze Karpathenunternehmen in Frage gestellt worden. Beim 4. Armeekmdo. beobachtete man daher das Verhalten des gegenüberstehenden Feindes mit gespannter Aufmerksamkeit. Nachdem der Nachrichtendienst festgestellt hatte, daß die russische 32. ID. aus der Front gezogen wurde, entstand sofort der Plan zu einer Unternehmung zwischen Dunajec und Biała.

Während man sich beim AOK. damit beschäftigte, die Wiederholung der Karpathenoffensive — im allgemeinen mit der gleichen Stoßrichtung wie bei der erstgeschilderten — einzuleiten, begann auch die Politik ihren Einfluß auf die höhere Führung auszuüben. Von deutscher Seite hatte man dem Ballhausplatz eindringlich die Niederzwingung Serbiens nahegelegt, wodurch die Verbindung mit der Türkei eröffnet werden sollte; Konstantinopel schien durch die in Vorbereitung befindliche Dardanellenexpedition der Alliierten schwer bedroht zu sein. Man müsse, so meinte die Wilhelmstraße, Bulgarien und Rumänien gewinnen, vor allem aber Italien durch österreichische Gebietsopfer abfinden. Auch Falkenhayn telegraphierte am 9. an Conrad, er halte einen Umschwung in den Karpathen vorläufig für ausgeschlossen, dagegen sei die Lösung der rumänisch-italienischen Frage unaufschiebbar geworden. Der südwestliche Nachbar sollte durch Gebietsabtretungen bei Erneuerung des Dreibundvertrages zum Eintritt in den Krieg veranlaßt werden. Diese Hoffnungen teilte der k.u.k. Generalstabschef keineswegs. Bestenfalls werde man Rumänien auf die Seite der Zentralmächte bringen können, was ernstlich versucht werden müsse. Falkenhayn tat alles, um Conrad zu seiner Meinung zu bekehren; auf seinen Wunsch legte der im Großen Hauptquartier bevollmächtigte k.u.k. General, FML. Stürgkh, am 12. in Teschen dar, man benötige Rohstoffe aus Italien, Getreide aus Rumänien, daher müßten die unterbrochenen Verhandlungen mit diesen beiden Staaten wieder aufgenommen werden. Conrad hielt jedoch an seiner Ansicht fest und verlangte von Burián, zunächst das Ergebnis der im Zuge befindlichen militärischen Aktionen abzuwarten.

Zu allen sonstigen Sorgen des Habsburgerreiches gesellten sich noch die betrüblichen Erscheinungen der, in Böhmen und in den südslawischen Ländern fühlbar werdenden staatsfeindlichen Bewegung, die auf das Gefüge der bewaffneten Macht nicht ohne Rückwirkung blieben. Die Berichte über die Unverläßlichkeit einzelner Truppenteile aus nationalen Ursachen mehrten sich. So drängte nicht nur die Verpflegslage in Przemyśl, sondern auch die Politik zu raschen Entscheidungsschlägen.

Die Kämpfe in den Karpathen bis zum 26. Februar

Der rechte Heeresflügel und sein nächstes Oferationsziel Dolina

(16. bis 26. Februar)

Hiezu Skizzen 6, 10 und 11

An der gesamten Ostfront hatten sich Mitte Februar nur die äußersten Flügel von den Fesseln des Stellungskrieges befreit und drangen in kräftiger Offensive vorwärts: Hindenburg im Norden, Pflanzer-Baltin im südlichen Ostgalizien und in der Bukowina.

GdK. Pflanzer-Baltin durchlebte nunmehr eine Reihe außergewöhnlich spannungsvoller Tage. Die Erfüllung seiner durchaus nicht einfachen Aufgabe verlangte, der Südarmee durch Abschwenken gegen Nordwesten die heißersehnte Hilfe zu leisten. Da diese Bewegung aber gleichzeitig in der Richtung Stanislau gegen die dort aller Voraussicht nach eintreffenden russischen Verstärkungen zu sichern war, erforderte dies ein sorgfältiges Abwägen der Kräfte für den einen und den anderen Zweck. Infolge der ursprünglich notwendigen Rechtsstaffelung hing der rechte Flügel zurück, während man jetzt das entgegengesetzte Verhältnis gebraucht hätte (Skizze 6).

Nach der am 16. geglückten Einnahme von Kolomea wurde der nach Ottynia abziehende Feind nur von schwachen Kräften verfolgt; FML. Czibulka mußte aber der Masse seiner Truppen bei Kolomea die unumgänglich nötige Rast gewähren. Die Russen hatten jedoch den Weg nach Stanislau noch nicht endgültig freigegeben. Am 17. — PflanzerBaltin war an diesem Tage mit seinem Stabe von Máramaros-Sziget nach Delatyn übersiedelt — stand die Hauptkraft der 42. HID. in hartem Kampfe nördlich von Nadworna. Ungesäumt traf der Armeegruppenführer Anordnungen, um der Division Hilfe zu bringen. Die 6. ID., bereits im Vormarsche auf Dolina, hatte an den linken Flügel, Czibulka mit seiner Hauptkraft — Teilen der 36. ID. und der 10. KD. sowie mit dem Detachement Mihaljevic — im Nachtmarsche von Kolomea an den rechten Flügel der Kroaten heranzurücken und in deren Gefecht einzugreifen. Nur Czibulkas östliche Kolonne blieb im Vorgehen auf Ottynia. Diese Bewegungen füllten den 18. aus. Die Russen schlüpften aber jetzt aus der Schlinge und zogen vor der 42. HID. nordwärts ab; ihnen folgte die k.u.k. 10. KD. auf dem Fuße in der Richtung gegen Stanislau.

Pflanzer-Baltin ließ nunmehr die Masse der Armeegruppe gegen Dolina einschwenken. Vom XIII. Korps hatte die 6. ID. mit Benützung leerer Verpflegsfuhrwerke schleunigst über Rożniatów zu rücken und mit ihrer Spitzenstaffel am 20. in Dolina einzutreffen; die 42. HID. hatte an diesem Tage Rożniatów zu erreichen. Die 5. HKD. und die Gruppe Benigni sollten diesen Kräften nachmarschieren, der Rest des Ostkorps die Verfolgung auf Stanislau fortsetzen.

Auf dem äußersten rechten Flügel waren GM. Lilienhoffs Reiter am 17. in das neuerlich vom Feinde befreite Czernowitz eingezogen; tags darauf rückte auch die Ostgruppe dieses Generals in die Stadt ein, während seine Westgruppe bei Waschkoutz hielt. Nach einem aufgefangenen Funkspruche hatten die Pruth aufwärts abziehenden Teile des russischen XXX. Korps bei Zabłotów wieder über den Fluß zu setzen, gegen die Ostflanke der Armeegruppe vorzustoßen und hiedurch deren Vorgehen aufzuhalten (S. 164). Lilienhoff erhielt daher den Befehl, am 19. von Waschkoutz nach Sniatyn zu rücken und dann über Horodenka und Tłumacz dem Ostkorps in der Staffel nachzumarschieren. In Czernowitz war nur das Detachement Major Papp zu belassen, um die gegen Nowosielica zurückgegangene schwächere Russengruppe in Schach zu halten.

Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte es also in Kürze glücken, die russische Front gegenüber der deutschen Südarmee durch Rückenbedrohung zum Abzug zu zwingen und die Gebirgsausgänge für Linsingen zu öffnen. Die Streitkräfte dieses deutschen Armeeführers erwehrten sich in unaufhörlichen Kämpfen russischer Gegenstöße, wobei die Hauptlast des Ringens vom XXIV. RKorps und von der Gruppe Hofmann getragen wurde. Leider gab am 18. der rechte Flügel der 19. ID. nach und wich um etwa 1 km zurück. Die drei Brigaden Hofmanns zählten wenig mehr als 6000 Feuergewehre !); diese Truppen, die seit dem 23. Jänner pausenlos im Gefechte gestanden und nur dreimal unter Dach gekommen waren, hatten die Grenze ihrer Kampffähigkeit erreicht. Aber auch die deutsche 1. ID. und die 3. GID. lagen bewegungslos vor starken Stellungen.

Schon rollte jedoch die k.u.k. 5. ID. der 1. Armee heran und nach dem glücklichen Ausgang der Winterschlacht in Masuren auch die deutsche 4. ID. Hingegen mußte die deutsche 5. KD. untätig hinter der Armeefront verharren. Mit Billigung der k.u.k. Heeresleitung entschloß sich Linsingen, alle diese Kräfte, wie dies schon mit der 10. KD. geschehen war, über Delatyn dem linken Flügel Pflanzer-Baltins zuzuführen, um sie nicht in ergebnislosen Gebirgskämpfen verbrauchen zu lassen. Zunächst fuhr die 5. ID. über Máramaros-Sziget gegen Delatyn weiter, wo ihre Spitzenstaffel am 20. einlangte.

Unter diesen Umständen wünschte der Führer der deutschen Südarmee seinen Einfluß auch auf die Kampfführung jenseits der Karpathen geltend zu machen. Nachdem sich GM. Stolzmann schon am 16. in Máramaros-Sziget über die Verhältnisse eingehend orientiert hatte, wurde GdK.

FML. Hofmann verfügte nur über eine halbe Gebirgskanonen- und eine Ge-birgshaubitzbatterie, da er bei Offensivbeginn das Gros seiner Gebirgsartillerie an das XXIV. RKorps und die 3.GID. hatte abgeben müssen. Bei allen drei Brigaden befanden sich nur ein Stabsoffizier und acht Hauptleute. Der Gruppenführer bat daher das AOK. um Verstärkung durch eine Heeresbrigade.

Freih. Marschall, bisher Führer der 3. GID., angewiesen, den Befehl über die eigentlich zur Südarmee gehörige 10. KD. und die 5. ID., später auch über die deutsche 5. KD. zu übernehmen und mit diesen Kräften schleunigst über Dolina in den Rücken des Feindes vorzustoßen, worauf das XXIV. RKorps seine Angriffsanstrengungen verdoppeln sollte. Für den linken Flügel befahl Linsingen, daß GLt. v. Conta den Angriff der deutschen 1. ID. und der 3. GID. auf den Zwinin einheitlich zu leiten habe. Marschall traf am 19. in Delatyn ein und wurde mit der Befehlsführung auf dem linken Flügel der Armeegruppe betraut; unter den geänderten Verhältnissen konnten ihm allerdings nicht die von Linsingen bezeichneten Armeekörper unterstellt werden.

In Munkács verfolgte man jeden der Schritte Pflanzer-Baltins. Als dieser am 18. die 6. ID. zur Unterstützung der 42. HID. aus der Richtung von Dolina abzog, erhob das Kmdo. der Südarmee sogleich Beschwerde in Teschen. Es sei überflüssig und aussichtslos, so viele Kräfte gegen Stanislau einzusetzen, Pflanzer-Baltin sei anzuweisen, mit zwei Divisionen sofort gegen Dolina—Bolechów— Stryj zu rücken und diese Linie bis zum Herankommen der Südarmee festzuhalten. Indes hatte der Führer der Armeegruppe die Forderungen der Lage selbst vollkommen klar erkannt und auch das AOK. billigte die von ihm getroffenen Maßnahmen. Die Einwirkung auf einen Befehlshaber, auf dessen Befähigung und Energie man voll vertraute, hielt die Heeresleitung nicht für geboten. Dem Wunsche Linsingens, auch die deutsche 4. ID. über Delatyn zu befördern, konnte ebenfalls nicht entsprochen werden, da die Bahnlinie eine derartige Belastung nicht vertrug. Diese Division, teilte die Heeresleitung mit, müsse bei Munkács ausgeladen und durch das Gebirge nachgezogen werden, dessen Ausgänge bis dahin Pflanzer-Baltin freigemacht haben werde. Übrigens sei bereits der Befehl zum Antransport des XI. Korps der 4. Armee nach Delatyn erteilt. Es käme jetzt darauf an, daß das XXIV. RKorps bei Wyszków angreife und den Russen nachdringe.

Aber gerade am 19. Februar, an dem sich nördlich der Karpathen die Lage auf das Günstigste entwickelte und Pflanzer-Baltin vor dem letzten entscheidenden Zugriff auf Dolina stand, wurde die Südarmee von schwerem Mißgeschick heimgesucht. Die Russen verdoppelten ihre Anstrengungen gegen das XXIV. RKorps, zerbrachen die bei Wyszków angesetzten Klammern der doppelseitigen Umfassung und warfen beide Flügel, mit besonderer Wucht den rechten, zurück. Ob der Feind damit bloß den beginnenden Rückzug decken oder weiter ausharren wollte, blieb vorerst ein Rätsel. Auch Hofmann war nun gezwungen, seinen Ostflügel abzubiegen und nurdiel.ID. vermochte mit Aufgebot aller Kräfte standzuhalten.

Nach ihrem Erfolge am 19. stellten die Russen ihre Anstürme gegen das XXIV. RKorps für eine Weile ein, so daß sein linker Flügel am 21. wieder mit der Vorrückung beginnen konnte. Als aber das Korps am 26. aufs neue zu einheitlichem Angriffe ansetzte, stieß es überall auf hartnäckigen Widerstand. Die Gruppe Hofmann stand Tag für Tag in schwerem Abwehrkampfe, der namentlich am 26. dem Feinde ansehnliche Verluste brachte. Am 22. gewann die deutsche 1. ID. gegen die Ostryhöhe Raum, doch die 3. GID. vermochte sich nicht der heiß umstrittenen Klewa zu bemächtigen und mußte sogar ein Stück zurückgenommen werden. Die Angriffskraft der Südarmee erwies sich eben nicht stark genug, ein unmittelbares Zusammenwirken mit Pflanzer-Baltin zu erzielen. Die Stände schmolzen zusammen; täglich mußte mit einem Abgange von 500 Mann gerechnet werden1).

Linsingen bemühte sich auch weiterhin, seine Befehlsbefugnisse auf den linken Flügel der Nachbargruppe auszudehnen und beantragte am 22. bei der Heeresleitung, ihm das XIII. Korps zu unterstellen, wofür er PflanzerBaltin das Verfügungsrecht über die 5. ID. zurückgeben wollte. Ferner bat er, man möge bei der DOHL. die Heranführung der deutschen 3.ID. erwirken, von der schon ein Regiment bei der 3. GID. focht. In Teschen war man nicht geneigt, dem ersten Antrage zu entsprechen, da die unerläßliche Einheitlichkeit der Kampfhandlung zwischen Dniester und Łomnica nicht beeinträchtigt werden durfte. Auch Linsingens Vorschlag, die deutsche 5. KD. mit der Bahn nach Delatyn zu schieben, konnte aus den gleichen Gründen, die dies für die deutsche 4. ID. ausschlossen, nicht berücksichtigt werden. Die deutsche Reiterdivision rückte hierauf im Fußmarsche über den Tatarenpaß ins Pruthtal ab. Der Armeegeneralstabschef fuhr selbst nach Teschen, die Zuweisung der deutschen 3. ID. zu betreiben, doch Falkenhayn war nicht gewillt, weitere deutsche Verbände den kräfteverzehrenden Gebirgskämpfen auszusetzen. Anders wäre der Bescheid ausgefallen, wenn die Südarmee schon nördlich von den Karpathen gekämpft hätte.

Bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin hielt die Spannung an. Am Vormittag des 20. zog die 10. KD. unter dem Jubel der Bewohner in die durch den Feind geräumte Stadt Stanislau ein. Das XIII. Korps

— jetzt unter dem GdK. Marschall — und die Kolonne Benigni hatten

1) Die Südarmee zählte am 24. Februar bei den öst.-ung. Truppen 20.000 Feuergewehre (ohne 5. ID. und 10. KD.), bei den deutschen 21.800 Feuergewehre.

die Richtung auf Dolina eingeschlagen; die 42. HID. und die 5. HKD. kämpften während des Tages bei Krasna, die 6. ID. bei Perehińsko. Schon reifte die Erfüllung der Pläne Pflanzer-Baltins: die Russen waren über Stanislau zurückgeworfen, die Dniesterstrecke unterhalb von Niż-niów schien gesichert zu sein und Czernowitz war fest in der Hand der k.u.k. Truppen; aller Wahrscheinlichkeit nach konnte man dem Feinde, der noch vor der Südarmee hielt, jetzt auch den Rückzug über Dolina und Skole verlegen.

Da brachten die Nachmittagsstundeii des 20. eine schwere Gefährdung aller bisherigen Errungenschaften. Allmählich waren die Einheiten der eben gebildeten russischen 9. Armee auf Bahnen und Straßen in ihr neues Verwendungsgebiet geflossen; zunächst wurden die aus Stanislau verdrängten Teile der 71. RD., vermutlich durch die 2. SchBrig., verstärkt. Der Feind ging von drei Seiten umfassend wieder gegen die Stadt vor. Mittlerweile war hier eine Brigade der k.u.k. 36.ID. eingetroffen, die sich nur durch die Entschlossenheit der örtlichen Führung und die Tapferkeit der Truppen gegen den übermächtigen Anfall der Russen zu behaupten vermochte.

Indes parierte Pflanzer-Baltin mit gewohnter Energie den russischen Hieb. Vorerst unterstellte er die Kolonne Benigni, die sich auftragsgemäß im Vormarsche von Bohorodczany gegen Nordwesten befand, wieder dem Ostkorps und wies ihr die Richtung gegen die Höhen nördlich von Stanislau1). Weiters traf er Maßnahmen, um die Gruppe Lilienhoff möglichst rasch dem rechten Flügel des Ostkorps zuzuführen. Alles stand auf des Messers Schneide. Glücklicherweise langte gerade die Spitzenstaffel der 5. ID. in Delatyn ein. Ursprünglich wollte man in Teschen diese Division dem XIII. Korps angegliedert wissen, damit Marschall rasch gegen Dolina Raum gewinnen könne, doch ließ jetzt die Heeresleitung dem Armeegruppenführer freie Hand, weil die Behauptung von Stanislau eine unerläßliche Vorbedingung für das Gelingen der Offensive Marschalls war. Pflanzer-Baltin befahl die Versammlung der Division bei Nadworna, ohne sich noch für die Richtung ihres Einsatzes zu entscheiden. Am 21. hielt der Verteidiger von Stanislau gegen die Einkreisungsversuche der Russen weiterhin stand, schon teilweise durch die anrückenden Verstärkungen entlastet. Lilienhoff gelangte nach Horodenka. Das Westkorps warf mit der 42. HID. den Feind auf Rożniatów zurück, die 6. ID. nahm Perehinsko. Pflanzer-Baltin vervielfachte sich; imKraft-

!) Die zur 42. HID. gehörigen Teile der Kolonne Benigni marschierten jedoch zu ihrer Division ab.

wagen durcheilte er das ausgedehnte Gefechtsfeld und machte seine Unterführer mit seinen Absichten bekannt.

FML. Czibulka schritt am 22. zum Angriff. Sein rechter Flügel, der bei Tyśmienica einen russischen Vorstoß abgewiesen hatte, bemächtigte sich der Höhen nördlich von diesem Orte; zur Sicherung der rechten Flanke rückte eine gemischte Abteilung von Tłumacz auf Niżniów. Auch Benigni schob sich knapp westlich von Stanislau bis an die nach Kałusz führende Straße vor. Seine Landstürmer wurden jedoch am nächsten Tage aus nordwestlicher Richtung von den Russen angefallen und eingekreist; sie fluteten zurück. Die hier entstandene schwere Krise rechtfertigte es, daß sowohl Benigni als auch Czibulka auf die zur Stützung des Ostkorps an einzelne Punkte vorgeschobenen und zur Hand befindlichen Bataillone der 5. ID. griffen und diese auf das Gefechtsfeld des linken Korpsflügels heranzogen. Pflanzer-Baltin mußte diese Verfügung billigen, obgleich hiedurch ein erheblicher Teil seiner Dispositionsgruppe aus der ursprünglich zugedachten Richtung geriet.

Das XIII. Korps kämpfte am 22. und 23. mit wechselndem Erfolge. Die 42. HID. und die 5. HKD. vermochten bei Rożniatów nicht durchzudringen. Wohl überschritt die 6. ID. links von den kroatischen Honvéds die Czeczwa, wurde aber zur Rückkehr auf das Ostufer gezwungen. Da es nicht ausgeschlossen war, daß der Feind vor dem rechten Flügel der Südarmee seine Front abzubauen begann und sich durch den zähen Kampf an der Czeczwa den Rückzugsweg offen halten wollte, forderte Pflanzer-Baltin den GdI. Linsingen auf, das XXIV. RKorps zu schleunigem Vorgehen zu veranlassen. Die Vermutung erwies sich jedoch als irrig; in unverminderter Stärke hielt der Russe auf dem Wyszkówsattel.

Nach dem Herankommen der Gruppe GM. Lilienhoff konnte FML. Czibulka am 24. mit dem vom FML. Schreitter befehligten Ostflügel unter Sicherung gegen Niżniów abermals zum Schlage ausholen; die Russen wurden auf den Höhen nordöstlich von Stanislau um ein gutes Stück zurückgedrückt.

Tags darauf sollte die Armeegruppe auf ihrer ganzen Front angreifen. Ihr Führer entschloß sich, die nächstverfügbaren Teile der 5. ID. zwischen seinen beiden Korps gegen Kałusz vorzuschicken und den Rest nach Bohorodczany zu ziehen. Nach der bei Stanislau erstrebten Entscheidung wollte er die Division wieder westwärts zum XIII. Korps verschieben. Den Befehl über das Korps gab GdK. Marschall am 25. an den wiedergenesenen GdI. Rhemen ab. Das Ostkorps kam an diesem Tage gut vorwärts. Auf der äußersten Rechten wurde Niżniów genommen.

Lilienhoff und Schreitter gewannen Boden auf den Höhen nordöstlich von Stanislau und auch Benigni ging wieder bis an die nach Kałusz führende Straße vor. Dagegen vermochte die nach Nowica entsendete Gruppe der 5. ID. die hochange sch wollene Łomnica nicht zu passieren. Ein Nachtangriff auf Kałusz scheiterte an der verstärkten Abwehr der Russen. Beim XIII. Korps focht die 42. HID. erfolgreich bei Rożniatów, doch wurde die 6. ID. unter starken Verlusten zurückgeworfen1). PflanzerBaltin befahl hierauf dem Führer der 5. ID., FML. Habermann, mit allen bei Kalusz befindlichen Teilen seiner Division dem XIII. Korps zu Hilfe zu eilen. Die 5. HKD. erhielt Befehl, den Feind bei Kałusz zu binden.

Am folgenden Tage, den 26. (Skizze 11), errang Czibulka bei Sta-nislau einen ausgesprochenen Sieg. Lilienhoff und Schreitter warfen den Feind über die Bystrzyca auf Jezupol, während Benigni und links von ihm die am 23. herangezogenen Bataillone der 5. ID. in einer wohlgelungenen Angriffsschwenkung bis an die Chaussee Stanislau—Halicz vordrangen. Sofort ordnete Pflanzer-Baltin die Ausnützung des großen Erfolges durch scharfe Verfolgung der Russen auf Halicz an; der dortige Brückenkopf sollte im Handstreich genommen werden. Weiters hatte die noch verfügbare letzte Staffel der 5. ID. von Bohorodczany auf Kałusz vorzugehen und sich dieses Marktfleckens zu bemächtigen, die 10. KD. den dort befindlichen Russen bei Wistowa den Rückzug auf Halicz zu verlegen.

Als aber der Armeegruppenführer dann auf seiner Autofahrt beim XIII. Korps einlangte, empfing ihn eine Unglücksnachricht: die hart bedrängten und ermatteten Truppen des XIII. Korps waren vor russischer Übermacht im Zurückweichen an die Łomnica. Die Hilfe durch das Gros der 5. ID. war trotz eines günstig verlaufenen Gefechtes bei Holyń zu spät gekommen. Um den Rückschlag beim XIII. Korps wettzumachen, ordnete Pflanzer-Baltin an, Czibulka habe noch in der Nacht vier Bataillone der 36. ID. mit der Bahn von Stanislau nach Nadworna zu entsenden, die sodann im Fußmarsche nach Krasna zu gelangen hatten. Weiters wurden drei schwache Polenbataillone von Kolomea nach Delatyn gefahren.

Aus Teschen traf die Weisung ein, die Entscheidung in der Richtung Dolina—Bolechów ehestens herbeizuführen; gegen Halicz genüge eine Sicherung. Leider war nach dem ungünstigen Ausgange der Kämpfe auf dem linken Flügel der Armeegruppe alles wieder in die Ferne gerückt,

!) Nach einer Meldung verfügte bei der 6. ID. das IR. 17 nur mehr über 320, das bh. IR. 2 gar nur mehr über 80 Feuergewehre.

um so mehr, als das XI. Korps noch nicht zur Stelle war. Das AOK. wurde nunmehr gebeten, dieses Korps im Echellontransportx) nach Delatyn zu befördern.

Die Begebenheiten bei der 3. und der 4. Armee (15. bis 26. Februar)

Hiezu Beilage 7 sowie Skizzen 8, 9, 12 und 13

Die Kämpfe in den Karpathen mit ihrem Wechsel von Erfolg und Mißerfolg erschließen sich dem Verständnisse nur dann völlig, wenn bei jeder einzelnen Phase immer wieder auf den Zustand des wichtigsten Teiles des Kriegswerkzeuges, auf die Kampf truppe, hingewiesen wird und auf die Umstände, unter denen sie zu wirken berufen war. Obst. „Veith kennzeichnet diese Periode des schweren Ringens in folgender Art:

„Es lag im Wesen der Karpathenkämpfe dieses Winters, daß sie auch nach dem Ende der eigentlichen Schlacht nicht zur Ruhe kamen. Die Front fluktuierte fort, das grauenhafte Elend dauerte ununterbrochen an. Man wird heute kaum verstehen, wie diese vollkommene Wehrlosigkeit gegen die Winterkälte und ihre Begleiterscheinungen möglich war in einem Lande, in welchem gerade Bau- und Brennholz auf Schritt und Tritt in einer Fülle vorhanden war wie kaum irgendwo in Europa. Zu erklären ist die Sache aus dem gänzlichen Mangel einerseits an Vorkehrungen infolge fehlender Voraussicht dieser Lage, andererseits an Arbeitskräften 2). Die Kampftruppen selbst waren, wie genugsam betont, ohnehin numerisch dem Feinde gegenüber weit inferior und wurden es infolge der furchtbaren Verluste täglich mehr, so daß das dringendste Gebot darin bestand, das letzte Gewehr in die Front einzusetzen; die fast ununterbrochen kämpfenden Truppen konnten aber bestenfalls in den wenigen kurzen Kampfpausen ein wenig schanzen,

*) Im regelmäßigen Zugsverkehr rollen die bemannten Maschinen samt Zugsbegleitern mit den Gegenzügen (Abschub- und Leergarnituren) ungefähr in derselben Stärke zurück wie Volltransporte einlangen. Dadurch ist die planmäßige Wiederverwendung neuausgerüsteter Maschinen samt ausgeruhten Mannschaften von ihren Heimatsstationen aus, das heißt ein geregelter Turnus möglich, der allein Dauerleistungen verspricht. Im Echellonverkehr verzichtet man auf die Rückkehr von Maschinen und Personal, beläßt das entleerte Material in der Nähe des Zieles, um vorübergehend eine raschere Zugsfolge in der Bedarfsrichtung zu erzielen. Der Echellonverkehr findet seine Grenzen einerseits im Maschinen- und Personalmangel am Anfänge und in den beschränkten Platzverhältnissen am Ende der Strecke. Dies muß zu Betriebsstörungen führen, die wieder nur durch einen gesteigerten Verkehr, diesmal in der Gegenrichtung, das ist durch Unterbrechungen im Antransport, behoben werden können.

2) Die Holzversorgung einer oft schwankenden Gebirgsfront läßt sich auch im holzreichsten Lande nicht in kurzer Zeit improvisieren. Die Transportfrage wäre auch bei Aufbietung größerer Arbeitskräfte infolge der Kommunikationsarmut kaum zu bewältigen gewesen. Die Verwendung von Seilbahnen ergab sich erst aus den Erfahrungen einer späteren Zeit.

nicht aber noch Holz fällen und Bretter sägen. Die für die Arbeit hinter der Front zur Verfügung stehenden Arbeiterabteilungen waren wieder durch die täglich wachsende Last der Instandhaltung von Straßen und Wegen, die heute meterhoch verschneit, morgen vereist, übermorgen durch plötzlich hereingebrochenes Tauwetter überschwemmt und grundlos aufgeweicht waren, derart in Anspruch genommen, daß schließlich zu ihrer Unterstützung sogar doch noch Kampftruppen aus der Front gezogen werden mußten, sollten sie nicht selbst verhungern oder durch Munitionsmangel wehrlos werden. Daß eine der ohnehin spärlichen Reserven wirklich Ruhe genoß oder gar unter Dach kam, war lange nicht erlebt worden. So steigerte das Elend sich selbst in grausamem Wechselspiel; in der Front bannte es die Soldaten im Kampfe fest, sabotierte mit den steigenden Verlusten auch die Möglichkeit der Ablösung und Erholung und trieb damit erst recht wieder die Verluste zu neuen Rekordziffern; gleichzeitig hinderte es hinter der Front jede der Bequemlichkeit und Retablierung dienende Tätigkeit. All dies wurde noch verschlimmert durch die von Haus aus elenden Nachschubsverhältnisse. Die Bahnen waren im ungarisch-galizischen Grenzgebiet überhaupt äußerst spärlich und sehr wenig leistungsfähig x) und reichten für die Bedürfnisse der jetzt hier angestauten großen Heereskörper bei weitem nicht aus; das Straßennetz war gleichfalls viel zu weitmaschig und von äußerst minderwertiger Beschaffenheit, so daß es den plötzlich riesenhaft gesteigerten Anforderungen absolut nicht standhielt. Andere Wege aber waren in dem menschenarmen Waldgebirge nur in geringer Zahl und primitivster Qualität vorhanden. So kam es, daß wiederholt ganze Korps plötzlich und auf mehrere Tage ohne jede brauchbare Kommunikation im Rücken dastanden; man braucht gar nicht Militär zu sein, um die Folgen zu ermessen.

Daß all das physische Elend schließlich auch dem moralischen Niedergang die Wege ebnete, kann nicht wundernehmen. Man darf nicht vergessen, daß die Armee nicht mehr die alte war, sondern schon ein mehr weniger improvisierter „Armeeersatz“. Die mit den Marschformationen neu einlangenden Ersätze konnten zudem meist gar nicht an ihre zuständigen Truppenkörper geleitet und eingereiht, sondern mußten, wie sie kamen, als selbständige taktische Einheiten eingesetzt werden, was sich natürlich nicht bewährte, aber der taktischen Lage nach nicht zu vermeiden war. Und mit diesen Marschformationen kam auch, und das ist das Verhängnisvollste, zuerst der Defaitismus und die politische Unverläßlichkeit gewisser Hinterlandsschichten in die Front. Zu allererst bei den Tschechen; es war noch im Karpathenwinter, als das Prager Hausregiment Nr. 28 sich „ohne einen Schuß von einem feindlichen Bataillon aus der Stellung abholen ließ“. Auch bei rumänischen Truppen wurden verräterische Umtriebe bemerkbar; es ist erwiesen, daß siebenbürgische Popen den einrückenden Rekruten den Eid abgenommen hatten, bei erster Gelegenheit zum Feinde überzugehen. Parallel damit lief die intensivste Propagandatätigkeit des Gegners. Es ist nicht zu leugnen, daß die Russen es besser hatten. Ihre bedeutend größere Zahl ermöglichte häufige Ablösung und Retablierung; auch waren sie besser verpflegt und bekleidet, ihre Intendanz funktionierte tadellos .... und die weitgehenden Hoffnungen, die man unsererseits auf ihre in früheren Zeiten bewährte Korruption gesetzt hatte, erfüllten sich ganz und gar nicht. Die gesamte eingeborene Bauernbevölkerung stand, durch eine ebenso geschickte wie umfassende Propaganda gewonnen, fast einmütig auf russischer Seite und leistete das äußerste in Spionage. Eine Ausnahme bildeten nur die Juden: sie spionierten gleichmäßig für beide Teile . .,

Vgl. Beilage 3 von Bd. I.

Für unsere Truppen aber, soweit sie wirklich verläßlich waren, und das war der weitaus größte Teil, wurde dieses andauernde Umgebensein von Verrat und Spionage schließlich unerträglich, steigerte die Panikstimmung der Mannschaft wie die Nervosität der Kommandanten und untergrub den letzten Rest von Vertrauen in die Zukunft.“

Die Anstrengungen der 3. Armee zur Wiedergewinnung des Raumes bei Mezölaborcz hatten am 15. Februar nur zu einem vereinzelten Angriffe des VII. Korps geführt, der aber ohne Erfolg geblieben war (S. 153). Das Armeekmdo. versprach sich von dem Eingreifen der 21. SchD. einen günstigen Einfluß auf die Kampfhandlung. Am 18. erzielte diese Division beim Dorfe Szukó sowie östlich von der Laborcza nennenswerten Raumgewinn. Ebenso ging der rechte Flügel des VII. Korps vor. Damit war aber auch diesem Angriffe eine Grenze gezogen. Vom nächsten Tage an hatte die Schützendivision den errungenen Boden in harten Kämpfen gegen die Anstürme der Russen zu behaupten.

Da jeder Angriffsversuch des VII. Korps an den heftigen Gegenstößen des Feindes scheiterte, fragte Erzherzog Joseph am 20. das Armeekmdo., ob die Offensive ohne Rücksicht auf Verluste fortzuführen oder bis zu dem nahe bevorstehenden Eintreffen der Ersätze aufzuschieben sei. In letzterem Falle gedenke er, seine Front vom Feinde abzusetzen und den Großteil seiner völlig erschöpften Truppen endlich wieder unter Dach zu bringen. GdI. Boroević mußte der Loslösung des Korps zustimmen, womit das Schicksal dieses ganzen Angriffsversuches besiegelt war. Die Verfügung war nicht imbegründet; denn auch das XVII. Korps war nach geringem Raumgewinn in die Verteidigung gefallen und das späterer Schilderung vorbehaltene Eingreifen des Südflügels der 4. Armee (Skizzen 9 und 12) verlief gleichfalls nicht nach Wunsch. Außerdem erheischte die bevorstehende Offensive der 2. Armee Maßnahmen, die mit der Fortführung des jetzigen Unternehmens schwerlich in Einklang zu bringen gewesen wären; denn jetzt mußte der rechte Flügel der 3. Armee verstärkt werden. Boroević entnahm daher dem Verbände des XVII. Korps die 45. SchD. und verfügte ihre Verschiebung nach Osten.

Wie erinnerlich, war die von der 4. Armee westlich von Gładyszów bereitgestellte Angriffsgruppe des FML. Králiček zur doppelten Umfassung der Jasionkahöhe bestimmt (S. 152), rechts die 13. SchD., links die halbe 26.SchD. Der 13.SchD. hatte sich der linke Flügel des III. Korps anzuschließen, dessen Kommandant, GdI. Colerus, mit der einheitlichen Leitung des Vorstoßes betraut worden war. Die Vorrückung wurde befehlsgemäß am 17. Februar angetreten. Nach einigen Rückschlägen am Nordflügel umspannten tags darauf die vordersten Linien die Jasionkahöhe II    12 von Westen und Südwesten, während die der 26. SchD. aufgetragene Umfassung von Norden her gegenüber den Anstürmen der sich immer mehr verstärkenden Russen nicht zum Ziele führte. Die Frage, ob die über die allgemeine Front vorgeprellten Angriffstruppen, deren Kampfkraft für den letzten entscheidenden Stoß nicht mehr ausreichte, in ihrer vorgeschobenen Lage zu belassen oder zurückzubeordern wären, beschäftigte die Befehlsstellen in Kaschau, Okocim und Teschen während mehrerer Tage. Schließlich verfügte das AOK. am 22., daß die ganze Gruppe, deren offener rechter Flügel von den Russen leicht aufgerollt werden konnte, in die Ausgangsräume zurückzunehmen sei, wobei es für die Heeresleitung auch maßgebend war, die 13. SchD. für den Abtransport zur 2. Armee freizubekommen. Ohne Zwischenfall vollzog sich in der Nacht auf den 23. die Loslösung der Gruppe vom Feinde; bei dieser Gelegenheit wurden wenigstens die inneren Flügel der beiden Armeen in eine lückenlose Verbindung gebracht.

In Teschen glaubte man in diesen Tagen, daß die Russen beabsichtigten, im Weichselbogen auf den großen linksufrigen Brückenkopf, der die Stromübergänge bei Warschau und Iwangorod deckte, zurückzugehen und daß dann auch Dimitriew bis an die Wisłoka ausweichen werde. Die an der Front der 4. und der 1. Armee sowie gegenüber der Armeeabteilung Woyrsch vom Feinde entfaltete demonstrative Tätigkeit bestärkte die k.u.k. Heeresleitung in ihren Vermutungen. Es erschien dann notwendig, daß die Erzherzogsarmee ungesäumt den abziehenden Russen Dimitriews nachdringe. Auch diese Erwägung hatte mitgewirkt, den Kampf um die Jasionka aufzugeben. Dem 4. Armeekmdo. wurde befohlen, für den bevorstehenden großen Angriff starke Kräfte im Raume südlich und westlich von Tarnów zu versammeln. Sollte es zu dieser Offensive jedoch nicht kommen, dann würden die bereitgestellten Verbände in die Karpathen abtransportiert werden. In Okocim wußte man sich jedoch einem mindestens gleich starken Feinde gegenüber und beurteilte die Aussichten auf den Erfolg recht skeptisch.

Auf die Nachricht, daß die russische 32. ID. aus der Front Dimitriews gezogen werde, hatte der Erzherzog einen Vorstoß gegen die feindlichen Linien angeordnet (S. 166). Am 18. Februar, einen Tag später als die Aktion gegen die Jasionka begonnen hatte, bemächtigte sich die 3. ID. der gegenüberliegenden Vorstellung und setzte zum Angriffe auf die Hauptwiderstandslinie an; auch der linke Flügel der benachbarten 15. ID. befand sich in erfolgreichem Vorschreiten. Die Heeresleitung hatte sich aber gerade um diese Zeit zu einer weiteren Schwächung der 4. Armee

zugunsten Pflanzer-Baltins entschließen müssen, um das Gelingen des Unternehmens gegen Dolina sicherzustellen (S. 170). Zuerst dachte man an den Abtransport des XIV. Korps. Da sich der Erzherzog von diesem Korps, an dessen Spitze er in den Krieg gezogen war, nicht gerne trennen wollte, wurde seinem Standpunkte Rechnung getragen und das AOK. griff auf das XI. Korps (15. und 30. ID.). Hiedurch war Joseph Ferdinand aber gezwungen, die 3. und die 15. ID. in die alten Stellungen zurückzurufen. Im Vorfelde der Erzherzogsarmee ging es überhaupt in diesen Tagen und nicht nur auf dem Südflügel lebhaft zu. Nördlich vom Kampffelde der vorerwähnten beiden Divisionen stieß das 4. KJR. mit glänzendem Erfolge vor; südlich davon holten sich die gegen die 51. (früher komb. HID. Kornhaber) und die 39. HID. vorgehenden Russen blutige Köpfe. Endlich erstürmte die 12. ID. am 24. die Friedhofhöhe westlich von Gorlice, worauf sie, einem Gegenangriffe des Feindes geschickt ausweichend, mit einem halben Tausend Gefangenen und etlichen Maschinengewehren wieder in die alte Stellung zurückkehrte. Der Verlauf aller dieser Erkundungskämpfe festigte in Okocim die Überzeugung, daß der Russe an keinen Rückzug denke. Der Abtransport des XI. Korps, dessen Stellungen zum Teile von der auf Befehl des AOK. zugeführten 106.LstlD. der 1. Armee übernommen wurden, und der 13. SchD. minderte überdies alle Angriffsaussichten.    ;

Die Heeresleitung zweifelte jedoch nicht, daß die Russen aus Westgalizien abzuziehen gedächten, und wies daher die 2. und die 3.Armee an, in diesem Falle rasch zuzugreifen, während der Erzherzog mit zusammengefaßter Kraft südlich von der Chaussee Tarnów—Pilzno nachstoßen sollte. Wirklich meldeten am 21.Februar dasXIV.unddas VI.Korps, daß ein Abbau der feindlichen Front bevorstehe. Das 4. Armeekmdo. gab hierauf einen Verfolgungsbefehl aus.

Sicherlich verstanden es die Russen trefflich, ihre Maßnahmen zu verschleiern und die gegnerische Führung trotz abgehorchter Funksprüche im Dunkeln tappen zu lassen. Es trat wieder die große Schwierigkeit zu Tage, den richtigen Zeitpunkt zur Verfolgung eines etwa abziehenden Feindes zu finden. Auf der ganzen Front anzugreifen, sonst ein probates Mittel, war im Stellungskriege ohne besondere Vorkehrungen nicht empfehlenswert; denn improvisierte Stirnangriffe kosteten nach allen bisherigen Erfahrungen viel Blut. Im Winter 1915 war das Verfahren noch unbekannt, sich durch Sturmtrupps (in Verbindung mit zusammengefaßter Artillerie- und Minenwerferwirkung, Vergasen der feindlichen Batteriestellungen usw.) Einblick in die feindlichen Schützengräben zu verschaffen.

Zweiter Versuch zur Offensive über die Karpathen

Vorbereitungen, der 2. und der 3.Armee für den neuerlichen Vorstoß über das Gebirge

Hiezu Beilage 7 sowie Skizze 8

Die Heeresleitung führte der nunmehr für den Hauptschlag bestimmten Armee Böhm-Ermolli allmählich an Verstärkungen zu: von der bisherigen 2. Armee in Westpolen die 27., die 32. und die 31. ID. und von der 4. Armee die 41. HID., die Masse der 38. HID. und die 13.SchD., somit einschließlich der 9. ID. fast sieben Divisionen, während zu annähernd gleicher Zeit die Armeegruppe Pflanzer-Baltin einen Zuschub von drei Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen erhielt.

Das 2. Armeekmdo. begann seine Wirksamkeit unter außerordentlich schwierigen Verhältnissen. Alle Korpsführer — mit Ausnahme Szurmays

— meldeten, daß ihre Truppen nach mehr als dreiwöchigem Ringen gänzlich erschöpft seien. Der Mangel an Gebirgsartillerie machte sich empfindlich fühlbar. Viele fahrende Batterien standen, da ihnen die Ausrüstung für den Gebirgstransport fehlte, unverwendet hinter der Front, so daß die Infanterie auf den schwer zugänglichen Höhen fast ohne die Unterstützung durch ihre Schwesterwaffe zu kämpfen hatte.

Vor der Wiederaufnahme der Offensive mußte vor allem die aufgelockerte Armeefront, deren Verbände bittere Not an Feuergewehren litten, wieder gefestigt werden. GdK. Böhm-Ermolli mußte aber auch die Möglichkeit ins Auge fassen, daß ein heftiger Anfall der Russen die Mitte und den linken Flügel seiner Armee ins Rückwärtsgleiten bringe. Er schob daher die Spitzenstaffeln der 27.ID. und der 41.HID. aus den Ausladeräumen als Rückhalt zur Sperrung der wichtigsten Einbruchswege vor. Überdies wurde beim AOK. beantragt, noch vor den Verstärkungsdivisionen lieber die Ersätze heranzuführen, um den Weiterbestand der in vorderer Linie befindlichen, an äußerst schwachen Ständen leidenden Armeekörper überhaupt zu gewährleisten.

Für den 16. Februar befahl der Armeeführer, daß das V. und das

XVIII. Korps ihre verlorenen Stellungsteile wiedergewinnen, Szurmay und das XIX. Korps sich behaupten sollten.

Die im Armeehauptquartier zu Ungvár für die Durchführung des erteilten Auftrages (S. 150) angestellten Erwägungen hatten am 19. Februar feste Form angenommen; an diesem Tage wurde der Operationsplan in

Teschen vorgelegt. GdK. Böhm-Ermolli beabsichtigte, die Offensive mit seiner Hauptkraft beiderseits der Straße Cisna—Baligród gegen Lisko zu führen. Unter dem Befehle des GdK. Tersztyánszky sollte hiezu ein festgefügter 12 km breiter Stoßkeil von 50.000 Feuergewehren vorgetrieben werden. Da das V., das XVIII. und das XIX. Korps als Zuschubslinie nur über die einzige Straße Takcsány—Cisna verfügten, war es dringend geboten, sich vor allem den Verkehr auf der Kleinbahn Łupków—Cisna wieder zu sichern. Im Einklänge mit der 3. Armee, der die Aufgabe zufiel, sich des Raumes um Mezölaborcz zu bemächtigen, hatte daher der linke Flügel des XIX. Korps vierundzwanzig Stunden vor dem Beginn des Hauptangriffes über Łupków bis an die Sehne der großen Bahnkurve vorzustoßen. Das 2. Armeekmdo. begründete die für die Offensive gewählte Richtung eingehend. Als Vorteil wurde die Raschheit der Ausführung hervorgehoben. Ohne zur Überwindung natürlicher Hindernisse gezwungen zu sein, schlage man den kürzesten Weg gegen die feindlichen Verbindungen im San- und Strwiąztale ein; der rechte Flügel Tersz-tyánszkys finde einigermaßen gesicherte Anlehnung an der Solinka, während sich der linke durch Besitznahme der Höhenlinie Dzial—Sulita in der Flanke Schutz verschaffen könne. Fast sämtliche Kräfte der Stoßgruppe seien bereits in den Ausgangsräumen und man bleibe auf die einzige fahrbare Straße basiert. Dabei verschloß sich das 2. Armeekmdo. durchaus nicht den gewichtigen Nachteilen, die man hiebei in Kauf zu nehmen hatte. Diese Offensive bedeutete einen rein frontalen Vorstoß, der deshalb begrenzt war, weil auf jeden Zusammenhang mit der Südarmee sowie mit der Armeegruppe Pflanzer-Baltin verzichtet werden mußte. Auch entsprach die beabsichtigte Richtung dem Befehle des AOK. nicht völlig, das den Ostflügel Böhm-Ermollis auf Stary Sambor angesetzt wissen wollte. Indes stoße, führte das Armeekmdo. weiter aus, jeder Angriff zwischen dem XVIII. Korps und der Gruppe Szurmay auf den hochange sch wollenen San und auf zusammenhängende, wandartige Rücken, auf geradezu ideale Abwehrstellungen für die Russen, die über Turka am raschesten Verstärkungen heranbringen konnten. Die Sicherung der Flanken würde zu erheblich größerer Kräfteverausgabung zwingen und endlich wäre man auf die einzige, nur zur Not fahrbare Verbindung über Smolnik angewiesen.

In Ungvár täuschte man sich sonach über die großen Schwierigkeiten nicht, die sich der anbefohlenen Offensive, unabhängig von der Wahl der Stoßrichtung, entgegenstellten. Das Armeekmdo. unterließ es auch nicht, in Teschen auf die weitaus günstigeren Aussichten aufmerksam zu machen, die sich einer kräftigen Fortsetzung der Offensive Pflanzer-Baltins darboten und legte der Heeresleitung sogar nahe, die 32. und die 31. ID. der Armeegruppe zuzuführen. Der an das AOK. erstattete Bericht schloß mit dem Satze: „Das Armeekmdo. bittet, die Überwindung würdigen zu wollen, die diese Darlegung erforderte.“

Von Einfluß auf diesen Operationsplan dürfte auch ein am 18. geführtes Ferngespräch zwischen dem GM. Metzger und dem Armeegeneralstabschef gewesen sein. Metzger äußerte, das AOK. wolle zwar nicht drängen, aber die Lebensdauer der Fectung Przemyśl erfordere baldigen Entsatz, man möge auf die 31. ID. nicht warten; die Division könne als Armeereserve verwendet werden.

Der Armeegeneralstabschef Oberst Dr. Bardolff erwiderte, der Beginn der Offensive sei vom Erfolge des Stoßes auf Łupków abhängig. Den Angriff der Hauptkraft der 2. Armee weiter östlich anzusetzen, empfehle sich auch deswegen nicht, weil mit dem Vorwärtskommen der Südarmee nicht zu rechnen sei. Ein Stirnangriff bei Turka sei außerordentlich schwierig.

Das AOK. war einverstanden und forderte nur eine Verbreiterung des Angriffes, dem sich auch die Mitte und der rechte Flügel des XVIII. und womöglich auch das V. Korps anzuschließen hatten. Eine Abgabe der 31. und der 32. ID. komme nicht in Betracht, weil der östliche Heeresflügel bereits Verstärkungen erhalte. Ohne eine Offensive der 2. Armee auf Lisko—Ustrzyki Dl., die insbesondere die Lage von Przemyśl erheische, würde sich der Feind mit ganzer Kraft gegen die Südarmee und gegen die Armeegruppe Pflanzer-Baltin wenden.

Ursprünglich war der Stoß über Łupków schon für den 19. geplant, somit zu einer Zeit, da die 3. Armee ihre Offensive auf Mezölaborcz noch nicht eingestellt hatte. Da aber die Hauptkraft des X. Korps befehlsgemäß westlich von der Laborcza geballt war und daher auf dem entgegengesetzten Flügel mit ausreichenden Kräften vorerst nicht mitzuwirken vermochte, mußte dieser Auftakt des großen Unternehmens auf den 22. Februar verschoben werden. Auch diese Änderung (des Termins wurde nicht eingehalten. Diesmal aus anderen Gründen. Im Meinungsaustausche mit dem 2. Armeekmdo. erklärte Boroević am 20., er halte die Aussichten auf Erreichung des Angriffszieles Mezölaborcz für „minimal“. In Ungvár fragte man sich, welchem Zwecke der Stoß auf Łupków dann überhaupt dienen sollte, da die Benützung der Schienenstrecke nach Cisna für den Nachschub ohne den Besitz von Mezölaborcz ausgeschlossen war. Unter solchen Umständen erwärmte sich das 2. Armeekmdo. begreiflicherweise für die ganze Offensive noch weniger. Dazu regnete es ohne Unterlaß; das Hochwasser zerstörte Brücken und Stege, die Wege wurden grundlos. Insbesondere erwies sich aber die nach Cisna führende Straße, die Lebensader der Armee, kaum mehr passierbar. Für den großen Zweck, so dachte das Armeekmdo., sei es besser, günstigere Witterung abzuwarten und die bereitgestellten Kräfte bis dahin aufzusparen.

Anders das AOK. Dort kreisten alle Gedanken um die Not der eingeschlossenen Festung Przemyśl, deren Befreiung nicht hinausgeschoben werden durfte. Die Heeresleitung griff ein und bezeichnete den Stirnangriff auf Łupków als nicht unbedingt nötig. Schlüge der linke Flügel der

2. Armee mit einer starken Gruppe die Richtung Nordwesten über die Chryszczata gegen die Bahnstrecke nördlich von Łupków ein, so würden die an der Bahnkurve haltenden Russen infolge der Rückenbedrohung zum Abzüge gezwungen sein. Da jetzt vom 3. Armeekmdo. die uneingeschränkte Zusage kräftiger Mitwirkung einlangte, sträubte man sich in Ungvár schon mit Rücksicht auf die Rettung Przemyśls nicht länger. Die beiden Armeeführer vereinbarten den Beginn der Aktion ihrer inneren Flügel für den 26.Februar; bis dahin hoffte GdI. Boroević seine 45. SchD. (S. 177) nach Osten verschoben zu haben. Am folgenden Tage sollte Tersz-tyánszkys Stoßkeil in Bewegung gesetzt und dessen Wirkung ehestens durch einen Ausfall der gesamten mobilen Kräfte der Festung Przemyśl unterstützt werden. Der Westflügel der Gruppe Szurmay, weiters das V. Korps und der Ostflügel des XVIII. hatten schon am 25., nach späterer Festsetzung am 26., mit Scheinangriffen zu beginnen.

GdI. Boroević wies am 23. den Truppen seiner Armee folgende Angriffsrichtungen : der 24. ID. gegen Vidrány und Mezölaborcz, wobei ihre rechte Flügelgruppe im engsten Einklänge mit der linken Flügeldivision (34. ID.) der 2. Armee gegen Łupków vorzugehen hatte, dem FML. Krautwald (2. ID., 21. SchD. und die am 25. abends hinter dem linken Flügel der Gruppe erwartete 45. SchD.) beiderseits des Laborczatales mit der Hauptkraft gegen Laborczfö, endlich dem Erzherzog Joseph über Havaj gegen Mikó. GdI. Křitek (11. ID. und Gruppe GM. Berndt) und das III. Korps sollten ihre Stellungen halten.

Als aber das 2. Armeekmdo. am Abende des 24. gerade die letzten Befehle ausgegeben hatte, stemmten sich plötzlich neue, außerhalb menschlichen Ermessens liegende Hindernisse der Ausführung der gefaßten Beschlüsse entgegen. Regen und Tauwetter hatten die Nachschubstraße zwischen Takcsány und der ungarisch-galizischen Grenze gänzlich unbrauchbar gemacht. Pferde, Fuhrwerke und Geschütze versanken im tiefen

Schlamm. Die Schlagader der 2. Armee versagte somit ihren Dienst. Der Leiter der Ausbesserungsarbeiten beantragte die sofortige Einstellung des gesamten Verkehres auf mindestens achtundvierzig Stunden. Diese schlimme Kommunikationskrise schien den Beginn der Offensive um einige Tage zu verzögern. Eine halbe Stunde vor Mitternacht trug der Draht die abändernde Botschaft von Ungvár nach allen Richtungen.

Die Heeresleitung sah sich durch diese Nachricht bitter enttäuscht. Aber Conrad wollte sich auch vor elementaren Gewalten nicht beugen. Er ließ das 2. Armeekmdo. wissen, daß der Aufschub möglichst abgekürzt, die unentbehrliche Bahn über Mezölaborcz wieder zurückgewonnen und vor allem der russische Einschließungsring bei Przemyśl bis zum 12. März gesprengt werden müsse. Sonst gäbe die Untätigkeit der Karpathenfront, in der ganzen Ausdehnung von westlich Wyszków an, dem Feinde volle Freiheit, sich auf die siegreich vordringende, jetzt aber schon gegen eine Übermacht fechtende Armeegruppe Pflanzer-Baltin zu stürzen. Deren rechtzeitige Unterstützung sei aber durch die wenig leistungsfähige Bahn über Körösmezö gehemmt. „Nur auf dem Wege über den Feind kann die Krise gelöst werden.“

Mit vorbildlicher Tatkraft war das 2. Armeekmdo. bemüht, das lebenswichtige Straßenstück fahrbar zu machen; in größter Eile wurden nebst den militärischen Arbeitskräften noch 7000 Zivilarbeiter aufgeboten, so daß mit der Wiederaufnahme des Verkehres für den Abend des 27. gerechnet werden konnte. Trotz der geschilderten Erschwernisse wurde es daher möglich, die nur um vierundzwanzig Stunden verzögerte Offensive an diesem Tage mit dem Angriffe auf Łupków zu beginnen (Skizze 8).

Noch bedarf es der Erklärung, warum von den sechseinhalb zugeschobenen Divisionen viereinhalb vor Angriffsbeginn verausgabt werden mußten und warum eine so arge Vermengung der Verbände entstanden war. Die weit gespannte Front war eben unaufhörlich in wechselvolle Kämpfe verwickelt, wobei die innegehabten Gebirgsstellungen als Rahmen für den gesicherten Ansatz der geplanten Offensive unbedingt festgehalten werden mußten. Da gab es stets verschiedene Gebrechen im Zuge der eigenen Linien zu heilen oder Stellungsberichtigungen vorzunehmen, was den Verbrauch zahlreicher Kräfte bedingte.

Am äußersten rechten Flügel hatte die als Verbindungsglied zwischen der 2. und der Südarmee kämpfende 3. GID. am 22. eine vorgeschobene Stellung auf der Klewa eingebüßt. Um die Front hier zu festigen, setzte das 2. Armeekmdo. durch, daß die Hauptkraft der 38. HID. nicht, wie es ursprünglich vorgesehen war, auf der nach Uzsok führenden Bahnlinie, sondern über Munkács herangebracht wurde. Von den Ausladeorten in Fußmärschen in die Gegend bei Libuchora an den rechten Flügel Szurmays gezogen, übernahmen die Spitzenabteilungen der Honvéddivi-sion den linken Flügelabschnitt der 3. GID. vor der Klewa. Alsbald kämpften vier Bataillone im Verbände der Südarmee12). Der Rest der Division wurde am 23. dem FML. Szurmay unterstellt. Damit war die 38. HID. verausgabt und auch zerstückelt. Die Absicht des 2. Armeekmdos., den verstärkten Ostflügel Szurmays zum Durchbruch der russischen Front über die Klewa vorstoßen zu lassen, mußte aufgegeben werden, weil der Gruppenführer noch einen zweiten und wichtigeren Auftrag hatte: seinen linken Flügel zu verlängern und Reserven hinter diesem bereitzustellen; denn zwischen dem beiderseits von den Russen umklammerten V. Korps und seinem rechten wie auch seinem linken Nachbar waren Lücken (S. 154) entstanden, in die der Feind einzudringen sich anschickte. Die Lage beim V. Korps zwang das 2. Armeekmdo., den Verband der 27. ID. zu zerreißen und eine Brigade als Rückhalt hinter diese Lücken, die Hauptkraft aber gegen Cisna zu leiten. Das XVIII. Korps hatte mit Hilfe der Hauptkraft der 9.ID. (S. 154) am 16. die Höhe Stoly erstürmt und sich bis zum 20. soweit vorgekämpft, daß der Zusammenhang mit dem V. Korps wieder hergestellt war. Dagegen drohte der Russe abermals mit dem Durchbruche zwischen diesem Korps und der Gruppe Szurmay. Nach Ablösung durch die Spitzenbrigade der 31. ID. erhielt die Brigade der 27. ID. den Befehl, zu ihrem Gros einzurücken. Beim XIX. Korps entriß der Feind der 29. ID. am 17. einen Stellungsteil, der jedoch am 19. zurückgewonnen wurde. Um diesen Abschnitt für den bevorstehenden eigenen Angriff zu festigen, mußte hier die 41. HID. eingesetzt werden.

So war es gegen den Wunsch der Armeeführung notgedrungen zu vorzeitiger Einstellung frischer Divisionen in die Front und zur Vermischung der Verbände gekommen. Wie nötig diese Stützung aber auch im Hinblick auf die geminderten Truppenstärken war, beweist die Tatsiche, daß in der Zeit vom 4. bis zum 17. Februar 196 Offiziere und 10.095 Mann des XVIII. und des XIX. Korps die Front krank oder verwundet verlassen hatten.

Unter diesen erschwerenden Umständen vollzog sich bis zum Abende des 26. Februar die Bereitstellung der Angriffsstaffel Tersztyánszkys, die aus dem in unaufhörlicher Umgruppierung begriffenen XIX. Korps und dem Korps FML. Schmidt v. Georgenegg bestand. Die 41. HID. hatte schon an diesem Tage erhebliche Fortschritte im Angriffe gegen die Maguryczne gemacht.

Bei der 3. Armee war das X. Korps ununterbrochen in Abwehrkämpfe verstrickt und auch das III. und das XVII. hatten russische Vorstöße abzuweisen gehabt. Die 45. SchD., die ursprünglich mit der Bahn von Bartfeld in das Laborczatal gefahren werden sollte, traf, zu Fuß weitergesendet, erst am 26. mit der Spitzenbrigade hinter dem linken Flügel Krautwalds ein, wodurch sich das Antreten dieser Gruppe verzögerte.

Bei Schneegestöber und dichtem Nebel begann am 27. Februar die Offensive mit dem Vorstoß der inneren Flügel der Armeen Böhm-Ermolli und Boroević auf Łupków.

Die Vorgänge an den Flügeln der verbündeten Heere

bis zum 22. März

Die Kämpfe Pflanzer-Baltins gegen die anwachsende Übermacht

der Russen

(27. Februar bis 22. März)

Hiezu Skizzen 11, 14, 15 und 16

Um die gleiche Zeit, als die Armee Böhm-Ermolli zu ihrem Schlage gegen Norden ausholte, vollzog sich bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin ein Umschwung, der ihrem Siegeszuge Einhalt gebot.

In diesen Tagen wechselten die Russen ihren Chiffreschlüssel, wodurch das bewährte Mittel, sich über ihre Pläne zu unterrichten, das Auffangen ihrer Funksprüche, für eine geraume Weile versagte. Erst als die Entzifferung in Teschen gelungen war, warf eine in der Nacht auf den 27. von dort nach Delatyn übermittelte russische Depesche wieder Licht auf die Absichten Brussilows. Aus den abgehorchten Anordnungen des Generals ließ sich auch das Mißgeschick des k.u.k. XIII. Korps erklären (S. 174), da sich diesem gegenüber überlegene feindliche Kräfte versammelt hatten. Bis zur Übernahme des Befehles über die 9. Armee durch Let-schitzki am 27. Februar leitete Brussilow die Abwehr auf dem linken

Heeresflügel der Russen In offensiver Weise. Er verfügte für diesen Tag den allgemeinen Angriff der über Stryj—Dolina und über Halicz herangeführten Verstärkungen in der Richtung auf Nadworna—Delatyn, um die Armeegruppe Pflanzer-Baltin von den Karpathen abzuschneiden und, wie er sich ausdrückte, „zu fangen und zu vernichten“. Unter Gen. Sacharow, dem Führer des XI. Korps, sollten das XVII. Korps (3. und 35. ID.) sowie die von Anbeginn hier fechtenden Teile des XXX. zum Hauptstoß von Westen gegen Bohorodczany, südlich davon das XI. Korps mit der 32. ID. gegen Sołotwina vorgehen, während dessen 11. ID. als Reserve zu folgen und zur Deckung der rechten Flanke die Täler der Łomnica und der Bystrzyca Sołotwińska mit je einem Regiment zu sperren hatte. Das links vom XVII. Korps bei Kałusz und nördlich davon befindliche II. Kavalleriekorps erhielt Befehl, mit einer Gruppe das Korps Rhemen in der Nordflanke zu überfallen und mit seiner Hauptkraft in Flanke und Rücken des Korps Czibulka zu wirken. Die über Stanislau zurückgedrängten Teile des XXX. Korps wurden angewiesen, im Einklänge mit dem Reiterkorps neuerlich anzugreifen. Endlich hatte die von Niżniów vertriebene, auch zum XXX. Korps gehörige Gruppe den Dniester wieder zu überschreiten und gegen Tyśmienica vorzudringen. Die Bedächtigkeit der russischen Angriffsvorbereitungen brachte es mit sich, daß diese Befehle am 27. noch nicht recht wirksam wurden.

GdK. Pflanzer-Baltin gab indes die Hoffnung nicht auf, gegen Dolina durchstoßen zu können. Er wollte südlich von Kałusz aus der 5. HKD. und der 10. KD., sowie Teilen der 5. und später auch aus der 36. ID. eine Mittelgruppe unter dem Befehl des GdK. Marschall bilden, der augenblicklich ohne Kommando war. Marschall hatte sodann das gegenüberstehende russische II. Kavalleriekorps zu schlagen, gegen Dolina—Bole-chów vorzugehen, die Eisenbahn zwischen Stryj und Dolina sowie alle gegen Stryj heranführenden Schienenstränge zu unterbrechen und überhaupt gegen die Verbindungen der Russen zu wirken. Dem sonach erheblich geschwächten Korps Czibulka wurde befohlen, sich mit der Gruppe Benigni nördlich von Stanislau zu behaupten, Lilienhoff sollte einen Dniesterübergang der Russen bei Niżniów verhindern, während auf dem entgegengesetzten Flügel das hart mitgenommene Korps Rhemen, unterstützt von Teilen der 5. ID., die Łomnicalinie zu halten und sich mit seinem Nordflügel dem Angriffe Marschalls anzuschließen hatte.

Die Versammlung der Gruppe Marschall verzögerte sich und gedieh während des 27. nicht weit. Immerhin wendete das Vorgehen einzelner Abteilungen über Wistowa gegen Kałusz die Gefahr für den Nordflügel des XIII. Korps ab; dieses und die zur Stelle befindlichen Kräfte Marschalls vermochten sich an der Łomnica zu behaupten. Dagegen wurde Benigni nördlich von Stanislau vom Feinde heftig angepackt und sein rechter Flügel nach hin und her wogendem Kampfe zum Ausweichen gezwungen. Überdies keilte sich eine russische Kolonne, die bei Medynia die Łomnica überschritten hatte, in die Nahtstelle der Fronten Czibulkas und Marschalls ein und brach am 28. in der Richtung auf Stanislau durch. An diesem Tage gestaltete sich daher die Lage schon recht kritisch1). Wohl vereitelte Lilienhoff feindliche Versuche, den Dniester unterhalb von Niżniów zu überschreiten; doch wurde Benigni, der sich nicht nur der von Norden anstürmenden Russen erwehrt, sondern auch mit Hilfe von Verstärkungen seinen rechten Flügel wieder vorgebracht hatte, jetzt in Flanke und Rücken bedroht. Marschall, selbst frontal angegriffen, vermochte dem bedrängten Nachbar nicht beizustehen.

Trotzdem auf dem Südflügel der Armeegruppe die geschwächte 6.ID. abermals zurückgeworfen wurde, beschloß Pflanzer-Baltin, an der Bystrzyca südlich von Jezupol, dann im Norden von Stanislau und an der Łomnica oberhalb von Wistowa so lange Widerstand zu leisten, bis ihn das Eintreffen der heiß ersehnten Verstärkungen zur Wiederaufnahme der Offensive befähigen mochte. Schon langte die Spitzenstaffel des XI.Korps2) inDelatyn ein; dann kam die deutsche 5.KD. heran und endlich hatte die Heeresleitung noch die 6. KD. der 4. Armee nach Ó Radna und Borgo Prund gewiesen3).

Am l.März steigerte sich die Krise durch die Fortsetzung des russischen Angriffes um ein Beträchtliches. Der Feind drängte die auf dem rechten Flügel des XIII. Korps fechtenden Truppen der 5. ID. gegen Osten zurück, worauf auch die anstoßenden Teile der Front Marschalls, dem jetzt das Ostkorps und überdies die 10. KD. und die 5. HKD. sowie

!) Bei der 36. ID. vollbrachte Hptm. Georg Petričevič des IR. 16 am 28. Februar eine glänzende Waffentat, die ihm das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens einbrachte. Die Russen hatten sein Regiment bei Sielec (westlich von Jezupol) gänzlich eingekreist. Petričevič stieß mit einer Handvoll Leuten vor und befreite seinen Truppenkörper aus der mißlichen Lage, wobei er auch zehn schon verloren gegangene Geschütze zurückeroberte. Dann übernahm er den Befehl über die bei Sielec befindlichen Teile seines Regiments, warf die weit überlegenen Russen aus dem Orte heraus und behauptete das Dorf gegen alle Versuche der Russen, es wiederzugewinnen.

2)    Das XI. Korps bestand aus der 30. und der 15. ID.; in den Verband der 30.ID. gehörten die 16. IBrig. und die 88. KSchBrig. Die 60. IBrig. war bei der 4. Armee zurückgeblieben und trat zur 106. LstlD.

3)    Vgl. für Ó Radna die Übersichtskarte; Borgo Prund, Bahnstation sw. davon.

Teile der 16. IBrig. (Spitzenbrigade des XI. Korps) unterstellt waren, rasch zu weichen begannen. Eine Lücke von etwa 8 km Breite sprang auf, in die sich einzelne russische Trupps, allerdings nur zaghaft, hineinschoben. Unter diesen bedrohlichen Umständen ließ GdK. Pflanzer-Baltin vier Feldjägerbataillone der 16. IBrig. auf Lastautos und leeren Ver-pflegsfuhrwerken nach Bohorodczany fahren, zog auch Teile der Gruppe Lilienhoff heran und hoffte, mit diesem Kräfteeinschub der Lage an den inneren Flügeln Marschalls und Rhemens Herr zu werden.

Bis zum Morgen des 2. März war hier das Ärgste abgewendet. In den nächsten Stunden gestaltete sich jedoch der Abwehrkampf des XIII.Korps recht ungünstig. Die 42. HID., bei Krasna durchbrochen, gab Raum und GdI. Rhemen mußte den Rückzug seiner Truppen an die Bystrzyca Sołotwińska anordnen *), wodurch auch der rechte Nachbar mitgerissen wurde (Skizze 14). Nunmehr war eine gegen Nord west gerichtete Front entstanden, die ihren rechten Flügel der Aufrollung durch den Feind geradezu darbot und unhaltbar war. Pflanzer-Baltin nahm daher, rasch entschlossen, seine Linien unter Festhaltung des als Pivot dienenden westlichen Flügels in der Nacht auf den 3. gegen Süden zurück. Ohne von den Russen gestört zu werden, gelangten die Truppen in eine schon vorher eiligst technisch verstärkte Stellung, deren Verlauf ebenso wie die neue Kräfteverteilung aus Skizze 15 zu ersehen ist.

So hatte es die russische Führung zuwegegebracht, die dem Ostflügel ihres Heeres drohende Umfassung in elfter Stunde abzuwehren. Ohne Rücksicht darauf, daß ein rasches Vordringen Pflanzer-Baltins den der deutschen Südarmee gegenüberstehenden Truppen eine Katastrophe bereiten konnte, hatte sie kein Zurückweichen dieses Frontstückes gestattet und die allmählich herankommenden Teile der 9. Armee zur Offensive in südöstlicher Richtung eingesetzt, mit dem Zwecke, die k.u.k. Armeegruppe von den Karpathen abzudrängen. Die wuchtigen Angriffe der Russen gegen den linken Flügel durchkreuzten im letzten Augenblicke das von Pflanzer-Baltin so glücklich angebahnte Hilfsunternehmen für Linsingen. Der sich zusehends verstärkende Feind wäre aber auch in der Lage gewesen, die im Mündungswinkel der Łomnica fechtenden Teile der Armeegruppe bei Stanislau und über Niżniów einzukreisen (Skizze 14). Der Scharfblick des Armeegruppenführers und die Schwerfälligkeit russischer Heeresbewegungen sorgten dafür, daß dem vorgebeugt wurde. Immerhin würde manches anders gekommen sein, wenn Pflanzer-Baltin rechtzeitig, etwa spätestens am 20. Februar, über genügende Kräfte verL) Die 6. ID. zählte nur 2000, die 42. HID. noch 4500 Feuergewehre.

fügt hätte, seine Hand auf Dolina zu legen, ehe sich die russischen Massen vor die halbgeöffnete Pforte schoben. Brach hierauf Linsingen aus den aufgeriegelten Gebirgstälern zur gemeinsamen Vorrückung mit dem rechten Nachbar hervor, während die 2., die 3. und die 4. Armee den Feind kräftig anpackten, so hätte Przemyśl durch eine solche einheitliche Kriegshandlung vielleicht doch noch gerettet werden können.

An Versuchen, den rechten Heeresflügel in Schwung zu bringen, fehlte es bekanntlich nicht. Der Generalstabschef der Armeegruppe hatte dem Kmdo. der Südarmee am 27. Februar nahegelegt, die deutsche 4. ID. über Huszt und in Fußmärschen durch das Taracz- und Lomnica-tal nach Jasień an den linken Flügel Pflanzer-Baltins zu dirigieren. Diesem Vorschlag hielt jedoch Linsingen entgegen, daß die Division erst am 9. März, also reichlich spät, nach Jasień gelangen konnte. Auch die Anregung der k.u.k. Heeresleitung, eine Kampfgruppe von Linsingens rechtem Flügel über Osmoloda nach Jasień zu entsenden, ließ sich nicht verwirklichen, da bei dem schweren Ringen der 19. ID. um den Besitz des Wyszkówsattels nicht ein Gewehr entbehrt werden konnte.

Aber GdK. Pflanzer-Baltin fühlte sich in seinem Angriffsdrange um so weniger gelähmt, als der Feind den abziehenden Truppen Czibul-kas nicht folgte, weshalb diese Gruppe am 4. in die Flanke der mit dem XIII. Korps fechtenden Russen stoßen sollte. Doch der Zustand der erschöpften Mannschaft verhinderte die Ausführung dieser Absicht.

Schon am 5. war die ganze 30. ID. des anrollenden XI. Korps zur Stützung des linken Flügels verfügbar; sie löste die 42. HID. ab, in der Pflanzer-Baltin nunmehr eine Reserve gewann. Während der folgenden Tage kämpften GM. Lilienhoff und die 10. KD. bei Tłumacz und hielten den Feind in Schach. Als am 6. ein aufgefangener Funkspruch besagte, daß das russische II. Kavalleriekorps beauftragt sei, nach Osten auszugreifen und sich der Stadt Kolomea zu bemächtigen, wurde ein bei Obertyn unter dem Befehle Marschalls zu versammelndes Kavalleriekorps (10. KD., 5. HKD., deutsche 5. KD. und Gruppe Lilienhoff) beordert, gegen Tłumacz vorzudringen. Noch am gleichen Tage warfen die Bataillone Lilienhoffs und die Schwadronen der 10. KD. den Feind gegen diesen Ort zurück.

Die Armeegruppe stand nunmehr mit nur 28.000 Feuergewehren der doppelten, an Reiterei dreifachen Überlegenheit der Russen gegenüber. Dieses Kräfteverhältnis veranlaßte Pflanzer-Baltin, das AOK. um rasche Heranbeförderung der zweiten Division des XI. Korps, der 15. ID., zu bitten. Die 6. KD. wollte er über Kuty—Wiznitz heranziehen. Es war

aber nun unmöglich geworden, die bisherige Kräfteverteilung, die auf den Vorstoß gegen Dolina eingestellt war, beizubehalten, weil sich die Russen anschickten, den rechten Flügel seiner Hauptkraft mit Übermacht anzufallen und dessen Standfestigkeit darüber entschied, ob sich die Armeegruppe vorwärts der Enge von Delatyn werde behaupten können. Auch diese Aufgabe wollte Pflanzer-Baltin in offensivem Sinne lösen.

Die einzelnen Staffeln der 15. ID. wurden über Delatyn und Kolomea in der Richtung auf Ottynia weitergefahren. Nach gelungener Beschleunigung der Spitzentransporte, im allgemeinen aber doch nach erheblicher Verzögerung wegen der zweischneidigen Maßnahme des „Echellon-transportes“, wurde die Division am rechten Flügel der Armeegruppe eingesetzt. Während der wechselvollen Kämpfe, die in der Zeit vom 6. bis zum 10. März tobten, hielten sich die Parteien so ziemlich die Waage. Czibulkas linker Flügel erzielte am 9. erheblichen Raumgewinn, ebenso glückte tags darauf der 5. ID. ein Vorstoß. Die Russen griffen zu allen erdenklichen Mitteln der Kriegführung. So kündigten sie plötzlich durch einen Parlamentär die Absicht an, 1500 jüdische Familien gegen die öst.-ung. Linien abzuschieben, ein Ansinnen, das begreiflicherweise vom Armeegruppenkmdo. abgelehnt wurde.

Am 10. und 11. wütete ein Schneesturm. Große Schneeverwehungen verhinderten zunächst die Ausführung der auf beiden Seiten gehegten Angriffspläne. Am 13. stürzte sich der Russe jedoch mit vier Kavalleriedivisionen und einer Schützenbrigade auf Marschall und warf ihn zurück. Schon setzte aber Czibulka zum Gegenangriff an, der tags darauf die vom Feinde am rechten Flügel geschlagene Einbeulung glättete. Von allen Seiten führte Pflanzer-Baltin Verstärkungen an die bedrohten Stellen, zum Teil auf Lastautos, zum Teil auf der Bahn über Delatyn. Unter großen Verlusten brach schließlich der Angriff der Russen zusammen. Nichtsdestoweniger stürmte der Feind am 17. und 18. wieder auf der ganzen Front, besonders gegen Ottynia, los; seine Vorstöße konnten aber, abgesehen von der 10. KD., die etwas Boden verlor, überall zurückgewiesen werden. Endlich trat nach elf tägigem Ringen am 18. nachmittags eine Kampfpause ein, die Pflanzer-Baltin zum Ordnen der Verbände benützte. Es wurden vier Gruppen gebildet: GdK. Marschall (19. HKBrig., aus der stark gelichteten 5. HKD. formiert, 10. KD. und deutsche 5. KD.), FML. Czibulka (36. ID., komb. IBrig. Obst. Wos-sala und 15. ID.), GdI. Rhemen (5. und 6. ID., als Korpsreserve die 16. IBrig. der 30. ID.) und die 42. HID. als Armeegruppenreserve. Der • Verband der 54. ID. wurde aufgelöst.

Jetzt erforderte aber der Schutz der Ostflanke und des Rückens der Armeegruppe im Raume zwischen Dniester und Pruth besondere Maßnahmen, um so mehr, als sich der Feind in den letzten Tagen bei Zaleszczyki und Czernowitz wieder rühriger zeigte. Bisher war diese Aufgabe zwei Detachements übertragen, dem des Obstlt. Papp in Czernowitz, wo am 16. ein russischer Vorstoß abgewiesen worden war, und dem des Obstlt. Békési bei Horodenka; jetzt trat auclji die 6. KD. hinzu, die bereits am 19. gegen Osten vorstieß und die Russen aus Kotzman vertrieb. Um in dieser Gegend Luft zu schaffen, erhielt FZM. Ljubičič, der Kommandant des XI. Korps, den Befehl zur Wegnahme des Brückenkopfes Zaleszczyki, wofür ihm der Armeegruppenführer die vorgenannten Verbände unterstellte und am 20. noch die 88. KSchBrig. samt dem Kmdo. der 30. ID. mit der Bahn zuführen ließ. Pflanzer-Baltin drängte auf rasche Zertrümmerung dieser russischen Ausfallspforte, weshalb der Führer der 30. ID., FML. Kaiser, am 22. gegen Zaleszczyki loszugehen hatte, obgleich die für das Unternehmen bestimmten Truppen nicht vollständig zur Stelle waren. Während an diesem Tage nur einige wichtige Punkte im Vorfeld des Brückenkopfes genommen werden konnten, wurden die Russen von der 6. KD. im Einklänge mit dem über den Pruth vorgebrochenen Detachement Papp zum Rückzug in östlicher Richtung gezwungen.

Das wechselvolle Ringen der Südarmee (27. Februar bis 23. März)

Hiezu Skizzen 14 und 16

Unablässig setzte die deutsche Südarmee ihre Bemühungen fort, der Armeegruppe Pflanzer-Baltin durch Eroberung des Wyszkówsattels auf dem kürzesten Wege die Hand zu reichen. Hier war das XXIV. RKorps am 27. und 28. Februar aufs neue vorgegangen und erzielte am 1. März mit beiden umfassenden Flügeln Fortschritte, aber jede Bewegung auf den tiefverschneiten Bergen war zu einer für die Führung unerträglichen Langsamkeit verurteilt, die dem Russen immer Zeit zu Gegenmaßnahmen ließ. Hofmann unterstützte den Nachbar durch gleichzeitiges Vorgehen mit gutem Erfolge, weiter links vermochte jedoch die deutsche 1. ID. nicht vorwärts zu kommen. Vom 2. März an sollte eine kurze Erholungspause eingeschaltet werden. Doch schon tags darauf mahnte die Heeresleitung, die Armee habe mit aller Energie vorzudringen und den Raum • Dolina—Stryj—Synowódsko zu erreichen, um dann entweder über Drohobycz gegen Sambor oder zur Unterstützung des rechten Nachbarn,

unter Umständen aber mit dem Westflügel umfassend gegen Turka einzugreifen. Unter den obwaltenden Verhältnissen mußte dies in Munkács wie ferne Zukunftsmusik klingen. Linsingen berichtete nach Teschen, daß er am 7. März wieder angreifen werde und bat abermals, ihm die nördlich von den Karpathen fechtenden, an Pflanzer-Baltin abgetretenen Teile der Südarmee zu unterstellen. Indes antwortete die Heeresleitung am S., der Armeegruppe sei es trotz des Einsatzes der 5. ID. und der 10. KD. bisher nicht gelungen, der Südarmee, die seit sechs Wochen nicht durchzudringen vermöge, den Weg durch das Gebirge zu öffnen, weil die Russen ansehnliche Verstärkungen erhalten hatten. Die beantragte Unterstellung sei ausgeschlossen. Nach dem Einsatz der deutschen 4. ID. habe das Kmdo. der Südarmee den für den 7. beabsichtigten Angriff mit aller Energie zu führen und mit der Westgruppe auf Skole durchzudringen. Der Ostflügel Szurmays werde sich diesem Angriffe in der Richtung auf Świdnik (am Stryjfluß) anschließen.

In Munkács hielt man aber die Richtung auf Skole, die über den schwer bezwingbaren Zwinin führte, für weniger günstig und setzte die deutsche 4. ID. rechts neben der Gruppe Hofmann ein, um die russischen Linien an dieser Stelle zu durchbrechen. Übrigens hätte Szurmay gar nicht mitwirken können, weil er auftragsgemäß mit dem entgegengesetzten Flügel anzugreifen hatte (S. 183); für die von der 3. GID. gewünschte Übernahme eines Frontstückes waren deshalb keine Truppen mehr übrig. Linsingen hatte seine Streitkräfte nunmehr in drei Korps gegliedert: XXIV. RKorps (GdI. v. Gerok), Hofmann, zu dem noch die deutsche 4. ID. trat, und komb. Korps (deutsche 1. ID. und 3. GID.).

Beim XXIV. RKorps blieb der Kampf im Gange, doch zwangen russische Gegenstöße die 19. ID., am 6. weit nach Osten auszuweichen; weder die Swica- noch die Beskidklause konnten genommen werden, so daß hier die Dinge schlechter standen als vor dem 19. Februar. Dagegen drang der linke Flügel des Korps an diesem Tage etwas vor und auch Hofmann beteiligte sich an diesen Kämpfen.

Bei 23° Kälte und dichtem Nebel schritt die Armee am 7. zum entscheidenden Angriff, der beim XXIV. RKorps vor den vollbesetzten feindlichen Schneedeckungen sofort zum Stehen kam. In den Tagen bis zum 18. vermochte sich der linke Flügel Geroks wieder etwas vorzuarbeiten und das gewonnene Gelände gegenüber wütenden Anstürmen der Russen zu behaupten. Die deutsche 4. ID. warf die Russen wohl bei Beginn der Vorrückung eine Strecke zurück, doch verzeichnete das Korps Hofmann in den folgenden Tagen nur mäßige Fortschritte; bald mußte II    13 es sich im stehenden Kampfe damit begnügen, feindliche Vorstöße abzuweisen. Als ärgster Feind erwies sich der tiefe Schnee. Am 9. März mußten zwei Kompagnien buchstäblich aus dem weißen Grabe geschaufelt werden. Beim komb. Korps wurde die deutsche 1. ID. genötigt, die kaum eroberte russische Hauptstellung wieder zu räumen; die 3. GID. kämpfte sich gegen den höchsten Punkt des Zwinin vor. Am 10. bemächtigte sich die Division Conta (l.ID.) des mittleren Zwininrückens und drang weiter gegen Osten vor. Um diesen Erfolg auszubauen, schickte ihr Linsingen eine Brigade der 4. ID. des Korps Hofmann zu Hilfe, die am 14. eintraf. GLt. v. Conta entschloß sich jetzt aber, gegen die schier uneinnehmbare Hauptstellung auf dem Zwinin mit der Sappe vorzugehen.

Der allgemeine Angriff sollte nunmehr erst am 20. fortgeführt werden; bis dahin galt es, die unaufhörlichen Gegenstöße der Russen abzuwehren. Gleichviel, ob nun diese neuerliche Offensive, wie Gerok vorschlug, durch eine östlich vom Swicatale weit ausholende Umfassung des feindlichen Ostflügels oder, wie Hofmann meinte, mit einem Durchbruche gegen Tuchla einnzuleiten sei, beide Führer hielten den Zuschub von Verstärkungen für unerläßlich. Linsingen änderte seine bisherige Ansicht nicht und berichtete am 18. an Kaiser Wilhelm, daß ihm den Austritt aus dem Gebirge nur starke Kräfte erkämpfen könnten, die entlang des Nordhanges der Karpathen Vordringen würden. Im gleichen Sinne lautete Linsingens schriftlicher Antrag vom 23. März an die k.u.k. Heeresleitung. Der Armeeführer schlug vor, die Südarmee, mit Ausnahme einer durch frische öst.-ung. Verbände zu unterstützenden Gruppe Hofmann, über Delatyn und Kimpolung hinter dem rechten Flügel Pflanzer-Baltins zu versammeln und durch ein k.u.k. Korps der 2. oder der

3. Armee sowie ein deutsches Korps zu verstärken. Mit diesen Kräften samt der ihm zu unterstellenden Armeegruppe Pflanzer-Baltin wollte Linsingen die Flanke des russischen Heeres in Ostgalizien angreifen. Wie noch zu schildern sein wird, hatte jedoch Iwanow bereits seine starke Offensive gegen Böhm-Ermolli und Boroević begonnen, als dieser Bericht in Teschen einlangte. In den mittleren Karpathen lag jetzt die Entscheidung.

Als die Südarmee dessenungeachtet am 20. März von neuem zum allgemeinen Angriff vorgeführt wurde, aber nirgends einen Erfolg erzwang, hielt Linsingen dafür, daß die Angriffskraft der verbündeten Truppen für weitere Anstrengungen nicht mehr ausreichte 1). Dies traf doch nicht ganz zu.

!) Von Mitte März an betrug der tägliche Krankenabgang 400 bis 700 Mann. Vom 11. bis 23. März fielen 6760 Kranke ab (R e i c h s a r c h i v, Manuskript).

Plötzlich schlug die Witterung um. Die weiten Schneefelder erglänzten im Sonnenlicht und die klare Luft begünstigte die Schußbeobachtung der Artillerie. So brachte denn die Fortsetzung des Unternehmens am 22. wenigstens eine Reihe örtlicher Erfolge. Das XXIV. RKorps erstritt beiderseits der Wyszkówer Straße, im Anschlüsse daran Hofmanns rechter Flügel, ein ansehnliches Stück Boden. Die 19. ID. drang sogar in die feindliche Hauptstellung ein und nahm zahlreiche Russen gefangen. Auch das komb. Korps, über das am 23. der bayerische GdI. Gf. v. Bothmer den Befehl übernahm, kam gut vorwärts (Skizze 16).

Die Vorgänge an der Front nördlich der Weichsel bis zum 22. März Hiezu Skizzen 7 und 17

Während das Ringen in den Karpathen und an den Grenzen Ostpreußens andauerte, bildeten die im Weichselbogen stehenden Streitkräfte für Freund und Feind das Reservoir zur Verstärkung wichtiger Frontteile. Seitdem die deutsche 9. Armee die Offensive Hindenburgs gegen den Niemen um die Monatswende Jänner-Februar durch ihre Vorstöße unterstützt hatte, wobei Woyrsch und Dankl durch Angriffsdrohungen mitwirkten, war es in Westpolen zu keinen entscheidenden Kampfhandlungen gekommen. Die Russen bemühten sich bloß, durch erhöhte Tätigkeit im Vorfelde ihrer Stellungen das Herausziehen einzelner Armeekörper zu verschleiern.

Am 3. März erfuhr Conrad durch den deutschen bevollmächtigten General Cramon, daß die 9. Armee am 5. mit einem Durchbruche der russischen Front knapp nördlich der Pilica beginnen werde; Woyrsch sei, obgleich der k.u.k. Heeresleitung unterstellt, bereits angewiesen, den Feind durch einen Angriff auf Łopuszno an Kräfteverschiebungen zu hindern.

Die deutsche 9. Armee schlug eine starke Einbeulung in den Zug der feindlichen Linien. Auf dem Nordflügel der Armee Woyrsch hatte GdI. Kövess nach dem Abgehen Böhm-Ermollis den Befehl über die zurückbleibenden Teile der 2. Armee übernommen. Er verlängerte seinen linken Flügel zur Ablösung der deutschen Besatzung im Brückenköpfe von Inowlodz und verfügte auch den Einsatz der 7. KD. nördlich von der Pilica1), alles, um Kräfte des Nachbarn freizumachen. Das deutsche LKorps nahm die russischen Vorstellungen bei Łopuszno, vermochte aber

1) Die 7. KD. gelangte am 21. März wieder hinter die Front der Armeegruppe Kövess.

nicht, sich der Hauptstellung zu bemächtigen. Die Division Bredow und die 1. Armee unterstützten den Angriff Mackensens durch wirksame Scheinunternehmen. Der Russe wurde um seine polnische Front besorgt und zögerte, weitere Kräfte auf das rechte Weichselufer abzuziehen, wo inzwischen heftige Kämpfe entbrannt waren. Die Offensive Alexejews bedrohte am 5. die Mitte der deutschen 8. Armee mit dem Durchbruche, so daß der deutsche Angriff auf Ossowiec abgebrochen werden mußte. Aber schon rüstete sich Gallwitz zum Gegenschlag und erschien am 9. wieder vor Przasnysz, während sich der rechte Flügel der deutschen 8. Armee von neuem gegen Ostrołęka vorschob. Die russische Überlegenheit war jedoch zu bedeutend, als daß man gegen den Narew hätte Vordringen können. Hindenburg zog daher seine Armeen gegen die ostpreußische Grenze zurück.

Die letzten An strengungen zum Entsätze von Przemyśl

Lagebeurteilung in 'Gesehen nach dem Ergebnis der ersten Angriffe der 2. und der 3. Armee Hiezu Beilage 8 sowie Skizze 8 Nach dem Willen der Heeresleitung sollte in diesem Feldzugsabschnitt die Entscheidung gegen Rußland in den mittleren Karpathen fallen, wo die 2. und die 3. Armee zu einem"großen Schlage ausholten. Ungleich der Wucht späterer mächtiger Offensivunternehmungen, die in günstiger Jahreszeit stattfanden und zum mindesten im ersten Ausholen einen raumgreifenden Erfolg erzielten, entbrannte das schicksalhafte Ringen auf dem Gebirgswalle unter schweren Hemmungen. Nur langsam bahnten sich die entkräfteten Mannschaften den Pfad durch den tiefen Schnee.

Die vom GdK. Tersztyánszky befehligte Hauptangriffsgruppe war mit ihren 52.000 Feuergewehren den etwa 37.000 gegenüberstehenden Russen der Zahl nach überlegen, doch die artilleristische Unterstützung beiläufig durch sechs Rohre auf den Kilometer blieb bei der im Gebirge an und für sich verminderten Wirkungsmöglichkeit und der wegen unsichtiger Witterung in hohem Grade erschwerten Schußbeobachtung weit hinter den Wünschen der vorgehenden Infanterie zurück.

Wie schon erwähnt (S. 181), hatte der Stoß des XIX.Korps über Łupków dem Angriffe gegen Baligród um vierundzwanzig Stunden voranzugehen. Der 27. Februar brachte diesem Korps nur einen bescheidenen Raumgewinn, den die 41. HID. am Vortage durch ihr entschlossenes Vorgehen gegen die Maguryczne angebahnt hatte. Jedoch entsprachen auch in den beiden nächsten Tagen die vom XIX. Korps erzielten Fortschritte nicht annähernd den Erwartungen der Führung, die mit dem Besitz der Chryszczata, des Raumes bei Łupków und der Maguryczne gerechnet hatte, wodurch die Westflanke der beiderseits der Baligróder Straße vorgehenden Stoßgruppe gedeckt gewesen wäre. FML. Schmidt-Georgen-egg, der dort mit der 27. und der 32. ID. sowie mit Teilen der 43. SchD. gegen Norden vordrang, kam trotz vollen Einsatzes der beiden Heeresdivisionen nur eine kurze Strecke vorwärts. Östlich von der Solinka wandte sich das XVIII. Korps schon am 27. mit seinem Gros gegen Tworylne am San und nahm dem Feinde einige Vorstellungen ab. Das V. Korps beabsichtigte, den Fluß bei Chmiel zu forcieren; bis zum 1. März abends war der Brückenschlag bis zur Mitte des Wasserlaufes gediehen.

Bei der 3. Armee wirkte die äußerste rechte Flügelgruppe der 24. ID. seit dem 27. mit dem XIX. Korps in der Richtung auf Łupków zusammen, blieb aber bald vor den starken russischen Stellungen liegen. Am 28. begann auch bei Boroević der allgemeine Angriff. Die Masse des X. Korps, nunmehr durch die 45. SchD. verstärkt (S. 183), drang mit dieser und Teilen der 21. SchD. sowie im Einklang mit der 20. HID. des VII. Korps entschlossen gegen die Russen vor. In schwankenden und verlustreichen Kämpfen, häufig zur Abwehr von Gegenstößen des Feindes genötigt, vermochte der Ostflügel der 3. Armee bis zum Abend des

1.    März wenigstens die gegenüberstehenden Russen zu binden, ohne sie freilich aus ihren Bergstellungen werfen zu können.

GdK. Böhm-Ermolli beschloß, den Angriff Tersztyánszkys gegen Baligród durch die ungesäumte Zuführung frischer Kräfte der 13. SchD., dann der 31. ID., zu nähren. Zur Schaffung einer neuen Armeereserve wurde Szurmay angewiesen, die aus der Front gelöste 66. IBrig. bis zum

2.    hinter das V.Korps nach Ustrzyki Grn. zu verschieben. Weiters kündigte das AOK. den Antransport der 14.ID. der 1. Armee an. Diese, am 27. Februar aus der Front der 1. Armee gezogen, begann am 4. März mit dem Abtransport auf der Karl Ludwig-Bahn und wurde mit der Hauptkraft nach Homonna—Takcsány, mit Teilen nach N.- und Kis Berezna geleitet.

Der Beginn der Offensive berechtigte sonach keineswegs zu großen Hoffnungen. In einem Ferngespräch, das am 1. März zwischen GM. Metzger und dem Chef der Generalstabsabteilung des 4. Armeekmdos., Oberst Paić, geführt wurde, spiegelte sich die Lagebeurteilung der Heeresleitung am klarsten wider. Der General teilte mit: der äußerste rechte Heeresflügel, die Armeegruppe Pflanzer-Baltin, auf den Strang

einer wenig leistungsfähigen Gebirgsbahn angewiesen, könne nur allmählich verstärkt werden, so daß die Armeegruppe keinesfalls rechtzeitig für die Operation der 2. Armee gegen Przemyśl wirksam werde. Die Südarmee habe bis jetzt keinen nennenswerten Raumgewinn erzielt, vielleicht werde ihr der demnächst bevorstehende Einsatz der deutschen

4. ID. neuen Antrieb verleihen. Doch sei auch von dem rechten Flügel der 2. Armee kein ausgiebiger Fortschritt zu erwarten, denn dort stünden Szurmays drei Divisionen beiderseits der Straße nach Turka den von Natur aus starken und von den Russen befestigten Rückenlinien gegenüber; dagegen hoffe man auf das Gelingen der Offensive der starken Angriffsstaffel Tersztyánszkys über Lisko—Ustrzyki Dl. gegen Przemyśl. Ebenso könnten der rechte Flügel und die Mitte der 3. Armee vielleicht gegen Sanok—Rymanów Vordringen. Hierauf skizzierte Metzger das nicht ungünstige Kräfteverhältnis, wonach den einundzwanzig Divisionen (120.000 Gewehren) der 2. und der 3. Armee bloß neun bis zwölf russische Divisionen gegenüberstünden.

Zur Herbeiführung eines durchschlagenden Erfolges entschloß sich das AOK., nunmehr auch die 100.000 Feuergewehre der 4. Armee zu einem West-Oststoße einzusetzen. Aber es waren die Aussichten für den Angriff der 2. und 3. Armee doch nicht allzu hoch zu veranschlagen, da infolge der ungünstigen Ausgangslage und des durch den Aufbau des Gebirges bedingten Zuges der Kommunikationen der Stoß der achtzehn Angriffsdivisionen gegen Norden schwer einheitlich zu gestalten war; nur eine Reihe großer taktischer Erfolge ließ einen Zusammenschluß dieser Kräfte am Nordhang des Gebirges erhoffen. Danach beurteilt, hätte die Verlegung des Schwergewichtes auf den Raum beiderseits der Turkastraße sicherlich günstigere Aussichten geboten. Die Gründe, warum das 2. Armeekmdo. davon ebenso absah wie von der durch das AOK. bevorzugten und durch Boroević im Jänner versuchten Offensive gegen den Raum bei Ustrzyki Dl., sind bereits erörtert worden (S. 181); vor allem zweifelte man in Ungvár daran, daß es der Südarmee gelingen werde, aus dem Gebirge vorzubrechen. Dies wäre aber die wichtigste Vorbedingung für die Wahl einer mehr nach Osten gelegenen Angriffsrichtung gewesen.

Der Angriff der 4. Armee (27. Februar bis 17. März)

Hiezu Skizzen 13 und 18

Beim 4. Armeekmdo. wartete man gespannt auf weitere Anzeichen, die auf Dimitriews Rückzug deuten konnten. Aber bei den Russen rührte sich nichts. Nach Ansicht Conrads sollte sich jedoch die 4. Armee unter allen Umständen der allgemeinen Offensive anschließen. Zuerst regte das AOK., wie schon früher einmal (S. 178), die Bildung einer starken Stoßgruppe im Bergland südlich von Tarnów an. Das 4. Armeekmdo. zog jedoch die Richtung auf Jasło vor, wo drei Divisionen angesetzt werden sollten, aber erst, wenn der Feind tatsächlich mit dem Abzüge begann. Indes baute es auf das Gelingen eines solchen Stirnangriffes nicht allzu fest und würde abermals bereit gewesen sein, Kräfte an PflanzerBaltin abzugeben. Dies wurde jedoch in Teschen abgelehnt, weil die Bahn über Máramaros-Sziget nur eine tägliche Leistungsfähigkeit von zwölf Zügen besaß, sich überdies ein Angriff dieses äußersten Ostflügels auf die Gesamtfront nicht rasch genug auswirken konnte.

Im Verlaufe der weiteren Besprechungen kehrte das 4. Armeekmdo. zu seinem früheren Vorschläge zurück: Stoß auf der Straße Gorlice— Jasło und südlich von ihr, Nebenangriff auf Staszkówka. Hiebei betonte Erzherzog Joseph Ferdinand seine pflichtmäßige Bereitwilligkeit zur Durchführung dieses Planes, unterließ es aber wieder nicht, auf die Schwierigkeit des Unternehmens und die voraussichtlich großen Opfer aufmerksam zu machen. Angesichts dieser Bedenken neigte die Heeresleitung zu einer Wiederholung des Februarunternehmens gegen Banica, da die Offensive der benachbarten achtzehn Divisionen gegen Norden „insolange wie eine Wagendeichsel aus der Front“ herausstoßen würde, als die Russen nicht aus dem Raume zwischen den inneren Flügeln der beiden Armeen herausgeworfen wären. Mit dem Fortschreiten der großen Operation würden sich die beiden Flanken immer mehr verlängern, bis der Stoß rettungslos versandete. Der Feind müsse daher aus der Gegend von Banica verjagt werden. Dies sei von den drei Divisionen auf dem Westflügel der 3. Armee, die hiezu frontal über die Ondava vorbrechen müßten, allein nicht zu leisten, weshalb die 4. Armee, diesmal mit drei Divisionen1), südlich von der Magóra vorzugehen hätte. Noch ein anderer Vorteil würde sich daraus ergeben. Wenn die Russen infolge der Offensive der 2. und der 3. Armee gegen Norden bis an die Beckenreihe Jasło—Krosno—Sanok zurückwichen, sei auch Dimitriew gezwungen, seinen Südflügel der Aufrollung durch die konzentrisch vorgehenden inneren Flügel der beiden Armeen zu entziehen und seine Front bis an die Wisłoka von Jasło bis zur Mündung zurückzunehmen. Wenn sich dann bereits stärkere Kräfte des Erzherzogs südlich von der Magóra

*) Bei der im Februar unternommenen, mißlungenen Aktion hatte die 4. Armee nur anderthalb Divisionen angesetzt.

befänden und auf Krosno ausgriffen, so würde die kaum gebildete russische Front aus den Angeln gehoben werden können. Dagegen träfe der vom 4. Armeekmdo. geplante Stirnangriff über Gorlice auf mehrere stark befestigte russische Stellungen und bliebe sicherlich noch vor Jasło stecken.

Das 4. Armeekmdo. beharrte jedoch auf seiner Anschauung. Für den Angriff über Banica benötige man vier Divisionen, um bis zur Straße bei Żmigród durchzudringen, die man weder verfügbar machen, noch in dieser Gegend versorgen könne. Auf das III. Korps sei nach den bisherigen Erfahrungen nicht zu zählen. Die Mitwirkung der Artillerie sei in diesem Gelände nicht in ausreichendem Maße möglich. Die Wiederholung des Stoßes würde auf die Unterführer und die Truppe den ungünstigsten Eindruck machen. Endlich habe die dort anzutreffende russische Reiterei den Ruf, im Fußgefechte viel standhafter zu sein als die feindliche Infanterie. Der Angriff über Gdrlice sei trotz aller taktischer Nachteile vorzuziehen; es könnten hiezu mehr Truppen verfügbar gemacht werden als für den Südflügel und die Artillerie, zumal die mittlere, vermöge hier ausgiebiger zu wirken.

Um einen Entschluß herbeizuführen, teilte das AOK. am 2. März nach Okocim mit, falls zur Durchführung eines Angriffes überhaupt kein rechtes Vertrauen bestehe, werde die 8. ID. abtransportiert werden. Darauf entschied sich das 4. Armeekmdo. für den Angriff über Gorlice. Dieser sei zwar schwierig und auf das Erreichen von Żmigród könne man bestenfalls erst nach Ablauf einer Woche rechnen; immerhin sei die Sache doch ins Werk zu setzen.

FML. Arz, mit der Leitung des Angriffes betraut, beabsichtigte, am 6. März mit der 12. ID., der halben 26. SchD., der 8.1) und der 10. ID. gegen Gorlice, mit der 39. und der 51. HID. gegen Staszkówka vorzugehen. Die Sicherung im Raume südlich der Magóra wurde der anderen halben 26. SchD. im Einklang mit dem linken Flügel der 3. Armee übertragen.

Wegen starken Schneetreibens wurde das Unternehmen verschoben, auf Befehl der ungeduldig gewordenen Heeresleitung aber für die Nacht auf den 8. in Aussicht genommen. Schlechte Witterung, so verlautete es aus Teschen, dürfe kein Hindernis sein. Der Angriff der 4. Armee war eben dringend geworden; die Lage erlaubte keine weitere Verzögerung.

Nach kräftiger Artillerievorbereitung begann am 7. bei Einbruch der Dunkelheit die Vorrückung der einzelnen Gefechtsgruppen (Skizze 18). Das Ergebnis des nächsten Tages bestand im wesentlichen darin, daß sich

L) Die 8. ID. (TKJR. 3 und 4, IR. 28 und FJB. 30) wurde aus dem nördlichen Armeeabschnitte zunächst in den Raum bei Grybów verschoben.

die 8. ID. mit großer Tapferkeit den Raum bei Sękowa erstritt, die 12. ID. in der Richtung gegen Gorlice erhebliche Fortschritte erzielte und auch die Gruppe Hadfy, obgleich sie am linken Flügel einen Rückschlag erlitt, gegen Staszkówka vordrang. Der Nordflügel der 4. Armee beschränkte sich dem starken Feinde gegenüber auf Scheinunternehmen. Aber die Offensive über Sękowa und gegen Gorlice konnte nicht in Schwung erhalten werden; abermals wurde die Tätigkeit der Truppen durch heftige Schneestürme gehemmt und zahlreiche Erfrierungsfälle lichteten die Reihen des Angreifers. Der Verlust vom 8. bis 11. März betrug etwa 6000 Mann.

Das 4. Armeekmdo. regte in Teschen an, die Fortführung des Angriffes bis zum Eintritte besserer Witterung zu verschieben; auch eine aus dem Abschnitte des FML. Roth herangezogene kombinierte Brigade treffe zur Verstärkung des FML. Arz erst am 15. westlich von Gorlice ein. Doch das AOK. forderte die Fortsetzung des Angriffes, da die in den Karpathen mit ungleich größeren Opfern schwer ringenden Armeen sonst nicht Raum gewinnen könnten. Solange man an der Karpathenfront „keine geschlossene Mauer“ vor sich gehabt hatte und hoffen durfte, dort „zügig“ vorwärts zu kommen, sei die Vernachlässigung der nach Osten gerichteten Frontteile (4., 1. und Armee Woyrsch) in weit höherem Maße möglich gewesen als jetzt, wo man nicht mehr in der Lage wäre, einen russischen Ost-Weststoß durch rasches Vordringen aus den Karpathen zu parieren. Der Angriff der 4. Armee habe den Zweck, größere Verschiebungen des Feindes zu verhindern. Wenn alles mitwirke, könne der Feind „zermürbt“ werden.

Da es mit dem Anstürmen offensichtlich nicht ging, richtete sich die

4. Armee auf ein planmäßiges Vorarbeiten ein. Leider hatte eine schwere Schlappe des tschechischen IR. 36 südlich von Sękowa auf die Stimmung des Angreifers ungünstig eingewirkt. Auch antworteten die Russen mit unaufhörlichen Gegenstößen, deren Gewalt aber an der Standhaftigkeit unserer Truppen zerbrach. So sollte nun, nach dem Einsätze der vorerwähnten kombinierten Brigade, am 17. versucht werden, bei Gorlice ein Loch zu schlagen.

Das Ringen der 2. und der 3. Armee auf seinem Höhepunkte

(2. bis 10. März)

Hiezu Beilage 8

Am 2. und 3. März erfolgte ein Gegenangriff von Brussilows VIII. und XII. Korps, der mit besonderer Heftigkeit gegen die öst.-ung. Linien heranbrandete und auch während der Nacht fortwütete. Trotzdem der Feind hiefür seine abgekämpften Verbände rasch durch frische ersetzt hatte, zerschellte der gegen die Armee Böhm-Ermolli beiderseits der Bali-gróder Straße gerichtete Vorstoß an der Abwehr durch die Truppen Tersztyánszkys. Bei der Armee Boroević wurden das X. und das VII.Korps von der Sturmflut erfaßt, doch setzten scharfe Gegenstöße der 45. SchD. und der 20. HID. dem Beginnen des Feindes feste Schranken. Bevor die Offensive fortgesetzt werden konnte, mußte aber das k.u.k. 3. Armeekmdo. am 4. eine Atempause einschalten, um die Verbände zu ordnen und für neue Anstrengungen vorzubereiten.

Am 3. rief die Heeresleitung alle Armeen auf, den Feind endlich aus West- und Mittelgalizien zu vertreiben und die Festung Przemyśl bis Mitte März zu entsetzen.

Aber Tersztyánszky vermochte trotz des Eingreifens der 13. SchD. am 4. und der 31. ID. am 6. sowie einzelner taktischer Erfolge gegen Baligród nicht entsprechend Raum zu gewinnen. Bei seiner Nordgruppe focht nunmehr rechts von der Baligróder Straße das Korps FML. Lütgendorf (31., 32. ID. und halbe 43. SchD.), links das Korps FML. Schmidt-Georgenegg (13. SchD. und 27. ID.).

Der rechte Flügel der 2. Armee sollte durch Scheinangriffe die Aufmerksamkeit des Feindes von der Richtung Baligród ablenken und ihn um dieSanlinie besorgt machen. So kämpfte sich das XVIII.Korps gegen den Fluß vor, wobei gelegentliche Rückschläge nicht ausgeblieben waren, die Tersztyánszky am 2. sogar genötigt hatten, seinen Flügel abzubiegen. Die vom V. Korps über die Brücke bei Chmiel auf das Nordufer geworfenen Abteilungen vermochten dort niemals festen Fuß zu fassen und auch die Unterstellung der Armeereserve (66. IBrig.) brachte in das verlustvolle Ringen keinen frischen Impuls; das Korps war nicht imstande, den langgestreckten Odrytrücken, das erstrebte Kampfziel, wieder zu gewinnen. Weiter oberhalb setzten sich am jenseitigen Sanufer einige Kompagnien des äußersten rechten Flügels des V. Korps und vom linken Flügel Szurmays fest.

Der 5. März brachte den hart mitgenommenen Truppen der 3. Armee schweres Unheil. Ein vom VII. Korps und dem linken Flügel des X. Korps angesetzter Angriff scheiterte unter großen Verlusten1), worauf Boroević weitere Vorstöße untersagte; seine Armee fiel in die Abwehr zurück.

Da dieser Entschluß den Ausgang des Gesamtunternehmens in Frage stellte, wandte sich das 2. Armeekmdo. um Abhilfe nach Teschen. Die

J) Das VII.Korps hatte seit dem 1. März 60 o/o des Gefechtsstandes eingebüßt.

Heeresleitung spornte nun am 6. abends alle Armeen zu unablässiger Fortführung der Karpathenschlacht an1): „Auf der ganzen Kampffront von der Weichsel bis nach Ostgalizien darf sich in diesen entscheidenden Tagen kein Frontteil auf rein passives Verhalten beschränken.“ Im besonderen wurde das 3. Armeekmdo. aufgefordert, nicht nur mit dem rechten Flügel anzugreifen, sondern den Feind auch an den anderen Frontabschnitten wenigstens durch Geschützfeuer und durch Vortreiben starker Detachements zu binden.

Oberst Veith schreibt über diese Kampftage:

„Am 1. März setzt Nebel und heftiges Schneetreiben ein, alle Orientierung schwindet, ganze Regimenter verirren sich, katastrophale Verluste sind die Folge. Am 6. März ein neuerlicher Wetterumschlag: klarer Himmel, bei Tag Tauwetter, bei Nacht Kälte bis zu —20 Grad; die Folge ist gänzliche Vereisung aller Hänge, die jeden Angriff auch ohne feindliche Gegenwirkung zu einer touristischen Höchstleistung macht. Und als dies glücklich bewirkt ist, bleibt auch wieder der Sonnenschein aus, der wenigstens in den Tagesstunden die Kämpfer etwas erwärmt hatte; ein eisiger Nordweststurm zieht die letzte Wärme aus Mark und Bein. Im ganzen Angriffsraum kein Quartier, kein Mann kommt durch Tage und Wochen aus den Kleidern, die bei den meisten längst hart anliegende Eispanzer bilden; der steinhart gefrorene Boden verhindert die Angreifenden, sich im feindlichen Feuer einzugraben, die Verluste steigern sich enorm. Die Verwundeten, deren Abschub aufs äußerste erschwert ist, gehen massenhaft elend zugrunde; der durch die wochenlangen Kämpfe und Entbehrungen erschöpfte Mann darf sich auch bei Nacht nicht dem Schlafe hingeben, der sofortigen Erfrierungstod bedeuten würde.....

Am 10. März bricht ein Schneesturm los, wie ihn anderswo nur die Gletscherregion kennt. Jede Vorrückung stockt, jeder Krankenabschub wird unmöglich, ganze Schwarmlinien deckt auf immer das weiße Tuch. Der vom Sturm blankgeschliffene Eisboden ist vollends ungangbar, jedes Eingraben ausgeschlossen; deckungslos und bewegungsunfähig steht die Infanterie vor den feindlichen Hindernissen, das Gros der Artillerie noch immer drei bis vier Märsche hinter der Front2)! Und die Truppe hat gehalten; trotz aller Meldungen ihrer Kommandanten, die seit Wochen die völlige Erschöpfung versichern, trotz aller inneren Verhetzungen und der sie rings umgebenden Spionage 3): trotz alldem hat sie in dieser Hölle durchgehalten.“

Mühsam drangen in den nächsten Tagen einzelne Angriffskeile weiter vor. Szurmays verstärkter linker Flügel kämpfte sich nördlich von der

x) In den letzten Tagen mehrten sich die Abgänge aus der Front in erschreckender Weise. Beim XIX.Korps der 2. Armee betrugen sie bis zum 5. März 5000 Mann; die 32. ID. war von 11.817 auf 5971 Feuergewehre zusammengeschmolzen.

2)    Die fahrenden Batterien, welche keine Ausrüstung für den Gebirgstransport besaßen, konnten nur in den Tälern und in unmittelbarer Nähe der wenigen Straßen Verwendung finden, ein großer Teil war daher nicht vorgezogen worden.

3)    Zu dieser Zeit tauchte vor der Front der 4. Armee ein von den Russen aus tschechischen Gefangenen und Überläufern gebildetes Nachrichtendetachement auf.

Bahn näher an die vom Feinde stark besetzten Höhen heran, doch kam das Vorgehen am 8. zum Stehen, worauf derGruppe das IR.76 der 14.ID.1) unterstellt wurde. Die Kämpfe der beiden links anschließenden Korps waren rein örtlicher Natur, doch gab am gleichen Tage der Feind dem Drucke des XVIII. Korps nach und räumte das westliche Sanufer.

Während die Nordgruppe Tersztyánszkys nur wenig Boden gewann, errang das XIX. Korps einen ausgesprochenen Erfolg. Am 8. eroberte die 41. HID. die Höhe Maguryczne und nahm den Russen eine große Zahl von Gefangenen ab. Da auch die 29. ID. den Feind zurückdrängte, konnte FML. Trollmann die Verfolgung einleiten, die am 9. bis hart an die Bahnkurve bei Łupków gedieh. Als die Honvéds tags darauf den Feind auch von der Chryszczata vertrieben 2), war die Flanke der Nordgruppe (Korps Lütgendorf und Korps Schmidt) für die Fortsetzung des Stoßes gegen Baligród vollkommen gesichert.

Inzwischen marschierte die Hauptkraft der 14. ID. über Cisna heran. Über ihre Verwendung, die sich später als folgenschwer erwies, gingen die Meinungen auseinander. Tersztyánszky wollte Trollmann verstärken, um den Erfolg des XIX. Korps durch die Fortsetzung des Stoßes auf Radoszyce auszubauen und damit seiner Nordgruppe mittelbar vorwärts zu helfen. Doch das 2. Armeekmdo. befahl den Einsatz der Division auf dem rechten Flügel Lütgendorfs, indem es am Leitgedanken der Operation festhielt. Noch war der Glaube an das Gelingen der Aktion auf Przemyśl nicht erschüttert, da man Lütgendorf und Schmidt-Georgenegg an Feuergewehren für doppelt so stark als die gegenüberliegenden Russen schätzte. Das Armeekmdo. verfehlte nicht, Tersztyánszky aufmerksam zu machen, daß bisher niemals eine ähnliche Überlegenheit an entscheidender Stelle bestanden habe. Da die Flügel der Stoßstaffel aber zurückhingen, fehlte dem Stirnangriff jedwede flankierende Unterstützung und ebenso eine ausreichende Mithilfe der Artillerie. Immer blieb der Verteidiger im Bunde mit den Naturgewalten der Stärkere. Und doch hing es nur an einem Faden und der Durchbruch der Stoßgruppe Tersztyánszky wäre gelungen, denn schon meldete der Führer des VIII. Russenkorps, er beabsichtige auf Sanok zu weichen. Da verbot ein scharfer Befehl Brussilows den erschütterten Truppen jeden Schritt rückwärts3).

!) Das Regiment gehörte zu jenen Teilen der 14. ID., die auf dem nach Uzsok führenden Schienenweg antransportiert wurden (vgl. auch S. 197).

2)    Schon am 7. hatte sich ein kleiner Trupp der 41. HID. der Chryszczata bemächtigt, konnte sich aber dort nur kurze Zeit behaupten.

3)    Broussilov, 110 ff.

Von einer Hilfeleistung der zusammengeschmolzenen und durch Fehlschläge erschütterten k.u.k. 3. Armee, der keine frischen Kräfte zugeführt werden konnten, war bei der 2. wenig zu spüren. Die russischen Führer trieben ihre Scharen mit größter Rücksichtslosigkeit und bei voller Mißachtung der furchtbaren Verluste, freilich ohne Nennenswertes zu erreichen, abermals gegen das X. und das VII. Korps vor. In der Abwehr erschöpften sich die Kräfte der öst.-ung. Divisionen. Wieder griff die Heeresleitung ein und forderte vom linken Flügel der Armee Boroević erhöhte Tätigkeit. Dort umspannten aber die dünnen Linien des XVII. und des III. Korps einen Raum von etwa 35 km Frontbreite; der Angriff über das Ondavatal gegen die starken und dichtbesetzten russischen Stellungen bot wenig Aussicht auf Erfolg. Übrigens deuteten die in Kaschau eingelaufenen Nachrichten auf eine angeblich am 10. beginnende großangelegte Offensive des Feindes gegen die k.u.k. 3. Armee. Man stellte sich daher auf die Verteidigung ein. Das X. Korps sammelte seine 2. ID. als Reserve im Laborczatale.

Gerade jetzt aber zog der Russe hier einzelne vorgeprellte Gefechtsgruppen in seine Hauptstellung zurück. Als Erklärung hiefür können die Weisungen Iwanows vom 7. März an den Führer der russischen 3. Armee gelten, wonach Dimitriew die Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand und den Westflügel der Armee Boroević mit einem Mindestmaß an Truppen festzuhalten, starke Kräfte jedoch im Raume Mezölaborcz—Łupków—Sanok zu einer Offensive auf Homonna zu versammeln hatte. Der Befehlshaber der russischen Südwestfront wollte „den Feind, der sich nach Przemyśl durchschlagen will, im Rücken bedrohen“1). Die rückgängigen Bewegungen der Russen vor der Front der k.u.k. 3. Armee, die man in Kaschau nicht zu deuten wußte, mögen diesen zunächst offenbar aufgeschobenen Angriff vorbereitet haben.

Der Massenstoß der k.u.k. 2. Armee hatte aber am 10. März seinen Höhepunkt erreicht (Beilage 8). Die vorderen Linien waren seit Beginn der Vorrückung nur um ein kleines Stück gegen Norden vorgedrungen.

Das etidgültige Scheitern des Entsatzversuches (11. bis 20. März)

*

Hiezu Beilage 8 sowie Skizze 18

In Teschen und Ungvár zerrte die Sorge um die eingeschlossene Festung, deren Lebenskraft im Erlöschen war, an den Nerven der Führer

*) B o n c z - B r u j e w i t s c h, I, 72.

und der Stäbe; wiederholt beförderte der Draht anspornende Befehle an Tersztyánszky. Da erschütterte der Feind am 11. März das Gebäude der öst.-ung. Offensive in seinen Grundfesten.

Brussilow besorgte nach dem ansehnlichen Raumgewinn des k.u.k. XIX. Korps gegen die Bahnkurve bei Łupków, daß das russische Frontstück gegenüber der Armee Boroević aufgerollt werden könnte. Daher stieß er am 11. kräftig gegen die in der Verfolgung begriffene 29. ID. vor und warf sie in ihre frühere Stellung zurück. Das gleiche Schicksal widerfuhr tags darauf der linken NachbaHivision(34.ID.). Nur die 41.HID. (2100 Feuergewehre) klammerte sich noch an den errungenen Boden.

Böhm-Ermolli beschloß, alle verfügbaren Reserven dem XIX. Korps zuzuführen, um einen Durchbruch des Feindes auf Wola Michowa zu verhindern, nach Festigung dieses Frontteiles aber die Operation auf Lisko fortzusetzen, obgleich Tersztyánszky die Erfolgsmöglichkeit nur noch als sehr gering bezeichnet hatte. Zur Herstellung der Lage ersuchte das

2. Armeekmdo. den Nachbar im Westen um Unterstützung, doch die rechte Flügeldivision der 3. Armee (24. ID.) hielt zwar den Grenzkamm fest, ließ auch ihre Artillerie gegen Łupków wirken, aber zu einem Entlastungsstoß fehlten ihr die Kräfte.

Trotz der Abgabe mehrerer Bataillone an Trollmann glückte es noch zuletzt der Nordgruppe Tersztyánszkys, dem Korps Schmidt-Georgenegg, nach heißen und erbitterten Kämpfen am 11. und 12. zwei vielumstrittene Punkte, das Dorf Rabe -und die Manilowahöhe, zu erobern x) und gegen, russische Gegenangriffe zu behaupten.

Nach dem Einsätze der 14. ID. übernahm ihr Führer, FML. Martiny, den Befehl über das rechte Flügelkorps Tersztyánszkys (14. ID. und Gros der 43. SchD.), doch konnten weder dieses noch das Korps Lütgendorf im Angriffe durchdringen. Beim XVIII. Korps wurden nur unbedeutende Geländevorteile erreicht, hingegen nahm das V. Korps seine über den San gelangten Abteilungen, die sich in nutzlosen Gefechten verbluteten, auf das linke Ufer zurück.

Auf dem Westflügel Szurmays stockte das Vorgehen; der Versuch, sich mit der Sappe vorzuarbeiten, scheiterte an dem hartgefrorenen Boden. So stimmte denn das 2. Armeekmdo. dem Antrage des Gruppenführers zu, die vor den russischen Linien festgebannten Truppen wieder in die alten Stellungen zurückzunehmen, dafür aber starke Reserven hinter dem

Im Kampfe um die Manilowa zeichnete sich das SchR. 24 besonders aus. Im österreichischen Bundesheeres feiert das Wiener IR. Nr. 3 den 12. März als Gedenktag dieser Waffentat.

linken Flügel bereitzustellen (IR. 76 und halbe 7. ID.), die der bedrohten Westgruppe Tersztyánszkys zugeführt werden sollten. Der Russe nützte die Lage aus und brach jetzt gegen die Mitte und den rechten Flügel Szurmays vor. Doch wehrte am 14. die 38. HID. einen ungestümen Anfall des Feindes ab, ging selbst zum Gegenangriffe über und warf die Russen zurück, die eine erkleckliche Anzahl von Gefangenen in den Händen der Angreifer ließen.

Die Gefechtsstände bei der Armeegruppe Tersztyánszky sanken beängstigend. Ihr Führer beabsichtigte nunmehr, an die Stelle des bisherigen Angriffsverfahren ein methodisches Vorarbeiten treten zu lassen. Weiters sollte sich die Nordgruppe links schieben und das Korps Schmidt, bei der neuerlichen Vorrückung entlang des Dzialrückens vordringend, den Hauptdruck auf den Feind ausüben. Ungeachtet der vom 2. Armeekmdo. geäußerten Bedenken, daß hiedurch, ganz abgesehen von dem entstehenden Zeitverluste, von der scharfen Nordrichtung abgewichen werde, bestand GdK. Tersztyánszky auf seiner Absicht, deren Durchführung auch bereits eingeleitet war.

Aber Brussilow durchkreuzte diese letzten, der Befreiung von Przemyśl geltenden Pläne. Am 13. nachmittags durchbrach er die Front des XIX. Korps und stieß gegen Wola Michowa vor.

Nach dieser schweren Verwundung der Westflanke war an eine Fortsetzung der Offensive gegen Baligród nicht mehr zu denken. Zum Glück unterließ der Russe auch diesmal ein rasches Nachdrängen, so daß Wola Michowa’ in unserer Hand blieb. Am nächsten Tage ging jedoch die Maguryczne verloren, worauf die Chryszczata freiwillig geräumt wurde. Statt seiner Angriffsaufgabe nachgehen zu können, mußte FML. Schmidt der 41. HID. beispringen und überdies heftige russische Anstürme auf die Manilowa ab wehren.

Jetzt erwies sich das 3. Armeekmdo. insofeme als Helfer in der Not, als es am 15. durch Verlängerung seines rechten Flügels bis in die Gegend von Łupków die Widerstandskraft des Korps Trollmann stärkte, das sich nun auf erheblich verschmälerter Front wieder behaupten konnte. Dennoch war die Hoffnung auf eine Wendung zum Besseren zunichte gemacht. Am 14. März nachmittags befahl das 2. Armeekmdo. dem GdK. Tersztyánszky sowie dem XVIII. und dem V. Korps, die Offensive vorläufig einzustellen. Alle verfügbaren Reserven der Nordgruppe, insgesamt elf Bataillone, wurden dem XIX. Korps zugeschoben.

Während sich das Los der Offensive der 2. Armee entschied, fand zwischen den verbündeten Heeresleitungen ein wichtiger Meinungsaus-

tausch statt. Der Chef des deutschen Generalstabes richtete am 13. März eine Depesche nach Teschen, die sich vorwiegend mit der Politik Österreich-Ungarns gegenüber Italien befaßte. Im gegenwärtigen Zeitpunkte sah jedoch GdI. Conrad in der Weiterführung des Kampfes gegen Rußland die nächstliegende Aufgabe. Da er in Kenntnis von der Aufstellung neuer Armeekörper in Deutschland war, antwortete er mit der Bitte, dem k.u.k. Heere zwei bis drei deutsche Divisionen zuzuführen, auch wenn diese nicht mehr rechtzeitig eintreffen würden, um am Entsätze von Przemyśl mitzuwirken. Er geuenke, die Offensive aus den Karpathen in Ostgalizien unbedingt fortzusetzen, wobei die deutschen Verbände ein notwendiger Kräftezuschuß für Linsingen oder Pflanzer-Baltin wären. Den gleichen Wunsch machte Conrad übrigens auch beim Oberbefehlshaber Ost geltend.

Falkenhayn besorgte sogleich, daß eine unmittelbare Verstärkung der Südarmee geplant sei und wies darauf hin, daß die deutschen Truppen nicht an den Gebirgskrieg gewöhnt und dafür auch nicht ausgerüstet seien. Linsingen habe ihm am 13. berichtet, daß er ein Durchkommen der Südarmee im März wohl noch für möglich hielte, falls die öst.-ung. Front ihren Angriff energisch fortsetze und der starke Frost und der Schneefall aufhörten1). Sonach wäre Linsingen, meinte der deutsche Generalstabschef, vielleicht doch imstande, seinem linken Nachbar den Weg zu bahnen, doch müßten ihm von Böhm-Ermolli — wenn auch nur schwache

— Verstärkungen geschickt werden oder zumindest dessen rechter Flügel sich dem Vorgehen anschließen. Dies sei eine „einfache Meinungsäußerung“, nicht aber die „Anmaßung von Ratschlägen“.

Conrad erwiderte, daß er einen frontalen Einsatz deutscher Neuformationen bei der Südarmee nicht in Betracht gezogen habe; diese Kräfte sollten zunächst dem GdK. Pflanzer-Baltin zugeführt werden und erst später unter dessen Befehl treten, wenn Linsingen das Gebirge passiert hätte. Bei einer solgchen Verwendung sei eine Gebirgsausrüstung für die deutschen Truppen überflüssig. Er fügte noch hinzu, daß er im Augenblicke die Kriegshandlung in Ostgalizien für die wichtigste halte, da die dort und in der Bukowina erfochtenen Siege die weitere Haltung Rumäniens bestimmen würden.

Falkenhayn berichtigte diese Ausführungen zunächst dahin, daß es sich bei den von Conrad erwähnten Formationen nicht um „neue“ Truppen handle, sondern um Verbände, die man durch Abgaben von den Frontdivisionen bilde. In der Kardinalfrage erklärte Falkennayn, daß er den großen Einfluß vollauf würdige, den die Ausführung der Conrad-schen Pläne auf die Entschlüsse in Bukarest ausüben könnte, doch sei vorläufig eine Kräfteverschiebung vom westlichen auf den östlichen Kriegsschauplatz völlig ausgeschlossen, derzeit aber auch eine solche vom Ostheere in die Karpathen, obgleich er dies ursprünglich in Aussicht genommen hätte.

Die deutsche Westfront hatte sich zu dieser Zeit heftiger Angriffe der Franzosen in der Champagne und südöstlich von Verdun sowie der Briten bei Lille zu erwehren und focht gegen eine namhafte Überlegenheit der Alliierten.

Nachdem das XIX. Korps von den Russen durchbrochen war und als man die Größe der Verluste Böhm-Ermollis 1) voll überblicken konnte, verstummten bei der Heeresleitung in Teschen auch die zuversichtlichsten Wortführer der Hoffnung auf eine Befreiung Przemyśls.

Das Festungskmdo. Przemyśl hatte am 8. März gemeldet, daß es einen Ausfall mit 24 bis 26 Bataillonen zu je 800 Mann2) in der Richtung auf Bircza plane, doch lasse der Kräftezustand der Mannschaft besorgen, daß das Ergebnis im Mißverhältnis zu der zahlenmäßigen Stärke der Ausfallstruppen stehen werde. Am 13. wurde GdI. Kusmanek vom AOK. verständigt, es sei nicht mehr mit Sicherheit anzunehmen, daß die Armee Böhm-Ermolli bis zum 18. über Ustrzyki Dl.—Lisko vorzudringen vermöge. Sollte die Lage bis zum 17. erkennen lassen, daß der Entsatz nicht rechtzeitig möglich sei, so gebiete sowohl die Verwertung der in der Festung befindlichen Truppen als auch die Waffenehre und die bisherige ruhmvolle Haltung der Besatzung den Versuch, sich mit so vielen Kräften als möglich durchzuschlagen und den Anschluß an die Armee im Felde zu erkämpfen. Hiefür kämen die Richtungen gegen Lisko, Stary Sambor— Turka oder Sambor in Betracht. Die gründliche Zerstörung der Bahnen in der Gegend von Sambor sei von höchstem Werte. Auch in diesem äußersten Falle habe sich die in der Festung zurückbleibende Defensivbesatzung bis an die letzte Grenze der Möglichkeit zu halten und sich erst dann den Weg ins Außenfeld zu bahnen.

*) GdK. Böhm-Ermolli hatte am 1. März einschließlich der 31. und der 14. ID. über 148.848 Feuergewehre verfügt und verlor in den darauffolgenden 14 Tagen: 23.891 Tote und Verwundete, hievon etwa 450 Offiziere; 10.465 Gefangene und Vermißte, hievon etwa 60 Offiziere; 16.730 Kranke, hievon etwa 110 Offiziere. Somit insgesamt 51.086. Von diesem 33 v. H. betragenden Abgange der 2. Armee entfielen 73 v. H. auf die Gruppe Tersztyánszky.

2) Während der zweiten Einschließung hatte sich der Gefechtsstand der Festungsbesatzung durch Tod, Verwundung und Erkrankung um fast 24.000 Mann vermindert.

GdI. Kusmanek funkte tags darauf nach Teschen: müsse die Festung behauptet werden, so erübrigten für einen Ausfall in der von ihm gewählten Richtung Bircza nur 12 bis 15 Bataillone zu je 700 Mann. Aussichtsreich sei das Unternehmen nur dann, wenn bei Bircza der Gefechtskontakt mit der 2. Armee hergestellt werden könnte. Für einen Durchbruch spätestens am 19. März in den frühesten Morgenstunden nähme er die Richtung Sambor in Aussicht; die Grenze der Widerstandsfähigkeit des festen Platzes sei durch die Verpflegslage schon jetzt gegeben, da die Gesamtverpflegung bis zum 24. März reiche. Die Durchbruchsstaffeln hätten die Festung am 19. früh und die zurückgelassene Minimalbesatzung spätestens am 20. abends, beide Gruppen mit viertägiger Reserveverpflegung, zu verlassen. Nach Aufzehrung dieser Rationen hoffte man auf die Besitznahme der russischen Vorräte bei Sambor.

Von der Heeresleitung befragt, ob es möglich sei, daß die 2. Armee bei Erneuerung des Angriffes bis spätestens 23. über die Linie Ustrzyki Dl.—Lisko vorzudringen vermöge, verneinte dies GdK. Böhm-Ermolli von Haus aus; an einen Ausfall gegen Bircza durfte daher nicht mehr gedacht werden. Das AOK. und das 2. Armeekmdo. fanden nunmehr, daß man der Festungsbesatzung bei einem Durchbruche auf Sambor am raschesten die Hand zu reichen vermöchte. Von Teschen aus wurde angeregt, Szurmay zum Hauptträger der bevorstehenden Aktion zu machen, womit der Einklang zwischen seinem Angriffe und der anscheinend im besten Gange befindlichen Offensive der Südarmee hergestellt worden wäre. Böhm-Ermolli entschied sich jedoch aus taktischen Gründen dafür, das V. Korps mit der Aufgabe des Vorstoßes gegen Nordost zu betrauen, und dieses durch alle Kräfte Tersztyánszkys zu verstärken, die der General nicht zum Halten seiner mit blutigen Opfern errungenen Stellungen brauche. Da Tersztyánszky hiezu mindestens 40.000 Feuergewehre als nötig bezeichnete, konnte nur die komb. 31. ID. (FML. Lütgendorf) freigemacht und mit ihrem Gros schon am 16. gegen Osten in Marsch gesetzt werden. Aber gerade an diesem Nachmittage richtete sich gegen das

XIX. Korps ein heftiger russischer Angriff, der zwar abgewiesen wurde, aber doch dazu zwang, das zur 31. ID. gehörige IR. 69 vorübergehend zurückzubehalten.

Das V. Korps wehrte am 19. einen russischen Vorstoß ab; sein Angriff, dessen Beginn zuerst für den 20. vorgesehen war, wurde auf den 21. verschoben, um der Artillerie Zeit zur Vorbereitung zu gewähren. Somit reichlich spät für das Unternehmen der Besatzung von Przemyśl, die bereits am 19. den russischen Einschließungsring durchstoßen wollte.

Aber auch Szurmay erhob Vorstellungen gegen die Beteiligung seines linken Flügels an dem Angriffe, zu dem allerdings bei ihm, wie man in den letzten Tagen erfahren hatte, die taktischen Verhältnisse nicht einluden. Gegen die Mitte und den rechten Flügel dieser Gruppe stürmte der Russe am 17., 18. und 19. vergeblich los. Das 2. Armeekmdo. gestattete nunmehr, daß sich Szurmay auf einen Scheinangriff beschränke, dafür aber noch das IR. 68 an das V. Korps abgebe. Tersztyánszky sollte an seiner Front vom Mittag des 19. an eine lebhafte, den Wiederbeginn der Offensive vortäuschende Tätigkeit entfalten. An diesem Tage erwehrte sich das Korps Schmidt abermals ruhmvoll des gegen die Manilowa vorbrechenden Feindes.

Die vom 4. Armeekmdo. für den 17. beabsichtigte Wiederaufnahme des Angriffes (S. 201) verzögerte sich um vierundzwanzig Stunden. Am 18. um 3h30vorm. führte FML. Arz die Stoßgruppe gegen Gorlice und gegen Sękowa vor, doch die erstrebte Überraschung der Russen mißlang und auch die 39. HID. konnte nach einem Anfangserfolge nicht durchdringen. Am nächsten Tage wurden Teile der 10. ID. durch russische Gegenangriffe zurückgeworfen, während der Feind an anderen Frontstellen weniger Glück hatte. Das III. Korps war nicht in die Lage gekommen, den äußersten rechten Flügel der 4. Armee zu unterstützen; denn Dimitriew richtete sein Augenmerk auf den Raum beiderseits von Gorlice. Dagegen bedrohte der Russe die 45. SchD. der 3. Armee am 17. und 18. vergeblich mit seinen Vorstößen, die, wie sich bald herausstellte, wichtigen Täuschungszwecken dienten.

Am 19. entbrannte der Artilleriekampf auf der ganzen Front der

3. Armee, bald waren die Stellungen des XVII. Korps und der 22. SchD. in Rauch und Dampf gehüllt. Gegen sie brach in der Nacht auf den 20. ein mächtiger Ansturm der Russen los.

Der Fall der Festung Przemyśl Hiezu Beilage 9 Gen. Iwanow hatte das russische 11. Armeekmdo. beauftragt, eine „energische Tätigkeit“ gegen Przemyśl zu entfalten (S. 162). Noch lag aber den Russen die Erinnerung an die blutigen, fruchtlosen Oktoberstürme in den Gliedern. Sie hofften, daß der Augenblick nicht mehr fern sei, da die vielköpfige Besatzung ihre Verpflegsvorräte aufgezehrt haben werde; dann mußte der feste Platz von selbst fallen. So beschränkte sich der Feind darauf, seine Artillerie gegen die Vorfeldstellungen und den Gürtel wirken zu lassen — seit dem 9. Februar schwiegen die russischen

Feuerschlünde nur selten — und zog im Nordwesten und Südwesten den Einschließungsring enger, nicht ohne dabei mit den äußerst rührigen Festungstruppen in erbitterte Kämpfe zu geraten, die ihm wichtige Punkte im Vorfeld immer wieder streitig machten.

Um Mitternacht auf den 14. März errangen die Russen den einzigen ausgesprochenen Erfolg vor Przemyśl, indem sie sich überfallsartig der bisher mit Zähigkeit festgehaltenen Vorfeldstellung Na Górach—Batycze vor dem nördlichen Gürtelabschnitt bemächtigten. Das Festungskmdo. entsendete zwar ungesäumt einige Bainillone zum Gegenangriff; doch verzögerte sich ihre Bereitstellung längere Zeit. Der Versuch wurde schließlich für aussichtslos gehalten und auf gegeben.

Kusmaneks Plan, gegen Sambor durchzubrechen (S. 210), erfuhr eine Wandlung, als der Festungskmdt. aus Teschen die Gruppierung der russischen Streitkräfte in Galizien erfuhr. Demnach stellten sich demUnternehmen kaum zu bewältigende Hindernisse entgegen. Er ließ am 16. an die Heeresleitung funken, daß er in der Richtung über Mościska—Gródek—Lemberg vorstoßen werde, „um der Armee doch noch einen Dienst zu leisten“. Das AOK. riet indes noch am gleichen Tage, die ursprüngliche Absicht beizubehalten, da für den Durchbruch der Besatzung auf Sambor die Mitwirkung des Ostflügels der 2. Armee durch eine Offensive beiderseits derTurkastraße bereits eingeleitet war. Sollte aber Kusmanek dennoch dieRichtungLemberg wählen, so möge er trachten, Anschluß an die Armeegruppe Pflanzer-Baltin zu gewinnen, die mit ihrem rechten Flügel südöstlich von Tłumacz gegen Stanislau angreife.

Aus einem Radiogramm vom 19. früh erfuhr die Heeresleitung, daß das Festungskmdo. auf dem Vorstoße gegen Lemberg beharre und dieser zurzeit bereits im Gange sein müsse.

Für diesen Entschluß waren verschiedene Gründe maßgebend gewesen. Mit vollem Recht glaubte GdI. Kusmanek, seinen entkräfteten Truppen x) eine Vorrückung und den Kampf im schwierigen Berggelände südlich der Festung nicht mehr zumuten zu können. Mit Ausnahme der Richtung gegen Osten wäre man überall auf zahlreiche Bachniederungen gestoßen, welche die russische Abwehr begünstigten. Dagegen traf der geplante Angriff auf den schwächsten Teil der Einschließungslinie2), voraus!) Aus den von Kusmanek eingeforderten Berichten ging hervor, daß sich zum Beispiel beim ung. LstlR. 16 nur mehr 25—30 v. H. gesunde Leute befanden, 70 v. H. der Mannschaft des ung. LstlR. 9 für Angriffe ungeeignet und beim k. k. LstlR. 33 nur mehr die Hälfte der Landstürmer dienstfähig waren.

2) Tatsächlich befanden sich aber hier in mehreren Linien hintereinander angeordnete russische Stellungen von großer fortifikatorischer Stärke.

siahtlich nur auf Reichswehrtruppen, das ebenere Gelände konnte hier die Raschheit der Bewegung fördern, auch ließ der Stoß in dieser unerwarteten Richtung eine Überraschung der Russen erhoffen. Kusmanek gab sich aber keinen Täuschungen hin. Eine Summe unerhörter Glücksfälle wäre notwendig gewesen, um das Unternehmen zum gewünschten Ausgange zu bringen. Nach Gelingen des Durchbruches hätte man sich der feindlichen Verpflegsvorräte in Mościska und Sądowa Wisznia bemächtigen und dann auf gewaltigem Umwege den Anschluß an PflanzerBaltin gewinnen müssen. Selbst ohne feindliche Gegenwirkung wären die hiezu unerläßlichen großen Marschleistungen bei der Entkräftung der Mannschaften ausgeschlossen gewesen. Der Verteidiger von Przemyśl wollte jetzt nur noch die Waffenehre durch einen heroischen Schlußakt bis zum letzten Ende wahren, gleichviel ob das Unternehmen zu ruhmvollem Untergange oder zu kaum erhofftem Gelingen führen würde. Immerhin konnte dem Feinde Abbruch getan, Verwirrung in seine Reihen getragen und auf diese Weise den Karpathenarmeen genützt werden.

Am 19. sollte zuerst der Einschließungsring durchstoßen werden, worauf der Rest der Besatzung nach Zerstörung der Werke und der Armierung sowie nach Vernichtung des gesamten Kriegsgeräts der Durchbruchsstaffel zu folgen hatte.

GdI. Kusmanek wandte sich mit einem Funkspruch an den Obersten Kriegsherrn *):

Eure' Majestät!

Nach ununterbrochenen sechsmonatigen Kämpfen vom Feinde unbesiegt, jedoch durch Hunger gezwungen, wird morgen, den 19. März, die Besatzung von Przemyśl, obzwar die Mannschaft durch monatelange Entbehrungen aller Art fast ganz entkräftet ist, den Versuch beginnen, den eisernen Ring des Feindes zu durchbrechen, um vor ihrem wahrscheinlichen Untergange der Feldarmee vielleicht doch noch einen Dienst zu leisten.

In diesem schicksalschweren Augenblicke erheben sich unsere Herzen in unentwegter Liebe und Treue zu Eurer Majestät.    Kusmanek    GdI.

Der Kaiser antwortete:

Die Meldung des heroischen Ausfalles, den die bisher unbesiegte Besatzung Przemyśls zu unternehmen entschlossen ist, hat Mich tiefstens ergriffen und aus dem Grunde Meines Herzens sende Ich den Helden, die eine letzte Großtat zur Ehre des Vaterlandes und dem Ruhm unserer Waffen beginnen, Meine Segenswünsche. Was die

Kusmanek hatte als mehrjähriger Vorstand des Präsidialbüros des Kriegsministeriums das Protokoll bei den alljährlich unter Vorsitz des Kaisers abgehaltenen Konferenzen über die Personalien der Generale zu führen gehabt und war daher dem Herrscher näher bekannt.

Besatzung Przemyśls geleistet, bleibt ewig denkwürdig und jedem einzelnen gebührt ein Blatt aus dem Lorbeerkranze, den dankerfüllt Ich und das Vaterland der tapferen, opferfreudigen Besatzung Przemyśls weihen.

Des Allmächtigen gnädigster Schutz sei mit Euch!    Franz    Joseph.

Als dieser Funkspruch in der Festung eintraf, standen die Truppen bereits im Kampfe.

Im Schneeregen hatten sich die für den Ausfall bestimmten Verbände in der Nacht zum 19. auf den zur Pfütze gewordenen Straßen nächst der Ostfront der Festung gesammelt. Noch bei Dunkelheit begann die Vorrückung über die Linie der Werke. Obgleich das Festungskmdo. bei Einleitung der Aktion alle Vorsichtsmaßnahmen zu weitestgehender Geheimhaltung getroffen hatte, erlangten die Russen zweifellos durch Auffangen und Dechiffrieren der mit Teschen gewechselten Funksprüche Kenntnis von der Ausfallsabsicht und auch von der gewählten Richtung. Ungesäumt verstärkten sie die Einschließungslinie gegenüber der Ostfront und lauerten auf den Augenblick, wo ihnen das umstellte Wild ins Garn lief. Leider hatte sich auch der Beginn der Vorrückung erheblich verzögert. Schon bei den Versammlungsmärschen äußerte sich die Mattigkeit der ungenügend ernährten Mannschaften in der übermäßig langen Dauer der vorgeschriebenen Bewegungen; einzelne Leute brachen, kaum nachdem sie die Unterkünfte verlassen hatten, unter schweren Erschöpfungszuständen zusammen. Größer als vorausgesehen war auch der Zeitverlust beim Durchschreiten der schmalen Gassen der Hinderniszone und bei Umgehung der Minenfelder.

Schon dämmerte der Morgen herauf, als der Kampf gegen die ausgeruhten und reichlich verpflegten Russen begann. Mit gewohntem Geschick hatte der Feind seine Batterien verteilt, die ihren Geschoßhagel gegen den Angreifer sandten und dessen Vordringen bald ein Ziel setzten. Das Höchstmaß des Bodengewinnes, der erkämpft wurde, ist aus Beilage 9 ersichtlich. Von dem Ungestüm tapferer Führer fortgerissen, erfolgte die Vorrückung der Regimenter der 23. HID. nicht im vorgesehenen Einklang. Bald wandte sich das Blatt zu Ungunsten der Division, die, von einem Flankenstoß der russischen 58. RD. getroffen und vielfach eingekreist, 680/0 Verluste erlitt; ihr Zurückweichen riß auch den Nordflügel in das Verhängnis hinein. So scheiterte der mit Anspannung aller noch aufzubietenden Kräfte unternommene Durchbruchsversuch unter schweren Einbußen. Um 2h nachm. durchschritten die letzten geschlossenen Truppenteile auf ihrem Rückzuge die Hinderniszone. An dem Feuer der Werke brach sich die Verfolgung des Feindes.

GdI. Kusmanek berichtete hierüber nach Schönbrunn:

Eure Majestät!

Im Namen der Besatzung von Przemyśl für die hochbeglückenden huldvollsten Worte Eurer Majestät tiefbewegt dankend, melde ich, daß heute die Besatzung von Przemyśl den Durchbruchsversuch gewagt hat. Ich bin aber tiefunglücklich, Eurer Majestät gleichzeitig treugehorsamst berichten zu müssen, daß dieser Versuch nicht gelungen ist. In siebenstündigem verzweifelten Kampfe haben die Truppen bei widrigem Schneesturm mit dem Aufgebot ihrer letzten Kraft den starken Feind zu durchbrechen versucht. Nach großen Verlusten, bei welchen die stets so tapfere k. ung. 23. Landwehrinfanterietruppendivision, soweit sich dies bis jetzt überblicken läßt, zur Hälfte aufgerieben wurde und auch die anderen Truppen schwer gelitten haben, mußte wieder hinter den Gürtel der Festung zurückgegangen werden. Da bei der dermaligen völligen Erschöpfung der Mannschaft ein nochmaliger Durchbruchsversuch ganz aussichtslos wäre, will ich die Festung nunmehr bis an die Grenze der Möglichkeit halten, um so durch weiteres Binden der hier befindlichen feindlichen Kräfte dem Zweck der Feldarmeen noch solange als möglich zu nützen.

Treu unserem Eide und in grenzenloser Liebe und Ergebenheit für Eure Majestät werden wir bis zum Ende ausharren.    Kusmanek    GdI.

Nunmehr wurde alles darangesetzt, um in letzter Stunde einer Erstürmung des Platzes zu begegnen. Unausbleiblich war aber das Ende herangerückt. Am 20. und 21. wurden russische Angriffe gegen die Nordwest-, die Nord- und die Ostfront tapfer abgewehrt. Dann trat am 21. der Verteidigungsrat zusammen und beschloß im Sinne der schon vor vierundzwanzig Stunden eingelangten Billigung durch die Heeresleitung, die Festung am nächsten Tage zu übergeben. Die physische Kraft der Besatzung war durch den Hunger aufgezehrt und die noch bis zum 24. reichende Reserveverpflegung mußte für jene Zeitspanne aufgespart bleiben, die bis zu den weiteren Verfügungen des Feindes über das Schicksal der Besatzung verstreichen mochte1).

Am 19. war das Papiergeld der Festung (600.000 bis 700.000 K) verbrannt worden; am 20. und 21. fanden noch größere Pferdeschlachtungen statt. Die Bahnhofseinrichtungen und die Fahrbetriebsmittel sowie überhaupt alle für den Feind verwertbaren Kriegsgeräte wurden zerstört oder unbrauchbar gemacht. An den beiden letztbezeichneten Tagen starteten die Offiziere der Luftfahrtruppe in Freiballons, die jedoch alle auf Feindesgebiet verschlagen wurden.

x) Als zehn Jahre früher die Russen die Festung Port Arthur den Japanern übergaben, befanden sich dort noch an Verpflegsvorräten in Tonnen: Korn 700, Weizenmehl 150, Maismehl 40, Hülsenfrüchte 700, Gerste 2, Reis 1, Pökelfleisch 40, Zwieback 60, Zucker 20 und Pferdefutter für zwei Monate. Außerdem lagerten in der Festung noch die Vorräte der Marine (nach Beilage 19, Bd. III der Einzelschriften über den russisch-japanischen Krieg, Wien 1909).

Während der Nacht auf den 22. verfeuerten die Werke ihre letzte Geschützmunition, worauf man die Rohre mit Ausnahme der älteren Kanonenmodelle entweder durch verstärkte Ladungen oder durch Ekrasit-patronen unbrauchbar machte. Von dem schaurigen Dröhnen und Krachen verstört, kauerte der Russe hinter seinen Deckungen.

Der anbrechende Tag stand schon unter dem Zeichen des Frühlings. Leuchtend stieg die Sonne über der Sanfeste auf, als um 6h das eigentliche Zerstörungswerk begann; unter Blitz und Rauch und unter mächtigen Detonationen vollzog sich die Sprengung der Gürtelwerke und der Flußbrücken. Alle fortifikatorischen Anlagen verwandelten sich in wüste Trümmerhaufen. Noch einen letzten Gruß funkte der Platz an die Waffenbrüder: „Unser Schicksal schwer empfindend, wünschen wir den Feldarmeen Ruhm und Sieg!“

Weiße Fahnen flatterten an der Gürtellinie auf. Gegen 9hvorm. drangen die ersten russischen Abteilungen in die Stadt ein; ein Stabshauptmann forderte dem Festungskommandanten den Säbel ab.

Zwei Stunden früher war auf der großen Lemberger Straße ein Kraftwagen aus der Stadt gerollt. Oberst Martinek, Kommandant der 108. LstlBrig., und der Festungsgeneralstabschef Obstlt. Hubert fuhren nach Mościska, um im Standorte des russischen 11. Ameekmdos., dem Aufträge Kusmaneks gemäß, über das Schicksal der Besatzung zu verhandeln1). Sie fanden schlimmen Empfang beim General Seliwanow.

Die Hoffnung des russischen Führers, die Festung mit stürmender Hand zu nehmen, war vereitelt; das in Przemyśl ausgeführte Zerstörungswerk, dessen Donnerschläge bis in das Hauptquartier der Belagerer hallten, beraubte Seliwanow der ersehnten Trophäen und führte ihm die versäumte Gelegenheit deutlich vor Augen. Als dann noch später der Schall einer vereinzelten Explosion an sein Ohr drang, glaubte er, seine Truppen seien in eine Falle gelockt worden. Er verweigerte den Parlamentären jede weitere Besprechung, ließ ihnen die Waffen abnehmen und behandelte sie gegen alles Völkerrecht als Gefangene. Erst am 23. vormittags besann er sich — angeblich auf Geheiß des Zaren — eines Besseren und gestattete ilinen nach dem Abschluß der Verhandlungen die Rückfahrt nach Przemyśl. Im ganzen gerieten 9 Generale, 93 Stabs- und 2500 Oberoffiziere und 117.000 Mann in Kriegsgefangenschaft. In Anerkennung ihrer Tapferkeit gestattete man den Offizieren, den Säbel zu behalten. Diese Begünstigung wurde aber nach drei Wochen wieder

x) Verhandlungen über die Übergabe der Festung hatten nicht stattgefunden.

zurückgenommen, als sich das haltlose Gerücht verbreitete, ein gefangener Russe sei grausam verstümmelt worden.

Dem Verteidiger von Przemyśl, GdI. Kusmanek, dem später das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens verliehen wurde, hatte Kaiser Franz Joseph am 20. März erwidert:

Ergreift es Mich tiefstschmerzlich, daß der gestern kühn gewagte Durchbruch der Besatzung Przemyśls an der Übermacht des Feindes scheiterte, so blicke Ich doch mit wehmütigem Stolze auf den unvergleichlichen Opfermut der Braven, denen der Erfolg nicht beschieden war. Allen, die da kämpften, danke Ich allerherzlichst für die Heldentat und segne Ich das ruhmvolle Andenken jener, die ihr Leben auf dem Felde der Ehre hingaben.

Noch in fernster Zukunft wird die Geschichte weithin künden, was ÖsterreichUngarns Krieger mit der hartnäckigsten Verteidigung der Festung Przemyśl vollbracht haben; — sie waren standhaft und tapfer bis zum letzten Ende.

Franz Joseph.

Rückblick

Bei einer rückschauenden Betrachtung der Geschehnisse während der ersten drei Monate des Jahres 1915 wird man den Eindruck gewinnen, daß aus der von der Heeresleitung geplanten entscheidenden Kriegshandlung eigentlich nur ein großangelegter Entsatzversuch der vom Feinde eingeschlossenen Festung Przemyśl geworden war. Trotz des leidvollen Opfermutes der Truppe blieb indes diesem Beginnen der Erfolg versagt.

Nach den theoretischen Lehren vom Kriege sollten freilich militärische Operationen niemals in ein Abhängigkeitsverhältnis zu festen Plätzen geraten, die doch nur für engbegrenzte Zwecke erbaut werden. Trotzdem hatten sich in den letzten Kriegen das oberitalienische Festungsviereck 1848, 1859 und 1866, Sebastopol während des Feldzuges der Westmächte in der Kirim, Straßburg, Metz, Paris und Beifort im deutschfranzösischen Waffengange, Port Arthur 1904/05, Adrianopel, Janina, die Tschataldtschalinie und Skutari 1912/13 eine gewisse Hörigkeit des Feldheeres erzwungen. Niemals gelang es aber einer Besatzung in der Stärke von mehreren Divisionen, sich durchzuschlagen und den Anschluß an die eigene Feldarmee zu gewinnen.

Nach unserer heutigen Kenntnis der Dinge wäre die Bestimmung von Przemyśl erfüllt gewesen, als sich die k.u.k. Heeresleitung Anfang November 1914 entschlossen hatte, den Feldzug im Gebiete des mittleren San abzubrechen, die öst.-ung. Armeen nach Westgalizien zurückzuführen und der russischen Dampfwalze auf andere Weise den Weg zu verstellen. Oft wird behauptet, daß man damals den Abzug der Besatzung befehlen und die Festung nach Zerstörung der Werke und Gürtelbauten dem Feinde hätte überlassen sollen.

Vieles sprach dagegen. Eine Räumung des Platzes, dessen fortifika-torische Stärke übrigens vielfach überschätzt wurde, hätte die Zuversicht des feindlichen Auslandes gestärkt, auch auf das Inland und den deutschen Verbündeten niederstimmend gewirkt; insbesondere würde eine solche Maßnahme bei der für Hiobsbotschaften mehr als für Erfolge empfänglichen Bewohnerschaft der beiden Hauptstädte Wien und Budapest panischen Schrecken erzeugt und weitere die der Donaumonarchie noch geneigten Teile ihrer ostslawischen Bevölkerung in ihrem Zugehörigkeitsgefühle erschüttert haben. Außer diesen politischen bestanden auch militärische Gegengründe. Conrad drängte beständig darauf, daß die DOHL. das Schwergewicht der Kriegführung auf den östlichen Kriegsschauplatz verlegen möge. Geschah dies, so konnte bei Wiederaufnahme der Offensive in Bälde der San erreicht und Przemyśl wieder zu einem wertvollen Stützpunkte werden. Sicherlich spielte auch die Erwägung mit, daß die Festung ansehnliche Kräfte des Feindes binden und an der Betätigung im freien Feld hindern werde. Tatsächlich legten die Russen dem Platze bei ihrem zweimaligen Vormarsche über Mittel- nach Westgalizien eine schier übertriebene Bedeutung bei. Sie boten sowohl im September als auch im November vor bewirkter Einschließung zu Sicherungszwecken ein Übermaß an Truppen auf, was dem öst.-ung. Heere bei seinen Rückzügen außerordentlich zustatten kam. An einen belagerungsmäßigen Angriff dachte die russische Heeresleitung nicht und begnügte sich, gewitzigt durch den blutigen Fehlschlag der Anstürme im Oktober, mit der Zernierung des Platzes.

Da das engmaschige und leistungsfähige Eisenbahnnetz Galiziens während der dem 22. März vorangehenden sechs Monate durch den Wirkungsbereich der Festung an einem wichtigen Knotenpunkte der zweigeleisigen Hauptstrecke gesperrt war, sahen sich die Russen zu einem langwierigen, kräfteverbrauchenden Bau von Schienenwegen gezwungen, um ihrer galizischen Front, Przemyśl im Norden umgehend, alles Erforderliche zuzuführen. Sie fingen im großen Stile mit einer Umgehungsbahn an, die Lemberg im Norden umkreiste und bestimmt war, den Hauptverkehr auf die leistungsschwache Strecke Lemberg—Rawa Ruska— Jaroslau (Beilage 3 von Bd. I) zu legen. Emsig strebten sie an, ihre Schienenstränge von Norden her ins Land zu treiben, indem sie den Bau der 40 km langen Eisenbahn Władimir-Wołyński—Sokal, der 86 km langen, eine Sanüberbrückung erfordernden Linie Lublin—Rozwadów und schließlich auch der 40 km langen, mit einer Weichselüberbrückung verbundenen Linie Ostrowiec—Nadbrzezie begannen, ohne diese aber während der neunmonatigen Besetzung des Landes vollenden zu können. Auch nötigte die Unterbrechung des Bahnnetzes bei Przemyśl dazu, viele Truppenverschiebungen mit Fußmärschen zu bewerkstelligen, endlich war hiedurch sicherlich die Versorgung ihrer südlich der Weichsel fechtenden Heeresteile wesentlich erschwert.

Diesen Vorteilen muß aber entgegengehalten werden, daß die im November 1914 unterlassene Räumung von Przemyśl verhängnisvoll auf die öst.-ung. Kriegführung eingewirkt hat, indem fortan alle Offensivhandlungen auf den Entsatz der Festung eingestellt wurden. Dabei dachte die öst.-ung. Heeresleitung sogar Mitte März, als über die Aussichtslosigkeit des furchtbaren Ringens kein Zweifel mehr bestand, noch nicht daran, die Übergabe des Platzes anzuordnen und damit die nutzlosen Leiden der Besatzung abzukürzen. Im Gegenteil. Das AOK. verlangte schließlich einen Durchbruch, an dessen Gelingen sich niemand zu glauben getraute. Läßt sich dieses Handeln mit nüchternen Zweckmäßigkeitsforderungen auch kaum in Einklang bringen, so ist der soldatische Standpunkt dennoch verständlich1).

Die Festung war allmählich zu einem Palladium der k.u.k. Wehrmacht geworden; eine Preisgabe ohne äußersten Zwang hieß den kriegerischen Sinn in Heer und Volk untergraben und eine Herabstimmung herbeiführen, wie eine solche dem Kaiser Napoleon nach Jena und Auer-städt eine Reihe preußischer Festungen mühelos in die Hände gespielt hatte. Jetzt war Przemyśl einmal vom Feinde eingeschlossen und von einer opferfreudigen Besatzung tapfer behauptet. Der Entsatz wurde zur Pflicht. Dabei drängte die Zeit nicht nur wegen der aus Verpflegsgründen befristeten Lebensdauer der Festung, sondern auch wegen der allgemeinen politischen Lage, die durch die Haltung Italiens und der noch neutralen Balkanstaaten wesentlich beeinflußt werden konnte. Die Armee Boroević war Ende Dezember nach ihrem Vorstoße bis an die galizische Beckenreihe vor den losstürmenden Russen Brussilows in die Karpathen ausgewichen. Ihre Verstärkung war schon deshalb geboten, um der Ausbreitung des Feindes auf ungarischem Boden einen Riegel vorzuschieben.

L) Über die Kämpfe um Przemyśl und den Fall der Festung hat Mjr. a.D. Dr. Stuckheil eine Reihe inhaltsreicher Aufsätze in den Jahrgängen 1923, 1924 und 1925 der „Militärwissenschaftlichen und Technischen Mitteilungen“ veröffentlicht. Außerdem lag ein Manuskript des Ministerialrates Dr. Smolik vor, der die Verteidigung von Przemyśl als Reserveoffizier mitgemacht hat.

Da erschien es denn naheliegend, den Hebel in der Gebirgszone anzusetzen und in der kürzesten Richtung auf Przemyśl vorzudringen. Ob sich die Heeresleitung der vollen Tragweite des Entschlusses bewußt war, derart große Truppenmassen in den winterlichen Karpathen zum Kampfe vorzuführen, ohne daß für eine entsprechende Ausrüstung genügend vorgesorgt worden war und ohne Rücksicht darauf, ob der weitaus größte Teil der Einzelstreiter die körperliche Eignung für diese Aufgabe mitbrachte, bleibe dahingestellt. Bei diesem Verfahren, das offenbar als das einzig mögliche angesehen wurde, hoffte man sicherlich, daß durch einen fließend vorwärtsschreitenden Angriff der Aufenthalt im Gebirge nur von kurzer Dauer sein werde. Als diese Hoffnung jedoch nicht in Erfüllung ging, sich die Folgen des Entschlusses in erschreckender Weise äußerten und die Heeresleitung erkannte, daß der eingeschlagene Weg zum Entsätze von Przemyśl nur anscheinend der kürzeste war, sprach vieles dagegen, das Steuer völlig umzustellen. Unerschütterlich hielt der Wille des Feldherrn an dem Unternehmen fest, bis sich diese Ausdauer viel später und erst nach monatelangem Schwanken der Schicksalswaage, freilich in ganz anderer Weise, bezahlt machen sollte.

Auch der Feind stand im Banne von Przemyśl. Dies beweist schlagend eine wenn auch inhaltlich anfechtbare Depesche, die der Gen. Alexe-jew am 15. April 1915 an die Stawka gerichtet hat. Zu dieser Zeit nicht mehr Stabschef Iwanows, sondern Befehlshaber der Nordwestfront, erklärte er, daß eine russische Karpathenoffensive nur insolange berechtigt gewesen sei, als die hinter der Front der 8. Armee gelegene Festung noch nicht bezwungen war1). Brussilow wieder äußerte sich des öfteren unmutig darüber, daß seine Handlungsfreiheit durch die seiner Armee aus der Festung heraus drohende Gefahr behindert sei und rühmte sich später, daß der Fall von Przemyśl nur der Ausdauer und dem Opfermute seiner Truppen, insbesondere dem VIII. Korps, zu danken gewesen sei2).

Vor dem aufgeschlagenen Buche der Vergangenheit läßt sich unschwer behaupten, daß es auch andere Möglichkeiten gegeben hätte, die Feldzugsentscheidung zu erzwingen, für die die Befreiung von Przemyśl nur eine Etappe bilden durfte. Da sich diese Festung mit Rücksicht auf die VerpflegsVorräte bis zum 22. März zu halten vermochte, konnte auch der längere Weg einer großen Umfassung des linken Heeresflügels der Russen eingeschlagen werden, wofür die Armeegruppe Pflanzer-Baltin entsprechend verstärkt werden konnte. Diese hatte die Schrecken des

*) Boncz-Brujewitsch, I, 99.

2) Broussilov, 74, 77££, 90 und 112.

Gebirges bereits hinter sich und wäre dann imstande gewesen, der Südarmee rasch aus den Bergen herauszuhelfen. Nach der Vereinigung dieser beiden Kraftgruppen konnte die ohnehin von der Heeresleitung befohlene Aufschwenkung bewirkt und unter Sicherung der offenen Flanke durch gestaffelt nachfolgende Reserven der von seiner obersten Führung stiefmütterlich bedachte russische Ostflügel umfaßt und geschlagen werden. Damit wäre der Grundgedanke der Kriegshandlung verwirklicht worden. Diesem Plane stellte sich allerdings die geringe Leistungsfähigkeit der Bahnlinie über Máramaros-Sziget—Körösmezö—Delatyn entgegen, die jetzt schon kaum ausreichte, allen Bedürfnissen der nördlich vom Gebirge kämpfenden Armeegruppe gerecht zu werden1); bei ihrer ausschließlichen Benützung war eine ausgiebige Verstärkung Pflanzer-Baltins nicht mit der erwünschten Schnelligkeit zu erreichen. Ein ins Gewicht fallender Kräftezuschub hätte sich aber durch Mitbenützung anderer, wenn auch nur bis in das südliche Anland der Karpathen führender Linien und hierauf durch Fußmärsche wesentlich beschleunigen lassen. Nicht unbedenklich blieb freilich die Gefährdung der offenen Ostflanke und immerhin auch die Abhängigkeit einer starken Armee nördlich des Gebirges von einer einzigen Bahn mit ungünstiger Linienführung, doch hatte man zum Beispiel die Basierung der Hauptkraft der 2. Armee auf die einzige Straße Takcsány—Cisna ruhig mit in Kauf genommen.

Größere Sicherheit als der eben erörterte Umfassungsangriff durch Ostgalizien hätte wohl noch eine Offensive entlang der galizischen Beckenreihe geboten. Doch beim 4. Armeekmdo. hatte man sich niemals für eine Frontalschlacht in Westgalizien zu erwärmen vermocht. Erst viel später reifte der Plan eines operativen Durchbruches aus dem Stellungsgebiete der 4. Armee.

Wie dem immer auch sei: ob mm der Hauptstoß über Stanislau oder

L) Diese Karpathenbahn war schon nach ihrer Anlage leistungsschwach (vgl. Beilage 3 von Bd. I), aber ihre Benützung war auch durch ihren Linienzug nicht unbedenklich. Eine Unterbrechung, ja bloße Bedrohung des nur 60 km von der Front am Wyszkówsattel entfernten Bahnknies bei Huszt—Királyháza hätte die Versorgung der Armeegruppe Pflanzer-Baltin gefährdet. Eine baldige Besserung der Betriebslage konnte nicht erhofft werden. Erst nach der Winteroffensive Pflanzer-Baltins (1914) kam die Bahn, von Rahó an in arg zerstörtem Zustande, in eigene Hand. Kunst- und Stationsbauten sowie die Drahtleitungen an der 1000 m ansteigenden Strecke konnten durch harte Arbeit der Eisenbahnkompagnien nur provisorisch hergestellt werden, so daß der Betrieb der letzten 86 km bis Delatyn unter erschwerten Bedingungen geführt werden mußte. Die Fortsetzung über Nadworna nach Stanislau war wegen eines gesprengten Viaduktes unmöglich, die Strecke nach Kolomea nur von halber Leistungsfähigkeit.

über den Dunajec unternommen worden wäre — nie hätte er dem Heere so schwere Opfer auferlegt wie dort, wo er wirklich versucht worden ist.

Dem von der Heeresleitung eingeschlagenen Verfahren stellten sich mannigfache Hindernisse entgegen. Sowohl für die am 23. Jänner als auch für die am 27. Februar beginnende Offensive ergab sich schon aus der Ausgangslage die Schwierigkeit, den zurückhängenden rechten Flügel zeitgerecht in das richtige Verhältnis zu bringen. Dieser Nachteil war schwer wettzumachen, eine straffe Zusammenfassung der Kräfte kaum zu erreichen. Verzichtete man auch beidemale nicht auf die Mitwirkung der Armeegruppe Pflanzer-Baltin und der Südarmee, so wurde das Schwergewicht doch — und darin hat sich der verhängnisvolle Einfluß der Festung geäußert — auf den unmittelbar gegen Przemyśl gerichteten Nordstoß gelegt. Die hier angesetzten Kräfte mußten innerhalb der Gebirgszone um die Entscheidung ringen, ohne auf das Herankommen der Flügelgruppe warten zu dürfen, weil eben der Entsatz des festen Platzes als ein rasch zu erreichendes Ziel angesehen wurde.

Der Operationsplan faßte zwei Parallelunternehmungen ins Auge: den Nordstoß zum Entsätze von Przemyśl und die Umfassung der linken Flanke des Feindes, dem die Rückzugswege verlegt werden sollten. Damit wurde eine gewisse Zwiespältigkeit in die Kriegsliandlung getragen, die auch das AOK. empfinden mochte. So wollte es der Heeresmitte auch deshalb ein Abwarten nicht gestatten, um dem Feinde nicht Gelegenheit zu bieten, sich mit Übermacht auf den aufschwenkenden Flügel zu werfen. Dabei blieb es wieder fraglich, ob man nicht auf dem kürzesten Wege gegen die Festung geringerem Widerstande begegnet wäre, falls die Russen zu vorerwähntem Zwecke stärkere Kräfte gegen Südosten verschoben hätten. Diese Zwiespältigkeit kam in gelegentlichen Entschlußschwankungen beim Einsätze frischer Kräfte (VIII. Korps) zum Ausdrucke und erzeugte auch bei den Unterführern Unsicherheit. Immerhin war die erste Offensive dadurch begünstigt, daß die geschlossene Front Brussi-lows nur wenig über die Straße Lisko—Baligród—Cisna hinausragte. Die angebahnte Überflügelung konnte jedoch nicht zu einer Umfassung aus der Tiefe werden, weil der Gruppe Puhallo, die anfangs verhältnismäßig rasch Gelände gewann, die nötigen Kräfte, die gestaffelt folgenden Reserven, fehlten.

Aber auch der deutschen Südarmee sollte aus dem Gebirge herausgeholfen werden, von links durch Szurmay und von rechts durch PflanzerBaltin. Bei dieser Linksschwenkung unter den erschwerenden Verhältnissen des Gebirges und der Jahreszeit hätte aber der Impuls zur Vorbewegung zweckmäßigerweise stets von rechts ausgehen müssen. Da äußerte jedoch Przemyśl seine Anziehungskraft und die Südarmee verlangte eine Erleichterung ihrer schweren Aufgabe auch vom linken Nachbar. Darunter litt die Einfachheit, Sicherheit und Einheitlichkeit der Offensive, ihre Wucht ward geschwächt und als die Russen, nirgends ernstlich in die Klemme gebracht, selbst zum Angriffe übergingen, glückte ihnen der Einbruch in den wichtigen Raum bei Mezölaborcz.

Waren für den Jännerangriff unzureichende Kräfte aufgeboten, so gelang es bei der Februar-Märzoffensive eine relative Überlegenheit zu erzielen. Leider war aber jetzt der Entsatz von Przemyśl, wenn man ihn überhaupt noch erzielen wollte, so dringend geworden, daß sich der Stoß in kürzester Richtung wieder den Vorrang erzwang. Mittlerweile hatte sich die Lage teils verschlechtert, teils verbessert. Verschlechtert, weil Brussilow seine Blöße erkannt und eine zusammenhängende Front bis zum Wyszkówsattel gebildet hatte, verbessert, weil sich Pflanzer-Baltin zurzeit im vollen Siegeslaufe östlich der Karpathen befand. Seine rechtzeitige Verstärkung würde die Südarmee und die Gruppe Szurmay flottgemacht haben. Aber die Sorge um Przemyśl beherrschte alles Handeln.

Im Kampfverfahren der beiden Offensivunternehmungen fällt der von der 3. Armee grundsätzlich angewandte Angriff in Staffeln auf, vor dem Conrad gewarnt hatte; das Warten auf den Erfolg des Nachbarn wurde zum Hemmschuh der Entschlußfreiheit. Immer nur an einzelnen Stellen angepackt, konnten die Russen ihre Reserven an die bedrohten Punkte verschieben. Das 3. Armeekmdo. aber besorgte, bei gleichzeitigem Einsätze seiner Kräfte einem sicherlich übermächtigen russischen Gegendrücke gegenüber mit abgekämpften Verbänden wehrlos zu werden1). Die Kampfkraft des Angreifers wurde in hohem Grade dadurch herabgemindert, daß eine ausreichende Mitwirkung der Artillerie unter den obwaltenden Umständen nicht möglich war. Ganz abgesehen davon, daß dem Frontalstoße der 2. Armee eine flankierende Unterstützung mangelte, war dies der Hauptgrund, warum der festgefügte und den Russen überlegene Angriffskeil Tersztyánszkys gegen Baligród nicht durchzustoßen vermochte. Einer raumgreifenden Offensive hätten in diesem Gelände überhaupt nur Gebirgsbatterien folgen können, doch hätte kein Friedensorganisator die hiefür erforderliche große Zahl für einen unwahrscheinlichen Fall aufzustellen vermocht, ein Grund mehr gegen die Verlegung der entscheidenden Kriegshandlung in die Karpathen. So wurde die Infanterie, die sich langsam und mühselig durch Schnee und Eis, über

1) Mitteilung des GM. Pitreich (Zuschrift vom 20. September 1929).

Berg und Tal vorarbeitete, weder durch den moralischen Eindruck des artilleristischen Beistandes befeuert, noch durch seine fühlbare Wirkung unterstützt. Überdies war der Angreifer auf dem feindwärtigen Hange des Gebirges stets im Nachteil, weil das Verschieben und Entfalten gehemmt sowie Zuschub und Abschub über die Kammhöhen erschwert waren.

Vielleicht hätte das von einem Kriegsteilnehmer empfohlene „schichtweise“ Vorgehen (S. 142) zu besseren Ergebnissen geführt; im Jänner fehlten hiezu die Kräfte, später aber spornte die Lage der Festung Przemyśl zu höchster Eile an.

Die Anforderungen an die Truppen überstiegen häufig die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, so daß Befehle nicht selten nur zum Scheine befolgt wurden; darunter litt das disziplinäre Gefüge des Heeres. Nicht immer brachten die Führer den Freimut zu klaren und entschiedenen Gegenvorstellungen auf, ihre Klagen verhallten nur zu oft, ohne gehört zu werden. In keiner anderen Kriegsperiode häufte sich in gleichem Maße das Versagen von Truppenteilen slawischer Nationalität wie bei dieser übermenschlichen Inanspruchnahme.

So war Przemyśl am 22. März trotz aller Entsatzbestrebungen gefallen und 119.600 Männer der Festungsbesatzung zogen in sibirische Kriegsgefangenschaft. Die Bemühungen zur Erhaltung des festen Platzes hatten sich außerdem ungünstig auf die Anlage der Kriegshandlungen ausgewirkt.    *

Auch die Russen, die durchschnittlich härterund widerstandsfähiger waren, büßten das Unternehmen mit gewaltigen Opfern, die sicherlich die des habsburgischen Heeres bedeutend überstiegen, zumal ihre Führung ohne Rücksicht auf Verluste verfuhr. Dieser Blutzoll bildet einen gewichtigen Posten in der Bilanz der Kriegshandlung, denn die wenn auch vergeblichen Entsatzversuche fielen für den Endausgang des Ringens mit dem Zarenreiche stark ins Gewicht und russische Militärschriftsteller bezeichnen den Entschluß Iwanows zur Offensive über die Karpathen als „den Anfang vom Ende“.

Die Gegenoffensive Iwanows

Die F üh r e r e nt s chl ü s se bei den Russen und bei den Verbündeten Hiezu Beilagen 6, 8 und 10

Am 19. März hatte sich der Großfürst-Generalissimus entschieden (S. 164), die Offensive gegen die Deutschen aufzugeben und sich mit voller

Kraft auf das gegnerische Karpathenheer zu werfen. Auf die hierüber nach Zarskoje Selo erstattete Meldung bemerkte der Zar: „Gerade dies würde auch ich machen.“

Die von Iwanow im Hauptangriffsraum verfügte Gruppierung läßt Rückschlüsse auf die Absichten der Russen zu. Durch die Gewinnung des Bahnknotenpunktes Homonna sollte der Karpathenverteidigung des Gegners ein tödlicher Stoß versetzt werden. Zu einem solchen Kampfziel lud auch die weit vorspringende Stellung der Gruppe Tersztyánszky besonders ein. Ihr gegenüber, wie überhaupt vor den inneren Flügeln der Armeen Böhm-Ermolli und Boroević, ballten Brussilow und Dimitriew die stärksten Kräfte zusammen. Weniger eindrucksvoll gibt sich aus dem Aufmarsch der Russen ihr Wille kund, über Bartfeld gegen Eperjes vorzudringen. Die Absicht hiezu ist dennoch nicht zu bezweifeln.

Der Fall von Przemyśl sollte an diesen Plänen nichts Wesentliches ändern. Wohl bestanden zwischen der Stawka und Iwanow mancherlei Meinungsverschiedenheiten. Zuletzt drang aber doch der zähe Wille Iwanows durch. Seinen Wünschen gemäß sollte die Heeresmitte die Linie Zboro—Varannó—Csap—Szatmár-Németi gewinnen, wobei die 3. Armee ihren linken Flügel bis in die Gegend von Sztropkó auszudehnen hatte. Die gegen Pflanzer-Baltin angesetzten Streitkräfte Letschitzkis wurden nicht, wie der Generalissimus vorschlug, direkt gegen den Raum Delatyn— Nadworna—Kolomea, sondern zu einer mehr ostwärts ausholenden Umfassung angesetzt. Die durch den Fall von Przemyśl freigewordenen Heereskörper wurden zum Teil bei Mezölaborcz, zum Teil gegenüber der deutschen Südarmee in die Schlacht geworfen, wobei sie sich freilich erst Ende März—Anfang April fühlbar machen konnten L).

Als über das Schicksal von Przemyśl kein Zweifel mehr bestehen konnte, hatte die öst.-ung. Heeresleitung darüber schlüssig werden müssen, ob der bisherige Leitgedanke des Ringens gegen Rußland beizubehalten sei. Schon in seiner Depesche an Falkenhayn vom 14. März (S. 208) hatte Conrad angekündigt, daß er die Offensive über die Karpathen und in Ostgalizien unbedingt weiterführen wolle. Bot sich jetzt nach dem Falle der Festung endlich die Gelegenheit, ohne anderweitige Rücksichten an

x) Danilow, 458 f; Broussilov, 121; Boncz-Bru jewitsch, I, 79 ff und II, 9ff. — Auf die Wiedergabe der nach den obigen Darstellungen schwer klarzustellenden Meinungsverschiedenheiten der hohen russischen Befehlsstellen kann füglich verzichtet werden. Bemerkenswert für die völlige Ahnungslosigkeit Iwanows ist eine Weisung, die er um diese Zeit dem Gen. Dimitriew zukommen ließ: „Man muß sich vor Augen halten, daß die Westfront der 3. Armee heute noch weiter an Bedeutung verloren hat, weil hier der Feind kein reales wichtiges Operationsziel hat.“

die Entscheidung mit dem verstärkten Ostflügel des Heeres zu schreiten, so war wieder der Augenblick für zeitraubende größere Kräfteverschiebungen nicht günstig, da die Russen sehr bald über ihre beiden vor Przemyśl freiwerdenden Korps verfügen konnten und überdies alle Nachrichten und Anzeichen auf den Zuschub weiterer Verbände an ihre Front in den mittleren Karpathen deuteten. Der Feind mußte daher fest an der Klinge gehalten werden, damit er nicht ungestört Vorbereitungen zu einem Schlage in unerwarteter Richtung zu treffen vermochte.

Das AOK. erließ daher in kurzer Aufeinanderfolge am 17., 19. und 20. März neue Weisungen an die südlich der Weichsel stehenden Armeen als Richtschnur für die nächste Zeit. Bei Fortführung der Offensive sollte nunmehr Pflanzer-Baltin „nach Möglichkeit“ verstärkt werden, um den Nachbararmeen vom Ostflügel her den Weg aus dem Gebirge zu öffnen. Demnach wurde dem 3. Armeekmdo. befohlen, vom 20. an die 4. KD. von Eperjes nach Ó Radna, weiters die komb. IBrig. und die 1. LstlBrig. nach Delatyn abzusenden. Pflanzer-Baltin hatte sich mit dem linken Flügel zu behaupten und mit dem rechten bei Sicherung gegen Osten und unter Festhaltung von Czernowitz den Angriff fortzusetzen.

Nach dem Einlangen der nächsten Marschbataillone — diese begannen schon am 17. im Operationsgebiete einzutreffen — sollten auch die Süd-, die 2., die 3. und die 4. Armee die Offensive wieder aufnehmen, um den Feind daran zu hindern, Kräfte im Bahntransporte gegen Westen zu verschieben und etwa aus dem derzeit schwach bewehrten Weichselbogen vorzustoßen. Die Heeresleitung machte besonders darauf aufmerksam, daß der angeordnete Angriff nicht mehr, wie bisher durch den vergeblich versuchten Entsatz von Przemyśl bedingt, unter dem Drange der Zeit stehe, sondern „mit Zähigkeit und in systematischer Weise“ zu führen sei. Dem Feinde müsse das Gesetz diktiert werden, kein Frontteil dürfe längere Zeit untätig bleiben. Der 2. Armee wurde vorgeschrieben, die Stellungen ihres Westflügels auszubauen und mit ihrem auch weiterhin zu verstärkenden Ostflügel im Einklänge mit der Südarmee den Feind zurückzuwerfen. Nach Maßgabe der Auffüllung der Stände durch die Ergänzungen war das IV. Korps für eine Verschiebung innerhalb der Armee oder für den Abtransport bereitzustellen. Die 3. Armee hatte sich auf ihrem Ostflügel zu neuerlichem Angriffe zu massieren. Endlich sollte die 4. Armee mit ihrem verstärkten Südflügel den Vorstoß beiderseits der Linie Gorlice—Jasło fortsetzen.

Falkenhayn trat indes mit anderen Plänen hervor. Er schlug der k.u.k. Heeresleitung am 22. vor, in den Karpathen zu strengster Defen-

sive überzugehen, dafür aber mit den dort erübrigten Kräften einen überraschenden Schlag gegen Serbien zu führen. Bekanntlich hatte er diese Absicht schon um die Jahreswende kundgetan (S. 96); jetzt erwartete er sich davon „die Sicherung von Flanke und Rücken einer etwa in nächster Zeit gegen Italien zu bildenden Front“. Überdies wünschte er dieses Unternehmen, um den „an den Dardanellen hart bedrängten Türken beispringen zu können“1).

Conrad hielt hiezu acht bis zehn deutsche Divisionen für notwendig, während Falkenhayn glaubte, mit drei bis vier die zahlenmäßige Überlegenheit über das serbische Heer erzielen zu können; er gedachte auf die bei der Südarmee eingeteilten deutschen Divisionen zu greifen und diese durch öst.-ung. aus dem Abschnitte nördlich der Weichsel ablösen zu lassen.

Mittlerweile waren die Russen den in Teschen gehegten Offensivplänen zuvorgekommen und hatten sich vom 20. März an mit voller Wucht auf die 3. (S. 211) und alsbald, wie noch darzustellen sein wird, auch auf die 2. Armee geworfen. Der k.u.k. Chef des Generalstabes antwortete daher am 23.: „Nach meiner Überzeugung ist auch beim Übergang zur vollen Defensive eine Schwächung der in den Karpathen und in der Bukowina kämpfenden verbündeten Streitkräfte dermalen ebensowenig durchführbar, wie ein Abziehen von Kräften des deutschen Ostheeres, welches — trotz des großen Erfolges der Masurenschlacht — dermalen auch nicht in der Lage ist, die beabsichtigte, entscheidende Offensive weiterzuführen, sondern in schweren Kämpfen sich gleichfalls der hartnäckigen russischen Angriffe zu erwehren hat.“ Conrad wollte daran festhalten, die Offensive mit starkem Ostflügel fortzusetzen, sobald die jetzt im Gange befindlichen Angriffe gegen die Armeen Boroević und Böhm-Ermolli abgeschlagen waren. Das Unternehmen gegen Serbien werde überhaupt nur dann zu verantworten sein, wenn durch Verwendung überlegener Kräfte die rasche und vollständige Niederwerfung dieses Feindes mit „absoluter Sicherheit“ zu erwarten wäre. Bliebe ein solcher durchgreifender und vernichtender Schlag aus, so wäre die Geltung Österreich-Ungarns auf dem Balkan endgültig „ruiniert“. Beim Übergange zur reinen Defensive auf dem russischen Kriegsschauplätze müßte die Front bis auf den Karpathenkamm zurückgenommen, daher die Bukowina geräumt werden, was aller Voraussicht nach Rumänien zum Losschlagen veranlassen würde. Conrad wisse aus verläßlicher Quelle, daß die Stawka von der Entente zur baldigen Wieder-

besetzung der Bukowina aufgefordert worden sei, deshalb wolle er Pflanzer-Baltin weiter verstärken, sobald an der Karpathenfront Kräfte entbehrlich sein würden.

Während diese Verhandlungen vor sich gingen, die mit der Vertagung des serbischen Projektes ihren Abschluß fanden, war Przemyśl gefallen. Falkenhayn fügte seiner Depesche vom 22. bei: ,,Von den Russen wird soeben die Übergabe von Przemyśl in die Welt gefunkt. Sollte die Nachricht zutreffen, so wird die Erinnerung an die heldenmütige Haltung der Besatzung in jedem deutschen Herzen den Entschluß nur noch verstärken, Österreich-Ungarns Feinde wie seine eigenen unter allen Umständen niederzuringen.“

Hierauf versicherte Conrad: „Der Fall Przemyśls, so tief er mich berührt, ändert nichts an meiner Überzeugung und dem festen Willen der k.u.k. Armee, komme, was da wolle, in Treue mit dem deutschen Heere durchzuhalten bis zum Ende.“

Wachsende Bedrängnis bei der 2. und der 3.Armee Hiezu Beilagen, 8 und 10 sowie Skizze 18

Schon in der Nacht auf den 20. machte sich der Entschluß der Russen zum Hauptangriff gegen die öst.-ung. Karpathenfront bei der k.u.k. 3. Armee empfindlich fühlbar. Der Feind drückte das XVII. Korps (l.Lst-IBrig. und 11. ID.) und die 22. SchD. des III. Korps nach erbitterten, vom Wiener Landsturm und von den steirischen Schützen wacker geführten Kämpfen zurück, so daß bis zum 24. eine starke Einbeulung entstand. Noch behauptete sich aber die äußerste linke Flügeldivision (28. ID.) in ihren Stellungen, gegen welche die Russen ihre Anstürme erst am 22. begannen. Auch das VII. Korps stand in heißem Gefechte; Gegenangriffe von Teilen dieses Korps konnten am 21. trotz ansehnlicher eigener Verluste nicht durchdringen. Das X. Korps wehrte die wiederholt vorstoßenden Russen jedesmal ab; die 2. ID. warf sich am 21. dem Feinde entgegen, errang auch örtliche Vorteile, dochkamihrVorgehen schon amnächstenTage wieder zum Stehen. Nur die 21. SchD. mußte ein Stück Gelände preisgeben.

Leider erreichte aber der Feind gleich zu Beginn seiner Offensive, daß die für Pflanzer-Baltin bestimmten Verstärkungen (S. 226) nicht abtransportiert werden konnten. Schon am 20. vormittags bat das 3. Armeekmdo. um ihre Belassung, damit die schüttere Front in der Richtung auf Sztropkó nicht durchstoßen werde. Das AOK. gewährte diese Bitte sogleich.

Die 4.KD. befand sich mit Teilen bereits in der Einladestation Eperjes, einige Transporte waren sogar schon abgerollt. Da inzwischen die 11.ID., überfallsartig vom Feinde angegriffen, ihre Gräben nahezu kampflos preisgegeben hatte, wurde die Reiterdivision zur Umkehr befohlen; ihr Einsatz in die entstandene große Lücke stellte die Lage wieder her. Die komb. IBrig. (IR. 81 und 88) wurde mit je einem Regiment wcstlich und östlich der Laborcza zur Stützung des X. Korps eingesetzt, während die

1.    LstlBrig. noch nicht ausgelöst war1). Die Heeresleitung verfügte am 20. die Unterstützung der Armee Boroević durch Böhm-Ermolli. Dieser beabsichtigte, die 27. und die 14. ID. nach dem Eintreffen der Marschformationen aus der Front zu ziehen und bei Cisna zu versammeln. Nun sollten diese Kräfte nach Maßgabe ihrer Bereitstellung truppenkörperweise an den linken Nachbar abgeschickt werden.

Unterdessen hatten sich aber die Russen auch auf die 2. Armee gestürzt und erzielten an vielen Stellen Erfolge2). Ehe beim V.Korps der Angriff der komb. 3 l.ID., FML. Lütgendorf (S. 210), begonnen hatte, wurde die 37. HID. am 21. zurückgeworfen und das XVIII. Korps verlor einige wichtige Stellungsteile; bei der Nordgruppe Tersztyánszkys wurden die inneren Flügel der 13. SchD. und der 27. ID. eingedrückt, während die Chryszczata in wechselvollem Ringen genommen und behauptet werden konnte.

Der Helfer war somit selbst in Bedrängnis geraten.

Tersztyánszky vermochte nur wenige Bataillone für die 3. Armee freizumachen. Boroević ersuchte um deren Einsatz am linken Flügel der

2.    Armee (34.ID.), um seiner 24.ID. die Abwehr auf dem Beskidkamme zu erleichtern.

Die große entscheidungsuchende Offensive der Russen war nunmehr in vollem Gange. Es spricht für die nie verzagende Zuversicht Conrads, daß er das Heraustreten des Feindes aus dem schützenden Bereiche seiner starken Stellungen begrüßte, da sich nun die erwünschte Gelegenheit biete, die russische Angriffskraft zu zermürben. In dem Befehle vom 21. abends

x) Pflanzer-Baltin erhielt statt der ihm hiedurch entzogenen Verstärkungen die 8. KD. der 2. Armee.

2) Aus den Akten ist nicht zu entnehmen, wann das 2. Armeekmdo. verständigt wurde, daß man den Durchbruchsplan der Festungsbesatzung von Przemyśl gegen Sambor fallengelassen habe. Da sich aber die geplante Hilfsaktion des Ostflügels der Armee Böhm-Ermolli auch in den Rahmen der beschlossenen großen Offensive einordnete, scheint das AOK. diese Benachrichtigung nicht für dringend gehalten zu haben; möglicherweise stand jedoch schon die Verschiebung des Angriffsbeginnes (S.210) mit der Kenntnis der geänderten Absichten Kusmaneks in Zusammenhang.

hieß es. das AOK. gewärtige, daß die braven Truppen der 2. und der

3. Armee, die sich in den Schneestürmen des Winters durch Härte und Ausdauer bewährt hatten, bis zum vollen Erfolge durchhalten würden. Das 2. Armeekmdo. habe die aus Tersztyánszkys Nordgruppe auszulösenden Kräfte am Westflügel einzusetzen, damit der Raum bei Wola Michowa verläßlich behauptet werde; die 14. ID. möge dem V. Korps zugewiesen werden, um den Rückschlag bei der 37. HID. wettzumachen. Böhm-Ermolli erhielt freie Hand, den eingeleiteten Angriff Lütgendorfs weiterführen oder die hiefür bestimmten Kräfte an anderer Stelle „aktiv eingreifen“ zu lassen. Von der 4. Armee wurde gefordert, einen Vorstoß gegen ihren Südflügel mit einem Gegenschlage zu beantworten; sie müsse aber die 26. SchD. an die 3. Armee abgeben. Diese Division gelangte hierauf mit einer Brigade im Fußmarsch über Zboró zur 22. SchD. des III. Korps, mit der anderen im Bahntransport von Grybów über Neusandez und Eperjes gegen Bartfeld zum XVII. Korps. Ihr Einsatz erfolgte regimenterweise.

Erst am 22. vormittags wurde Böhm-Ermolli vom AOK. unterrichtet, daß der Durchbruchsversuch der Besatzung von Przemyśl am 19. gescheitert sei; am Nachmittag kam dann die traurige Nachricht von dem Falle der Festung nach Ungvár. Das 2. Armeekmdo. entschloß sich mit Rücksicht auf die Gesamtlage und auch im Hinblick auf die stark erschütterte 37. HID., Lütgendorfs Vorrückung trotz ihres guten Fortschrei-tens einzustellen und zunächst die ins Wanken geratene Front des V. Korps zu festigen. Ungeachtet dessen wies die verstärkte 37. HID. ebenso wie die

33.    ID. am 22. neue Anstürme der Russen ab, während das XVIII. Korps ein Stück zurückwich. Bei der Gruppe Tersztyánszky — Korps Schmidt (13. SchD., 32. und 27. ID.) und Korps Trollmann (41. HID., 29. und

34.    ID.) — wurden die 27. und die 34. ID. in ihre vor Beginn der Offensive eingenommenen Stellungen zurückgedrückt, doch an anderen Stellen berannte der Russe vergeblich die Front.

Am 23. herrschte bei den Mittelkorps der Armee Boroević leidliche Ruhe. Umso heftiger wütete jedoch der Kampf an den Flügeln; er forderte auf beiden Seiten schwere Opfer. Die 22. SchD. rang hartnäckig um den Kastelik vrch; ihr war das SchR. 10 der 26. SchD. zu Hilfe geeilt. Mit rühmenswerter Standhaftigkeit schlug das X. Korps den Ansturm der Russen ab. Die 21. SchD. hatte am 21. (S. 228) und nun auch am 23. Gelände preisgeben müssen, wobei sich aber der heldenmütige Widerstand des Egerer SchR. Nr. 6 den glänzendsten Episoden der Karpathenschlachten anreihte; freilich schmolz dabei das Regiment von 3000 auf 800 Feuergewehre zusammen. Jetzt schien aber das Ungewitter gegen den rechten Flügel des X. Korps (24. ID.) zu ziehen. Der Feind ballte starke Kräfte zusammen, offenbar in dem Bestreben, den inneren Flügeln der Armeen Böhm-Ermolli und Boroević den Beskidrücken zu entreißen. Wiederholt forderte das 2. Armeekmdo. seinen linken Nachbar auf, einer Erschütterung dieses wichtigen Eckpfeilers durch einen gemeinsamen Angriff der 34. und der 24. ID. vorzubeugen.

Überhaupt suchte Böhm-Ermolli in vorbildlicher Weise die 3. Armee in weitestgehendem Maße zu unterstützen, doch die Schläge gegen seine eigene Front vereitelten diese Absicht immer wieder von neuem. So glückte den Russen in der Nacht zum 23. ein Überfall auf die 9. ID. des XVIII. Korps, der die Widerstandskraft der hiebei in Mitleidenschaft gezogenen Truppen nachhaltig schwächte. Sowohl bei der 2. als auch bei der 3. Armee erlahmte bei diesen Zusammenstößen der Kampfwille zuerst bei der Mehrzahl jener Verbände, die sich aus tschechischer Mannschaft zusammensetzten, wodurch die feindlichen Unternehmungen wesentlich erleichtert wurden. Solches Versagen wirkte stets verderblich auf die wacker ausharrenden Nachbartruppenteile und verlangte von diesen verdoppelte Hingebung, was Opfer von erschreckender Höhe' bedingte. Die in der Heimat betriebene politische Agitation durfte sich ihres Erfolges rühmen.

An die Führung der 2. Armee traten vielfältige und schwere Aufgaben heran. Augenblicklich war die Abwehrkraft am heftigsten beim XVIII. Korps erschüttert, wodurch auch die selbst nicht angegriffene 14. ID. Tersztyánszkys zum Abbiegen ihres Flügels genötigt wurde. Durch Abgaben von der Armeegruppe Tersztyánszky, bei der eine kurze Kampfpause eingetreten war, sowie vom V. Korps, dessen 33. ID. sich gegen die russischen Vorstöße tapfer behauptete, konnten insgesamt elfeinhalb Bataillone zur Herstellung der Lage beim XVIII. Korps und zur Wiedergewinnung der verlorenen Höhe Stoly zugeschoben werden. Aber auch der Hilferuf des 3. Armeekmdos., wo man die herannahende Krise des Ostflügels bereits ahnte, verhallte nicht ungehört. Die 34. ID. hielt sich zum Gegenangriff bereit, sobald die vor der 24. ID. angesammelten russischen Kräfte zum Schlage gegen den Beskidkamm ausholen würden. Weiters wurde bei Szinna im Etappenraum der 2. Armee ein Detachement (fünf Marschbataillone und drei Kanonenbatterien) unter dem Obst. Biffl gebildet und hinter den rechten Flügel der 3. Armee geschoben, wohin auch die 1. LstHusBrig. der Gruppe Szurmay kam.

Den gleichen Zweck verfolgte ein Befehl des AOK. an das 4. Armcc-kmdo., alle verfügbaren Kräfte mit der Bahn an den Ostflügel der 3. Armee zu führen. Ohnedies war die Offensive gegen Gorlice längst auf einem toten Punkte angelangt; man beschränkte sich darauf, dem Feinde ihre Wiederaufnahme vorzutäuschen und seine gelegentlichen Vorstöße abzuweisen. DasAOK. glaubte zu dieser Zeit, daß die Russen aus ihren Brückenköpfen am unteren Dunajec gegen den schwachen Nordflügel der 4. Armee vorzubrechen beabsichtigten, doch scheinen sie daran nicht gedacht zu haben; möglicherweise trugen die Bombenwürfe eines 24cm-Mörsers gegen diese Brücken dazu bei, etwa bestehende Pläne im Keime zu unterdrücken. Erzherzog Joseph Ferdinand führte nun der 3. Armee zwei in Reserve befindliche Regimenter (IR. 28 und KJR. 4) zu.

Mittlerweile scheiterte am Westflügel der Armee Boroević ein Versuch der 22. SchD., sich am 24. März wieder des Kastelik vrch zu bemächtigen. Die Division wich in eine hintere Linie aus, worauf der Führer des III. Korps beabsichtigte, seine ganze Front vom Feinde abzusetzen und bis beiderseits von Zboró zurückzunehmen. Die Folge war, daß die erwähnten Verstärkungen nicht, wie es das AOK. ursprünglich gewünscht, dem X., sondern dem linken Flügel des III. Korps zuflossen.

Beim XVII. Korps vereitelte die tapfere 1. LstlBrig., verstärkt durch zwei Bataillone der 26. SchD., alle Bemühungen der Russen, in ihre Stellung einzudringen. Ebenso wacker hielt sich die 4. KD., in deren Reihen das SchR. 12 eingeschoben wurde. Gegen das VII. Korps verhielt sich der Feind am 24.untätig. Die 21.SchD.erwehrte sich eines russischen Vorstoßes.

In der Nacht auf den 24. hatte sich aber das Ungewitter gegen die

24. ID. entladen. Nach heißem Ringen und sehr großen beiderseitigen Verlusten wurde diese Division in den Morgenstunden von der Kammhöhe geworfen; ihre Reste sammelten sich im Raume südöstlich von Virava. Die Gegenangriffe der 34. ID. waren nicht imstande, dieses Mißgeschick abzuwenden; ihr linker Flügel behauptete sich jedoch östlich von der Einbruch stelle auf dem Beskidrücken.

Die vorausschauenden Maßnahmen des 2. Armeekmdos. trugen jetzt gute Früchte, weil das heranmarschierende Detachement Obst. Biffl zeitgerecht in die vom Feinde aufgerissene Lücke zwischen beiden Divisionen eingesetzt werden konnte.

Böhm-Ermolli erwog, die gleich einer Bastion gegen den Feind vorspringende Front der Nordgruppe Tersztyánszkys in eine Sehnenstellung zurückzunehmen, um hiedurch die 14. und die 27. ID. leichter aus der vordersten Linie lösen zu können, verzichtete aber auf die Durchführung dieser Absicht, als der Feind eine Ausbeutung seines auf dem Beskidkamme errungenen Erfolges unterließ. An den anderen Frontabschnitten der

2.Armee verlief der 24.März ruhig; nur bei der 33.ID. und beim Korps Schmidt versuchten die Russen gegen unsere Stellungen vorzudringen.

Wegen der Zuspitzung der Lage, die durch den teilweisen Verlust des Beskidkammes entstanden war, forderte die Heeresleitung das

4. Armeekmdo. auf, Boroević noch weiter zu unterstützen. Der Erzherzog stellte die Hauptkraft der 8. ID. in der Gegend von Grybów für den Bahntransport in das Laborczatal bereit. Indes trat abermals einer jener unvorhergesehenen Zwischenfälle ein, die das sorgfältigst vorbereitete Konzept der Führung zu Schanden zu machen pflegen. In der Nacht auf den 25. überfielen die Russen die 28.ID., durchbrachen ihre Front nächst Konieczna und rissen damit die inneren Flügel der 4. und der 3. Armee weit auseinander. Darauf ging das ganze III. Korps auf Weisung seines Führers bis Zboró zurück. Hierüber äußerst befremdet, befahl das AOK. dem Armeeführer, sich selbst nach Bartfeld zu begeben, die näheren Umstände zu erheben und die Verwendung der schon früher vom 4. Armeekmdo. zugesendeten Verstärkungen an Ort und Stelle zu regeln1).

Diese bedauerlichen Vorgänge beeinflußten nunmehr die Verwendung der 8. ID., deren Abtransport auf Vorschlag des 4. Armeekmdos. eingestellt wurde. Auf dessen Antrag sollte die Division im Laufe des

26. bei Uście Ruskie gesammelt werden, am folgenden Tage in der Richtung über Regetów angreifen und auf diese Weise die zwischen den beiden Armeen klaffende Lücke schließen.

Am 25. brandeten die russischen Massen fast überall an die Stellungen der 2. und der 3. Armee heran, ohne jedoch anderswo ähnliches Unheil wie beim III. Korps anzurichten. Die 2. Armee nahm die Angriffsgruppe des FML. Lütgendorf freiwillig in die allgemeine Front zurück, die 33. ID. hielt russischen Vorstößen stand, während sich der rechte Flügel des XVIII. Korps zur Wiedereroberung der Höhe Stoły anschickte. Dem Ansturme des Feindes gegen den linken Flügel dieses Korps und gegen die ganze Front des Korps Schmidt konnten Schranken gesetzt werden. Im Rahmen der Armee Boroević spielten sich Kämpfe haupt-

1) Boroević berichtete nach Teschen, die Russen seien am 25. bei Morgengrauen völlig unerwartet vor den Gräben des IR. 47 (28. ID.) aufgetaucht und hätten unter Ausnützung der eingetretenen Verwirrung das sonst jederzeit bewährte Regiment zurückgedrängt. Daß unverhältnismäßig viel Gelände preisgegeben wurde, habe die Korpsführung verschuldet, die eine schon früher für den kritischesten Fall ausgegebene Rückzugsdisposition ohne Nötigung in Kraft setzte. Allerdings war die verlassene Stellung sehr ausgedehnt und nur schütter besetzt. Die Truppen waren stark hergenommen und wiesen erhebliche Abgänge auf. Vgl. auch Schwarzleitner, Das III. Korps in den Karpathen (Österr. Wehrzeitung, Wien, Jhrg. 1923, Folge 2, 5, 6, 7).

sächlich bei der 45. SchD. und der 20. HID. ab, deren Truppen, Tag und Nacht von den Russen berannt, nicht vom Platze wichen, des weiteren bei der durch das SchR. 9 der 26. SchD. verstärkten 1. LstlBrig., die den feindlichen Sturmwellen zu trotzen wußte.

Damit waren aber die wackeren Verteidiger an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. Böhm-Ermolli berichtete in diesem Sinne an das AOK. und wies besonders auf die erschütterte Kampfkraft des V. und des XVIII. Korps hin. Unter solchen Umständen verzögerte sich das Ausscheiden von Reserven und Tersztyánszky meldete, daß die 14. und die

27. ID. vorerst nicht aus der Front gelöst werden könnten.

In Teschen täuschte man sich nicht darüber, daß sich die Gefahr eines russischen Durchbruches der öst.-ung. Gebirgsstellungen in der Richtung gegen Budapest durch Mitwirkung des freigewordenen Gros der 11. Armee wesentlich gesteigert hatte. Glückte dies dem Feinde, dann mochte auch die westgalizische und polnische Front der Verbündeten unhaltbar werden. Conrad gab daher dem GdI. Falkenhayn am 24. März zu erwägen, ob nicht zwei bis drei deutsche Divisionen in die Karpathen abzuschicken wären.

An der deutschen Westfront war um diese Zeit der auf Lille angesetzte Durchbruch der Engländer bereits am 13. März als gescheitert zu betrachten gewesen. Auch bei der am 20. erloschenen „Winterschlacht in der Champagne“ war es den Franzosen nicht gelungen, die deutschen Linien zu durchstoßen. Die DOHL. kam jedoch erst Ende März zur Überzeugung, „daß es den Gegnern im Westen in absehbarer Zeit nicht möglich sein werde, eine Entscheidung zu erzwingen“1). Falkenhayn zögerte mit einer ausreichenden Hilfeleistung in den Karpathen, zumal infolge der durchgreifenden Umbildung des Westheeres in Divisionen zu drei Infanterieregimentern erst im April schlagfertige Einheiten verfügbar wurden und Hindenburg unweit der Südgrenze Ostpreußens gegen russische Übermacht focht2). Abgesehen davon sträubte sich der deutsche Generalstabschef innerlich dagegen, seine gebirgsfremden Truppen in den als fruchtlos angesehenen Karpathenkämpfen verbrauchen zu lassen. Vorerst verlangte er am 25. von Conrad, daß dieser alles daran setze, um das k.u.k. Ministerium des Äußern zu ungesäumtem Abschlüsse mit dem römischen Kabinette zu bewegen; denn wenn dort die Lage der 2. und der 3. Armee bekannt würde, sei eine Einigung überhaupt nicht mehr

*) F a 1 k e n h a y n, 56.

2) Nach Angabe Falkenhayns standen den 383/2 Divisionen des deutschen Ostheeres 531/2 russische Divisionen gegenüber.

zu erwarten. Daran, fügte er hinzu, könne auch das etwaige Eingreifen von zwei deutschen Divisionen nichts ändern.

Aber am 26. und 27. nötigte die äußerst gespannte Lage die beiden Heeresleitungen doch zu einer Vereinbarung. Es wurde die Bildung eines deutschen Beskidenkorps unter dem Befehl des GdK. v. d. Marwitz beschlossen; hiezu hatten General Woyrsch die 35. RD., die Südarmee die deutsche 4. ID. und Hindenburg die 25. RD. seiner 9. Armee beizustellen. Zuerst erfolgte vom 27. an der Abtransport der25.RD. (vorläufig nur zu zwei Infanterieregimentern und drei Artillerieabteilungen); die beiden anderen Divisionen begannen die Bahnfahrt am 29. März. Außerdem sollte auch Böhm-Ermolli entbehrliche Kräfte dem Ostflügel der 3. Armee zusenden. Die Heeresleitung regte überdies einen Entlastungsvorstoß des linken Flügels der 2. Armee an, doch ihr Führer, der ein solches Unternehmen für aussichtslos hielt, half dem GdI. Boroević mit der bereits im Anmarsche auf Homonna befindlichen 1. LstHusBrig. und mit einer kombinierten Division unter dem FML. Martiny aus. Diese bestand an Infanterie aus einer später auf dreieinhalb Bataillone verminderten kombinierten Brigade (Teile der 14. und der 27. ID.), die im Fußmarsche über Telepócz anrückte und aus der 128. HIBrig. der Gruppe Szurmay1), deren Abtransport von Fenyvesvölgy am 28. begann.

Die Krise (26. bis 31. März)

Unaufhörlich hämmerten die Russen auf die 2. und die 3. Armee los und entrissen der öst.-ung. Front am 26. und 27. März manches Stück Boden. Dem XVIII. Korps Böhm-Ermollis gelang es unter diesen Umständen nicht, die Höhe Stoły zu erobern, und die 32. ID. (Korps Schmidt) wurde am 27. nach tapferer Gegenwehr zum Ausweichen gezwungen. Bei der Armee Boroević zerschellte am 26. ein gegen die 2. ID. des X. Korps gerichteter Angriff, wobei die Russen große Verluste erlitten. Auch die 45. SchD. war seit diesem Tage 2) in heftige Abwehrkämpfe verstrickt, von denen alsbald auch der rechte Flügel der 20. HID. in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ebenso heftig machte sich der feindliche Anprall gegen die anderen Teile des VII. Korps geltend; die 17. ID. hielt stand,

J) Als Ersatz für die 128. HIBrig. (früher 128. LstlBrig.) verlangte das 2. Armeekmdo. die Rückgabe der beim Korps Hofmann kämpfendenBataillone der 38.HID. (S. 185).

2) Die 45. SchD. wurde am 28. dem VII. Korps unterstellt.

die 1. KD. wurde aber etwas zurückgedrückt. Verlor beim XVII. Korps die 1. LstlBrig. nach tapferer Gegenwehr ihren Stellungsteil, so wies doch das bei ihr eingeteilte SchR. 9 die abermals angreifenden Russen ab, denen es auch nicht glückte, die 4. KD. zum Wanken zu bringen. Auch in dem links anschließenden Abschnitt wurden alle Gräben behauptet.

Große Sorge bereitete aber die Bedrängnis des X. Korps. Da sich am anstoßenden Flügel der 2. Armee das XIX. Korps seit einigen Tagen verhältnismäßiger Ruhe erfreute, schlug FML. Trollmann, so wie es auch das AOK. wollte, einen Entlastungsstoß in der Richtung Łupków-Palota vor. Das 2. Armeekmdo. ließ sich jedoch bei den ungeklärten Verhältnissen nicht darauf ein und bestand auf fortgesetzter Bildung von Reserven; es befahl dem GdK. Tersztyánszky, der nach Einsatz der Marschformationen über 52.000 Feuergewehre verfügte, das Gros der 27. ID. bei Cisna zu sammeln1). Mit der Ablehnung des vom XIX. Korpskmdo. vorgeschlagenen Vorstoßes behielt die 2. Armee recht; denn alsbald hatte sie krisenhafte Tage zu überstehen, deren Ausgang sich noch schlimmer gestaltet hätte, wenn jener Plan ausgeführt worden wäre. Am 28. wurde der Nordgruppe Tersztyánszkys die blutgetränkte Manilowahöhe entrissen; die 32. ID. des Korps Schmidt vermochte sich nicht länger zu behaupten und auch die 13. SchD. kam ins Gleiten. Nur die 43. SchD. focht nicht ohne Glück, doch mußten einige für die komb. ID. FML. Martiny bestimmte Bataillone zurückbehalten werden.

Bei diesem unerfreulichen Kampfverlaufe ließ sich die Ausführung der vom 2. Armeekmdo. schon am 24. erwogenen Absicht nicht länger aufschieben (S. 232). Am 28. wurde die Nordgruppe Tersztyánszkys in die befestigte Sehnenstellung zurückgenommen und damit die vorspringende Bastion mit einem Raumverlust von etwa 3y2km abgetragen.

Im Grenzgebiete der 4. und der 3. Armee übernahm FML. Králiček, der Führer des IX. Korps, den Befehl über die hier bereitgestellten Gefechtsgruppen. Diese rückten konzentrisch zum Angriff überRegetow (S. 233) vor. FML. Fabini mit dem Gros der 8. ID. und der komb. IBrig. Obst. Fischer (IR. 59 und SchR. 30), rechts begleitet durch die halbe

11. HKD., gegen Südosten, das Detachement GM. v. Haustein (IR. 87 und eine Feldkanonenbatterie) sowie die beiden von der 4. Armee zur Verfügung gestellten Regimenter (IR. 28 und KJR. 4) gegen Nordosten. Der kräftige Widerstand der Russen östlich von Regetów konnte jedoch von den auf weiten Raum verteilten Angriffstruppen, die sich ihren Weg mühsam durch tiefen Schnee bahnen mußten, nicht überwunden werden.

*) Das Detachement Biffl wurde aufgelöst und durch Verbände der 34. ID. ersetzt.

Über die Frage, wie nunmehr einem feindlichen Durchbruche an der Nahtstelle der zwei Armeen am besten vorzubeugen sei, vermochten sich die beiden Armeekmdos. nicht zu einigen. Die Heeresleitung billigte endlich am 29. den von Okocim ausgehenden Vorschlag, die Lücke nicht zu schließen, sondern die Angriffstruppen derart zurückzunehmen, daß der Südflügel der 4. Armee — mit einer starken Reserve von sechs Bataillonen bei Hańczowa — jederzeit zu einem Flankenstoß bereit blieb, falls die Russen den linken Flügel der Armee Boroević angreifen sollten. Damit war einer Kräftezersplitterung am besten vorgebeugt. Fehlte der Aktion über Regetów auch der taktische Erfolg, so überlegte es sich der Feind von nun an doch, den Stoßkeil gegen die Nahtstelle der beiden Armeen weiter vorzutreiben.

Der Druck der Russen gegen die 3. Armee hielt beim X. und beim

XVII. Korps auch während der nächsten Tage an. Die 4. KD. bestand am 28. einen überaus harten, aber mit vorbildlicher Tapferkeit geführten Abwehrkampf, der ihr die warme Anerkennung des Feldmarschalls Erzherzog Friedrich eintrug; am nächsten Tage wurde sie jedoch unter erheblichen Verlusten ein Stück zurückgedrängt, da die in ihrer Front eingereihten Abteilungen eines tschechischen Schützenregiments gänzlich versagten. Im Abschnitte des X. Korps bewährte sich die 2. ID. (mit dem mährischen IR. 81) in zäher Verteidigung gegen den Tag und Nacht losstürmenden Feind. Diesem gelang zwar ein Einbruch an der Nahtstelle zur 24. ID., dann ging ihm aber der Atem aus, so daß die Front wieder zusammengeschlossen werden konnte.

Schon marschierten die von Böhm-Ermolli der 3. Armee zur Verfügung gestellten Teile der Division Martiny heran, als sich gerade in diesem Augenblick die Lage bei der 2. Armee weitaus schwieriger gestaltete als bei ihrem Nachbar. Nach längerer Unterbrechung nahm der Feind am 29. seine Angriffe gegen alle drei Divisionen des XIX. Korps wieder auf. Heftig wogte der Kampf hin und her; noch glückte es an diesem Tage, die Stöße abzuwehren. Daß der rechte Flügel der 41. HID. abgebogen werden mußte, war nur ein Folge des Abzuges der Nordgruppe Tersztyánszkys, die im Laufe der Nacht und des Vormittags in der hinteren Stellung einlangte1). Ebenso mußte auch das XVIII.Korps seinen linken Flügel zurückbiegen. Schlimm sah es bei der 37. HID. des V. Korps aus, die von den Russen geworfen wurde, während sich die 33. ID. zu behaupten vermochte. Als sich der Feind nun mit ansehnlichen

*) Bei der Nordgruppe standen sodann von rechts nach links: 43. SchD., 32. ID. und 13. SchD. Als Reserve Tersztyánszkys das Gros der 27. ID. bei Cisna.

Kräften in die zum XVIII. Korps hin aufgesprungene Lücke hineinschob, wurde FML. Ziegler, der neuernannte Führer dieses Korps, beauftragt, mit vier Regimentern — teils von der Gruppe Tersztyánszky, teils vom V. Korps — in den entblößten Raum vorzudringen und das südlichc Sanufer wieder zu gewinnen.

Böhm-Ermolli, bestrebt, das Gefüge der Hauptkraft seiner Armee durch frische Kräfte zu festigen, bat die Heeresleitung um Freimachung von Szurmays 38. HID. durch die Südarmee. Er holte sich jedoch vorerst einen ablehnenden Bescheid. Die 38. und die 40. HID. hielten den russischen Anstürmen in der Nacht auf den 29. ebenso stand wie die 38. allein den wiederholten Angriffen des Feindes am 30. und 31. März.

An diesen beiden Tagen setzten die Russen ihr verhängnisvolles Werk aber auch gegen die Mitte und den Westflügel der 2. Armee fort und durchbrachen die Front des XIX. Korps. Die 41. HID. räumte nach einer Standeseinbuße von 60 v. H. ihre Stellung und die Korps Trollmann und Schmidt mußten in die Linie Südende Jabłonki—Tousty Dil (auf dem Beskidkamm) zurückgenommen werden. Ausnahmsweise drängte der Feind der 13. SchD. so hitzig nach, daß diese an beiden Tagen in schwere und verlustreiche Kämpfe verwickelt wurde. Ein russischer Einbruch bei der 32. ID. konnte nur dadurch begrenzt werden, daß ihr Führer, GM. Ludwig Goiginger, die Divisionsreserve persönlich dem Feinde entgegenwarf. Das

XVIII. Korps nahm nach einem in der Abwehr erzielten Augenblickserfolg jetzt seinen linken Flügel zurück, um Tersztyánszky mit einigen Abteilungen beispringen zu können, büßte aber am 31. seine Selbstlosigkeit mit erheblichem Geländeverlust auf dem rechten Flügel. Schon hatte am 30. FML. Ziegler seine vier Regimenter zum Vorrücken befohlen, als das 2. Armeekmdo. um die Mittagsstunde die Einstellung der Bewegung befahl, weil sich das V. Korps nicht länger halten konnte. Überdies mußte die 37. HID. (2000 Feuergewehre) weiter nach Südosten Raum geben. Der Korpsführer, FML. Scheuchenstuel, beantragte hierauf den Rückzug auf die Höhen knapp nördlich vom Wolosate-Wetlinkatale. In Anbetracht der heillos verschlimmerten Verhältnisse konnte GdK. Böhm-Ermolli seine Zustimmung nicht versagen.

Am 27. März war unterdessen dem 3. Armeekmdo. vom AOK. die Zuführung des deutschen Beskidenkorps und der komb. ID. Martiny angekündigt worden. Die russische Offensive sollte durch einen geschlossenen, starken und einheitlichen Angriff, dem sich das X. und das VII.Korps anzuschließen hätten, endgültig abgewiesen werden, wobei ein tropfenweiser Einsatz dieser Verstärkungen nicht erfolgen durfte. Im Gegensätze zu den Anweisungen des Vormonates, die ein unbedingtes Ausharren gefordert hatten, verfügte aber jetzt die Heeresleitung, daß das III. und das XVII. Korps, wenn die Armee vor vollendeter Bereitstellung der frischen Kräfte zum Ausweichen gezwungen werde, in eine nach Nordosten gekehrte Front zurückzunehmen seien, um einen Gegenangriff in die Flanke des vordringenden Feindes führen zu können1).

Unter dem Eindrücke der schweren Krisen der Abwehrschlacht wandte sich der Armeeführer am 29. mit der Frage an die Heeresleitung, ob das Verbot, die anrollenden Kräfte zu verwenden, auch dann Geltung behalte, wenn das X. und etwa auch das VII. Korps vor bewirkter Versammlung der deutschen Armeekörper zum Rückzuge gezwungen würden und durch den Einsatz frischer Truppen die Verteidigungsabschnitte festgehalten werden könnten. Das AOK. antwortete, daß die ungestörte, noch etwa eine Woche erfordernde Bereitstellung der neuen Verbände selbstverständlich gesichert werden müsse, ein einheitlicher Einsatz des deutschen Beskidenkorps sei jedoch anzustreben.

GdI. Boroević beabsichtigte, dieses Korps bei Homonna und nördlich davon zu beiden Seiten der nach Mezölaborcz führenden Bahn zu versammeln und beiderseits des Laborczatales angreifen zu lassen. Schon achtundvierzig Stunden nach der hierüber erstatteten Meldung war jedoch der Armeeführer anderen Sinnes geworden und bezweifelte das Gelingen dieses Angriffes. Wie er nachTeschen berichtete, sei die Angriffsstaffel von 50.000 Feuergewehren gegenüber 40.000 russischen zu schwach, das Gelände schwierig, die Artilleriewirkungunzulänglich,dieKampfkraftderTruppen mit jener zu Beginn des Krieges nicht zu vergleichen, endlich seien die Deutschen im Gebirge ungeübt. Nach allen bisherigen Erfahrungen werde sich die Offensive nach geringem Raumgewinn festlaufen; es wäre daher besser, den Stoß so lange aufzuschieben, bis sich der Russe durch seine Anstürme geschwächt und sich hiedurch das Kräfteverhältnis günstiger gestaltet habe. Boroević schlug vor, die eintreffenden frischen Verbände

x) In ähnlicher Weise äußerte sich die Heeresleitung am 29. März in einer Depesche an das 2. und das 3. Armeekmdo., die die Mängel der bisherigen Gefechtsführung berührte: auch der ungefähr gleich starke Feind kämpfe mit relativ schwachen Kräften in ausgedehnter Front. Er müsse an weiterem Vorgehen gehindert werden, bis man nach Erschöpfung seiner Angriffskraft selbst zur Offensive übergehen könne. Durch lediglich passiven Widerstand in gleichmäßig besetzter Linie sei dieses Ziel nicht zu erreichen. In den letzten Tagen sei es den Russen gelungen, durch zusammengefaßten Stoß an einzelnen Stellen unserer dünnen Front einzubrechen. Die Folge davon sei: allmählicher Raumverlust. Man lasse lieber „bewußt“ eine Lücke bestehen, um den eingedrungenen Feind sodann mit zurückgehaltenen und geschonten Kräften anzufallen.

mangels anderer Reserven zu verläßlicher Stützung der Front zu verwenden und das Beskidenkorps noch enger, als es anfangs beabsichtigt war, an der Bahnlinie zu versammeln, um sich für die kommende Zeit größere Handlungsfreiheit zu sichern.

Die Antwort traf am frühen Morgen des 30. März ein. Das AOK. erklärte, wiederholt darauf hingewiesen zu haben, daß der Zeitpunkt für den Übergang zur Offensive von der Erschöpfung der feindlichen Angriffskraft abhänge. So gebühre den seit mehr als einer Woche schwer ringenden Truppen des Ostflügels der 3. Armee höchstes Lob für ihr Bestreben, dieses erste Ziel zu erreichen. Bis zur Versammlung der Deutschen werde es klar sein, ob die Russen ihren Druck gegen Bartfeld und nördlich davon, oder gegen Girált, Sztropkó und das Olyka- und Laborcza-tal fortsetzten. Im letzten Falle sei ein planmäßiges Stützen der Kampffront unvermeidlich. Stoße aber der Feind in südwestlicher Richtung weiter gegen das XVII. und das III. Korps los, so wäre ein geschlossener Einsatz der deutschen Kräfte in einer später noch zu bestimmenden Richtung angezeigt. Für Stützungszwecke sollte auf die Gruppe Martiny und nicht auf das Beskidenkorps gegriffen werden.

Inzwischen hatte sich aber die Krise bei der 2. Armee sehr verschärft. Am 30. März abends telegraphierte GdK. Böhm-Ermolli nach Teschen, bisher sei er nach Kräften bemüht gewesen, „den Intentionen des AOK. zu entsprechen“, habe niemals „pessimistische Berichte“ erstattet und sich hiedurch den Anspruch erworben, nicht mißverstanden zu werden. Bereitwillig habe er in den letzten Tagen der hartbedrängten 3. Armee so rasch wie möglich Kräfte zur Verfügung gestellt. Nun führe man aber dem Ostflügel des GdI. Boroević drei deutsche Divisionen zu, die für defensive Zwecke genügen würden. An eine Offensive zu denken sei im Rahmen der Streitkräfte südlich der Weichsel ausgeschlossen. Angesichts dieser Verhältnisse wiederhole er nunmehr seine schon am Vormittag gestellte Bitte um Verstärkung durch eine Division und um Rückgabe der Gruppe Martiny1). Seine Truppen seien aufs äußerste erschöpft; der Bogen dürfe nicht überspannt werden. Aus diesem Grunde wie auch aus Geländerücksichten könne der Ostflügel des V. Korps nicht am San belassen werden, wie es die Heeresleitung verlange. Dem Armeekmdo. stünden nur noch 1500 Feuergewehre als letzte Reserve zur Verfügung.

Nach der von der Heeresleitung erteilten Erlaubnis traten hierauf

x) Vom FML. Martiny befanden sich am 30. abends hinter dem Ostflügel der 3. Armee: 3!/2 Bataillone, 1 Schwadron und 6 Batterien von der Gruppe Tersztyánszky und das HIR. 30 von der 128. HIBrig. der Gruppe Szurmay.

die mit Fußmärschen zu Boroević herangezogenen Teile der Gruppe Martiny ihren Rückmarsch zur 2. Armee an; auch die 128. HIBrig. sollte nach Fenyvesvölgy zurückgefahren werden.

Da alles Geschütz und sämtliche Fuhrwerke des XVIII. Korps auf die einzige Straße über Cisna angewiesen waren und sich das rechtzeitige und geordnete Abfließen des Trosses bei den wenigen fahrbaren Verbindungen zu einer drückenden Sorge gestaltete, erhielt Tersztyánszky am 31. den Befehl, die Stellungen wenigstens noch zwei bis drei Tage zu halten. Um kein Mittel zur Besserung der Lage ungenützt zu lassen, wurde Boroević ersucht, seinen Ostflügel wieder bis zum Beskidkamm auszudehnen, was der Führer der 3. Armee jedoch unter Hinweis auf die Wegnahme der Gruppe Martiny ablehnte.

Am Nachmittag des 31. gab das 2. Armeekmdo. für den Fall unausweichlicher Notwendigkeit einen Rückzugsbefehl aus, nach dem die Armee hinter den Karpathenhauptkamm in eine um 16 km verkürzte Front zurückzugehen gehabt hätte.

In denselben Stunden sah sich auch die Heeresleitung genötigt, durch Ausgabe abändernder Befehle der sich mehrenden Bedrängnis der 2. Armee Rechnung zu tragen. Den neuen Anordnungen wurde eine Mitteilung über das mutmaßliche Kräfteverhältnis an den einzelnen Armeefronten vorangeschickt. Demnach dürften einander gegenübergestanden haben: den 75.000 Feuergewehren der Armeegruppe Pflanzer-Baltin 100.000 bis

120.000 russische, den 47.000 Feuergewehren der Südarmee 44.000 russische, den 110.000 Feuergewehren der 2. Armee 156.000 russische, den 70.000 Feuergewehren der 3. Armee, vermehrt um die 16.000 Feuergewehre des Beskidenkorps, 50.000 russische und den 100.000 Feuergewehren der 4. Armee 90.000 russische.

Somit hätten nur die Armeegruppe Pflanzer-Baltin und die 2. Armee eine erhebliche Übermacht der Russen vor sich gehabt. Offenbar zog man aber in Teschen bei diesem Kalkül die hinter den feindlichen Fronten angesammelten Ergänzungsmannschaften nicht in Betracht.

Im Heeresbefehl vom 31. März abends wurde aus diesem Kräfteverhältnisse der Schluß gezogen, daß die russische Offensive gegen die

3. Armee als gescheitert anzusehen sei, wogegen die 2. Armee mit dem überlegenen Feinde noch hart zu ringen habe. Um Böhm-Ermolli entweder durch einen Offensivstoß zu entlasten oder ihn nach Bedarf unmittelbar zu unterstützen, sollten starke öst.-ung. Reserven rasch hinter dem Ostflügel der Armee Boroević bereitgestellt, daher das deutsche Beskiden-II    16 korps nach Maßgabe seines Eintreffens dort, und zwar entweder in den Abschnitt des X.1) oder des VII. Korps in die Kampffront eingesetzt und mindestens drei öst.-ung. Divisionen aus den Stellungen gelöst werden. Da ein Einbruch des Feindes über Berehy-Grn. und Ustrzyki-Grn. den rechten Flügel der 2. Armee aufs äußerste gefährden, den Verlust des Uzsokpasses und damit auch jenen des von der Südarmee hart erkämpften Raumes zur Folge haben würde, sollte Linsingen, zunächst bei Beschränkung auf die Defensive, seinen Westflügel strecken und möglichst starke Teile der 38. HID. zur Verfügung des 2. Armeekmdos. stellen.

Die Gewinnung von Reserven durch die vorangehende Ablösung eines öst.-ung. durch das deutsche Korps erscheint auf den ersten Blick befremdlich. Nach den Vereinbarungen der beiden Heeresleitungen sollte jedoch der Verband des Beskidenkorps nicht zerrissen werden, was bei einem anderen Verfahren nicht unbedingt gewährleistet war. Auch wollte man umständliche Änderungen der bereits eingeleiteten Nachschubsvorkehrungen vermeiden. Eine „rasche“ Reservenbildung konnte freilich auf diese Weise nicht stattfinden, zumal die deutschen Divisionen noch lange nicht vollständig eingetroffen waren.

Die letzten Märzkämpfe bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin und bei der Südarmee HiezuBeilage 11 sowie Skizzen 16, 19, 20 und 21

Die Hoffnung des GdK. Pflanzer-Baltin auf ausgiebige Verstärkungen, die ihm durch die Befehle der Heeresleitung vom 17. und 19. März (S. 226) in Aussicht gestellt worden waren, zerrannen, als die Russen gegen die Armee Boroević vom 20. an vorzustürmen begannen und damit die Zurückbehaltung der beiden Infanteriebrigaden undder4.KD.erzwangen (S. 228). Der Armeegruppenführer erhielt nur die 8. KD. der 2. Armee, deren erste Transporte am 23. von Nagymihály abrollten. Hiedurch wurde das ungünstige Kräfteverhältnis gegenüber der 9. Armee Letschitzkis wenig gebessert. Pflanzer-Baltin mußte in der nächsten Zeit gegen feindliche Übermacht einen schwierigen Abwehrkampf nach drei Seiten führen. Wurde diese Verteidigungsaufgabe von der Armeegruppe auch trefflich gelöst, so fiel ihre Tätigkeit doch gegen die ursprüngliche Absicht aus dem Rahmen des Gesamtfeldzuges; sie vermochte der Südarmee nicht mehr den Weg

x) GdI. Hugo Meixner hatte am 27. wieder die Führung des X. und FML. Krautwald jene des III. Korps übernommen.

aus den Karpathen zu bahnen und noch weniger auf die in den folgenden drei Wochen tobenden Schlachten der Heeresmitte Einfluß zu üben.

Gen. Letschitzki bemühte sich gemäß den Aufträgen, die er vom Befehlshaber der Südwestfront erhalten hatte (S.225), von Osten aus zwischen den Flußläufen des Dniester und des Pruth in die Bukowina einzubrechen, sich der Landeshauptstadt Czernowitz zu bemächtigen und durch einen solchen politisch wertvollen Erfolg die Haltung Rumäniens zu beeinflussen. Indes verhielt er sich in der nächsten Zeit gegen die Nordgruppe seines Gegners ziemlich zurückhaltend und begnügte sich, die öst.-ung. Linien im oberen Lomnicatale am 23. etwas zurückzudrücken und einzelne Vorstöße gegen die Fronten der Generale Rhemen und Czibulka ausführen zu lassen, die ohne Ergebnis blieben.

Pflanzer-Baltin sah sich gezwungen, seine Ostgruppe auf Kosten der Nordgruppe zu verstärken. Er zog in der Nacht zum 23. die deutsche

5. KD. und die k.u.k. 10. KD. aus der Front Marschalls und verschob die beiden Reiterdivisionen mit der Absicht gegen Horodenka, sie auf das nördliche Dniesterufer zu werfen. Vornehmlich lag ihm aber ein offensives Vorgehen gegen den äußersten linken Flügel des feindlichen Heeres am Herzen.

Das Detachement Obstlt. Papp brachte am 23. März einen russischen Angriff nördlich des Pruth zum Stehen. Überdies wurde am 26. der Südflügel des XXXII. Russenkorps von der Gruppe GM. v. Schwer (6. KD., 19. HKBrig. und Detachement Papp) zurückgedrängt.

Als der Hauptteil der 8. KD. bei Horodenka ausgeladen war, ließ Pflanzer-Baltin am 26. noch die 42. HID. zur Verstärkung der Ostgruppe im Bahntransport abrollen. Mit dem Befehl über sämtliche vom Pruth bei Czernowitz bis zum Dniester bei Nieżwiska versammelten Kräfte in der Stärke von 15.000 Feuergewehren wurde der deutsche GdK. Marschall betraut, der nunmehr am 27. über die Gruppe Ljubičič (komb. 30. ID., die den Brückenkopf von Zaleszczyki einschloß, 42. HID., 6., 8. und 10. KD. sowie 19. HKBrig.) und die deutsche 5. KD. verfügte.

Der Armeegruppenführer mußte jedoch seine Absicht aufgeben, mit Teilen seiner Reiterei das nördliche Dniesterufer zu gewinnen, da der Versuch einiger Landsturmkompagnien, den Fluß oberhalb von Zaleszczyki zu überschreiten, am 24. März mißlungen war und die Verhinderung feindlicher Übergangsversuche alle Kräfte in Anspruch nahm. Am 27. und 28. wurden russische Abteilungen, die bei der Dniesterschleife nächst Uście Biskupie auf das Südufer gelangt waren, nach glücklichen Kämpfen bei Okna über den Fluß zurückgeworfen.

Pflanzer-Baltin, der am 29. mit seinem Stabe von Delatyn nach Kolomea übersiedelte, setzte an diesem Tage die 42. HID. zu einem Stoße in südöstlicher Richtung gegen die feindliche Pruthgruppe an. Da aber das russische III. Kavalleriekorps bei Chotin den Dniester überschritten hatte, am 30. die 19. HKBrig. zurückwarf und den Nordflügel der kroatischen Division überraschend anfiel, mußten die Truppen nach erheblichen Einbußen bis an die Reichsgrenze zurück (Skizze 19).

Diese bedrohliche Wendung bewog den Armeegruppenführer, noch vier Feldjägerbataillone der 16. IBrig. und zwei Polenbataillone hieher zu verschieben. Für die Gruppen Czibulka und Rhemen entfiel jetzt auf drei Meter Front nur ein Feuergewehr, weshalb Pflanzer-Baltin das AOK. um eine Infanteriebrigade als Verstärkung bat, ohne — wie es nach den geschilderten Geschehnissen bei der 2. und der 3. Armee begreiflich war

— Gehör zu finden. Zu seiner Genugtuung scheiterten am 31. März und

1. April russische Vorstöße gegen den rechten Flügel der wieder gefestigten Ostgruppe. Trotzdem wurde die Lage kritisch, als die russische

12. KD. am 2. April den Dniester bei Uście Biskupie übersetzte. In Kolomea zögerte man nicht, der Nordgruppe noch die 9. IBrig. zu entnehmen und, zum Teil mit Bahn, das IR. 13 als Armeereserve nach Obertyn, das IR. 93 nach Okna zu dirigieren. Auch die Russen schoben weitere Kräfte nach Osten und warfen sich am 4. auf FML. Kordas1) rechten Flügel, den sie umgingen, im Rücken faßten und zum Ausweichen zwangen. Zu rechter Stunde griff das bewährte nordmährische IR. 93 in das Gefecht bei Okna ein und gewann durch einen entscheidenden Gegenstoß die verlorengegangenen Stellungen schon am Abend dieses Tages wieder zurück. Damit erloschen die Kämpfe an diesem Frontabschnitt für längere Zeit.

In der Reihe der Leistungen, für die GdK. Freih. v. Pflanzer-Baltin mit dem Kommandeurkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet wurde, bildet die kühne Führung dieses bewegten, phasenreichen Feldzuges ein besonderes Ehrenblatt.

Das Unternehmen der komb. 30. ID. gegen den Brückenkopf bei Zaleszczyki gestaltete sich überaus schwierig. Wie man bald erkannte, konnte ein gewaltsamer Angriff nicht zum Ziele führen, denn auch die Russen werteten die Bedeutung dieses Überganges vollauf und klammerten sich um so mehr an dessen Besitz, als sie von hier aus zwischen die beiden Hauptgruppen Pflanzer-Baltins hineinstoßen konnten. In heißen und verlustreichen Kämpfen vom 22. bis zum 26. März und vom 2. bis 9. April gelang es nur, den Halbkreis der Einschließung zu verengen und sich im

x) FML. Korda hatte an Stelle des FZM. Ljubičič das XI. Korpskmdo. übernommen.

näheren Vorfeld festzusetzen. Gegen die russische Kernstellung schien aber ein Erfolg nur durch den nunmehr eingeleiteten Sappenangriff bei kräftiger Artillerieunterstützung möglich.

GdK. Pflanzer-Baltin besorgte, daß der Feind die Neutralität Rumäniens nicht respektieren und südlich vom Pruth gegen Czernowitz vorbrechen werde. Zur etwaigen Abwehr eines solchen Unternehmens wurden Teile der 6. KD. nach Molodia gelegt. Überdies kündete auf Weisung der Heeresleitung der öst.-ung. Militärattache in Bukarest der Regierung König Ferdinands an, daß für den Fall, als die rumänischen Behörden eine Neutralitätsverletzung nicht mit der Entwaffnung der russischen Angriffstruppen beantworten sollten, die Abweisung eines Vorstoßes ohne Rücksicht auf die Gefährdung rumänischen Gebietes erfolgen müßte, wobei es aber die öst.-ung. Truppen trotzdem vermeiden würden, die Grenze zu überschreiten.

In der Angriffstätigkeit der deutschen Südarmee trat nach den Erfolgen des 22. März eine Pause ein. Russische Vorstöße, die sich hauptsächlich gegen das XXIV. RKorps richteten, wurden aufgefangen.

Linsingen drahtete am 23. an die DOHL. nach Méziěres, die 2. Armee habe den Angriff aufgegeben, auch Pflanzer-Baltin dringe anscheinend nicht mehr vorwärts, weshalb ein Durchkommen durch die Karpathen in diesem Monate ausgeschlossen sei. Wie beim Kaiser Wilhelm habe er nunmehr auch in Teschen beantragt, die Operation nördlich des Gebirgs-walles fortzusetzen (S. 194). Eine tags darauf erfolgte Anfrage des AOK., ob er für den Fall des Überganges zur Defensive Truppen abgeben könne, verneinte er. Dagegen schlug er dem GdK. Pflanzer-Baltin wieder vor, dem GdK. Marschall die 5. oder eine andere Infanteriedivision zur Verfügung zu stellen, damit dieser deutsche General die Gebirgspforten für die Südarmee endlich aufzuriegeln vermöchte. Bei der augenblicklichen Lage der Armeegruppe war dieser Wunsch unerfüllbar.

Die Befehle vom 17. und 19. März sowie auch die Beantwortung des von Linsingen am 23. gestellten Antrages bewiesen, daß jetzt auch von der Heeresleitung eine Verstärkung des rechten Heeresflügels geplant wurde. Sie vertröstete den deutschen Armeeführer, daß die russischen Angriffe gegen Böhm-Ermolli und Boroević vorerst abzuweisen seien, ehe der Kampfgruppe im Pruth-Dniestergebiete Verstärkungen und dem Westflügel seiner Armee Ersatz für die deutschen Truppen zugeschoben werden könnten. Bis dahin müsse der Angriff, namentlich an beiden Flügeln, fortgesetzt und der gegenüberstehende Feind verläßlich gebunden werden.

Mittlerweile war die Bildung des deutschenBeskidenkorps beschlossen

worden, aber es bedurfte erst eines besonderen Befehles Kaiser Wilhelms1), bevor der Führer der deutschen Südarmee einer abermaligen Aufforderung der k.u.k. Heeresleitung zur Kräfteabgabe entsprach. Linsingen bestimmte hierauf die deutsche 4. ID. zum Abtransport und ersetzte sie bei Hofmann durch die 12. LstTerrBrig. des Korps Gerok.

Die O s t er s chi a ch t in den Karpathen

(1. bis 6. April)

Hiezu Beilage 10 sowie Skizzen 21 und 22

Zurücknahme der 2. Armee hinter den Karpathenhauptkamm

In den mittleren Karpathen war unterdessen die Lage der 2. Armee unhaltbar geworden. Die Russen hatten die öst.-ung. Linien an mehreren Stellen eingedrückt oder durchbrochen (S. 238). Vornehmlich schlug jetzt der Feind weiter gegen den rechten Flügel des XVIII. Korps los, bis dieser am 1. April in den Morgenstunden in das Wetlinkatal zurücksank. Die Nahtstelle zum V. Korps lag in tiefer Einbeulung. Auch das Korps Schmidt und die 41. HID. verloren wichtige Berghöhen. GdK. Böhm-Ermolli ersuchte nunmehr seinen Nachbar Linsingen, die Südarmee möge ihren linken Flügel bis zum Stryj strecken, damit das 2. Armeekmdo. von dort Kräfte heranziehen könne. Da von Munkács aus die Erfüllung dieses Wunsches erst für die Nacht auf den 7. in Aussicht gestellt wurde, während Eile not tat, suchte die Heeresleitung eine Hilfeleistung im Wege der 3. Armee herbeizuführen.

GdI. Boroević hatte im Sinne des am Abend des 31. erhaltenen Befehles (S. 241) gemeldet, er werde das Beskidenkorps nach und nach zur Ablösung der 2., der 24. ID. und der 21. SchD. des X. Korps einsetzen, so daß diese drei Divisionen vom 10. April abends an hinter dem Ostflügel der 3. Armee verfügbar seien. Das AOK. forderte aber, daß mindestens eine Division schon am 4. zum Abrollen aus dem Laborczatale gegen Osten bereitstehe. Auch diese Maßnahme konnte nicht mehr rechtzeitig wirksam werden; das 2. Armeekmdo. zweifelte, daß die gegenwärtige Stellung solange zu halten sein werde. Noch war beim Korps Schmidt ein Gegenangriff im Gange, vielleicht gelang es hiedurch, das wankende Gebäude der Verteidigung zu stützen. Als sich aber auch diese Hoffnung als trügerisch erwies, entschloß sich Böhm-Ermolli am 1. April kurz nach 2h nachm., die Armee staffelweise hinter den Hauptkamm des Gebirges zurückzunehmen, den äußersten rechten Flügel hiebei auf die Magura A1013 (östlich vom Stryj) zu stützen, das Ungtal unter Freigabe desUzsok-passes südwestlich von Fenyvesvölgy zu sperren und sich des weiteren in der Linie Harczos—Kistopolya—Nagypolány—Telepócz (Beilage 10) zu behaupten. Die ersten Befehle ergingen an die Gruppe Tersztyánszky (Korps Schmidt und Trollmann) und das XVIII. Korps. Tersztyánszky sollte mindestens bis zum 3. morgens halten, um ein geordnetes Abfließen der Trosse seiner Gruppe und des XVIII. Korps über Cisna zu ermöglichen und dann in eine Zwischenstellung zurückgehen, wobei der linke Flügel Trollmanns zuletzt aufzubrechen und bei Aufrechthaltung des Zusammenhanges mit der Front des benachbarten X. Korps abzurücken hatte. Die Gruppe Martiny wurde dem GdK. Tersztyánszky unterstellt.

Gegen diese Anordnungen wurden Einsprüche erhoben. Einerseits berichtete Tersztyánszky, daß sich die 32. ID. bestenfalls noch während der Nacht auf den 2. auf den Höhen nördlich von Cisna behaupten könne, andererseits erklärte sich die Heeresleitung mit der Preisgabe des Uzsok-passes nicht einverstanden und befahl, daß die 2. Armee nur so weit wie unbedingt notwendig zurückgehen dürfe — der Westflügel immerhin bis in die Linie Nagypolány—Telepócz—Világ. Szurmay müsse jedoch mit Rücksicht auf die Südarmee bis zum Einlangen der Verstärkungen von der 3. Armee nördlich des Uzsokpasses stehen bleiben. Hiezu habe er entbehrliche Teile seiner Gruppe sowie die im Rücktransport nach Fenyvesvölgy begriffene 128. HIBrig (S. 241) einzusetzen.

In Anbetracht der bedrängten Lage Böhm-Ermollis wies aber das AOK. den GdI. Boroević an, durch das Beskidenkorps nicht drei, sondern vier öst.-ung. Divisionen ablösen zu lassen. Als der Führer der 3. Armee bei dieser Gelegenheit erfuhr, wie weit sein Nachbar zurückgehen wolle, legte er dagegen Verwahrung ein und verlangte, daß sich der linke Flügel der 2. Armee auf dem Beskidkamme behaupte, eine Forderung, der übrigens in der Folge ohnedies entsprochen wurde.

Für seinen Ostflügel ordnete Böhm-Ermolli an, daß das V. Korps am 2. den Rückzug vom linken Flügel aus anzutreten und die 37. HID. zur Erholung nachRévhely—N.-berezna vorauszuschicken habe. Die 33.ID. dieses Korps sollte den Feind abhalten, in der gefährlichsten Richtung gegen die Bahn bei Fenyvesvölgy nachzudrängen und hiezu den Talweg bei Wolosate, Front gegen Norden, sperren. Für diese Nachhutaufgabe wurde die Division dem FML. Szurmay unterstellt, der seine auf Volo-vec basierte 38. HID., unter dem Vorbehalte der Genehmigung durch das AOK., an die Südarmee abzugeben hatte.

In der strittigen Frage des Uzsokpasses drahtete das 2. Armeekmdo. nach Teschen, daß die Freigabe dieses Gebirgstores unvermeidlich sei, weil die Russen gegen den Raum bei Wolosate ungestüm vordrängten. Bei dem Zustande der Truppen, insbesondere in Anbetracht der niedrigen Feuergewehrstände, sei es unausbleiblich, daß der Feind ins Ungtal einbrechen, die wichtige Straßen- und Eisenbahnverbindung Szurmays durchschneiden und hiedurch die im östlichen Frontabschnitte dieser Gruppe kämpfenden Verbände in eine äußerst gefährliche Lage bringen werde. Die zugesagten Verstärkungen kämen spät, diese Gefahr zu bannen.

Bei den Befehlsstellen in Teschen, Kaschau, Ungvár und Munkács beschäftigte man sich am 2. April unausgesetzt mit den durch den Rückzug der 2. Armee notwendigen Maßnahmen. Am frühen Vormittag äußerte GdI. Boroević gegenüber dem AOK., daß er auf Grund seiner fünfmonatigen Erfahrungen eine so weite Zurücknahme der 2. Armee für unzweckmäßig halte, da die gewählte Linie zur Abwehr viel weniger geeignet sei als der Beskidkamm. Voraussichtlich würden die Russen daraufhin von seinem Nachbar ablassen, sich hinter dem freigegebenen Beskidkamme verschieben und dann im Laborczatale in der Richtung auf Homonna gegen seine Armee losgehen. Er warf die Frage auf, ob es unter diesen Umständen angehe, die bis zum 9. April aus seiner Front zu lösenden vier Divisionen (2. und 24. ID., 21. und 45. SchD.) bei der 2. Armee einzusetzen oder ob nicht gerade für seinen Nachbar das Behaupten des Raumes südlich von Mezölaborcz noch an Bedeutung gewonnen habe.

Nicht ohne Schärfe erwiderte das AOK. auf diese Meinungsäußerung, die auf Belassung der abzugebenden Verbände bei der 3. Armee abzielte, daß in klarer Erkenntnis der Wichtigkeit des bezeichneten Raumes starke deutsche Kräfte dorthin gewiesen wurden, um ein verläßliches Behaupten, aber auch das Herausziehen von k.u.k. Divisionen zur freien Verfügung der Heeresleitung zu ermöglichen. Ob diese Verbände teilweise oder ganz zur immittelbaren Unterstützung der 2. Armee oder in der Folge bei der 3. zur Offensive oder zur Abwehr verwendet würden, bleibe späterer Entschließung Vorbehalten.

Aber auch GdI. Linsingen wehrte sich jetzt auf das Heftigste gegen die geplante Zurücknahme der Gruppe Szurmay und beschwor das AOK., der 2. Armee in den Arm zu fallen und die Preisgabe des Uzsokpasses zu verhindern, damit die Südarmee nicht auf das mit vielem Blute erkämpfte Gelände und auf die Fortführung ihrer Offensive verzichten müsse. Die Überlegenheit des Feindes sei nicht so groß, daß die starke

2. Armee die fast unangreifbaren, an der Nordseite noch mit Schnee bedeckten Karpathenstellungen nicht zu behaupten vermöchte. Müßten der linke Flügel und die Mitte unbedingt zurück, so solle der rechte Flügel Böhm-Ermollis doch die Linie Szczawinka—Kinczyk Bukowski— Pliska—Čeremcha—Kičera halten oder man möge die dort befindlichen Kräfte der Südarmee unterstellen. Überdies wandte sich das Kmdo. der Südarmee in sicherlich ganz ungewöhnlicher Form auch unmittelbar mit folgender, nicht chiffrierter Depesche an das 2. Armeekmdo.: „Bis jetzt [2. April, lhl3 nachm.] ist vom AOK. Teschen trotz Anfrage noch kein Befehl zur Unterstellung der 38. HID. unter die Südarmee eingegangen. Die Südarmee, die den ganzen Rückzug der 2. Armee für unnötig hält, hat keine Veranlassung, eine zurückgehende Division einer anderen Armee zu übernehmen und sich dadurch zum Mitschuldigen des Rückzuges zu machen.“

Nun hatte aber die 38. HID. gerade an diesem Tage einen russischen Vorstoß abgewiesen und war zum Gegenangriffe geschritten.

Das AOK. ging auf Linsingens Vorschlag ein. Die Gruppe Szurmay (7. ID., 40. und 38. HID. sowie die sich bei Fenyvesvölgy allmählich wieder sammelnde 128.HIBrig.) wurde dem deutschen Armeeführer vintergeordnet und sollte beiderseits des Uzsokpasses zäh ausharren und nötigenfalls nur ihren linken Flügel nach Maßgabe des Zurückgehens der 2. Armee in die von der Südarmee beantragte Linie abbiegen. Weiters kündigte die Heeresleitung die Überweisung einer Division der 3. Armee an den Ostflügel Böhm-Ermollis an. Kaum war die betreffende Depesche von Teschen abgegangen, traf dort die Meldung des 3. Armeekmdos. ein, daß diehiefürinBetrachtkommende24.ID. schwerlich freizumachen sein werde.

GdI. Linsingen unterstellte nunmehr die 38. HID. dem Korps Both-mer, zog aber am 4. eine komb. Brigade aus ihrer Front und setzte sie gegen den gefährdeten neuen Westflügel der Südarmee in Marsch. Alles dies bedingte eine Änderung der Abschnittsbildung bei den drei anderen Korps, die ihre linken Flügel zu strecken hatten.

Das vorerwähnte Telegramm Linsingens rief beim 2. Armeekmdo. starkes Befremden hervor; dazu kam noch die Abtrennung der Gruppe Szurmay, die als ein Zeichen verminderten Vertrauens in die Armeeführung gedeutet wurde. GdK. Böhm-Ermolli und GM. Dr. Bardolff baten um ihre Enthebung. Der Erzherzog-Feldmarschall lehnte jedoch beider Ansuchen ab und betonte, daß die Loslösung Szurmays aus dem Armee-verbande nur aus sachlichen Gründen erfolgt sei. Überdies entschuldigte sich GdI. Linsingen bei seinem Nachbar.

Die Notwendigkeit, die Front der 2. Armee vom Feinde abzusetzen, war zweifellos gegeben, da die vielfach vermengten Verbände seinem starken Drucke nicht länger zu widerstehen vermochten. Die Truppen waren nach mehr als dreimonatigen Gebirgskämpfen völlig erschöpft, ihre Stände tief gesunken. Mit der Ausführung des Entschlusses zu zögern ging nicht an, weil die Straße Cisna—Czirókaófalu den einzigen Abflußweg für die gesamte Artillerie und den zahlreichen Troß der Gruppe Tersztyánszky und des XVIII. Korps bildete und bei einem plötzlich erzwungenen Rückzuge leicht verhängnisvolle Stauungen eintreten konnten. Daß eine verhältnismäßig weit zurückliegende neue Widerstandslinie gewählt wurde, erklärt sich daraus, daß das 2. Armeekmdo. den hart mitgenommenen Truppen in den wenigen Ortschaften dieses Raumes wenigstens bescheidene Erholungsmöglichkeiten bieten wollte, die weiter vorne bei der dünnen Besiedelung des Gebirges nicht zu finden waren. In den bisherigen Stellungen mangelte es an Unterkünften für Reserven; gerade darin lag eine der Hauptursachen für den gänzlichen Verbrauch der Kampfkraft der Verbände und für die große Einbuße durch Krankheiten.

Da die Rückbewegung der 2. Armee schon seit Tagen vorauszusehen war, hätten sich die geschilderten Reibungen vielleicht vermeiden lassen, wenn von Teschen aus rechtzeitig Anordnungen für die Flügelanschlüsse getroffen worden wären. Offenbar hoffte aber die Heeresleitung, sich diesen Rückzug mit Hilfe der aus der Front der 3. Armee gezogenen Divisionen ersparen zu können. Das Festhalten des Uzsokpasses, vom AOK. befohlen und vom Kmdo. der Südarmee nachdrücklich verfochten, war zweifellos wünschenswert.

Im allgemeinen wurde der Rückzug der 2. Armee befehlsgemäß ausgeführt. Auch das gezwungenermaßen vorzeitige Zurückgehen des Korps Schmidt in eine Zwischenstellung zog keine nachteiligen Folgen nach sich, obgleich der Feind an einzelnen Stellen heftig nachdrängte. Unaufhörliches Kampfgetöse erfüllte in diesen Tagen Höhen und Täler1).

Am 4. April waren der Ostflügel und die Mitte der Armee Böhm-Ermolli in der neuen Linie eingetroffen. Die zurückgelassenen Nachhuten hielten bis zum 5. und wichen erst auf den verschärften Druck des Feindes gegen die Hauptstellung zurück. Schwierigkeiten bereitete der

x) Bei der 33. ID. unternahm Oblt. Karl v. Ungar des IR. 83 im Gefechte auf Bukove Berdo (östlich von Wołosate) am 2. April einen kühnen initiativen Gegenstoß, für welche Tat ihm auch das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens (Bd. I, S. 362) verliehen wurde.

gesicherte Anschluß an die Südarmee. Die 33. ID., vom 2. Armeekmdo. der mm abgetrennten Gruppe Szurmay vorübergehend unterstellt, spannte wohl von der Höhe Halicz bis in die Gegend nördlich von Wolosate einen Abwehrschirm, um die Russen vom Ungtale abzuhalten, doch klaffte zum rechten Flügel Böhm-Ermollis hin eine Lücke, die von Truppen des V. Korps bloß notdürftig ausgefüllt werden konnte, weil bei Szurmay bisher nur Teile der 128. HIBrig. eingetroffen waren, indes der Rest von der 3. Armee zurückgehalten worden war.

Da die 2. Armee bei 53 km Frontausdehnung zwar über 53.000 Feuergewehre verfügte, die Truppen aber infolge der ungeheueren Anforderungen der letzten Zeit eine erhebliche Einbuße an ihrer Gefechtskraft erlitten hatten, wurde die 33. ID. schwer entbehrt. Auf Bitte Böhm-Ermollis befahl daher die Heeresleitung dem Kmdo. der Südarmee, diese Division der 2. Armee möglichst bald wieder zur Verfügung zu stellen und für eine Reserve hinter dem linken Flügel Szurmays selbst zu sorgen. Die hiefür bestimmte komb. Brigade der 38. HID. konnte jedoch erst am 8. April am Orte ihrer Bestimmung eintreffen.

Die am linken Flügel Böhm-Ermollis fechtenden Divisionen, die 29. und die 34., hatten gemäß den Wünschen der 3. Armee auf den Grenzhöhen zu verharren gehabt. Sie waren in die schweren Kämpfe verstrickt worden, die diese Armee in der Osterwoche zu bestehen hatte.

Der Russe?iansturm gegen die 3. Armee und seine Abwehr (1. bis 5. April)

Wie aus den Weisungen des AOK. vom 31. März zu schließen ist, gab man sich in Teschen der Hoffnung hin, daß die Offensive der Russen gegen die Armee Boroević, nach dem Kräfteverhältnis beurteilt, bereits als gescheitert anzusehen war (S. 241). Obgleich der Feind seit dem 28. März andauernd gegen den wacker standhaltenden Ostflügel dieser Armee losschlug, erschien dies offenbar nur als der Ausklang der Schlacht. Bald aber belehrte der ungestüme Ansturm der Russen, die hier durch die von Przemyśl anrückenden Kräfte, vermutlich die 81. und die 82. RD., verstärkt worden waren, die öst.-ung. Führer eines besseren.

Folgten die Russen in den Kartagen an den ruhigen Abschnitten der Gesamtfront, im Weichselbogen und gegenüber der 4. Armee, ihren geheiligten Osterbräuchen, indem sie ihre Schützengräben unbewaffnet verließen und sich unseren Truppen mit Geschenken nähern wollten, so entbrannte im Gegensatz hiezu nördlich von Bartfeld und rittlings vom Laborczatale ein wütender Kampf.

Bei Zboró warfen sich die Russen am Karsamstag (3. April) auf die 28. ID. und drängten sie infolge der kampflosen Waffenstreckung fast des gesamten Prager IR. 28 aus ihren Stellungen zurück. Nur dem Vorgehen der 8. ID. vom Südflügel der 4. Armee war es zu danken, daß der Feind seinen Erfolg nicht weiter auszubauen vermochte. Unter diesen Verhältnissen konnte dem Ersuchen des 4. Armeekmdos. um Rückgabe der am Westflügel der 3. Armee eingesetzten beiden Regimenter — IR. 28 und KJR. 4 — nicht entsprochen werden. Das IR. 28 wurde auf Antrag des

3.    Armeekmdos. aufgelöst und seine Recte auf die Truppen des III. Korps aufgeteilt, während das KJR. 4 nach dem Eintreffen der nächsten Ergänzungen der 4. Armee zugesendet werden sollte.

Auch beim XVII. Korps war am 5. ein Rückschlag zu verzeichnen. Der Feind drückte die 1. LstlBrig. beträchtlich nach Süden zurück. Ein vom Obst. Graf Spannocchi mit Teilen der 4. KD. (UR. 13) und dem SchR. 9 schneidig geführter Gegenstoß auf Sosfüred in die Flanke der nachdrängenden Russen gebot jedoch ihrem weiteren Vordringen Einhalt. An diesem Tage wies die 20. HID. des VII. Korps einen feindlichen Vorstoß ab. Gleiches glückte der 22. SchD. des III. Korps in der darauffolgenden Nacht. Erzherzog Joseph nahm aber wegen der Krise beim

XVII. Korps seinen linken Flügel und die Mitte weit nach Süden zurück, obgleich alle Anstürme der Russen an seiner Front unter großen Feindverlusten zerschellt waren1). Sztropkó wurde geräumt.

Der Feind ballte nunmehr so ansehnliche Kräfte vor den Linien der

28. ID. zusammen, daß das 3. Armeekmdo. besorgte, eine Fortsetzung der Russenstöße gegen seinen Westflügel werde abermals eine Lücke zur

4.    Armee hin aufreißen. Die Heeresleitung befahl beiden Armeen, alle verfügbaren Kräfte an der Nahtstelle einzusetzen. Die 28. ID. wehrte aber am 5. und 6. April die russischen Anstürme ab, wozu auch das Vorgehen der 8. ID. gegen die Höhen östlich von Regetów nż. wesentlich beitrug.

War es dem Westflügel der Armee immerhin geglückt, wenigstens das Ärgste, eine völlige Zerreißung der Front, zu vereiteln, so hatte sich am Ostflügel die Lage mittlerweile für kurze Zeit noch kritischer gestaltet. Dort war der russische Ansturm schon am Karfreitag (2. April)

J) Bei der 17. ID. zeichnete sich Obst. Silvio Spiess von Braccioforte, Kmdt. des IR. 39, am 5. April dadurch aus, daß er die in die Stellung beiÉrfalu (östlich von Sztropkó) eingedrungenen Russen persönlich mit schwachen Reserven angriff und zurückwarf. Er fand dabei den Heldentod. Für diese Tat und sein tapferes Verhalten im Vorjahre bei Sułoszowa wurde ihm das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens zuerkannt.

zu beängstigender Kraft angewachsen. Während der Feind am frühen Morgen gegen die auf dem Beskidkamm stehende 34. ID.1) der 2. Armee vergeblich anrannte, gelang es ihm weiter südwestlich, die in ihrer Widerstandskraft erlahmende 2. ID., sowie die Hauptkraft der 24. ID. und die östlich vom Laborczatale fechtenden Teile der 21. SchD. bis in die Linie südlich von Virava-Ökröskö zurückzudrücken. Die Frontlinie war dem Reißen nahe, weite Lücken klafften in dem welligen, bewaldeten, unübersichtlichen Gelände.

Da traf amNachmittag der Führer des deutschenBeskidenkorps, GdK. v. d. Marwitz, beimX.Korpskmdo. in Laborczbér ein. Zum Glück war die zur Ablösung der k.u.k. 24. ID. bestimmte 25. RD. — zwei Infanterieregimenter der 50. RIBrig. (ein drittes Regiment traf erst am 9. April ein) — schon bis Ujbánya gelangt und wurde im Einvernehmen der beiden Korpsführer vorbefohlen. Auch drei Bataillone der 128. HIBrig., die im LaborczatalzurRückfahrtnachFenyvesvölgyeinwaggoniert werden sollten, wurden wieder auf das Gefechtsfeld vorgezogen (S. 251).

GdI. Boroević befahl dem GdK. Marwitz, den Gegenangriff einheitlich zu leiten; das X. Korps wurde ihm hiezu unterstellt. Der preußische General verfügte hierauf, daß sich die Divisionen Meixners am 3. April in ihren Stellungen zu behaupten hätten. Die deutsche 25. RD. sollte zunächst als Stütze der inneren Flügel der 2. und der 24. ID. dienen, jedoch jede Gelegenheit benützen, den Feind im Einvernehmen mit den Nachbartruppen zurückzuwerfen. Die deutsche 35. RD. und die deutsche

4. ID., die sich zum Teil noch im Bahntransporte befanden, wurden angewiesen, im Laborczatale nachzurücken.

Trotz des Erfolges, den die Russen am 2. östlich der Laborcza errungen hatten, behauptete sich die Masse der 21. SchD. in ihrer Stellung knapp westlich des Tales, doch war ihre Ostflanke durch das notgedrungene Ausweichen des rechten Flügels auf etwa 5 km auf gerissen. Ohne Mühe konnte sich der Feind diesen Umstand zunutze machen und die Division noch vor dem Anrücken der Hauptkraft des Beskidenkorps zu einem Kampfe zwingen, dessen Ausgang nicht abzusehen war. Da alle einlaufenden Nachrichten besagten, daß die Russen starke Kräfte beiderseits der Laborcza bereitstellten, nahm der Führer des X. Korps die Hauptkraft der Schützendivision zurück, um den Anschluß an die Gefechtsgruppe im Tale herzustellen. Diesem Rückzug, der in der Nacht vom 2.

!) Hier zeichnete sich Lt. Zoltán Laczhegyi des IR. 101 am 5. April bei einem Gegenstoße zur Wiedereroberung der Höhe Gušina (östlich von Virava) besonders aus und erwarb sich das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

auf den 3. April ausgeführt wurde, schloß sich auch die links benachbarte 45. SchD. an1).

Am Karsamstag wandte sich das Blatt. Wieder versuchten die Russen, die 34. ID. vom Beskidkamme hinabzuwerfen. Da ihnen das nicht glückte, vermochte sich der rechte Flügel der 24. ID. auch weiterhin südlich Virava zu behaupten. Aus dem linken Gefechtsabschnitte dieser Division brach die deutsche 25. RD. auf den nordwärts zur Kobila streichenden Hauptrücken vor. Ihr Angriff gewann rasch Raum und unterstützte die 2. ID., deren rechter Flügel (HIR. 30 der 128. HIBrig.) die Uhliskohöhe erstürmte und deren linker gemeinsam mit Teilen der 21. SchD. bis an die Berghänge östlich Hegyescsaba vordrang. Westlich der Laborcza gewannen die 21. und die 45. SchD. einen Teil des preisgegebenen Geländes zurück.

Tagsüber leuchtete — zum ersten Male in diesem Jahre — die Sonne des Frühlings über schneefreie Flächen. Sie beschien den Rückzug der Russen, von denen beträchtliche Scharen die Kriegsgefangenschaft der Fortsetzung des Kampfes vorzogen.

Am Ostersonntag setzte GdK. Marwitz die 35. RD. östlich der Laborcza ein. Dadurch verengte sich der Gefechtsstreifen der 2. ID. wesentlich. Er hatte die Richtung auf Kobila und Javirska. Der Angriff der

2. ID., die allerdings, einschließlich des HIR. 30, nur etwa 3000 Feuergewehre zählte, sollte beginnen, sobald die 35. RD. auf gleiche Höhe angelangt war. Dies konnte erst zu Mittag der Fall sein. Das stark zerklüftete und waldbedeckte Bergland behinderte die Vorrückung. Es wurde Abend, bis die verbündeten Truppen sich bis an die stark besetzten feindlichen Linien herangearbeitet hatten. Der letzte Stoß wurde auf den nächsten Tag verschoben.

Aber auch am Ostermontag, den 5. April, gab es mancherlei Hemmnisse. Die 25. RD. eroberte erst gegen Mittag eine der Kobila südlich vor-

x) Von Teschen, wo man wahrscheinlich über die Grundlagen für die Entschließungen des X. Korpskmdos. nur mangelhaft unterrichtet war, kam ein scharfer Befehl: lokale Einbrüche dürfen nicht zur Zurücknahme ausgedehnter Frontteile führen. Der Kommandant des X. Korps wurde von seinem Posten enthoben. Wie bei anderen Heeren erfolgten auch beim öst.-ung. zahlreiche Abberufungen höherer Führer. Fehlgriffe waren dabei unvermeidlich, so auch in diesem Falle. Es scheint, als ob der Vorwurf, daß die betreffenden Befehlshaber im Abwehrkampf nicht die nötige Zähigkeit bekundeten, nicht immer berechtigt war. Oft bezeichnete die übergeordnete Stelle den Gefechtszweck nicht klar genug und die beliebte Anweisung zum „Ausharren bis auf den letzten Mann“ erfuhr eine schädliche Verallgemeinerung. Erst in einer späteren Phase des Krieges kam wieder die alte Fechterregel zur Geltung, daß ein elastisches Ausweichen manchmal besser ist als die Fortführung des Kampfes unter ungünstigen Bedingungen.

gelegene Kuppe und die 35. RD. den von der Javirska südwestlich abstreichenden Bergrücken. Zwischen den beiden deutschen Divisionen sah sich die 2. ID. plötzlich vom Feinde angegriffen. Sie warf ihn aber zurück und erstürmte nachstoßend gegen 4h nachm., trotz des Flankenfeuers der russischen Artillerie, von den beiden Nachbarn kräftig unterstützt, die Javirska- und Kobilahöhen — ein Beweis, daß selbst diese hart mitgenommenen Truppen noch über einen erstaunlichen Kampfwillen verfügten.

Am selben Tage war auch der linke Flügel Böhm-Ermollis das Ziel heftiger Angriffe. Gegenüber der 29. ID. erzielte der Russe einige Vorteile, vor der 34. brachen sich seine Sturmwellen.

Westlich vom Laborczatale rückte am 5. April die deutsche 4. ID. in den Abschnitt der 21. SchD. ein. Sie entriß den Russen an den zwei folgenden Tagen im Vereine mit dieser Division und der 35. RD., in deren Verband auch die k.u.k. Infanterieregimenter 81 und 88 fochten, ein ansehnliches Stück Gelände, das für die Behauptung der künftigen Verteidigungsfront nötig war.

Erst die Entwicklung der nächsten Zeit ließ die öst.-ung. Befehlsstellen die Bedeutung des Kampferfolges erkennen, der durch den Gegenstoß des Beskidenkorps und der sich ihm anschließenden öst.-ung. Heereskörper errungen worden war und der sich alsbald über die gesamte Karpathenfront auswirken sollte. Das AOK.Teschen stand fürs erste noch stark unter dem Eindruck des Nachgebens beim VII. Korps im Raume um Sztropkó, wo neues Mißgeschick zu drohen schien. Boroević rechtfertigte die Geschehnisse mit dem Hinweis, daß er die ihm erteilten Befehle befolgt habe. Im einzelnen berichtete er, die Gruppe Marwitz habe mit

34.000 Feuergewehren auf nur 16 km Front angegriffen und sich mit der

25. RD., der k.u.k. 2. ID. und Teilen der 35. RD. am 5. zwar der Höhen westlich von Virava bemächtigt; links und rechts dieser Stoßgruppe sei aber das Gefecht nicht recht vorwärts gegangen. Da die Weisung des AOK., vier öst.-ung. Divisionen aus der Front zu ziehen, nicht widerrufen worden sei, habe er mit Rücksicht auf die sinkenden Stände1) und auf das Zurückweichen der 2. Armee (S. 250) die Weiterführung der Offensive nicht für angezeigt gehalten. Die Gruppe Erzherzog Joseph — 14.000 Feuergewehre auf 17 km — habe russische Angriffe wohl abzuweisen vermocht, doch wären ihre Linien weit über die der Nachbarn vorgesprungen, so daß mit einer Umfassung der Flügel zu rechnen war, insbesondere des westlichen, der sich an die völlig er!) Am 7. April zählten die 21. SchD. 2700, die 24. ID. und die 45. SchD. je 2000, die 2. ID. nur 1200 Feuergewehre.

schöpfte 1. LstlBrig. lehnte. Insbesondere sei die Artillerie des VII.Korps höchst gefährdet gewesen, als die Landsturmbrigade und die 4. KD. um ein beträchtliches Stück zurückwichen. Leider durfte die deutsche 4. ID. nicht im Ondavatal verwendet werden, wo man sie zum Stützen der Front gebraucht hätte, weil das Beskidenkorps befehlsgemäß beisammen zu halten war. Boroević habe das VII. Korps nicht den Zufälligkeiten eines erzwungenen Rückzuges aussetzen wollen, um so weniger, als die niedrigen Gefechtsstände derartige Wagnisse verboten. Daher habe der Korpsführer mit seiner Zustimmung den linken Flügel auf 8 km, die Mitte auf 4 bis 5 km, den rechten Flügel aber gar nicht zurückgenommen. Im Zwischengelände fände sich kein passender Verteidigungsabschnitt.

Nach den vom AOK. am 27. März erteilten Weisungen (S. 239) hätte sich freilich auch ein anderes Auskunftsmittel dargeboten. Statt des nur schütter zu besetzenden Sackes bei Sztropkó konnte eine Lücke zwischen den zurückgebogenen inneren Flügeln des VII. und des XVII. Korps belassen und der hier etwa eindringende Feind durch Flankenstoß von beiden Seiten in die Zange genommen werden, vornehmlich von Osten her durch entbehrliche Kräfte der Gruppe Marwitz. Da jedoch Boroević für seinen Westflügel (28. ID.) bangte und das Beskidenkorps nicht geteilt werden durfte, mag ihm, der für derartige Manöver überhaupt keine Vorliebe besaß, dieses Verfahren nicht ausführbar erschienen sein.

Eine Fortführung der Offensive des Beskidenkorps hielt GdK. Marwitz trotz der offensichtlichen Zerrüttung der feindlichen Verbände nur dann für angebracht, wenn sich die Nachbarfronten anschließen konnten; ein vereinzelter Vorstoß hätte die günstig gestaltete Lage nur wieder verschlechtert. Da diese Mitwirkung augenblicklich nicht möglich war, erhielt der Führer des Beskidenkorps vom 3. Armeekmdo. den Befehl, die erkämpften Stellungen festzuhalten und die 2. und die 24. ID. sowie die 21. und die 45. SchD. aus der Front zu ziehen.

Diese Auslösung begann alsbald und war bis zum 10. durchgeführt. Das Beskidenkorps übernahm das ganze Frontstück. Angriffsversuche der Russen am 11. und 13. konnten von den Deutschen, am ersteren Tage auch von der 20. HID. und dem XVII. Korps, mit leichter Mühe vereitelt werden. Die auf 40.000 Streiter, darunter 8500 Gefangene, geschätzte Einbuße an Kraft, welche die Russen in der Osterschlacht erlitten hatten, war nicht ohne weiteres zu ertragen gewesen. Die Angriffskraft des Feindes hatte einen schweren Stoß erlitten, woraus auch die Führung ihre Schlußfolgerungen ziehen mußte.

Allerdings gingen auch hier einige Tage vorüber, ehe sich Iwanow

und der Großfürst-Generalissimus der Auswirkung der Schlacht bewußt wurden. Noch am 6. April fand Gen. Alexejew, der neue Befehlshaber der russischen Nordwestfront, mit seinem Vorschläge, dem Abziehen deutscher Kräfte aus dem Weichsellande und aus Ostpreußen am besten durch eine Offensive gegen Berlin zu begegnen, entschiedene Ablehnung. Der Stabschef des Höchstkommandierenden antwortete am 8., daß ohne die Zustimmung des Großfürsten ein Schlag links der Weichsel nicht einmal „vorbereitet“ werden dürfe1).

Tags zuvor hatte es der Befehlshaber der Südwestfront mit großer Freude begrüßt, als ihm von der Stawka eröffnet wurde, daß das nach Lemberg entsandte III. kauk. Korps zu seiner Verfügung stehe. Da trat in den nächsten drei Tagen — offenbar mit wachsender Erkenntnis des Ergebnisses der Osterschlacht — eine tiefgehende Wandlung in den Absichten Iwanows ein. Hatte er im März der Heeresleitung den Entschluß zur Karpathenoffensive in zähem Kampfe abgerungen, so entschloß er sich jetzt gegen ihren Willen über Nacht, die 3. und die 8. Armee zur Einstellung ihrer Angriffe und zum Übergehen in die Abwehr anzuweisen. Vor dem Höchstkommandierenden begründete er diesen Entschluß zum Stillstände mit dem Auftreten gegnerischer Verstärkungen, die Teile seiner Karpathenfront zurückgedrängt hätten. Auch die Fehlschläge gegenüber der deutschen Südarmee und der Armeegruppe Pflanzer-Baltin, die Verluste und die Ermüdung seiner Truppen, der schlechte Zustand der Kommunikationen, die Verzögerung aller Bewegungen durch den Schnee in den höher gelegenen Gebieten des Kampfraumes und endlich der stockende Nachschub hätten ihn veranlaßt, die Wiederaufnahme der Offensive vorläufig bis zum Eintreffen des III. kauk. Korps zu verschieben.

Beiderseits der Laborcza war den Russen nicht nur endgültig die Einfallspforte nach Ungarn verriegelt worden, sondern sie glaubten auch noch bis in den Monat Mai hinein, daß von dort aus eine neue Offensive der Verbündeten beginnen werde. Es waren große Hoffnungen gewesen, die Rußland auf den Stoß nach Ungarn gesetzt hatte. Der Serbe sollte zu neuem Handeln angespornt, Rumänien auf den Plan gerufen werden. Der Niederbruch des alten Habsburgerreiches konnte das nahe Ende sein.

Auf den Höhen südlich von Mezölaborcz waren — das sollte sich alsbald zeigen — diese Hoffnungen zunichte gemacht worden. Das war das weltgeschichtliche Ergebnis der Osterschlacht in den Karpathen.

Ł) Boncz-Brujewitsch, I, 82, 84 und 89.

Der Ausklang des großen Karpathenringens

Hiezu Beilage 11 sowie Skizze 21

Die Angriffe Brussilows nach der Osterwoche und die Eroberung des Zwinin durch die Deutschen

(6. bis 14. April)

Nachdem der linke Flügel Böhm-Ermollis (34. und 29. ID.) schon in die Osterschlacht hineingezogen worden war, hatten sich vom 6. April an nun auch die Mitte der 2. Armee sowie die Gruppe Szurmay heftiger russischer Anstürme zu erwehren. Obgleich man einen Angriff auf den Abschnitt zwischen der Höhe Halicz und dem Dorfe Patak-ófalu erwartete, war die 33. ID. des V. Korps mit Ausnahme eines Regiments aus ihrer das Wolosatetal sperrenden Stellung abberufen und in das Ungtal gezogen worden, wo sie dem 2. Armeekmdo. eine willkommene Reserve bildete. Die vereinsamt gebliebenenTeile der 128.HIBrig. sowie vermengte Abteilungen des V. Korps und der Gruppe Szurmay vermochten nunmehr dem übermächtigen Feinde keinen ausreichenden Widerstand entgegenzustellen. Szurmay mußte seinen linken Flügel in die Höhenlinie Szczawinka—Pliska—Čeremcha zurücknehmen.

Die gerade jetzt vorgebrachte Anregung Pflanzer-Baltins, die Südarmee möge ihre Front zur besseren Sicherung der stets schlecht beschirmten Nahtstelle bis zum Mszanatale strecken, fand in Munkács angesichts der Ereignisse bei Szurmay kein Gehör.

Ungünstig verliefen auch die Kämpfe im Zentrum der 2. Armee. Der Russe brach bei Kistopolya in die Linien der 44. SchD. des XVIII. Korps ein, wodurch das Armeekmdo. genötigt wurde, die kaum in den Erholungsquartieren des Ungtales eingetroffene 37. HID. wieder gegen den bedrohten Raum zu dirigieren; denn auch das Korps Schmidt wurde vom Feinde heftig angepackt und die 43. SchD. bei Nagypolány eingedrückt. Brussilow durfte sich somit rühmen, der öst.-ung. Front am 6. an drei Stellen schwere Schäden zugefügt zu haben.

Von Teschen aus zur Hilfeleistung aufgefordert, wies das 3. Armeekmdo. darauf hin, daß die Gruppe Marwitz noch selbst im Kampfe stehe; auch gedachte es die zuerst verfügbaren Kräfte zur Stützung einer vom linken Armeeflügel aus geplanten Offensive in das Ondavatal zu verschieben. Dafür stellte das 4. Armeekmdo. die 51. HID. (9400 Feuergewehre) zur Verfügung. Der Abtransport dieser Division *) nach Ho-monna—Szinna—Takcsány begann am 7. nachmittags und dauerte bis zum 13. April. Obgleich die Erzherzogsarmee damit bis an die äußerste Grenze gegangen war, wurden an sie neue Anforderungen gestellt. Als nämlich das AOK. erfuhr, daß das III. kauk. Korps von der Nordwestfront nach irgend einem Punkte südlich der Weichsel transportiert werde, wurde dem 4. Armeekmdo. empfohlen, eine weitere Division aus der Front zu ziehen und als Reserve bereitzustellen, um gegen einen immerhin möglichen Angriff gewappnet zu sein. Dem konnte jedoch bei der schwachen Besetzung der Stellungen nicht mehr entsprochen werden. Mit Bangen sah man in Okocim der nächsten Zukunft entgegen; denn die dünnen Linien der 4. Armee schienen einem starken russischen Angriffe nicht mehr gewachsen zu sein, obgleich die Armee noch immer über 98.600 Feuergewehre und 2780 Reiter verfügte. In den Gedanken der Karpathenoffensive eingesponnen, ließ sich jedoch die Stawka die günstige Gelegenheit zu einem Schlage in Westgalizien entgehen. Sie sollte dies später bitter zu bereuen haben.

Vor der Front der Erzherzogsarmee räumten die Russen das linke Dunajecufer bei Wolka. Sie wurden am 3. April auch aus ihrem Brückenköpfe bei Pasięka vertrieben. Am 14. gelang es ihnen, überraschend in die Stellung bei Ciężkowice einzubrechen, doch warf sie ein Gegenstoß sofort wieder heraus.

Mit ganzer Kraft setzte der Feind die Kämpfe in den Bergen fort, wo der Winter noch immer sein strenges Regiment führte. Wie zu erwarten war, bemühten sich die Russen, in das Ungtal einzudringen und stießen gegen die Čeremcha vor, den Stützpfeiler an der Nahtstelle zwischen der Gruppe Szurmay und dem V. Korps. Linsingen fürchtete, daß Szurmay nach dem vorzeitigen Abziehen der 33. ID. nicht imstande sein werde, den Angriff zum Stehen zu bringen und bat das AOK. um Unterstützung durch Böhm-Ermolli. Dieser versammelte hierauf am 7. starke Kräfte des V. Korps bei Patakófalu, denen Abteilungen Szurmays angegliedert wurden. Auch von der 33. ID., deren Truppen sehr erschöpft eben das Ungtal erreichten, wurde die 65. IBrig. für den Bahntransport von Sóslak nach Malomrét bereitgestellt2). Am 7. und 8. drangen die Russen weiter gegen die Čeremcha vor, ohne sich ihrer zu bemächtigen, dagegen wurde östlich davon die Kiczera sokilska der 7. ID. entrissen.

*) Als Ersatz für die 51. HID. wurde der Gruppe Arz das IR. 80 des XIV. Korps zugewiesen.

2) 11.1 km Entfernung, ein Beweis, wie schonungsbedürftig die Truppen waren.

17*

Die Gefahr für Szurmays Westflügel schien gebannt zu sein, als die kombinierte Brigade der 38. HID. (S. 249) und die von der 3. Armee zurückgehaltenen drei Bataillone der 128. HIBrig. hier eingetroffen waren. Dennoch stieß der Russe am 11. in die öst.-ung. Linien südwestlich des Oberteiles der Čeremcha hinein. Schon aber stand die 65. IBrig., Obst. Freih .v. Dürfeld, hinter der Einbruchstelle zum Gegenangriffe bereit. Verstärkt durch Abteilungen Szurmays und des V. Korps bahnte sich diese Gruppe ihren Weg durch tiefen Schnee und warf in zweitägigen Kämpfen den Feind überall heraus, wo er sich in die Widerstandszone der öst.-ung. Truppen eingebohrt hatte. Am Morgen des 14. gewannen Dürfelds vermengte Verbände die Herrschaft über die ganze Umgegend der Čeremcha.

Tags vorher hatte Linsingen nach Teschen gedrahtet, das AOK. möge bei der DOHL. die Verstärkung der Südarmee durch deutsche Truppen beantragen, da die Widerstandskraft der Streiter Szurmays durch die Witterung stark herabgemindert worden sei .Wohl stand die k.u.k. Heeresleitung bereits in Verhandlungen mit Méziěres, doch ließ sich die Verwendung deutscher Verstärkungen für diesen Zweck noch nicht bestimmen.

Seit dem 9. April waren die Kommandos der 2. Armee und der Südarmee mit der Frage der Abgrenzung der Armeebereiche und mit der Entwirrung der auf der Čeremcha im bunten Durcheinander stehenden Abteilungen beider Armeen beschäftigt. Beide Befehlsstellen verlangten die Einbeziehung dieser wichtigen Höhe in ihren Bereich. Linsingen machte hiebei geltend, daß die Bahn im Ungtale der Versorgung seines linken Flügels diene, er daher das Recht auf Verteidigung der gefährdeten Strecke beanspruche. Das AOK. entschied zugunsten der 2. Armee.

Während das V. Korps am 9. einen Versuch der Russen vereitelte, sich der Stinkahöhe zu bemächtigen, kämpften die Mitte und der Westflügel der 2. Armee tagelang heftig um die völlige Behauptung der eben bezogenen neuen Stellungen. Die 37. HID. (S. 258) verstärkte das

XVIII. Korps durch eines ihrer Regimenter und gab eine Brigade an das Korps Schmidt ab; das vierte Regiment wurde als Reserve zurückbehalten.

Nach wechselvollen Kämpfen gelang es aber dem XVIII. Korps und dem Korps Schmidt, bis zum 10. die Einbuchtungen bei Kistopolya und Nagypolány auszuglätten und alle Angriffe abzuweisen. Beim XIX.Korps wurden die 41. HID. und die 29. ID. durch die Russen stark bedrängt; die 29. ID. mußte am 8. den Beskidkamm aufgeben und am 11. auch ihren rechten Flügel abbiegen, weil die 41. HID. bis zur Kirche von Tele-pócz zurückgedrückt worden war. Während hier die Kämpfe andauerten,

blieb die 34. ID. seit dem 5. unbehelligt. Die 51. HID. (S. 258) wurde am 13. mit ihrer Hauptkraft zur Ablösung des linken Flügels der von den Höhen herabgeglittenen 41. HID. verwendet; ein Regiment ersetzte die

13. SchD., die aus der Front gezogen wurde.

So rang Böhm-Ermolli gegen ansehnliche Überlegenheit; den 55.000 Feuergewehren der 2. Armee standen nach Schätzung des 2. Armeekmdos. etwa 70.000 bis 72.000 russische gegenüber1).

Ohne sich durch die schwierige Lage bei Szurmay abschrecken zu lassen, setzte die deutsche Südarmee nach dem günstigen Ausgange der vorangegangenen Abwehrkämpfe am 9. April mit ihrer Hauptkraft zum Angriffe an. Das XXIV. RKorps konnte zwar dem zähen Feinde am 10. und 11. April die Höhe Czyrak nicht entreißen, doch arbeitete sich das Korps Hofmann mit seinem linken Flügel näher an den Ostry heran. Größere Erfolge waren der deutschen 1. ID. des Korps Bothmer be-schieden. Sie erstürmte am 9. die letzten noch in den Händen der Russen befindlichen Teile des Zwinin, um die sie seit acht Wochen gerungen hatte und drängte dem weichenden Feinde bis zum 11. in der Richtung auf Skole nach; doch wurden diese Fortschritte durch erbitterte Angriffe der Russen gegen die 3. GID. bald wieder gehemmt.

Linsingens Absicht, das Korps Bothmer in nordwestlicher Richtung vorstoßen zu lassen, konnte nicht ausgeführt werden, weil die Hauptkraft der 38. HID. am 11. von den Russen aus ihrer Stellung geworfen wurde. Ein am nächsten Tage unternommener Gegenangriff drang nicht durch, immerhin gelang es der Honvéddivision am 14., sich unter Mithilfe von Abteilungen der deutschen 1. ID. und der 3. GID. einiger verlorener Höhen wieder zu bemächtigen.

Das Abflauen der Karpathenkämpfe in der zweiten

Aprilhälfte 1915

Die Lage, die in der ersten Aprilhälfte in den Karpathen herangereift war, hatte Freund und Feind veranlaßt, die bisherigen Absichten zu überprüfen und neue Entschlüsse zu fassen.

Für die öst.-ung. Heeresleitung war schon während der Osterschlacht die Frage brennend geworden, ob es selbst bei Überwindung der augenblicklichen Krise angehe, den Russen die Initiative, die sie seit Ende März besaßen, noch länger zu überlassen. Nach der Osterschlacht erwog

!) Bei der Gruppe Tersztyánszky (Korps Schmidt und Trollmann) rechnete man mit einem täglichen Abgang von 2000 Feuergewehren.

Conrad vorübergehend, aus der zurzeit bestehenden Gruppierung mit allen Kräften südlich der Weichsel ungesäumt — etwa um den 20. — zu einem Generalangriff überzugehen. Inzwischen hatten aber Verhandlungen mit dem deutschen Generalstabe zu Ergebnissen geführt, denen GdI. Conrad diesen Plan um so lieber zum Opfer brachte, als auch das politische Verhältnis zu Italien auf größere Entschlüsse hindrängen ließ. Allerdings mußte bis zu deren Ausführung noch der ganze April hingehen, während dessen die Lage in den Karpathen zu halten war.

Nicht unähnlich hatten sich die Dinge für die russische Heeresleitung gestaltet, wobei für ihre Entschlüsse außer den Verhältnissen auf dem Kriegstheater vor allem der Angriff der Alliierten auf die Dardanellen mitbestimmend werden mußte (S. 6). Und zufälligerweise sollte sich auch für sie die Nötigung ergeben, bis Anfang Mai eine zwar die Handelsfreiheit der Unterführer nicht völlig unterbindende Operationspause eintreten zu lassen.

Selbstverständlich taten beide Teile das Möglichste für die Geheimhaltung. Demgemäß konnte auch das AOK. Teschen aus den Nachrichten über den Feind die Umrisse eines größeren russischen Planes noch nicht erkennen. Nur daß ein Angriff Letschitzkis gegen PflanzerBaltin bevorzustehen schien, erfuhr man sowohl durch den Nachrichtendienst, wie auch durch Luftaufklärung. Dabei deuteten alle Anzeichen dahin, daß der russische Anschlag dem linken Flügel der Armeegruppe Pflanzers gelten mochte, was sich später als nicht zutreffend erweisen sollte. Im Gegensatz zu früher zog der Führer der Armeegruppe auf Grund dieser Auffassung seine Kräfte gegen den linken Flügel hin zusammen. Überdies erhielt er am 19. April von der Heeresleitung die Mitteilung, daß mit dem Einsatz des III. kauk. Korps bei Letschitzki zu rechnen sei. Auch seine Flieger stellten starke Ansammlungen in den Tälern der Łomnica und der Czeczwa fest. GdK. Pflanzer unterschätzte die sich hieraus ergebenden Gefahren um so weniger, als der Zusammenhang mit der deutschen Südarmee zu wünschen übrig ließ und auch das Gelände nach der Schneeschmelze die Russen zu einem Angriff gegen die Nahtstelle einladen mochte.

Um zunächst den Widerstand in den Tälern der Łomnica und der Bystrzyca Solotwinska zu kräftigen, wurden die hier fechtenden Gruppen verstärkt, die wichtigsten Übergänge in der Lücke befestigt und die Wege verbessert. Am 20. legte das AOK. dem GdK. Pflanzer im Hinblick auf die bevorstehende Einreihung der „neunten“ Marschbataillone — bei der Armeegruppe 20.000 Mann — ans Herz, den Feind von der Bahnstrecke Huszt—Máramaros-Sziget—Körösmezö — Kolomea verläßlich fernzuhalten; hinter dem linken Flügel der Armeegruppe war eine starke Reserve auszuscheiden, da sich die beständig im Kampfe liegende Südarmee nicht ausdehnen und nur die unmittelbar in ihre Flanke führenden Gebirgszugänge sichern konnte.

Vier Tage später wurde dem Armeegruppenführer mitgeteilt, daß in Westgalizien eine große Offensive vorbereitet werde und daß seine Truppen den Feind durch möglichst rege Tätigkeit zu binden hätten. Zur Täuschung der Russen wurden überdies zwei deutsche Kompagnien unter möglichst großem Aufsehen von der Südarmee nach Czernowitz gefahren, wo sie sich wie die Spitzenstaffel eines größeren Heereskörpers zu benehmen hatten. Pflanzer faßte nun aber auch den Entschluß, sich nicht mehr mit Scheinunternehmen zu begnügen, sondern dem ihm drohenden russischen Angriff durch einen Gegenstoß zuvorzukommen, der gleichzeitig den Wünschen der Heeresleitung möglichst vollkommen gerecht werden sollte. Bis zum 1. Mai versammelte er daher unter dem Kommando des FZM. Ljubičič 21 Bataillone und 7 Batterien (Teile der 5., der 6. und der 15. ID. sowie die ganze 16. IBrig.) in zwei Gruppen, die er zwischen der Bystrzyca Sołotwinska und der Czeczwa mit dem Schwergewicht westlich der Łomnica zu einem Vorstoße gegen Nordosten anzusetzen gedachte. Damit wollte er den ganzen linken Flügel der Armeegruppe (Gruppe Rhemen) bis in die Linie Chle-bówka—Perehińsko—Suchodol vorreißen.

Auch der Feind erwies sich gegenüber dem Gebirgsflügel schon seit Tagen überaus tätig; bereits am 1. Mai stieß er auf den Höhen nordwestlich Osmoloda vor, konnte aber leicht abgewiesen werden, obgleich die Südarmee nicht in der Lage war, die erbetene Unterstützung zu leisten. Am gleichen Tage setzten aber auch schon tatkräftig geführte kleinere Vorstöße der Gruppen Rhemen und Czibulka ein, die den Feind im unklaren über die Richtung des wirklich geplanten Angriffes halten sollten. FML. Czibulka beabsichtigte überdies, eine gemischte Abteilung auf das nördliche Dniesterufer zu werfen.

Durch alle diese Maßnahmen wurde die Ostgruppe zugunsten der Gruppe Ljubičič erheblich geschwächt, während vom 26. an nach verschiedenen Anzeichen nun doch ein russischer Angriff zwischen Dniester und Pruth bevorzustehen schien. Pflanzer-Baltin stellte daher dem GdK. Marschall die Armeereserve, die 8. KD., zur Verfügung; der deutsche General hatte den belagerungsmäßigen Angriff gegen Zaleszczyki fortzuführen und dem Feinde den zäh verteidigten Brückenkopf zu entreißen.

Die deutsche Südarmee setzte mittlerweile ihre Angriffe fort und band hiedurch den ihr gegenüberstehenden Feind. Ihrem rechten Flügel, dem in weitausgedehnter Stellung beiderseits der Wyszkówer Straße eingegrabenen Korps Gerok, blieb es hiebei versagt, Fortschritte zu erzielen. Beim Korps Hofmann gewann der Sappenangriff allmählich gegen die östlich der Straße nach Skole aufragenden Höhe Ostry derart Raum, daß der heißumstrittene Berg endlich am 24. April nach heftigem Kampfe von den braven Truppen gestürmt werden konnte1). Dies war für die öst.-ung. und die deutscher* Verbände an den inneren Flügeln der Korps Hofmann und Bothmer das Signal, sich ohne Säumen aus ihren Stellungen zu erheben und sich auch des vom Ostry zur Straße hinabziehenden Höhenrückens zu bemächtigen. Schon in den Vortagen hatte das Korps Bothmer ansehnliche Leistungen vollbracht. Nachdem die 38. HID. am 11. durch die Russen aus ihren Linien beiderseits des Stryj geworfen worden war (S. 261), konnte ein Gegenangriff am 14. nur einen teilweisen Wiedergewinn der preisgegebenen Höhen erzielen. Die Honvéddivision, die eine Brigade an die Gruppe Szurmay hatte abgeben müssen (S. 249), setzte jedoch, unterstützt von den deutschen Nachbartruppen, ihre Anstrengungen am 15., 16. und 22. April fort, wodurch schließlich die früheren Stellungen, auch die des rechten Flügels der 40. HID., der am 11. gleichfalls in Mitleidenschaft gezogen worden war, fast ganz wieder in eigenen Besitz gelangten. Die deutsche l.ID. erstritt am 18. eine wichtige Berghöhe und trotzte nächtlichen Angriffen. Nach der Eroberung des Ostry blieben die inneren Flügel der Korps Hofmann und Bothmer vorerst im Vorgehen, in der Folge hielten sie das gewonnene Gelände gegenüber ungestümen Tag- und Nachtangriffen des Feindes.

Bei der Gruppe Szurmay kam es ebenfalls zu heftigen Zusammenstößen. Neuerlich fühlten sich die Russen verlockt, in das Ungtal einzubrechen. Das russische XXVIII. Korps griff am 21. an und bemächtigte sich eines Teiles unserer südöstlich von Wolosate gelegenen Stellung. Die unmittelbar darauf mit schwachen Kräften unternommenen Gegenangriffe blieben ergebnislos. Szurmay rief nach Munkács und Ungvár um Hilfe. Linsingen wandte sich daher am 22. vormittags an das AOK. und bat, das 2. Armeekmdo. möge angewiesen werden, die jetzt bei Fenyvesvölgy in Reserve stehende halbe 37. HID. zur Unterstützung Szurmays einzusetzen oder mit dem ganzen V. Korps zur Offensive

!) Für die erfolgreichen Kämpfe seines Korps in den Karpathen wurde GdI. Hofmann mit dem Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet.

gegen Ustrzyki-Grn. zu schreiten. Böhm-Ermolli zögerte jedoch, seine letzte im Ungtale befindliche Reserve aus der Hand zu geben; nur die Artillerie des V. Korps beteiligte sich an den Kämpfen südöstlich von Wolosate. Der Führer der 2. Armee behielt übrigens mit seiner kühlen Beurteilung der Lage recht; denn obgleich die am 22. von Szurmay unternommenen Gegenangriffe unter erheblichen eigenen Verlusten scheiterten, nützten die Russen ihren Anfangserfolg nicht aus und stießen über die Einbruchstelle nicht weiter vor. Immerhin zeigte sich der Nachteil, daß Szurmays linker Flügel der Südarmee unterstellt war. Besser wäre es gewesen, die Sicherung des Ungtales in eine Hand zu legen; auch der in diesen Tagen in Durchführung gewesene Austausch der mit dem V. Korps vermengten Verbände Szurmays vollzog sich schleppend und umständlich. Nachdem der russische Durchbruchskeil geschickt abgeriegelt worden war, gelang es aber dem FML. Szurmay, sich der bis zum 26. dauernden unausgesetzten feindlichen Anstürme zu erwehren. Vom 2. Armeekmdo. wurde ihm nur ein Regiment der 37. HID. vorübergehend und nur für den Fall äußerster Dringlichkeit zur Verfügung gestellt. Vom 24. an griff der Russe auch die Mitte und den rechten Flügel der Gruppe Szurmay an, die sich nicht nur in der Abwehr dem Feinde gewachsen zeigte, sondern sogar zum Gegenangriff schreiten konnte.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die geschilderten Kämpfe der Südarmee ihren Zweck vollständig erfüllten und aller Wahrscheinlichkeit nach mit dazu beitrugen, daß der Feind die ihm in Westgalizien drohende Gefahr nicht inne wurde1). Linsingen, der wie alle anderen Armeeführer von der bevorstehenden Offensive in Westgalizien verständigt worden war, beantwortete diese Mitteilung am 30. damit, daß er der Heeresleitung vorschlug, ihm zwei Divisionen zuzuführen, die er an seinem rechten Flügel in der Richtung auf Dolina einsetzen wollte. Stets blieb er ein Anhänger des von ihm unablässig verfochtenen Flügelangriffes. Dieser Antrag wurde aber ebenso abgelehnt wie der von Tags darauf, deutsche Truppenteile hinter den linkeą Flügel der benachbarten Armeegruppe Pflanzer-Baltin zu verschieben, um dem Feinde gleichwie bei Czernowitz das Eintreffen starker deutscher Einheiten vorzutäuschen. Pflanzer-Baltin erhob dagegen Einspruch, weil er wegen des bevorstehenden Angriffes der Gruppe Ljubicić nicht weitere Russenkräfte herbeilocken wollte.

!) Für die erfolgreiche Verteidigung des Uzsokpasses im April 1915 wurde dem FML. Szurmay das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens verliehen.

Bei der 2. Armee (S. 258) brannten die Kämpfe über die Aprilmitte hinaus noch einige Tage weiter fort, doch blieben sie auf die Gruppe Tersztyánszky beschränkt. In Ungvár und Teschen erwartete man einen größeren Angriff der Russen gegen den vom V. Korps gehüteten Raum Ceremchahöhe—Patakófalu. Der Feind stieß wohl bei Wolosate in Szurmays Front hinein, ließ aber das rechte Flügelkorps Böhm-Ermollis unbehelligt. Abgesehen von gelegentlicher Hilfeleistung beim linken Nachbar erfreute sich auch das XVIII. Korps verhältnismäßiger Ruhe. Mit geringen Kräften unternommene Vorstöße der Russen wurden am 15. und 22. April glatt abgewiesen.

Dagegen zog bei Tersztyánszky das Korps Schmidt beständig russische Angriffe auf sich; diese gipfelten am 17. darin, daß sie der 43. SchD. die beherrschende Koziolata entrissen. Vermutlich wollte sich der Feind durch den Besitz dieser Höhe die für ihn wertvollen Unterkünfte im Tal von Zemplénoroszi sichern. Alle Wiedereroberungsversuche mißlangen. Als überdies ein sorgfältig vorbereiteter größerer Gegenangriff Schmidts gegen diesen wichtigen Stützpfeiler am 20. trotz erheblicher Verluste nicht durchdringen konnte und auch das in den folgenden Tagen gegen die Koziolata zusammengefaßte Artilleriefeuer keinen merkbaren Erfolg erzielte, beschloß man am 26., sich mit diesem Verluste vorläufig abzufinden. Der rechte Flügel des XIX. Korps rang bis zum 25. andauernd um die Höhen bei Telepócz. Seit es der 41. HID. am 18. gelungen war, einen Teil der seinerzeit verlorenen Stellungen dem Feinde wieder zu entreißen, suchte dieser im Ondavatal weiter vorzudringen, doch wurden seine Angriffe abgewiesen. Die beiden linken Flügeldivisionen — 26. SchD. und 34. ID. — blieben mit Ausnahme eines in der Nacht auf den 22. von der 34. ID. abgeschlagenen Vorstoßes unbehelligt.

Neben den hiernach erforderlichen taktischen Anordnungen beschäftigte sich das 2. Armeekmdo. in diesen beiden Wochen unausgesetzt damit, seine Verbände wieder zu ordnen, die nicht nur innerhalb der eigenen Front, sondern auch mit den Truppen Szurmays vermengt waren. Mitte April hatte sich von den vierzehn Divisionen der Armee nur die Hälfte in ihrer kriegsgliederungsmäßigen Zusammensetzung befunden, die übrigen Divisionen waren auseinandergeraten. Nach der Einreihung der Marschformationen erhöhte sich der Stand der 2. Armee am 15. auf 79.000 Feuergewehre, doch schon vier Tage später war ein Ausfall von 12.000 Feuergewehren zu verzeichnen. Ablösungen und Verschiebungen hielten die Truppe unaufhörlich in Atem, bis am 27., als die Kämpfe abgeflaut waren, die Befehle für eine Neugruppierung ausgegeben werden konnten, deren Durchführung mehr als eine Woche in Anspruch nahm. Der Verband der Armeegruppe Tersztyánszky wurde in der Nacht auf den 1. Mai aufgelassen.

Da vor den Linien dieser Gruppe, insbesondere vor der 13. SchD., zahlreiche Russenleichen lagen und der Verwesungsgeruch den Aufenthalt in den Schützengräben fast unerträglich machte, sollte mit dem Feinde eine kurze Waffenruhe zur Bestattung der Toten vereinbart werden. Obgleich es sich nur um ein kleines Frontstück handelte, befahl das AOK. dennoch, die Verhandlungen einzustellen, um dem Feinde auch nicht die geringste Gelegenheit zu Truppenverschiebungen an die westgalizische Front zu bieten.

Im Gegensatz zur 2. Armee hielt die Kampfpause seit der Osterschlacht bei der Armee Boroević an. Die Russen fürchteten hier den Losbruch einer Offensive und arbeiteten fieberhaft an der Verstärkung ihrer Stellungen.

Gegenüber der k.u.k. 4. Armee hatten die Russen seit Anfang April lebhafte Aufklärungstätigkeit entwickelt, die um die Monatsmitte noch gesteigert und zeitweilig auch durch kleinere Unternehmen (am 7. und 8. bei der 3. ID., am 14. bei Ciężkowice) begleitet war. Vom 19. an ließ sich der Feind auch die Erkundung durch Flieger stärker angelegen sein, um freilich nach ein paar Tagen wieder zu erlahmen. Dies wurde von den Verbündeten besonders begrüßt, denn in den gleichen Stunden setzte die Ausladung der ersten deutschen Truppen vor Gorlice ein.

Bei der Armee Dankl und beim XII. Korps hatte die seit Wochen währende Ruhe weiter angehalten. Das unablässige Zufließen von Ersätzen bei verhältnismäßig geringen Verlusten ließ die Truppenstärken dieser Heereskörper beträchtlich anschwellen, so daß die Infanterieregimenter fünf und sechs starke Bataillone zählten. Dies sollte der Heeresleitung ermöglichen, für den bevorstehenden Schlag in Westgalizien noch Verbände in der Stärke von zwei Divisionen auf das südliche Weichselufer zu werfen.

Das Ergebnis des Karpathen winters

Mit dem „Karpathenwinter“ hatte eine der denkwürdigsten Phasen des großen Ringens 1914—1918 ihren Abschluß gefunden. Wenn die Theorie das Karpathengebirge meist nur als „Durchzugsland“ gelten ließ, so war sie wie in manchem anderen durch die Macht der Tatsachen

Lügen gestraft worden. Die Karpathen — und zwar nicht nur der offenere westliche Teil, sondern auch das gegen die Bukowina hinstreichende Waldgebirge — waren für lange Wochen zum großen Schlachtfelde geworden, auf dem sich das Geschick ganzer Heere erfüllen sollte. Und dies hatte sich in der härtesten Zeit des Jahres begeben, während der Winter Berg und Tal in seine Fesseln geschlagen hatte, um heute ganze Schützenketten im wahrsten und schrecklichsten Sinne des Wortes in Eis und Schnee erstarren zu lassen und morgen durch Regen oder Tauwetter weite Strecken des vielfach aller Hilfsmittel baren Landes in Sumpf und Morast zu tauchen. Gelände und Wetterunbill waren in diesen Monaten für die Kämpfer, die auf den Waldhöhen und in den einsamen, gottverlassenen Tälern ihr Letztes gaben, nicht selten gefährlichere Feinde als die, mit denen man sich Aug in Aug messen konnte. Dies galt für beide Parteien in gleicherweise.

Gen. Iwanow, der Führer der russischen Südwestfront, hatte wohl seit je die Meinung vertreten, daß von den beiden mitteleuropäischen Kaisermächten zuerst Österreich-Ungarn niederzuringen sei. Aber er hatte dabei bis über die Jahreswende hinaus viel eher an einen Siegeszug über Krakau nach Mähren, denn an einen Angriff über die Karpathen gegen Budapest gedacht. Wie sehr dieses Gebirge den Russen Scheu einflößte, bewies noch manche Maßnahme des Spätherbstes 1914. Der erste Entschluß, den Schrecknissen des Karpathenwinters zu trotzen, um Großes, vielleicht Größtes zu erkämpfen, war zweifellos vom öst.-ung. Generalstabschef ausgegangen, der um Neujahr den Plan entworfen hatte, dem Feinde über die Karpathen hinweg die linke Flanke abzugewinnen, und damit nur einen neuen Beweis seines großen unerschütterlichen Wollens gab, dem allerdings sogar der kraftbewußte Verbündete nur schweren Herzens Gefolgschaft zu leisten vermochte.

Die große Gefährdung, die den Russen aus den Plänen Conrads erwachsen war, hatte dann auch sie veranlaßt, den Tücken des winterlichen Gebirges nicht länger aus dem Wege zu gehen. Aus der aktiven Abwehr öst.-ung. und deutscher Angriffe wurde allmählich die große russische Offensive gegen Budapest, zu der nach dem Falle von Przemyśl

— immer noch widerwillig — auch der Großfürst-Generalissimus seine Zustimmung gab.

Gewaltige Heeresmassen wurden solcherart in vier schweren Kriegsmonaten durch die Karpathen von Norden und Süden her aufgesogen. Um die Jahreswende waren auf öst.-ung. Seite zwischen der Bukowina und Gorlice rund 18 Infanterie- und 6 Kavalleriedivisionen gestanden. Sie vermehrten sich bis zum 24. April auf etwa 46 Infanterie- und 81/2 Kavalleriedivisionen. Im Zusammenhang mit dem Truppenaufgebote für die Karpathen hatten die öst.-ung. Eisenbahnen in 116 Tagen 2 Armeekmdos., 10 Korpsstäbe und 42 Divisionen zu transportieren, wozu über 2500 Züge benötigt wurden1). Die Russen hatten zu Beginn des ersten Angriffes der Verbündeten, am 23. Jänner, die Reichswehrbrigaden miteingerechnet, im gleichen Abschnitte 20 Infanterie- und 11 Kavalleriedivisionen eingesetzt. Am 24. April zählte die russische Karpathenfront — ohne die strategischen Reserven — 38 Infanterie- und 14 Kavalleriedivisionen. Die gegenüber den Verbündeten geringere Zahl der russischen Divisionen wurde durch die größere Zahl der Bataillone und meist auch durch die doch höheren Stände mindestens ausgeglichen.

Mit dem Falle von Przemyśl war das Geschick der Conradschen Offensive entschieden; sie war nicht geglückt. Aber auch dem großen Russenansturm sollte das gleiche Schicksal werden. Entgegen den Wünschen der Stawka, die einer Umfassung des gegnerischen Ostflügels den Vorzug gegeben hätte, versuchte es Iwanow mit einem Durchbruch gegen Eperjes und Homonna. Aber was den öst.-ung. und deutschen Divisionen nicht vergönnt war, blieb auch den heranbrausenden Russenmassen versagt: ihre übrigens durch keinen wirklichen Sturmblock getragenen Angriffe erschöpften sich, ohne durchzudringen. Bei der Verteidigerrolle, die den Mittelmächten in ihrem Kampfe auf der „inneren Linie“ zugefallen war, stellte sich schließlich der Mißerfolg der Russen doch erheblich größer dar als der, den in den Monaten zuvor die Verbündeten erlitten hatten. Und ebenso war der Abwehrerfolg, den das öst.-ung. Heer, von deutschen Streitern getreulich unterstützt, errungen hatte, am Ende wesentlich höher zu bewerten als der der Russen im Jänner, Februar und März. Die öst.-ung. Offensiven hatten den Entsatz von Przemyśl, den Wiedergewinn Galiziens angestrebt, was die Russen verhindern konnten. Beim russischen Vorstoß gegen die ungarische Ebene aber ging es um einen ungleich höheren Preis: um nicht mehr und nicht weniger als den Bestand des Donaureiches.

!) Es wurden antransportiert: 1 Armee- und 5 Korpskmdos. sowie 21 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision aus Westgalizien und Polen; 3 Korpskmdos. und 7 Infanteriedivisionen vom Balkankriegsschauplatz und 1 Armee- und 2 Korpsstäbe sowie 6 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision des deutschen Heeres. Zum Transport dieser Massen waren insgesamt 120.000 Waggons nötig. Vgl. auch Ratzenhofer, Der Aufmarsch hinter den Karpathen (Militärwissenschaftliche Mitteilungen, Wien 1930, Juli-Augustheft).

Die Opfer, die auf beiden Seiten getragen werden mußten, entsprachen der unerhörten Hartnäckigkeit des Ringens, von dem die Karpathentäler vier Monate hindurch widerhallten. Eine verläßliche Verluststatistik gibt es für diesen Kriegsabschnitt weder hüben noch drüben. Auf öst.-ung. Seite schwanken die Berechnungsergebnisse des Gesamtverlustes an Toten, Verwundeten, Kranken, Gefangenen und Vermißten, wenn man die Besatzung von Przemyśl mitrechnet, zwischen 600.000 und 800.000 Mann. Davon mögen ein Zehntel auf Tote, vier bis fünf Zehntel auf Verwundete und Kranke, der Rest auf verwundet, krank oder heil in Gefangenschaft Geratene entfallen1).

Über die Verluste der Russen liegen noch um Wesentliches unverläßlichere Angaben vor. Nach amtlichen russischen Zusammenstellungen2) sind in den Verlustlisten des russischen Heeres in den ersten neun Kriegsmonaten insgesamt 1,200.000 Tote, Verwundete, Vermißte und Ge-x) Major Dr. Czegka gelangt unter Benützung von Aufstellungen des Gen. Ratzen

hofer zu folgender Berechnung:

Stand an Feuergewehren der Fußtruppen samt Reitern und Schützen

der Kavalleriedivisionen am 1. Jänner..............287.660    Mann,

hiezu Ersätze vom 1. Jänner bis 30. April für die obigen    Kategorien    737.460    „

hiezu Armeekörper vom Südosten....................71.700    „

Summe    .    .    .    1,096.820    Mann,

hievon Stand an Feuergewehren, Reitern und Kavallerieschützen

am 1. Mai................................535.000    „

daher Abgang an Toten, Verwundeten, Kranken, Gefangenen, Vermißten der obigen Kategorien....................561.820    „

hiezu 10 v. H. als Abgang vom sonstigen Kampfstand (Offiziere,

Artillerie, Maschinengewehre usw.)................56.180    „

ferner Erkrankte und Verstorbene des Erhaltungsapparates    .    .    .    55.000    „

außerdem Besatzung der Festung Przemyśl................120.000    „

ergibt als Gesamtverlust des öst.-ung. Nordheeres vom 1. Jänner bis

30. April 1915 ..............................793.000    Mann.

In diesen vier Monaten wurden Kranke und Verwundete von der

Front in die Heimat abgeschoben..................435.000    „

daher (von 673.000 Mann abgezogen, bei Vernachlässigung der im Armeebereiche Wiedergenesenen) Tote, Vermißte und Gefangene ohne Besatzung von Przemyśl..............238.000    „

mit der Besatzung von Przemyśl......................358.000    „

Aus dem Hinterlande wurden bis zum 1. Mai 1915 insgesamt 20.000 Offiziere, 930.000 Mann, 100.000 Pferde und 17.000 Fuhrwerke in den Armeebereich transportiert. Vgl. auch Ratzenhofer, Verluste im Karpathenwinter 1915 (Militärwissenschaftliche Mitteilungen, Wien 1930, September-Oktoberheft).

2) Sowjetrussische Übersicht über die Verluste der russischen Armee 1914—1918 (Moskau 1925).

fangene ausgewiesen. Die tatsächliche Einbuße ist mindestens um 60 bis 70v.H. höher einzuschätzen, beläuft sich also auf 1,800.000 bis 2,000.000 Mann, wenn nicht auf mehr1).

Die Opfer der Russen in den Karpathenkämpfen werden demnach nicht wesentlich höher, aber gewiß auch — trotz der Gefangenen von Przemyśl — nicht erheblich niederer zu bewerten sein. Empfindlicher allerdings als die Menschenverluste traf die Russen die Einbuße an Gerät und Munition, da die russische Kriegsindustrie und die Heimatbehörden auf dem Gebiete des Materialersatzes völlig versagten.

Bei Betrachtung der moralischen Verfassung des öst.-ung. Heeres ist daran zu erinnern, daß dieses gegen Ende des opferreichen Feldzuges 1914 zu einer Landsturm- und Milizarmee geworden war. An dieser Tatsache hat sich während des Karpathenwinters bei der täglich und stündlich herrschenden Not an Mann nichts bessern lassen. Es war im Gegenteil der ohnehin schon schwache Stamm an geeigneten Offizieren und gedienter Mannschaft noch geschwächt worden. Die Neueingezogenen füllten, körperlich weniger widerstandsfähig, dazu infolge der kurzen Ausbildung den vielfältigen Aufgaben der Kampfführung nicht gewachsen, die Verlustlisten in erschreckendem Ausmaße. Nicht unvermerkt bleibe hiebei auch, daß von den zahlreichen gebirgsgewohnten Truppen Österreich-Ungarns (III., XIV. und teilweise auch XV., XVI., II. und XII. Korps) nur ein verhältnismäßig geringer Teil in den Karpathen verwendet wurde, wo sie sich, auch dank ihrer Gebirgsausrüstung, sicherlich leichter zurechtgefunden hätten als irgendein Heereskörper aus dem Banat, dem böhmischen Becken oder dem galizischen Flachland.

Immer stärker wurde die Truppe auch von der entmutigenden Erkenntnis erfaßt, daß der Krieg noch lange dauern werde; dies erzeugte vielfach schwere Kriegsmüdigkeit, die erst in besseren Zeiten wieder überwunden werden konnte. Über die politischen Folgen wurde schon früher in anderem Zusammenhange gesprochen. All dies drückte die Kampffähigkeit der Armee gewiß empfindlich herab. Dabei ist aber nie zu übersehen, daß die Forderungen, welche die Führung trotz allem an sie stellen zu dürfen glaubte, vielfach übermenschlich genannt werden müssen, und man darf hier gewiß anführen, daß auch die sicherlich besser gefügten und vor allem auch besser ausgerüsteten deutschen Divi-

!) Der englische General Knox, damals Militärbevollmächtigter beim russischen Heer, kommt auf Grund amtlicher Petersburger Mitteilungen zu einem um 25 bis 30 v. H. höheren Ergebnis (Knox, With the Russian Army 1914—1918, New York 1921, I, 297 ff.).

sionen Linsingens keine nennenswert größeren Angriffsleistungen zu vollbringen vermochten als ihre österreichischen und ungarischen Kameraden. Wirklicher Raumgewinn war nur der Armeegruppe Pflanzer beschieden gewesen, wobei sich ihr freilich im Gebirge anfangs nur verhältnismäßig geringer Widerstand entgegengestellt hatte.

Das Bild, das zur selben Zeit die russische Armee bot, war allerdings von dem der Gegner nicht erheblich verschieden. Die körperlichen und moralischen Anforderungen des Krieges in den Karpathen hatten auch den Muschik gezwungen, sein Letztes herzugeben; mit dem einzigen Unterschied vielleicht, daß der Russe den Unbilden des Winters besser gewachsen war als seine aus nicht so rauhen Ländern stammenden Gegner. Sonst unterscheiden sich die Klagen, die von den Führern aller Grade in diesen Wochen und Monaten ausgestoßen wurden, durch nichts von denen im anderen Lager. Übermäßig drückte auf die Moral des Zarenheeres der schon berührte, von Tag zu Tag zunehmende Mangel an Kriegsmaterial, zumal an Schießbedarf. Die Nötigung, durch Blutopfer auszugleichen, was die Mißwirtschaft in der Heimat verschuldet hatte, hinterließ beim letzten Kämpfer tiefste Mißstimmung. So begann denn schon damals die Verratslegende, die später so verheerend wirken sollte, vom Gemüte des Muschiks und des Offiziers Besitz zu ergreifen, wobei die Fama, wie bekannt, sogar vor dem Herrscherhaus keineswegs Halt machte. Dem Zaren begegnete die Armee bei dem Besuche, den er in der zweiten Hälfte April auf Wunsch der Panslawisten dem „befreiten“ Galizien abstattete, nach übereinstimmenden Berichten mit auffallender Kühle. Schon fiel in den Offizierskreisen das böse Wort, daß er ja doch nur ein „Deutscher“ sei1). Solcherart wies die wichtigste Säule der zaristischen Armeeverfassung, der Autoritätsglaube, bereits bedenkliche Sprünge auf, die nicht mehr zu verkleistern waren. Das rücksichtslose Streben der russischen Führung, die Ebenen Ungarns — koste es, was es wolle — zu gewinnen, hatte, da ihm der Erfolg versagt blieb, in die Seele des ausgezeichneten russischen Soldaten eine bedenkliche Saat gelegt, die zum erstenmal in den nächsten Wochen, ungleich gefährlicher aber nach zwei Jahren aufgehen sollte.

!) Paléologue, La Russie des tsars (Paris 1921), I, 354.

VOM ZWEI-ZUM DREIFRONTENKRIEG

Die politisch-militärische Lage Österreich-Ungarns im April 1915

Die Kampfpause an der Balkanfront Hiezu Beilagen II und 25 des I. Bandes sowie die Beilage 12

Bevor in der Schilderung des Krieges gegen Rußland fortgefahren wird, ist es nötig, einen Blick auf die politisch-militärische Entwicklung im Südosten und im Südwesten des Habsburgerreiches zu werfen, wie sie sich seit der Jahreswende 1914/15 gestaltet hatte und vor allem zu verfolgen, wie auch für den engeren Bereich Österreich-Ungarns der Zwei- zu einem Dreifrontenkrieg ausartete.

Als nach der Schlacht bei Arangjelovac die öst.-ung. Balkanstreitkräfte hinter den schützenden Stromschranken der Drina, Save und Donau wieder vaterländischen Boden erreicht hatten, war es vor allem das Bestreben der Heeresleitung und des ihr wieder unterstellten Oberkommandos der Balkanstreitkräfte gewesen, die stark gelichteten Streiterscharen neu aufzufüllen, das fehlende Kriegsgerät zu ersetzen und den aufs härteste hergenommenen Truppen die so nötige Ruhe und Erholung zu gewähren. In operativer Hinsicht wurde dem neuen Oberbefehlshaber gegen Serbien, dem GdK. Erzherzog Eugen, der nunmehr bei Auflösung der 6. Armee alle Balkanstreitkräfte als 5. Armee unter seinem Kommando vereinigte, die Mindestaufgabe gestellt, serbische Einbrüche in das Gebiet der Monarchie, vor allem in der Richtung Wien oder Budapest, zu verhindern.

Wenngleich die Gesamtstärke der gegen Serbien verbliebenenTruppen-macht (mitinbegriffen die Flußsicherungen, die Festungsbesatzungen und die mobilen Streitkräfte in Bosnien und der Herzegowina) 260 Bataillone, 33 Schwadronen und 140 Feldbatterien betrug, zählten die für einen Angriff brauchbaren 160 Bataillone — alles andere war Landsturm — nur

91.000 Streiter, die erst im Laufe des Jänner nach Einreihung von Ersätzen auf 133.000 Gewehre gebracht werden konnten. Trotzdem waren der Erzherzog und sein Generalstabschef, FML. Alfred Krauss, von Anbeginn gesonnen, jedem Einbruch der Serben durch Angriff zu begegnen. Hiezu wurde die Masse der 5. Armee in die Mittelstellung nördlich der

unteren Save verlegt, wo vier Korps — kombiniertes, XIII., XV., XVI.— zwischen Alt-Pazua und Šid bereitgestellt wurden; das VIII. bezog auf dem nördlichen Donauufer nordwestlich von Neusatz ausgedehnte Erholungsquartiere. Fielen die Serben unter entsprechender Sicherung ihrer Nordgrenze nach Bosnien ein, so bestand die Absicht, ihnen mit kraftvollem, beiderseits der Drina nach Süden geführtem Stoße in die Flanke zu fallen. Brach hingegen der Feind über die untere Save vor, dann sollte ihn die Masse der 5. Armee im Stirnangriff zurückwerfen. Für den weniger wahrscheinlichen, aber nach einer Meldung aus Rom immerhin denkbaren Fall eines serbischen Donauüberganges war die ungesäumte Verschiebung starker Kräfte mit Bahn und Fußmarsch nach dem Banat vorgesehen, wofür durch Befestigungen geschützte Behelfsbrücken bei Titel und westlich von Groß-Becskerek eingebaut wurden.

Abgesehen von diesen Abwehrmaßnahmen stand selbstverständlich auch die Wiederaufnahme der Offensive gegen Serbien zur Erwägung. Conrad dachte vorübergehend daran, die Balkanstreitkräfte nach der für Ende Jänner erhofften Erreichung der vollen Kampffähigkeit wieder zum Angriff aufzurufen. Bei Falkenhayn stand nach wie vor die Sorge im Vordergrund, durch Öffnung des Donauweges endlich eine von Rumänien unabhängige Verbindung für Materialsendungen nach der Türkei zu gewinnen1). Hiezu genügte es nach Anschauungen Falkenhayns, nötigenfalls den Serben, wie schon im November vorgeschlagen, den Nordostwinkel des Landes, den Negotiner Kreis, zu entreißen. Im Gegensatz hiezu vertrat Conrad die grundsätzliche Auffassung, daß eine solche Lösung bei der Rührigkeit der Serben durchaus ungenügend wäre; eine gesicherte Landbrücke zur Türkei könne nur durch die völlige Bezwingung Serbiens bei gleichzeitigem Bündnis mit Bulgarien erzielt werden. Ähnlich wie der k.u.k. Generalstabschef äußerten sich der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Freih. v. Wangenheim, und der in die Türkei entsandte GFM. v. d. Goltz, die in einem Siege der Mittelmächte über die

!) Die günstige Gelegenheit, den Türken größere Mengen an Kriegsmitteln auf dem Donauwege zuführen zu lassen, war zur Zeit der Offensive Potioreks versäumt worden. Ein nachher, Ende Dezember, mit Unterstützung durch die Donauflottille unternommener Versuch scheiterte an der Wachsamkeit der Serben. Ebenso wurde ein (bereits nach dem ersten Ententeangriff auf die Dardanellen) in der Nacht auf den 31. März 1915 ausgesandter Donaudampfer schon 15 km südöstlich von Belgrad von serbischer Artillerie zerschossen, so daß 40 Waggonladungen Schießbedarf im Strom versanken. Dieses Unternehmen war mit Zustimmung Bulgariens versucht worden. Manchmal setzte man den Transporten für die Türkei auch in Sofia Hindernisse entgegen, da man selbst Bedarf nach Kriegsausrüstung hatte und auch gegen die Türken mißtrauisch war.

Serben auch das einzige Mittel erblickten, den niederschmetternden Eindruck der Niederlage von Arangjelovac bei den neutralen Balkanstaaten wieder zu verwischen. Unter diesen Einflüssen begann sich auch Falkenhayn stärker mit dem Gedanken einer gemeinsamen Offensive gegen Serbien zu befassen, die er jedenfalls dem von Conrad um die Jahreswende vorgeschlagenen Karpathenangriffe vorgezogen hätte. Anfangs Jänner drang aber der öst.-ung. Generalstabschef mit der Meinung durch, daß eine Entscheidung gegen Rußland im Augenblicke für die Gesamtlage doch noch erstrebenswerter sei als die ungesäumte Niederwerfung Serbiens. Wie schon in anderem Zusammenhange zur Sprache kam, war damit auch das Schicksal der Balkanstreitkräfte für die nächsten Monate entschieden. Ihnen fiel vor allem die Rolle zu, als große Kraftreserve dem Nordheere Division um Division in die Karpathen nachzusenden, selbst aber auf bedeutendere Unternehmen zu verzichten.

Die erste Anfrage aus Teschen langte schon am 6. Jänner ein, gerade zur Stunde, da das Kommando der Balkanstreitkräfte neben den Abwehrmaßnahmen gegen Serbien auch solche gegen das im Augenblick recht unsicher gewordene Rumänien erwog. Die eigene operative Lage stellte sich dennoch schon damals günstiger dar, als man zuerst befürchtet hatte. Zumal die Truppen des XV. und des XVI. Korps machten bald einen erstaunlich guten Eindruck1). Zudem führten die Grenzflüsse Hochwasser, das einen Angriff der Serben fast ausschloß. So zögerten der Erzherzog, dem der Kaiser das entscheidende Wort überlassen hatte, und sein Generalstabschef keinen Augenblick, die für den Kampf gegen Rußland erbetene Truppenaushilfe beizustellen. Vom 10. Jänner an rollte das nunmehr als XIX. bezeichnete kombinierte Korps (7. und 29. ID. sowie 40. HID.) in die Karpathen ab (S. 107).

Am 16. Jänner traf die zweite Truppenanforderung aus Teschen ein. Die Truppenstärken der Balkanstreitkräfte waren inzwischen schon wieder recht ansehnlich geworden. So wies das XIII. Korps nach Einstellung des Ersatzes und der Mannschaft der aufgelösten 104. LstlBrig. mehr als Kriegsstärke auf. Nur das VIII. litt, trotz der Auffüllung durch die aufgelöste 6. LstTerrBrig., noch unter Ersatzschwierigkeiten. Immerhin zählte die 5. Armee am 14. Jänner, also schon nach Abgang des XIX.Korps und auch ohne Festungsbesatzungen, bereits 161.000 Gewehre. Angesichts dessen mußte das Kommando der Balkanstreitkräfte auf Wunsch der Heeresleitung auch das XIII. Korps (36. ID. und 42. HID.) abgeben,

x) Vgl. auch Krauss, Die Ursachen unserer Niederlage (3. Auflage, München 1923), 170.

das vom 20. an der Armeegruppe Pflanzer-Baltin zugeführt wurde (S. 155). Erzherzog Eugen ging zuletzt so weit, seinem Bruder, dem Armeeoberkommandanten, am 31. Jänner aus eigenem Entschlüsse noch das VIII.Korps anzubieten. Hocherfreut nahm Erzherzog Friedrich dieses Anbot an. Das VIII. Korps war kurz zuvor wegen angeblicher Bedrohung des Banats durch die Serben gegen den Raum von Groß-Becskerek verschoben worden. Es begann mit seinen beiden Divisionen (9. ID., 21. SchD.) am

3. Februar nach Norden abzurollen (S. 137).

Die Armee des Erzherzogs Eugen zählte trotz dieser Schwächung nun schon über 200.000 Gewehre, fast 2400 Säbel und 1161 Feldgeschütze. Die Zahl der Bataillone erster Linie betrug allerdings nur 70. Da überdies Rumänien nach wie vor Anlaß zu Besorgnissen bot, und außerdem Mitte Februar Italien gegen jede neue Offensivhandlung Österreich-Ungarns aur dem Balkan Einspruch erhob1), mußte sich nun das Hauptquartier der Balkanstreitkräfte fast ausschließlich auf die Verteidigung hinter den noch immer hochgehenden Grenzströmen einrichten.

Hiezu wurde das XV. Korps (1. und 48. ID.) auf den weiten Raum Alt-Pazua—Ruma verteilt, indes das XVI. (18., 50. und kombinierte, jetzt 57.ID.) zwischen Šid und Brcko ausgedehnte Quartiere bezog (Beilage 12). In Bosnien traten die 4. und die 5. GbBrig. zur 58. ID., die 6. GbBrig. und die 18. LstGbBrig. zur 59. ID. zusammen. Emsig wurde an der technischen Ausgestaltung der Verteidigungszone gearbeitet. Brücken über den Bosut, die Drau und die Theiß, bei Erdut und Titel durch Brückenköpfe gesichert, sollten raschen Truppenverschiebungen dienen. Syrmien wurde mit einem ausgedehnten Verteidigungssystem ausgestattet, damit das XV. und das XVI. Korps nach Bedarf freigemacht werden konnten. Auch die Stellungen an der Donau und der Drina wurden ausgestaltet, Sarajevo zu einem großen Waffenplatz ausgebaut. Die Donauflottille, die im Jänner nach Budapest zurückgezogen worden war, traf bei Besserung der Wasserstandsverhältnisse wieder im Armeebereiche ein und beteiligte sich seit 17. Februar an dem Vergeltungsfeuer, das wegen Beschießung der offenen Städte Semlin und Mitrovica auf Belgrad gerichtet wurde. Außer dem Streben, die Kräfteabgaben durch Verstärkung der Befestigungen wettzumachen, wurden in verschiedenen Orten Südungarns auch kleine Abteilungen deutscher Regimenter recht auffällig gezeigt, um den Ersatz der weggeführten Korps durch deutsche vorzutäuschen. Diese Kriegslist verfehlte ihre Wirkung nicht. Die vorzüglichen Nachrichten über die Lage beim Feinde, die der Kundschaftsdienst trotz mannigfaltiger

!) Österreichisch-ungarisches Rotbuch (Wien 1915), 92 f.

Schwierigkeiten einbrachte, ermöglichten es, solche Täuschungsmittel mit Erfolg anzuwenden.

Die serbische und die montenegrinische Armee waren, als sie zu Weihnachten 1914 wieder ihre Landesgrenzen erreicht hatten, gleich ihrem Gegner schwer her genommen gewesen. Die serbische Heeresleitung hatte sich daher nicht minder vor allem die Wiederherstellung der Kampfkraft und die Sicherung des Landes angelegen sein lassen. Sie war unter dem durch das Auftreten deutscher Demonstrationstruppen verstärkten Eindruck gestanden, daß Österreich-Ungarn ungesäumt zu einem neuen Schlag ausholen werde. Die vier Divisionen starke 1. Serbenarmee hatte daher im Save—Drinawinkel die Zugänge nach Valjevo zu beschirmen. Die Verteidigung Belgrads wurde Truppen des III. Aufgebots übertragen, denen die ŠumD.I als Rückhalt diente. Südlich von der Hauptstadt lagen westlich und östlich der Bahn Belgrad—Nis die 3. und die 2. Armee, drei und zwei Divisionen stark, die zum Teil auch am Flußsicherungsdienst mitwirkten. Den Donauabschnitt zwischen der Morava- und der Timok-mündung schützten zwei starke, aus Truppen III. Aufgebotes gebildete Abteilungen, hinter denen Ende Jänner die DonD.I der 1. Armee um Požarevac aufmarschierte. Die zwei Divisionen starke Armeegruppe Užice, der auch die montenegrinische LimD. zugewiesen war, sperrte die von Ostbosnien nach Užice führenden Anmarschwege. Die Kavalleriedivision hatte um Palanka Quartiere bezogen.

Vom montenegrinischen Heer, dessen Gesamtstand 52.900 Mann, 140 Geschütze und 105 MG. betrug, stand die Armeegruppe Sandžak mit etwa 30 Bataillonen an der Drinafront zwischen dem Lim und der Tara, das Herzegowina-Detachement mit 20 Bataillonen im Grenzraume östlich von Bileća und Trebinje und das Lovčen-Detachement im Osten und Süden der Bocche di Cattaro. Das Altserbische Detachement sperrte an der Südgrenze mit 20 Bataillonen die aus Albanien kommenden Wege und sicherte die Küste. Diese Gruppierung blieb im wesentlichen bis zum Herbst 1915 unverändert1).

Schien dergestalt alles aufs beste für die Sicherung des Landes geordnet zu .sein, so wurde das serbische Oberkommando doch von schweren Sorgen bedrückt. Zunächst waren es die noch unsicheren Verhältnisse im neuerworbenen Süden des Reiches, wo das Treiben bulgarischer und jungtürkischer Banden zu Truppenentsendungen zwang. Aber auch die

x) Großer Generalstab, Der große Krieg Serbiens zur Befreiung und Vereinigung der Serben, Kroaten und Slowenen (Belgrad 1924), VIII, 24f., in serbischer Sprache. Künftig zitiert als: Serb. Gstb.W.

Ereignisse in Albanien, wo der neue, serbenfreundliche Machthaber Essad Pascha gegen Aufständische immer mehr in die Hinterhand geriet, fesselten das Interesse der serbischen Regierung13). Wieder mußte die Feldarmee Kräfte abgeben, die bereitgestellt wurden, um bei einem Übergreifen der Aufstandsbewegung nach Serbien jene strategisch wichtigen Punkte an der Albanergrenze zu besetzen, die Serbien im Jahre 1913 auf Einspruch Österreich-Ungarns hatte räumen müssen.

Eine schwere Heimsuchung für Serbien war das Auftreten von Kriegsseuchen. Flecktyphus und Cholera forderten Zehntausende von Opfern im Heer und in der Bevölkerung und konnten aus Mangel an ausreichenden sanitären Einrichtungen nicht mit Erfolg bekämpft werden. Die besonders verseuchte KombD. der 3. Armee verlegte man — um sie überhaupt kampfkräftig zu erhalten — in gesündere Quartiere knapp nördlich von Kragujevac 14).

Diese Krankheiten waren ein gewichtiger Grund für Serbiens militärische Untätigkeit in den ersten neun Monaten des Jahres 1915.

Eine weitere Sorge betraf den unzureichenden, von Rußland durch Rumänien über Prahovo (an der Donau nördlich von Negotin) nach Serbien geleiteten Zuschub an Kriegsmaterial15). Um dieser schweren Krise abzuhelfen, wurde eine neue Zufuhr von Saloniki her eingeleitet. In der Folge strebte man an, eine über Rumänien führende durchlaufende Bahnverbindung von Rußland zum Ägäischen Meer einzurichten, was auch im Interesse des gleichfalls an großem Munitionsmangel leidenden Zarenheeres gelegen gewesen wäre. Als erster Schritt hiezu wurde bei Prahovo ein Eisenbahntrajekt eingebaut. Zur Sicherung dieser wichtigen Transportlinie verlegte das serbische Oberkommando Mitte März die KombD. in den Timokkreis, was auf der Gegenseite den Erzherzog Eugen am

19. dieses Monats zur Verschiebung der 109. LstlBrig. nach Orsova ver-anlaßte. Aber auch unter schwerem Mangel an Nahrungsmitteln hatte die serbische Armee zu leiden. Dies bewog Mitte März, die Masse der montenegrinischen LimD. aus der Armeegruppe Užice auszuscheiden und in den Sandžak Novipazar zu verlegen16).

Der herannahende Frühling brachte auch die Möglichkeit größerer Kriegshandlungen auf dem Balkan. In Übereinstimmung mit dem Russenansturm in den Karpathen wußten Konfidenten von einem knapp bevorstehenden Angriff der Serben und Rumänen in der Richtung auf Temesvár zu berichten1). Als anfangs April immer dichter werdende Meldungen über serbische Ansammlungen gegenüber von Báziás einen Einbruch ins Banat besorgen ließen, verlegte Erzherzog Eugen die 10. GbBrig. der 48. ID. nach Ung.-Weißkirchen. Auch wurden weitere auf rasche Verschiebungsmöglichkeit abzielende Maßnahmen getroffen, so die Baggerung der die Donau und die Temes verbindenden Wasserlinie, damit Pancsova auf dem Wasserwege mit Umgehung von Belgrad erreicht werden konnte.

Die am 10. April auf 234.000 Gewehre, 350 Feld- und 852 Festungsgeschütze angewachsene Heeresmacht der Balkanstreitkräfte befähigte den Erzherzog wohl, jeden Angriff der etwa 210.000 Gewehre starken Serben abzuwehren. Beim Hinzutreten Rumäniens wäre jedoch ein Abwehrerfolg schon mehr als fraglich gewesen. Zum Glück bannte ein neuerliches Anschwellen der Grenzströme nach der Schneeschmelze die Gefahr eines mit den Russen gleichzeitig erfolgenden Angriffes der Serben. Als am 19. April das Wasser zu sinken begann, war der Russenansturm in der Osterschlacht zusammen gebrochen. Die serbische Armee verharrte nun mit Rücksicht auf ihre Notlage auch weiterhin in Untätigkeit, obwohl der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch am 20. April den serbischen Thronfolger Alexander zur Offensive auf forderte und ihm vorhielt, die Verschiebung starker öst.-ung. Kräfte (VIII., XIII. und XIX. Korps) von der Balkan- an die Karpathenfront nicht verhindert zu haben2).

Italiens Abfall vom Dreibunde Hiezu Beilage 13 sowie Skizze 25

Wenn über die Art der „Kompensationen“, die Italien von ÖsterreichUngarn begehrte, noch ein Zweifel bestanden hätte (S. 7), so wäre er durch die amtlichen Mitteilungen zerstreut worden, die die italienische Regierung am 11. Jänner 1915 nach    Wien gelangen ließ.    Italien    lehnte es

ab, sich im Sinne des Artikels VII    des Dreibundvertrages    mit    Gebiets

entschädigungen auf dem Balkan zu begnügen, deren Zusicherung übrigens bei der augenblicklichen Kriegslage wertlos war, sondern forderte

*) Diese Konfidentennachrichten waren richtig. Die Serben planten jedoch, nur für den Fall offensiv zu werden, als die    Rumänen mitgingen.

2) Serb. Gstb.W., VIII, 102ff.

unbekümmert um den Kriegsfortgang altösterreichischen Boden: „Triest und Trient“, wie es aus allen Kundgebungen der mächtig emporschwellenden Irredenta hervorklang1). Die durch diese Eröffnungen auf dem Wiener Ballhausplatz brennend gewordene Frage, ob man sofort in Verhandlungen über die Wünsche Italiens eintreten sollte, führte Mitte Jänner zum Rücktritt des Grafen Berchtold, dessen Nachfolger Baron Burián gemäß den Wünschen Tiszas konkrete Verhandlungen so lange hinauszuziehen hoffte, bis eine Wendung der Kriegslage die Begehrlichkeit der Italiener herabzumindern vermochte2).

Der Karpathenangriff brachte aber diese auch vom AOK. erhoffte Wendung nicht. Gleichzeitig begann Deutschland einen heftigen Druck auf Österreich-Ungarn auszuüben, um es den italienischen Wünschen gefügiger zu machen. Man hatte in der Wilhelmstraße seit Kriegsbeginn die Überzeugung, daß es ohne ausreichendes Entgegenkommen nicht abgehen werde und gab sich dabei noch bis ins Frühjahr 1915 hinein der optimistischen Hoffnung hin, sich schon durch die Abtretung des Trentino oder sogar eines noch schmäleren Grenzstreifens mindestens die wohlwollende Neutralität Italiens sichern zu können. Fürst Bülow, zu Weihnachten wegen seiner engen Beziehungen zu den maßgebenden italienischen Kreisen zum „außerordentlichen Botschafter“ in Rom ernannt, bestärkte die Reichsregierung in dieser Zuversicht; der Nachdruck, mit dem er für Zugeständnisse des Habsburgerreiches an Italien eintrat und die Offenheit, die er dabei auch gegenüber den Italienern an den Tag legte, verstimmten in Wien alsbald außerordentlich stark.

Das Verhalten der Reichsleitung fand durchaus den Beifall Falkenhayns, der sich bei seinen immer wieder auftauchenden Bestrebungen, über Serbien den Weg nach Konstantinopel zu öffnen, durch den österreichisch-italienischen Gegensatz auch in seiner Handlungsfreiheit auf dem Balkan schwer beengt fühlte. Hatte doch Mitte Februar Italien die öst.-ung. Regierung sogar wissen lassen, daß es bei einer Wiederaufnahme der Angriffe Östereich-Ungarns gegen Serbien für die weitere Entwicklung jedwede Verantwortung ablehnen müßte! Dazu mußte eine Rückwirkung des österreichisch-italienischen Konfliktes auf die Haltung des Königreiches Rumänien befürchtet werden. Noch im Jänner 1915 hatte Falkenhayn den italienischen Militärattache in Berlin, Obstlt. Bongiovanni, ausdrücklich wissen lassen, daß er auf die Abtretung öster-

!) Österreichisch-ungarisches Rotbuch 1915, 77 ff.; Burián, Drei Jahre aus der Zeit meiner Amtsführung im Kriege (Berlin 1923), 26.

2) Musul in, 254 f.; T i s z a, Briefe, 150 ff.

reichischen Gebietes an Italien hinarbeiten wolle1). Er ließ denn auch in weiterer Folge keine Gelegenheit vorübergehen, im Sinne seiner Anschauungen auf seinen öst.-ung. Kollegen einzuwirken. Dabei verfehlte er nicht, den Bundesgenossen damit zu trösten, daß es bei einem glücklichen Kriegsausgang sehr wohl möglich sein werde, den Italienern ihre Beute wieder abzujagen. Auf Conrad machten auch solche Trostworte keinen Eindruck. Erbittert ließ er sich vernehmen, ein Friede durch Landverzicht sei, wenn man ihn unbedingt wünsche, durch die Abtretung ElsaßLothringens viel vollständiger zu erreichen.

So drangen denn bei den Besprechungen, die kurz darauf, am

20. Februar, in Teschen stattfanden, Bethmann-Hollweg und Falkenhayn auf Burián und Conrad schon sehr heftig ein, und am 9. März mußte sich Burián — ermächtigt durch einen am Tag zuvor abgehaltenen Kronrat2) — herbeilassen, den Italienern als Preis für ihre Freundschaft das Trentino anzutragen. Sonnino stellte am 10. April diesem Anbot ein schweres Bündel von Forderungen entgegen: der Bundesgenosse sollte nicht nur Trient, sondern auch Bozen, Görz und Gradisca sowie die wichtigsten Adriainseln an Italien abtreten, Triest mit erweitertem Gebiet zu einem unabhängigen. Freistaat umwandeln, das Recht Italiens auf Valona und Saseno anerkennen und sich an Albanien desinteressiert erklären3). Nunmehr strebten, darüber konnte kein Zweifel sein, die Dinge der Entscheidung zu.

In der Tat hatten die Italiener am 9. März den Ententemächten in London eine Denkschrift mit den Forderungen vorgelegt, von deren Erfüllung sie den Eintritt in den Krieg gegen Österreich-Ungarn abhängig machten4). Die Gewinnung des neuen Kampfgenossen wurde vor allem von England und dann auch von der russischen Heeresleitung betrieben, indes die politischen Kreise von Petersburg die italienischen Wünsche nach Landbesitz an der Ostküste der Adria im Hinblick auf die Serben nur mit großem Mißbehagen zur Kenntnis nahmen. Erst ein Schreiben des Präsidenten der französischen Republik Poincare an den Zaren überwand die Schwierigkeiten. Am 26. April wurde der Londoner Vertrag zwischen

!) Reymann, Biographie Falkenhayns im Deutschen biographischen Jahrbuch, IV (Berlin 1929), 56 ff.

2)    In diesem Kronrat hatte der Kaiser im Einverständnis mit seinem Außenminister ausdrücklich verfügt, daß nur eine Gebietsabtretung in Welschtirol in Frage kommen könne.

3)    Österreichisch-ungarisches Rotbuch 1915, 128 ff.

4)    Glaise-Horstenau, Die Katastrophe — Die Zertrümmerung ÖsterreichUngarns und das Werden der Nachfolgestaaten (Wien 1929), 42 ff.

Italien und den Ententemächten unterzeichnet. Darnach sollte der neue Bundesgenosse binnen Monatsfrist in den Kampf gegen die Mittelmächte eintreten, wofür ihm bei entsprechendem Kriegsausgange Südtirol bis zum Brenner, Triest, Görz und Gradisca, Istrien bis zum Quarnero mit Einschluß von Volosca, Nord- und Mitteldalmatien samt Trebinje und den wichtigeren Adriainseln, außerdem Valona und Saseno und ein gebührender Anteil an einer etwaigen kleinasiatischen oder nordafrikanischen Kriegsbeute zugesichert wurden. Der Papst durfte keinen mit dem Krieg oder dem Friedensschluß zusammenhängenden Verhandlungen beigezogen werden. Italien sollte zu entsprechender Frist dem von den drei Ententegroßmächten am 4. September 1914 gegen einen Sonderfrieden geschlossenen Vertrag beitreten.

Italiens Rüstungen und, Kriegspläne

Das Hinausziehen der Verhandlungen in Wien und London war den Italienern aus militärischen Gründen gar nicht unangenehm gewesen. Bot es ihnen doch die Möglichkeit, die um die Jahreswende noch wenig fortgeschrittene Rüstung weiter zu vervollkommnen.

Als Ende Juli 1914 die Fackel des europäischen Krieges lichterloh aufgeflammt war, hatte auch in den italienischen Generalstabsbureaus emsigste Tätigkeit geherrscht. Eben erst, am 27. des genannten Monats, hatte der seit vier Wochen durch das plötzliche Hinscheiden des Gen. Pollio verwaiste Generalstab in der Person des Conte Luigi Cadorna einen neuen Chef erhalten. Wenngleich lange nicht so dreibundfreundlich wie seine Vorgänger Saletta und Pollio, war er doch bestrebt, die durch den lybi-schen Krieg in Mitleidenschaft gezogenen Kriegsvorbereitungen im Geiste einer Erfüllung der 1913 wieder übernommenen militärischen Dreibundpflichten zu überprüfen. Diese Pflichten bestanden in der Beistellung einer gegen Frankreich bestimmten Vogesenarmee von drei Armeekorps und zwei Kavalleriedivisionen (Bd. I, S. 3) sowie in einer einheitlichen Verwendung der öst.-ung. und der italienischen Kriegsflotte unter dem gemeinsamen Oberbefehl des öst.-ung. Admirals x). Cadorna schlug dem König sogar vor, die für den Anschluß an die deutschen Armeen bestimmten Heereskörper noch um weitere Korps zu verstärken2). Bezeichnender-

x) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—1918 (Wien 1929/31), 43 f.

2) Cadorna, Altre pagine sulla grande guerra (Mailand 1926), 15 ff. Siehe auch G a 11 i, L’ultimo atto militare italiano della triplice allianza (Rassegna italianä, Rom, Dezember-Heft 1923), 764 ff.

weise hielt der General am 2. August die Zustimmung seines Königs in Händen. Doch schon am Vorabend hatte der Ministerrat das Verharren in der Neutralität beschlossen, und wie der König die Aufforderung des Kaisers Franz Joseph, Waffenhilfe zu leisten, mit dem Hinweis auf diesen Ministerbeschluß ablehnte, so hatte Cadorna das gleiche auf die telegraphische Einladung Conrads zu gemeinsamen Besprechungen der Generalstäbe zu tun, wobei der italienische Generalstabschef die Bemerkung beifügte: „Wenn Österreich-Ungarn Lovčen nicht besetzt und Gleichgewicht in der Adria nicht stört, wird Italien niemals gegen ÖsterreichUngarn vorgehen1).“ Gen. Cadorna sollte nicht in die Lage kommen, dieses Wort zu halten.

Frankreich dankte der lateinischen Schwester ihren Entschluß jedenfalls aus brennendem Herzen, konnte es doch alsbald in den Nöten des ersten Feldzuges seine Alpengrenze ganz entblößen. Deutschland hingegen mußte die ausfallende italienische Vogesenarmee auf Kosten seines Ostheeres durch eigene Kräfte ersetzen, womit sich Italien zugleich auch Anspruch auf den Dank Rußlands erwarb2).

Entsprechend diesen ersten, den späteren Verbündeten geleisteten Diensten begann der italienische Generalstab auch sofort, den Frontwechsel der Armee vorzubereiten. Noch am 2. August wurde eine „leichte“ Mobilmachung angeordnet, indem man zweieinhalb Reservejahrgänge einberief3). Gleichzeitig schickte sich Cadorna an, eine Studie über eine Offensive gegen Österreich-Ungarn zu entwerfen. Eine solche sei, betont er in seinen Denkwürdigkeiten, nicht vorhanden gewesen, da sich Italien bisher für einen Angriff auf das Habsburgerreich zu schwach gefühlt und daher nur Vorbereitungen für eine Abwehr getroffen habe4). Diese Abwehr war so gedacht gewesen, daß der größere Teil des Heeres (zwei Armeen mit 14 Infanterie- und 4 KavalleriediVisionen) am Piave zwischen Vittorio Veneto und dem Meere aufzumarschieren hatte, indes zwei weitere Armeen, 12 Divisionen stark, an der Gebirgsgrenze zwischen dem Stilfser Joch und dem Monte Peralba und 6 Divisionen als Heeresreserve bei Mantua und Padua versammelt werden sollten. 3 Divisionen hätten zum Schutze Süditaliens und Roms zurückzubleiben gehabt5).

1)    Conra d, IV, 176.

2)    Reichsarchiv, I, 181 f.

3)    Ministero della guerra, L’esercito italiano nella grande guerra (1915—1918) — weiterhin als „Ital. Gstb. W.“ zitiert — (Rom 1927), I, Beilagenheft, 69.

4)    Cadorna, La guerra alla fronte italiana (Mailand 1921), I, 24f. und 134; vgl. auch Ital. Gstb. W., II, Text, lff., und Skizzen 1 bis 5.

5)    Ital. Gstb.W., I, Text, 154f.

Jetzt vor eine offensive Aufgabe gestellt, glaubte Gen. Cadorna in Anbetracht der geringen Stärke des Heeres — 14 Korpskmdos. mit 25 Infanterie- und 4 Kavalleriedivisionen erster Linie und 10 Mobilmilizdivisionen — sich zunächst nur einem der beiden Operationsziele, Südtirol mit Trient oder Küstenland mit Triest, zuwenden zu können. Da ein Angriff gegen Südtirol wegen der österreichischen Sperrwerke und der Festung Trient, zu deren rascher Niederkämpfung die italienische Belagerungsartillerie zu schwach war, keinen Erfolg zu verheißen schien, entschied er sich für die Offensive über den Isonzo. Bei dieser Operationsrichtung winkte nicht nur die Besitznahme des wertvolleren der beiden ersehnten Ziele, sondern auch die Möglichkeit eines Zusammenwirkens mit der serbischen Armee, dessen man bei dem entlegenen Vorstoß auf Trient hätte entraten müssen. Allerdings konnte die italienische Vorrückung gegen Triest und Laibach durch einen österreichischen Vorstoß aus Tirol in der linken Flanke gefährdet werden. Doch Cadorna fühlte sich stark genug, um den Hauptangriff nach dem Gebirge hin verläßlich zu sichern. Zu diesem Zwecke sollten — wie für eine reine Abwehr — zwei Armeen (12 Infanteriedivisionen stark), gestützt auf die Grenzbefestigungen, Tirol von Westen, Süden und Osten umklammern. Der östlichen dieser beiden Armeen war überdies ein Angriff aus dem Cadore auf Toblach zugedacht, von wo sie, im Drau- und Gailtal vorrückend, der verhältnismäßig schwachen Kraftgruppe, die an der Kärntner Grenze aufmarschierte (2 Divisionen und Gebirgstruppen), den Einbruch in die Becken von Tarvis und Villach erleichtern sollte. Die gleichfalls in zwei Armeen gegliederte Masse des Heeres (14 Infanteriedivisionen und die Heeresreiterei) wollte Cadorna aus ihrem Versammlungsraum beiderseits des Tagliamento zum Stoß zwischen den Julischen Alpen und dem Meere ansetzen, wobei ihr die Karnische Gruppe, von Tarvis durch das Tal der Wurzner Save herabsteigend, die Hand zu reichen hatte. Starke Heeresreserven, die als Verstärkung der Hauptangriffsgruppe gedacht waren, wenn sie nicht zur Abwehr eines österreichischen Vorstoßes aus Tirol gebraucht wurden, plante Cadorna bei Verona und Padua bereitzustellen. Das nächste Ziel der Hauptstoßgruppe war das Becken von Laibach, von wo sie je nach der strategischen Lage die Draustrecke Klagenfurt—Völkermarkt zu erreichen oder weiter talab bei Marburg und Warasdin die Tore Ungarns zu sprengen hatte. Eine Bedrohung Süditaliens sowie einen österreichischen, bei Verletzung der Schweizer Neutralität auf Mailand gerichteten Angriff glaubte man berechtigterweise nicht mehr besorgen zu müssen.

Diese am 1. September 1914 festgelegten Richtlinien behielten auch für die tatsächliche Durchführung der Operationen ihre Geltung1).

Während Gen. Cadorna seinen Offensivplan in allen Einzelheiten durcharbeitete, erlangte er am 24. September volle Kenntnis von der verzweifelten Bekleidungslage des Heeres, die der lybische Krieg verursacht hatte. Auch der Mangel an großkalibrigem Geschütz, an Maschinengewehren und an Lastkraftwagen sowie der unerfreuliche disziplinäre Zustand vieler Regimenter ließen es ihm unmöglich erscheinen, das Heer bei herannahendem Winter ins Feld zu führen. So legte er sich gemeinsam mit dem Kriegsminister ein Sanierungs- und Ausbauprogramm zurecht, dessen Dauer er mit 51/* Monaten bemaß.

In den Monaten der Sachaufrüstung des italienischen Heeres wähnte sich sein Generalstabschef dauernd dadurch beunruhigt, daß ÖsterreichUngarns Heer schon mobilisiert war und daß es mit der russischen und der serbischen Front entnommenen Truppen plötzlich über das noch nicht kriegsbereite Italien herzufallen vermöchte. Selbst die zuweilen äußerst gespannte Lage der k.u.k. Streitkräfte auf diesen beiden Kriegsschauplätzen, die Cadorna doch bekannt gewesen sein mußte, konnte dieses Schreckensgespenst nicht aus seinem Arbeitszimmer bannen. Um nun sein Vaterland gegen einen Überfall aus Tirol oder aus dem Küstenlande zu schützen, richtete er gleich zu Beginn des Weltkrieges nahe der österreichischen Grenze eine „vorgeschobene Besetzung“ (occupazione avan-zata) ein, in die Gebirgsformationen, darunter auch solche, die bisher an der französischen Grenze gestanden waren, und Truppen der zunächst gelegenen Garnisonen verlegt wurden. Ende August wurden diese Grenzsicherungen im Friaul verstärkt, und um die Monatswende OktoberNovember die Grenzbefestigungen bei weiterem Reservistenaufgebot mit Besatzungen versehen2).

Eine zweite Maßnahme betraf die Verbesserung der Mobilmachung und des Aufmarsches. Bisher hätten sich diese beiden Vorgänge, für deren Durchführungsdauer ein Monat vorgesehen war, in enger Wechselwirkung abzuspielen gehabt, wobei die Truppenkörper wegen der zum Teil exterritorialen Ergänzung erst im Versammlungsraum ihre Schlagfertigkeit erlangen sollten. Nach dem neuen Mobilisierungsverfahren, das am 1. März 1915 in Kraft trat und die möglichste Geheimhaltung der Mobilmachung bei Beschleunigung des darauf folgenden Aufmarsches zum Ziele hatte, sollten die Regimenter grundsätzlich in den Garnisonsorten

1)    Cadorna, La guerra, I, 95 ff.; Ital. Gstb. W., I, Beilagenheft, Beilage 50.

2)    Ital. Gstb. W., I, Text, 156.

den Kriegsstand annehmen, die Bildung der höheren Einheiten hatte hingegen erst im Aufmarschraum zu erfolgen. Durch die möglichst geheime Mobilisierung sollte der Diplomatie die Freiheit des Handelns gewahrt bleiben und eine unerwünschte vorzeitige Kriegserklärung des Gegners hintangehalten werden. Erst zu politisch günstiger Zeit sollte der Aufmarsch in drei großen Transportstaffeln (zuerst sechs Korps und die Heeresreiterei, dann zweimal je vier Korps) erfolgen, wobei als Voraussetzung für das Gelingen der Heeresversammlung ein wirksamer Schutz durch die nötigenfalls zu verstärkende „vorgeschobene Besetzung“ angesehen wurde1).

Um die Jahreswende 1914/15 kam ein frischerer Zug in Italiens Handeln. Der Besetzung der Insel Saseno folgte trotz des Einspruches Cadornas am 25. Dezember die Landung italienischer Truppen inValona (S. 7) 2). Am 4. Jänner wurde die Bildung der im Frieden nicht aufgestellten Mobilmilizregimenter (2. Linie) angeordnet.

Entsprechend dem Verlaufe der weiteren diplomatischen Verhandlungen machte auch die Aufrüstung des italienischen Heeres weitere Fortschritte. Anfang März wurde die in Aussicht genommene Verstärkung der „vorgeschobenen Besetzung“ verfügt, die Mitte April einen Stand von 142.000 Mann erreichte3). Drei Tage vor dem Abschluß des Londoner Vertrages begann endlich auch die „geheime Mobilmachung“, indem die nun acht Korps umfassende erste Heeresstaffel auf vollen Kriegsfuß gesetzt wurde. Zugleich mit der politischen Entscheidung waren so auch militärisch die Würfel gegen den früheren Bundesgenossen gefallen.

Österreich-UngarnsAbwehrmaßnahmen gegen Italien

Ehe das k.u.k. AOK. Mitte August 1914 Wien verließ, leitete es noch Maßnahmen zur Abwehr eines von dem schon höchst unverläßlichen italienischen Verbündeten etwa versuchten Angriffes ein. GdI. Conrad, seit jeher von größtem Mißtrauen gegen Italien erfüllt, urteilte damals, daß „es ganz im Geiste italienischer Mentalität“ läge, „jetzt, da Österreich-Ungarn im Nordosten und auf dem Balkan schwer bedroht war, den bisherigen, klug getäuschten Bundesgenossen skrupellos von rückwärts anzufalleni). Deshalb beauftragte der Armeeoberkommandant Erz-

1)    Ital. Gstb.W., I, Text, 157f.

2)    Vgl. auch K i s z 1 i n g, Italiens Neutralität und geheime Aufrüstung zum Kriege (Berliner Monatshefte, Jahrgang 1929, 1101 ff.).

3)    Ital. Gstb.W., I, Text, 161.

4)    Conrad, IV, 377.

herzog Friedrich am 13. August den GdK. Franz Rohr, „die Reichsverteidigung an unserer Südwestgrenze unter den jetzt gegebenen Verhältnissen zu studieren, vorzubereiten und der jeweiligen Lage entsprechend zu organisieren“ ’). Infolge der „durch die allgemeine Lage gegebenen Unmöglichkeit, gegen eventuelle Feindseligkeiten Italiens ausreichende Streitkräfte zu verwenden“, sah sich die Heeresleitung zwei Tage später auch veranlaßt, den Ausbau der projektierten Donaubrückenköpfe Krems, Tulln, Wien, Preßburg, Komorn und Budapest zu beantragen, welchem Vorschlag Kaiser Franz Joseph am 22. zustimmte2).

Nach den bis Mitte August einlaufenden Nachrichten war es nicht ausgeschlossen, daß sich für die Italiener aus dem Einfalle irregulärer Freischaren (Garibaldianer) oder aus irredentistischen Unruhen auf österreichischem Boden der Vorwand zu einem Eingreifen gegen die Donaumonarchie ergeben könnte. Solche Möglichkeiten hatte das Gruppenkmdo. GdK. Rohr, das am 16. August in Wien aufgestellt wurde, tatkräftig zu durchkreuzen. Kam es zum Kriege gegen Italien, dann sollte Rohr den vordringenden Feind in Tirol und auf dem Marsche vom Tagliamento gegen Wien so lange aufhalten, bis von den anderen Kriegsschauplätzen entsprechende Kräfte herangeholt waren.

Zur Erfüllung dieser Aufgabe wurde dem GdK. Rohr eine sehr bunte und unorganisierte Truppenmacht unterstellt. Er konnte fürs erste über alle von der Feldarmee zurückgelassenen militärischen Verbände verfügen, als da waren: Marschbataillone, Ersatzkörper, Eisenbahnsicherungen, Küstenschutz- und Grenzfinanzwachabteilungen, Gendarmerieposten mit Landsturmassistenzen, Marinesignalstations- und Kabelwachen. Dazu kamen noch die nichteingereihten Landsturmpflichtigen, in Tirol und Vorarlberg überdies die Standschützen, von denen noch die Rede sein wird. Den Kern für die Verteidigung der Südtiroler Bastion sollte das als „Sicherheitsbesatzung für den Kriegsfall R“ vorgesehene Tiroler LstIR.I bilden; im Küstenlande hatten diese Rolle das Laibacher LstlR. 27 und 5 Grenzschutzkompagnien zu übernehmen. Anfangs September wurde die in fünf Unterabschnitte geteilte Südtiroler Grenze durch 17 Bataillone, 1V4 Schwadronen und 12 Geschütze mobiler, milizartiger Neuaufstellungen gedeckt, deren Führer der Militärkommandant von Innsbruck, FML. v. Koennen-Horák, war. In Kärnten und im Küstenlande standen zur selben Zeit unter dem Befehle des Grazer Militärkommandanten, FML. v. Mattanovich, 2Z1/i Bataillone, ly2 Schwadronen und 8 Geschütze

!) Conrad, IV, 378f.

2) Ebenda, IV, 399, 477.

gleicher Art. Ihnen war im Bereiche der genannten Militärbezirke noch die infanteristische, artilleristische und technische Widerstandskraft der Grenzbefestigungen zuzuzählen, die aber nur die für den Kriegsfall R vorgesehene, beschränkte Ausrüstung und Besatzung erhalten hatten. Der Hauptkriegshafen Pola, der die 112. LstlBrig. und das SchR. 5 als Besatzung hatte, unterstand direkt der Heeresleitung. Besonderer Kraftzuwachs winkte der Gruppe GdK. Rohr im Ernstfälle dadurch, daß sie mit zahlreichen Marsch- und Landsturmbataillonen der Militärbereiche Wien, Prag und Leitmeritz, bald auch noch mit einer Honvédmarschbrigade rechnen durfte, die ihr die Heeresleitung in der Stunde der Not zur Verfügung zu stellen gedachte. Der Gruppenbefehlshaber hätte bei einem solchen Aufgebot über die ansehnliche Truppenmacht von etwa 200 Bataillonen verfügt. Zudem wäre man nicht fehlgegangen, wenn Kaiser und Heeresleitung sich bei einem Einbrüche der Italiener an die bewährte Treue der deutschen sowie auch der slowenischen und der kroatischen Bevölkerung der bedrohten Länder gehalten und sie zur Mitwirkung an der Verteidigung aufgerufen hätten.

Da diese zusammengewürfelten Truppen trotz ihrer Zahl nur begrenzte Verwendungsfähigkeit aufgewiesen hätten, konnten ihnen im allgemeinen nur defensive Aufgaben zugedacht werden. Demgemäß war der Entschluß beschaffen gewesen, den der Gruppenbefehlshaber am 18. August gefaßt hatte. Er gedachte, gegenüber einem Angriff der Italiener das Land Tirol, gestützt auf die Befestigungen und das Volksaufgebot, bis zum äußersten zu halten, die von Villach durch das obere Murtal zum Semmering führende Vormarschlinie unter Ausnützung der Befestigungen von Malborghet, Predil und Flitsch zu sperren und östlich von der Linie Görz—Triest dem Feind den Eintritt in das Karstgebirge zu verwehren. An einen Entscheidungskampf gegen die letztgenannte, wohl stärkste Heeresmasse der Italiener war freilich erst an der Save zu denken und auch hier nur dann, wenn inzwischen ausreichende Verstärkungen eingelangt waren.

Übrigens sah sich GdK. Rohr bald genötigt, mit einer erheblich geringeren Truppenmacht zu rechnen, als sie ihm in den ersten Kriegswochen in Aussicht gestellt war. Als der 20. September, der Gedenktag der Einnahme von Rom (1870), der als besonderer Lostag für einen Vorstoß der Italiener galt, ereignislos vorübergegangen war, wurde nicht nur aus allen oben genannten Militärbereichen Marschbataillon auf Marschbataillon zu den Feldarmeen geholt, sondern auch die verschiedenen Landsturmverbände folgten ihnen nach und fanden in den werdenden Donau

brückenköpfen Verwendung. Auch in der Folge durfte das Gruppenkmdo. Rohr mit den in den Militärbereichen Innsbruck und Graz eben befindlichen Marschbataillonen nur als mit einem höchst unsicheren und vorübergehenden Besitzstand rechnen.

Aber es blieb nicht bei der Abberufung der Marschbataillone allein. Schon am 25. September war das krainerische LstlR. 27 von der Heeresleitung nach Bosnien geholt worden. Als der Feind Sarajevo bedrohte, folgte am 10. Oktober auch die aus den besten Truppen (darunter das Tiroler LstIR.I und die Grenzschutzkompagnien) gebildete Brigade Obst. v. Wieden in der Stärke von 8V2 Bataillonen, li/t Schwadronen und 3 Feldbatterien sowie 18 aus alten Feldgeschützen zusammengesetzten immobilen Batterien. Anfangs Dezember wurden die 2. LstMaBrig. mit

6 Bataillonen, ferner 21 Ersatzabteilungen und einige eben erst neu aufgestellte Batterien in die Karpathen abbefördert. Die anfangs Oktober der Gruppe Rohr zugewiesene 5. LstTerrBrig. aus Znaim stellte gegenüber diesen Einbußen keinen vollwertigen Ersatz dar.

Die Heeresleitung unterschätzte denn auch die Schwierigkeiten nicht, die der Führung der Gruppe Rohr aus diesem ständigen Wechsel der Stärke erwuchs. Noch am 20. September hatte sie die Aufgabe der Gruppe dahin eingeschränkt, daß nur mehr ein Einfall von Freischaren an der Grenze abzuweisen war, indes der Einbruch regulärer italienischer Kräfte bloß in der Linie der aufs äußerste zu verteidigenden Befestigungen auf gehalten werden sollte. Ende September nahm GdK. Rohr seine mobilen Abwehrtruppen in weitere Winterquartiere zurück; auch die Verteidigung der Südspitze der Tiroler Bastion wurde aus der Linie der Etsch-Arsasperren in die Front Riva—Rovereto—Folgaria rückverlegt. Diese Umgruppierungen waren erlaubt, da auch die Italiener ihre Grenztruppen rückverlegt und teilweise sogar deren Stände vermindert hatten.

Das Gruppenkmdo. GdK. Rohr war eifrig bestrebt, mit emsiger Unterstützung durch die beiden Militärkmdos. die allzu empfindlichen Lücken durch Neuaufstellungen aufzufüllen, wobei es allerdings auch weiterhin vor der Begehrlichkeit der Feldarmeen keineswegs sicher war. Es zog Landsturmersatzkompagnien und Eisenbahnsicherungsabteilungen zu Landsturmbataillonen zusammen, bildete bei den Kavallerie-, Artillerie-und Sappeurersatzkörpern Marschzüge, stellte aus den in den Befestigungen halbwegs entbehrlichen Geschützen neue Batterien auf. Ein besonderes Plus in der Rüstung der Gruppe bildete im März die Aufstellung der Reservebataillone der IR. 29 und 37, die aus den nach Tirol entsandten Militärarbeiterabteilungen der gleichbenummerten Heeresregi

menter entstanden und trotz der Herkunft der Mannschaft aus der ungarischen Ebene sogar in den Gletscherstellungen Westtirols wertvolle Dienste leisten sollten.

Neben den wehrgesetzlich begründeten Neuformationen wurden auch Freiwilligenverbände ins Leben gerufen, zu deren Schaffung die österreichischen Alpenlande seit je den besten Boden abgaben. Kärnten schritt an Opfermut mit seinen vier Regimentern (10.000 Mann) an der Spitze; die politischen Behörden nahmen sich des Aufgebotes, das auch schon im Grenzdienste verwendet wurde, mit besonderem Eifer an. Die Salzburger stellten 6 Bataillone, die Oberösterreicher 4, junges Blut von 17, 18 und 19 Jahren, das älteren Kämpen an Todesmut nichts nachgab. Auch ein Triestiner Jungschützenbataillon trat in den Dienst des Vaterlandes. Weniger zahlreich war das Aufgebot in der Steiermark, am schlechtesten in Krain, da sich die Heeresleitung nicht zu entschließen vermochte, den Freiwilligen die slowenische Kommandosprache zuzubilligen. Ende April zählte die Gruppe des GdK. Rohr insgesamt 25.600 freiwillige Schützen, von denen allerdings nur ein Viertel als Kampftruppe verwendbar war.

Wie schon angedeutet, griff man in Tirol und Vorarlberg auf das historische Institut des Standschützenwesens, das seine Wurzeln im XVI. und XVII. Jahrhundert hatte. „Auf einem ganz allgemein gehaltenen Gesetz von 1913 fußend, das die Tiroler ,Schießstände‘ als landsturmpflichtige Körperschaften erklärte, wurden nunmehr alle Tiroler und Vorarlberger Standschützen zuerst in Züge, dann in Kompagnien und Bataillone zusammengefaßt, mit Waffen, Munition und Trains, im letzten Augenblicke sogar auch mit Soldatenuniformen versehen und auf diese Weise aus ihnen eine Art Bauernmiliz gemacht. Unsäglich waren die Schwierigkeiten, die sich diesem Werke entgegenstellten. Jedes Gewehr, jede Patrone, jedes Uniformstück mußten buchstäblich erbettelt oder mit List aus irgend einem Hinterlanddepot ergattert werden... Auch vor den ,Standschützen1, diesem Letzten, was die Tiroler Heimaterde herzugeben hatte, machte die begehrliche Hand der Heeresleitung nicht Halt. Zwar konnten die Standschützenformationen nicht ohne weiteres auf ferne Kriegsschauplätze gefahren werden, davor schützte sie das Gesetz1). Dafür aber wurde aus ihnen den Winter und das Frühjahr 1915 über der letzte auch nur halbwegs wehrfähige Mann herausgepreßt. Der kritische Mai 1915 fand daher Tirol bis zum Weißbluten ausgesogen und

!) Auch die Entsendung des Tiroler LstIR. I nach Bosnien wurde von den autonomen Behörden des Landes als nicht gesetzmäßig betrachtet. Daher der Widerstand, den sie teilweise der Verwandlung der „Schießstände“ in eine Volksmiliz entgegensetzten.

buchstäblich jedes wehrhaften Mannes bar. Das Letzte aber, was das arme Land an Männlichkeit noch hatte, Greise und Kinder, Untaugliche und Invalide, harrte, in 44 Bataillone und 23 selbständige Kompagnien formiert, in seinen heimatlichen Behausungen auf den Ruf des Kaisers 1).“

Bei der Eigenart ihrer Geschichte ist es nicht zu wundern, daß die Gruppe des GdK. Rohr in den zehn Monaten ihres Bestandes außerordentlich wechselnde Truppenstärken aufwies. Die feldbereiten Marschbataillone der Militärbereiche Graz und Innsbruck und die Reservebataillone mitgerechnet zählte sie

am 3. September 1914 30V2 Bataillone, 20 Geschütze „    20. September 1914    531/2    ,,    22    ,,

„    31. Oktober 1914    361/2    „    40    „

,,    31. Dezember 1914    29V2    „    70    „

„    28. Februar 1915    35    „    90    „

„    30. April 1915    36    „    96    „

Mit der Mannschaftsgestellung allein war es selbstverständlich nicht getan. Schon die Schilderung der Tiroler Verhältnisse hat gezeigt, daß die Beschaffung von Bewaffnung, Bekleidung und Ausrüstung kaum weniger Kopfzerbrechen bereitete. In den ruhigen Wintermonaten bemühte sich das Gruppenkmdo., einigermaßen Ordnung in das Chaos der unterschiedlichsten Waffen zu bringen. Standen doch nicht weniger als fünferlei Gewehrmodelle (Werndl, Mannlicher, Mauser und Mexikaner M. 13 und 14) bunt durcheinander in Verwendung. Schließlich führten die Landsturmbataillone in jedem Militärkommando nur ein Modell des Mexikanergewehres. Bei den freiwilligen Schützen befanden sich noch beträchtliche Mengen der alten Werndleinzellader. Der Küstenrayon Pola erhielt später russische Gewehre.

Den Munitionslagern der italienischen Front schlugen nach Neujahr 1915, als die ärgste Krise bei der Feldarmee gebannt war, etwas bessere Stunden. Auch Geschütze wurden wieder zugewiesen, allerdings zum größten Teil altes Feldkanonenmaterial M. 75/96, dann aber auch belgisches Beutegeschütz. In die Werke wurden an Stelle der ihnen entnommenen Maschinengewehre Modell Schwarzlose vielfach griechische Maschinengewehre eingestellt.

x) Pfersmann, Vom stillen Heldentum eines Volkes (in dem von Kerch-n a w e herausgegebenen III. Bd. der Sammlung „Im Felde unbesiegt“, München 1923, 282ff.). — Nach der im April 1915 abgehaltenen Musterung betrug der Gesamtstand der Tiroler und Vorarlberger Standschützen damals 32.400 Mann.

Bei der auf reine Abwehr abgestimmten Kampfaufgabe der Gruppe Rohr gewannen die Befestigungen naturgemäß erhöhte Bedeutung. Sie waren bei Beginn der Kämpfe geradezu das Rückgrat der Gebirgsfront, weil sie — nicht zum geringsten mit ihren zwar kleinen, aber alpin hervorragend ausgebildeten Besatzungsdetachements der Kaiserschützenregimenter — den sonst fast durchwegs milizartigen Truppen der Verteidigungsabschnitte einen festen Rückhalt boten. Sie wirkten sich nach Kriegsbeginn aber auch deshalb günstig aus, weil die Italiener die Abwehrkraft dieser meist veralteten Sperrbefestigungen weit überschätzten.

Es waren dies an der Tiroler Westfront die zum Teil noch aus der Zeit vor 1866 stammenden, im Jahrzehnt vor dem Weltkrieg aber erweiterten und auf Kasematt- und Panzerwerke umgebauten Sperren und Befestigungsgruppen von Gomagoi und Tonale. Im Süden Tirols sollten die Werke von Lardaro und die Festung Riva der Verteidigung der Judikariensenke dienen. Auf der Hochfläche von Folgaria—Lavarone war auf Anregung des GdI. Conrad in den letzten acht Jahren vor dem Weltkriege ein mehr Angriffszwecken dienender Waffenplatz entstanden. Die Tiroler Ostfront wurde in den 80er Jahren bei Landro und Sexten, dann später bis 1905 bei Tenna *) (westlich von Levico), Paneveggio, Moena, Buchenstein, Tre Sassi (beide östlich von Arabba) und Plätzwiese (westlich von Landro) zum Schutze der Val Sugana und der Dolomiten-übergänge vor italienischen Einbrüchen mit Sperrfesten versehen. In etwas zurückgezogener Lage fing die Festung Trient, deren Gürtel um die Jahrhundertwende durch Anlage moderner Panzerwerke gegen Süden erweitert worden war, die im Etschtal führende Vormarschlinie auf. Trient bildete infolge seiner Lage auch den Kern für die Verteidigung Südtirols. Dem an der Schweizer Grenze gelegenen Kasemattwerk Nauders kam nur untergeordnete Bedeutung zu. Die alte Franzensfeste hatte bloß noch Depotzwecken zu dienen.

Die Einbruchwege nach Kärnten sperrten die uralten, unter Conrads Amtstätigkeit als Chef des Generalstabes in Panzerwerke umgebauten Forts bei Malborghet und Flitsch sowie die kasemattierte Anlage bei Raibl.

Sehr stiefmütterlich war der Grenzraum am Isonzo mit Fortifikationen bedacht. Nachdem schon nach der Annexionskrise die Gefahr eines Dreifrontenkrieges hervorgetreten war, wurde er erst im Jahre 1912 durch einige westlich von Tolmein erbaute feldmäßige Stützpunkte verstärkt.

Der Hauptkriegshafen Pola erfuhr in den 80er Jahren eine Erneuerung seines Nordgürtels, der sich jedoch bald als zu eng erweisen sollte, und dem nach Kriegsausbruch eine feldmäßige Anlage vorgelegt wurde. Die Seefront wurde um die Jahrhundertwende durch die moderne Befestigung der Reede von Fasana und der Insel Lussin bereichert2).

Als nun von August 1914 an mit der Möglichkeit eines italienischen Angriffes gerechnet werden mußte, plante man fürs erste, sich im wesentlichen auf die vorhandenen permanenten Anlagen zu stützen. Da diese

!) Die hier erbauten zwei Werke galten als vorgeschobene Forts der Festung Trient.

2) Uber die Küstenbefestigungen siehe Bd. I, 84.

aber nur die nach Tirol und im Abschnitt zwischen dem Kanal- und dem oberen Isonzotale führenden Einbruchswege beschirmten, die schwachen Truppen aber keineswegs ausreichten, um auch in den ändern Grenzräumen überlegenen italienischen Streitkräften einen längeren Aufenthalt zu bereiten, betrachtete es GdK. Rohr seit dem Abgang der Feldtruppen nach Galizien als dringend nötig, die ständigen Befestigungsanlagen durch behelfsmäßige zu ergänzen; aber derKaiser wies denGeneralam26. August 1914 persönlich an, daß bei solchen Arbeiten äußerste Vorsicht zu üben sei, damit der unverläßliche Nachbar nicht herausgefordert werde. So verstrichen der August und der September ohne nennenswerten Fortschritt in der Ausgestaltung der Grenzbefestigungen und auch die darauf folgenden Monate wurden vornehmlich zum Ausbau hinterer Stellungen verwendet: an der wichtigen Verbindungslinie Riva—Folgaria, im obersten Isonzotal, am Mojstrovkapaß, an den Übergängen über den Gailbach, an der Drau und an der Save, bei den Engen von Zoll und Präwald.

Als nach Neujahr Italiens Haltung immer bedrohlicher wurde, konnte man endlich auch in der Befestigungsfrage etwas aus der bisherigen Zurückhaltung heraustreten. An den Eingängen der Karstengen östlich vom Isonzo und von Triest wurden feldmäßige Sperranlagen hergestellt, denen allerdings größerer Wert nicht zugesprochen werden konnte. Ebenso wurde längs der Kärntner und Tiroler Grenze emsig an den Talstellungen gearbeitet (Lardaro—Gardasee, Verbindung Riva—Folgaria, Fort Valmorbia im Vallarsa, Noyau von Trient, Plöckenpaß, Predil). Hiebei wurden auf Grund der Erfahrungen von Przemyśl und Cattaro (Fort Vermac) die Geschütze allmählich aus alten, nicht bombensicheren Werken in die neu errichteten Feldstellungen überführt. In den Gebirgen, die von 1914 auf 1915 durch einen besonders schneereichen Winter heimgesucht wurden, mußte man sich zunächst mit der Anlage von Schneedeckungen begnügen, die im Frühjahr durch solche aus Erde und Gestein ersetzt wurden.

Mit zunehmender Festigung wurden die Truppen Rohrs auch zu höheren Einheiten zusammengeschlossen. Die anfangs aufgestellten Gruppen und Brigaden wurden im Februar 1915 in Divisionen zusammengefaßt, deren Kommandos nach Bozen, Trient, Villach und Laibach kamen. Ihren festen Kern bildeten die Landsturm- und die Reservebataillone, während ihnen die allmonatlich formierten Marschbataillone nur kurze Zeit vor ihrem Abtransport angehörten, bis schließlich im Mai 1915 die X. Marschbataillone des Heeres und die IX. der öst. Landwehr als selbständige, feldverwendungsfähige Einheiten in ihrem Verband verblieben. In diesen wurden vor Kriegsausbruch auch die Stand-schützen-und die Freiwilljgenbataillone eingegliedert. Wegen der erhöhten Bedeutung der Isonzofront wurde im Mai in Görz ein neues Divisionskommando aufgestellt, und jenes von Laibach zuerst nach Monfalcone, später nach Sesana vorverlegt. Die fünf Divisionskommandos erhielten schließlich die Bezeichnung 90 bis 94. In Istrien wurde der Küstenschutz straffer organisiert und verstärkt. Die Stärke der Heeresmacht Rohrs, dessen Stab schon am 27. Februar 1915 dem eines Armeekommandos gleichgestellt wurde und der am 12. Mai in FML. Scotti, dem langjährigen Generalstabschef des Grazer Korps, einen neuen Stabschef erhielt, betrug in der ersten Maihälfte 1915 — ohne Zuschübe von den anderen Kriegsschauplätzen — 112 Bataillone, 9 Schwadronen und 49 Batterien1). Hiebei sind die Sicherheitsbesatzung und die Bestückung der Werke, die Küstenschutzabteilungen sowie der der Heeresleitung direkt unterstehende Kriegshafen Pola nicht eingerechnet.

Unterdessen hatten die diplomatischen Verhandlungen über die Gebietsabtretungen der Donaumonarchie ihren Fortgang genommen. Trotz wachsender Forderungen Italiens teilte der Außenminister Baron Burián am 9. April dem GdK. Rohr mit, daß er an die Möglichkeit eines friedlichen Abkommens glaube, keinesfalls aber eine Verschärfung der Lage im April für wahrscheinlich halte. Dessenungeachtet ließ das Armeegruppenkommando Mitte April, da sich um diese Zeit auch die Schneeverhältnisse im Gebirge zu bessern begannen, seine Truppen die näher zur Grenze liegenden Verteidigungsräume beziehen. GdK. Rohr handelte mit dieser Maßnahme durchaus in Übereinstimmung mit dem AOK., das im Gegensatz zum Ballhausplatz eine friedliche Lösung schon kaum mehr erwartete und deshalb — wie später noch zu erörtern sein wird — eine Verstärkung der Deckungstruppen zwecks Sicherung eines Aufmarsches gegen Italien durch weitere Kräfte plante. Da das AOK. am 16. April befahl, daß bei einem Einbruch der Italiener der Widerstand der Deckungstruppen in den am Isonzo zu errichtenden Befestigungen aufzunehmen sei, wurde nach Erkundung der Baustellen und Bereitstellung der Arbeitskräfte am 27. April der erste Spatenstich zu jener Verteidigungslinie getan, in der Truppen aller Länder der Donaumonarchie in ruhmvollen Kämpfen zweieinhalb Jahre lang einem stets überlegenen Feinde das Vordringen verwehrten.

!) Hievon 29 Landsturm-, 21 Marsch-, 7 Reserve-, 1 See-, 39 Standschützen-und 15 Freiwilligenbataillone, 22 Feld-, IO1/2 Gebirgs-, 4 schwere und Viy* Landsturmbatterien mit altartigem Material.

Entschluß der Mittelmächte zum Angriff ęeęen

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die Russen

Hiezu Beilagen 14 und 15 sowie Skizze 24

Die Entstehung des G o r lice - Pia ne s der Mittelmächte

An geeigneter Stelle ist schon der bedeutende Einfluß hervorgehoben worden, den die italienische Gefahr zu Anfang Jänner 1915 auf die Entschlüsse Conrads ausgeübt hat (S. 95). Diese Gefahr war mitentscheidend gewesen für das Wagnis, über das verschneite, vereiste, weglose Gebirge ganze Armeen angreifen zu lassen. Auch das Scheitern der damals beschlossenen Karpathenoffensive konnte fürs erste den Generalstabschef dem Gedanken nicht geneigter machen, sich Italiens Nachgeben durch Gebietsabtretungen zu erkaufen.

Daran hatte sich auch nichts geändert, als er im Kronrat vom

8. März (S. 283) notgedrungen seinen grundsätzlichen Widerstand gegen jedes Zugeständnis an Italien aufgegeben hatte. Wenn Conrads Stimmung in diesem Belange weiterhin auch Schwankungen unterlag, gebrach es ihm vor allem an dem Glauben, daß es wirklich möglich sein werde, Italien durch Gebietsopfer für die ganze Dauer des Krieges von einem Eingreifen abzuhalten. Entweder sei es überhaupt nicht gesonnen, ernsthaft zum Schwerte zu greifen, dann brauche man nicht freigebig zu sein, oder es sei zum Kriege entschlossen, dann werde ihm durch die Abtretung Welschtirols erst recht das Tor für einen weiteren Beutezug ins Herz Österreichs geöffnet. Zu diesen praktischen Erwägungen trat die gefühlsmäßige Ablehnung, die in der heißen Liebe Conrads zur Tiroler Erde wurzelte, und der Gedanke an den niederschmetternden Eindruck, den es auf die Armee machen mußte, wenn mitten in der Schlacht die Welschtiroler Kaiserjäger und Kaiserschützen in die dem begehrlichen Anrainer als Beute hingeworfene Heimat entlassen werden würden. Noch um einen Grad unmöglicher hielt er es aus geopolitischen Gründen, den Italienern Gebiete am Isonzo und an der Küste zu überlassen ; nicht zu Unrecht erblickte er in einem solchen Opfer eine Selbstpreisgabe der Monarchie. Da vermochte er sich weit eher mit dem Gedanken zu befreunden, etwa Ostgalizien zu opfern und auf solche Weise den Frieden mit dem Zarenreiche zu erkaufen. Aber weder die öst.-ung., noch die deutsche Diplomatie sah einen Weg, der derartigen Vorschlägen des k.u.k. Generalstabschefs Verwirklichung verheißen hätte.

Ganz von selbst kam GdI. Conrad bei dieser Lage in seiner Seelennot immer wieder auf den Gedanken zurück, der ihn in der ersten Jännerwoche wesentlich zum Entschluß angespornt hatte, über die Karpathen anzugreifen: durch einen großen Schlag gegen Rußland nicht nur diesen Feind abzuschütteln, sondern auch Italien und mit ihm Rumänien und sonstige Neutrale zum Einlenken zu zwingen. Dieser einem ungebrochenen Kraftbewußtsein entspringenden Erwägung gesellte sich dann allerdings um die Monatswende März-April 1915 immer wieder auch die bange Sorge zu, ob überhaupt die Karpathenfront zu halten sein werde. Je nachdem, ob diese Sorge stärker im Vordergrund stand oder mehr zurücktrat, änderten sich auch die Anschauungen des Generalstabschefs über die augenblicklichen Erfolgsmöglichkeiten — je nachdem hatte er auch bei seinen Vorschlägen an die deutsche Heeresleitung entweder eine unmittelbare Stützung der Front, eine mehr oder minder taktische Entlastung durch entsprechend angesetzten Gegenstoß oder einen strategischen Schlag größter Abmessung im Auge.

In der eigentlichen Geburtsstunde des Gorlice-Entschlusses — als am 1. April abends der deutsche Militärbevollmächtigte, GM. v. Cramon, dem öst.-ung. Generalstabschef gegenüberstand — bangte dieser besonders schwer um das Schicksal der 2. Armee, die sich eben anschickte, dem andrängenden Russen auf einige Kilometer Tiefe das Schlachtfeld zu überlassen (S. 246). Cramon ließ jedoch sofort durchblicken, daß deutscherseits auf eine unmittelbare Stützung der Karpathenfront, wie sie eben noch durch das Beskidenkorps erfolgt war, nicht mehr zu rechnen sei; doch wäre es „etwas anderes . . . , wenn die Lage durch eine Offensive geändert werden könnte1)“.

Diese Bemerkung Cramons ließ Conrad auf einen seit längerem immer wieder erwogenen und auch schon, allerdings nach ungenügender Vorbereitung und mit unzureichenden Kräften ausgeführten Gedanken zurückkommen (S. 201). Die sich immer mehr vergrößernde Einbuchtung in die Karpathenfront lud dazu ein, die Entlastung dieses schwer bedrohten Frontabschnittes durch einen Gegenstoß aus der Flanke in der Richtung West—Ost, über Jasło lind Rymanów, zu erzielen. Seiner Erinnerung nach hatte Conrad diesen Gedanken zum erstenmal gegenüber Falkenhayn schon am 11. Jänner auf dem Breslauer Bahnhof (S. 97) zur Sprache gebracht. FML. Arz, dessen Korps die ganze Zeit über bei

Gorlice stand, berichtet1), einige Wochen später dem 4. Armeekmdo. einen ähnlichen Vorschlag erstattet, aber kein Gehör gefunden zu haben. Im März wurde dann der schon erwähnte Versuch mit unzulänglichen Mitteln unternommen. Der Mißerfolg sprach keineswegs gegen den Gedanken an sich, dessen Ausführung um so mehr lockte, als klar geworden war, daß ein aus entgegengesetzter Richtung durch Pflanzer geführter Stoß verschiedener Gründe wegen nicht zur Reife gedeihen konnte.

Auf Grund der Unterredung mit Conrad depeschierte Cramon noch am 1. April abends an seine Heeresleitung nach Méziěres: „Exzellenz Conrad ist weitere Unterstützung mehr denn je erwünscht, und zwar entweder durch eine deutsche Division zu seiner Verfügung zum Stützen der 2. Armee oder durch Offensive stärkerer Kräfte gegen Flanke und Verbindungen des russischen Angriffes aus Richtung Gorlice.“

Noch in derselben Nacht sprach — wie üblich — GM. Cramon auch telephonisch über die Angelegenheit mit Falkenhayn; denn am anderen Morgen konnte er dem öst.-ung. Generalstabschef mitteilen, daß die DOHL. eine Verstärkung der Karpathenfront abgelehnt habe.

In den gleichen Stunden hatte sich das Oberkommando Hinden-burgs durch den Hptm. Fleischmann in Teschen wegen der in den Karpathen entstandenen Lage anfragen lassen. Die Antwort Conrads zeichnete scharf umrissen den Gorlice-Plan, wie er ihn damals schon gedacht hatte. Die auf 100.000 Mann zusammengeschmolzene 2. Armee müsse vor dreizehn bis vierzehn russischen Divisionen nachgeben. Zunächst sei eine Stützung durch Kräfte der 3. Armee geplant. Größeres könne nur durch einen mit mindestens vier neuen Divisionen aus der Gegend Gorlice— Zboró^unternommmenen Stoß gegen die Verbindungen der russischen Karpathenfront erzielt werden.

Am selben 2. April lud Falkenhayn, durch das sich immer drohender gebärdende Italien beunruhigt, Conrad zu einer Besprechung nach Berlin ein. Diese fand am 4. statt. Aufzeichnungen über sie fehlen. Als ziemlich sicher ist anzunehmen, daß Conrad bei dieser Beratung die Möglichkeit, mit den Italienern doch noch zu einem friedlichen Abschluß zu gelangen, nicht so entschieden in Abrede gestellt hat, als bei anderen Gelegenheiten. Nach den Notizen des Chefs der Operationsabteilung der DOHL., des Obersten Tappen, wurde auch die kritische Lage in den Karpathen erörtert, was im Hinblick auf die eben tobende Osterschlacht wahrhaftig begreiflich ist. Dagegen bestritt Falkenhayn nachträglich, daß über den Gorlice-Plan gesprochen worden sei1), und der letzte Absatz des Fernspruches, den der General am gleichen Tage an Cramon abgehen ließ, spricht für die Richtigkeit dieser Angabe, wobei es freilich verwunderlich bleibt, daß nicht doch Conrad den Plan zur Sprache brachte. Falkenhayn schreibt nämlich: „Die Frage eines kräftigen Vorstoßes aus der Gegend Gorlice in Richtung Sanok beschäftigt mich seit längerer Zeit. Die Ausführung hängt von der allgemeinen Lage und Bereitstellung der nötigen Kräfte — vier Divisionen werden nicht genügen, vermutlich aber vier Armeekorps — ab. Große Schwierigkeit bereitet wahrscheinlich die geringe Leistungsfähigkeit der Bahnen auf Tarnów und über Neu-sandez. Immerhin wäre es mir lieb, bald von Ihnen einen Vorschlag zu erhalten, wie Sie sich die Operation denken. Angaben über die Leistungsfähigkeit der Bahnen, Möglichkeit, auf dortigen Wegen unsere Fahrzeuge zu gebrauchen, dürfen nicht fehlen. Strengste Geheimhaltung der ganzen Angelegenheit vorläufig auch der österreichischen Heeresleitung gegenüber ist unbedingt geboten“2).

Unterdessen hatten Conrad schon bei seiner Heimkehr nach Teschen neue Nachrichten über eine Verschärfung des italienischen Konfliktes erwartet. Es war in Erfahrung gebracht worden, daß sich Italien mit Rußland in engem Meinungsaustausch befand3) und daß es die kritische Lage in den Karpathen seinem „sacro egoismo“ dienstbar machen wolle. Damit gewannen in Conrads Denken die Gefahren, die sich gerade aus einer Abtretung Welschtirols an ein zum Kriege entschlossenes Italien ergeben mußten4), gegenüber den Hoffnungen auf eine friedliche Lösung sofort wieder entscheidend die Oberhand. Gleichzeitig mußte seine Sorge auch einem Eingreifen Rumäniens gelten. Demgemäß erwog er, die Gruppe Rohr durch sieben Divisionen zu verstärken und überdies deren drei nach Siebenbürgen zu werfen. Den Ausfall dieser zehn Divisionen an den anderen Fronten konnte nur der stärkere deutsche Verbündete ersetzen, der dem Vernehmen nach schon wieder über erhebliche Neuaufstellungen verfügte. Falkenhayn hielt jedoch den Zeitpunkt, sich mit Truppenaufbietungen gegen Italien zu befassen, auf keinen Fall schon für gekommen; Kraftüberschüsse waren seiner Ansicht nach zunächst dazu zu verwenden, um im Westen oder im Osten einen die Kriegslage

!) Mitteilungen des deutschen Reichsarchivs, Potsdam, am 24. Jänner und am 12. November 1929.

2)    Cramon, 12; Wortlaut berichtigt nach Mitteilungen des Reichsarchivs. Potsdam, am 12. November 1929.

3)    Bestätigt durch: Das zaristische Rußland im Weltkriege, 263ff.

4)    Vgl. darüber Cadorna, La guerra, I, 111.

wendenden Schlag zu führen. Italien möge fürs erste — riet er Conrad am 6. April—durch Gebietszugeständnisse ferngehalten werden; die Abrechnung mit dem Bundesgenossen von gestern sei auf später zu verschieben. Selbst das am gleichen Tage gestellte Ersuchen Conrads, der eben von neuen schweren Russenstürmen bedrohten 2. Armee (S. 260) zwei deutsche Divisionen zur unmittelbaren Stützung zuzuführen, stieß auf die Ablehnung Falkenhayns, der sich dabei auf einen bei Nancy und Verdun drohenden französischen Angriff berief.

Die Meldungen, die in den nächsten Stunden aus den Karpathen kamen, überhoben die k.u.k. Heeresleitung fürs erste wieder der schwersten Besorgnisse. Umso nachdrücklicher war Conrads Sinnen und Trachten darauf gerichtet, zu erreichen, daß Deutschlands augenblicklicher Kraftüberschuß jedenfalls einer Entlastung des im Nordosten, Südosten und Südwesten umstellten Donaureiches zustatten kam. Bei der Einstellung Falkenhayns zur italienischen Krise war dies nur auf dem Wege eines gemeinsamen Schlages gegen Rußland möglich, der nach Auffassung des k.u.k.Generalstabschefs auch der Gesamtlage am stärksten gerecht wurde. Demgemäß trat Conrad am 7. mit einem neuen Vorschlag an die DOHL. heran. Anknüpfend an die Berliner Unterredung führte Conrad aus, daß „selbst ein nennenswerter deutscher Erfolg im Westen das Verhalten Italiens wohl weniger beeinflussen würde als ein Erfolg gegen Rußland“. Daher seien die nächsten deutschen Neuformationen dazu auszunützen, den Feind durch Flügelangriffe aus Ostpreußen und Ostgalizien „hinter die Weichsel-San-Dniesterlinie zurückzuzwingen“. Dieses Ziel sei mit verhältnismäßig geringem Zeitaufwande erreichbar. Nachher würden beide Heeresleitungen „freie Hand für andere Ziele“ haben, wobei sich vielleicht auch die Möglichkeit erschlösse, „mit Rußland zu einem Arrangement zu kommen“.

Dieser Vorschlag wird von den Kritikern des Weltkrieges fast durchwegs abgelehnt1). Auch Falkenhayn meinte in seiner Antwort, daß die von Conrad vorgeschlagene Operation weder „nach Raum und Zeit“, noch „nach Wegen und Eisenbahnen“ den erwünschten „schnellen und sicheren Erfolg“ verheiße. Er mochte damit nicht Unrecht gehabt haben. Immerhin ist aber daran zu erinnern, daß der deutsche Generalstabschef damals an die Möglichkeit kriegsentscheidender Schlachtenerfolge überhaupt nur mehr wenig glaubte und schon unter allen Umständen einer enger gesteckten Zielen dienenden „Ermattungsstrategie“ den Vorzug zu geben geneigt war.

i) Vgl. u. a. Kuhl, Der Weltkrieg 1914/18 (Berlin 1929), 182f.

Durch Hptm. Fleischmann über die Sorgen und Wünsche des AOK. Teschen im Laufenden gehalten, griff nun das deutsche Oberkmdo. Ost ein. Es erklärte sich bereit, bei Falkenhayn die Überweisung eines Korps aus dem Westen an die öst.-ung. Front zu befürworten — zunächst allerdings unter der Bedingung, daß in der Karpathenfront ein zweites deutsches Armeekmdo. aufgestellt oder doch wenigstens der mit der Leitung eines größeren Abschnittes zu betrauende GdK. v. d. Marwitz unmittelbar an die k.u.k. Heeresleitung gewiesen werde. Damit sollte Falkenhayn der Vorschlag von „Ober Ost“ mehr mundgerecht gemacht werden. Conrad erklärte sich nach einigem Zögern bereit, der zweiten Lösung zuzustimmen, wenn dafür ein deutsches Korps zur Stützung der Karpathenfront überwiesen werde. Es kam jedoch nicht zur Ausführung dieses Abkommens, da Falkenhayn inzwischen mit weit bedeutsameren Vorschlägen hervorgetreten war.

Entsprechend dem Befehle vom 4. April hatte sich GM. Cramon am 5. vertraulich an den Chef des k.u.k. Feldeisenbahnwesens, den Obst. Johann Straub, gewandt1'). Straub setzte Cramon auseinander, daß es möglich sei, in den Raum Gorlice—Tarnów täglich hundert hundertach-sige Züge zu führen, von denen etwa vierzig für den Nachschub gebraucht würden, sechzig aber für das Heranführen von Truppen zur Verfügung stünden. Cramon schrieb hierauf am 6. April nach Méziěres, daß vier deutsche Armeekorps gemeinsam mit den k.u.k. Truppen des betreffenden Frontstückes ausreichen würden, um zwischen Gorlice und Tarnów die dort etwa 56.000 Gewehre zählenden Russen zu durchbrechen. Der Aufmarsch könne in acht Tagen beginnen. Nach Wegnahme des Wisłoka-abschnittes würden der rechte Flügel der Stoßgruppe auf Dukla, die Mitte auf Krosno anzusetzen, der linke Flügel gegen Przemyśl oder zur Sicherung gegen Norden zu verwenden sein. Erwünscht sei deutsches Kommando und möglichst reiche Ausstattung mit Haubitzen2).

Auf Falkenhayn hatte in diesen Wochen der Druck der durch den Kampf an der „inneren Linie“ aufgeworfenen Probleme nicht weniger gelastet als auf seinem öst.-ung. Kollegen. Wohl hatte er sich schon Ende März zu der „festen Überzeugung“ durchgerungen, daß ihm die Westfeinde in absehbarer Zeit nichts mehr anzuhaben vermochten3). In den letzten anderthalb Monaten hatten sich die Franzosen in der Winterschlacht in der Champagne, die Engländer nördlich vom La Bassée-Kanal

!) Vgl. Straubs Darstellung in der Wiener „Reichspost“, 1. Jänner 1921.

2)    C r a m o n, 13.

3)    Falkenhayn, Oberste Heeresleitung, 56.

blutige Köpfe geholt. Trotz der schweren Kämpfe war es den Deutschen möglich gewesen, hinter der Front durch Abtrennung der vierten Regimenter von den bestehenden Divisionen vierzehn neue Divisionen zu bilden17), die durch ihre volle Ausrüstung mit Artillerie und Kampfgerät in der Gesamtheit doch einen nicht zu unterschätzenden Kraftzuschuß darstellten. Aber trotz der offenkundigen Entlastung der Westfront war es für Falkenhayn keineswegs von Anbeginn eine beschlossene Sache, in welcher Richtung dieser Kraftüberschuß am besten anzusetzen war.

Die Hoffnung, daß es die Lage erlauben werde, einen an sich gewiß erfolgverheißenden Gegenangriff im Westen zu unternehmen, mußte im Hinblick auf die sonstige politische und militärische Hochspannung alsbald begraben werden. Daß Falkenhayn noch immer eine gütliche Auseinandersetzung mit Italien für möglich hielt, ist weiter oben ausgeführt worden. Noch am 12. April gab er dieser Erwartung gegenüber dem Berliner italienischen Militärattache beredten Ausdruck18). Viel bedrohlicher betrachtete er im Augenblick die Gefahr eines völligen Zusammenbruches des öst.-ung. Verbündeten in den Karpathen. Hatte er sich noch Ende März der Erwartung hingegeben, es werde nun eine Kampfpause gegen die Russen eintreten, so hatte die Osterschlacht bald darauf seine Nervenkraft auf eine neue, schwere Probe gestellt. Die Meldungen, die ihm über die Verfassung der öst.-ung. Truppen zukamen, lauteten außerordentlich düster. Wenn dann auch die Osterschlacht noch glimpflich abging, so war es nach dem Urteile Falkenhayns doch mehr als fraglich, ob die Wehrmacht Österreich-Ungarns eine Wiederholung solch kritischer Stunden und Tage noch ertragen werde.

Dieser Sorge um den einen Bundesgenossen hatte sich aber eine fast noch größere um den zweiten, den türkischen, beigesellt. Am 18. März hatte eine britisch-französische Flotte den Eintritt in die Dardanellen zu erzwingen versucht. Das Unternehmen war zwar gescheitert; es konnte aber kaum ein Zweifel bestehen, daß es den Auftakt zu weit größeren Anstrengungen der Westmächte bilden mochte. In Odessa harrte bereits ein russisches Expeditionskorps des Eingreifens. Im Hinblick auf diese Entwicklung gewann für Falkenhayn die Frage entscheidende Bedeutung, bei gleichzeitiger Gewinnung Bulgariens die Serben niederzuwerfen und so endlich die Landbrücke nach Konstantinopel aufzurichten.

Der erste Vorschlag Falkenhayns, datiert vom 21. März., traf in Teschen in dem Augenblick ein, da sich das Schicksal Przemyśls erfüllte. Begreiflicherweise antwortete Conrad, daß eine Offensive gegen Serbien, so sehr er sie wünschen würde, nur ohne Schwächung der Karpathenfront denkbar sei. Würde man durch eine solche Schwächung den durch die Belagerungskorps von Przemyśl verstärkten Russen Gelegenheit zu neuen Erfolgen in den Karpathen geben, so würde dies neben den Serben auch noch die Rumänen und die Italiener auf den Plan rufen, was nicht nur Österreich-Ungarns, sondern auch Deutschlands Verderben werden müßte.

Falkenhayns Anträge waren offensichtlich auch durch den GFM. v. d. Goltz beeinflußt, der am 29. März auf der Rückreise in die Türkei auch Conrad seine Aufwartung machte, um ihm mitzuteilen, daß bei einer Offensive gegen Serbien mit einer Mitwirkung der Bulgaren und der Türken zu rechnen sein würde. Nun verhielt sich auch Conrad gegenüber dem Plane eines Angriffes auf Serbien nicht mehr so ablehnend — unter der Voraussetzung, daß Deutschland vier nicht der Karpathenfront entnommene Divisionen zur Verfügung stellte. Verstimmt bekämpft er im Depeschenwechsel der nächsten Tage Falkenhayns Wunsch, die Leitung des künftigen serbischen Feldzuges nicht dem Erzherzog Eugen, sondern einem deutschen General zu übertragen, einen Wunsch, den — noch unter dem fortwirkenden Eindruck von Arangjelovac — gewiß auch Bulgarien geäußert hatte.

Die in denselben Tagen wütende Osterschlacht in den Karpathen lenkte dann aber Falkenhayns Auge doch wieder auf den öst.-ung. Bundesgenossen. Der Vorhalt Conrads, daß schon im Hinblick auf das bedrohliche Verhalten Italiens ein Schlachtenerfolg gegen Rußland mit dem Einsatz aller zusammenraffbaren Kräfte angestrebt werden müsse, verfehlte zwar beim deutschen Generalstabschef den erhofften Eindruck. Falkenhayn besorgte im Gegenteil, daß ein solcher Erfolg die ohnehin geringe Bereitschaft Österreich-Ungarns, Italien durch Gebietszugeständnisse zu befriedigen, noch herabdrücken würde. Zu guter Letzt sollte aber doch die brennende Sorge, daß der Bundesgenosse an der Donau noch früher als jener am Bosporus am Wege liegen bleiben könnte, alle solchen Bedenken zurückdrängen.

Die Frage, wie ein Entlastungsstoß im Osten beschaffen sein mochte, hatte Falkenhayn durch seine Gehilfen schon seit Mitte März behandeln lassen1). Neben einem Angriff im Weichsellande und einem ebensolchen

i) Vgl. Reichsarchiv, VII. Bd., dessen Bürstenabzüge bei Verfassung dieses Abschnittes eingesehen werden konnten.

südlich des Tatragebirges stand auch eine Offensive aus dem Frontabschnitte Neusandez—Tarnów zur Erwägung. Schon am 31. März hatte der Chef des deutschen Feldeisenbahnwesens, Obst. Groener, von Falkenhayn den Auftrag erhalten, die Versammlung von drei Armeekorps in diesem Raume zu bearbeiten. „Alles dies waren indessen nur vorausschauende Maßnahmen für einen an sich durchaus unerwünschten, die Pläne der DOHL. kreuzenden Notfall“1).

Bald darnach aber häuften sich, auch durch den Ausgang der Osterschlacht keineswegs zum Schweigen gebracht, neue, höchst ungünstige Meldungen über den Zustand der öst.-ung. Karpathenfront und nimmermüde wies nun GM. Cramon immer wieder darauf hin, wie diese bedrückende Lage am besten durch einen entschlossenen Angriff in Westgalizien überwunden werden könne. So rang sich der deutsche Chef des Generalstabes — wenn auch schwer genug — zu dem Entschlüsse durch, den zur Verfügung stehenden deutschen Kräfteüberschuß zunächst in den Reihen der Verbündeten einzusetzen, und zwar in jenem Raume, den er selbst dem Obst. Groener am 31. März bezeichnet hatte, den Conrad unabhängig davon tags darauf dem GM. Cramon vorgeschlagen und auf den dieser seither stets aufs neue hingewiesen hatte: am Dunajec. Am 13. April trat der Leiter der deutschen Kriegführung mit den entscheidenden Anträgen hervor. Conrads Umfassungsplan vom 7. neuerlich ablehnend, stellte er, ohne auf das am 1. zwischen dem österreichischen Generalstabschef und Cramon geführte Gespräch zurückzukommen, der k.u.k. Heeresleitung folgende „Operationsgedanken“ zur Erwägung: „Eine Armee von wenigstens acht deutschen Divisionen wird mit starker Artillerie hier im Westen verfügbar gemacht werden und auf Muszyna, Grybów, Bochnia abtransportiert, um dann aus der ungefähren Linie Gorlice—Gromnik in der allgemeinen Richtung auf Sanok vorzustoßen. Zu der Armee müßte die aus ihrer Stellung durch k.u.k.Truppen rechtzeitig abzulösende Division Besser [deutsche 47. RD.] und eine k.u.k. Kavalleriedivision treten. Auch würde die Armee und die k.u.k. 4. Armee in einem Befehlsverband, und zwar in diesem Falle natürlich einem deutschen, zu vereinigen sein.“

Zugleich regte Falkenhayn an, dem geplanten Stoße dadurch größere Wirkung zu sichern, daß die Armeen Böhm-Ermolli und Boroević die Russen noch weiter südwärts gegen die Linie Ungvár—Homonna—Va-rannó—Zboró nachziehen sollten.

Conrad telegraphierte noch am selben Abend sein Einverständnis zurück, wobei er betonte, daß die von Falkenhayn vorgeschlagene Operation von ihm seit langem gewünscht, aber wegen unzureichender Kräfte bis dahin nicht durchgeführt worden sei. Nur die Idee, die 2. und die

3. Armee weiter zurückzunehmen, lehnte er in weiterer Folge ab. Offenbar besorgte er, daß die Lawine, einmal ins Rollen gebracht, nicht mehr im richtigen Augenblick aufgehalten werden könnte.

Gemäß dem gleichfalls ausgesprochenen Wunsche Falkenhayns begab sich Conrad am 14. nach Berlin, wo in den Abendstunden mit dem deutschen Generalstabschef das Nähere über den geplanten Angriff persönlich vereinbart wurde. Eine neue deutsche 11. Armee, die zunächst aus acht deutschen und zwei öst.-ung. Infanteriedivisionen und einer öst.-ung. Kavalleriedivision zu bestehen hatte, sollte bei Gorlice am Südflügel der k.u.k. 4. Armee eingesetzt werden und mit dieser zugleich, die ebenfalls durch zwei schlagkräftige öst.-ung. Divisionen zu verstärken war, die gegenüberstehende russische Front durchbrechen. Die Karpathenarmeen der Verbündeten hatten den Feind zunächst festzuhalten, dann aber auch über das Gebirge vorzustoßen.

Einen breiten Raum nahm in der Berliner Besprechung die Regelung der Befehlsfrage ein. Erst durch die Berufung auf den Willen des Deutschen Kaisers erreichte Falkenhayn, daß dem Oberbefehlshaber der 11. Armee, GO. Mackensen, auch Erzherzog Joseph Ferdinand unterstellt wurde. Dafür wurde Mackensen formell an die Befehle der k.u.k. Heeresleitung gewiesen. Am 16. April faßte Falkenhayn zu Méziěres in einer nach Teschen gerichteten Depesche diese Verabredung nochmals schriftlich zusammen. Damit war der Grundstein zu einer der größten Kriegshandlungen gelegt, die die Weltgeschichte kennt, zum siegreichen Frühjahrsund Sommerfeldzug 1915, der die Heere der Mittelmächte von Westgalizien über Lemberg und#Brest-Litowsk hinaus führen sollte.

Die nachdrückliche Forderung Conrads, der geplanten Offensive schon gleich die Eroberung Lembergs zum Ziel zu setzen, hatte allerdings bei der Berliner Beratung vom 14. April die Zustimmung Falkenhayns noch nicht gefunden. Dieser kam wieder auf die Notwendigkeit zu sprechen, das Schicksal des dritten Verbündeten, des lebensgefährlich bedrohten ottomanischen Reiches, nicht außer acht zu lassen. Hatte die

11. Armee in begrenzter Frist dem öst.-ung. Heere die erwünschte Entlastung gebracht, dann sollten sich zu mindestens erhebliche Teile dieser Armee gemeinsam mit den öst.-ung. Balkanstreitkräften sowie mit sechs, je 24 Bataillone starken bulgarischen Divisionen und 100.000 Türken

gegen Serbien wenden, um endlich die Landverbindung Berlin-WienKonstantinopel herzustellen. Ohne von der nahen Verwirklichung dieser Absichten überzeugt zu sein, übernahm es Conrad, durch die k.u.k.

5. Armee das Nähere für die Ausführung erheben zu lassen.

In bezug auf Italien hatte Falkenhayn schon in seiner Depesche vom 13. April ausdrücklich betont, daß es durch entsprechende Zugeständnisse mindestens bis nach Durchführung des Schlages in Galizien, womöglich aber für den ganzen Krieg von einem Eingreifen auf der Seite der Entente abgehalten werden müsse. „Jedes Opfer,“ hatte er in Anknüpfung an frühere Gedankengänge betont, „würde in solchem Falle nur ein vorübergehendes sein.“ Bei dieser Anschauung war er geblieben, obgleich er wußte, daß Italien am 10. April seine Forderungen auf das rein deutsche Gebiet von Bozen, fast auf das ganze Küstenland samt Triest und auf die dalmatinischen Inseln ausgedehnt hatte1).

In einer mehrstündigen ergreifenden Audienz, die Conrad am 21. April gemeinsam mit dem Außenminister und dem Generaladjutanten Bolfras beim 85 jährigen Kaiser Franz Joseph hatte, wurde das italienische Problem mit allen sich auftürmenden Schwierigkeiten noch einmal durchberaten. Eine der Hauptfragen galt der Möglichkeit, daß Italien maßlos bleibe. Sollte man dann alles zugestehen oder doch durch Widerstand mit beschränkten Mitteln dartun, daß man nur der Gewalt der Waffen weiche ? Die Heeresleitung hatte den sich näher an die Grenze heranschiebenden Truppen des GdK. Rohr schon am 16. den Befehl zukommen lassen, daß einer Vorrückung der Italiener gegen Innerösterreich schon am Isonzo entgegenzutreten sein werde. Allerdings konnte sie wegen der Notwendigkeit, möglichst stark gegen Rußland zu bleiben, Rohr nicht mehr sieben, sondern bloß dreieinhalb Divisionen versprechen, von denen je eine für Tirol und für Pola bestimmt war, indes die übrigen Verstärkungen, womöglich Gebirgstruppen, gemeinsam mit den schon vorhandenen Kräften und „gestützt auf die Befestigungen im Raume von Tarvis und die feldmäßigen Anlagen am Plöckenpaß und am Isonzo das Vordringen des Feindes in das Drautal und das Laibacher Becken zu verzögern hätten, um den Aufmarsch weiterer Kräfte in rückwärtigen Räumen zu sichern“. Diese „weiteren Kräfte“ sollten zu geeigneter Frist der russischen Front entnommen werden.

Die Absicht, dem südwestlichen Nachbar seine Beute im Falle der Überspannung seiner Forderungen nicht kampflos zu überlassen, fand bei der Audienz vom 21. April die Zustimmung aller Beteiligten, auch

x) Österreichisch-ungarisches Rotbuch 1915, 128 ff.

die des Kaisers. Dringend geboten war es, endlich über das Maß der Mithilfe Deutschlands bei einem italienischen Überfall Klarheit zu gewinnen. Bei dem Verhalten, das Deutschland bisher in der italienischen Frage an den Tag gelegt hatte, war man dieser Mithilfe in Wien keineswegs sicher; auch der Kaiser war von schwerem Mißtrauen erfüllt. Da Conrad die Auffassung vertrat, daß es vor allem Aufgabe der Diplomatie sei, das Verhältnis zum Bundesgenossen zu klären, sagte sich Burián ungesäumt zu einer Beratung in Berlin an, die am 24. stattfand und an der auch die beiden Generalstabschefs teiinahmen.

Ein beträchtlicher Teil des Tages war durch Besprechungen der beiden Letztgenannten über die allgemeine militärische Lage ausgefüllt. Was Italien anlangte, so suchte Conrad seinen reichsdeutschen Kollegen aufs neue von der Unmöglichkeit zu überzeugen, die italienischen Forderungen in Bausch und Bogen anzunehmen. Lieber möge Deutschland, das doch gegenüber den Ententegroßmächten Faustpfänder in der Hand habe, mit diesen schon im Felde stehenden Feinden zu einem Abkommen zu gelangen trachten. In strategischer Hinsicht wäre an einen erfolgreichen Widerstand gegen die Italiener nur zu denken, wenn man ihren 36 Divisionen 20 der Verbündeten entgegenzustellen vermöchte. Diese Divisionen standen aber im Augenblick nicht zur Verfügung, da nach übereinstimmender Ansicht beider Generalstabschefs alles Erreichbare zunächst gegen Rußland angesetzt werden mußte. So blieb die Frage der deutschen Hilfe auch jetzt noch offen.

Was die Absichten gegen Serbien betraf, so teilte Conrad seinem deutschen Kollegen den vom 5. Armeekmdo. inzwischen vorgelegten Operationsplan mit. Erzherzog Eugen schlug einen umfassenden Angriff gegen den serbischen Mittelraum Kragujevac—Kruševac—Kraljevo vor. Ein öst.-ung. Korps (58. und 59. ID.) sollte von Rogatica—Višegrad gegen Kraljevo, die Masse der öst.-ung. und der deutschen Streitkräfte über die Save und die Donau angreifen. Den Bulgaren war ein Stoß über Zaječar, den Türken ein solcher rittlings der Straße Caribrod-Niš zugedacht. Übergangsmittel zur Überquerung der Ströme waren genug vorhanden. Als bester Zeitpunkt für den Beginn des Unternehmens wurde der Ausgang des Monats Mai bezeichnet. Falkenhayn war mit diesen Vorschlägen einverstanden. Nur die inneren Flügel der Donaufront und der Bulgaren waren ihm zu weit entfernt, was sich aber im Hinblick auf die Felsenwelt des sich hier erstreckenden Eisernen Tores nicht vermeiden ließ. Übrigens sollte dieser Operationsplan schon in dem Augenblick, da er den beiden Generalstabschefs vorlag, einer seiner Hauptgrundlagen fast beraubt sein.

Denn tagsdarauf setzte sich ein britisch-französisches Expeditionskorps auf der Südspitze der Halbinsel Gallipoli fest, womit eine Teilnahme der Türken an einer Offensive gegen Serbien aus dem Rahmen des Möglichen gefallen war.

Die gemeinsamen Besprechungen der Staatsmänner und der Generalstabschefs bewegten sich in ähnlichen Bahnen. Der Reichskanzler versprach, Österreich-Ungarn auch in der italienischen Angelegenheit unbedingt die Treue zu halten. Falkenhayn erklärte abermals, über den Umfang einer etwaigen Waffenhilfe noch nichts Bestimmtes sagen zu können. Er wie Conrad forderten von der Diplomatie, daß sie ein Eingreifen Italiens und Rumäniens womöglich verhindere oder doch so lange, als es anging, hinausziehe — eine Aufgabe, die sicherlich leichter gestellt als gelöst war. In das Grau der Stimmung, die am Verhandlungstische herrschte, leuchtete als einziger Sonnenstrahl die Hoffnung auf den kriegerischen Erfolg, der eben in den Bergen und Wäldern Westgaliziens in aller Heimlichkeit angebahnt wurde. Wieder hatte das Schwert das entscheidende Wort zu sprechen.

Die Absichten der Russen

Wenige Stunden nachdem auf den Höhen von Mezölaborcz das deutsche Beskidenkorps im Verein mit öst.-ung. Regimentern dem Russenansturm Halt geboten hatte, wurden von Iwanow am 6. April, noch voll guter Erwartung, Weisungen für die Fortsetzung des Angriffes ausgegeben. Unter Festhalten der Flügel am Dunajec und am Dniester sollten seine Armeen die Linie Zboró—Varannó—Csap—Huszt gewinnen, wobei das Vordringen bis Huszt auch die Dniesterfront Pflanzers zum Einsturz bringen konnte. Als aber in den nächsten Tagen nicht nur das Ergebnis der Osterschlacht klarer wurde, sondern sich auch die letzten Anstrengungen Brussilows gegen die k.u. k. 2.Armee als erfolgloserwiesen, verfügte am 10. April der Oberbefehlshaber der russischen Südwestfront, den Angriff einzustellen, bis man Verstärkungen herangeführt, die Stände aufgefüllt und vor allem die Munitionsnot einigermaßen behoben hatte.

Inzwischen hatte aber Gen. Alexejew, der frühere Generalstabschef Iwanows, nunmehr seit Ende März an Stelle Rußkis Oberbefehlshaber der Nordwestfront, noch einmal die Frage des Karpathenstoßes und seiner Zweckmäßigkeit aufgeworfen. Obgleich einer der Haupturheber dieses Unternehmens, hatte er in einer um die Monatswende verfaßten Denkschrift entschieden dagegen Stellung genommen, um gleichzeitig einem direkten Stoß von Warschau in der Richtung Berlin das Wort zu reden. Der Karpathenangriff habe von Haus aus dem Zwecke gedient, hieß es in der Denkschrift beiläufig, dem Hauptschlag gegen Deutschland die nötige Schulterfreiheit zu schaffen; mehr zu erzielen sei nicht seine Aufgabe gewesen.

Alexejew kam jedoch mit diesen Auffassungen bei der Heeresleitung schlecht an. Sowohl der Großfürst-Generalissimus wie sein Generalstabschef Januschkiewitsch hatten sich nun stark auf das Karpathenunternehmen festgelegt, dessen Gegner sie einst gewesen waren. Der Dardanellenangriff der Alliierten (S. 303) konnte jeden Augenblick durch den Anschluß Rumäniens, ja sogar Bulgariens, die Balkanfrage entscheidend aufrollen. In London wurde fieberhaft an der Gewinnung Italiens gearbeitet. Der Höchstkommandierende fühlte sich verpflichtet, dieser Entwicklung militärisch durch Fortführung des Angriffes auf Ungarn gerecht zu werden.

In diesen Erwägungen ließ sich die Stawka auch nicht stören, als zu Anfang April, wohl schon zum zweiten- oder drittenmal in den letzten Monaten, Nachrichten über das Auftauchen deutscher Verstärkungen in Westgalizien einlangten. Wohl wies General Danilow in seiner Denkschrift vom 12. April auf die Gefahren hin, die sich für das Karpathenunternehmen einstellen konnten, wenn sich diese Meldungen als richtig erwiesen. Aber zum ersten schenkte man ihnen — noch mit Berechtigung — keinen besonderen Glauben, und zum zweiten gab man sich der Hoffnung hin, daß ein Erscheinen der Russen in der Donau-und Theißebene wegen der in Österreich-Ungarn eintretenden politischen Folgen auch die aus Westgalizien etwa drohenden Gefahren mit einem Schlage beseitigen werde1).

Demgemäß erhielt Alexejew den Befehl, ja nichts ohne die Zustimmung der Stawka zu unternehmen, dafür aber die Ausscheidung starker Reserven einzuleiten, deren erste, das III. kauk. Korps, als Verfügungstruppe der Heeresleitung nach Chyrów in Galizien abzugehen hatte. Iwanow aber wurde verständigt, daß der Großfürst-Generalissimus ob der Einstellung des Karpathenangriffes peinlich berührt sei.

Mittlerweile hatten jedoch die Ergebnisse der Osterschlacht noch nachhaltiger auf die Stimmung der Führer des Südwestheeres gewirkt. Zumal Dimitriew, der Befehlshaber der 3. Armee, stand unter dem be*) Ob die russische Heeresleitung mit solchen Erwägungen Recht behalten hätte, bleibe dahingestellt. Es ist hier schon gesagt worden, daß es Falkenhayn sogar erwünscht gewesen wäre, die Russen noch weiter in die Karpathen hineinzuziehen.

stimmten Eindruck, daß das Auftreten der Deutschen bei Mezölaborcz nicht als Abwehrmaßnahme, sondern als Auftakt zu einer großen gegnerischen Offensive zu betrachten sei. Iwanow witterte außerdem aus dem Raume von Sztropkó erhebliche Gefahren. Zusehends trat gegenüber diesen Besorgnissen der Gedanke an die Fortführung der eigenen Offensive in den Erwägungen dieser Generale zurück. Schließlich kam es so weit, daß Iwanow — offenbar in falscher Auslegung des Meinungsaustausches zwischen Alexejew und der Stawka — am 15. April seinen Armeen verkündete, im Hinblick auf neue Entschlüsse der Heeresleitung könne ein weiteres Vordringen nach Oberungarn unterbleiben und es sei dem Gegner nur dann durch Angriff zu begegnen, wenn er galizischen Boden beträte.

Die unablässigen Mahnungen der Stawka bereiteten diesem echt russischen Zwischenspiel alsbald ein Ende. Der Großfürst wollte über die Pläne Iwanows endlich Näheres erfahren. Nun erst entschloß sich dieser — es war schon der 27. April — seine vor zwanzig Tagen an die Armeen ausgegebenen Angriffsweisungen vorzulegen und gleichzeitig mitzuteilen, daß er den Hauptangriff rittlings der Linie Turka— Nagy-Verecke zu unternehmen gedenke. Die Führung dieses Stoßes sollte dem 11. Armeekmdo. zufallen, das —ohne über eine besonderen Angriffswillen verratende Stoßgruppe zu verfügen — zwischen dem 8. und dem 9. Armeekmdo. eingeschoben wurde.

Die Stawka war mit der verhältnismäßig passiven Rolle nicht einverstanden, die Iwanow der 9. Armee zudachte. Auch die Bereitstellung des an die Südwestfront fahrenden XXXIII. Korps weit östlich bei Kamieniec-Podolski behagte ihr nicht; es sollte näher herangezogen werden, um bei einem umfassenden Angriff der 9. Armee gegen PflanzerBaltin zur Hand zu sein.

Iwanow fügte sich den beiden Forderungen und setzte den 3. Mai als Beginn des Angriffes fest, ohne daß freilich von wirklichen Angriffsvorbereitungen die Rede sein konnte. Der Glaube an den Erfolg scheint eben bei den Befehlsstellen der Südwestfront schon geschwunden gewesen zu sein.

Von der Dunajecfront war bezeichnenderweise im Schriftenwechsel der russischen Befehlshaber nur flüchtig die Rede. Dort hatte Dimitriew sogar vor einer Woche noch eines der drei Korps, das XXI., abgezogen, um es in den Abschnitt seiner besonderen Vorsorge, in den Raum von Mezölaborcz, zu verschieben. Auch die am 26. April einlangende Nachricht von der Ansammlung erheblicher gegnerischer Kräfte in der Gegend Neusandez—Grybów— Ciężkowice hatte die tags darauf gefaßten entscheidenden Entschlüsse Iwanows und der Stawka noch nicht zu beeinflussen vermocht. In den letzten Apriltagen machte sich dann allerdings unter dem Eindrücke neuer Botschaften über Westgalizien ein gewisser Wandel bemerkbar. Dimitriew zeigte Miene, seinen starken linken Flügel zugunsten des rechten zu schwächen. Ebenso ließ Iwanow die bei Dębica ausgeladene 63. RD. in den Raum Jasło—Brzostek vorschieben und auch das nun an seine Befehle gewiesene III. kauk. Korps wurde von Chyrów nach Krosno gewiesen, wo es am 2. Mai eintreffen konnte. Es ist aber gerade bei dieser zweiten Maßnahme doch noch fraglich, ob sie schon als Gegenzug gegen den Aufmarsch Mackensens betrachtet werden kann oder ob sie nicht noch immer von der Sorge wegen der angeblich in der Duklasenke drohenden Gefahren diktiert war.

So gesellte sich auf russischer Seite der ungünstigen Verfassung der Truppen, die sich namentlich in einer trostlosen Munitionslage aussprach, noch die Zerfahrenheit in der Führung bei. Der Eigenwilligkeit und dem passiven Widerstand der Frontbefehlshaber stand die Wehrlosigkeit und Schwäche der Stawka gegenüber in einer Stunde, in der die Heeresleitungen der Mittelmächte im Begriffe waren, sich in gleichfalls nicht leicht erkämpfter Geschlossenheit zu einer gewaltigen Kriegstat zusammenzutun. Es konnte da nicht anders sein: der mit Brillanten geschmückte Georgssäbel, den der Zar Nikolaus Ende April auf seiner Reise durch das „befreite Galizien“ seinem Oheim, dem GroßfürstenGeneralissimus, überreichte, mußte für den Träger und sein Heer zum Danaergeschenk werden.

VON GORLICE BIS LEMBERG

(2. bis 8. Mai 1915)

Hiezu Beilagen 15 und 16

Der Aufmarsch zur Schlacht

Das war ein denkwürdiges Frühlingserwachen Ende April 1915 in den westgalizischen Bergen. Zug um Zug rollte über Krakau und Teschen-Bielitz und auch auf weitem südlichem Umweg heran und schüttete vor den staunenden Kämpfern der k.u.k. 4. Armee Tausende und aber Tausende von Pickelhauben aus samt Geschütz und Kriegsgerät. Falkenhayn hatte besonders tüchtige, kriegserprobte Truppen auserwählt, darunter preußische Garden, Hannoveraner, Bayern, Niederschlesier, hatte sie mit den besten Kampfmitteln ausgerüstet und ihnen besonders kriegserfahrene Führer beigegeben. Galt es doch, einen Plan in die Tat umzusetzen, dessen Ausführung bisher in solchen Abmessungen noch nicht versucht worden war: einen Durchbruch durch eine Front, zu deren technischer Ausgestaltung dem Feinde Monate zur Verfügung gestanden waren.

Zur Täuschung der Russen wurde das Möglichste getan. Nördlich der Weichsel, in den Karpathen und sogar an der Westfront hatten Scheinangriffe die Aufmerksamkeit der Russen von der Angriffsstelle abzulenken. Am äußersten Nordflügel brach der deutsche GLt. v. Lauenstein am 27. April mit drei Infanterie- und ebensoviel Reiterdivisionen in Kurland ein, wo er zu Anfang Mai an die Dubissa und bis in die Gegend von Mitau gelangte. Auch das neue, schreckenerregende Kriegsmittel, das Giftgas, sollte — knapp, nachdem es im Westen zum erstenmal angewendet worden war — zur Verschleierung der eigenen Absichten benützt werden. Ungünstige Windrichtung ermöglichte es jedoch erst am

2. Mai, einen bei Skiernewice angesetzten Gasangriff durchzuführen. Bei der 11. Armee mußte ein gleicher Versuch unterlassen werden, da das Gas nicht rechtzeitig eintraf.

In Westgalizien selbst sollten allerlei Maßnahmen die Geheimhaltung des Angriffes verbürgen. Der Generalstabschef Mackensens, Obst. v. Seeckt, hätte am liebsten die ganze Zivilbevölkerung aus dem Aufmarschraum abgeschoben. Die Truppenmärsche wurden dem Blicke des Feindes möglichst entzogen; keine größere Abteilung durfte sich, nament-

lich in den späten Vormittags-und in den frühen Nachmittagsstunden, auf den Straßen zeigen, da zu dieser Zeit die russischen Flieger in den Lüften kreisten. In der Nähe der Front wurden alle Bewegungen in der Nacht durchgeführt. Deutsche Offiziere, die zur Ablösung der öst.-ung. Truppen in die Stellung vorgingen, bedienten sich der Feldmützen ihrer Verbündeten statt der Helme.

Am 22. April hatte das AOK. im Einvernehmen mit der DOHL. die grundlegenden Befehle erlassen. Die 11. Armee erhielt den Auftrag, aus dem Raume Sękowa—Ciężkowice vorznbrechen und mit ihrem starken Südflügel die Richtung Żmigród—Dukla—Sanok einzuschlagen. Die noch südlich des 11. Armeebereiches stehenden zwei Divisionen der 4. Armee

— die 10. und die 8. — waren durch Heereskörper der 3. Armee abzulösen, die den Angriff der 11. südlich der gegen Żmigród streichenden Magorahöhe (Watkowa) zu decken hatten. Die 4. Armee sollte den Raum bis zur Weichsel sperren und über die Biala sowie gegen die Höhen zwischen dieser und dem Dunajec angreifen. Die in den Karpathen und nördlich der Weichsel stehenden Streitkräfte hatten den Feind zu binden und am Abziehen von Truppen nach Westgalizien zu hindern.

Entsprechend den Weisungen der Heeresleitung zog GdI. Boroević das X. Korps (24., 2. ID., 45. SchD.) und die 21. SchD. auf die Höhen östlich von Uście Ruskie, wo sie die beiden Divisionen der 4. Armee ablösten und sich mit starkem Nordflügel zum Angriff gruppierten. Außerdem nahm das 3. Armeekmdo. noch die 22. SchD. bis zum l.Mai in die Gegend von Bartfeld, um sie in den nächsten Tagen gleichfalls demX. Korps folgen zu lassen. So sah Boroević doch noch einen am 13. April erstatteten ähnlichen Vorschlag im Großen der Verwirklichung entgegengehen.

Die ersten Truppen Mackensens langten am 21. April in Westgalizien ein. Der Antransport der ersten sechs Infanteriedivisionen — Gardekorps, XXXXI. RKorps, 119. ID., ll.bayr. ID. — nahm acht Tage und fast 500 Züge in Anspruch. Das deutsche X. Korps folgte als zweite Staffel1). Das k.u.k. VI. Korps rückte, um den Verbündeten Platz zu geben, in den Raum beiderseits von Łużna zusammen. Südlich von Gorlice gelangten die Bayern und die 119. ID. in die Front, nördlich davon das XXXXI. R-Korps. Links von Arz marschierte das GKorps zur Schlacht auf. Vom X. deutschen Korps kam die 20. ID. in die Gegend von Grybów, die 19. in den Raum bei Zakliczyn. Das k.u.k. AOK. legte begreiflicherweise auf schnelles Losschlagen Wert, damit die Überraschung des Feindes nicht

!) Vgl. auch Ratzenhofer, Der Eisenbahnaufmarsch bei Gorlice (Wehrzeitung 1929, Folge 10, 11).

verloren ging, und ordnete an, daß auf das deutsche X. Korps jedenfalls nicht gewartet werden dürfe. Der Angriff wurde zuerst auf den 1. Mai festgesetzt, dann aber auf den 2. verschoben.

Die k.u.k. 4. Armee, deren Befehlshaber, Erzherzog Joseph Ferdinand, sich ohne Einwendung dem Kommando der deutschen 11. unterstellte, trat in folgender Ordnung zum Kampfe an 4): IX. Korps (32 Bataillone,

7 Schwadronen, 30 Batterien), bestehend aus der 106.LstlD. und der 10.ID., beiderseits von Gromnik; Gruppe FML. Roth (46 Bataillone, 6 Schwadronen, 50 Batterien), mit der 3. und der 8. ID. nordöstlich von Zakliczyn, den linken Flügel an den Dunajec gelehnt; mit der LstGruppe Obst. v. Morgenstern und der deutschen 47. RD. den Dunajec abwärts bis in den Bereich von Radiów; schließlich die neu aufgestellte Gruppe FML. StögerSteiner (etwa 23 Bataillone, 7 Schwadronen, 11 Batterien), zusammengesetzt zum Teil aus schon in diesem Raume befindlichem Landsturm (4Vs Landsturminfanterie- und 7 Landsturmetappenbataillone), zum Teil aus von der 1. Armee überstellten Truppen, von Radiów bis zur Dunajec-mündung. Als Armeereserve stand fürs erste die vom XII. Korps herangezogene komb. Brig. GM. v. Szende 2) zur Verfügung, die mit ihren zwei Infanterieregimentern (Nr. 62 und 82) elf Bataillone, gegen 10.000 Feuergewehre, zählte3). Der Bitte des Erzherzogs Joseph Ferdinand, die aus der Front gelöste 11. HKD. bei der Armee zu belassen, wurde zunächst nicht willfahrt, da dieser Heereskörper im Sinne der Berliner Abmachungen zu Mackensen zu gelangen hatte. Für alle Fälle wurde die 1. Armee angewiesen, eine Brigade der 2. KD. an ihrem Südflügel bereitzustellen.

GO. Mackensen bezog mit seinem Stabe in Neusandez Quartier4). Er erließ am 29. um 6h abends den Befehl für den Angriff. Die 11. Armee

1)    Für die Schilderung der Ereignisse bei der k.u.k. 4. Armee stand auch eine zusammenfassende Niederschrift des im Österr. Kriegsarchiv eingeteilten Gstbsobstlt. a. D. Uriel zur Verfügung.

2)    Bisher Kommandant der 31. IBrig.

3)    Mit den von der 1. Armee und von der Gruppe Kövess herangezogenen Kräften sollte die vom AOK. Teschen übernommene Verpflichtung, die 4. Armee durch zwei Infanteriedivisionen zu verstärken, erfüllt werden (S. 306).

4)    „ . . . Eine Besprechung, die Oberst v. Seeckt am 19. April im Anschluß an seine Meldung im Hauptquartier Teschen mit Gen. v. Conrad hatte, ergab völlige Übereinstimmung über die geplante Operation. Obst. v. Seeckt erhielt hiebei einige Aktenstücke zur Verwendung bei den Vorbereitungen der Durchbruchsschlacht. Sie enthielten jedoch nur die Darstellung von Angriffen kleinen und kleinsten Ausmaßes im Raume von Gorlice. Irgendwelche operative Vorbereitungen für die bevorstehende Durchbruchsoffensive der 11. Armee waren von der öst.-ung. Heeresleitung bisher nicht getroffen.“ (Reichsarchiv, VII, Bürstenabzüge.) wurde angewiesen, mit der ganzen Front bis an den Abschnitt Żmigród— Kołaczyce durchzustoßen. Links von ihr hatte der Südflügel der 4. Armee zunächst Ryglice und die Höhe Górskie, A403 südlich von Tarnów, zu gewinnen. Weiterhin sollte sie die Nordflanke der 11. Armee decken. Eine Reihe von Bestimmungen galt der artilleristischen, infanteristischen und technischen Vorbereitung des Angriffes, für die auch gesonderte Weisungen herausgegeben wurden. Die „Angriffsstreifen“ der Korps waren bis an die Linie Dukla—Frysztak derart ausgesteckt, daß die 11. Armee eine Schwenkung von Nordost gegen Ost vollzog. In einer 5 km von den Ausgangsstellungen entfernten Linie sollte am ersten Angriffstag unbedingt der Einklang zwischen den vorwärtsstürmendenTruppen wiederhergestellt werden. Das deutsche X. Korps hatte an diesem Tage bis an den Dunajec zu folgen.

An Artillerie waren für den Angriff zwischen dem Karpathenkamm und Tarnów 733 leichte, 175 mittlere und 24 schwere Geschütze bereitgestellt; dazu kamen noch bei der deutschen 11. Armee 70 Minenwerfer. Dem Einsatz dieser 1000 Rohre wurde besondere Sorgfalt zugewendet, da er für das sichere Gelingen des Durchbruchs entscheidend war1).

Das schon stark durch Flieger geförderte Erkundungsergebnis über die gegenüberstehenden russischen Kräfte deckte sieb mit der Wirklichkeit nahezu völlig2). Von Gładyszów bis Rzepiennik hielt das X., von dort bis zur Dunajecmündung das IX. Russenkorps die Stellung. Jenes zählte 3 Infanteriedivisionen, dieses ebensoviel und noch 5 Reichswehrbrigaden. An Reserven standen hinter der Dunajecfront, gegen Süden mehr zusammengeballt, 2 Infanterie- und 5 Kavalleriedivisionen; außerdem war das III. kauk. Korps im Anrollen (S. 312). Im unmittelbaren Schlachtbereich hatten sich sonach am ersten Kampftage die rund 22 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision zählenden Verbündeten mit etwa 14 russischen Infanterie- und 5 Kavalleriedivisionen (das kauk. Korps nicht eingerechnet) zu messen, ein Kräfteverhältnis, das, durch artilleristische Mittel noch erheblich verbessert, sicherlich erfolgverheißend war.

Der Vorstoß an die Wisłoka (2. bis 5. Mai)

Ohne die Russen zu alarmieren war das Gefecht da und dort schon am 30. April oder 1. Mai aufgeflackert; so bei den Bayern der ll.Divi-

!) Die Geschützzahlen sind einer Aufstellung des GM. d. R. Hornung entnommen.

2) Ronge, 155 f.

sion, die dem Feind am letzten Apriltage das Dorf Ropica ruska südöstlich von Sękowa entrissen hatten. Am 1. mittags setzte weisungsgemäß das Einschießen der Artillerie ein. Die Nacht wurde zum Vorschieben der Infanterie verwendet, wobei es wieder an einzelnen Punkten der Front zu Gefechten kam. Am 2. früh entrollt sich das große Schlachtdrama, dessen Beginn der bei Gorlice im Brennpunkte der Ereignisse stehende Führer des XXXXI. RKorps, GdI. v. Franęois, in fesselnder Weise schildert1):

Fünf Minuten vor sechs Uhr! Schußfertig stehen die Kanoniere an den Geschützen, die Infanteristen haben Sturmgepäck angelegt und drängen an die Brustwehr, um zu hören und zu sehen.

Auf unserem Gefechtsstand Höhe 747 ist es still geworden, jeder steht an seinem Platz, die Uhr in der Hand. Blau der Himmel, klar die Luft und zu unseren Füßen wie Schlangen im Gelände die eigenen und die russischen Kampflinien. Rechts am Rahmen des Panoramas: Gorlice mit der Kirchhofshöhe, in der Mitte die dunkle Waldmasse des Kamieniec und zur Linken der Bergkegel des Pustki, das Angriffsziel der Österreicher.

Sechs Uhr! Der 12 cm bei Höhe 696 gibt den Signalschuß und alle Batterien, von den Feldkanonen bis zu den schweren Mörsern, feuern schlagfertig eine Salve nach den russischen Stellungen. Dann folgt ein Rollen und Grollen, ein Krachen und Stampfen; 700 Geschütze öffnen den Feuerrachen und speien Stahl und Eisen, das zischend und pfeifend die Luft durchschneidet. Drüben bohren sich die Geschosse in den Boden und werfen Erdmassen, Holzsplitter und Hindernisteile meterhoch in die Luft. Jenseits der russischen Linien schlagen Rauch und Flammen aus Gehöften und Dörfern. Hier und dort sieht man Russen aus Gräben und Stützpunkten flüchten, doch todbringend eilen ihnen unsere Schrapnells nach. Schwere Flachbahngeschütze halten die feindlichen Anmarschstraßen unter Feuer. Nördlich Gorlice lodert eine dicke Feuersäule haushoch auf, schwarze Rauchmassen steigen aufwärts tief in die Wolken hinein. Ein unvergeßliches, ergreifendes Schauspiel. Die Tanks einer Naphthafabrik hatten sich entzündet, ob durch unser Feuer oder vorsätzlich durch die Russen, keiner weiß es.

Die russische Artillerie zögerte geraume Zeit mit der Antwort, ihr Feuer blieb schwach. Stark schien die russische Artillerie nicht zu sein.

Der Uhrzeiger steht auf neun! In das Wirkungsschießen der Artillerie mischt sich ein neues Getöse. Die Minenwerfer beginnen ihr Zerstörungswerk. Kleine und große Minen fliegen im hohen Bogen, dem Auge sichtbar, über die Sturmstellung hinweg in die feindliche Stellung. Scharf und nervenerschütternd ist die Detonation. Die Bäume brechen wie Streichhölzer, riesige Stämme werden hochgeschieudert, die Steinmauern der Häuser fallen in Trümmer, Erdfontänen spritzen aus dem Boden. Das Erdreich erbebt, die Hölle scheint entfesselt...

Zehn Uhr! Das Minenfeuer verstummt, die Artillerie verlegt das Feuer. Schrille Pfiffe. Über die Brüstung hinweg stürzt die erste Sturmwelle vorwärts auf den Feind.

An nicht wenig Stellen der langen Schlachtfront hatte schon dieses erschütternde Präludium der Widerstandskraft des Feindes den Todes-

*) Franęois, Gorlice 1915 (Leipzig 1922), 47 f.

stoß versetzt. Von ihrer an Munitionsnot leidenden Artillerie kaum unterstützt, floh die russische Infanterie entweder diese Hölle, indem sie nach hinten oder zum Gegner hin das Weite suchte; oder sie kauerte sich an die Grabenböschungen, in vollster Ergebenheit des Geschickes harrend, das da kommen mochte, Tod, Verwundung oder Gefangenschaft bringend. FML. Arz schildert solche Schlachteindrücke, indem er die Einnahme der vordersten Linien des nordöstlich von Luźna aufragenden Pustkiberges berichtetx):

. . . Unsere Spannung wuchs auf das Höchste, als Punkt 10h die Infanterie aus den Sturmstellungen vorbrach. Bald entschwand sie in Staub und Rauch, rasch vordringend. Wird es gelingen? Die Frage stand auf aller Lippen. Da erkennt man am Südwesthange, wo sich der Rauch zu verziehen begann, erst einzelne Leute, dann ganze Linien herabeilen. Der Angriff scheint nicht gelungen zu sein. Doch die zurückflutenden Linien werden immer dichter, ballen sich zu Massen, die viel stärker als die zum . Angriffe angesetzten waren — jetzt erkennen wir es deutlich: die sich wie Lava über die Hänge ergießenden Massen sind — Russen. Es waren Tausende von Gefangenen, die sich glücklich schätzten, der Hölle entronnen zu sein. Der Berg war unser, das erste Loch in die feindlichen Stellungen war geschlagen.

Nicht überall wirkte die Erschütterung des Feindes freilich so schleunig. Oft genug ermannte er sich noch in der vordersten Linie oder doch in hinteren Stellungen zu starkem Widerstand, der durch die allerdings wenig planvoll eingesetzten Reserven genährt wurde. Dann gab es schwere Kämpfe, die auf beiden Seiten empfindliche Lücken rissen.

Das Schwergewicht der Schlacht lastete auf der 11. Armee, die den Durchbruch zu erkämpfen hatte. In ihrer Mitte entwand die 82. RD. des XXXXI. RKorps der russischen 61. RD. am Vormittag den Friedhof nordwestlich von Gorlice und brach am Nachmittag über das in einen Trümmerhaufen zerschossene Städtchen vor, dessen Name fürderhin mit der Erinnerung an eine der größten Schlachten der Weltgeschichte verknüpft sein sollte. Rechts von der 82. RD. drang die 119. ID. über Gorlice hinaus. Ihre südliche Gruppe wirkte an der von der ll.bayr. mit gewohntem Schwung durchgeführten Erstürmung des 3 km östlich von Sękowa aufsteigenden Zamczyskoberges mit2). Öst.-ung. Gebirgsbatterien hatten diesen schweren Angriff erfolgreich begleitet. Den Befehl über das aus der

!) Arz, 60.

2) Der Anteil der reichsdeutschen Truppen an den Kämpfen wird in diesem Werke nur so weit geschildert, als es zum Verständnis der Ereignisse bei den öst.-ung. Heeresteilen nötig ist. Die Darstellung dieses Anteils fußt in diesem Abschnitte auf den im Österr. Kriegsarchiv verwahrten Akten, ferner auf Reichsarchiv, VII (Bürstenabzüge); Tile, Gorlice (XXX. Bd. aus der Folge „Schlachten des Weltkrieges“, Oldenburg 1930); F r a n ę o i s, Gorlice.

119. und der 11. bayr. ID. komb. Korps hatte an diesem Tage der Führer der Bayern, GM. Ritt. v. Kneußl, geführt. Am Abend wurde es, bei gleichzeitiger Angliederung der 20. ID., dem Kommandierenden des deutschen X. Korps, GdI. v. Emmich, übertragen.

Die 8 l.RD. des XXXXI.RKorps focht im engen Anschlüsse an das k.u.k. VI. Korps. Bei diesem hatte die westgalizisch-sudetenländische 12. ID., FML. Kestřanek, schon in der Nacht auf den 1. Mai die Russen aus dem Dorfe Łużna vertrieben. Ihr Angriffsziel für den 2. war der schon genannte, zu einer Festung ausgebaute Pustkiberg. Die 72 Rohre, die FML. Arz, der Kommandierende des VI. Korps *■), gegen dieses Bollwerk hatten wirken lassen, erschütterten den Verteidiger aufs schwerste. Gegen Mittag erklomm das IR. 56, auf heimatlichem Boden fechtend, die beherrschende Kuppe. Aber so gewaltig der erste Eindruck war — es währte doch noch bis in die frühen Nachmittagsstunden, ehe die russische 31. ID. ihre Höhenstellungen völlig geräumt hatte. Unterdessen rang sich südöstlich von Łużna die 81. RD. gegen den zäh verteidigten Kamieniecwald vor, während auf der anderen Seite der 12. ID. die ungarisch-slowakische 39. HID., FML. Hadfy, die Wiatrowkihöhe trotz des von Norden kommenden russischen Flankenfeuers zu gewinnen trachtete. GM. v. Metz (Kmdt. der 23. IBrig.), der die gesamte Angriffsinfanterie der 12. ID. befehligte, zögerte nicht, nach der Eroberung des Pustkiberges sofort seinen beiden Nachbarn Hilfstruppen zu senden. So fielen gegen 5h abends der Kamieniecwald und bei Einbruch der Dunkelheit die Wiatrowkihöhe. Die preußische Garde war zur selben Zeit in ungestümem Vordringen bis Rzepiennik gekommen.

Am rechten Flügel der k.u.k. 4. Armee hatte sich die 10. ID. nach zähem Ringen mit der 70.Russendivision der Höhen nördlich des anderthalb Gehstunden langen Gassenortes Rzepiennik bemächtigt, während die wackere 106.LstlD. 2 km über Gromnik hinausgelangt war und auch südöstlich vom Wal unter verschiedenen Schwankungen örtliche Erfolge errungen hatte.

Dem nach langer Trennung wieder vereinigten, unter dem „Edelweiß“ fechtenden XIV. Korps des FML. Roth waren vier durch Monate ausgebaute Stützpunkte der Russen als Angriffsziel gegeben: südöstlich vom Wal der steile Kegel des „Zuckerhutes“, nordöstlich vom Wal die Höhe 481, dann weiter das „Hufeisen“ und schließlich nahe dem Dunajec die Trigonometerhöhe 419. Ihr Name soll in Erinnerung gerufen sein,

!) Riedl, Die Gefechtstätigkeit des k.u.k. VI. Korps in der Durchbruchsschlacht bei Gorlice am 2. Mai 1915 (Budapest 1928), 20 ff.

denn manches junge Blut vom Inn und von der Etsch, von der Salzach und von der Traun mußte die Erde röten, ehe der Russe sie preisgab.

Am 2. Mai früh stürmte der rechte Flügel der Linzer 3. ID., FML. Horsetzky, mit dem 2. KJR. und einem Bataillon 59er den „Zuckerhut“, behauptete ihn durch Stunden gegen schwerstes Geschützfeuer und übermächtige Gegenstöße, mußte ihn jedoch schließlich wieder dem Feinde überlassen1). Die Division blieb tagsüber vor den russischen Hindernissen liegen. Die Kaiserjäger der 8. ID. bemächtigten sich um 7hfrüh des „Hufeisens“, doch war auch ihnen durchschlagender Erfolg versagt. Daß auch an diesem Mißgeschick etwaiger Mangel an Opfermut wahrlich nicht die Schuld trug, erweist sich aus den Verlusten der stürmenden Truppe, die in diesen Tagen beim XIV. Korps größer waren als in irgendeinem anderen Abschnitte der Schlachtfront. Büßten einzelne Kompagnien doch mitunter alle Offiziere und drei Viertel ihrer Mannschaft ein 2)!

Die gegenüber von Tarnów stehende 47. RD. bereitete am ersten Schlachttage die Wegnahme der ausgedehnten Brückenkopfstellung vor, die die Russen hier nach der Schlacht von Limanowa-Łapanów auf dem Westufer des Dunajec festgehalten hatten. Sie wurde nun von zwei Regimentern der russischen 5. ID. verteidigt.

Ein schöner Erfolg war der Gruppe FML. Stöger-Steiner am unteren Dunajec beschieden. Mit der Brigade GM. Schaible an der Spitze übersetzte sie nach Mitternacht den Fluß und legte in den ersten Morgenstunden eine Kriegsbrücke darüber. Die gegenüberstehenden Reichswehrbrigaden gaben auf dem Ostufer 4 bis 5 km Raum. FML. Stöger-Steiner erhielt von der 1. Armee eine halbe 2. KD. und überdies die ursprünglich der 11. Armee zugedachte ll.HKD. der 4. Armee zugewiesen, um bei weiterem Vordringen in den Rücken des Feindes wirken und auch die Weichsel gegen Norden sichern zu können.

Auch am entgegengesetzten Flügel der Schlachtfront, gegenüber dem k.u.k. X. Korps der 3. Armee, mußten die Russen Raum geben. Seit frühestem Morgen im Kampfe, warfen gegen Abend die 21. und die 45. SchD. unter den Augen des Armeeführers Boroević die russische 9.Division von den Höhen östlich von Małastów, indes Mitte und rechter Flügel des Korps befehlsgemäß in ihren Stellungen verharrten.

Um Mittag war auf einer Höhe westlich von Gorlice der Armeekommandant FM. Erzherzog Friedrich mit dem Thronfolger und dem

1)    Unsere Rainer im Weltkriege 1914—1918 (Salzburg 1918), 109 ff.

2)    Vgl. u. a. S c h e m f i 1, Das k.u.k. 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger (Bregenz 1926), 171 f.

Chef des Generalstabes GdI. Conrad erschienen, um Zeuge des großen Erfolges zu sein, der hier errungen worden war. Hunderte von Gefangenen, oft nur von einem einzigen Reitersmann eskortiert, zogen, ihres Lebens sichtlich froh, an ihnen vorüber und legten Zeugenschaft von der schweren Erschütterung ab, von der der Feind betroffen war. Ein herrlicher Maientag umfing das Grauen der Walstatt. Der Wettergott blieb den Angreifern auch in den nächsten Kampftagen unverändert wohlgesinnt.

Die russische Führung war am frühen Morgen durch den von der Front herüber dröhnenden Kanonendonner aus ihrer Untätigkeit jäh erweckt worden. Die Rettungsversuche, die Gen. Dimitriew tagsüber unternahm, erwiesen sich jedoch als völlig unzulänglich. Bei Gorlice kam die Masse der aus der Reservestellung geholten 63. RD. gerade noch zurecht, die weichenden Trümmer der 61. aufzufangen. Die Alarmrufe der 3. Armee nötigten den Generalstabschef der Südwestfront, dem Befehlshaber dieser Armee die Verfügung über das III. kauk. Korps zu übertragen, dessen erste Transporte eben bei Krosno einlangten und nun nach Jasło und Żmigród vorgezogen wurden1).

Nicht minder kritisch als bei Gorlice gestaltete sich die Lage nördlich von Biecz, wo zwischen den weichenden Flügeln des IX. und des X. Russenkorps durch das scharfe Zugreifen des Korps Arz und der Garde eine breite Lücke entstanden war. In höchster Eile raffte Dimitriew drei Infanterie- und sieben Reiterregimenter zusammen, um sie unter dem Gen. Wolodtschenko in den bedrohten Raum zu werfen.

Sehr unbequem empfanden die Russen auch den Vorstoß StögerSteiners am unteren Dunajec. Hier mußte vor allem die jenseits von der Weichsel stehende 75. RD. helfen, die bei Nowy Korczyn ein Regiment auf das Südufer warf, ohne daß es der Gegner hindern konnte.

Wie sich das Schicksal der russischen 3. Armee weiterhin gestalten werde — dies hing vor allem vom Eintritt des III. kauk. Korps in die Schlacht ab. Daher war es für die Verbündeten von entscheidender Bedeutung, daß die Stoßgruppe Mackensens auch in den nächsten Tagen nichts an Schwung verlor. Daneben war es für die Größe des Erfolges wichtig, daß diese Stoßgruppe möglichst bald die Richtung Ost gewann, weil dadurch auch die russische Karpathenfront am schwersten gefährdet wurde.

Demgemäß wies GO. Mackensen seine 11. Armee für den 3. zunächst

x) Boncz-Brujewitsch, II, 69 ff; Zajontschkowskij, Strategische Studie über den Weltkrieg 1914—1918, VI. Teil, in russischer Sprache (Moskau 1923), 290 ff.

auf die Höhen westlich von Przegonina und Lipinki, sowie südlich und nordwestlich von Biecz und westlich von Olszyny. Als sich jedoch am 3. Vormittag zeigte, daß der Russe den dem VI. Korps und der Garde zugewiesenen Raum schon freiwillig geräumt hatte, steckte um die Mittagsstunde Mackensen, bestärkt durch die Gen. Arz und Freih. v. Plettenberg, die Führer dieser Korps, seinen Divisionen noch weitere Ziele: sie sollten bis zum Abend zwischen Żmigród und Kołaczyce an die Wisłoka gelangen. Mit dem Erreichen dieser Räume sollte es jedoch am 3. Mai noch sein Bewenden haben.

Von dem am Südflügel Mackensens fechtenden Korps Martiny der k.u.k. 3. Armee vertrieb die 21. SchD. bis gegen Mittag die russische 9. Division auf den Höhen südlich von Przegonina (Ostra 735 und A757) und gewann dann auch diesen Ort. Der Korpsführer ballte nun auf den eben genannten Höhen die 2. ID. und die 45. SchD. zu einer Stoßgruppe zusammen, die in den nächsten Tagen auch die 24. von den Fesseln des Stellungskampfes befreien sollte.

Das nördlich im Anschluß fechtende komb. Korps Emmich kam nach zähem Kampfe über Lipinki hinaus, wobei es bei der tapferen 11. bayr.ID. nicht ohne erhebliche Schwankungen abging. Nicht weniger schwer machten es die Russen den Divisionen der Generale Franęois und Arz, sich der Höhen südwestlich und nordwestlich von Biecz (Wilczak und Dżial Krzemienny) zu bemächtigen. Gen. Dimitriew hatte den beim Zustand seines X. Korps ziemlich gewagten Entschluß gefaßt, die Kaukasier in 10 km Frontbreite auf den Höhen beiderseits von Biecz zum rettenden Gegenstoß anzusetzen. Da das k.u.k. Korps aber erst am Abend und in der Nacht bei Biecz eintreffen konnte, hing von der Behauptung der genannten Höhen außerordentlich viel ab. Die 63. RD., die Dimitriew hier im Raume der 31. ID. eingesetzt hatte, und andere vom linken Armeeflügel herangeholte Verstärkungen bunter Zusammensetzung konnten jedoch das Schicksal nicht aufhalten. Als der Abend dämmerte, waren die heißumstrittenen Höhen von Biecz im Besitze der Verbündeten.

Links von Arz war die Garde an Olpiny herangekommen. Die in der zweiten Weisung Mackensens vorgesehene Linie zu erreichen, war allen vier Korps versagt geblieben.

Für die k.u.k. 4. Armee hatte die zu Beginn der Schlacht festgesetzte Aufgabe auch weiterhin Geltung. Sie hatte mit ihrem rechten Flügel auf annähernd gleicher Höhe mit der 11. Armee vorzudringen, aus ihrer Mitte heraus den Raum um Tarnów zu gewinnen — wobei dem Flankenstoß der beiden alpenländischen Divisionen des FML. Roth besondere Bedeutung zukam — und schließlich auch den Feind vom unteren Dunajec zurückzudrängen.

Das IX.Korps wurde auch am 3.Mai seiner Aufgabe in weitem Ausmaße gerecht. Die 10. ID. zwang die sich ihr entgegenwerfenden Teile der Gruppe Wolodtschenko auf die Höhen südwestlich von Ryglice zurück, die 106. LstlD. warf die 70. Russendivision bei Tuchów auf das Ostufer der Biała. So hatte das Korps um die Mittagsstunde schon beiläufig den Raum erreicht, der zur Deckung der 11. Armee nötig war, als Mackensen seine Angriffsziele weiter nach Osten verlegte. Um der dadurch geschaffenen Lage Rechnung zu tragen, wies der Erzherzog Joseph Ferdinand der 10. ID. nun noch fünf Bataillone unter GM. Szende zu. Der Angriff wurde fortgesetzt. Am Abend stand die 10. ID. auf dem Dobrolyn südlich von Ryglice, indes die 106. LstlD. in Tuchów einrückte.

An der Lockerung der Russenstellung westlich von Tuchów hatte auch die 3. ID. hervorragenden Anteil. Sie hatte sich schon am frühen Morgen endgültig des „Zuckerhutes“ bemächtigt und in den darauffolgenden Stunden gegen die Biała hin Raum gewonnen. Während ihr rechter Flügel dem Feinde gegen Tuchów an den Fersen blieb, wandte sie sich links dem Kampffeld der 8. ID. zu, die sich in den Morgenstunden unter erheblichen Verlusten an das Drahtverhau der feindlichen Hauptstellung herangearbeitet hatte, aber dort für den ganzen Tag festgebannt blieb, obwohl sie gleich der 3. ID. durch zwei Bataillone der Armeereserve verstärkt worden war. Der Armeeoberkommandant hatte den Kämpfen der alpenländischen Regimenter auf einer Höhe bei Wojnicz beigewohnt.

Einige Entlastung versprach dem XIV. Korps in seiner schwierigen Lage die Vertreibung der Russen aus ihrem Brückenkopf nordwestlich von Tarnów. Hier war es der 47. RD. geglückt, unterhalb von Radłów zwei Bataillone auf das Ostufer des Dunajec zu bringen, worauf der Feind flußaufwärts das ganze Westufer räumte. Abwärts von Radłów vermochte zwar Stöger-Steiner nicht weiter Raum zu gewinnen, sich aber immerhin gegen starke Gegenangriffe zu behaupten.

Auf russischer Seite hatte man an diesem Tage schon ziemliche Klarheit über den Gegner gewonnen. Gen. Dragomirow, der Generalstabschef Iwanows, teilte am Abend dem Generalquartiermeister der Stawka am Telephon mit, daß dem X. Korps GO. Mackensen mit vier Korps, darunter der preußischen Garde, gegenüberstehe. Dimitriew hatte zu Iwanow schon von der Möglichkeit gesprochen, die am heftigsten angegriffene Front hinter die Wisłoka zurücknehmen zu müssen und je ein Korps aus der Narewfront und aus der Bukowina als Verstärkung erbeten; auch ein Eingreifen der 4. Armee in westlicher Richtung oder über die Weichsel sei geboten. Iwanow beurteilte jedoch die Lage an der Dunajecfront noch keineswegs so kritisch. Dimitriew sollte es nur versuchen, die Lage durch den Gegenangriff seiner Kaukasier wiederherzustellen.

Die Kaukasier, deren Führer Irmanow nun auch den Befehl über das X. Korps übernahm, kamen aber viel zu spät auf das Schlachtfeld, wie bei der zersplitterten Anfahrt des Korps1) nicht anders zu erwarten war. Die eine der beiden Divisionen, die 21., trat am 4. Mai nachmittags bei Bednarka in den Kampf. Es gelang ihr hier wohl, das Vordringen der verstärkten k. k. 21. SchD. Martinys und des Korps Emmich vorübergehend zu verzögern. Aber am Abend flutete sie gemeinsam mit den Trümmern der 9. gegen Dembowiec und Żmigród zurück. Die k. k. 21. SchD. hatte den Russen Bartne und den Berg Watkowa entrissen. Martinys Korps, dem nun auch die bis Uście Ruskie gefolgte 22. SchD. (S. 316) unterstellt wurde, sollte nun schärferen Kurs gegen Krempna nehmen, um hier womöglich noch einen Teil der russischen Karpathenfront abzuschneiden. Vom komb. Korps Emmich gelangten die Bayern von Bednarka halben Weges bis Żmigród heran, indes die 119. ID. die Russen noch von den Höhen südwestlich von Dembowiec vertrieb. Im Anschluß daran hatten sich die beiden Divisionen des GdI. Francois, erheblichen russischen Widerstand brechend, bis Osobnica vorgearbeitet.

Nördlich der Ropa konnte die 52.ID. des III. kauk. Korps erst abends den bedrängten Kameraden zu Hilfe eilen. Dennoch hatten sich die zusammengewürfelten Bataillone der 61. und der 63. RD. in diesem Raume noch tapfer gegen die Anstürme des Korps Arz und der Garde gewehrt. Erst nach erheblichen Anstrengungen war es der k.u.k. 12. ID. gelungen, den Feind über Biecz zurückzuwerfen, während die 39. HID. bis gegen Abend an die Niederung nordöstlich von Biecz gelangte. Links von Arz ließ sich die Garde weder durch die Flügelstöße der Gruppe Wolodtschenko, noch durch einen Rückschlag, der bei der benachbarten k.u.k. 10. ID. auf dem Dobrolyn eintrat, daran hindern, östlich von Olpiny die gleiche Höhe mit dem k.u.k. VI. Korps zu gewinnen.

Dem Angriff des rechten Flügels der k.u.k. 4. Armee hatten die Russen am 4. früh im Mündungswinkel zwischen Dunajec und Biała und auf den Höhen nordwestlich von Tuchów (Górskie) die durch Reiterei verstärkte 42. ID., zwischen Tuchów und Ryglice die 70. RD., südöstlich von Ryglice die Gruppe Wolodtschenko entgegengestellt. Diese Heereskörper waren ebenso wie der Nordflügel des russischen IX. Korps zum

Gegenangriff befohlen. Aber es kam kaum mehr zu einer einheitlichen Kampfhandlung.

Auf öst.-ung. Seite hatten sich Abteilungen der 10. ID. in der Nacht noch des dem Dobrolyn vorgelegenen Obszar bemächtigt. Am 4. früh waren die Regimenter des FML. Horsetzky im Bereiche des Wal tief in die russischen Stellungen eingebrochen, die nun auch hier brüchig wurde. Beim Schein der Morgensonne, die wie an den vorangegangenen Tagen vom wolkenlosen Himmel herableuchtete, rückten nun die 3. und die 8.ID. über die blutgetränkten Kampfstätten in nordöstlicher Richtung der Biała zu. Rechts von ihnen schob sich eine Brigade der 106. LstlD. an den Fluß heran und über ihn hinweg, um eine Brücke und sechs Stege einzubauen, die in den Nachmittagsstunden fertig wurden.

Östlich von der Biała, wo von links nach rechts die andere Brigade der 106. LstlD. und die 10. ID. eingenistet waren, ergab sich am Vormittag der schon beim Vorgehen der Garde erwähnte Rückschlag. Das Bataillon der 10. ID., das den Obszar inne hatte, mußte diesen Punkt vor einem Gegenstoß Wolodtschenkos räumen. Die große Wichtigkeit des Kampfraumes der 10. ID. hatte längst die Aufmerksamkeit des Armeekmdos. in besonderem Maße auf sich gezogen. Nun entschloß es sich um 10h vorm., das Schwergewicht seiner ganzen Stoßgruppe auf das rechte Bialauf er zu verlegen. Die 106. LstlD. sollte alle entbehrlichen Teile auf diesem Ufer zusammenziehen, die 10. ID. durch sechs Bataillone der früheren Gruppe Szende — davon vier, die schon beim XIV. Korps eingesetzt waren — verstärkt werden. Auch Roth hatte alles, was links von der Biała entbehrlich war, auf das rechte Ufer zu entsenden. Dafür sollte er die Bezwingung der Höhen südlich von Tarnów (Górskie) einem östlich der Biała geführten Flügelangriffe Králičeks überlassen. In weiterer Folge hatte das IX. Korps — auch im Sinne der später einlangenden Weisungen Mackensens — die Wisłokastrecke Brzostek—Pilzno zu gewinnen, das XIV. beiderseits der großen Straße und der Bahn Tarnów— Rzeszów vorzudringen.

Die Einzel Verfügungen des Armeekmdos. stießen aber beim FML. Roth, der schon den Bialaübergang nordwestlich von Tuchów vorbereitet hatte, auf starke Einwände; es sei erfolgverheißender, statt der zeitraubenden Verschiebungen dieses Unternehmen auslaufen zu lassen. So setzte denn nach Mittag die Gruppe Szende (S. 325) gemeinsam mit Abteilungen der 106. LstlD. gegen die Höhen südöstlich von Tuchów und bald darauf die 10. ID. aus westlicher und südwestlicher Richtung gegen den Obszar zum Angriff an, der bis Abend noch Raum gewann und in der Nacht zur

Wiedergewinnung des Obszar führte. Die Russen hatten die ihnen auf getragenen Gegenstöße mit Opfermut, aber zusammenhanglos geführt.

Die 3. ID. konnte in der Nacht auf den 5. nordöstlich vom Wal die Biala überschreiten. Im Mündungswinkel hatte sich der Feind noch einmal in einer östlich von Wojnicz verlaufenden, südwärts gekehrten Stellung festgeklammert. Wieder mußten die Kaiserjäger Schritt um Schritt mit Blut erkaufen. Links davon war es der 47. RD. und der Gruppe StögerSteiner nicht vergönnt, ihre Brückenkopfstellungen nach Abwehr russischer Gegenstöße zu erweitern.

Solcherart hing wohl die Nordflanke des Stoßkeiles der Verbündeten am Abend des 4. Mai noch immer beträchtlich zurück und auch die 11. Armee hatte die ihr zugedachten Ziele wegen des heftigen Widerstandes des Russen nicht erreicht. Aber der Südflügel Mackensens steckte schon tief in den russischen Linien, die zum Reißen gespannt waren.

Die Kämpfe am 5. Mai und das Eingreifen der k.u.k. 3. Armee

Am 4. abends hatte Dimitriew seinem Frontbefehlshaber gemeldet, daß die Kaukasier nur mehr in der Lage gewesen seien, die Reste der 70., der 61. und der 63. RD. und der Gruppe Wolodtschenko aufzufangen. Die gesamte Westfront könne nur mehr fünf Divisionen stark bewertet werden und würde auch nach dem Eintreffen der in Aussicht gestellten 13. sib. SchD. und einer kombinierten, deren Zusendung gleichfalls angekündigt war, nur ihrer sieben zählen. Vom X. Korps waren bloß 4000 bis 5000 Bajonette geblieben, die Divisionen führten 800 bis 1000 Streiter in ihren Reihen.

Der Rückzug der Gruppe Irmanow hinter die Wisłoka mußte selbstverständlich auch auf die benachbarten Frontabschnitte zurückwirken. Von den Karpathentruppen wurde das XII. Korps auf den Duklapaß, das XXIV. in den Raum westlich und südlich von Żmigród gerufen. Am Nordflügel der Armee Dimitriews hatte das IX. Korps bis zum 5. abends zwischen der Dunajecmündung und Pilzno Stellung zu nehmen. Südlich sollte die Gruppe Wolodtschenko anschließen. Zwischen Brzostek und Żmigród sammelte Irmanow die Trümmer seiner Korps, wobei allerdings noch die Behauptung der Höhen westlich vom Flusse in Aussicht genommen war.

Fast noch gefährdeter als die Lage an der Wisłoka sah der Armeeführer jene beim IX. Korps an, das gleich „einem dünnen Vorhang“ gespannt war und dessen Reichswehrtruppen sich in Menge gefangen nehmen ließen. Angesichts dieser Verhältnisse erachtete er es gar nicht für unmöglich, daß der Gegner nun trachten werde, zwischen der 3. und der 4. Armee durchzustoßen und den Zusammenhalt zwischen ihnen zu zerreißen.

Auf der Seite der Verbündeten rief das Vordringen Mackensens bis an die Wisłoka nun auch die ganze k.u.k. 3. Armee auf den Plan. Es lag der Gedanke nahe, die Verkeilung starker russischer Streitkräfte in den Karpathen auszunützen und Teilen dieser Kräfte womöglich den Rückzug zu versperren. Zu diesem Ende ordnete der am 4. Mai spät abends erlassene Heeresbefehl an, daß sich von der 3. Armee dem über Krempna auf Tylawa gewiesenen k.u.k. X. Korps nun auch die Gruppe Krautwald anzuschließen habe. Einige Stunden darauf befahl die Heeresleitung überdies den rechten Flügel der 3. Armee, das Beskiden-und das VII. Korps, zum Vorrücken, indes die Armeemitte den Feind noch festzuhalten hatte. Als sich jedoch am frühen Morgen zeigte, daß die Russen auch vor dieser zurückwichen, ließ Boroević seine ganze Armee aus ihren zu Ostern noch so schwer behaupteten Gräben zur Offensive vorbrechen. Der linke Flügel der 2. Armee war schon von der Heeresleitung angewiesen, dieser Bewegung zu folgen.

Östlich der Bahnlinie Homonna—Mezölaborcz stieß nun freilich das Beskidenkorps auf den noch festen Flügel der 3. Russenarmee; es arbeitete sich bei Virava bis an die Hindernisse der feindlichen Hauptstellung heran. Links von der Bahn drückte die deutsche 4. ID. den Westflügel des XXI. Russenkorps auf Mezölaborcz zurück. Das k.u.k. VII. Korps drang kampflos in Sztropkó ein, traf aber auf den Höhen nordöstlich von diesem Orte auf den starken Widerstand des schrittweise gegen den Dukla-paß weichenden russischen XII. Korps; die Kämpfe dauerten bis in die Nacht. Nachdem nur die Gruppe GM. Berndt bei Sosfüred einen kurzen Kampf zu bestehen gehabt hatte, erreichte links vom Erzherzog Joseph das XVII. Korps am Nachmittage die Ondava ab- und aufwärts von F.-Vizköz. Das III.Korps, dem neben der 26. SchD. und der 28. ID. auch die 24. ID. des X. Korps unterstellt worden war, rückte mit den beiden erstgenannten Divisionen im Vormarsch gegen Krempna in die Front beiderseits von Alsópagony ein. Die 24. ID. erreichte, über Rostajne kommend, im Nachtmarsche noch Żydowskie. Die Absicht, die 26. SchD. an diesem Tage den Entscheidungskämpfen noch näher zu bringen, mußte der Armeeführer aufgeben, da die böhmischen Schützen im Grabenkrieg ihre Marschfähigkeit eingebüßt hatten.

Zumal das dem k.u.k. III. Korps gegenüberstehende russische XXIV. hatte es verständlicherweise sehr eilig gehabt, den Marsch in den ihm zugewiesenen Raum südlich und westlich von Żmigród anzutreten. Denn die Bedrohung in der rechten Flanke und im Rücken war höchst bedenklich geworden. In der Tat sollte es nur einem Teil des Korps gelingen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Von Westen kam das k.u.k. X.Korps angerückt, dessen 2. ID. zugleich mit der 24. den Raum nordwestlich von Żydowskie gewann, indes die 21. SchD., gefolgt von der 45. SchD., am Abend bei Krempna gegen Abteilungen des X. Korps der Russen und deren hastig nach Nordosten strebende 49. ID. in den Kampf trat und die aus den Karpathen heranführende Straße schon durch Geschützfeuer sperrte. Von Norden drohte noch schwerere Gefahr, denn dort war der Südflügel Mackensens bereits erheblich über Żmigród, den Versammlungsraum des XXIV. Russenkorps, hinausgekommen!

Die öst.-ung. Heeresleitung hatte der 11. Armee für den 5. Mai vorgeschrieben, den Stoß mit verstärktem Südflügel in die Linie Dukla— Krosno—Strzyzów fortzusetzen. Daß es dem Feinde an diesem Tage in der Tat nicht mehr gelang, die Geschlossenheit seiner Front aufrechtzuerhalten, kam vor allem dem Korps Emmich zustatten, das — mit der bayr. 11. und der 20. ID. im ersten, der 119. im zweiten Treffen — über Żmigród bis in den Raum nördlich und westlich von Dukla vorstoßen und die Hand auf die Lebensader des XXIV. und des XII. Russenkorps legen konnte. So bereitete sich hier an den Ausgängen der Gebirgstäler eine Kriegshandlung von dramatischer Spannung vor, die in den nächsten 48 Stunden ihre Lösung finden sollte.

Der frühzeitige Verlust von Żmigród hatte aber die tapferen Kaukasier noch keineswegs veranlaßt, auch die Höhen südwestlich und nordwestlich von Jaslo kampflos preiszugeben. Das deutsche XXXXI. RKorps hatte den ganzen Tag über erbittert zu ringen, bis es ihm zu späterNachtstunde glückte, den Feind im Raume von Osobnica zu werfen. Nicht anders erging es nördlich der Ropa der im ersten Treffen des VI. Korps vordringenden 12. ID., die über die Niederung nordöstlich von Biecz noch ohne russische Gegenwirkung hinwegkam, dann aber Mühe genug hatte, sich bis zum Abend auf 5 bis 6 km an Jaslo heranzuarbeiten. Ebensowenig wie diesen beiden Korps gelang es der Garde, am 5. die der 11. Armee vorgezeichnete Linie zu erreichen. Die Kaukasier hielten bis in den Abend hinein die Höhen westlich von Kołaczyce mit zäher Verbissenheit.

Die k.u.k. 4. Armee hing zum Unbehagen der Heeresleitung noch immer weit zurück. Ihre Spitzendivision, die 10., drang bis auf die Höhen südwestlich von Jodłowa vor, stellte hier den Anschluß an die Garde her und erfüllte damit auch die Aufgabe, deren Nordflanke zu decken. Die

Gruppe Wolodtschenko zog sich gegen Abend südlich von Brzostek über die Wisłoka zurück, wo sich nördlich des ebengenannten Ortes auch die Reste der 61. und der 31. Russendivision sammelten.

Die Masse des k.u.k. IX. Korps staffelte sich über Ryglice gegen Zalasowa zurück. Bei der starken Ausdehnung der Truppen Králičeks besorgte das 4. Armeekmdo. ein Reißen der Verbindung zum XIV.Korps, von dem die 3. ID. wohl die Biała überschritten hatte, die 8. aber noch immer von der russischen 42. im Mündungswinkel aufgehalten wurde. Ebenso ging es auf dem linken Flügel, bei der 47. RD. und der Gruppe Stöger-Steiner, nicht vorwärts. Um endlich den Bann zu brechen, der auf der Armee lastete, nahm am 5. nachmittags Erzherzog Joseph Ferdinand in Aussicht, die 8. ID. vom Westufer der Biala abzuziehen und sie östlich des Flusses mit der 3. ID. zu einer eng geschlossenen Stoßgruppe zu vereinigen, die endlich den Weg nach Tarnów öffnen sollte. Da kam spät abends die Nachricht, daß es der 3. ID. geglückt war, die Höhe Górskie zu erstürmen, ohne daß sich erst ein umfassendes Eingreifen der 106. Lst.-ID. (Gruppe GM. Aust) fühlbar machen mußte. Gleichzeitig meldeten die Kaiserjäger Fortschritte westlich der Biała. Nun atmete auch das

4. Armeekmdo. auf. Als vor Mitternacht auf den 6. Mai Mackensen anfragen ließ, ob es nicht zweckmäßig wäre, die bei Stöger-Steiner angesammelte Reitermasse hinter die 11. Armee zu nehmen, gab der Chef der Operationsabteilung des 4. Armeekmdos., Obst. Paić, der Hoffnung Ausdruck, daß der Feind nun auch gegenüber der 4. Armee nachzugeben scheine und daß sich daher für die Kavallerie sehr bald in den Ebenen südlich von der Weichsel ein Betätigungsfeld ergeben werde.

Die Einnahme von Tarnów und das Kesseltreiben •    bei Dukla

(6. Mai)    ,

Unterdessen hatte auf der Seite der Russen ein zwischen den Befehlsstellen geführter Meinungsaustausch am 5. Mai vormittags weitgehende Anschauungsgegensätze auf ge deckt. Obgleich Iwanow sehr ungehalten war, zeigte er gegenüber Dimitriew noch immer eine gewisse Zuversicht. Zumal die vom Führer der 3. Armee in den Vordergrund gerückte Gefahr eines Durchbruches zwischen der Weichsel und dem Karpathenvorlande hielt der Frontbefehlshaber durch das Heranführen der 13. sib. SchD. für ziemlich gebannt. Düsterer blickte Iwanows Generalstabschef Dragomirow in die Zukunft. Er betrachtete die Lage in Westgalizien für unhaltbar und sprach sich der Stawka gegenüber für einen

Rückzug der drei rechten Armeen — 4., 3., 8. — in die Linie Iłża—Józefów—Przemyśl (dieses in die Front einbezogen)—Turka aus, indes die

9. Armee gleichzeitig zur Offensive überzugehen gehabt hätte. Doch fand er mit diesem Vorschläge keineswegs den Beifall der Heeresleitung, deren Generalstabschef ihm telegraphieren ließ, daß sich die 3. Armee unbedingt an der Wisłoka zu halten habe. Im Hinblick auf die Front im westlichen Weichsellande forderte die Stawka, daß zumindestens der rechte Flügel der 3. Armee nicht weiter als bis an den Unterlauf des ebengenannten Flusses zurückgehen dürfe. Der Großfürst tat ein übriges, indem er am 5. abends den Gen. Dimitriew wissen ließ: ,,Das Eintreffen des ruhmreichen III. kauk. Korps und anderer Verstärkungen bietet Gewähr, daß von Ihrer Seite alles geschehen wird, um wieder eine günstigere Lage herzustellen.“

Bei seiner Sorge um den gestreckten Nordflügel war Dimitriew vor allem bestrebt, das IX. Korps aus seiner ausgesetzten Lage in die Linie Szczucin—Pilzno zurückzuführen. Die Befehle hiezu scheinen noch um die Mittagszeit ergangen zu sein, wurden aber erst in der folgenden Nacht und auch da nur zum Teil ausgeführt. Inzwischen waren beim Kmdo. der

3. Armee auch die Hiobsbotschaften über die Ereignisse im Raume Jasło— Dukla eingetroffen. Wenn auch die Meldungen noch kein zuverlässiges Bild ergaben, — von der 48.ID. des XXIV.Korps fehlte überhaupt jede Nachricht — so war es doch klar, daß der Raum um Żmigród und der Duklapaß verloren waren und daß demnach den beiden dorthin gewiesenen Korps, dem XXIV. und dem XII., neue Abschnitte zugewiesen werden mußten. Ebenso war an eine Behauptung der Höhen westlich der Wisłoka nicht mehr zu denken. Demgemäß rief Dimitriew seine hart hergenommene Mitte hinter die Wisłoka und die Jaśiołka zurück. Der Südflügel des IX. Korps hatte bei Pilzno noch eine Brückenkopfstellung zu beziehen. Links davon hatten das X.Korps (31.ID., 61.RD., 16.KD., 3.Don-KosD.) den Raum oberhalb von Brzostek1), weiter das kaukasische den Abschnitt bei Jedlicze und das XXIV. jenen bei Rymanów einzunehmen. Das XII. Korps sollte hier mit einer scharf gegen Westen gerichteten Front anschließen und die 12. sib. SchD. brigadenweise bei Frysztak und Zarszyn als Reserve ausscheiden. Das XXI. Korps hatte in seinen Karpathenstellungen östlich von Mezölaborcz auszuharren. Der Stab desXXIX.Korps wurde an die untere Wisłoka befohlen, um dort den Befehl über die dahin entsandten, tropfenweise einlangenden Verstärkungen — 13. sib.SchD. und 62. RD. — zu übernehmen. Ausdrücklich verlangte Dimitriew, daß a) Gen. Wolodtschenko befehligte eine Gruppe am rechten Flügel des X. Korps.

die 8. Armee fest bleiben möge, denn auch er sei entschlossen, nunmehr mit seinenTruppen äußerstenWiderstand zuleisten,,,koste es, was es wolle“.

Die Aufmerksamkeit der Heeresleitung in Teschen war in diesen Stunden vor allem auf das Kesseltreiben in der Gegend von Dukla gerichtet. Ihm einen möglichst großen Erfolg zu sichern, war der Zweck der am 5. spät abends erlassenen Befehle. Das XXXXI. RKorps hatte südlich von Jaslo die Wisłoka zu überschreiten, das Korps Emmich in den Raum südlich von Krosno vorzudringen, das Korps Martiny über Tylawa nach Jasłiska zu stoßen. Dem rechten Flügel der 3. Armee wurde die Straße Radoszyce—Zagórz als Leitlinie vorgeschrieben, dem rechten Flügel Böhm-Ermollis die Linie Wołosate—Lutowiska—Krościenko (südwestlich von Chyrów). Die Hauptkräfte der 4. Armee sollten südlich der großen Straße Tarnów—Pilzno angesetzt, die bei Dębica mündenden Bahnen möglichst bald durch vorbrechende Reiterei unbrauchbar gemacht werden.

Die Hoffnungen der Heeresleitung, daß nun endlich auch die 4. Armee ihrer Fesseln ledig sein werde, erfüllte sich am linken Armeeflügel noch immer nicht. Wohl hatte der Feind das östliche Dunajecufer gegenüber der 47. RD. völlig geräumt und auch bei Stöger-Steiner genügte ein nicht allzu starker Druck, um die Russen zu einigem Raumopfer zu veranlassen. Aber schon in der Höhe von Dąbrowa richteten sie sich zu neuem Widerstande ein. Hier mußte am linken Flügel der deutschen Reservedivision die bereits gegen Dębica aufgebotene Honvédreiterei wieder zum Feuergefecht absitzen. Aufklärung über die Lage brachte bald ein russischer Funkspruch. Der Führer des IX. Russenkorps hatte sich — offenbar in Kenntnis der bei der Stawka herrschenden Stimmung — entschlossen, nur den linken Flügel weiter abzubiegen, mit dem rechten aber noch nächst der Dunajecmündung auszuharren, wozu ihm die nördlich anschließende 4. Armee Unterstützung in Aussicht stellte.

Dagegen zogen sich die Russen vor der Mitte der k.u.k. 4. Armee in Eile zurück. Ohne sich in der am Vorabend geplanten Weise umzugruppieren, trat das Korps Roth die Vorrückung in nordöstlicher und östlicher Richtung an. Das oberösterreichische IR. 14 berichtet darüber in seinem EhrenbucheL): „Durch die unaufhaltsamen Märsche, ständigen Gefechte, den fehlenden Schlaf, mangelhaften Nachschub, da der Train mit diesem Tempo nicht Schritt zu halten vermochte, waren die Soldaten körperlich ganz herabgekommen und fielen oftmals vor Ermüdung um ....

!) Rgts.-Gesch. des IR. 14: Ein Buch der Erinnerung an große Zeiten 1914—1918 (Linz 1919), 38.

Fast achtzehn Stunden war das Regiment nach Zwiernik1) mehr gestolpert als marschiert und wartete, dort angekommen, als Divisionsreserve auf weitere Befehle, die erst in den frühen Morgenstunden eintrafen.“ Abteilungen der 8. ID. besetzten gemeinsam mit den Landstürmem Morgensterns, die nun in den Etappendienst übertreten sollten, die arg zerschossene Stadt Tarnów. Gegen Abend gelangte die Masse des Innsbrucker Korps in das Hügelland westlich und nordwestlich der Brückenkopfstellung von Pilzno. Südlich von dieser kämpfte die 106. LstlD., nachdem sie tagsüber mehrfach mit der 3. kauk. KD. die Klinge gekreuzt hatte, noch in der Nacht mit der russischen 70. RD. und Teilen der 42. ID. um wichtige Höhen. Leichter hatten es die 10. ID. und die ihr angeschlossene Gruppe GM. Szende gehabt; sie vermochten am linken Wisłokaufer gegenüber Brzostek ihr Nachtlager fast ohne Schuß zu beziehen. Da die Truppe einer Rast dringend bedürftig war, mußte jedoch der vom Armeekmdo. gewünschte Flußübergang auf den 7. verschoben werden.

Entgegen dem Drängen Teschens hatte GO. Mackensen für den 6.Mai zunächst die Absicht, Mitte und linken Flügel seiner Armee, die etwas zurückhingen, dem rechten auf gleiche Höhe folgen zu lassen. Erst am

6. mittags wies er diesen an, in der Richtung Rymanów nachzustoßen. An diesem Tage gelangte die Garde, der nun auch die 19. ID. angeschlossen war, bis an den Abschnitt Jasło—Kołaczyce, nahm den erstgenannten Ort, vermochte aber ihre 10 km weiter östlich liegenden Marschziele nicht mehr zu erreichen. Vom VI. Korps kam die 12. ID. spät abends nach Jaslo. Die 39. HID. durchfurtete die brennendes Erdöl führende Wisłoka bei der zerstörten Bahnbrücke oberhalb von Jaslo und kam südlich der Jaśiołka, mehr oder minder an der neu ausgesteckten Russenfront vorübermarschierend, auf einen halben Tagmarsch über die Stadt hinaus. Die 81. RD. des GdI. Franęois stieß bis Zręcin vor, indes die 82. ins zweite Treffen genommen wurde. Rechts vom XXXXI. RKorps nahm die Masse des Korps Emmich bei Iwla und Dukla Front gegen Süden. Sie sollte dort gemeinsam mit der 3. Armee die Abschnürung der aus den Karpathen nordwärts strebenden Russen vollenden.

Nun war es allerdings den beiden Divisionen des vor allem bedrängten XXIV. Russenkorps noch in der Nacht geglückt, sich unter Aufopferung von Seiten- und Nachhuten in das Bergland östlich von Krempna durchzuschlagen. Wenn auch stark dezimiert, gewann von hier die 49. ID. den ihr vorgezeichneten Raum südlich von Krosno, wo sie gemeinsam mit

1) Örtlichkeit südlich von Dębica.

der 11. KD. den ausgedehnten Abschnitt Jedlicze—Rymanów besetzte. Umso übler wurde der 48. mitgespielt, die, der 49. nachfolgend, zunächst versuchte, von Mszana aus über Hyrowa durchzubrechen. Von den Bayern hieran gehindert, kehrte die Division wieder nach Mszana zurück. Hier schlug ihr aber das Geschütz- und Gewehrfeuer der von Krempna anrückenden k. k. 45. SchD. entgegen. Der Großteil der russischen Infanterie flüchtete in die Wälder östlich von Mszana, indes die Artillerie unter entsprechender Bedeckung über Tylawa auf die Dukla-straße zu gelangen trachtete. Hier aber lief sie der Reiterei des GM. Berndt in die Hände, der seinem XVII. Korps mit der 18. KBrig. und den Landsturmhusaren über den Duklapaß, mit der 21. KBrig. nach Czeremcha vorausgeeilt war. Bei Tylawa kam es zum Zusammenstoß. Die Russen wehrten sich verzweifelt. Aber schon mußten sich ganze Abteilungen ergeben, während sich der andere Teil noch in den Raum südöstlich von Dukla durchschlug, wo ihn am nächsten Tage sein Schicksal ereilen sollte.

Das k.u.k. X. Korps, das die 21. SchD. als Armeereserve zurückgelassen, dafür aber die 24. ID. wieder unterstellt bekommen hatte, nächtigte, seit Tagen unausgesetzt auf dem Marsche und im Kampf, gemeinsam mit der Masse der Reiterei Berndts im Raume Mszana—Tylawa; die

21. KBrig. war bis Jaśliska gelangt. Dahinter erreichte das XVII. Korps mit der 11. ID. Czeremcha, mit der Gruppe Obst. v. Bolzano (IR. 81 und 88), der 26. SchD. und der 1. LstlBrig. den Raum nördlich und südlich vom Duklapasse. Die 28. ID. blieb bei F.-Odor zurück. Sie sollte sich mit der 22. SchD., die zunächst dem X. Korps über Małastów und Rostajne gefolgt, nun aber hier infolge des Zusammenrückens der 3. Armee gleichfalls entbehrlich geworden war, wieder zum III. Korps zusammenschließen, dem die beiden Divisionen nach der Normalgliederung des Heeres angehört hatten und das nun an den rechten Flügel der 3. Armee verschoben werden sollte.

Von diesem Armeeflügel war das VII. Korps dem russischen XII., nachdem die 20. HID. noch südöstlich von Nagybukócz heftige Kämpfe zu bestehen gehabt hatte, bis an die Straße Mezölaborcz—Czeremcha gefolgt. Die 1. KD. nächtigte hinter dem Ostflügel des Korps. Das Beskidenkorps nahm Mezölaborcz und schwenkte in eine gegen Nordosten gerichtete Front ein. Ihm gegenüber machte das russische XXI. Korps noch wenig Miene, weiter Raum zu geben.

Am linken Flügel der 2. Armee, die in den vergangenen Tagen eifrig bemüht gewesen war, die Aufmerksamkeit des Feindes durch erhöhte Artillerietätigkeit und Scheinunternehmen zu fesseln und ihrerseits auch einen oder den anderen russischen Vorstoß abzu wehren gehabt hatte, schob sich am 6. Mai die 34. ID. im Anschluß an die deutsche 25. RD. näher an die Kammstellung der russischen 3. SchD. heran. Neben ihr erstürmten die wackeren Deutschböhmen der 29. ID. eine Grenzhöhe südlich von Wola Michowa (Na Stobach), mußten sie aber dem Feinde wieder überlassen. Das Armeekmdo. in Ungvár traf unterdessen alle Vorbereitungen, um seine Korps auf die ersten Anzeichen eines russischen Rückzuges aus den Stellungen zu rufen.

Die Fortführung des Angriffes über den Wisłok

(7. und 8. Mai)

Hiezu Beilage 17

Noch am 6. Mai spät abends wies Dimitriew in einem Ferngespräch mit Iwanow auf die wahrscheinlich eintretende Notwendigkeit weiteren Absetzens vom Gegner hin. Für den Augenblick waren es namentlich die Fortschritte der Verbündeten bei Jasło, die den Führer der 3. Russenarmee besonders beunruhigten. Er hielt es für unvermeidlich, noch in der Nacht die Zurücknahme der inneren Flügel des X. und des III. kauk. Korps gegen Gogolów zu verfügen. Gleichzeitig sollte das IX. Korps endlich zwischen Szczucin und Pilzno in Stellung gehen. In denselben Stunden kam von Iwanow der Befehl an Dimitriew, das XXI. Korps aus der Front zu ziehen und um Sanok als Reserve aufzustellen. Dimitriew bat, diese Weisung im Hinblick auf die Lage beim XXIV. Korps und auf den Zusammenhang mit der 8. Armee erst am 8. ausführen zu dürfen. Iwanow befahl, wenigstens die Artillerie des Korps bald verfügbar zu machen.

Entsprechend diesen Maßnahmen beim Feinde stieß am 7. Mai der rechte Flügel und die Mitte des Beskidenkorps auf dem Beskidrücken noch immer auf starken Widerstand, den zu brechen ihm an diesem Tage noch nicht gelang. Lediglich der linke Flügel kam einigermaßen vorwärts, indem er die Höhen beiderseits vom Bahnknie bei Mezölaborcz in Besitz nahm. Immerhin lohnten sich aber die Anstrengungen der Angreifer, da ein russischer Funkspruch den von Dimitriew für die folgende Nacht angeordneten Abzug des gegenüberstehenden XXI. Korps verkündete.

Die drei anderen Korps der k.u.k. 3. Armee — VII., XVII. und X. — hatten den Auftrag, dem gegen den oberen Wisłok zurückweichenden Feinde unter scharfem Aufschwenken gegen Osten an der Ferse zu bleiben. Am rechten Flügel des VII. Korps griff die 1. KD. vergeblich die Höhen

nordwestlich von Vidrány an. Im Anschluß daran stürmte die 20. HID. eine starke russische Bergstellung an der galizisch-ungarischen Grenze (Weretyszów); es währte bis zum Abend, ehe der Feind den umstrittenen Punkt preisgab.

Offenbar um das Abfließen von Artillerie und Troß gegen Norden zu erleichtern, hatte das russische XII« Korps im Raume westlich und südwestlich von Surowica am 7. morgens erhebliche Kräfte zurückgelassen, die erst durch einträchtiges Zusammenwirken der 17., der 11., der 2. ID. und der 26. SchD. in fast den ganzen Tag über währenden Kämpfen auf die Höhen südwestlich von Wisłok Wk. und an den Wisłok abwärts von Surowica zurückgedrückt werden konnten. Die 17. ID. des VII.Korps gelangte in den Raum westlich von Wisłok Wk., das XVII. Korps mit der 11. ID. bis Surowica, mit der 1. LstlBrig. dahinter und mit der nunmehr unterstellten 26. SchD. in die Gegend südöstlich von Królik-Polski. Vom X. Korps nächtigte die 2. ID. bei Jaśliska und sicherte durch eine vorgeschobene Abteilung die Verbindung zwischen der 11. ID. und der 26. SchD. Die 45. SchD. traf auf dem Wege nach Królik-Polski auf die in der vorangegangenen Nacht hieher geflüchteten Teile der russischen 48. ID. Nur mehr Trümmer dieser Division, insgesamt 8 schwache Bataillone und 14 Geschütze, vermochten sich auf das rechte Wisłokufer durchzuschlagen. Über 1300 Mann, 16 Geschütze und 5 schwere Haubitzen blieben in des Gegners Hand. Der Führer der unglücklichen Division, der ehrgeizige Gen. Kornilow, wurde am 12. Mai mit zwei Obersten und fünf anderen Offizieren von einer Munitionskolonne der k.u.k. 17. ID. bei F.-Vizköz aufgegriffen und gefangen genommen1). Zahlreiche Versprengte irrten geraume Zeit in den Wäldern herum, wobei ihnen die russenfreundliche ruthenische Bevölkerung dieses Landstriches Unterstand gewährte und mitunter auch zur Rückkehr in den Bereich des russischen Heeres verhalf. Die 24. ID. rückte der 45. nach; die wieder dem X. Korps zugewiesene 21. SchD. gelangte in den Raum um Mszana.

Die nunmehr armeeunmittelbar gestellte Kavalleriegruppe GM.Berndt

— 4. KD. und 1. LstHusBrig. — tauchte am 7. Mai bald nach Mittag auf den Höhen bei Rymanów auf, wo sie von der deutschen 119. ID. zuerst für Russen gehalten und beschossen wurde. Sie konnte dennoch den vor

*■) Kornilow entkam später mit Hilfe eines tschechischen Wachsoldaten aus der Gefangenschaft und spielte dann in der russischen Revolution und bei der Bekämpfung des Bolschewismus eine hervorragende Rolle. Er fiel im Frühjahr 1918 als Befehlshaber einer weißen Armee bei einem Sturm auf Jekaterinodar im Kaukasus.

ihren Augen zurückweichenden Marschsäulen des Feindes durch Geschützfeuer noch recht lästig werden.

Der Führer der 11. Armee erhielt frühzeitig durch Flieger fortlaufend Meldung über den Rückzug der Russen im Raume von Jaslo und Kołaszyce. Die Masse der Armee hatte am 7. nachzustoßen, den Wisłok zwischen Haczów und Frysztak zu überschreiten und sich auf den Höhen östlich des Flusses festzusetzen. Der Südflügel sollte sich gegen Besko ausdehnen und wie an den Vortagen darauf bedacht sein, etwa noch in den Beskiden steckenden russischen Kräften den Rückweg zu verlegen.

Die als südlichste Heeressäule vordringende 119. ID. des Korps Emmich hatte, allmählich durch Teile der deutschen 20. ID. verstärkt, westlich und östlich von Iwonicz heftige Kämpfe vor allem gegen die

12. sib. SchD. zu bestehen, trat bei Rymanów, wie schon erwähnt, mit der Reiterei des GM. Berndt in Fühlung und vermochte noch den Wisłok-übergang bei Besko zu gewinnen. Links von Emmich gewann Franęois südlich von Krosno Raum.

Vom Korps Arz, dessen Divisionen seit Beginn der Schlacht bereits 4000 bis 6000 Mann eingebüßt hatten, besetzte die 39. HID. gemeinsam mit deutschen Radfahrern die Stadt Krosno; die Russen (XXIV. Korps) hatten sich auf die Höhen östlich davon zurückgezogen. Die links gestaffelt vorgehende k.u.k. 12. ID. stieß im Raum von Jedlicze auf die am Südflügel des III. kauk. Korps fechtende 9. ID. Eine Lücke in der gegnerischen Schlachtordnung erspähend, ging diese sogar zum Gegenangriff über, wich aber schließlich, auch um den Zusammenhang mit dem XXIV. Korps nicht zu verlieren, auf die Höhen westlich von Odrzykoń zurück, deren eine (A 326) noch in der fünften Nachmittagsstunde von den Österreichern erobert wurde.

Links durch die deutsche 19. ID. verlängert, maß sich die preußische Garde nordöstlich und nördlich von Jasło wieder mit den Kaukasiern Irmanows, die heftigen Widerstand leisteten, aber schließlich doch bei Lubla aus den ihnen von Dimitriew am Abend zuvor zugewiesenen Stellungen gegen den Wisłok zurückgeworfen wurden.

Der k.u.k. 4. Armee hatte Mackensen für den 7. aufgetragen, die Wisłoka zu überschreiten und —nach links hinten gestaffelt — mit dem rechten Flügel Frysztak zu gewinnen. Die Reiterei sollte sich ehestens in den Ebenen nördlich der Bahn ausbreiten.

Nachdem die Brigade GM. Szende noch in der Nacht unterhalb von Brzostek über die Wisłoka gestoßen war, gewann die 10. ID. morgens auch oberhalb dieses Ortes das Ostufer. Diese Kampfgruppen gelangten

aber tagsüber über diesen Brechpunkt des mit seinem Südflügel gegen Gogolów zurückgebogenen X. Russenkorps trotz heftigen Bemühens nicht hinaus; es war schon Nacht geworden, als der Russe endlich Brzostek preisgab und gegen Osten abzog. Auch die zweite Division des X. Korps, die 106., kam an diesem Tage nicht erhe~blich vorwärts; sie wurde trotz mancher ördicher Erfolge am Südteil des Brückenkopfes von Pilzno festgehalten, so daß sich der Korpskommandant veranlaßt fühlte, für den nächsten Tag einen Nordstoß der 10. ID. in Aussicht zu nehmen1).

Diese Sorge sollte aber dem FML. Králiček durch die Linzer Division des links anschließenden XIV. Korps abgenommen werden. Diese hatte früh morgens den Brückenkopf von Pilzno von Westen her angegriffen und rang den ganzen Tag über und durch einen guten Teil der Nacht mit dem linken Flügel des russischen IX. Korps (70. RD. und

2. komb. KosD.) um jeden Fußbreit Bodens, bis die Russen endlich am 8. bei Morgengrauen eiligst über die Wisłoka abzogen.

Hatte der Feind diesen Drehpunkt für das von Dimitriew angeordnete Zurückschwenken des IX. Korps auf jeden Fall solange wie möglich halten müssen, so stießen weiter westlich die k.u.k. 8. ID. bei Walki, die deutsche 47. RD. bei Lisia Góra und die Gruppe Stöger-Steiner nördlich davon deshalb noch bis in den Abend hinein auf heftigsten Widerstand, weil die Russen hier den Befehl, auf Radomyśl und Szczucin zurückzugehen, erheblich verspätet erhielten.

Das andauernde Zurückhängen des linken Armeeflügels veranlaßte das 4. Armeekmdo., für das XIV.Korps eine ähnliche Kriegshandlung zu erwägen, wie sie innerhalb des IX. Korps vorübergehend der 10. ID. zugedacht war. FML. Roth sollte den Russen nach ihrem Abzüge über die Wisłoka nicht sofort folgen, sondern zuerst der deutschen 47. RD. und der Gruppe FML. Stöger-Steiner durch einen gegen Norden geführten Stoß Entlastung bringen. Mackensen hingegen sah gegenüber solchen Plänen in der Fortführung der Offensive gegen Osten das beste Mittel, auch den Feind nördlich der Przemyśler Bahn zum Rückzug zu zwingen. Er sprach sich daher schärfstens gegen die Absichten des Erzherzogs Joseph Ferdinand aus. Dagegen erreichte dieser beim k.u.k. AOK. die Unterstellung der in der Ebene fechtenden Gruppen unter ein gemeinsames Kommando, mit dem von der Heeresleitung der vom Nordufer der Weichsel herbeigeholte Führer des I. Korps, GdK. Karl Freih. v. Kirch-bach, betraut wurde.

x) Übrigens soll es schon am 7. abends Reitern der 106. LstlD. geglückt sein, in Pilzno einzudringen.

Der Entschluß der Russen zum Rückzug hinter den UPistok

Inzwischen hatte den Führer der russischen 3. Armee die aufs Neue zutagegetretene Brüchigkeit der Front beim III. kauk. Korps und die offenbar drohende Gefahr eines Durchbruches zwischen dem XII. und dem XXIV. Korps (in der Gegend von Rymanów) wieder mit schwerster Sorge erfüllt, der er gegenüber Iwanow und Brussilow in bewegter Klage Ausdruck lieh. Die Armee zehre sich seit fünf Tagen völlig auf, meldete er dem Frontbefehlshaber; eine Stützung durch zwei bis drei Armeekorps sei unbedingt nötig, wenn man es nicht vorziehe, sich dem Druck des Feindes durch beschleunigte Märsche zu entziehen.

Diese schwierige Lage der 3. Armee war bereits der Hauptgegenstand einer Besprechung gewesen, die am 7. Mai vormittags auf dem Bahnhofe zu Cholm im Salonwagen des aus dem Hauptquartier herbeigeeilten Großfürsten zwischen diesem, Gen. Iwanow und dem gleichfalls herangeholten Oberbefehlshaber der Nordwestfront, Gen. Alexejew, stattgefunden hatte. Wie es scheint, brachte der Stabschef Iwanows abermals den schon am 5. aufgeworfenen Gedanken vor, die Heeresfront gegen den San zurückzubiegen. Diese Idee wurde aber vom Großfürsten wie von seinem Generalquartiermeister Danilow gleich entschieden verworfen. Der Generalissimus erteilte den strikten Befehl, daß die 3.Armee höchstens bis in eine Linie zurückgehen dürfe, die „durch den Meridian der unteren Wisłoka“ gegeben war. Demgemäß ließ Iwanow die 3.Armee durch seinen Stabschef Dragomirow an weisen, in der Nacht auf den 8. in die Linie Szczucin—Radomyśl Wk.—Wielopole—Wo jkowska—Haczów—Buko wica-rücken zurückzuweichen. Die Ausführung dieser Bewegung nötigte selbstverständlich auch mindestens den rechten Flügel der 8.Armee, entsprechend zurückzu schwenken. Die Weisungen Iwanows bestimmten diesem Flügel die Linie Szczawne—Chryszczata als neue Stallung. Die 8. Armee scheint zur Zeit, als dieser Befehl erlassen wurde, schon zum Rückzug an den oberen San angewiesen gewesen zu sein. Offenkundig hat die Sorge, der Stoß der Verbündeten gegen das XII. und das XXIV. Korps könne überraschend in den Rücken Brussilows durchdrungen, diesen Entschluß hervorgerufen. Die Nachhuten Brussilows hatten Komańcza, Jabłonki, Berehy Grn. und Ustrzyki Grn. zu halten.

Besondere Obsorge wurde in Chołm der Bildung von Reserven für die 3. Armee zugewandt. Zunächst kamen in Betracht: die 13.sib. SchD. und die 63. RD., die bei Mielec zum neuen XXIX. Korps zusammengefaßt werden sollten; dann die vom Narew mit dem XV. Korps-kmdo. nach Rzeszów befohlene 8. ID. und das aus der Front der

3. Armee nach Sanok berufene XXI. Korps. Das Bestreben, die 3. Armee durch Reserven zu stützen, ohne daß freilich über deren Verwendung Besonderes gesagt worden zu sein scheint, ließ auch die Frage aufwerfen,ob nicht auch das hinter dem Ostflügel der 9. Armee versammelte XXXIII. Korps nach Mittelgalizien zu ziehen sei. Die Stawka hatte schon in den letzten Tagen die Untätigkeit der 9. Armee mit wachsender Ungeduld und steigendem Unbehagen verfolgt, deren Führer Letschitzki sich nach wie vor auf den drückenden Munitionsmangel berief, Demgemäß war am 6. von Iwanow an Letschitzki ein geharnischter Befehl ergangen, endlich die Offensive zu ergreifen. Die Hoffnung auf deren Erfolg fiel sicherlich auch wesentlich ins Gewicht, wenn die Stawka noch immer jedem weiteren Absetzen der 3. Armee an den San die Zustimmung versagte. Das Bestreben, in Ostgalizien endlich eine Wendung herbeizuführen, wurde um so nachdrücklicher, als noch im Laufe des 7. Nachrichten über das Auftreten deutscher Truppen bei Stanislau und Czernowitz einlangten. Nun stellte der Großfürst in seinen zusammenfassenden Weisungen vom 8. Mai mittags dem Gen. Iwanow die Verwendung des XXXIII. Korps frei. Dafür ordnete er an, daß auch die zweite Division des XV. Korps zum Abgehen nach Rzeszów bereitzustellen und außerdem ein Korps der 4. Armee dahin zu senden sei, indes das um Odessa zu einem Unternehmen gegen den Bosporus bereitgestellte V. kauk. Korps nach Lemberg genommen werden sollte.

Am gleichen Tage wandte sich der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch an General Joffre mit der Bitte, einen schon geplanten Entlastungsangriff an der Westfront ungesäumt zu beginnen. Des Großfürsten Hilferuf sollte nicht vergeblich erschallen.

Inzwischen hatte am 7. Mai gegen Abend Dimitriew einen neuen Rückzugsbefehl ausgegeben, der die Armee im Sinne der von der Stawka und von Iwanow erteilten Erlaubnis hinter den Wisłok zurückrief. Die Korps hatten folgende Linien zu beziehen: IX. Szczucin—Łączki, X. Łączki— Wielopole, Ill.kauk. Wielopole—Wiśniowa—Odrzykoń, XXIV., demneben der 49. und den Trümmern der 48. ID. und einer Kavalleriedivision auch die vorerst zur Reserve bestimmte 12. sib. SchD. angegliedert wurde, Odrzykoń—Gegend östlich von Rymanów, XII. im Anschluß daran über den Bukowicarücken bis auf die Höhe westlich von Szczawne; dahinter bei Sanok das XXI. Korps als Armeereserve. Knapp vor Mitternacht folgte diesen Befehlen noch die Weisung an das XXI. Korps, nach vollzogener Versammlung in der Richtung Besko—Rymanów zum Angriff überzugehen. Der Zeitpunkt war nicht festgesetzt. Das XXI. Korps konnte vor dem 9. abends kaum versammelt sein.

Der Einbruch der Verbündeten in die Russenfront bei Krosno und

Rymanów

Auf seiten der Verbündeten wies das k.u.k. AOK. am 7. um 7h abends den Armeen ihre weiteren Ziele an. Die 4. sollte gegen den Raum um Rzeszów Vordringen, die 11. zwischen Besko und Frysztak den Wisłok-übergang erzwingen und mit dem rechten Flügel über Zarszyn auf Mrzygłód am San, mit dem linken auf Tyczyn südlich von Rzeszów stoßen. Die 3. Armee hatte nun auch den Widerstand des Feindes in der Gegend des Łupkówer Sattels zu brechen und die allgemeine Vorrückungsrichtung Sanok einzuschlagen.

Mackensen unterließ es nicht, der 4. Armee einzuschärfen, daß es vor allem gelte, den Feind über die Wisłoka zu werfen und mit der Masse den Raum Rzeszów—Sędziszów, mit der Reiterei aber die Bahn Przeworsk—Rozwadów zu gewinnen; durch scharfes Vordringen gegen Osten sei auch der Gruppe Stöger-Steiner am besten geholfen. Das 4. Armeekmdo. fügte sich selbstverständlich diesen Weisungen, aber die Sorge, daß der Russe, dessen Front nördlich der Weichsel noch weit vorgeschoben war, die gespannte Lage der 4. Armee zu irgendeinem Gegenschlag ausnützen mochte, bewog den Erzherzog immer wieder, namentlich das XIV. Korps, an die Notwendigkeit entsprechend tiefer Staffelung zu erinnern.

Die Gruppe FML. Stöger-Steiner kam im Laufe des 8. Mai nach mehrfachen Kämpfen mit dem IX. Russenkorps und vielleicht auch mit Abteilungen der russischen 4. Armee, die nach vorübergehender Verwendung südlich von der Weichsel wieder auf das Nordufer zurückgeworfen wurden, auf 7 bis 8 km an Szczucin heran. Die Sicherung am Südufer der Weichsel und der dort auf gestellten Batterien der 1. Armee wurde einem von der 46. SchD. beigestellten Regiment übertragen. Unmittelbar nördlich vom Flusse räumte der Feind, zum Teil unter dem Druck der 46. SchD., einige Punkte seiner über die unterste Nida vorgeschobenen. Stellungen (darunter auch den Stützpunkt Czarków). Für die k.u.k. 1. Armee, die ihre 50.000 Feuergewehre auf 70 km Frontbreite verteilt hatte, kam ein entscheidendes Zugreifen trotz der begreiflichen Ungeduld des Armeeführers nicht in Frage.

Südlich von FML. Stöger-Steiner stieß die linke Flügelgruppe der deutschen 47 RD. dem Feind unter Gefechten über Dąbrowa und Rad-goszcz bis südwestlich von Radomyśl nach, indes die Hauptkraft die russischen Nachhuten bei Lisia Góra warf und bis Zassów kam. Zum Mißbehagen des Armeekmdos. blieb die 11. HKD. abermals in der Infanterielinie hängen, da ihr der Feind eine geschlossene Front entgegenstellte. Die Gruppe FML. Stöger-Steiner, die deutsche 47. RD. und die 11. HKD. wurden nunmehr zum komb. Korps GdK. Kirchbach zusammengeschlossen, während die Brigade der 2. KD. unter die Befehle des FML. Roth trat.

Das XIV.Korps erreichte am 8. ohne besondere Zusammenstöße mit dem Feinde beiderseits der Bahn den Raum von Dębica.

Um neuerliches Festsetzen der Russen zu vereiteln, strebte das

IX.    Korps der Gegend von Wielopole zu. FML. Králiček nahm entgegen den Weisungen des auf Staffelung bedachten Armeekmdos. die 106. LstlD. zur Vermehrung der Stoßkraft des Korps auf gleiche Höhe, drang aber weder westlich von Wielopole, wo die Flügel des III. kauk. und des

X.    Russenkorps zusammenstießen, noch mit der 10. ID. nördlich von Frystak durch.

Am Nordflügel der 11. Armee faßte die durch die deutsche 19. ID. verstärkte Garde oberhalb von Frysztak und bei Odrzykoń auf dem Ostufer des Wisłok festen Fuß. Bei Odrzykoń griff gegen Abend auch die k.u.k. 12. ID. ein, die als Verbindung zur Garde gegenüber der 39. HID. etwas zurückgeblieben war und bei Einbruch der Dunkelheit den Kaukasiern den Südteil von Korczyna und die Ruine Odrzykoń entriß. Die Schlappe, die Iwanow durch die inneren Flügel der preußischen Garde und des k.u.k. VI. Korps erlitten hatte, machte auf die russische Führung einen tiefen Eindruck. Die 39.HID. und die deutsche 82. RD. vervollständigten diese neuerliche Niederlage der Kaukasier, indem sie deren Widerstand auf den Höhen östlich von Krosno brachen. Die 81. RD. des Korps Franęois schlug bei Haczów eine empfindliche Bresche in die russische Wisłokfront.

Noch besorgter blickten die Russen in die Gegend von Rymanów und Besko, wo das Korps Emmich gemeinsam mit der Reiterei die Verbindung zwischen dem XXIV. und dem XII. Russenkorps zu zerreißen drohte. Die Verbündeten machten südöstlich von Haczów Fortschritte; auf Besko durchzustoßen mißlang ihnen jedoch.

Die Divisionen der 3. Armee warfen sich, wieder scharf östliche Richtung einschlagend, auf das am oberen Wisłok angeklammerte russische XII. Korps. Am Nordflügel schwenkte das X. Korps mit der 24. ID. und der 45. SchD. gegen Odrzechowa auf, das ihnen als Angriffsziel gewiesen war. Die 24. faßte im Anschluß an das Korps Emmich am Abend auf dem rechten Wislokufer Fuß, blieb aber vor den russischen Höhenstellungen liegen. Rechts von ihr brachte die 45.SchD. ein Regiment auf das östliche Ufer, allerdings auch ohne Einbruch in die russischen Hauptstellungen. Auf die im zweiten Treffen verbliebene 21. SchD. hatte neuerlich das 3. Armeekmdo. seine Hand gelegt; sie wurde für den 9. zur Versammlung in den Raum Jaśliska—Czeremcha befohlen und sollte alsbald aus dem Bereiche der Armee zu anderweitiger Verwendung abgehen.

Das XVII. Korps, dem für diese Kampfphase außer der 26. SchD. und der 11. ID. auch die 2. ID. unterstellt war, focht am 8. Mai südwestlich von Odrzechowa. Die beiden erstgenannten Divisionen erstürmten den westlichen Eckpfeiler der Bukowica (Zruban). Während die 26. SchD. bis an die Hügel bei Odrzechowa herankam, scheiterte der Versuch der

11. ID., die Bukowica vollends in die Hand zu bekommen. Diese schwierige Arbeit blieb dem VII.Korps Vorbehalten, das tagsüber das linke Wislokufer südwestlich von Surowica säuberte und bei einbrechender Dunkelheit — 17. ID. links, 20. HID. rechts angesetzt — den sich verzweifelt wehrenden Russen den Bukowicakamm entriß. Nur die Höhe westlich von Szczawne (A706), wo die Armeen Dimitriews und Brussilows zusammenstießen, wurde von den Russen gegenüber den Angriffen der k.u.k. 1. KD. behauptet.

Das Beskidenkorps drang, zum Teil unter heftigen Kämpfen, bis in die Gegend südlich von Szczawne vor.

Die aus dem Raume östlich vom oberen Wisloktal heimkehrenden Flieger brachten den Verbündeten herzerhebende Nachrichten. Auf allen Straßen, die aus dem Bereiche des XXI. Russenkorps und der Armee Brussilows herausführten, wälzte sich der Troß in unabsehbaren Zügen gegen Norden und Nordosten über Sanok, Zagorz und Lisko, zum Teil hatten die Wagenkolonnen schon den San überschritten und waren in Staub und Dunst verschwunden. Auf den Straßen gegen Sanok strebten auch Infanterie und Artillerie des XXI. Korps und auf den Bahnstationen östlich von Sanok drängten sich die Menschen, stauten sich Hunderte von Fuhrwerken. Aus dem Südosten leuchtete der Feuerschein der von den Russen gewohnheitsgemäß gelegten Brände. Deutlich zeichnete sich im ganzen Umkreis das Bild des in Staffeln von West gegen Ost durchgeführten Rückzuges der Russen ab. Der Auftrag, den die Heeresleitungen der Mittelmächte ihren Armeen gegeben hatten: die Front des Feindes bis in die Gegend des Łupkówer Sattels zum Einsturz zu bringen, war in gewaltigem Ausmaße erfüllt.

Die Auflockerung der Russenfront in den Waldkarpathen und die Armeegruppe Pflanzer-Baltin in der ersten Maiwoche Hiezu Beilage 18 sowie Skizze 27

Aber der Erfolg der Verbündeten blieb nicht beim Łupkówer Passe stehen. Er griff am 8. Mai auf die 2. Armee über und noch über diese hinaus.

Am linken Flügel Böhm-Ermollis warf das XIX. Korps mit der 34. und der 29. ID. am Morgen den Feind von den Grenzhöhen südwestlich und südlich von Wola Michowa hinab 19). Die Artillerie wurde in Eile nachgezogen, erhebliche Teile des Korps nächtigten im obersten Oslawatale. Gegen Mittag konnte die ganze 2. Armee die von Brussilow preisgegebenen Grenzhöhen ersteigen. Vorgeschobene Abteilungen standen am Abend in der Linie Ustrzyki Grn.—Wetlina—Chryszczata.

Wie vor Böhm-Ermolli wich Brussilow auch vor dem Westflügel der Südarmee zurück. Das Armeekmdo. Linsingen hatte in der zurückliegenden Woche stark unter der ihm aufgezwungenen Untätigkeit gelitten. Wohl hatte am 2. Mai beim Korps Hofmann ein von Honvéd und österreichischem Landsturm unternommener Ablenkungsvorstoß westlich von Tuchla zu einem schönen örtlichen Erfolge geführt, der aber von den Russen zwischen dem 4. und 6. durch Einbrüche bei der 55. XD. Hofmanns2) wieder wettgemacht wurde. Unterdessen war Linsingen gegenüber der Heeresleitung auf den Ende April gestellten Antrag zurückgekommen, seinen rechten Flügel durch Zuführung zweier Divisionen, gegebenenfalls des von der 2. Armee abzulösenden Korps Szurmay, zu einem Angriff in der Richtung auf Dolina vorzureißen. Die k.u.k. Heeresleitung war solchen Ideen keineswegs abgeneigt. Aber die Ereignisse waren schneller. Am 8. Mai um 3h früh nahmen die Truppen Szurmays wahr, daß der Feind die gegenüberliegenden Gräben geräumt hatte. Der Sprung nach hinten, den der Russe unternahm, war allerdings nicht groß. Immerhin gewannen Szurmays Truppen den Berg Halicz und das Dorf Beniowa und auch vor dem linken Flügel des Korps Bothmer war eine leichte Lockerung der Feindfront eingetreten.

!) Zanantoni, Die Geschichte der 29. ID. im Weltkrieg 1914—1918 (Reichenberg 1929), I, 237 ff.

2) Das Korps Hofmann hatte in der letzten Zeit ruthenischen und tschechischen Mannschaftsersatz erhalten, der den Kampfwert seiner zu erheblichem Teile aus Neuaufstellungen bestehenden Truppen schädigte. Zu Beginn des Monats Mai ergaben sich sechs Kompagnien Landwehr und Landsturm, die sich aus Ruthenen und mährischen Tschechen zusammensetzten, widerstandslos dem Feinde oder liefen zu ihm über.

Auf dem Ostflügel der Verbündeten, bei der Armeegruppe PflanzerBaltin, hatte am 2. Mai FZM. Ljubičič bei Osmałoda mit seinen 21 Bataillonen !) den ihm übertragenen Ablenkungsangriff (S. 263) begonnen. Die Korpsgruppe entriß der russischen 74. RD. an diesem Tage die Höhe Sehlis, welcher Erfolg allerdings mit schweren Opfern erkauft werden mußte. Tags darauf hatte nördlich von Nadworna der rechte Flügel des

XIII. Korps einen russischen Angriff abzuschlagen. Gleichzeitig warf der Feind der Gruppe Ljubičič Verstärkungen entgegen, die in den nächsten Tagen auf etwa zwei Regimenter anwuchsen und durch deren Einsatz den öst.-ung. Truppen weiterer Raumgewinn versagt blieb. Unterdessen häuften sich im Hauptquartier Pflanzers Nachrichten über unmittelbares Bevorstehen eines großen Angriffes durch die samt den Reichswehrbrigaden rund 12 Infanterie- und über 9 Kavalleriedivisionen zählende Armee Letschitzkis und ein am 7. Mai abgehorchter Funkspruch brachte die letzte Bestätigung dafür, daß es Aufgabe dieser feindlichen Streitmacht war, schon in den nächsten Tagen in der Richtung Kolomea— Máramaros-Sziget vorzubrechen. Im einzelnen ließ das Auf tauchen des XXXIII.Russenkorps im Raume von Buczacz kaum einen Zweifel darüber, daß der Feind seinen Hauptstoß zwischen Zaleszczyki und der Dniester-schleife nördlich von Obertyn führen werde. Das Armeegruppenkmdo., das vom 8. Mai an die Bezeichnung ,,7. Armeekmdo.“ zu führen hatte, ließ daher zur Stützung des meistbedrohten Abschnittes die 19. HKBrig., 2 Kaiserschützenbataillone und 1 Gendarmeriebataillon bei Zastavna, ferner 2 Bataillone Heeresinfanterie, 2 Regimenter der 42. HID. und die

8. KD. bei Horodenka bereitstellen. Außerdem erhielt FML. Czibulka den Auftrag, hinter seinem rechten Flügel Verfügungstruppen auszuscheiden. Die einheitliche Leitung des Abschnittes von der russischen Reichsgrenze bis zur Gruppe Czibulka wurde dem GdK. Marschall übertragen. Die zwischen Pruth und Dniester gegen Osten gewendeten Frontteile wurden dem unmittelbar ans Armeekmdo. gewiesenen Kommandanten des XI. Korps, FML. Korda, unterstellt.

Den Angriff der Gruppe Ljubičič, deren Einsatz die ohnehin schon genug ausgedehnte Armeefront noch um 28 km verlängert hatte, ließ der Armeeführer im Hinblick auf die weitere Aussichtslosigkeit und die allgemeine Lage am 8. Mai einstellen. Vielleicht ergab sich die Möglichkeit, dadurch Reserven für die schwer bedrohte Armeemitte freizumachen.

Am selben Tage war es den Kaiserschützen vor Zaleszczyki vergönnt, einen schönen und überraschenden Erfolg zu melden. In der Nacht zuvor war Mjr. Procházka x) des KSchR. I aus eigenem Entschlüsse in den der Stadt am Südufer des Dniester vorgelagerten Brückenkopf eingedrungen, der nun von der 30. ID. in einem Ansturm genommen werden konnte. Teile der Division stießen des anderen Morgens in die am Nordufer liegende Stadt nach. Es wurden 3500 Gefangene eingebracht. So anerkennenswert diese Tat war, kam sie dem Armeekmdo. in diesem Augenblick nicht sonderlich gelegen, da es lieber bei dem bevorstehenden Russenangriff über möglichst starke Teile der 30. ID. frei verfügt hätte. Wohl hatte die Heeresleitung schon am 6. die Absendung des bei der 3. Armee aus der Front gedrückten III. Korps befohlen; aber der Bahntransport konnte erst am 8. beginnen. Die 7. Armee mußte demnach gefaßt sein, den ersten Ansturm der Russen zunächst mit den schon zur Stelle befindlichen Kräften abzuwehren.

Die öst.-ung. Heeresleitung zwischen dem 4. und dem 9. Mai

Es gehört mit zum Schicksal der öst.-ung. Heeresleitung, daß sie auch eines so großen Erfolges wie des bei Gorlice errungenen kaum ein paar Stunden lang froh sein durfte. Schon bei der Rückkehr vom Schlachtfeld (S. 325), am 4. Mai früh, harrten ihrer trübe Nachrichten über das Verhalten Italiens. Diese wurden tagsüber noch verschärft, indem die Kunde kam, der Nachbar im Süden habe nun auch den Dreibundvertrag in aller Form gekündigt. Von Falkenhayn langte Mahnung über Mahnung ein, Österreich-Ungarn möge nun nicht länger zögern, sondern sich zu den äußersten Zugeständnissen entschließen. Auch der öst.-ung. Generalstabschef machte sich jetzt diese Auffassung völlig zu eigen und ließ den Außenminister wissen, daß es unmöglich sei, der Armee nun auch noch die Last eines italienischen Krieges aufzubürden.

Die nächsten Tage brachten insofern eine kleine Entspannung, als Burián von einer Fortführung der römischen Verhandlungen zu berichten vermochte. In der Tat hatte der Ballhausplatz weitere Anbote machen lassen und der k.u.k. Botschafter Freih. v. Macchio ging, vom Fürsten Bülow angespornt, auf eigene Verantwortung noch über die Zugeständnisse hinaus, die ihm sein Chef vorgezeichnet hatte. Eine Gegenäußerung Italiens blieb allerdings aus. Baron Burián konnte den mut!) Mjr. Robert Procházka erhielt für diese hervorragende Waffentat das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens. (Vergl. hiezu Mjr. Dr. Czegka, Der Kaiserschützenhandstreich auf Zaleszczyki am 8. Mai 1915 [Mil.-wiss. Mitt., Heft 1/2 1931].) maßlichen Grund für dieses Verhalten mitteilen, als er am 7. Mai abends in Teschen mit dem deutschen Reichskanzler, den beiden Generalstabschefs Conrad und Falkenhayn sowie den beiden Ministerpräsidenten Stürgkh und Tisza zu einer Beratung zusammentrat. Wie auf dem Wege über die neutralen Mächte bekannt geworden war, hatte Italien am 26. April in London mit den Ententemächten mehr oder minder bindend abgeschlossen. Nach übereinstimmenden Nachrichten war der Eintritt Italiens in den Krieg zwischen dem 20. und dem 26. Mai zu gewärtigen.

Politisch hatten diese Teschener Besprechungen das wichtige Ergebnis, daß Deutschland durch den Mund seiner führenden Männer in aller Form den Willen kundgab, sich im Falle eines italienischen Krieges bedingungslos hinter den öst.-ung. Bundesgenossen zu stellen. Das Ausmaß der militärischen Hilfeleistung mußte bei der allgemeinen Anspannung auf allen Kriegsschauplätzen der Stunde der Entscheidung Vorbehalten bleiben. Diese Entscheidung sollte, wenn sie schon kommen mußte, durch diplomatische Verhandlungen noch solange als möglich aufgehalten werden.

In operativer Hinsicht waren die beiden Generalstabschefs entschlossen, sich in der Offensive gegen Rußland durch die drohende Haltung Italiens zunächst keineswegs aufhalten zu lassen; es war im Gegenteil nur noch mehr erwünscht, dem abschwenkenden Bundesgenossen die Stärke der Mittelmächte eindrucksvoll vor Augen zu führen. Am 4. Mai hatte Falkenhayn die Zusendung einer neuen Division aus dem Westen, der 56. ID., verfügt. Gleichzeitig schlug er Conrad vor, auch Teile der k.u.k. Balkanstreitkräfte nach Galizien zu werfen. Er fand damit aber nicht den Beifall seines österreichischen Kollegen. Die Überführung der 14. GbBrig. aus Syrmien nach dem Kriegshafen Pola verriet schon, daß der öst.-ung. Generalstabschef in den Truppen des Erzherzogs Eugen vor allem eine Reservearmee für die Errichtung einer Front gegen Italien sah. Wenn er zur gleichen Zeit in einer Depesche an den Militärattache in Sofia, Obst. v. Laxa, noch von der Möglichkeit einer frühestens Ende Mai einsetzenden Offensive gegen Serbien sprach, so bleibe dahingestellt, ob er noch an eine solche Entwicklung glaubte. Die am 8. Mai an die Balkanstreitkräfte erlassenen Weisungen rückten jedenfalls die Abwehr eines serbisch-rumänischen Angriffes gegenüber eigenen Angriffsabsichten durchaus in den Vordergrund. Die Gefahr, daß Italiens Eintritt in den Krieg auch Rumänien auf den Plan rufen werde, war bei den Beziehungen zwischen Rom und Bukarest nicht zu vinterschätzen, wenn Rumänien auch durch den Sieg der Verbündeten gegen Rußland wieder nachdenklich geworden sein mochte.

Inzwischen war am 8. Mai durch den Rückzug der ganzen Russenfront zwischen der oberen Weichsel und dem Łupkówer Paß und noch jenseits von diesem das Kampfziel von Gorlice nach dem Buchstaben der Abmachungen (S. 344) erreicht. Die zwischen den Generalstabschefs herrschende Übereinstimmung, den Druck auf die Russen fortzusetzen, blieb aber auch jetzt noch bestehen, wie der persönliche und schriftliche Meinungsaustausch dieser Stunden erwies. Die DOHL. übersiedelte am 9. Mai aus Méziěres nach dem von Teschen nur eine Autostunde entfernten oberschlesischen Schlosse Pleß. Auch daraus zeigte sich sinnfällig, daß die deutsche Kriegführung ihr Schwergewicht bis auf weiteres nach dem Osten verlegt hatte *), wie dies von Conrad, Hindenburg und Ludendorff seit Oktober 1914 gewünscht worden war.

War in diesem Belange endlich volles Einvernehmen hergestellt, so galt dies nicht in gleichem Maße für die Auffassungen der beiden Generalstabschefs über die Fortführung der Offensive im Einzelnen. Während Falkenhayn keiner anderen Erwägung Raum gab als der, auch weiterhin den entscheidenden Druck auf die Russen von der Armee Mackensen ausgehen zu lassen, hatte der Erfolg bei Gorlice Conrad noch keineswegs von der schon der Denkschrift vom 7. April (S. 301) zugrunde liegenden Ansicht abgebracht, daß der Angriff aus der Mitte und das darauf folgende frontale Zurückdrängen des Feindes nie und nimmer das große Ergebnis verhießen wie eine ausholende Umfassung. Bezeichnenderweise ließ er sich schon in den ersten Tagen der Schlacht bei Gorlice seiner Umgebung gegenüber vernehmen, daß es doch zweckmäßiger gewesen wäre, den größeren Teil der Divisionen Mackensens bei Hindenburg einzusetzen. Der Wunsch nach Flügelwirkung machte ihm denn auch am 6. Mai den Entschluß leicht, der von einem starken russischen Überfall bedrohten Armee Pflanzers das bei Boroević frei gewordene III. Korps zuzusenden2). Zwei Tage später begann das Korps zu rollen; zum Mißbehagen Falkenhayns, der alle anderswo entbehrlichen Kräfte bei der Heeresgruppe Mackensen eingesetzt wissen wollte und im scharfen Zugreifen dieser Heeresgruppe auch die beste Entlastung Pflanzers sah.

Zugleich mit dem III. Korps wurde die gleichfalls der 3. Armee

x) Reichsarchiv, VII, Bürstenabzüge.

2) Die Heeresleitung hatte zuerst die Absicht, dieses aus alpenländischen Truppen bestehende Korps an die italienische Front zu senden, kam aber im Hinblick auf die Lage bei Pflanzer davon ab (Mitteilung des GM. Kless, damals Hauptmann in der Operationsabteilung des AOK.).

entnommene Brigade Obst. Bolzano (IR. 81 und 88) nach Osten geführt; sie hatte das in der Mitte der Südarmee fechtende Korps Hofmann zu verstärken.

Neben diesen Maßnahmen beschäftigte die k.u.k. Heeresleitung vor allem die Frage, wie endlich der Feind im Weichsellande ins Wanken gebracht werden konnte. Da die dort stehenden eigenen Kräfte zu einem Stirnangriff zu schwach waren, strebte Conrad an, durch einen Flankenstoß vom südlichen Weichselufer her Luft zu schaffen. Zu diesem Zwecke entschloß sich das AOK. am 9., die 21. SchD. der 3. Armee, am 10. zwei weitere Divisionen der 2. Armee mit Bahn nach Tarnów zu verlegen. Falkenhayn lehnte den Vorschlag Conrads, dem geplanten Unternehmen auch Divisionen der Westfront anzuschließen, mit dem Hinweis auf einen bei Lille und in Flandern drohenden französisch-britischen Angriff ab, der tatsächlich am 9. Mai losbrach.

Im übrigen war an eine weitergehende Umgruppierung der öst.-ung. und deutschen Angriffsarmeen aus mannigfachen Gründen im gegebenen Augenblick nicht zu denken. Schon die italienische Gefahr nötigte, im Suchen nach einem Erfolg nicht wählerisch zu sein, sondern ihn zu nehmen, wo er sich bot. Die Armeen hatten im allgemeinen, wie sie eben gruppiert waren, dem Feind an den Fersen zu bleiben.

Der Rückzug der Russen an den San

(9. bis 13. Mai)

Die Schlachten bei Sanok und Rzeszów (9. und 10. Mai)

Hiezu Beilage 18

Am 8. Mai hatte die Armee Mackensen, links durch das k.u.k. IX. Korps, FML. Králiček, wacker unterstützt, in scharfem Zugriff die russischen Höhenstellungen zwischen Besko und Frysztak in ihrer ganzen Ausdehnung aufgerissen. Das bedeutete, daß der bestimmte Wunsch des Großfürsten-Generalissimus, die stark ausgeblutete Armee Dimitriew habe sich unbedingt in der Höhe der unteren Wisłoka zu halten, kaum mehr erfüllt werden konnte. Zumal die Bedrohung des Raumes von Rzeszów fiel in dieser Hinsicht schwer ins Gewicht, da von hier aus dem weit auseinandergezogenen IX. Russenkorps der Rückweg an den San unterbunden.werden konnte. Nicht besser stand es mit der Gegend von

Sanok in Ansehung der noch in den Karpathen steckenden 8. Armee. In dieser schwierigen Lage hätten weder Dimitriew, noch Iwanows Generalstabschef Dragomirow einen Augenblick gezögert, den Rückzug an den San und in das blutgetränkte Bergland südlich von Przemyśl zu befehlen. Aber die entschiedene Weisung der Stawka, keinen Fußbreit gali-zischen Bodens freiwillig preiszugeben, hinderte die russischen Führer, solche Gedanken schon jetzt in die Tat umzusetzen. Schicksalsergeben hängten sie ihre letzte Hoffnung an den Erfolg des Gegenstoßes, der dem XXI. Korps für den 10. aus dem Raume um Sanok aufgetragen war. In diesem Sinne wurde für den 9. der 3. Armee der Befehl erteilt, sich zu behaupten, wo sie stand, „koste es, was es wolle“.

Beim Angriffsblock der Verbündeten war zweifellos die Lage der Erzherzogsarmee verhältnismäßig schwierig geworden. Das Hauptaugenmerk ihrer Führung richtete sich begreiflicherweise vor allem auf die Nordflanke, die sich von Tag zu Tag weiter aufgetan hatte. Auch am 9. machte der Feind nördlich der Weichsel noch keine Miene, seine Stellungen an der Nida zu verlassen. Man entnahm im Gegenteil einem Funkspruch, daß der am Südflügel der 4. Russenarmee befehligende Gen. Mischtschenko vorschlug, sein XXXI. Armeekorps vom nördlichen Weichselufer aus zum Gegenstoß in die Flanke der Heeresgruppe Mackensen vorzuführen. Solchen Plänen gegenüber war GdK. Dankl mit seiner nur mehr 2y2 Infanteriedivisionen starken Armee zur Wehrlosigkeit verurteilt. Allerdings machten die Gefechte, die FML. Stöger-Steiner an diesem Tage bei Mędrzechów zu bestehen hatte, nicht den Eindruck eines Auftaktes zu einem größeren Angriffsunternehmen. Die Russen brachen vielmehr hier wie bei Szczucin die Weichselbrücken ab. Aufgabe der Gruppe Kirchbach blieb es jedoch, sich vor allem zur Abwehr und zum Angriff gegen Norden bereitzuhalten.

Im Raume Dębica—Zassów focht das XIV. Korps, mit der 3. ID. östlich, mit der 8. westlich der Wisłoka und links begleitet von der deutschen 47. RD., im allgemeinen mit der Front Nordosten, ohne daß es diesen Kräften gelang, den Widerstand des noch fleißig schanzenden IX. Russenkorps zu brechen. Die im Armeebereich befindlichen Teile der 2. KD. waren bei der Division Horsetzky eingesetzt, die 11. HKD. bei GLt. Besser. Das Armeekmdo. plante, die Reiterei, wenn sich nicht in den nächsten Stunden eine Lücke in der Feindfront auftat, möglichst zur Weichselsicherung heranzuziehen. Ebenso wurde die Armeereserve aus dem Raume südöstlich von Pilzno näher an diesen Ort herangeschoben, damit sie gegen Norden hin mehr zur Hand sei.

Unverdrossen wie an den Vortagen nahm das IX. Korps auch am 9. an dem Hauptstöße der Heeresgruppe teil. Der Gewinn wichtiger Vorstellungen bei Wielopole bereitete einen bedeutsamen Schlachtenerfolg vor. Im Anschluß südlich davon schlug die 11. Armee eine neue tiefe Scharte in die schon stark brüchig gewordene russische Front. Die durch die deutsche 19. ID. verstärkte Garde entriß den Kaukasiern Irmanows die Uferhöhen östlich vom Wisłok. Der Feind rettete sich hinter die Tiefenlinie Domaradz—Strzyzów. Dem Korps des FML. Arz, das am 7. und 8. die russische Front bei Krosno auf gerissen hatte, brachte der 9.Mai gleichfalls neue Erfolge. Ohne Rücksicht auf die Garde, die länger auf den Uferhöhen zurückgehalten worden war, stieß das Korps — mit der

12. ID. links, der 39. HID. rechts — aus dem Raume von Krosno und östlich davon über die russischen Stellungen bei Korczyna hinaus; auch unbekümmert darum, daß in diesem Orte, wie in dem 4 km rechts davon liegenden Dorfe Kombornia noch Russen hielten. Die Besatzung von Korczyna wurde durch das Zusammenwirken der Reserven beider Divisionen überwältigt, eine kurze Krise auf dem linken Flügel der Honvéd rasch behoben, der Verteidiger von Kombornia eingekesselt und zur Übergabe gezwungen. Während dieser schicksalhaften Stunden sammelten sich auf dem Ringplatze in Krosno allmählich über 3000 Gefangene, darunter viele Offiziere. Obgleich das XXIV. Russenkorps namhaft verstärkt wurde*), war die Niederlage nicht abzuwenden gewesen. Es suchte hinter der von Brzozów nach Domaradz ziehenden Niederung Anschluß an die Kaukasier2).

Keine geringeren Erfolge hatte am 9. Mai der Südflügel der Armee Mackensen zu verzeichnen. Die 82. RD. hob am frühen Morgen gemeinsam mit der 39. HID. bei Haczów ein Russenbataillon aus. Das Korps Emmich, verstärkt durch die ll.bayr.ID., warf den Feind von den Höhen östlich und nördlich dieses Ortes. Das Spitzenbataillon der 81. RD. gelangte fast gleichzeitig mit den Russen nach Brzozów.

Während die 20.ID.bei Rymanów gesammelt wurde,hatte die 119.ID. des Korps Emmich in dem am späten Abend des Vortages genommenen Orte Besko heftige Angriffe von Abteilungen des XII. Russenkorps abzuwehren. Sie wurde dabei von der 24. ID. des am Nordflügel der

3. Armee fechtenden k.u.k. X. Korps sowie von der Artillerie und den

*•) Vermutlich durch Teile der 58. RD. und zwei Infanterieregimenter der Besatzung von Przemyśl, dessen eines bei Korczyna die Waffen strecken mußte.

2) Die 12. ID. nahm bis in die dritte Nachmittagsstunde 18 Offiziere und 2250 Mann gefangen. Allerdings waren auch die Verluste des Korps Arz wieder erheblich.

Schützen der Reiterdivision Berndt nachdrücklich unterstützt. Inzwischen war es der 45. SchD. bis gegen Mittag geglückt, den Russen den Westteil von Odrzechowa zu entreißen. In den Abendstunden liefen bei den Generalen Emmich und Martiny Meldungen über den Vormarsch starker russischer Kräfte von Sanok gegen Zarczyn ein; es waren Teile des zum Gegenangriff aufmarschierenden russischen XXI. Korps. Aber das wirre Hin und Her in den Märschen hinter der feindlichen Front ließ die Führer der Verbündeten diese Nachricht nicht besonders beachten.

Vom XVII. Korps schloß die zur Zeit ihm unterstellte 2. ID. nachmittags in der Höhe der 45. SchD. auf. Die zwei anderen Divisionen rangen weiter südöstlich in stehendem Kampf. Das VII. Korps war die ganze Nacht über noch mit der Säuberung der Bukowicahöhen beschäftigt gewesen. Als es, stark ermüdet und infolge der Nachschubschwierigkeiten unzureichend verpflegt, am Morgen gegen die Straße Szczawne—Bukowsko niederstieg, stieß es auf eine neue starke Stellung, deren Bezwingung einige Vorbereitung erheischte. Die 1. KD. harrte mit Ausnahme der in der Front verbliebenen Schützen bei Wisłok Wk. auf die Stunde, die sie zur Verfolgung ins Osławatal auf rufen sollte. Diese Hoffnung täuschte. Die Nachhuten des VIII. Russenkorps zwangen vielmehr das Beskidenkorps nördlich von Komańcza zu einem zeitraubenden Aufmarsch, ehe sie gegen Szczawne wichen. Es war sonach der k.u.k. 3. Armee nicht gegönnt gewesen, das ihr gesteckte Ziel Sanok zu erreichen.

Auch die 2. Armee sah sich bei ihrer Vorrückung durch russischen Widerstand und äußerst schwierige Wegverhältnisse immer wieder gehemmt, so daß die Masse von der ihr vorgezeichneten Linie Baligród— Höhen südlich vom obersten San noch ziemlich abblieb. Das XIX. Korps folgte dem gegen Zagorz abfließenden VIII. der Russen, das ihm auf dem Sulitaberg südöstlich von Szczawne und auf den Höhen Garb und Szczob nordöstlich von Baligród starke Nachhuten in den Weg legte. Deren Widerstand vermochten die 29. und die 34. ID. am 9. Mai noch nicht zu brechen. Die hinter der 29. ID. nachrückende 43. SchD. wurde durch die Vorgänge in der rechten Flanke im Vormarsch etwas auf gehalten. Da das VIII. Korps (14. ID., 41. und 51. HID.) aus der Front gedrückt und im Raume Wola Michowa—Cisna und südlich davon zurückgeblieben war, schloß hier das IV. Korps an, das sich aber schon einige Kilometer nördlich von Cisna durch russische Abteilungen auf gehalten sah. Flankierendes Eingreifen der schon östlich der Chryszczata vorgehenden

43. SchD. zwang diesen Feind zwar zum Rückzug; aber die Hoffnung, ihm den Weg abzuschneiden, blieb unerfüllt.

Die beiden rechten Flügelkorps der 2. Armee wurden — ähnlich wie Teile der 3. Armee im Jänner — durch den Zug der Gebirge zur Vorrückung gegen Nordost genötigt. Die 44. SchD. links, die 9. ID. rechts, kämpfte das XVIII. Korps im Raume von Kalnica mit vom XVII.Russenkorps zurückgelassenen Nachhuten. Die 33. ID. des V. Korps blieb dem feindlichen XVIII. soweit wie möglich an den Fersen und stand abends bei Dwernik und östlich davon mit auf dem Südufer des San zurückgebliebenen Abteilungen im Gefecht. Die 37. HID. kam, im zweiten Treffen folgend, bis Mitternacht nicht weit über Ustrzyki Grn. hinaus, wo sie ermattet Halt machte.

Das AOK. ging auf den Vorschlag Böhm-Ermollis, den rechten Armeeflügel statt auf Krościenko gegen Stary Sambor zu weisen, um so lieber ein, als dadurch die Südarmee ihren linken Flügel mehr zusammenfassen konnte.

In der Nacht auf den 10. flammte plötzlich im Raume südlich von Sanok der Kampf heftig auf. Das russische XII. Korps, noch verhältnismäßig in guter Verfassung, stürzte sich auf die Divisionen des VII. und des XVII. Korps, wobei es ihm allerdings nur gelang, die 26. SchD. etwas zurückzudrücken. Dieser russische Überfall war zweifellos das Vorspiel zu dem unmittelbar bevorstehenden Gegenstoß des XXI. Russenkorps, den Gen. Dobrorolski, der Stabschef Dimitriews, als sehr kühnes Unternehmen bezeichnete, aber als „das einzige, das die Armee zur Behauptung der heutigen Stellung zu befähigen“ vermöge.

Um den Abschnitt Jaćmierz—Besko—Rymanów zu gewinnen, wie befohlen war, ließ Gen. Schkinski sein XXI. Korps in zwei Angriffssäulen vorrücken: die 44. ID. rechts auf Jaćmierz, die 33. links auf Zarszyn; die 3. SchD. folgte der linken Kolonne als Reserve nach. Der erste Stoß bot insofern einige Aussicht auf Erfolg, als zwischen der in den Raum südlich von Brzozów abgezogenen 11. bayr. ID. und der bei Besko gebundenen 119. eine nicht unerhebliche Lücke klaffte und die Sicherungen der letztgenannten Division auf den ersten Anprall der Russen Raum geben mußten. Die deutsche Führung war der Lage aber durchaus gewachsen. Während sich die Russen mit ihrer Masse an der 119. ID. verbissen und Teile auch von den Bayern angezogen wurden, warf GdI. Emmich die im zweiten Treffen gehaltene 20. ID., zum Teil in einem von der russischen Literatur besonders hervorgehobenen Flankenmarsche, bei Jaćmierz zwischen den beiden Kampfgruppen in die Schlacht. In einem zusammenfließenden Angriff stürzten sich die 119., die 20. und die 11. bayr. ID. auf die in der Front Besko—Grabownica-Starzenska

schwerfällig aufmarschierenden Russen. Die Bayern schufen, indem sie den Südflügel des XXIV.Russenkorps bei dem letztgenannten Orte warfen, der 20. ID. Schulterfreiheit für ihren Angriff auf Jaćmierz. Während hier die Ereignisse den erwünschten Verlauf nahmen, machte sich von Süden her der Druck des k.u.k. X. Korps fühlbar. Wohl war die 24. ID. durch die Kämpfe bei Besko gebunden. Doch gelang es der 45. SchD., unterstützt von der 2. ID., sich bis zum Nachmittage des ganzen vom Feinde besetzten Höhenrückens bei Odrzechowa zu bemächtigen. Zur gleichen Zeit erzielte die Masse des XVII. Korps südöstlich von Odrzechowa Fortschritte. In Kenntnis der Lage bei den Deutschen verfügte FML. Martiny nun, daß die 45. SchD. unter dem Schutze der gegen Odrzechowa nachgezogenen Artillerie auf Zarszyn vorzurucken habe. Damit wäre die von Emmich angebahnte Einkreisung Schkinskis vervollständigt worden. Der Angriff der 45. SchD. begann um 7h abends, wurde aber durch eine in größter Hast entgegengeworfene Feindgruppe aufgehalten.

Unterdessen sah sich das russische XXI. Korps bei Jaćmierz von der deutschen 20. ID. in heftigem Flügelangriff angefallen. Damit war das Schicksal des russischen Gegenstoßes besiegelt. Als die Nacht hereinbrach, hasteten Schkinskis Regimenter gegen Sanok und Izdebki zurück. Der Entlastungsangriff der Russen war mißglückt.

Auch die nördlich der Walstatt von Sanok fechtenden Verbündeten blieben in ihren Erfolgen hinter den rechten Nachbarn nicht zurück. Das XXXXI. RKorps warf die Russen bei Brzozów und stand abends südwestlich von Izdebki mit Nachhuten der von der ll.bayr. ID. besiegten Teile des XXIV. Korps im Gefecht. Vom k.u.k. VI. Korps wurde die

39. HID. bei Domaradż wieder in heftigere Kämpfe verwickelt. Sie trug ihren Angriff über Barycz bis zu dem an der Straßengabel östlich gelegenen Weiler Ujazdy vor, dessen Verteidiger allerdings erst des anderen Morgens bezwungen werden konnten. Nördlich von der Hon véd kam die infolge der schlechten Wege etwas zurückgebliebene 12. ID. über die kampflos geräumten Stellungen östlich von Lutcza mit ihren Vortruppen auf 6 km gegen Błażowa heran.

Der Nordflügel des russischen XXIV. Korps und die Masse der Kaukasier wurden von der Garde und der ihr angeschlossenen deutschen

19. ID. über Niebylec und Strzyzów zurückgetrieben; zwei eiligst herangeführte Regimenter der 13.sib. SchD. konnten den weiteren Rückzug in den Raum südwestlich von Rzeszów wohl verzögern, aber nicht aufhalten. Die deutsche 56. ID. (S. 348) gelangte, der Garde folgend, in die Gegend von Frysztak.

Schwere Arbeit hatte das Korps Králiček der k.u.k. 4. Armee zu verrichten, dem es am Vortage noch nicht geglückt war, die bei Wielopole fechtenden inneren Flügel der Kaukasier und des X. Russenkorps zu erschüttern. Die erprobte 106. LstlD. riß zuerst die feindliche Stellung südlich vom genannten Orte auf. Die Bresche verbreiterte sich rasch auf 5 km. Ungesäumt stieß das ganze Korps in die zermürbte Front des Feindes hinein, der in den Händen der 106. LstlD. allein 2800 Gefangene zurückließ.

Das Vorgehen des IX. Korps war durch den Südflügel der 3. ID. gefördert worden, der gegen die Höhen östlich von Laczki anstürmte und bis zum Nachmittag unter heftigen Kämpfen in diese Stellung eindrang. Vor der Mitte und dem linken Flügel der 4. Armee machte das russische IX. Korps zunächst noch immer keine Miene, die Stellungen nordöstlich von Dębica, bei Zassów, Radomyśl Wk. und gegen Szczucin hin preiszugeben. Wohl errang die Hauptkraft der 3. ID. bei Dębica, die 8. östlich von Zassów, die 47. RD. vor Radomyśl manchen örtlichen Erfolg, aber im Ganzen lastete der Druck dieser gegen Südwesten gekehrten Russenlinie noch schwer auf der Armeeführung. Schon hatte diese in den Nachmittagsstunden den Entschluß gefaßt, am frühen Morgen des 11. die 8. ID. durch Zuführung der Armeereserve endlich zum Durchbruch längs des westlichen Wislokaufers zu befähigen, als ein russischer Funkspruch den Rückzug des IX. Russenkorps hinter die untere Wisłoka und die Linie Mielec—Sędiszów verkündete und damit für die k.u.k. 4. Armee eine neue Lage schuf.

Auf sehr zähen Widerstand war am 10. Mai am anderen Flügel der mittelgalizischen Front die Armee Böhm-Ermolli gestoßen. Die Nötigung, sich an den Südhängen des Odrytrückens und in den rechts und links anschließenden Abschnitten zuverlässig zu behaupten, war für Brussilow schon im Hinblick auf den Angriffsversuch des XXI. Korps und die Lage des XII. gegeben; nicht minder mußte dem aus den Gebirgen abfließenden Troß der nötige Vorsprung gesichert werden, wollte man ein Debakel vermeiden. Die k.u.k. Truppen konnten daher weder, wie es GdK. Böhm-Ermolli verlangt hatte, die Magura Lomnianska und den Żukówrticken ersteigen, noch den San bei Lisko erreichen.

Beim V. Korps warf die 33. ID. die noch südlich vom obersten San haltenden russischen Nachhuten über den Hochwasser führenden Fluß zurück und gewann bei Dwiernik selbst das Nordufer. Nur auf der Cze-reszankahöhe östlich von Dwernik behauptete sich der Russe noch auf dem Südufer. In dem Streben, der Truppe einen Stirnangriff zu ersparen, bat GdK. Böhm-Ermolli die deutsche Südarmee, die Gruppe Szurmay flankierend eingreifen zu lassen, was sich aber tags darauf nicht mehr als nötig erweisen sollte.

Links vom V. Korps vermochte das XVIII. mit der 9. ID. und der

44. SchD. an den Hängen südwestlich vom A 846 Fuß zu fassen. Noch weiter links focht beiderseits der Solinka und bei Baligród das IV. Korps, 31. ID., 32. ID. und 13. SchD., das den Angriff auf die Höhen nordöstlich von Baligród auf den 11. verschob. Vom XIX. Korps war die 29. ID. tagsüber gegen die Höhen Szczob und Garb (S. 353) im Kampfe gestanden. Als sie nach Mitternacht zum Sturm gegen den Szczob ansetzte, war dieser vom Feinde geräumt. Auf dem linken Flügel des XIX. Korps wirkte die 34. ID. am Angriff des deutschen Beskidenkorps gegen die Sulitahöhe (S. 353) mit; bei sinkender Abendsonne gab der Russe die zäh verteidigte Höhenstellung preis.

Zu dieser Stunde verfügte GdK. Böhm-Ermolli über erhebliche Reserven. Es standen im zweiten Treffen: am rechten Flügel die 37. HID., hinter dem XVIII. Korps das VIII. mit drei Divisionen, hinter dem IV. die 27. ID. und hinter dem XIX. die 43. SchD. Der Armeeführer gedachte am 11., zwei dieser Divisionen, die 43. und die 51., gegen den Rücken des vor dem Beskidenkorps noch immer nur schrittweise weichenden Feindes anzusetzen. Da erhielt er von der Heeresleitung die Weisung, zwei Divisionen zum Abtransport zur 4. Armee bereitzustellen. Gegenvorstellungen des Armeekmdos. blieben ergebnislos; die 37. und die 41. HID. wurden zum Abrollen bestimmt.

Dem Vormarsch der Armee Böhm-Ermolli hatte sich am 9. auch die Gruppe Szurmay der Südarmee angeschlossen. Sie drängte die Russen nach Gewinn der Höhe Kiczera sokoloska (nördlich von Beniowa) durch die 7. ID. und der Höhe Byczok durch die 40. HID. gegen den Ostry und die links und rechts anschließenden Höhenstellungen zurück. Den 10. Mai verwendete FML. Szurmay zu Umgruppierungen innerhalb der eigenen Front, da ihn die geringeren Fortschritte des benachbarten V. Korps zur Zurückhaltung veranlaßten.

Der russische Gegenstoß am Dniester (9. bis 12. Mai)

Hiezu Skizzen 27 und 28

Am 9. Mai, zeitlich morgens, war auch der schon erwartete Sturm der Russen gegen die k.u.k. 7. Armee losgebrochen.

Das russische XXXIII. Korps begann um4h früh mit dem Überschreiten des Dniester bei Kopaczyńce und überwältigte die schwache deutsche

9. KBrig. Anderenorts offenbar nur zur Ablenkung unternommene Übergangsversuche wurden mühelos abgewiesen. In höchster Eile hasteten die 8. KD. und die halbe 42. HID. heran, kamen jedoch zu spät, um das feindliche Unternehmen im Keime zu ersticken. Der Russe schuf sich, in den Ortschaften Czernelica und Kopaczyńce feste Stützpunkte eines rechtsufrigen Brückenkopfes und stand alsbald im flachen Bogen um die Übergangsstelle, vom Dniester südöstlich von Czernelica über Dąbki und Korniów; ihm gegenüber befand sich außer den vorgenannten Verbänden noch die von Zastawna herangezogene halbe 5. HKD.

Um die Ausbreitung des XXXIII. Russenkorps auf dem südlichen Elußufer zu fördern, mußte auch der rechte Flügel der benachbarten Gruppe FML. Czibulka zum Weichen gebracht werden. So stürzten sich die 71. RD. und die 2. SchD. der Russen auf die k.u.k. 15.ID. und schlugen nördlich von Obertyn eine tiefe Einbuchtung in ihre Front. Gegen die 36. ID. schien sich westlich der Bahn Ottynia—Stanislau gleichfalls ein Angriff vorzubereiten. Überdies wurde auch die Ostgruppe Pflanzer-Baltins zwischen dem Pruth und dem Dniester mit voller Wucht angefallen. FML. Korda, der sich hier gegen das III. Kavalleriekorps und das XXXII. Korps zu wehren hatte, verlor nachmittags drei Stützpunkte des südlichsten Abschnittes.

GdK. Pflanzer-Baltin sammelte Reserven, wo er sie gerade fand; eifrig kittete er lose Kompagnien und Bataillone des Heeres, der Landwehr, der Gendarmerie und des Landsturms zu neuen Einheiten zusammen und warf sie an die meistbedrohten Punkte. Auf diese Weise konnte der Feind von der durch vier Bataillone der Armeereserve verstärkten 15. ID. um ein Stück aus dem Einbruchsraume zurückgedrängt werden. Für die Gruppe Marschall wurden bei Horodenka fünf Bataillone bereitgestellt und der deutsche General beauftragt, Czibulkas Rücken gegen die bei Czernelica übergegangenen Russen zu schützen.

Während an der Front Rhemens bis zur Bystrzyca Solotwińska die Stellungen der 5. und der 6. ID. nur von der russischen Artillerie bearbeitet wurden, wogte beim FZM. Ljubicić auf dem Jawornik und südwestlich von Lipowica ein schwerer Kampf. Die hier verstärkten Russen umfaßten die Gruppe von Westen her und erzwangen die Räumung des linken Czeczwaufers. Damit waren die Absichten des Armeeführers durchkreuzt, der aus diesem Abschnitte Reserven auslösen wollte (S. 346). Da ein russischer Durchbruch zwischen der 7. und der Südarmee drohte, konnte hier kein Feuergewehr entbehrt werden. Wieder wandte sich Pflanzer-Baltin an Linsingen und ersuchte ihn, die Gefahr durch einen Entlastungsstoß nördlich vom Mszanatale gegen den Neriedów zu bannen. Mit eigenen Offensivplänen beschäftigt, versagte jedoch der deutsche Armeeführer seine Unterstützung. Ljubičič mußte am 10. seine Front zurücknehmen und wurde tags darauf vom Feinde, dessen Stärke auf dreißig Bataillone der 37. ID. und der 74. RD.1) geschätzt wurde, heftig bedrängt; wenigstens konnten doch die russischen Angriffe im Mszanatale abgeschlagen werden.

Der Hauptangriff der Russen richtete sich aber gegen Marschall und Czibulka. In der Nacht zum 10. wurde die Front der 15. ID. bei Chocimierz eingedrückt; die wackeren Truppen drangen zwar wieder vor, verloren jedoch abermals die Anhöhen nördlich des Ortes.

Das russische XXXIII. Korps erweiterte am 10. seinen Brückenkopf, so daß sich Marschall trotz der ihm zugeführten Verstärkungen nur in der Linie Michalcze—Siemakowce—Olejowa Korolówka bis zur Dniester-schleife nordöstlich von Obertyn zu behaupten vermochte. Am rechten Flügel Marschalls befehligte GLt. v. Heydebreck (deutsche 5. KD. und Obstlt. Békési), am linken FML. Kaiser (halbe 42. HID., halbe 5. HKD., 8. KD. und sieben Bataillone der Gruppe GM. Eckhardt, bestehend aus einem Kaiserschützenbataillon, Teilen der 42. HID., drei Landsturminfanteriebataillonen, einem Gendarmeriebataillon und einem kombinierten Infanteriebataillon der Gruppe Rhemen).

Bei Uścieczko und unterhalb davon konnten alle feindlichen Übergangsversuche vereitelt werden; ihr Gelingen hätte die Stellungen Marschalls unhaltbar gemacht. Unaufhörlich hämmerte der Russe gegen die erschöpften Verteidiger los; doch die brave Truppe hielt stand.

Abermals holte die russische Führung zu einem Stoße westlich vom Brückenköpfe bei Czernelica aus. Am 11. mittags erlag der rechte Flügel der 15. ID. einem scharfen Angriffe, wodurch auch die Front Marschalls aus ihren die Übergangsstelle des XXXIII. Russenkorps umklammernden Stellungen weichen mußte. Die Abwehr vermochte sich erst wieder im Abschnitte Horodenka—Okno—Obertyn und südlich von Chocimierz zu festigen. Feindliche Kavallerie ritt gegen Horodenka an, wurde aber alsbald durch die in ihre Reihen einschlagenden Artilleriegeschosse zur Umkehr gezwungen.

Ebenso schwer gestalteten sich am 10. und 11. die Kämpfe der Ostgruppe. Als aber hier zwei aus der Gegend von Zaleszczyki herbeige-

x) Auch Teile der russischen 11. und der 32. ID. wurden hier festgestellt.

holte Kaiserschützenbataillone zur Verstärkung der polnischen Legionäre und der Landstürmer Papps einlangten, wandte sich das Blatt. Im Südabschnitte Kor das wurde die alte Stellung im Sturm zurückgewonnen. Nördlich davon erwehrte sich GM. Schwer (halbe 5. HKD. und 6. KD.) nicht nur der russischen Vorstöße, sondern fügte dem Feinde große Verluste zu und brachte zahlreiche Gefangene ein.

Dagegen ereilte die hier verbliebene Brigade der 42. HID. am 10. das Mißgeschick, aus ihren Gräben geworfen zu werden. Doch bewährte sich die 10. KD. als Helferin für den weichenden linken Flügel der kroatischen Honvéd, deren verlorene Stellungen tags darauf im Gegenangriffe wieder erobert wurden. Noch einmal rannte der Russe hier an, ohne jedoch etwas ausrichten zu können. Am 11. standen sämtliche Truppen Kordas in den früheren Linien.

Trotzdem war die Lage der 7. Armee infolge des russischen Einbruches bei Marschall und Czibulka äußerst kritisch geworden. Es schwand die Hoffnung, daß der unausweichliche Rückzug durch das allmählich einlangende III. Korps verhindert werden könne. Am 10. wurden die Spitzenstaffeln der 22. SchD. — zwei Bataillone und zwei Batterien — noch bei Horodenka ausgeladen und in den Kampf der Gruppe Marschall geworfen; ein weiteres Bataillon entstieg dort am Morgen des 11. Mai der Bahn, dann aber verscheuchte der gegen die Stationsgebäude gerichtete vernichtende Eisenhagel der russischen Artillerie die noch anrollenden Transporte. Diese Ausladungen vollzogen sich übrigens gegen den Willen des Armeeführers, der das III. Korps nicht zersplittert, sondern alle frischen Kräfte beiderseits der Linie Czortowiec—Kolomea zur Abwehr des russischen Durchbruches zusammengefaßt wissen wollte. Aus diesem Grunde unterstellte er jetzt den linken Flügel Marschalls dem Kommandanten der 15. ID.1). Sodann befahl er die Besetzung des Brückenkopfes Kolomea, wohin auch GdI. Rhemen alle entbehrlichen Kräfte entsenden sollte.

Am 12. erneuerten die Russen ihre Anstrengungen gegen den Ostflügel Czibulkas und gegen die Gruppe Marschall mit — soweit festgestellt ist — drei bis vier Infanterie- und eineinhalb bis zwei Kavalleriedivisionen. Ehe sich noch am Morgen der übermächtige Angriff gegen Horodenka aussprach, wurde dieser Ort von den Truppen Marschalls, die durch die dreitägigen Kämpfe erschüttert und auf halben Stand herabgesunken waren, geräumt. Bald darauf glitt auch die Gruppe Benigni zurück.

x) FML. Benigni, Kommandant der 15. ID., verfügte hierauf außer über seine Division noch über die zusammengewürfelte Gruppe des GM. Eckhardt und über die 8. KD.

Um die Mittagstunde entschloß sich Pflanzer-Baltin schweren Herzens, seinen rechten Flügel hinter die befestigte Pruthlinie zu nehmen. Die Gruppe Korda ging daher, vom Feinde stark gedrängt, bis zum Abend in die Linie Mahala—Kuczurmik—Stawczan zurück. Der Russe, durch drei frische im Bahntransporte nach Bojan herangeholte Bataillone verstärkt, folgte mit etwa zwei Reiterdivisionen, welche die 10. KD. zurückdrängten. Als aber kein weiterer Angriff drohte, blieb Korda nördlich vom Pruth stehen, vom 7. Armeekmdo. ermächtigt, den Rückzug nach eigenem Ermessen fortzusetzen. Die Gruppe Marschall faßte in der Linie Stecowa—Kułaczkowce wieder Fuß. Im anschließenden Abschnitte bis Kamionka Wk. übernahm der Führer des III. Korps, FML. Krautwald, den Befehl über die 8. KD. und die Gruppe Eckhardt sowie über Teile der 15. ID.; dorthin wurden auch die nächsteintreffenden Transporte seines Korps gelenkt. Czibulka bog seinen rechten Flügel von Ottynia gegen Kamionka Wk. ab; er und Rhemen sollten sich in ihren Stellungen behaupten, während Ljubičič die notwendigsten Kräfte zwischen der Bystrzyca Sołotwióska und der Łomnica sowie zur Deckung des Einbruchsweges über Osmaloda zu belassen, mit dem Gros aber nun doch in der Nacht zum 13. in den Raum bei Nadworna zu rücken hatte.

Entschluß der Russen zum Rückzug an den San

(10. Mai)

Hiezu Beilage 18

Schon in den ersten Nachmittagsstunden des 10. Mai konnte für Dimitriew kein Zweifel mehr bestehen, daß der Gegenstoß des XXI. Korps mißglückt war. Außerdem war aus dem Kampfraum der Kaukasier und des XXIV. Korps Hiobspost auf Hiobspost gekommen. Offenbar war zunächst besonders zu befürchten, daß der Gegner zwischen dem zweitgenannten Korps und dem XX. über den San auf Bircza durchbrach. Daher wurde vor allem das XXI. Korps angewiesen, möglichst rasch die Sanstrecke Siedliska—Zagórz zu besetzen und zur Verbindung mit dem XXIV. Abteilungen auf die Höhen östlich von Izdebki vorzuschieben. Wohl ziemlich zur selben Zeit — in der vierten Nachmittagsstunde — wies Dimitriew auch den anderen Korps seiner Armee neue Räume zu. Das IX. hatte an die untere Wisłoka und in die Linie Mielec—Sędziszów zu weichen, eine Verfügung, von der, wie erinnerlich (S. 356), die gegnerische k.u.k. 4. Armee schon zwei Stunden später Kenntnis erhielt. Dem X. Korps wurde, wohl noch in Unkenntnis der von den öst.-ung.

Truppen bei Wielopole errungenen Erfolge, die verhältnismäßig vorgeschobene Stellung Sędziszów—Wiśniowa zugewiesen. Die Kaukasier und das XXIV. Korps sollten sich südlich von Strzyszów und Niebylec, weiters bei Domaradz und Izdebki sammeln, wo der Anschluß an das XXI. Korps herzustellen war. Das XII. Korps hatte sich, wohl um den sicheren Abzug des XXL zu verbürgen, zunächst noch auf den Höhen südwestlich und südlich von Sanok zu behaupten, wobei der linke Flügel bis Tarnawa zu strecken war.

Kaum waren jedoch diese Weisungen erlassen, als die Nachrichten aus der Gegend von Wielopole und Strzyszów erkennen ließen, daß auch hier ein weit stärkeres Absetzen vom Gegner nötig war. In einem um 7h abends erlassenen zweiten Befehl wurde verfügt, daß die Frontlinie von Sędszizów über die Höhen unmittelbar südwestlich von Rzeszów und über Błażowa gegen Izdebki zu verlaufen habe. Den Truppen wurde eingeschärft, die ihnen zugewiesenen Stellungen am 11. „bis zum letzten Mann“ zu halten. Gleichzeitig erfuhren die höheren Befehlsstellen allerdings, daß „nicht benötigte Artillerie“ zurückzusenden sei, da den weiteren Kämpfen nur der „Charakter von Nachhutgefechten“ zukommen werde1).

Durch das Zurückweichen der Flügel der 3. Armee hinter die untere Wisłoka und auf Sanok wurde selbstverständlich auch die Lage der Nachbararmeen stark berührt. Das Kmdo. der Südwestfront mußte die nördlich der Weichsel stehende 4. Armee an weisen, ihre Front in die Linie Kielce—Łagów—Połaniec zurückzubiegen, indes dem rechten Flügel der 8. Armee aufgetragen wurde, zwischen Tarnawa und Rajskie Stellung zu beziehen, von wo dann die Armeefront über den Odrytrücken weiter zu verlaufen hatte. Sowohl Gen. Dimitriew als auch Dragomirow, der Stabschef Iwanows, waren sich jedoch schon völlig klar darüber, daß man der 3. Armee auch in den für den 11. zugewiesenen Linien keinen nennenswerten Widerstand mehr zumuten durfte.Während Iwanow selbst die Zügel stark am Boden schleifen ließ, übernahm es Dragomirow, der Stawka diese ihr sehr unwillkommene Anschauung zu übermitteln. Es geschah dies durch ein um 6h abends geführtes Ferngespräch, dem auch ein erläuternder Brief Dragomirows an Januschkiewitsch folgte. Der Stabschef Iwanows kam auf seinen schon seit Tagen immer wieder erstatteten Vorschlag zurück, der qualvollen Lage der 3. Armee dadurch ein Ende zu setzen, daß man sie hinter den unteren San zurückführte. Natürlich erheische ein solcher Entschluß auch bei der 4. und 8. Armee Boncz-Bru jewitsch, II, 124 ff.

entsprechende Maßregeln. Die 4. Armee müsse in die von Wyśmierzyce über Radom und Iłża gegen Józefów verlaufende „Radomer Stellung“ zurückgenommen werden, die 8. in die Linie Przemyśl—Turka—Zawadka. Von Przemyśl sei nur die Ostfront feindwärts zu besetzen. Die 11. und die 9. Armee könnten vorerst angewiesen werden, den Druck auf den rechten Heeresflügel des Gegners fortzusetzen und so die Versammlung am San mittelbar zu unterstützen. Wie wenig Dragomirow auch der durch solche Verfügungen geschaffenen Lage traute, beweisen die in seinem Schreiben an Januschkiewitsch enthaltenen Vorschläge, man möge ehestens an die fortifikatorische Ausgestaltung von Brest-Litowsk, Kiew, Mohilew und anderen Punkten im Innern Rußlands schreiten.

In der Stawka war man über Dragomirows Hoffnungslosigkeit entrüstet; er wurde wegen „nervöser Überreiztheit“ seines Postens enthoben. Aber den Tatsachen, die Dragomirows Pessimismus verschuldet hatten, vermochte man sich nun auch in der Umgebung des Groß-fürsten-Generalissimus nicht länger zu verschließen. Der Zustand der

3. Armee „war zu jener Zeit hoffnungslos. Die Divisionen des X. und das XXIV. Korps hatten einen Stand von je 1000 Mann; nicht besser war es um die Divisionen des III. kauk. Korps bestellt“1). Nur die beiden südlichen Korps wiesen noch einige Kampfkraft auf. Dimitriew hielt bei dieser Verfassung seiner Armee sogar die Behauptung des unteren San nur dann für möglich, wenn zwei bis drei frische Korps herangeführt wurden, und Dragomirow forderte in seiner Denkschrift nicht weniger als den sofortigen Einsatz der Ausbildungskaders samt ihren Offizieren in die Armeefront. Nun mußte sich auch der Großfürst-Generalissimus wohl oder übel herbeilassen, dem Rückzug an den San grundsätzlich zuzustimmen; über den San und Dniester hinaus dürfe jedoch kein Schritt galizischen Bodens preisgegeben werden, vielmehr sei hinter dieser Linie alles aufzubieten, um das Südwestheer möglichst bald wieder angriffsfähig zu machen. Die 4. Armee hatte im Anschluß an die 3. auch weiterhin den Raum zwischen der Pilica und der Sanmündung verläßlich zu halten, die 11. und die 9. waren vorläufig zur Bindung des Gegners südlich des Dniester zu belassen, Przemyśl in die neuen Linien einzubeziehen, aber nicht als Festung, sondern nur als Teil der Feldstellung.

Diese Weisungen beantwortete Iwanow dahin, daß es unvermeidlich sei, die 4. Armee sofort in die Radomer Stellung, mit dem linken Flügel sogar hinter die Weichsel zurückzunehmen; allerdings berge die Ausdehnung der Armeefront auch dann die schwersten Gefahren, denen nur durch rascheste Verstärkung gesteuert werden könne. Der rechte Flügel der 8. Armee werde am 11. die schon erwähnten Stellungen zwischen Tarnawa und dem Odrytrücken beziehen und tags darauf in die Linie Bircza—Rajskie zurückschwenken. Die beiden Armeen am Ostflügel der Front hätten wohl noch zu trachten, den Raum Nadworna zu gewinnen, dagegen käme, wie zwischen den Zeilen zu lesen war, ein Angriff über die Karpathen nicht mehr in Frage.

Die grundsätzliche Zustimmung des Großfürsten-Generalissimus zum Rückzug hinter den San scheint dem Gen. Dimitriew wohl noch in der Nacht auf den 11. mitgeteilt worden zu sein. Denn um 3hfrüh ließ er den zwei Befehlen von 4hnachm. und 7h abends einen dritten folgen, der die Fortsetzung des Rückzuges hinter den San verfügte. Die für den 28. vorgesehene Frontlinie blieb in Geltung. Am 29. hatte die Masse der Armee die Linie Baranów—Raniżów—Łańcut—Kańczuga— Pruchnik—Krzywcza—Bircza zu überschreiten, am 30. zwischen Rozwadów und Sośnica und in der Gürtellinie von Przemyśl Aufstellung zu nehmen. Die sechs Kavalleriedivisionen waren am Gegner zu belassen und hatten dessen Vormarsch solange wie möglich zu verzögern.

Mit diesem Befehl war auch das Schicksal der russischen Stellungen im Weichsellande und in den Waldkarpathen besiegelt.

Die V e r f o 1 gu n g s k äm p f e am 11. und 12.Mai

Die Armee Dimitriews brach noch am 10. abends zum Rückmärsche in die ihr für den 11. vorgezeichneten Stellungen auf. Am Nordflügel begann das IX. Korps um 9h abends das westliche Wislokaufer zu räumen. Der vom k.u.k. 4. Armeekmdo. noch für den Abend geplante Stoß links dieses Flusses hätte daher zum Luftstoß werden müssen. Schon seit 6h in Kenntnis der russischen Absichten, übertrug nun der Erzherzog das Schwergewicht des Unternehmens auf das Ostufer, wo das XIV. Korps, verstärkt durch die Brigade GM. Szende, den Russen womöglich den Rückzug über Przecław zu verlegen hatte. Gleichzeitig sollten die noch auf dem Westufer fechtenden Kräfte der Gruppe GdK. Kirchbach dem weichenden Feinde in scharf östlicher Richtung nachstoßen.

Das Ringen nordöstlich von Dębica flammte noch in der Nacht mächtig auf. Da traf kurz vor Mitternacht ein Befehl der Heeresleitung ein, der der 4. Armee auftrug, unter Einsatz des heranfahrenden

VIII. Korps — 21. SchD., 37. und 41. HID. (S. 350) — der russischen

4. Armee über die Weichsel in den Rücken zu fallen. Das Armeekmdo.

war auf einen solchen Auftrag schon vorbereitet, es konnte den schon angeordneten Angriff des XIV. Korps, der durchaus den Absichten des AOK. entsprach, auslaufen lassen.

Der Russe, der wohl wußte, um was es ging, stellte den Divisionen des FML. Roth eine starke Abwehr entgegen. Die durch 400 Karabiner der 2. KD. verstärkte 3. ID. warf den Feind in heißem Ringen aus seinen Gräben westlich und südwestlich von Ropczyce, verwehrte ihm, sich in Sędziszów festzusetzen, und rückte in diese Stadt ein. Die Brigade Szende und das 1. KJR. drangen rechts vom Wisłok, die Masse der 8. ID. links von ihm flußabwärts vor. Heftige Kämpfe führten die beiden Gruppen schließlich bis Przecław, wo den ganzen 11. um die Örtlichkeiten und die brennende Brücke gerungen wurde. Als Meister im Rückzuge wußte sich der Russe zuletzt auch hier wieder der drohenden Abschnürung zu entwinden.

Das Korps Kirchbach gelangte bis an die untere Wisłoka; doch fanden die 47. RD. und die 11. HKD. die Brücke bei Mielec gesprengt und das andere Ufer so stark besetzt, daß von einer Flußbezwingung abgesehen wurde. Die Gruppe FML. Stöger-Steiner schob sich im Laufe des Tages unterhalb von Mielec an die Wisłoka heran. Sie hatte keinen geringen Anstoß durch die noch am 11. vormittags eingelangte Nachricht erhalten, daß der Russe auch seine Nidastellungen endlich abzubrechen begonnen hatte und offenbar gegen die Czarna zurückwich. Dennoch hatten Etappentruppen und die Kavalleriegruppe Obstlt. Freih. v. Véver noch weiter zwischen Szczucin und der Wislokamündung im Sicherungsdienst zu bleiben.

Gegenüber dem in engem Anschlüsse an Mackensen vorgehenden Südflügel der 4. Armee nahm das X. Russenkorps am 11. früh befehlsgemäß auf den Höhen südwestlich von Rzeszów Aufstellung. Das k.u.k.

IX. Korps formte sich am späten Nachmittage zum Angriffe, der Feind zog es jedoch vor, über Rzeszów gegen Nordosten zu weichen. Noch in der Nacht drangen Vortruppen des FML. Králiček in die Stadt ein. Daß das Korps im Vergleiche zur Masse der 4. Armee weit vorgeprellt war, war jetzt belanglos. Wußte man doch aus abgehorchten Funksprüchen, daß der Feind erst wieder am San ernsthaft Halt machen werde. Vergeblich rief der Erzherzog abermals die Reiterei zur Verfolgung in den Rücken der feindlichen Infanterie auf. Die 11. HKD. hatte die untere Wisłoka ohne Erfolg nach einer Durchbruchsstelle abgesucht. Sie nächtigte schließlich südlich von Przecław.

Auch gegenüber der Armee Mackensen zeigte der Russe nirgends

Miene, die ihm für den 11. vorgeschriebene Linie länger zu halten, als dies für das Abfließen nach hinten nötig war. Am Nordflügel der 11. Armee gewann das Korps Plettenberg gegenüber den Kaukasiern den Raum Tyczyn—Błażowa. Im Anschlüsse daran erstieg der linke Flügel des Korps Arz, die 12. ID., die Höhen östlich von Błażowa, um von dort mit der schweren Artillerie in Teile des über Jawornik Polski zurückdrängenden XXIV. Russenkorps hineinzufeuern. Diese russische Gruppe hatte noch in der Nacht auf den 11. der scharf zugreifenden 39. HID. Ujazdy überlassen müssen und war, arg zerzaust, bei Jawornik Polski von einigen in Przeworsk ausgeladenen Bataillonen der 62. RD. aufgenommen worden. Die Honvéd nächtigte im Raume um Dynów.

Von den zwei deutschen Korps des rechten Flügels der 11. Armee stieß das Korps Franęois bei Izdebki gleichfalls auf Teile des XXIV. Russenkorps, wobei neben der 12. Russendivision auch die Reste der schwergeprüften 48. wieder hart wegkamen. Während Franęois oberhalb von Dynów den San erreichte, gewann vom Korps Emmich die 119. ID. bei Ulucz das rechte Flußufer, indes die 11. bayr. ID. bei Dydnia nächtigte. Das von Sanok gegen Nordosten strebende XXI. Russenkorps konnte unter solchen Umständen nicht mehr daran denken, die ihm am 10. abends aufgetragene Stellung am San zu beziehen. Durch eine Gruppe bei Mrzygłód gedeckt, schlug es sich mit der Masse auf die Straße Zaluż— Bircza, an der die müden Regimenter bei Tyrawa Wołoska und nordöstlich davon um Mitternacht zu kurzem Ausruhen anhielten.

In diesem Nächtigungsraum vermengten sich die Truppen des XXI. Korps mit dem ihm nachfolgenden XII., das am Morgen auf den Höhen südwestlich und südlich von Sanok noch gegen den linken Flügel der k.u.k. 3. Armee Nachhutgefechte geführt, dann aber diese Stellungen allmählich geräumt hatte. So hatte zuerst das südlich von Sanok fechtende XVII. Korps die vom Feinde in der Nacht noch gehaltenen Höhen frei gefunden und am Vormittag konnte das X. Korps Pisarowce besetzen. Den Schützen der KD. Berndt bot sich gerade noch Gelegenheit, durch Feuer bei dem aus Sanok wegdrängenden Troß der Russen Verwirrung anzurichten. Nachmittags marschierten nach kurzem Gefecht die Spitzenregimenter des X. Korps und der 2. ID. (XVII. Korps) in Sanok ein. Die

4. KD. eilte nun voraus, mußte sich aber ihr Nachtlager bei Zaluż erst erkämpfen. Das Beskidenkorps kam unter mannigfachen Gefechten mit Nachhuten des XII. und des VIII. Russenkorps über Tarnawa hinaus. Das VII. Korps (17. ID., 20. HID.) fand keinen Raum mehr in der Front und wurde bei Bukowsko als Armeereserve versammelt.

Im Gegensatz zu Schtscherbatschew, dem Führer der weiter östlich anschließenden 11. Russenarmee, scheint Brussilow noch in der Nacht auf den 11. Mai zur Überzeugung gelangt zu sein, daß seine Karpathenstellung mit dem Rückzug der 3. Armee unhaltbar geworden war. Gemäß den Befehlen Iwanows wäre bis zum 29. das VIII. Korps in die lang gestreckte Front Bircza—Rajskie zurückzubiegen gewesen, indes die Masse der Armee in der Linie Odryt—Zawadka zu verbleiben gehabt hätte. Eine solche Aufstellung hätte den Gegner geradezu eingeladen, vom mittleren San her südlich an Przemyśl vorüber in den Rücken der noch in den Karpathen steckenden Kräfte Brussilows zu stoßen. Das Kmdo. der Südwestfront konnte sich denn auch den Vorstellungen Brussilows nicht verschließen, es mußte der Zurücknahme der 8. Armee in die Linie Przemyśl—Chyrów sowie auf die Höhen südlich von Stary Sambor und beiderseits von Turka zustimmen. Dabei scheint dem VII. Russenkorps ein langsameres Tempo aufgetragen worden zu sein, um der 11. Armee ein längeres Verweilen in den Karpathen zu ermöglichen.

So setzte denn der Rückzug der ganzen 8. Russenarmee schon am 11. Mai ein und die Divisionen Böhm-Ermollis vermochten die tagszuvor eingetretene Verzögerung in der Verfolgung ausreichend wettzumachen. Dabei drängte sich der Armee von selbst die lockende Aufgabe auf, von Süden her möglichst rasch in den „Hals“ Lisko—Chyrów einzudringen und das hier zurückhastende russische VIII. Korps — nach einem Worte Napoleons — noch „en flagrant délit“ zu fassen.

Das flotte Vorwärtskommen des Beskidenkorps überhob das k.u.k. XIX. am linken Flügel der 2. Armee der am Vortage übernommenen Pflicht, mit Teilen flankierend in nordwestlicher Richtung einzugreifen. Die beiden Divisionen, die 34. links, die 29. rechts, arbeiteten sich an Lisko heran, mußten aber in der Höhe von Hoczew am Südüfer des San halten, da der Russe allen Übergangsversuchen der Deutschböhmen noch zähesten Widerstand entgegensetzte. Das nun fünf Divisionen starke IV. Korps, das das Straßenstück Uherce—Ustrzyki Dl. gewinnen sollte, bezwang mit seinem linken Flügel, 27. und 32. ID., den Sanfluß im Laufe der Nacht auf den 12., mit der Mitte, 13. SchD., erst am nächsten Morgen; alle drei Divisionen hatten eine heftige Gegenwirkung zu brechen. Dagegen setzte die am rechten Flügel vorgehende 31. ID. bei der Solinka-mündung ihren Fuß ohne ernsthafte Behinderung durch den Feind auf das Nordufer des Flusses. Die 51. HID. folgte als Reserve.

Dem XVIII. Korps wurde die Unterbindung der Straße östlich von Krościenko aufgetragen. Beide Divisionen überschritten — fast ohne

Artillerie, die nur schwer vorwärts kam — in der Nacht auf den 11. den San und überstiegen im Morgengrauen den wider Erwarten vom Feind schon freigegebenen Odrytrücken. Die 44. SchD. fühlte unter Kämpfen gegen den Żukówberg heran, während die 9. ID. schon vor dem Ostre aufgehalten wurde. Am rechten Armeeflügel erreichte die 33. ID. als Spitzendivision des V. Korps den Odrytrücken und die Höhen südöstlich von Lutowiska. An Stelle der abrollenden 37. HID. (S. 357) rückte die 14. ID. im zweiten Treffen bis Berehy Grn. nach.

Mit immer wieder bewundertem Geschick hatte es der Russe verstanden, die verderbliche Bedrohung der Chyrówer Straße am kritischesten Tage abzuwehren. Dabei war die moralische Verfassung der Armee Brussilows alles andere denn günstig zu nennen. Der Muschik sagte zu seinem General: „Während unsere Artillerie fast schweigt und unser Gewehrfeuer schon selten wird, bringt uns das feindliche Feuer von Stunde zu Stunde größere Verluste bei. Wir sind ihm unnötig ausgesetzt, denn es ist unmöglich, dagegen aufzukommen. Man kann nicht mit leeren Händen raufen1).“

Am linken Flügel Brussilows begann das VII. Korps mit dem Abbau seiner Gebirgsstellungen. Die Gruppe Szurmay nahm den Augenblick wahr und trat die Vorrückung an. Die links vorgehende 7. ID. überquerte den obersten San, mußte sich zunächst aber mit dem Besitz der unmittelbar vorgelagerten Höhen begnügen. Die 40. HID. bemächtigte sich des Ostry und des unmittelbar südöstlich davon aufragenden Jaslo-wiec. Linsingen zögerte nicht, für den 11. schon seine ganze Armee zum Angriff aufzurufen, wobei er — damit auch den Wünschen Pflanzers entgegenkommend — das Schwergewicht auf den Ostflügel zu verlegen gedachte. Aber mit der Ausführung dieses Planes hatte es noch sein Bewenden. Zutreffender wurde die Heeresleitung dem Gebote der Stunde gerecht, indem sie am 11. Linsingen anwies, sich der allgemeinen Vorrückung vom linken Flügel an anzuschließen.

Zunächst kam das Korps Bothmer an die Reihe. Allerdings machte der rechte Flügel Schtscherbatschews auch am 12. Mai noch immer nicht Miene, seine Stellungen gegenüber der deutschen 1. ID. zu verlassen. Doch entriß ihm diese die heißumstrittene Waldkuppe 927 unmittelbar südöstlich von Koziowa, womit in die Front der 11. Russenarmee das erste Loch geschlagen war. Links von der 1. ID. konnten die 3. GID. und die 38. HID. hinter dem russischen VII. Korps 6 bis 10 km Raum gewinnen, wobei der Russe zahlreiche Gefangene zurückließ. Dabei ging

es, zumal östlich vom Stryjflusse, nicht ohne erbitterte Kämpfe ab. Die

40. HID. Szurmays rückte am 12. Mai rittlings der Uzsoker Straße bis in die Gegend südwestlich von Turka vor. Die 7. ID. nahm den Höhenzug westlich dieses Ortes und kam kampflos bis Wolcze. Der Feind hielt die Höhen südlich von Turka und den langgestreckten Rücken, der vom Petryków gegen Nordwesten zieht.

Der k.u.k. 2. Armee hatte das AOK. am 11. den Auftrag zukommen lassen, sie möge nunmehr mit starkem linkem Flügel entlang der Chyrówer Straße vorgehen und den abziehenden Marschsäulen Brussilows auf diese Weise möglichst Abbruch tun. Für die Mitte und den linken Armeeflügel bedeutete die Erfüllung dieses Auftrages eine starke Rechtsschwenkung. Dabei ergab sich von selbst, daß das XIX. Korps im Laufe des 12. mit seinen drei Divisionen aus dem ersten Treffen ausschied, indem sich ihm nordöstlich von Lisko die 27. ID. des IV. Korps vorschob. Die Masse des IV. Korps hielt am 12. abends mit den Divisionen des ersten Treffens vor Ustrzyki Dl., das XVIII. kam bisBandrów, das V. erstieg die Höhen nordwestlich von Lomna. Die den Korps vorgeschriebenen Marschziele wurden, wenn auch zum Teil unter erheblichen Wegschwierigkeiten, erreicht.

Die 3. Armee war am 11. Mai bei Sanok auf 10 km Frontbreite zusammengepreßt worden. Die Heeresleitung wies den GdI. Boroević an, sich bei der weiteren Vorrückung im Raume Dobromil—Cisowa—Iskaó wieder zu entfalten. Die der Armee gegenüberstehenden Russenkräfte, das XII. und das XXI. Korps, waren noch vor Morgengrauen aufgebrochen, um über Bircza den Raum von Przemyśl zu gewinnen. Um das Abfließen dieser Truppenmassen zu sichern, wurden nordöstlich von Tyrawa-Woloska starke Nachhuten zurückgelassen. Auf diese stieß GM. Berndt, dem für die Verfolgung außer der 4. KD. noch die 1. unterstellt worden war. Zunächst war jedoch nur die 4. KD. zur Hand, die unter erheblichen Opfern vergeblich versuchte, den russischen Widerstand zu brechen. Erst gegen Abend zogen sich die feindlichen Nachhuten auf halben Weg gegen Bircza zurück. Von der Masse der 3. Armee gelangte das Beskidenkorps und das X. in die Linie Tyrawa-Woloska—Mrzy-glód, während das XVII. und das VII. südlich und südwestlich von Sanok aufschlossen. Die 1. LstHusBrig. wurde als Verbindung zur 11. Armee ausgeschieden.

Die vor den Divisionen Mackensens weichenden Russenkräfte hatten sich am 12. in der ihnen für diesen Tag vorgezeichneten Linie Łańcut— Kańczuga—Pruchnik—Krzywcza erst gar nicht auf gehalten. Der große Heerbann setzte den Marsch an den San fast in einem Zuge fort. So konnte die 11. Armee die ihr auf getragene Linie Iskań—Łańcut an diesem Tage vielfach ohne ernstere Zusammenstöße mit dem Feinde erreichen. Das VI. Korps verstellte am Morgen der 12. sib. SchD. und den Resten der 48. ID. bei Jawornik Polski die Rückzugslinie gegen Nordosten, so daß diese Truppen gegen Pruchnik ausweichen mußten, aus welchem Ort sie dann gegen Abend durch die deutsche 82. RD. vertrieben wurden. Unterdessen hatte weiter nordwestlich, bei Kańczuga, die an der Spitze des VI.Korps marschierende 12. ID. gegen Teile der 62. Russendivision gekämpft, die auf den Höhen östlich vom genannten Orte der hart mitgenommenen 49. ID. den Rücken deckten. Im großen erreichten: Korps Emmich Iskań und den Raum südwestlich davon, Korps Franęois die Gegend Pruchnik—Dubiecko, Arz mit den Spitzenregimentern Kańczuga, die Garde Tarnawka—Łańcut.

Beginn des Rückzuges der Russen im Weichsellande

Für die Entwicklung der Lage bei der k.u.k. 4. Armee war vom 11. Mai an der Rückzug der Russen im Weichsellande von entscheidendem Einfluß.

Noch am 9. Mai war der Russe gegen den rechten Flügel der deutschen 9. Armee vorgestoßen, ohne jedoch durchgedrungen zu sein. Tags darauf war nach den russischen Funksprüchen eine Rücknahmeder Armee Ewerts an die Czarna und auf Kielce wahrscheinlich geworden. In der Nacht auf den 11. begannen das XXXI. und das XXV. Korps tatsächlich ihre Stellungen an der Nida zu verlassen.

GdK. Dankl sandte zunächst die noch bei der Armee verbliebene 16.KavBrig. der 2. KD. nach Szczucin1). Gleichzeitig folgten dem abziehenden Feinde gemischte Abteilungen des I. Korps und der 4. ID. des II. Korps. Nur gegenüber dem linken Flügel der 25. ID. hielt der Russe seine Dauerstellungen noch fest. Die weit verteilten Hauptkräfte der beiden südlichen Divisionen mußten erst gesammelt werden und traten am 12. Mai vom Ostufer der rasch überbrückten Nida aus. Die geringe Streiterzahl sowie die durch den langen Stellungskrieg bedingte Herabminderung der Marschfähigkeit nötigten die 1. Armee, nur tastend vorzugehen. Das Schwergewicht der Vorrückung wurde auf die Richtung gegen Staszów gelegt. Unbehelligt gelangten die Truppen an ihrem ersten Marschtage an die Linie Szczucin (nördliches Weichselufer)—

!) Hier wurde eine Kriegsbrücke geschlagen, über die das vor einigen Tagen der 4. Armee geliehene SchR. 31 am 13. wieder zur 46. SchD. einrückte.

Ostrów. Gleichzeitig waren auch Teile der Armeeabteilung Woyrsch aus ihren Gräben vorgebrochen; die Division Bredow kämpfte um die Höhen von Kielce. Zur Sicherung der Südflanke Bredows entsandte die 25. ID. eine gemischte Abteilung gegen Morawica. Auch die deutsche 3.LD. konnte den am Morgen weichenden Russen folgen, die 4. LD. Łopuszno nehmen, während an der übrigen Front der Armeeabteilung noch Stillstand herrschte.

Nun kam fürs erste ein Vorstoß der k.u.k. 4. Armee über die Weichsel nicht mehr in Frage. Die Heeresleitung verfügte daher am 11. nachmittags, daß die Bewegung in der bisherigen Staffelordnung fortzuführen, und der rechte Flügel gegen den unteren San anzusetzen sei. GO. Mackensen fügte ergänzend bei, daß das IX. und das XIV. Korps über Rzeszów—Kolbuszowa auf Żołynia—Raniżów zu folgen hatten und das Korps Kirchbach über Mielec nachzuführen war. Die Armee sollte die linke Flanke der gegen Jaroslau vordringenden Divisionen Mackensens gegenüber Bedrohungen aus dem San-Weichselwinkel schützen1). Die 11. HKD. hatte sich bei Rzeszów dem 11. Armeekmdo. zur Verfügung zu stellen.

Da die Russen über Sokołów und Majdan und entlang des südlichen Weichselufers abzogen, konnte die k.u.k. 4. Armee am 12. Mai die Linie Stobierna—Kolbuszowa—Chorzelów fast kampflos erreichen; nur die am rechten Flügel vorgehende 10. ID. des IX. Korps kam nördlich von Rzeszów wiederholt ins Gefecht mit der 2. komb. KD. des Feindes.

Die Armee des Erzherzogs hatte bis zum 12. Mai 77 Offiziere und 27.400 Mann als Gefangene eingebracht; die Beute betrug 55 Maschinengewehre und 6 Geschütze. Das Armeekmdo. übersiedelte von Okocim in ein Schloß bei Tarnów.

Die Wiedereroberung Mittelgaliziens

(12. Mai bis 5. Juni)

Die beiderseitigen Weisungen für die Fortführung

des Feldzuges (12. und 13. Mai)

Der allgemeine Rückzug der Russen in Galizien und im Weichsellande stellte die Heeresleitungen der verbündeten Mittelmächte vor neue

!) Die Verbündeten hatten durch ihren Funkerhorchdienst erfahren, daß eine Division des russischen XV. Korps im Raume von Tarnobrzeg auftauchen werde.

Entschlüsse, die von den beiden Generalstabschefs am 12. Mai nachmittags zu Pleß gefaßt und abends von Teschen aus in Befehlsform weitergegeben wurden. Von den in Betracht kommenden Hauptstoßrichtungen: südlich von Przemyśl oder über Jaroslau oder über den unteren San, entschied man sich für die mittlere als die kürzere.

Demgemäß lauteten die Befehle, die am 12. abends vom k.u.k. AOK. erlassen wurden. Die 11. Armee hatte wieder als Stoßkeil zu wirken, indem sie bei entsprechender Deckung gegen Przemyśl den Feind beiderseits von Jaroslau über den San werfen sollte. Der 4. Armee wurde aufgetragen, nördlich der 11. das rechte Sanufer zu gewinnen, dabei aber auch weiterhin den Flankenschutz gegen den San-Weichselwinkel zu besorgen. Die 3. Armee war mit ihrem Nordflügel gegen die West-und Südfront von Przemyśl vorzuführen und sollte den Platz womöglich im Handstreich nehmen; im Falle dies nicht ging, den gewaltsamen Angriff vorbereiten. Der rechte Flügel hatte der russischen Sanverteidigung über Dobromil—Nowe Miasto—Mościska in die linke Flanke zu fallen. Die 2. Armee sollte über Chyrów, Sambor und Horodyszcze gegen Norden aufschwenken und hiebei starke Kräfte hinter dem rechten Flügel zu einem etwaigen Eingreifen bei der Südarmee bereitstellen, die, nach rechts hinten gestaffelt, mit dem linken Flügel über Drohobycz vorzudringen hatte. Der 7. Armee wurde die Behauptung der von ihr innegehabten Räume vorgezeichnet, endlich den Divisionen nördlich der Weichsel die Verfolgung des weichenden Feindes in nordöstlicher und östlicher Richtung. Da man den Russen möglichst wenig Zeit zum Atemholen gönnen wollte, wurde auch diesmal von einer tiefergreifenden Umgruppierung der Streitkräfte abgesehen, die übrigens auch durch die Bahnlage in den von den Russen geräumten Landesteilen sehr erschwert worden wäre. Nicht zu Unrecht hatte Conrad am 12. Mai bei seinem Besuche im deutschen Hauptquartier auf die Ähnlichkeit der augenblicklichen Kriegslage mit jener im Oktober 1914 hingewiesen, dabei aber auch daran erinnert, daß damals ein Feind in seiner vollsten Machtentfaltung zu bekämpfen war, indes man es jetzt mit einem stark ausgebluteten und auch in seiner Moral schwer getroffenen Gegner zu tun hatte.

Auf russischer Seite fanden die in den letzten Tagen gefaßten und zum Teil schon in Ausführung befindlichen Entschlüsse in einem Befehle ihren Niederschlag, den Gen. Iwanow nach mannigfachem Meinungsaustausch mit der Stawka und mit den untergeordneten Kommandos am 13. Mai erließ, zu einem Zeitpunkte, da die Armee Dimitriew schon ihre neuen Stellungen am San erreicht hatte. Aus diesen Weisungen geht vor allem hervor, daß sich die russische Führung zu dem Entschluß durchgerungen hatte, den Südflügel der 4. Armee entgegen verschiedenen Vorschlägen nicht schon gleich hinter die Weichsel zurückzunehmen, sondern in der Linie Opatów—Tarnobrzeg—Rozwadów eine Flankenstellung gegenüber den gegen den San vordringenden Streitkräften der Mittelmächte beziehen zu lassen. Die Besetzung des San-Weichselwinkels sollte neben anderen Truppenteilen das von der Nordwestfront herangeführte XV. Korps übernehmen. Eine solche Aufstellung konnte nicht bloß der Armee Dimitriew Entlastung bringen, sondern auch als Sprungbrett für die Wiederaufnahme einer Offensive dienen.

Von der 3. Armee hatten sich die drei nördlichen Korps, IX., X. und III. kauk., zwischen Rozwadów und der Wislokmündung auf dem überhöhten Ostufer des San festzusetzen. Die drei südlichen Korps,

XXIV., XXI. und XII., wurden, nicht zuletzt auf Wunsch der Korpsführer, im Brückenkopf von Jaroslau und weiter bis zum Gürtel von Przemyśl auf dem Westufer des Flusses belassen. Die Verteidigung von Przemyśl — und zwar nur als eines Teiles der Feldstellung (S. 363) — übertrug Iwanow dem VIII. Korps der 8. Armee, um die zur Schlacke ausgebrannte 3. Armee zu entlasten. Die Masse der 8. Armee war angewiesen, sich im Anschluß an Przemyśl mit fast gegen Süden gerichteter Front auf der Landesschwelle südlich von Mościska und am Dniester nordöstlich von Sambor zu entschiedenem Widerstand einzurichten. Der 11. Armee war der Dniesterabschnitt von südlich von Komárno bis Bukaczowce, der 9. jener von da bis über Zaleszczyki hinaus und dann die Reichsgrenze zwischen Dniester und Pruth zur Deckung überwiesen. Doch hatte Letschitzki diese Aufgabe jedenfalls in möglichst weit gegen die Karpathen vorgeschobener Stellung und möglichst angriffsweise zu erfüllen, und auch dem Gen. Schtscherbatschew scheint sehr bald eine solche Lösung aufgetragen worden zu sein, wiewohl ihm der Befehl vom 13. Mai das Eintreffen unmittelbar südlich vom Dniester schon für den 15. vorgeschrieben hatte.

Diese Weisungen an den linken Heeresflügel waren nicht zuletzt von politischen Erwägungen in bezug auf Rumänien diktiert. Allerdings legte die Stawka keinen übermäßigen Wert auf eine tätige Mitwirkung dieses Landes an der Seite Rußlands, ja sie stand einer solchen sogar mit gemischten Gefühlen gegenüber1). Sie war zufrieden, wenn Rumänien in der Neutralität verblieb. Umso mehr betonte der GroßfürstGeneralissimus in einer Depesche an den französischen Höchstkomman-

L) Das zaristische Rußland im Weltkriege, 204.

dierenden, Gen. Joffre, daß nunmehr der Zeitpunkt zum Eintritt in den Krieg für Italien gekommen sei, und daß auch die Westmächte ihre Angriffe in Flandern und Nordfrankreich (S. 350) endlich zu einer breit angelegten Offensive ausgestalten mögen. Er rechnete vorwurfsvoll dem Bundesgenossen die Zahl der deutschen Divisionen vor, die aus Frankreich auf den östlichen Kriegsschauplatz geschickt worden waren, und rühmte sich, daß kein einziger dieser Truppenteile dank der russischen Rührigkeit wieder nach Westen habe zurückkehren können. Wenn die westlichen Verbündeten es vermochten, ein weiteres Herüberwerfen deutscher Truppen an die russische Front zu verhindern, dann konnte nach der noch immer zuversichtlichen Auffassung des Großfürsten das Zarenheer in seinen neuen Stellungen ein weiteres Vordringen des Gegners sehr wohl hintanhalten1).

Die Schlacht bei Jaroslau (14. bis 20. Mai)

Hiezu Beilagen 19 und 20

Der Vorstoß der Verbündeten über den San

Obgleich die Verbündeten möglichst eilig nachsetzten, hatte der hastige Rückzug der Russen an den San die Fühlung zwischen Freund und Feind ein wenig gelockert. Mit zunehmender Entfernung vom Etappenbereich der Dauerstellung und von den Kopfstationen machten sich überdies bei den Armeen der Mittelmächte Erhaltungsschwierigkeiten fühlbar, die zusammen mit der Notwendigkeit, den Truppen eine Atempause zu gewähren und die schon stark gelichteten Reihen aufzufüllen, zur Einschaltung eines Operationsstillstandes zwingen mußten. Diesen Hemmnissen gesellte sich im Laufe der unmittelbar folgenden Kriegshandlungen noch die völlige Unklarheit über die russischen Absichten bei. Wird der Feind versuchen, sich am San zu halten? Wird er noch diesseits vom Flusse neuerlich Fuß fassen wollen ? Wird er sich an den festen Platz Przemyśl klammern? Diese verschiedenen Fragen hatten nicht bloß in den Pleßer Besprechungen vom 12. Mai schon eine Rolle gespielt, sie zeigten sich auch immer wieder in den Befehlen, die in den nächsten Tagen von den verschiedenen Kommandos erteilt werden sollten2).

!) Danilow, 499 f.

2) Metzger bei Schwarte, V, 102; Franęois, Gorlice, 111 ff.

Was den Hauptstoß anlangte, so hatten die Heeresleitungen der Verbündeten beschlossen, daß Mackensen zunächst zu trachten habe, auf dem Ostufer des San festen Fuß zu fassen und so von Anbeginn einen Keil in die von den Russen etwa geplante San-Dniesterverteidigung hineinzutreiben.

Befehlsgemäß rückte die 11. Armee am 13. Mai zwischen dem San und dem Wisłok weiter vor. Sie erreichte am Abend die Linie Krzywcza— Pruchnik—Przeworsk. Die russische Reiterei war nach Osten ausgewichen. Nur das Gardekorps hatte noch in der Nacht auf den 13. bei Urzejowice ein Gefecht mit einer Nachhut des III. kauk. Korps zu bestehen gehabt. Das Augenmerk links auf den Sanwinkel gerichtet, hatte auch die 4. Armee ihre Marschziele, die Linie Żołynia—Sokołów—Majdan—Padew Narodowa, kampflos erreicht.

Die Armee Boroević, deren Vormarschstreifen sich südlich vom San hinzog, begann sich am gleichen Tage aus der Zusammenballung bei Sanok zu lösen und gegen die Linie Dobromil—Przemyśl aufzuschwenken, wobei das XVII. Korps zwischen dem Beskidenkorps und dem X. in die Front einrücken, das VII. aber im zweiten Treffen bleiben sollte. Trotz Hitze und schlechter Wege bewältigten die Truppen an diesem Marschtage bis zu 32 km. Ohne wesentlichen Zusammenstoß mit den weichenden Divisionen Brussilows kamen die 1. KD. bis gegen Dobromil, das X. Korps über Bircza hinaus; das Beskidenkorps und das XVII. blieben um je einen halben Tagmarsch zurück, das VII. hielt noch bei Sanok. GM. Berndt stellte die Fühlung zum linken Flügel Böhm-Ermollis her.

Am 13. nachmittags erließ Mackensen einen die nächsten Aufgaben festsetzenden Befehl. Darnach sollte die 11. Armee in Jaroslau und zu beiden Seiten dieser Stadt, die 4. links davon bei entsprechender Deckung der Flanke den San überqueren. Im Rahmen der 11. Armee fiel die San-bezwingung den Korps Arz und Plettenberg zu, deren innere Flügel gegen die Stadtmitte von Jaroslau vorzugehen hatten. Hinter diese Angriff sgruppe sollte die bis Łańcut gelangte deutsche 56. ID. nachgezogen werden. Nördlich von diesem fünf Divisionen starken Sturmblock war das deutsche X. Korps durch Abtrennung der 19. ID. von der Garde und Vorziehen der 20. ID. über Łańcut wieder kriegsgliederungsgemäß zusammenzufassen. GdI. Emmich, der vom rechten Flügel der Armee herangeholt wurde, hatte mit diesem Korps die Deckung der Nordflanke der 11. Armee zu besorgen. Das Korps Franęois (XXXXI. R) wurde beauftragt, über Radymno vorzustoßen, während das Korps Kneußl mit der 11. bayr. und der 119. ID. Przemyśl in Schach halten sollte.

Das 11. Armeekmdo. rechnete in diesem Augenblick damit, daß sich der Feind am San erbittert zur Wehre setzen werde, und beschloß, den Angriff planmäßig zu führen. Die Verteilung der schweren Artillerie auf die einzelnen Verbände wurde neu geregelt, und jede Phase des Unternehmens genau umschrieben. Darnach war der 14. für Erkundungen und das Herangehen der Infanterie an die russischen Stellungen, der 15. zum Einrücken in die von Krzywcza über Maćkowice, Kosienice, Chłopice, Cieszacin, Ujezna und Jagiela verlaufende „Artillerieschutzstellung“ auszunützen. Die Nacht auf den 16. wurde für das Beziehen der Geschützstellungen in Aussicht genommen, am darauf folgenden Nachmittag sollte mit dem Einschießen begonnen werden, während sich das Fußvolk so weit vorzuarbeiten hatte, daß am 17. der Sturm stattfinden konnte.

Kaum waren jedoch diese Befehle ausgegeben, als die Nachricht vom Abmarsche einer 20 km langen Kolonne aus Przemyśl gegen Osten einlief. Verzichtete der Feind am Ende auf die Verteidigung der San-linie? Die Möglichkeit war bei dem Zustande der 3. Russenarmee nicht ganz von der Hand zu weisen. Jedenfalls legte GO. Mackensen den Unterführern ans Herz, dort, wo der Russe nachgab, nicht zu zögern, sondern sich ihm an die Fersen zu heften und ihm möglichst über den San nachzustoßen, wo man sich dann brückenkopfartig festsetzen konnte.

Aber der Russe dachte weder daran, die Sanlinie preiszugeben, noch war er gesonnen, die Verteidigung des Flusses schon jetzt ganz auf das Ostufer zu verlegen. Demgemäß stellte sich das russische XXIV. Korps bei Jaroslau, das XXI. westlich und südwestlich von Radymno, das XII. im Anschluß daran bis zum Gürtel von Przemyśl der Armee Mackensen in vielfach recht gut ausgebauten, stark verdrahteten Verschanzungen entgegen. Die 20 km lange Kolonne, die aus Przemyśl abgerückt war, bedeutete demnach nicht Rückzug, sondern gehörte offenbar den beiden letztgenannten Korps an, die in Przemyśl dem VIII. Korps Brussilows Platz gemacht hatten und in ihre Abschnitte abgerückt waren.

In ungebrochenem Drange nach vorwärts überschritt dennoch die Masse der 11. Armee schon am 14. die Linie der „Artillerieschutzstellung“. Das Korps Kneußl gelangte mit den Spitzen bis Maćkowice und Rokietnica nördlich von Przemyśl, das Korps Franęois trat auf den Höhen westlich von Radymno mit dem XXI. Russenkorps in Gefechtsberührung. Das k.u.k. VI. Korps, FML. Arz, marschierte südlich und südwestlich von Jaroslau zum Angriff gegen den Brückenkopf auf, die Garde westlich und nordwestlich der Stadt, wobei der linke Flügel teilweise Front gegen den San nahm. Die 19. ID. Emmichs schwärmte zur Flankensicherung im Mündungswinkel des Wisłok aus, indes sich die 56. und die

20. ID. im Raume Markowa—Łańcut zum Eingreifen versammelten.

Die Flieger der Verbündeten meldeten, daß die Russen den Jaros-lauer Brückenkopf besetzt hielten und sich südwestlich und südlich der Stadt besonders starke Stützpunkte eingerichtet hätten. Es waren dies Meierhof und Schloß Pawlosiów, Höhe Cupajówka mit A 264, Dorf Kidalo-wice. Auch westlich und südwestlich von Radymno ergaben Erkundungen das Vorhandensein starker Stellungen1). Wie in allen Gegenden, die die Russen auf ihrem Rückzuge heimgesucht hatten, wüteten in Jaroslau gewaltige Brände; auch der Bahnhof stand in Flammen.

Das Ringen um den Brückenkopf von Jaroslau begann am 14. und währte den ganzen 15. über bis spät in die Nacht. Dem Korps Arz fiel neben dem rechten Flügel der 2. GID. die schwere Aufgabe zu, die starken Verschanzungen der Südfront zu nehmen. Die 12. ID. rang um die Cupajówka und, zum Teil eng vermengt mit der Garde, um Meierhof und Schloß Pawlosiów; die 39. HID. um das Dorf Kidalowice. Der Hon-véd oblag überdies die Deckung der Ostflanke gegenüber Tuczępy, wo die inneren Flügel des XXIV. und des XXI. Russenkorps zusammenstießen. Die Besatzung von Jaroslau, die 62. RD., vermischt mit anderen Truppenteilen, wurde im Laufe des Kampfes durch Bataillone der Armeereserve Dimitriews verstärkt. Besonders ungünstig machte sich beim Angriff des VI. Korps das Flankenfeuer fühlbar, das vom Ostufer des San kam. Als der 15. zur Neige ging, entschied sich dennoch das Schicksal von Jaroslau. Gegen Abend räumten die Russen den Brückenkopf, um sich bald darauf befehlsgemäß durch die Stadt aufs andere Sanufer zurückzuziehen. Der Eindruck des Ereignisses auf Gen. Dimitriew war so groß, daß er auch dem XXI. und dem XII. Korps die Preisgabe der Stellungen auf dem westlichen Sanufer befahl. Offenbar durch die Stawka beeinflußt, ließ Iwanow dies aber nicht zu, so daß Dimitriew seinen Rückzugsbefehl an die zwei ebengenannten Korps widerrufen mußte. Das

XXIV. Korps hatte, stark gelichtet und durcheinandergeraten, zwischen der Lubaczówka und der Gegend nördlich von Radymno das rechte Ufer zu halten. Der Entschluß der Russen, südwestlich von Jaroslau doch noch auf dem Westufer des San auszuharren, war nicht zuletzt durch die Rücksicht auf Przemyśl diktiert worden, dessen Besitz für das Zarenreich zu einer Prestigefrage geworden war.

GO. Mackensen hatte noch am 15. nachmittags den drei Mittelkorps seiner Armee, XXXXI. R, k.u.k. VI. und Garde, aufgetragen, den Über!) Arz, 64; Franęois, Gorlice, 114; Boncz-Bruje witsch, II, 147 ff.

gang über den San nach gründlicher artilleristischer Vorbereitung zu erzwingen. Nördlich von der Garde sollte das deutsche X. Korps auf dem Ostufer des Flusses gegen Sieniawa vorgehen. Als nächstes Kampfziel wurde die Einrichtung einer brückenkopfartigen Stellung bestimmt, die gegenüber von Radymno begann, über Laszki nordwärts an die Luba-czówka verlief und nördlich von deren Mündung auch die alten österreichischen Brückenkopf Stellungen bei Sieniawa in sich .schließen sollte.

Teilweise noch in der Nacht, jedenfalls in den frühen Morgenstunden, stürmten die k.u.k. 12. ID. und die 2. GID. den Russen durch Jaroslau nach. Jene erreichte den San südöstlich der Stadt, von dieser konnten um 5h nachm. die ersten Bataillone das rechte Flußufer betreten, auf dem sie bis zur Straßengabel nordöstlich von der abgebrochenen Straßenbrücke vordrangen. Alsbald wurde von den Gardepionieren auch ein Teil der 12. ID. überschifft; es waren bis 10h abends fünf Bataillone der 24. IBrig., die, nach rechts hinten gestaffelt, südlich an die Garde anschlossen. Unterdessen war auch für eine mehrfache Überbrückung des San Sorge getragen worden.

Die 39. HID. hatte mittlerweile am 15. abends und am 16. früh an dem Sturm des Korps Franęois gegen die Stellungen von Tuczępy mitgewirkt. Erst nach der Einnahme dieses Ortes konnte sie nördlich davon an die Ausführung des ihr aufgetragenen Sanüberganges schreiten. Die Masse des XXXXI. RKorps bereitete an diesen Tagen den Angriff auf die Stellungen von Radymno vor. Südlich davon übernahm das komb. Korps Kneußl den Schutz gegen Przemyśl, das in der Hand der Russen trotz seiner starken Beschädigungen den weiteren Kriegshandlungen der Verbündeten ein schweres Hemmnis auferlegte. Kneußl schuf zunächst am 14. der aus dem zweiten Treffen herangeholten 119. ID. bei Krzywcza Platz1), indem er seine eigene ll.bayr. ID. etwas nach Norden zog. Tags darauf schob sich die ll.bayr. an den Südflügel der 81. RD. heran, ohne daß sie bei diesem Flankenmarsche vom Przemyśler Gürtel mehr als durch einige Artilleriegeschosse belästigt worden wäre. Der Gedanke an einen Handstreich mußte nach den durch Offiziere ausgeführten Erkundungen dennoch fallen gelassen werden. Am 16. vertrieben die Bayern, nunmehr schon durch das Kreuzfeuer aus der Festung und der Front des XII. Russenkorps stark behindert, den Feind aus einigen Vorstellungen bei Batycze und Trójczyce2). Die 119. ID. hatte unter-

x) Kneußl, Przemyśl, Mai/Juni 1915 (München 1925).

2) Diese und die sonstigen aus dem Bereiche von Przemyśl genannten Orte sind in der Beilage 9 enthalten.

dessen Front gegen die Werke von Ujkowice genommen. Südlich davon stellte bei Letowina eine gemischte Abteilung der k.u.k. 24. ID. (X. Korps) die Verbindung mit der Armee Boroević her.

Am linken Flügel der 11. Armee war zwischen der unmittelbar abwärts von Jaroslau angesetzten l.GID. und der 19. ID., die im Wisłok-winkel mit nordwärts gerichteter Front gegen noch am linken Sanufer verbliebene Abteilungen des III. kauk. Korps kämpfte, eine Lücke entstanden, die erst am 16. durch die deutsche 20. ID. ausgefüllt werden konnte. Diese Division brach in der Nacht auf den 17. bei Nielepkowice auf das Ostufer des San vor. Damit hatten die Verbündeten — nach der k.u.k. 12. ID. und der Garde — an einem dritten Punkte ihren Fuß auf das rechte Sanufer gesetzt, ein für die Russen genug bitteres Ergebnis.

Bei der k.u.k. 4. Armee hatte am 14. die Reiterei — jedes der drei Korps hatte eine Kavalleriebrigade vor sich — die russischen Kavalleriedivisionen auf ihre Infanterie zurückgedrückt, wobei es zu verschiedenen Zusammenstößen kam, durch die auch ab und zu die Spitzenabteilungen der Infanterie in den Kampf gerufen wurden. Im allgemeinen war aber auch dieser Tag für die Armee ein reiner Marschtag. Das IX. Korps erreichte den San beiderseits von Leżajsk. Das XIV. fühlte mit der 11. HKD. und mit Infanterie gegen den Sanabschnitt Sarzyna—Rudnik vor, indes die Masse des Korps in den vom Herbst 1914 her wohlbekannten Räumen von Jeżowe und östlich davon nächtigte. Das Korps GdK. Kirch-bach ging mit seinen Hauptkräften von Südwesten her auf einen halben Tagmarsch an die russische Stellung Tarnobrzeg—Nisko heran, die der Feind zu einem befestigten Gefechtsfeld ausgebaut hatte. Neben Teilen der 75. und der 83. RD. Ewerts, die durch den doppelten Brückenkopf von Sandomierz herangeführt worden waren, war bis jetzt südwestlich von Rozwadów die 8. ID. des XV. Korps gemeldet worden, deren Antransport man auf der erst im Kriege gebauten Bahn Lublin—Rozwadpw bewerkstelligt hatte. Oberhalb von Nisko hatten sich die Russen noch bei Rudnik und Sieniawa in linksseitigen Brückenköpfen eingerichtet. Doch wurde dem k.u.k. 4. Armeekmdo. aus Funksprüchen bekannt, daß der Feind nicht gesonnen war, an diesen zwei Punkten diesseits des Flusses starken Widerstand zu leisten.

Erzherzog Joseph Ferdinand gedachte seine Doppelaufgabe so zu lösen, daß das IX. und ein halbes XIV. Korps den San bezwingen, das Korps GdK. Kirchbach den Brückenkopf von Sandomierz nehmen sollten. Da jedoch das zweite Unternehmen vom Fortschreiten der Armee Dankl nördlich der Weichsel abhing und deren Südflügel, die 46. SchD., am

14. abends erst die Gegend von Osiek erreichte, stand für die Erwägungen des Armeekmdos. zunächst die Sanbezwingung im Vordergrund. Es befahl dem IX. Korps, zwischen den Mündungen des Wisłok und der Złota Vorbereitungen für den Flußübergang zu treffen. Bei Gelingen des Unternehmens sollte das Korps die Gegend von Cieplice gewinnen und von hier aus gemeinsam mit der von Süden her vorgehenden deutschen 19. ID. die Russen aus dem Bereiche von Sieniawa vertreiben.

Am 15. Mai früh räumte der Feind gegenüber dem k.u.k. IX.Korps die letzten Stellungen westlich des San. Der Südflügel Králičeks konnte artilleristisch an den Kämpfen der deutschen 19. ID. mitwirken. Vom

XIV. Korps war an diesem Tage die Division Horsetzky mit der Säuberung einzelner Russennester am diesseitigen Ufer beschäftigt, indes die Kaiserjäger des FML. Fabini den Ort Rudnik stürmten. Die Hauptwiderstandslinie des Korps verlief im allgemeinen längs der Waldränder zwischen Sarzyna und Rudnik, folgte dann weiter der Bahn und schloß am linken Flügel den Ort Warchoły ein. Bei Rudnik waren zwischen den beiden Infanteriedivisionen die Schützen der ll.HKD. eingesetzt. Teilweise gab es wieder das vom Dunajec wohlvertraute Schützengrabenleben. Allerdings stellten sich bei der Spatenarbeit, zumal in der Gegend von Rudnik, schmerzliche Hindernisse ein; allenthalben stieß man auf halb verweste Leichen aus den Oktoberkämpfen 1914. Da die Bewohnerschaft der Gegend politisch verdächtig war, wurde sie verhalten, ihre vielfach zu Schutt und Ruinen gewordenen Heimatdörfer zu verlassen1).

Das Korps GdK. Kirchbach entwickelte sich gegenüber den Russenstellungen zwischen Nisko und Tarnobrzeg. Die ll.HKD. wurde mit Ausnahme der Schützen hinter die Front zurückgenommen; die halbe

2. KD. sammelte sich bei Jeżowe.

Inzwischen war aber dem k.u.k. 4. Armeekmdo. auf eine Anfrage hin vom GO. Mackensen mitgeteilt worden, daß ein gleichzeitiger und einheitlicher Sanübergang nicht beabsichtigt sei. Jedes Korps möge die Gunst des Augenblickes ausnützen und bei Gelingen des Unternehmens dem Nachbar helfen. Da eine solch günstige Lage beim weit auseinandergezogenen IX. Korps nicht bestand, befahl der Erzherzog dem FML. Králiček, von der für den 16. geplanten Flußbezwingung abzusehen. Der Korpskommandant faßte nun den Entschluß, über den untersten Wisłok in den Kampf der deutschen 19. ID. einzugreifen. Da kam die Nachricht von der Absicht der deutschen 20. ID., den San zu überschreiten.

!) IR. 14, Ein Buch der Erinnerung, 40 f; persönliche Mitteilungen des GdI. Horsetzky.

Wie erinnerlich (S. 379), gelang diese Absicht im Laufe des 16. Mai. Als aber am 17. knapp nach Mitternacht die ersten Pontons mit Landstürmern der 106. LstlD. ins Wasser gesetzt wurden, schlug den Überschif-fungsabteilungen so schweres Feuer entgegen, daß Králiček den doch wieder aufgenommenen Plan, das Ostufer zu gewinnen, neuerlich zurückstellen mußte.

Unterdessen hatte sich beim Korps GdK. Kirchbach die komb. ID. FML. Stöger-Steiner am 16. der Gräben nördlich von Machów bemächtigt. Da jedoch die schwere Artillerie noch nicht nachgekommen war, wurde die Fortführung des Angriffes gegen Sandomierz auf den 19. verschoben. Nur der rechte Flügel der 47. RD. sollte die offenkundige Schwäche der russischen Front bei Przyszów Kameralny ausnützen, um, unterstützt vom linken Flügel der Division Fabini, in der Richtung Rozwadów einen Keil vorzutreiben. Bis zum Beginn des Hauptangriffes konnte die Armee auch schon über erhebliche Teile der ihr zugesandten, so dringend nötigen Verstärkungen verfügen. Von diesen war die 21. SchD., deren Hauptkräfte am 16. Dębica erreichten, jedenfalls für das Korps Kirchbach bestimmt. Von den beiden anderen Divisionen trafen die ersten Staffeln der 37. HID. am 16. bei Radomyśl, die der 41. HID. bei Czarna ein. Aber nur der größere Teil dieses Kräftezuwachses sollte tatsächlich zur 4. Armee gelangen. Am 16. abends ereilte die 41. HID. der Befehl, ungesäumt hinter die bei Opatów durch einen russischen Gegenstoß bedrängte 1. Armee abzurücken.

Der Führer der 3. Russenarmee hatte sein XXIV. Korps vor dem Drucke Mackensens in eine Front zwischen der Lubaczowkamündung und dem Dorfe Wietlin zurückgenommen, in der sich die Verbände in der Nacht auf den 17. zur Not ordneten. Das XXI. Korps lehnte seinen Nordflügel in der Gegend von Tuczępy an den San. Wieder kam Dimitriew in seinen Vorschlägen an Iwanow auf den Gedanken zu sprechen, nun auch die beiden südlichen Korps der 3. Armee hinter den Fluß zurückzunehmen; nur wenn das bei Lemberg versammelte V. kauk. Korps (S. 341) binnen vierundzwanzig Stunden bei Jaroslau eingesetzt werden könne, sei es ratsam, den linken Armeeflügel noch jenseits des Flusses zu belassen. Iwanow fällte, wohl im Einverständnis mit der Stawka, die auf die Behauptung von Przemyśl nach wie vor Gewicht legte, die salomonische Entscheidung, daß das XXI. und das XII. Korps der 8. Armee zu überstellen seien; dafür wurde das in den Sanwinkel gewiesene XV. Korps der 3. Armee angegliedert, die auch weiterhin, koste es, was es wolle, in ihren Stellungen auszuharren hatte.

In der Tat erwiesen sich in den nächsten Tagen die Besorgnisse Dimitriews wegen der beiden zur 8. Armee abgegebenen Korps noch als unberechtigt. Mangel an Schießbedarf nötigte das gegen sie fechtende XXXXI. RKorps am 18. Mai, den Angriff bis auf weiteres aufzuschieben. Das Korps hatte mit seinen beiden Divisionen und der 11. bayr. lediglich für die Sicherung der rechten Armeeflanke zu bürgen und wurde ermächtigt, seinen Südflügel zurückzubiegen. Die 119. ID. nahm Mackensen aus dem Korpsbereiche in die Gegend westlich von Jaroslau.

Die Korps Arz, Plettenberg und Emmich waren inzwischen daran geschritten, die Stellungen östlich und nördlich von Jaroslau zu einem großen Brückenkopf zu erweitern, der nach den von Mackensen am 17. erlassenen Weisungen von Wietlin über Makowisko, Cetula, Radawa und Mielniki auf die Höhen östlich von Sieniawa verlaufen sollte. Dem k.u.k. VI. Korps fiel hiebei die Aufgabe zu, rittlings des von Jaroslau nach Wietlin führenden Weges vorzustoßen. Die 24. IBrig. drang am 17. früh mit dem IR. 57 in den Westteil des Wietlin vorgelagerten Dorfes So-biecin ein, hatte sich dann aber mehr links zu ziehen, da die Masse der 39. HID. unterdessen mit Teilen bei Jaroslau, mit Teilen nördlich von Tuczępy den San zu überschreiten begann und in den Kampf bei Sobiecin eingriff. Die Russen (12. sib. SchD.) räumten diesen Ort erst am 18. nach Mitternacht, worauf sich die Honvéd gegen Wietlin vorarbeitete, das am 19. genommen werden sollte. Inzwischen hatte die 12. ID. den Feind über Surochów zurückgedrängt.

Nördlich von Arz war am 18. bei Morgengrauen die 1. GID. links von der 2. in den Kampf getreten; die beiden Divisionen gewannen, wiederholt russische Gegenstöße abweisend, bis zum Abend die Linie Makowisko—Cetula. Im Anschluß daran warfen die deutsche 56. und 20. ID. den linken Flügel des XXIV. Russenkorps über die Lubaczówka zurück. Die Lage begann hier für die Russen umso kritischer zu werden, als nördlich der Lubaczówka die deutsche 19. ID. am 17. die von Sieniawa gegen Südosten führende Straße überschritten hatte und tags darauf den Südflügel des III. kauk. Korps gegen die Wälder südlich von Dobra zurückdrückte.

Die Fortschritte des deutschen X. Korps ermöglichten es dem benachbarten k.u.k. IX. Korps der 4. Armee, am 18. abends südlich von Sieniawa den GM. Reymann mit einer gemischten Abteilung der k.u.k.

10. ID. den San übersetzen zu lassen.

Der von den inneren Flügeln der Korps Roth und Kirchbach bei Przyszów Kameralny am 17. versuchte Stoß versandete bald nach dem

Beginn. Das 4. Armeekmdo. hatte nichts dagegen einzuwenden, daß die Truppen in ihre Hauptstellungen zurückkehrten. Hauptsache blieb, daß diese gehalten wurden. Als Rückhalt für Roth und die 47. RD. wurde in der Nacht auf den 18. die Brigade Szende in die Gegend von Stany verschoben. Tags darauf marschierten vier Bataillone nach Nowosielec hinter die Front der 8. ID. Das VIII. Korps (21. SchD. und 37. HID.) kam am 18. in den Raum Kolbuszowa—Majdan—Mielec. Sein Einsatz sollte in den nächsten Tagen den GdK. Kirchbach befähigen, den Russen den Brückenkopf von Sandomierz zu entreißen. Am rechten Flügel der Armee behielt das Korps Králiček den Auftrag, die Höhen östlich und nördlich von Sieniawa in Besitz zu nehmen.

GO. Mackensen wies am 18. um 8h3° abends seine drei östlich vom San stehenden Korps an, sich mit den gewonnenen Räumen zu begnügen und einzugraben. Nur das XXXXI. RKorps, dessen Zurückhängen auch dem Vorgehen des Korps Arz Schwierigkeiten bereitet hatte, sollte nach Ergänzung der Munitionsvorräte und Einstellung von Mörsern den Angriff auf Radymno fortsetzen.

Die Begrenzung des Angriffes durch Mackensen war vor allem in den schon am 15. gefaßten Absichten begründet. Ein starker Brückenkopf sollte die Möglichkeit bieten, wieder eine Angriffsgruppe zusammenzuraffen, deren Aufgabe es sein mochte, östlich vom San in den Rücken von Przemyśl zu stoßen. Aber neben diesen Plänen veranlaßten nun am

18. auch die Nachrichten über den Feind dazu, sich zunächst Beschränkungen aufzuerlegen. Es konnte kaum ein Zweifel bestehen, daß der Feind östlich und nordöstlich von Jaroslau stärkere Kräfte zusammenzog, mit deren Eingreifen von Stunde zu Stunde gerechnet werden mußte.

Der Gegenangriff der Russen

In der Tat hatte sich die Stawka den andauernden Hilferufen Dimi-triews nicht verschlossen und am 18. im Raume südlich von Lubaczów ein ,,komb. Korps“ versammelt, das aus der von Lemberg herangeholten 3. kauk. SchD. (S. 341) und der dem Narewabschnitt entnommenen 77RD. zusammengesetzt war. Diese Truppenmacht sollte von Laszki über Wietlin vorstoßen und in weiterer Folge die östlich vom San stehenden Kräfte Mackensens von Südosten her aufrollen. Die ganze Front der 8. Armee sowie das XXI. und das XII. Korps südlich von Jaroslau hatten sich diesem Angriffe anzuschließen, um den Gegner mindestens daran zu hindern, daß er Kräfte in den meist bedrohten Raum werfe.

In größter Hast wurde das komb. Korps noch am 18. spät abends vorgetrieben, wobei man nicht einmal das Eintreffen der zweiten Brigade der 77. RD. abwartete. Die vierundzwanzig Russenbataillone stürzten sich zwischen Makowisko und Wietlin auf die 1. GID. und das Korps Arz. Als der Morgen graute, war der Ansturm der Russen als abgeschlagen anzusehen. Allerdings war es dann dem mit der 12. ID. nördlich, mit der 39. HID. südlich vom Sklo vorgehenden Korps Arz weder am 19., noch am 20. vergönnt, den Russen das jetzt noch erheblich stärker besetzte Dorf Wietlin zu entreißen.

Der vom Nordflügel Brussilows gegen das Korps Franęois geführte Stoß hatte keinen besseren Erfolg zu verzeichnen als der Angriff des komb. Korps. Vor der 11. bayr. ID. brach der Sturm des XII. Russenkorps schon unter dem Abwehrfeuer zusammen. Westlich und nordwestlich von Radymno bedurfte es größerer Anstrengungen, der Russen vom XXI. Korps Herr zu werden. Zumal bei Tuczępy wurde den ganzen 19. über heftig gerungen, wobei auch ein von Arz schwer entbehrtesi Honvédregiment südlich vom San gebunden blieb.

Nördlich vom k.u.k. VI. Korps harrte das Gardekorps gegenüber mehrfachen, freilich ziemlich planlos geführten Vorstößen des Feindes in seinen Stellungen zwischen Makowisko und Cetula aus. Links von ihm riß die 56. ID. zwischen dem russischen XXIV. und dem III. kauk. Korps eine empfindliche Lücke auf, indem sie den rechten Flügel des erstgenannten Korps am 19. bei Radawa über die Lubaczówka warf und bis Molodycz zurückdrängte, wo er Front gegen Westen nahm. Da gleichzeitig auch die 20. ID. bis an die Lubaczówka vorgestoßen war, und die 19. ID. nördlich der Lubaczówka die von Sieniawa nach Südosten führende Straße in breiter Front überschritten hatte, wurde die Lage der Russen hier recht ernst. Dimitriew sah Mackensen schon östlich vom San in den Rücken Brussilows vorstoßen. Er rief das III. kauk, Korps an die Waldränder nördlich der Lubaczówka zurück und entsandte in die Lücke westlich von Molodycz in größter Hast fünf Kavalleriedivisionen, denen auch möglichst rasch Teile der 77. RD. (offenbar zunächst von der zuletzt ausgeladenen Brigade) folgen sollten. Zugleich erhielt das komb. Korps den Befehl, nur die unbedingt nötigen Kräfte südlich der Lubaczówka zu belassen, mit allem Verfügbaren aber in den Raum nördlich des ebengenannten Flusses abzurücken. Dimitriew bestürmte den Oberbefehlshaber der Südwestfront am Abend des 19., er möge die 3. Armee „nun bedingungslos zurücknehmen und so der endgültigen Niederlage und Auflösung entziehen“. Die Antwort lautete

jedoch: „Keinen Schritt zurück!“ Und tags darauf wurde Gen. Dimitriew durch den Gen. Lesch ersetzt, der sich, zumal in den letzten vierzehn Tagen, als Befehlshaber des XII. Korps bewährt hatte.

Die Krise an den inneren Flügeln des XXIV. und des III. kauk. Korps flaute übrigens am 20. dadurch einigermaßen ab, daß die deutsche 56. ID. russische Gegenmaßnahmen nicht erst abwartete, sondern im Sinne der grundlegenden Weisungen Mackensens wieder hinter die Lubaczówka zurückging. Der linke Flügel des Korps Emmich entriß den Russen an diesem Tage östlich und südöstlich von Sieniawa einige Höhenstellungen.

Vom k.u.k. IX. Korps war die Kampfgruppe des GM. Reymann am

19. früh in Sieniawa eingedrungen; am 20. erkämpften die erschöpften acht Bataillone mit der Slawahöhe den nordöstlichen Eckpfeiler des alten österreichischen Brückenkopfes; allerdings wurde nördlich von Sieniawa das die Flanke deckende Jägerbataillon durch einen russischen Gegenstoß etwas zurückgedrückt.

Gemäß den Befehlen Dimitriews waren auch die drei rechten Flügelkorps der 3. Russenarmee zum Angriff übergegangen. Das X. Korps setzte in der Nacht auf den 19. „die Hälfte seiner Truppen“ nördlich von Leżajsk über den San und schlug auf die 13 km Front haltende 106. LstlD. los. Trotzdem einige Abteilungen der benachbarten 3. ID. herbeieilten, konnte der Feind auf den Sandhügeln des Westufers gegenüber dem linken Flügel der Division Kletter Fuß fassen. Die wackeren Landstürmer setzten aber zum Gegenangriffe an und warfen die Russen über den Fluß zurück, wobei 10 Offiziere und 2000 Mann, ein ganzes sibirisches Regiment, in Gefangenschaft gerieten1). Ebenso wurde der bei Krzeszów über den San gelangte Feind durch die Division Horsetzky zurückgetrieben; er mußte am 20. vormittags das linke Flußufer wieder verlassen.

Der linke Flügel des auf 30 km Front ausgedehnten XIV. Korps, die

8. ID., war am 19. über Nisko und Ulanów von Teilen des IX. Russenkorps angefallen worden. Heftige Kämpfe erheischten den Einsatz sämtlicher Korpsreserven. Nachdem am Abend die Lage südlich Ulanów bereits als gesichert anzusehen gewesen war, stürzte sich am 20. der Russe unterhalb von Rudnik auf die zwischen den Divisionen Horsetzky und Fabini eingeschobenen Fußabteilungen der Honvédreiterei und die tags zuvor gleichfalls hier eingesetzten Schwadronen der 2. KD. und entriß ihnen nachmittags diesen Ort. Flügelabteilungen des IR. 14 griffen ein;

i) Bei der Abwehr dieses Russenüberfalles erwarb Oblt. Georg Dragičevic des FsAR. 1 als Kommandant zweier 9 cm-Kanonenbatterien das Ritterkreuz des MilitärMaria Theresien-Ordens.

von dem in der Nähe als Reserve aufgestellten IR. 82 der Brigade GM. Szende, die nunmehr ganz dem XIV. Korps zur Verfügung stand, wurde ein Bataillon1) vorgesendet. Kurz darauf langten auch als Spitzenregiment der vom Armeekmdo. nach Jeżowe befohlenen 21. SchD. die wackeren Egerländer (SchR. 6) auf der Walstatt ein. In hartem Ringen, das noch den ganzen 21. über anhielt, wurden die Russen wieder aus Rudnik und dem Raume nordwestlich davon gegen den San zurückgetrieben.

Das vorläufig nur aus fünf Regimentern bestehende XV. Russenkorps versuchte am 19. und am 20. bei Krawce in die Stellungen der 47. RD. einzubrechen, sein Beginnen blieb aber erfolglos. Vor der Division StögerSteiner schob es sich kampflos näher an die österreichischen Linien heran.

Inzwischen hatte die Möglichkeit, die beiden Divisionen des VIII. Korps (21. SchD. und 37. HID.) zu der jenseits der Weichsel noch immer unter starkem russischem Druck stehenden 1. Armee abschieben zu müssen, vorübergehend den geplanten Angriff auf Sandomierz überhaupt in Frage gestellt. Am 19. abends war die Lage insofern geklärt, als wenigstens mit dem Einsatz der 37. HID. beim Korps GdK. Kirchbach gerechnet werden durfte, dem die Wegnahme von Sandomierz übertragen war. Der Angriff konnte freilich bestenfalls erst am 21. oder 22. beginnen. Die Kirchbach gleichfalls zugedachte 21. SchD. mußte, wie erwähnt, hinter das XIV. Korps in die Gegend von Jeżowe verschoben werden und blieb hier umso mehr gebunden, als im Laufe des 19. ein Befehl Mackensens die Ablösung der nördlich der Lubaczówka fechtenden deutschen 19. ID. durch das k.u.k. IX. Korps verfügte und dieses daher durch die Gruppe GM. Szende verstärkt werden mußte. Überdies wurde die k.u.k. 4. Armee von der Heeresleitung noch zur Abgabe von drei Bataillonen und einer Batterie an die im Werden begriffene italienische Front verhalten, die zusammen mit zwei Bataillonen und einer Batterie des Korps Arz die 59. GbBrig., GM. Fernengel, bilden sollten.

Das Ruhebedürfnis der Truppe und Umgruppierungen zur Erfüllung neuer Aufgaben veranlaßten den GO. Mackensen, seiner Heeresgruppe einige Tage Atemholens zu gewähren.

In dieser Spanne Zeit mochte sich auch vielleicht — die Hoffnung sollte sich allerdings nicht erfüllen — das Schicksal der Festung Przemyśl entscheiden, von dessen Behauptung oder Räumung durch die Russen die weiteren Entschlüsse Mackensens beeinflußt werden mußten.

!) Der Führer dieses Bataillons, der Dragonermajor Egon Freih. v. Waldstätten, erhielt das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens. Er hatte sich schon bei der Wislokbezwingung am 7. Mai hervorgetan.

Die Schlacht bei Opatów (15. bis 22. Mai)

Hiezu Beilage 19

Nördlich der Weichsel gestattete am 13. Mai der Rückzug der russischen 4. Armee auch der ganzen Armeeabteilung Woyrsch samt der Armeegruppe Kövess das Austreten aus der Dauerstellung. Blieben wohl die endgültigen Absichten des Feindes noch im Dunkel, so war am 14. aus den verschiedenen Nachrichten doch die erste Zwischenetappe zu erkennen, die er auf seinem Rückzuge einzunehmen gedachte. Am Südflügel mochten sich das XXXI. Korps zunächst mit je einer Division in den Brückenkopf von Sandomierz und auf Opatów, das XXV. auf Ostrowiec und Iłża zurückziehen. Nördlich davon wichen die Grenadiere und das

XVI. Korps gegen Radom, das XIV. mit dem Nordflügel entlang der Pilica.

Dankls schwache Armee rückte bis zum 14. abends ohne nennenswerte Kämpfe in die Linie Osiek—"Raków ein. Tags darauf jedoch vermochte der Südflügel der Armee, das aus der 46. SchD. und der 16. KBrig. bestehende I. Korps, nur unter heftigen Kämpfen gegen Teile des XXXI. Russenkorps bis Koprzywnica und Klimontów durchzudringen, indes das aus der 4. und der 25. ID. sowie einer Brigade der Polenlegion zusammengesetzte II. den Raum südöstlich und nordwestlich von Iwaniska erreichte. GdK. Dankl gedachte, am 16. das I. Korps gegen den linksseitigen Brückenkopf von Sandomierz anzusetzen, wozu auch die schwere Artillerie vorgeholt werden sollte. Das II. Korps hatte sich am gleichen Tage bis Lipnik, Opatów und Ostrowiec vorzuschieben. Allenthalben .zeigte die Landschaft noch viele Spuren der Kämpfe, welche die 1. Armee auf dem Rückzug von der Weichsel im Herbst 1914 zu bestehen.gehabt hatte: Brandruinen, verfallene Schützengräben, Grabhügel sonder Zahl.

Die Armeeabteilung Woyrsch hatte unterdessen am 13. Kielce genommen und war Tags darauf bis Chybice, Bżinek und Nieklań gelangt. Am 15. stemmten sich russische Nachhuten der Division Bredow bei £hybice entgegen, während das Landwehrkorps bis an die obere Kamienna Raum gewann.

Von der in den Monaten der Ruhe auf 40.000 Gewehre und 6000 Karabiner angewachsenen Armeegruppe Kövess, die gleichfalls am 13. ausgetreten war, hatte die am Südflügel vorrückende Gruppe GM. Goldbach (Teile der 16. ID.) kampflos Końsk durchschritten, um des anderen Morgens gemeinsam mit preußischen Landwehrabteilungen nordöstlich von dieser Stadt russische Nachhuten zu werfen. Das Reiterkorps GdK.

Hauer und die Hauptkräfte der 16. ID., FML. Schariczer, hatten am 14. bei Stefanów und Gielniów stärkere Kämpfe zu bestehen gehabt. Am

15. geriet die 16. ID. bei Gielniów durch einen russischen Gegenstoß vorübergehend in eine heikle Lage; doch räumte der Feind am 16. früh die Walstatt. Dieser Rückzug war nicht zuletzt durch Eingreifen von Teilen der 35. ID., GM. Podhoránszky, veranlaßt, deren rechter Flügel den Russen eben Drżewica entrissen hatte, indes dem linken Flügel das Vorgehen auf Ossa durch die Mitwirkung der am Südflügel der deutschen

9. Armee fechtenden Division Menges erleichtert wurde.

Die durch den Verlauf der Weichsei gegebene Gestaltung des Kampfraumes sowie die Auffassung, daß sich der Russe hier nicht mehr so bald stellen werde, veranlaßte nun die Heeresleitung, den Streitkräften links der Weichsel mehr gegen Nordost gerichtete Vorrückungsstreifen vorzuschreiben. Da sich andrerseits Dankls Armee im Hinblick auf Sandomierz mehr gegen den rechten Flügel zusammenzog, mußte sich schon am 16. Mai zwischen ihr und der in der Richtung Iłża aufschwenkenden Armeeabteilung Woyrsch eine Lücke ergeben, die durch das über Str. Słupia nach Kunów gewiesene, drei Bataillone und eine Batterie zählende Detachement Obstlt. Wolff (IR. 84) vom k.u.k. II. Korps nur notdürftig gedeckt war.

Als die Verbündeten diese Nachteile im Vertrauen auf die Größe ihres Sieges in Kauf nahmen, hatten sie die Rührigkeit des Feindes unterschätzt. Vielleicht nur, um die Aufmerksamkeit vom San abzuziehen, vielleicht auch, um in elfter Stunde eine grundlegende Änderung der Lage herbeizuführen, hatten sich die Russen entschlossen, mitten aus dem Rückzug heraus mit dem Südflügel der 4. Armee einen Gegenschlag zu führen 20).

Zuerst bekam die LD. Bredow auf ihrem Vormarsch gegen Iłża die russischen Absichten zu fühlen. Sie wurde westlich von Kunów von der über die Kamienna vorbrechenden 46. ID. des XXV. Korps angefallen. Gleiches Geschick wurde dem Detachement Obstlt. Wolff zuteil, das sich, von Kosaken umschwärmt und von der 1. Armee abgeschnitten, jiur mühsam zu behaupten vermochte.

Aber der Hauptstoß des Feindes galt an diesem Tage, dem 16. Mai, der k.u.k. 1. Armee. Noch um Mittag befanden sich das I.Korps bei Kopr-zywnica, das II. einige Kilometer vor Opatów im Angriffe. Nachrichten über ein Vorrücken russischer Verstärkungen gegen den rechten Flügel -der Armee konnten ihren Führer nicht hindern, im Einvernehmen mit dem benachbarten 4. Armeekmdo. weitere Maßnahmen zur Wegnahme von Sandomierz zu treffen. Während die 4. ID. noch Raum gewann, wurde die rittlings der Straße Kobylany—Opatów vorgehende 25. ID. von der S.GrenD. der Russen überraschend in die Flanke gefaßt. Trotzdem die Division ungesäumt eine Abwehrfront bildete, mußte sie nach heldenmütigem Kampfe dem russischen Stoße auf Iwaniska weichen. Die Deutschmeister hatten allein fast 1200 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen eingebüßt; es gab Kompagnien, die alle Offiziere und bis zu 200 Mann verloren hatten. Von einem Bataillon 84er waren an diesem glühendheißen Tage 984 Mann ausmarschiert, aber nur 104 aus dem Kampfe zurückgekehrt. Von den 121 Offizieren und 5323 Mann, um die sich nach den amtlichen Ausweisen in der zweiten Maihälfte der Stand der Wiener Division vermindert hatte, entfiel der erheblichste Teil auf die schweren Tage von Opatów.

Der Rückzug der 25. ID. nötigte auch die 4., ihren Geländegewinn preiszugeben. Dagegen behauptete sich die 46. SchD. in der Linie Koprzywnica—A 222 nördlich von Klimontów, den Verlust eines Dorfes sofort wieder wettmachend, gegen alle russischen Ablenkungsangriffe.

Während sich diese Ereignisse abgespielt hatten, war das Landwehrkorps mit der Masse in die Linie Mirzec—Szydłowiec aufgeschwenkt, vorgeschobene Abteilungen hatten bereits Wierzbica erreicht. Bei der Gruppe Kövess hatte GM. Goldbach den Feind bei Ruski Bród durch zwei in seinen Rücken gesendete Bataillone in der Nacht auf den 16. zu schleunigstem Rückzug gezwungen. Die Divisionen des GdI. Kövess rückten in die Linie Przysucha—Ossa ein.

Die Geschehnisse des Tages veranlaßten den GO. Woyrsch fürs erste, die LD. Bredow und die Gruppe Kövess zum Halten zu befehligen; nur das LKorps, GdK. König, sollte freie Hand behalten. Am 16. spät abends griff auch die k.u.k. Heeresleitung ein. Die 1. Armee und die LD. Bredow sollten sich unbedingt behaupten. Jene hatte hinter dem linken Flügel Reserven zusammenzuziehen, diese das k.u.k. II. Korps mit entbehrlichen Kräften zu unterstützen. Das Korps König und die Gruppe Kövess sollten gegen Osten einschwenken, die letztgenannte Richtung Radom nehmen. Außerdem hatte die der 4. Armee zugedachte 41. HID. über Szczucin zur 1. Armee abzugehen (S. 381).

Auf feindlicher Seite befahl Gen. Ragosa, der Befehlshaber des

XXV. Korps, der 3. GrenD., am 17. den Angriff gegen die k.u.k. 25. ID. fortzuführen; der Kommandant des XXXI. Korps, Gen. Mischtschenko, sandte die 83. RD. zum Angriff gegen die Mitte Dankls vor.

Zur Deckung der Grenadiere griff die 46. Russendivision noch in der Nacht die Division Bredow bei Chybice an; Bredows Kämpfer hielten sich zwar, doch wurde die letzte Reserve aufgezehrt. Am 17. durchbrachen die Grenadiere die 25. ID.; die vom Vortage erschütterten Bataillone wichen in den Raum südöstlich von Łagów. Nun mußte das ganze II. Korps in die Linie Klimontów—A 321 südwestlich von Iwaniska zurückgebogen werden, indes die erprobten Regimenter der Division Urbański unter einer zähen, unnachgiebigen Führung den heftigsten Angriffen der Russen nicht einen Fußbreit Bodens preisgaben.

Bei Fortsetzung des russischen Druckes drohte der 1. Armee die Gefahr, von ihren Verbindungen gegen die Weichsel abgedrängt zu werden. Da zudem die Spitzenstaffeln der 41. HID. erst bei Szczucin ausgeladen wurden, faßte Dankl zunächst den Entschluß, seine Armee hinter die Czarna zurückzuführen.

Das LKorps war unterdessen am 17. im Sinne der Weisungen aus Teschen in die Linie Tychów—Wierzbica, die Gruppe Kövess gegen Oronsk, Odrzywół und Rożanna aufgeschwenkt. Während sich diese Bewegungen ohne schwerere Kämpfe vollzogen, festigte sich indes beim GO. Woyrsch die Überzeugung, daß der Russe zwischen ihm und der 1. Armee durchbrechen wolle. Diesen Absichten gegenüber sollte Bredow gegen Bodzentyn weichen, um damit dem Korps König Gelegenheit zu einem Flankenstoß gegen das russische XXV. Korps zu eröffnen. Die Vorrückung gegen Radom sollte inzwischen eingestellt werden.

Die k.u.k. Heeresleitung erwog einen Augenblick, der 1. Armee auch die 21. SchD. und die 37. HID (S. 386) zu Hilfe zu schicken, kam aber von diesem Gedanken im Hinblick auf die größere Bedeutung des Raumes südlich der Weichsel wieder ab. Das Zurückweichen der 1. Armee hinter die Czarna paßte ihr allerdings im Hinblick auf die Lage der 4. keineswegs. Sie schlug Dankl vor, sein Glück lieber durch einen Gegenangriff des II. Korps zu versuchen. Eine solche Lösung hielt der Armeeführer bei der augenblicklichen Verfassung der 25. ID. nicht für aussichtsreich. Dafür entschied er sich, den Rückzugsgedanken aufzugeben und die Armee bis zum Eintreffen der 41. HID. zum Ausharren in den am 17. abends eingenommenen Stellungen zu verhalten.

Auch mit dem Stehenbleiben der Armeegruppe Kövess war das AOK. nicht einverstanden. Es erblickte in der Fortführung des Stoßes gegen Radom eine viel bessere Gegenmaßnahme gegen den Angriff des

XXV. Russenkorps. Ein solches Vordringen setzte jedoch voraus, daß die deutsche 9. Armee gegenüber dem russischen Brückenkopf Nowe Miasto durch eine sprungbereite Gruppe die Flankendeckung der Gruppe Kövess übernahm. Dazu fehlte es aber an den nötigen Kräften.

Zuletzt waren es die Russen selbst, die den Führern der Verbündeten ihre Sorgen abnahmen. Statt den Angriff gegen den hart mitgenommenen linken Flügel der 1. Armee fortzusetzen, wandte sich General Ragosaam

18. auf Befehl Ewerts gegen die durch Teile des LKorps eiligst verstärkte Division Bredow. Die deutschen Waffengefährten hatten an diesem und am nächsten Tage noch sehr heiße und schwere Stunden zu bestehen. Für GdK. Dankl hätte es nicht erst des Drängens der Heeresleitung bedurft, der Armeeabteilung Woyrsch durch Angriffe in der Richtung Łagów zu Hilfe zu kommen. Aber seine lange Front war durch Stöße des XXXI. Russenkorps selbst so stark gefesselt, daß nur das schwache Detachement Obstlt. Wolff in der Gegend von Str. Słupia am Flügel Breaows eingreifen konnte, wobei es 360 Gefangene einbrachte. Wolff übernahm am 19. gemeinsam mit der von der Armeegruppe Kövess herbeigeholten k.u.k. 7. KD. und einer deutschen gemischten Abteilung die Wiederherstellung der Verbindung zwischen dem linken Flügel der 1. Armee und der LD. Bredow.

Im übrigen war am 19. abends die Krise nördlich des Weichsel ziemlich überwunden. Zuerst ließ der Feind, noch in den Nachmittagsstunden des 19., von der 25. ID. ab, indem er gegen Iwanisko wich. Als die Division zwei Tage später folgte, stieß sie allerdings nach kurzem Vormarsch neuerlich auf entschiedenen Widerstand. Ebenso hatte der Russe am 20. noch der LD. Bredow und den Verbindungsgruppen zur k.u.k.

1. Armee einigermaßen heftig zugesetzt. Schließlich gelang es der Gruppe Wolff gemeinsam mit Abteilungen der 7. KD. doch, in der Lysa Gora südlich von Str. Słupia den Zusammenhang der Front aufrechtzuerhalten.

Am 22. wichen die Russen auch vor Bredow zurück, um in der Höhe von Waśniów wieder Fuß zu fassen. Unverändert hielt der Feind gegenüber der 46. SchD. und der 4. ID., gegen deren innere Flügel er noch am 21. einen nicht unbedenklichen Erfolg zu erringen vermochte1). Unter Einsatz eines Regiments der 41. HID. gelang es der 46. SchD., das

*) Der Mißerfolg wurde nach Aussage gefangener russischer Offiziere nicht zuletzt dadurch verursacht, daß sich erhebliche Teile des Brünner IR.8 kampflos ergaben; der etwa 250 Feuergewehre zählende Rest des Regiments ging westlich von Klimontów über die Koprzywianka zurück.

Mißgeschick zum größten Teil wieder wettzumachen. Die 4. ID. blieb aber zunächst ein wenig eingebeult.

Das 1. Armeekmdo. beabsichtigte, nach dem Einlangen der ganzen

41. HID., das hieß am 24. oder 25. Mai, die Armee bis in die Linie Klimontów—Kobylany—Biskupice vorzureißen. GdK. Dankl sollte nicht mehr in die Lage kommen, die Ausführung solcher Pläne zu leiten. Seine Ernennung zum Landesverteidigungskommandanten von Tirol stand unmittelbar bevor.

Beginn der Schlacht bei Przemyśl

Südlich von der Heeresgruppe Mackensen steckte die Festung Przemyśl als Dorn im Fleische der Verbündeten. Die Gürtelwerke hatten zwar durch die vor dem Falle der Festung vorgenommenen Sprengungen (S. 216) ihren Kampfwert nahezu völlig eingebüßt. Doch fand die russische Besatzung in den größtenteils unversehrt gebliebenen Kasematten sichere Unterkunft. Mit besonderem Eifer hatten sich die Russen auch die Wiederherstellung und den Ausbau der Zwischenstellungen angelegen sein lassen. Den permanenten Drahthindernissen war noch ein feldmäßiges vorgelegt worden. Bei den in der Nacht auf den 21. März hastig durchgeführten Geschützsprengungen waren vornehmlich die größeren und moderneren Kaliber zerstört worden, indes ein nicht unerheblicher Teil älteren Schießgerätes brauchbar in die Hand der Russen gefallen und von diesen durch ähnliches Material ergänzt worden war. Hiezu kam noch Feldartillerie vom XII. Korps. Allerdings vermochte der Festungskommandant, Gen. Delwig, gerade seiner schweren Artillerie nicht recht froh zu werden. Die oberste Führung der Russen wurde sich über die Rolle, die sie der Festung während der nun folgenden Kämpfe zuweisen sollte, die ganze Zeit über nicht klar. Das eine Mal gedachte man den Platz nur als einen Teil der Feldstellung zu halten, und man ging daran, das schwere Geschütz und auch die Feldtruppen zum größeren Teil hinwegzuführen. Dann kam wieder Gegenorder mit dem ausdrücklichen Auftrag, die Feste im Hinblick auf ihre moralische Bedeutung unter allen Umständen zu behaupten1). Der Festungskommandant bat schließlich flehentlich, diesem Spiel ein Ende zu bereiten, da die Widerstandskraft der milizartigen ständigen Besatzung sonst völlig gebrochen würde.

Am Südflügel der Armee Mackensen hatte sich am 16. Mai die

11. bayr. ID. der russischen Vorstellungen von Trójczyce und Batycze bemächtigt, worauf sie freilich in das Kreuzfeuer der Gürtelwerke und des jenseits vom Radabach eingegrabenen XII. Russenkorps geriet. Die deutsche 119. ID. war, aus der Gegend von Babice nad Sanem heranrückend, schon tags zuvor ohne nennenswerte Belästigung durch die Festung gegen die Werke von Ujkowice eingeschwenkt (Beilage 9); die Ergebnisse der Erkundungen durch Offizierspatrouillen ließen sie aber auf den ursprünglich beabsichtigten Handstreich verzichten. Neben der 119. marschierte an der Niederung westlich von Łętownia eine vom Obst. Eduard Edl. von Wieden geführte, durch Schützen der 1. LstHusBrig. verstärkte Abteilung der k.u.k. 24.ID. auf, die den Nordflügel der Armee Boroević bildete.

Diese Armee hatte nach dem Heeresbefehl vom 12. Mai (S. 372) den Auftrag, die Südfront von Przemyśl abzuschließen, sich ihrer durch Handstreich oder durch belagerungsmäßigen Angriff zu bemächtigen und zugleich mit dem rechten Flügel über Dobromil und Nowe Miasto auf Mościska vorzudringen.

DasamlinkenArmeeflügelvorgehendek.u.k.X.Korps, FML. Martiny, war am 14. nach Zurückdrängung feindlicher Sicherungstruppen südlich vom San stark ermüdet an die russischen Vorfeldstellungen Pod Mazurami undA418 Helicha herangekommen. Am 15.nachmittags erstiegen Schützenschwärme der 24. ID. die vorn Feinde verlassene Höhe Pod Mazurami, von wo aus sich ihnen ein verlockender Ausblick auf Przemyśl bot. Da das 3. Armeekmdo. mitgeteilt hatte, die Besatzung der Feste bestände vorwiegend aus Kavallerie, was auf Räumungsabsichten der Russen hindeute, ordnete FML. Martiny ungesäumt den Vormarsch durch die Stadt bis an den Wiar an. Die 24. ID. kam zwar am gleichen Abend noch knapp bis an die Gürtellinie heran und die 45. SchD. erstürmte südlich von ihr die Höhe A 418. Aber der Versuch des Korps, in einem Zuge auch die Werklinie von Lipnik zu durchbrechen, scheiterte am Nahfeuer des Verteidigers, der sich überdies die Gelegenheit zu einer Flankenwirkung von Grochowce her nicht entgehen ließ. Gleiche Erfolglosigkeit war einem Angriffsversuch am 16. beschieden. Die Divisionen Martinys blieben auf den waldreichen Hügeln südwestlich von Prałkowce und bei Helicha vor den vielreihigen Drahthindernissen der Russen liegen. Die 4. KD. sicherte den rechten Flügel gegen Grochowce hin; die wieder in den Korpsverband e^ntretende 2. ID. hatte tags zuvor Olszany erreicht.

Rechts von der 4. KD. hatte das in der Mitte der 3. Armee vorrückende XVII. Korps die Absperrung der Südfront von Przemyśl zu übernehmen. Die Vorrückung des Korps litt stark unter Wegschwierigkeiten und den durch diese bedingten Marschstockungen. Seine linke Di-

vision, die 11., FML. Anton v. Bellmond, kam erst am 15. spät nachts in die Gegend von Niżankowice und Kormanice, von wo sie sich am 17. näher an den Gürtel heranarbeiten sollte.

Vor dem rechten Flügel der 3. Armee war die 1. KD., GM. Freih. v. Leonhardi, am 14. gegen Nowe Miasto vorgestoßen. Ihre Schützen nahmen diesen Ort, doch stellten sich der Division alsbald stärkere russische Kräfte entgegen, gegen die sie nicht mehr durchzudringen vermochte. Als tags darauf von Dobromil aus das deutsche Beskidenkorps über den Wiar hinweg die blutgetränkten Kampfstätten von Miżyniec überschritt, sah es sich starken, über die Höhen beiderseits von Husaków gegen Jakśmanice hinziehenden russischen Stellungen gegenüber.

Vom XVII. Korps gelangte am 15. die 26. SchD. bei Niżankowice hinter die 11. ID. Westlich von Niżankowice schloß die 1. LstlBrig. auf, die der 11. ID. unterstellt wurde. Das VII.Korps kam nach erheblichem Aufenthalt durch die vor ihm marschierenden Troßmassen mit den Anfängen nur bis Tyrawa-Woloska.

Rechts von Boroević hatte Böhm-Ermolli aus der am 12. erreichten Linie Lomna—Lisko über Chyrów, Sambor und Horodyszcze vorzudringen und gleichzeitig bereit,zu sein, südlich vom Dniester zur Entlastung der Südarmee flankierend einzugreifen. In Fühlung mit dem Feinde, doch ohne nennenswerte Zusammenstöße kam die 2. Armee am 13. auf einen halben Tagmarsch an Stary Sambor und Chyrów heran. In der Erwartung, daß der Russe an der Straße Stary Sambor—Chyrów Widerstand zu leisten versuchen werde, unterstellte der Armeeführer für den nächsten Tag dem GdK. Tersztyánszky auch das XIX. Korps zu einem Durchstoße; zugleich wurde das Beskidenkorps zur Mitwirkung aufgefordert. Der Russe gab jedoch die Höhen nördlich von Felsztyn und von Chyrów, ohne es auf einen ernsten Kampf ankommen zu lassen, dem linken Flügel Böhm-Ermollis preis. Vom rechten Armeeflügel durchschritt das XVIII. Korps Stary Sambor, indes das durch die 13. SchD. verstärkte V. Korps den südöstlich davon streichenden, stark befestigten Höhenrücken ohne sonderliche Anstrengung in Besitz nahm. Am 14. abends bezogen die Vortruppen der 2. Armee bei Zwor, südwestlich von Sambor und im Bereiche der Radyczhöhe ihre Nachtquartiere.

Die Heeresleitung trug Böhm-Ermolli an diesem Tage auf, zwischen der mit dem linken Flügel über Drohobycz vorgehenden Südarmee und der 3. die Vorrückung gegen Rudki und Mościska fortzuführen. Im Sinne dieser Weisung gelangte die Masse der 2. Armee am 15. über Sambor hinaus und in den Raum südlich von Krukienice. Die am linken Armeeflügel vorgehende 27. ID. wirkte südlich der im Jahre 1914 vielgenannten Ma-gierahöhe an einem Gefechte mit, das die 25. RD. des Beskidenkorps gegen russische Nachhuten führte.

Das 2. Armeekmdo., das sich eben erst anschickte, Ungvár zu verlassen und durch ein am 14. abends niedergegangenes Gewitter vorübergehend der Draht- wie der Wegverbindungen zur Front verlustig geworden war, vermochte sich nicht leicht ein Bild von den Absichten der Russen zu machen. Es war auf Grund der Nachrichten am ehesten geneigt, einen völligen Rückzug des Feindes hinter die Wereszyca anzunehmen, und wies demgemäß in den für den 16. und den 17. erlassenen allgemeinen Richtlinien den Heereskörpern entsprechende Vorrückungsstreifen an. Als es jedoch am 16. um 4h nachm. nach neunstündiger Fahrt in Lisko einlangte, ließen die von der Front eingelangten Meldungen die Entwicklung wesentlich anders beurteilen. Die Korps waren am Strwiąż-knie südwestlich von Rudki und bei Krukienice auf eine starke, mit dichten Hindernissen versehene, von Westen nach Osten verlaufende Russenstellung gestoßen.

Die russische 8. Armee stellte sich gemäß den Befehlen der Stawka mit etwa neun ihrer Divisionen auf der Bodenwelle zwischen Przemyśl und Dniester, um in dieser Flankenstellung einerseits den Wiederaufbau der Sanstellungen zu sichern, andrerseits ein Abschwenken gegnerischer Kräfte aus dem Raume südöstlich von Przemyśl gegen die noch südlich vom Dniester fechtenden russischen Streitermassen (11. und 9. Armee) hintanzuhalten.

GdI. Boroević hatte am 16., an dem auch er sein Hauptquartier und zwar von Homonna nach Sanok verlegte, noch die Höhen bei Husaków nehmen lassen wollen. Das Beskidenkorps machte wohl einige Fortschritte, ohne daß jedoch der Widerstand des Feindes gebrochen wurde. Das

XVII. Korps hätte mit der 21. IBrig. der 11. ID. und der 26. SchD. links vom Beskidenkorps eingreifen sollen, wurde jedoch beim Überschreiten des Wiar durch falsche Gerüchte über einen Russenausfall aus dem südlichen Festungsabschnitt aufgehalten und konnte seine Bereitstellung links vom Korps Marwitz erst in der Nacht vollenden.

Die 2. Armee gedachte nun, die russischen Stellungen gemeinsam mit dem Beskidenkorps mit starkem linkem Flügel zu durchbrechen. Böhm-Ermolli unterstellte hiezu das im zweiten Treffen folgende XIX. Korps abermals dem GdK. Tersztyánszky, der den Hauptangriff leiten sollte. Etoch kam es am 17. nicht mehr zu einem solchen, weil wohlgezieltes Russenfeuer das Überschreiten der Blożewkaniederung empfindlich verzögerte. Nur bei der vom FML. Kosak befehligten linken Flügelgruppe (51. HID. und 27. ID.) entwickelten sich Kämpfe größerer Abmessung. Rechts von den sechs Angriffsdivisionen Tersztyánszkys arbeitete sich das

XVIII. Korps links mit der durch die 86. SchBrig. verstärkten 44. SchD. und rechts mit der 9. ID. gegen die Niederung südöstlich von Krukienice vor, indes das V. Korps an den unteren Strwiąż gelangte. Von dem letztgenannten sicherte bei Woloszcza eine vom Obst. Rehwald befehligte gemischte Abteilung der 14. ID. die Flanke. Nachrichten über das Abgehen des V. kauk. Korps aus Lemberg, das in Wirklichkeit in der Richtung Jaroslau angesetzt war (S. 383), ließen das 2. Armeekmdo. das Auftreten von russischen Verstärkungen vor der eigenen Front erwarten.

Inzwischen hatte am 17. das Beskidenkorps seinen Angriff fortgeführt; seiner Zähigkeit blieb der Lohn abermals versagt. Es hatte unter mehrfachem Flankenfeuer, darunter auch dem aus der Festung, zeitweilig schwer zu leiden. Links von ihm besetzte die 26. SchD. die in den Oktoberkämpfen von 1914 historisch gewordene Baumhöhe südöstlich von Jakś-manice, während die 21. IBrig. am unteren Wiar die Verbindung zur Hauptkraft der 11. ID. herstellte. Diese und das k.u.k. X. Korps setzten sich südlich und südwestlich von Przemyśl fest. Durch Streckung der

45. SchD. gegen Osten konnten der 4. KD., GM. Berndt, bei Cisowa einige Tage wohlverdienter Ruhe verschafft werden. Vom VII. Korps erreichte die Spitzendivision Bircza.

Im Laufe des Tages hatte der Großfürst-Generalissimus „in höchstem und gewohntem Vertrauen“ an die bewährte Tatkraft Brussilows appelliert, nicht nur Przemyśl zu behaupten, sondern auch an anderen Frontteilen „zur Befestigung der Lage durch rege Tätigkeit“ beizutragen. Brussilow beklagte sich, daß zwischen Przemyśl und dem Dniester den 200 Bataillonen des Gegners nur 124 russische auf 60 km Ausdehnung gegenüberstünden, und daß zwei Korps Verstärkungen nötig seien. Dennoch verhallte der Appell des Höchstkommandierenden nicht ungehört1).

Am 18., 19. und 20. Mai setzten die Masse der 2. Armee und der rechte Flügel der 3. ihre Anstürme gegen die Stellungen Brussilows fort. Der Wille des 2. Armeekmdos., die feindlichen Linien zuerst durch Artilleriefeuer zu erschüttern, konnte wegen der geringen Bestückung der Korps mit meist nur leichter Artillerie nicht zum Durchbruch kommen2). Andrerseits drängte die Heeresleitung darauf hin, daß der bei Gelingen

!) Nesnamow, IV, 44.

2) Auf den Kilometer Frontraum kamen bei der Gruppe Tersztyánszky nur 17, beim XVIII. Korps gar nur 7, beim V. Korps etwa 14 Geschütze.

außerordentlich wirksame Stoß gegen Mościska möglichst ohne Aufenthalt durchgeführt werde. So mußte abermals die Infanterie die Hauptlast des Kampfes auf sich nehmen.

Am Ostflügel der 2. Armee vermochte die 33. ID. des V. Korps in der Nacht auf den 18. mit Teilen bei Koniuszki-Siemianowskie das Nordufer des Strwiąż zu gewinnen; die wackeren Bataillone konnten sich jedoch gegenüber dem mächtigen Geschützfeuer der Russen nicht behaupten. Das XVIII. Korps versuchte abermals vergeblich, jenseits der Błotńa-niederung mit stärkeren Kräften Fuß zu fassen.

Bei der vom FML. Trollmann befehligten Ostgruppe Tersztyánszkys entspann sich an diesen Tagen eine Reihe äußerst heftiger und verlustreicher Kämpfe der 29., 34., 31., und 32. ID., durch die aber nur einzelne feindliche Stützpunkte erobert und gegen wütende Gegenangriffe des russischen XVII. und XXVIII. Korps behauptet werden konnten. Die im engen Anschluß an das Beskidenkorps angreifende Westgruppe, FML. Kosak, erstürmte am 19. — die 51. HID., FML. Kornhaber, an der Spitze — die zähe verteidigten Stellungen südwestlich Pnikut und brachte 5600 Gefangene, 5 Geschütze und 6 Maschinengewehre ein. Trotz dieser Niederlage vermochten die Russen, dank eben eingetroffener Verstärkungen, auch hier eine Erweiterung des Durchbruches zu hemmen. Auch dem Beskidenkorps war manch rühmenswerter, aber doch nur örtlicher Erfolg beschieden. Die erhoffte Erschütterung des Feindes blieb an der ganzen Angriffsfront aus.

Das XVII. Korps verharrte in sehr breiter Front in der Abwehr. Beim X. Korps erschien am 19. der Armeeführer persönlich, um sich über die Möglichkeiten eines „gewaltsamen Angriffes“ auf die Festung zu unterrichten. Es konnte keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Besatzung nicht, wie bisher angenommen, bloß aus Kosaken- und Reichswehrverbänden, sondern auch aus Linientruppen bestand. An einen Erfolg war erst zu denken, wenn schwere Mörser zur Stelle waren. Der Zustand der Straßen machte das Heranführen dieses schweren Geschützes unmöglich. Gelang es, meldete Boroević der Heeresleitung, die Bahnen entsprechend rasch wiederherzustellen und dadurcn den Antransport der Mörser abzukürzen, so konnte mit der Berennung der Festung Ende Mai begonnen werden.

Die Kämpfe auf dem rechten Heeresflügel

Der rechte Flügel der 7. Armee war noch am 13. Mai früh nördlich vom Pruth geblieben (S. 361). Der Aufenthalt konnte jedoch nur mehr nach Stunden zählen. Gen. Letschitzki rief seine Armee zu neuerlichem Angriff auf: das aus zwei Reichswehrdivisionen bestehende XXXII. Korps gegen Czernowitz, das III. und das II. Kavalleriekorps gegen Sniatyn, das XXXIIL Korps gegen Kolomea. Da wurde es für Pflanzers Truppen höchste Zeit, sich einem abermaligen überlegenen Angriff (S. 241) durch schleunigen Abzug hinter den Pruth zu entziehen.

Während die am äußersten rechten Flügel fechtende Gruppe Obstlt. Papp am 13. das Vordringen der Russen bei Mahala und Sadagora noch durch Nachhutgefechte verzögerte und erst am 14. früh bei Czernowitz hinter den Fluß wich, war FML. Korda mit seiner Hauptkraft (6. KD., Polenlegion, halbe 5. HKD. und halbe 42. HID.) schon am erstgenannten Tage befehlsgemäß auf das südliche Pruthufer abgerückt, wo er den Abschnitt von der Reichsgrenze bis zur Czeremoszmündung besetzte und auch Papp aufnehmen konnte. Links von Korda bis zur Lysa Gora besetzte die Gruppe GdK. Marschall (10. KD., deutsche 5. KD., halbe

5. HKD., Hauptkraft der KSchBrig., SchR. 3 der 22. SchD. und Reste der Gruppe Obstlt. Békési) die Flußstrecke; der Plan, den gegen Kolomea vordringenden Russen deutsche und öst.-ung. Reiterei in die Flanke zu werfen, war im Angesichte des drohenden übermächtigen Angriffes fallen gelassen worden. Der Feind folgte gegenüber Korda und Marschall bis an den Pruth.

Inzwischen hatte am 13. vormittags das XXXIII. Russenkorps nordöstlich und nördlich von Kolomea zum Schlage gegen FML. Krautwald (8. KD., Gruppe GM. Eckhardt, Teile der 15. ID., Masse der 22. SchD.) ausgeholt. Tief gestaffelt angreifend, warf der Feind die Streiter Krautwalds an den Pruth zurück, wo sich diese mit der Hauptkraft in dem von Pflanzer vorbereiteten Brückenkopf von Kolomea festsetzten. Nun konnte der Armeeführer nicht umhin, auch die Gruppen FML. Czibulka und GdI. Rhemen hinter den Pruth und in den Raum südlich von Nadworna zurückzunehmen, wiewohl sich die 36. ID. Czibulkas noch am 13. nachmittags bei Ottynia starker russischer Vorstöße mit Erfolg erwehrt hatte.

Am 14. Mai bald nach Mittag erneuerten die Russen ihren Angriff. Während die Masse des XXXIII. Korps gegen den Brückenkopf von Kolomea anstürmte, versuchte die 12. KD. der Russen unterhalb von diesem Punkte den Pruth zu überschreiten. Die Reiterei wurde durch das Geschützfeuer des Verteidigers zurückgetrieben. Dagegen kam es bei Kolomea zu schweren Kämpfen, in denen sich aber schon zeigte, welch wertvolle Verstärkung der k.u.k. 7. Armee durch das Eintreffen der ersten innerösterreichischen Truppen des III. Korps geworden war. Wenn der

Russenansturm siegreich abgeschlagen wurde, so war dies nicht zum geringsten das Verdienst der Kärntner Schützen1) und des Grazer IR. 27.

Das Armeekmdo. hatte am Vortage die Ereignisse bei der Gruppe Krautwald im Hauptquartier Kolomea aus allernächster Nähe miterlebt. Die Eindrücke der Kampfkrise und die Sorge vor einer weiteren Wirkung der russischen Übermacht waren jedenfalls sehr stark. Aber die tatkräftige Führernatur Pflanzers behielt die Oberhand, zumal als die Besetzung der neuen Stellungen durch Mitte und Westflügel reibungslos verlaufen war. Auch das Ausschreiten der ganzen Südarmee hatte das Seinige dazu getan, daß der Armeeführer noch am 13. abends den Entschluß faßte, nicht nur auszuharren, sondern ehestens wieder selbst zur Offensive überzugehen.

Dieser Entschluß traf sich mit den Weisungen, die tags darauf in den ersten Nachmittagsstunden aus Teschen einlangten und das weitere Verhalten der beiden Armeen des rechten Heeresflügels regeln sollten. Der linke Flügel der Südarmee hatte über Stryj—Drohobycz vorzugehen und die Dniesterstrecke Żydaczów—Tysmienicamündung zu sichern, der rechte von Dolina—Bolechów aus den Raum um Kałusz zu gewinnen und gemeinsam mit der 7. Armee den zwischen der Czeczwa und der Bystrzyca Nadworniańska vorgehenden Westflügel Letschitzkis zu schlagen. Der Ostflügel Pflanzers hatte sich zu behaupten und alle verfügbaren Kräfte an den Westflügel abzugeben.

Bei der Armee Linsingen war am 13. Mai endlich auch der den Korps Gerok und Hofmann gegenüberstehende Feind locker geworden. Die Russen hatten es hier so eilig, daß es nur teilweise gelang, engere Gefechtsfühlung mit ihnen aufrechtzuerhalten. Die deutsche 1. ID. und die Spitzenbrigade Hofmanns bemächtigten sich in der Nacht auf den 14. des Ortes Skole. Am darauf folgenden Abend stand das Korps Gerok 10 km südlich von Dolina, die 131. IBrig. bei Brzaza, das Korps Bothmer in der Linie Rozhurcze—Borysław, das Korps Szurmay, nach der Linken hin mit der 2. Armee in Fühlung, im Raume um Podbuż. Die Masse des Korps Hofmann — 129. und 130. IBrig., 12. LstTerrBrig. und die von der

3. Armee herangeführte komb. Brig. GM. Bolzano — hielt als Armeereserve zwischen Skole und Tuchla.

Als Linsingen an diesem Tage die Absicht Pflanzers erfuhr, die weitere Vorrückung der Südarmee schon am 15. durch einen Vorstoß seines linken Flügels auf Kałusz zu unterstützen, begleitete er sein Einverständnis mit der Weisung an die k.u.k. 19. ID., über Perehińsko vorzu-

1) Damals 4. Landwehrinfanterieregiment Klagenfurt, später GbSchR. 1.

gehen. Linsingen selbst wollte an diesem Tage, dem Befehl des AOK* entsprechend, mit dem rechten Flügel und der Armeemitte gegen die Linie Dolina—Stryj aufschwenken, indes der linke Flügel nordwestlich von Drohobycz tief gestaffelt die Bewegungen der Hauptkraft zu sichern und die Verbindung zur 2. Armee aufrechtzuerhalten hatte 1).

Auch am 15. wurde die Vorrückung der Südarmee durch die russischen Wegzerstörungen vielfach behindert. Die k.u.k. 19. ID. erreichte kampflos die Czeczwa bei Luhy. Die Masse des Korps Gerok, dessen Artillerie in dem schwierigen Gelände zum größten Teil abgeblieben war, wurde auf den Höhen westlich und südwestlich von Dolina in einen ziemlich heftigen Kampf verwickelt. Die 131. IBrig. vertrieb die Russen nach kurzem Straßenkampfe ausBolechów. Bothmer, gefolgt von der Hauptkraft Hofmanns, näherte sich der Stadt Stryj. Das Korps Szurmay rückte an den brennenden Naphthaquellen von Borysław vorbei auf die Höhen nordwestlich davon. Entsprachen auch diese Fortschritte nicht ganz den Wünschen der Armeeführung, so war der Tag doch auch insofern erfolgreich, als er über 5000 Gefangene und acht erbeutete Maschinengewehre eingebracht hatte. Die einlangenden Meldungen ließen allerdings keinen Zweifel darüber, daß der Russe seinen Rückzug vorläufig wieder eingestellt habe und sich bei Perehińsko, vor Dolina, vor Stryj und auf den Höhen östlich und nördlich von Drohobycz zu neuem Widerstand rüste.

In der Tat bekam die Südarmee schon in den nächsten Tagen die Zähigkeit des Feindes aufs neue zu fühlen. Die Angriffe des Korps Szurmay verliefen zwischen dem 16. und dem 18. fast ergebnislos. Erst am 19. gelang es dem linken Flügel gemeinsam mit der gemischten Abteilung des Obst. Rehwald von der 2. Armee (S. 396), bei Litynia Fortschritte zu erzielen. Tags darauf erstürmten die inneren Flügel Szurmays und Bothmers östlich von Drohobycz starke russische Stellungen, wobei dem Feinde 1800 Gefangene abgenommen wurden. Die Truppen Bothmers mühten sich vergeblich ab, Stryj zu gewinnen, während Hofmanns Brigaden bei Bolechów um jeden Fußbreit Bodens rangen. Vom Korps Gerok überschritt die k.u.k. 19. ID. bei Spas die Czeczwa, um auf deren Ostufer vorzustoßen. Dieses Manöver blieb aber für die Kämpfe vor Dolina zunächst ohne Ergebnis. Die Lage der ganzen Südarmee hatte sich zwischen dem 16. und dem 20. nirgends entscheidend geändert.

Im Einklänge mit der 11. Russenarmee hatte auch der rechte Flügel Letschitzkis etwas Raum geben müssen. Er setzte sich vor Perehińsko, vor Sołotwina und südlich von Nadworna neuerlich fest. Der Gruppe

Ljubičič war es auf solche Weise schon am 14. möglich geworden, mit Teilen wieder die Höhen südlich und südwestlich von Jasień (Hrynków und Jawornik) zu besetzen, indes sich die Hauptkraft im Raume um Huta sammelte.

Am 15. brach zwischen Delatyn und der Łomnica der Angriff des linken Flügels der 7. Armee los. Westlich der Bystrzyca Solotwinska hatte die schwächere Gruppe Ljubicić die Höhen westlich von Stanislau zu gewinnen, rechts von diesem Tal sollte eine Kraft von über 50 Bataillonen über Ottynia und Tłumacz vorstoßen. Die 5. ID. der Gruppe GdI. Rhemen sah sich gleich zu Beginn des Angriffes durch die starke Gegenwirkung des Feindes südöstlich von Nadworna zur Führung eines stehenden Feuergefechtes gezwungen. Die 6. ID. erzielte südwestlich des ebengenannten Punktes zuerst beträchtliche Erfolge, erlitt dann aber durch einen Gegenstoß gegen ihren linken Flügel einen nicht unempfindlichen Rückschlag. Um an der Überwindung der Krise mitzuwirken, entschloß sich FZM. Ljubicić, die Masse seiner Gruppe rechts aufschwenken und im Gefechtsraum der 6.ID. eingreifen zu lassen. Das Manöver kam jedoch nicht zur Wirkung, da sich den Bataillonen des Feldzeugmeisters allent-haben starker russischer Widerstand entgegenstellte. Zudem litt unter diesem Manöver das von der Heeresleitung gewünschte Zusammenwirken der inneren Flügel der 7. und der Südarmee.

Am 16. wurde weiter gekämpft. Südöstlich von Nadworna stürmten zugleich mit den Schlesiern und Nordmährern der 5. ID. kroatische Bataillone der 36. gegen die russischen Stellungen vor. Aber auch an diesem Tage war das Schlachtenglück den Streitern Pflanzers nicht hold. Die Russen warfen sich auf die inneren Flügel der beiden Divisionen und nötigten diese, wieder gegen die Brückenköpfe von Delatyn und Łanczyn Raum zu geben. Das wie immer mit Aufopferung fechtende schlesische Regiment Kaiser verlor in wenigen Stunden 25 Offiziere und Fähnriche, darunter 8 Kompagnieführer, und etwa 1000 Mann.

Südwestlich von Nadworna standen die Regimenter der 6. ID. unter dem Drucke heftiger russischer Angriffe, die aber überall unter großen Verlusten des Feindes abgewehrt werden konnten. Auch die Gruppe des FZM. Ljubičič hatte sich starker russischer Stöße zu erwehren.

Um Mitternacht auf den 17. Mai brachen die Russen von Nadworna her zum Sturm gegen den Brückenkopf von Delatyn vor. Die im Vorfeld, eingenisteten Teile der 5. ID. wurden gegen die Hauptstellung zurückgedrückt. Der Stab der 7. Armee, der sich, um die Truppe nicht zu beunruhigen, von Kolomea statt nach Máramaros-Sziget nach Delatyn verlegt hatte, mußte nun doch noch in der Nacht nach Körösmezö zurückfahren, wo er der unmittelbaren Einwirkung der Kampfereignisse nicht so ausgesetzt war. Übrigens erschöpfte der Russe bis zum Tagesanbruch seine Angriffskraft, ohne sein Ziel erkämpft zu haben. Dagegen mußte der rechte Flügel der Gruppe Ljubičič einem Stoße des Feindes etwas Raum geben.

Krautwald, der am 15. über 4000 Feuergewehre des III. Korps und eine halbe 15. ID. verfügte1), hätte sich dem Angriffe des linken Armeeflügels anzuschließen gehabt, sobald dieser in die Linie Kolomea— Stanislau gelangt war. Daran war aber vorerst nicht zu denken, denn die Gruppe sah sich die ganze Zeit zwischen dem 15. und 19. in schwere Abwehrkämpfe verstrickt, die zwar den Russen trotz aller Anstrengungen keinen Erfolg brachten, wohl aber von beiden Teilen schwere Opfer heischten.

Die heftigen Angriffe seines XXX. Korps bei Nadworna und Kolomea ließ Letschitzki weiter östlich durch mehrfache Ablenkungsunternehmen begleiten, am 15. durch einen Übergangsversuch im Bereiche Marschalls, tags darauf durch einen ebensolchen beim FML. Korda. Am

19. bei Morgengrauen griff die 71. RD. der Russen den rechten Flügel der Gruppe FML. Czibulka bei Tlumacsyk an. In allen Fällen mußte der Feind unverrichteter Dinge von seinem Beginnen ablassen.

Als am 20. die Schlacht bei Nadworna und Kolomea verebbte, war wohl der Angriff der 7. Armee nicht geglückt. Aber auch Letschitzki, von dessen Vorgehen sich die russische Front in Mittelgalizien so wertvolle Entlastung versprochen hatte, sah sich in seine Schranken gewiesen. Ermattung bei Freund und Feind führte auch in diesem Bereiche der großen Walstatt zu einer Kampfpause, die länger als eine Woche währen sollte.

!) Der Antransport des III. Korps ging quälend langsam vonstatten. Er mußte auf der Bahn über Körösmezö erfolgen, die außerdem die Betriebserfordernisse des südostgalizischen Netzes und den ganzen Bedarf der 7. Armee zu decken hatte, aber nur 12 Zugspaare im Tage zuließ. Die ersten Staffeln des III. Korps trafen am 13. um 11h vorm. in Horodenka ein. Die am 14. erzwungene Preisgabe aller von Delatyn erreichbaren Strecken erforderte am 14. und 15. die Evakuierung von 57 Zügen nach Ungarn, wodurch das Heranbringen des III. Korps unterbrochen wurde und erst wieder so aufgenommen werden konnte, daß die weiteren Entladungen vom 16. ars stattfanden. Sie konnten erst am 29. beendet werden.

Die Entschlüsse bei Freund und Feind vor der Kriegserklärung Italiens

Angriffspläne der Mittelmächte gegen Italien und

Serbien

Unterdessen war für die obersten Führer der verbündeten Mittelmächte die große Kriegslage wegen der Haltung Italiens zu höchster Spannung gediehen. Den Hiobsposten der ersten Maiwoche waren um den 10. weitere überaus ernste Nachrichten gefolgt. Unter ihrem Eindruck genehmigte Kaiser Franz Joseph am 11. die von der Heeresleitung vorgeschlagene uneingeschränkte Ausrüstung aller Befestigungen an der italienischen Grenze und die Überführung der 57. ID. aus Syrmien zur Verstärkung der Deckungstruppen an den Isonzo, wo die Division zwischen dem 15. und 21. Mai ausgeladen wurde.

Am 11. Mai unterbreitete der Armeeoberkommandant FM. Erzherzog Friedrich dem Herrscher schriftlich den ersten Entwurf eines Aufmarsches gegen Italien und der damit zusammenhängenden Stellenbesetzungen. Die Auffassungen, die in diesem Augenblicke für die Heeresleitung maßgebend waren, sind einer achtundvierzig Stunden später vom Chef des Generalstabes verfaßten, für Falkenhayn, Burián und die kaiserliche Militärkanzlei bestimmten Denkschrift zu entnehmen, die von zwei Möglichkeiten ausging: von der schon sehr unwahrscheinlichen, daß Italiens Neutralität noch in zwölfter Stunde erkauft werden könne, und von der viel näher liegenden, daß der frühere Dreibundgenosse endgültig in die Front der Feinde einrücke.

Für den ersten Fall forderte Conrad vor allem „die energische gemeinsame Fortführung des Krieges gegen Rußland ... mit dem Mindestziel der Wiedergewinnung des Gebietes der Monarchie und des als Kompensation für unsere [Österreich-Ungams] Gebietsabtretungen an Italien uns zu überlassenden Gebietes Russisch-Polens am linken Weichselufer21)22'.

War die Erreichung dieses Kriegszieles einigermaßen verbürgt, dann sollten Serbien und Montenegro durch die Mittelmächte im Verein mit

Bulgarien und der Türkei niedergeworfen werden, indes Rumänien, von wo übrigens bessere Nachrichten Vorlagen, gegen Zusicherung Bessara-biens zum Eintritt in den mitteleuropäischen Bund oder doch zur Bewahrung einer verläßlichen Neutralität zu gewinnen wäre.

Erklärte jedoch Italien, was schon ungleich wahrscheinlicher war, den Krieg, dann stellte sich Conrad die weitere Entwicklung so vor, daß sich die Verbündeten gegenüber Rußland noch mindestens in den Besitz der San-Dniesterlinie setzten, daß sie dann aber alle hier entbehrlich werdenden Kräfte nach dem Südwesten sandten, „in der Absicht, einem Vordringen der Italiener nach Innerösterreich soweit als möglich Schranken zu ziehen, wotunlich aber denselben irgendwo einen lokalen Schlag zu versetzen — während in Tirol die dort befindlichen und noch durch öst.-ung., womöglich auch deutsche Kräfte (Bayern) zu verstärkenden Truppen im Kleinkrieg das Gebiet zu verteidigen“ hätten.

Im einzelnen führte der Generalstabschef aus: „Hiebei ist gedacht, daß mindestens noch eine öst.-ung. Division nach Tirol gesendet, und erhofft, daß diese noch durch bayrische Truppen verstärkt wird. Gegen die über Kärnten, Krain und Küstenland einbrechende italienische Hauptkraft müßten etwa 20 Divisionen zusammengebracht werden, also etwa zehn öst.-ung. und zehn deutsche. Von diesen hätten etwa vier auf der Linie über Villach, das Gros auf der Linie Marburg—Laibach so weit vorne versammelt zu werden, als es mit Rücksicht auf das Vorgehen der Italiener noch möglich erscheint. Voraussichtlich im Villach-Klagenfurter Becken und in jenem von Laibach (?) *) oder an der Save oder Drau. Diese Versammlung ist durch den zähen Widerstand der entsprechend zu verstärkenden Deckungstruppen zu sichern, welche diesen Widerstand zunächst an der Isonzolinie und im Kanaltal zu leisten haben (Mal-borgeth, Predil). Pola ist zu verteidigen. Die Flotte hat nach freiem Ermessen ihres Kommandanten einzugreifen, wo es möglich ist; erwünscht wäre, daß sie feindliche Landungsoperationen, insbesondere solche im Gebiet von Triest verhindere ...“

Im Südosten vermeinte Conrad, „nicht unbeträchtliche Kräfte zurücklassen zu müssen; diese stünden dann auch für eine Offensive nach Serbien zur Verfügung, vorausgesetzt, daß ausreichend deutsche und bulgarische Kräfte an derselben teilnehmen“. Diese Offensive habe aber „unbedingt zur Voraussetzung, daß auch der Krieg gegen Italien im obskizzierten Sinne geführt werde“. In Dalmatien, Bosnien und in der Herzegowina habe man den Feind wenigstens durch Kleinkrieg zu bekämpfen. Wie schon der Vortrag an den Kaiser ausgeführt hatte, lag natürlich auch eine weitere Abgabe von Balkanstreitkräften an den Isonzo im Bereiche der Erwägungen.

Die Befehlsverhältnisse dachte sich die Heeresleitung so gelöst, daß dem Erzherzog Eugen das Kommando über alle Südarmeen, im Südwesten wie im Südosten, übertragen werden sollte. Unter ihm hätte GdK. Rohr die Deckungstruppen zu führen und später den Befehl über die Kärntner Gruppe zu übernehmen gehabt, indes die erste Staffel der nach Marburg und Laibach geworfenen Divisionen zu einer neuen 1. Armee unter dem GdK. Dankl und die später folgenden deutschen und öst.-ung. Kräfte voraussichtlich unter dem Befehl Mackensens als 11. Armee zu vereinigen gewesen wären. Das 5. Armeekmdo. in Syrmien war dem GdI. Boroević zugedacht, dessen bei Przemyśl auf engem Raume zusammengepreßte 3. Armee man aufzulösen beabsichtigte.

Die von Conrad am 13. verfaßte Denkschrift wandte sich vor allem gegen die Ideen, die tags vorher Falkenhayn bei einer Besprechung in Pleß entwickelt hatte. Falkenhayn war wohl mit der Absicht, den Angriff gegen Rußland jedenfalls noch bis an den San, die Wisznia und den Dniester vorzutragen, völlig einverstanden gewesen, nicht aber mit den Angriffsplänen Conrads im Südwesten. Er hielt es im Hinblick auf die Lage der Türkei und auf dem Balkan für ungleich wichtiger, zuerst die Serben anzufallen und dadurch auch die Bulgaren mitzureißen, um gemeinsam mit ihnen und den Türken den Weg nach Konstantinopel zu öffnen. Conrad war aber, was Italien anlangte, nicht gesonnen, von seiner Auffassung abzugehen. Immerhin hatte er bei der erwähnten Besprechung erklärt, über einen Angriff auf Serbien dann mit sich reden zu lassen, wenn sich Bulgarien wirklich vertragsmäßig verpflichtete, an einem solchen Unternehmen mitzutun. Man beschloß, Sofia zur Entsendung •eines Offiziers in das deutsche Hauptquartier aufzufordem.

Der Meinungsstreit in der Frage, ob die Offensive gegen Italien oder gegen Serbien voranzugehen haben werde, bestand zwischen den beiden Generalstabschefs in den nächsten Tagen unvermindert fort. Während Falkenhayn die Bedeutung eines die Türken rettenden und die noch neutralen Balkanstaaten mitreißenden Sieges über Serbien mit allem Nachdruck auseinandersetzte, wandte Conrad ein, wie wenig ein solcher Sieg zu bedeuten hätte, wenn es den Italienern gleichzeitig gelang, gegen das Donaureich den vielberufenen „Stoß ins Herz“ zu führen, und wenn womöglich zur gleichen Zeit auch noch die Russen zum Gegenangriff schritten1). Daneben kam es auch in Kommandofragen zu manchen Gegensätzlichkeiten. So wollte Falkenhayn den GO. Mackensen bei einer Verwendung im Südwesten nicht dem Erzherzog Eugen unterstellen, außerdem aber die Verteidigung Tirols im Hinblick auf die Bedrohung Bayerns einem reichsdeutschen General anvertraut wissen, Vorschläge, auf die einzugehen sich Conrad aus historischen, politischen und militärischen Gründen nicht zu entschließen vermochte.

Während dieser Vorgänge im Hauptquartier hatten die Diplomaten der verbündeten Kaisermächte in den Beziehungen zu Italien noch den einen oder anderen letzten Hoffnungsstrahl aufleuchten zu sehen geglaubt. Es waren aber nur mehr Phantome. Zuerst kam die durch das Eingreifen Giolittis herbeigeführte Krise des Kabinetts Salandra-Sonnino, die aber binnen vierundzwanzig Stunden mit einem vollen Siege der durch die bisherige Regierung verkörperten Interventionisten endete. Fast gleichzeitig langten aus Rom Nachrichten ein, daß die Lage vielleicht noch im letzten Augenblick gerettet werden könne, wenn man den Italienern die sofortige militärische Besetzung der ihnen angetragenen österreichischen Gebiete einräumte und auch sonst bei Durchführung der Gebietseinverleibung (mise en effet) möglichstes Entgegenkommen zeige. Wie sehr Conrad trotz seiner Entschlossenheit durch die von Italien heraufziehende Gefahr bedrückt war, erwies sich, als er — allerdings auch auf besonderen Wunsch Falkenhayns — in einem am 18. an Burián gerichteten Schreiben sogar für solch bedeutsame Zugeständnisse eintrat, freilich unter der Voraussetzung, daß man gegen weitere italienische „Erpressungen“ entsprechende Bürgschaften schaffe.

Am gleichen Tage frühmorgens kam freilich von Falkenhayn eine Depesche des Inhalts, daß der deutsche Militärattache in Rom, Major v. Schweinitz, telegraphiert habe, man rechne in vatikanischen Kreisen bestimmt für den 26. mit der Kriegserklärung Italiens. Ähnliches las man in der Ententepresse. Diese Alarmbotschaften ließen den k.u.k. Generalstabschef einen Augenblick lang erwägen, den Angriff gegen Rußland sofort einzustellen und ungesäumt stärkere Kräfte der Nordostfront an die italienische Grenze zu werfen. Er kam aber in seinen Besprechungen

!) Auch Tisza trat in einem am 18. Mai nach Teschen gesandten Telegramm für einen ungesäumten Angriff gegen Italien ein; er erwartete sich daraus auch eine heilsame Einwirkung auf Rumänien und Bulgarien. Conrad, Ratschlägen von politischer Seite grundsätzlich abgeneigt, antwortete kurz, daß alles, was „zum Schutze der Monarchie notwendig und im Rahmen militärischer Möglichkeit gelegen“ sei, geschehen werde (T i s z a, Briefe, 216 und 218).

mit GM. Metzger von diesem Gedanken gleich wieder ab, da es klar war, daß der eben wieder sehr regsame Russe (S. 384 und 391) einer solchen Schwächung der gegnerischen Linien nicht untätig Zusehen würde. Nur das schon aus der Front gedrückte VII. Korps der 3. Armee wurde sofort nach Mezölaborcz gewiesen, um vom 21. an nach Kärnten zu rollen. Außerdem wurde die Aufstellung der Standschützen und der anderen Freiwilligenverbände (S. 292) sowie (am 19.) die Alarmierung der Militärbereiche Graz und Innsbruck unverzüglich verfügt.

Als am 18. Mai in den Abendstunden Conrad und Falkenhayn, wie jetzt fast täglich, wieder zu einer Beratung zusammentraten, kam der grundlegende Gegensatz in ihren Auffassungen über die Kriegführung gegen Italien und Serbien abermals zur Sprache. Auch in der Frage, wie viel man an Kräften schließlich aus dem Nordosten werde wegziehen können, gingen die Meinungen nicht unerheblich auseinander. Während Conrad wähnte, die Front werde auch nach dem Erreichen der San-Dniesterlinie höchstens um 20 Divisionen zu schwächen sein, schätzte Falkenhayn 27 und mehr. Führte der Meinungsaustausch, wie begreiflich, in diesem Punkte weder jetzt, noch in den nächsten Tagen zu einem bestimmten Ergebnis, so kam man wenigstens in dem augenblicklich gegenüber Italien Nötigen zu einem bestimmten Entschluß. Die Lösung, zu der man sich entschied, scheint unter anderem durch eine vom Erzherzog Eugen abverlangte, am 17. im Hauptquartier zu Teschen eingelangte Denkschrift beeinflußt worden zu sein. Der zur Führung des italienischen Krieges berufene Oberbefehlshaber vertrat die bestimmte Auffassung, daß gegen den neuen Feind, der gefährlicher als Serbien und Montenegro war, auch die 5. Armee „mit dem letzten Mann der Feldformationen“ anzusetzen sei, selbst die in Bosnien stehenden Divisionen mitinbegriffen. Die Heeresleitung hatte dem Antrage des Erzherzogs sofort zugestimmt, alles für den Abtransport gegen Italien bereitzustellen.

Auf diesen Vorschlag des Erzherzogs kam man nun in der Beratung vom 18. abends zurück, an welchem Tage in Teschen die im Pariser „Temps“ bestätigte Nachricht vom Abschluß des Londoner Vertrages zwischen Italien und der Entente einlangte und hiemit noch die letzte leise gehegte Hoffnung auf Vermeidbarkeit des italienischen Krieges endgültig zerstörte. Bei dem langsamen Ausreifen der Entscheidung in Galizien war es naheliegend, auf die Gewehr bei Fuß stehenden Balkanstreitkräfte zu greifen. Falkenhayn war verblüfft gewesen, als er in diesen Tagen erfahren hatte, daß im Südosten des Donaureiches

240.000 öst.-ung. Feuergewehre gegen 180.000 serbische eingesetzt waren;

er hatte vorwurfsvoll gemeint, daß er bei Kenntnis dieser Zahlen für Gorlice niemals so erhebliche Kräfte aus dem Westen herangeholt hätte. Conrad konnte seinen reichsdeutschen Kollegen mit der Versicherung beruhigen, daß sich unter dieser Masse nur 80.000 voll feldverwendungsfähige Kämpfer befanden. Der Gedanke, wenigstens diese zum größten Teil auf den südwestlichen Kriegsschauplatz zu überführen, mußte dennoch auf fruchtbaren Boden fallen. Demgemäß lauteten die nun gefaßten Beschlüsse, die vierundzwanzig Stunden später dem Erzherzog Eugen und dem GdK. Rohr in Befehlsform mitgeteilt wurden, soweit sie diese beiden Führer betrafen.

Fünf Divisionen der 5. Armee — XV. und XVI. Korps, außerdem die 48. ID. —waren ungesäumt in den Raum westlich von Agram zu führen, wo sie in den ersten Junitagen versammelt sein konnten. Gleichzeitig sollten neben dem schon nach Kärnten rollenden k.u.k. VII. Korps drei Divisionen der galizischen Front (zwei deutsche der Armee Mackensen und eine öst.-ung. der 2. Armee) bis zum 5. Juni in die Gegend von Marburg gebracht werden, was allerdings voraussetzte, daß sie bis zum 26. aus der Kampflinie herausgelöst werden konnten. Diese acht Divisionen waren unter dem Befehl des GdI. Boroević als neue 5. Armee zu vereinigen. Außerdem sollte das aus 13 Bataillonen, 11 GbMG.-Abteilungen und 9 Batterien bestehende deutsche Alpenkorps unter dem bayr. GLt. Krafft v. Dellmensingen über Innsbruck und den Brenner nach Südtirol abgehen, wo es Ende Mai eintreffen konnte. Die Verteidigung Tirols, die vom FML. v. Koennen-Horák mit Umsicht eingeleitet worden war, hatte GdK. Dankl zu übernehmen. GdK. Rohr war nach wie vor zum Befehlshaber der Kärntner Front bestimmt.

Auf dem Balkankriegsschauplatz hatten nach Abgang der fünf gegen Italien bestimmten öst.-ung. Divisionen noch ihrer zwei zu verbleiben: die 59. in Ostbosnien und die 61., die im Banat aus der 10. GbBrig. und der 16. HGbBrig. *) neu gebildet wurde; dazu kamen noch Landsturmflußsicherungen und die Besatzungen zahlreicher fester Plätze. Diesen zum größten Teil milizartigen Truppen sollten ehestens deutsche Kräfte zugeführt werden.

Der Oberbefehl der verbündeten Truppen mit Ausnahme jener in BHD., wo GdI. Sarkotić kommandierte, war dem GO. Mackensen zugedacht; er sollte auf dringenden Wunsch Falkenhayns gleich Sarkotić nicht dem Erzherzog Eugen, sondern unmittelbar der Heeres-

!) Die 16. HGbBrig. hatte bisher die Bezeichnung k. u. 109. LstlBrig. geführt.

leitung unterstehen. Drei deutsche DivisionenA) waren möglichst rasch nach dem Südosten zu werfen, um Serbien und auch Rumänien in Schach zu halten.

Dem deutschen Generalstabschef war diese Lösung nicht zuletzt wohl deshalb genehm gewesen, weil sie ihm noch immer die Möglichkeit offen hielt, statt gegen Italien zuerst gegen Serbien offensiv zu werden. Wenn selbst, wie Conrad annahm, im Nordosten schließlich nur insgesamt 20 Divisionen der Verbündeten frei wurden, so ergab sich unter Abrechnung von fünf Divisionen für den italienischen Krieg (VII. Korps und die drei der 5. Armee zugedachten Divisionen) und unter Zuzählung der beiden noch im Südosten verbliebenen öst.-ung. insgesamt 17 Divisionen, die in Gemeinschaft mit bulgarischen und türkischen Truppen mit Serbien sehr wohl fertig werden konnten. An der Hoffnung Falkenhayns, seinen Plan verhältnismäßig bald ausführen zu können, änderte sich auch nichts, als Bulgarien, wie Conrad am 20. nachdrücklich hervorhob, die Entsendung eines Offiziers (S. 405) abgelehnt und damit den Willen zur Fortsetzung seiner Neutralität kundgegeben hatte. Allerdings stieß im Hinblick auf die ungeklärte Lage in Galizien im Augenblick schon die Überweisung der ersten drei deutschen Divisionen nach dem Südosten auf Schwierigkeiten. Conrad bat, der Bundesgenosse möge doch wenigstens einige Bataillone an der Save-Donaugrenze auftauchen lassen, damit der Abtransport der 5. Armee nicht durch die Serben gestört werde. Dies geschah, wenngleich Falkenhayn den Serben Offensivpläne absprach.

Conrads Absichten für die weitere Kriegführung gegen Italien hatten sich durch das Heranziehen der Balkanstreitkräfte insofern geändert, als sich das Schwergewicht des geplanten Gegenangriffes aus dem Raume Marburg—Laibach gegen Osten verschieben und die Kriegshandlung damit mehr den Charakter eines Flankenstoßes erhalten mochte. Wenn allerdings Falkenhayn riet, bei der Versammlung der Kräfte unbedingt östlich der Linie Graz—Marburg—Agram zu bleiben, so vermochte sich der öst.-ung. Generalstabschef dem nicht anzuschließen. Er gedachte vielmehr, seine Kräfte möglichst gegen die nördlichen und östlichen Ausgänge der Grenzgebirge vorzuschieben, weil sich hier der geplante Schlag unter den für den Feind ungünstigsten Bedingungen ausführen ließ. Im Gegensatz zu Falkenhayn, der mit diesem Zusammenstoß erst für die erste Hälfte Juli rechnete, wähnte Conrad, daß die Italiener die Gebirgszone schon zwischen dem 14. und dem 20. Juni durchschritten

1) In Aussicht genommen waren im Augenblick das XXXXI. RKorps und die deutsche 1. ID.

haben könnten. Berechtigt dieser Gedankenaustausch immerhin zur Meinung, Falkenhayn habe sich mit den Offensivplänen der öst.-ung. Heeresleitung grundsätzlich abgefunden, so lassen es schon die Vorgänge der nächsten vierundzwanzig Stunden wieder stark bezweifeln.

Entschluß zur Isonzoverteidigung und Befehle für den weiteren Angriff gegen die Russen

Während die Anfänge der beiden Balkankorps mit Bahn dem Raume westlich von Agram zustrebten, und das VII. Korps sowie die Brigade GM. Fernengel (S. 386) in den Karpathen eben die bereitgestellten Züge bestiegen, traf am 21. Mai vormittags im AOK. die Drahtmeldung des Militärattaches in Rom, Hptm. Freih. v. Seiller, ein, daß die italienische Armee doch später kampfbereit sein werde, als man bisher angenommen hatte, und auch die DOHL. erhielt Nachrichten, nach denen der neue Feind die volle Schlagfertigkeit erst um den l.Juni erreichen mochte. Gleichzeitig war zu erkennen, daß im Nordosten die Entscheidung in den Kämpfen bei Przemyśl länger auf sich warten lassen werde, als man noch vor einigen Tagen wähnte. Stellenweise war in Galizien die Lage so zugespitzt, daß ein Abziehen stärkerer Kräfte noch keinesfalls zu verantworten gewesen wäre. Falkenhayn erklärte denn auch, als er sich am 21. mit seinem öst.-ung. Kollegen wieder zu einer Beratung zusammenfand, daß er an eine rechtzeitige Auslösung der für die 5. Armee in Aussicht gestellten zwei deutschen Divisionen im Augenblicke nicht denken könne, und warf zugleich die Frage auf, ob der von Conrad beabsichtigte Stoß angesichts dieser Zwangslage bei der Schwäche der Stoßgruppe noch ratsam sei, und ob es nicht zweckmäßiger wäre, die Armee Boroević möglichst bis an den Isonzo weiterzuführen und die von den Italienern gewährte Frist zur Aufrichtung einer starken, längeren Widerstand verbürgenden Abwehrfront auszunützen.

Es fiel dem deutschen Generalstabschef nicht leicht, seinen Verhandlungspartner für eine solche Lösung zu gewinnen. Wohl mußte Conrad bestätigen, daß für die unmittelbar nächste Zeit an eine erhebliche Schwächung der russischen Front noch nicht zu denken war, und damit auch die Erfolgsmöglichkeiten der einer entsprechenden Verstärkung aus dem Nordosten entbehrenden 5. Armee wesentlich geringer wurden. Doch war seiner Ansicht nach vor allem zu bedenken, ob es überhaupt noch glücken mochte, die fünf Balkanaivisionen rechtzeitig in die für den Verteidigungskampf ausersehenen Räume zu schaffen. Nötigte der

Feind dann doch zu früherer Ausladung, so konnte es zu einer völligen Verzettelung der Kräfte in unfruchtbaren Teilkämpfen kommen. Diese Möglichkeit wog für Conrad umso schwerer, als er sich von der durch Falkenhayn vertretenen Lösung eine für die Kriegslage wirklich entscheidende Verzögerung des italienischen Vormarsches nach Innerösterreich doch nicht zu erhoffen vermochte. Aber die Ablehnung ausgiebiger deutscher Hilfe x) und die Verhältnisse waren am Ende stärker als die Argumente des öst.-ung. Generalstabschefs. Noch am selben Abend wurden Erzherzog Eugen und GdK. Rohr angewiesen, die Versammlung der 5. Armee möglichst weit nach vorne zu verlegen und auch das VII. Korps bis in die Gegend von Villach zu führen. Begründet wurde diese Maßnahme damit, daß die bei Przemyśl angestrebte Entscheidung vor Ende Mai nicht zu erwarten und damit „ein Zusammenfassen der Kraft zu einem Offensivschlag vorerst nicht möglich“ sei. Die Gesamtlage gebiete „vielmehr zunächst verteidigungsweises Verfahren... im Grenzraum“, wobei nach dem bisherigen zögernden Verhalten der Italiener auch mit deren späterer Operationsbereitschaft gerechnet werden dürfe.

Entsprechend den Weisungen der Heeresleitung verfügte GdK. Erzherzog Eugen am 22. vormittags, das jetzt aus Instradierungsgründen aus der 1. und der 50. ID. zusammengesetzte XV. Korps in den Raum von Tolmein, das aus der 18. und der 58. ID. bestehende XVI. Korps sowie die selbständige 48. ID. aber nach Görz und St. Daniel weiterzuleiten (Beilagen 21 und 26).

Am gleichen Tage regelte die Heeresleitung die Befehlsverhältnisse im Süden. Erzherzog Eugen behielt zunächst das Kommando über alle .Streitkräfte an der italienischen und an der Balkanfront bei. Dem Landesverteidigungskommandanten von Tirol, GdK. Dankl, wurden alle im Lande stehenden Truppen — 90. und 91. ID., 56. GbBrig. — sowie das anrollende deutsche Alpenkorps unterstellt. GdK. Rohr hatte, seinen bisherigen Stab beibehaltend, die an der Kärntner Grenze eingesetzte 92. ID. sowie die nach Kärnten fahrenden Heereskörper, das VII. Korps und die 59. GbBrig., zu führen. Die zur Verteidigung des Küstenlandes berufene neue 5. Armee, GdI. Boroević, Generalstabschef GM. le Beau, setzte sich aus den fünf heranrollenden und den drei schon an den Isonzo vorgescho-

!) Auch das Ansuchen Conrads, für die Isonzoverteidigung schon zur Bezeugung der zwischen den Mittelmächten bestehenden Solidarität wenigstens eine deutsche Division beizustellen, fand Falkenhayns Zustimmung nicht. Nur eine deutsche 13 cm-Batterie sollte vom 5. Juli 1915 bis zum Frühjahr 1916 an den Isonzokämpfen mitwirkcn.

benen Divisionen — 93., 94., 57. — zusammen. An Stelle von Boroević übernahm im Nordosten FZM. Puhallo, bisher Führer des V. Korps, das Kommando über die 3. Armee für die nur mehr kurze Dauer ihres Bestandes. Die an der Save und an der unteren Donau zurückgebliebenen Truppen sowie die in das Banat und gegen Neusatz anrollenden deutschen Neuformationen — 101., 103. und 105. ID. — wurden dem neu gebildeten Armeegruppenkmdo. des GdK. Tersztyánszky unterstellt. Dieser traf am 26. Mai in Peterwardein ein, worauf Erzherzog Eugen sein Hauptquartier nach Marburg verlegte. Am 5. Juni trat Tersztyánszky unter die unmittelbaren Befehle der k.u.k. Heeresleitung. Zur selben Zeit wurde GM. Goldbach nach Siebenbürgen entsandt,um dort gemeinsam mit dem Militärkmdo. Hermannstadt in einem allerdings sehr bescheidenen Ausmaße die Anfänge einer Landesverteidigung vorzubereiten.

Mit der Weiterleitung der 5. Armee und des VII. Korps bis in den Grenzraum war dem Krieg gegen Italien für eine unvermutet lange Frist seine besondere Wesensart vorgezeichnet. Es war jedoch, selbst nach den Erfahrungen, die man mit der Stärke der Abwehr in dem neunmonatigen Kriege schon gemacht hatte, durchaus begreiflich, daß der öst.-ung. Generalstabschef in dem Augenblicke, da er die Befehle für diese Kriegseinleitung erließ, an eine solche Entwicklung noch nicht im entferntesten zu glauben vermochte. Der Plan, dem auf über 40 Divisionen geschätzten, frisch aufgerüsteten Heere einer militärischen Großmacht 14 zum Teil milizartige, zum Teil erst anrollende Divisionen in reiner Abwehr entgegenzuwerfen, war denn doch zu außergewöhnlich, als daß man seiner Ausführung Erfolg auf längere Zeit hätte Voraussagen können. In bewegten Worten teilte Conrad am 23. Mai, dem Tage der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn, seine Besorgnisse dem GdI. Falkenhayn, mit: „Ich habe die Pflicht, es auch gegen den am Schicksal der Monarchie mitbeteiligten Verbündeten offen auszusprechen, daß es für beide Reiche gleich verhängnisvoll wäre, wenn man die Widerstandskraft und -dauer derjenigen Kräfte willkürlich überschätzen würde, die wir augenblicklich dem neuen Feind an die Grenze entgegenzuwerfen versuchen. Sie werden mit mindestens dreifacher, wahrscheinlich aber mit vier- bis fünffacher Übermacht zu kämpfen haben. Ihr Widerstand in den eingerichteten Grenzräumen mag auf zwei, auf drei Wochen veranschlagt werden. Dann aber muß, nach menschlicher Voraussicht, der Augenblick kommen, wo sie in ihrer Widerstandskraft reduziert, zurückgezwungen werden, wo der Feind so weit Raum gewinnt, daß er seine Überlegenheit umfassend geltend machen und daher fließend vorschrei-

ten kann. Wenn dieses Stadium auch erst nach zirka vier Wochen, etwa an der Draulinie Marburg—Klagenfurt eintreten sollte, so ist der Weg von dort nach Wien 250 km, das sind vier Wochen. Dann wäre die Monarchie wehrlos, wenn nicht innerhalb der Frist so starke Kräfte von anderen Kriegsschauplätzen kommen, daß das italienische Heer zurückgeschlagen werden kann.....Dieser Gefahr klar ins Auge zu sehen und

ihr mit aller gemeinsamen Kraft zu begegnen, ist nunmehr unsere ernste Pflicht...“

Zu diesen von Italien unmittelbar drohenden Gefahren träte, führt Conrad des weiteren aus, noch die schmerzliche Gewißheit, daß Rumänien bei einem großen Erfolg der Italiener zweifellos auch nicht abseits bleiben würde. Wohl sei Deutschland durch die Ereignisse und Möglichkeiten nicht unmittelbar betroffen, aber die rein militärischen Folgen einer solchen Entwicklung würden für das Reich nicht weniger eine Katastrophe bedeuten als für Österreich-Ungarn. Sicherlich müsse mit Rußland soweit als möglich abgerechnet werden. Aber das Maß hiefür sei begrenzt, man dürfe Italien nicht Gebiete überlassen, deren Verlust die Monarchie in ihrem Lebensnerv treffe und ihr eine weitere Kriegführung unmöglich mache. Dieser Fall träte ein, wenn das italienische Heer die Save und die Drau überschreite, während beispielsweise eine vorübergehende Preisgabe Ostpreußens östlich der unteren Weichsel für die Gesamtlage nicht ausschlaggebend wäre. Aus all diesen Gründen müsse auch der Gedanke, Serbien anzugreifen, in die zweite Linie rücken. Die Absicht, den Italienern einen ausgesprochenen Schlag zu versetzen, dürfe nie und nimmer fallen gelassen werden, weil bei dem italienischen Wesen ein solches Unternehmen von kriegsentscheidender Bedeutung werden könne!).

Die bei diesen Besorgnissen begreifliche Ungeduld Conrads, endlich den ersehnten Erfolg bei Przemyśl ausreifen zu sehen, sprach sich in den Befehlen aus, die von der k.u.k. Heeresleitung in diesen Tagen seelischer Bedrängnis an die in Mittelgalizien kämpfenden Armeen ausgegeben wurden. Verrieten allgemeine, vom Chef des Generalstabes eigenhändig entworfene Erinnerungen an zweckmäßiges Kampfverfahren Unzufriedenheit mit dem bisher Erreichten, so hatte man den kurzer

!) Der Meinung, daß es bei der Psyche des Italieners und der geringen Volkstümlichkeit des Krieges bei der Nation nicht ausgeschlossen sei, den neuen Feind durch einen auch nur kurzen Schlag wieder zum Ausscheiden aus der Front der Entente zu veranlassen, hatte Conrad in diesen Tagen des öfteren Ausdruck verliehen. Er erinnerte dabei an die Erfahrungen in den Kriegen Radetzkys.

Ruhe dringend bedürftigen Truppen doch eine kleine Atempause zugestehen müssen. Der am 21. Mai nachmittags erlassene Heeresbefehl faßte die im wesentlichen schon in den letzten achtundvierzig Stunden festgesetzten Aufgaben zusammen, an deren Lösung die Armeen der Stoßgruppe am 24. nach gründlicher Artillerievorbereitung zu schreiten hatten. Die 11. Armee hatte aus dem Raum südöstlich von Jaroslau die Richtung Buców einzuschlagen, die 3. mit dem rechten Flügel die Höhen westlich, die 2. die Höhen östlich von Mościska zum Ziel zu nehmen. Przemyśl war nach dem Einlangen schwerer Artillerie und ausreichenden Schießbedarfs vom k.u.k. X. Korps im Einklang mit den vor der Nordfront der Feste stehenden Teilen der 11. Armee anzugreifen, wobei die Hauptkraft überPralkowce und die Höhen südlich davon vorzugehen hatte.

Während im Südwesten des Donaureiches ein neuer starker Feind an die Tore pochte, nahm solcherart der Krieg im Norden unaufhaltsam seinen Fortgang. Rückschauendes Urteil ist von dem späteren, so überraschenden Verlauf des italienischen Krieges zu stark beeinflußt, als daß es die ganze Bürde des Entschlusses richtig zu ermessen vermöchte, den die beiden Generalstabschefs in den ersten drei Maiwochen 1915 zu fassen hatten. Diese Bürde lastete drückend schwer auf Falkenhayn, noch schwerer natürlich, weil unmittelbarer, auf Conrad, den die Vereinbarungen vom 21. und 22. Mai gegenüber seinem Vaterland und seiner Wehrmacht mit der allerhärtesten Verantwortung belasteten. Der öst.-ung. Generalstabschef legte damit eine Probe ehernen Führerwollens ab, zu der in der neueren Zeit ihresgleichen wohl nur mehr im Feldherrnwirken eines Friedrich II. oder eines Napoleon zu finden ist.

Die russisch-italienische Militärkonvention und die weiteren Entschlüsse der russischen Führer

Hatten die russischen Staatsmänner den Londoner Vertrag vom

26. April wegen der italienischen Aspirationen auf die größtenteils slawische Ostküste der Adria nur mit geteilten Gefühlen unterschrieben, so war die Freude der Stawka auch dadurch noch stark gedämpft gewesen, daß Italien auf seinem Schein beharrte, nicht vor dem 26. Mai losschlagen zu müssen. Nie aber hätte Rußland der Entlastung durch den neuen Bundesgenossen dringender bedurft als in den bitteren Wochen, da die „Phalanx Mackensen“ die Armee Dimitriew von Gorlice an den unteren San zurückwarf und damit auch die Karpathenfront der Russen zum Einsturz brachte. Die ersehnte Hilfe Italiens war aber ausgeblieben.

Dem Londoner Vertrag war anfangs April zu Paris eine zwischen den Ententemächten und Italien abgeschlossene Militärkonvention gefolgt. Der Großfürst-Generalissimus hatte jedoch Wert darauf gelegt, daß die gemeinsamen Kriegshandlungen der italienischen und der russischen Landkräfte in seinem Hauptquartier vereinbart würden1). Diesem Wunsche wurde durch die am 16. Mai zu Baranowiczi abgeschlossene Militärkonvention entsprochen, die italienischerseits von dem hiezu bevollmächtigten Obstlt. Ropolo gezeichnet war.

In einem der ersten Punkte dieses Vertrages tauschte Italien gegen die Anerkennung der Pflicht, spätestens am 26. Mai loszuschlagen, die Zusicherung der Ententemächte ein, ihm bei einem früheren Angriffe der Mittelmächte durch schärfsten Druck auf diese Hilfe zu bringen. Als das Hauptziel der künftigen gemeinsamen Operationen wurde der Vorstoß in die ungarische Ebene („in das Gebiet zwischen den Karpathen und den die italienische Grenze bildenden Alpen“) bezeichnet. Russen und Italiener verpflichteten sich in gleicher Weise, diesem Ziel mit dem Höchstmaß an Kräften zuzustreben, für Nebenoperationen aber nur eine Minderzahl an Truppen zu verwenden. Die serbische und die montenegrinische Armee müßten das Erreichen des obbezeichneten Zieles unterstützen, und zwar wurde für wünschenswert befunden, daß die serbische Armee den ihr aufgetragenen Angriff vorzugsweise gegen Nordwesten führe, um möglichst früh ihre Tätigkeit mit dem rechten Flügel der auf Laibach vorrückenden italienischen Armee in Einklang zu bringen.

Wie sich von selbst versteht, waren dem Abschluß der russischitalienischen Militärkonvention auch entsprechende Verhandlungen zwischen Rußland und Serbien vorausgegangen. Der serbische Generalstab hatte — wenigstens nach seinen Angaben 2) — erst um den 20. April, und zwar durch den Großfürsten Nikolai, erfahren, wie sehr die öst.-ung. Balkanfront seit der Jahreswende geschwächt worden war. Der Woi-wode Putnik konnte nun nicht umhin, für Mitte Mai eine Offensive in Aussicht zu stellen. Aber das Interesse der Serben, zumal der Politiker des Landes, richtete sich in diesem Augenblicke weit mehr auf Nordalbanien, als auf öst.-ung. Boden, wozu die Begehrlichkeit Montenegros nach der gleichen Richtung hin nicht wenig beitragen mochte. Nicht ohne Grund erinnerte die serbische Heeresleitung den König der schwarzen Berge, daß er zwei Drittel seiner Armee für eine Offensive nach Bosnien

!) Danilow, 481 ££.; Das zaristische Rußland im Weltkriege, 32S ff.

2) Serb. Gstb. W., VIII, 121 ff.

bereitzuhalten habe, demnach für eine geplante Expedition nach Sku-tari nur untergeordnete Kräfte verwenden dürfe.

Am 9. Mai verständigte die Stawka Serbien über die Aufgabe, die ihm beim Zusammengehen mit den Italienern erwachsen werde. Italien habe sich verpflichtet, hiebei die Kriegsbedürfnisse des serbischen Heeres zu decken. Auch der englische Kriegsminister Kitchener stellte sich mit der Mahnung ein, Serbien möge den für den 26. Mai in Aussicht stehenden Eintritt Italiens in den Krieg doch wenigstens durch eine Demonstration begleiten. Der serbische Generalstab wies in seinen Antworten auf die

— kaum bestehenden — Gefahren hin, die dem Lande nicht bloß von Bulgarien, sondern angeblich auch von Albanien her drohten *•) und derentwegen eine Expedition nach Nordalbanien unvermeidlich geworden sei; trotzdem sei er bereit, in absehbarer Zeit zum Angriff im Sinne der Konvention mit Italien zu schreiten, allerdings unter der Bedingung, daß die Alliierten dem serbischen Heere wirtschaftlich beisprängen. Der Prinzregent kündete denn auch am 21. Mai an, daß Serbien gemeinsam mit Italien und Rumänien die Offensive ergreifen werde. Aber schon zehn Tage später wurde die Absicht unter Berufung auf das von den Grenzströmen geführte Hochwasser wieder zurückgestellt. Trotz der augenblicklichen Schwäche des Gegners wagte es der Serbe nach den Erfahrungen des Feldzuges 1914 und bei seiner gewiß mangelhaften Ausrüstung nicht mehr, seinen Fuß über die Save und die Drina zu setzen.

Übrigens sollte die russisch-italienische Militärkonvention vom 16. Mai auch in anderer Beziehung ein Stück Papier bleiben, da die Italiener nicht einmal den Isonzo zu überschreiten vermochten, während die Russen immer weiter ins Innere ihres Landes zurückgedrängt wurden. Der Generalquartiermeister der Stawka, Gen. Danilow, klagt: „Ungeachtet der bescheidenen Kräfte, die Österreich gegen Italien eingesetzt hatte, war es ihm gelungen, die Offensive der italienischen Truppen zum Scheitern zu bringen . . .2).“

Ebenso erwiesen sich die Hoffnungen Rußlands auf Rumäniens Hilfe als trügerisch. Bratianu stellte in der offenkundigen Absicht, einen Kampf um Zeitgewinn zu führen, bei seinen Verhandlungen mit der Entente Gebietsforderungen auf, die in bezug auf das Banat die serbischen, auf die Bukowina russische Interessen schwer verletzten. „Die sich

!) An Versuchen, Albanien zugunsten Österreich-Ungarns zum Aufstand zu bringen, hatte es in den ersten Kriegsmonaten nicht gefehlt. Sie wurden aber dann als aussichtslos aufgegeben.

2) Danilow, 482 f.

an der galizischen Front entwickelnden Ereignisse,“ schreibt Danilow, „waren nicht dazu angetan, Rumänien gerade jetzt za einem aktiven Hervortreten zu veranlassen. Diejenigen hatten recht gehabt, die die Ansicht vertraten, daß das Hervortreten Rumäniens weniger von der einen oder anderen zugesagten Grenze abhinge als von der tatsächlichen Lage auf dem Kriegsschauplätze.“ Da überdies die Angriffe der Franzosen und Engländer im Westen bisher keine erkennbare Entlastung gebracht hatten, sah sich das schwer getroffene russische Heer auch weiterhin ausschließlich auf seine eigene Kraft gestellt.

Gen. Iwanow hatte am 19. und 20. Mai unter dem Eindruck der Ereignisse bei Jaroslau einen schwerwiegenden Entschluß gefaßt. An dem erstgenannten Tage hatte er für den 21. die Räumung der Feste Przemyśl verfügt, um die dortigen Truppen nicht „dem Zufall auszuliefern“. Am 20. erließ er vorbereitende Weisungen für den allgemeinen Rückzug seiner ganzen Front in die Linie Wyśmierzyce—Józefów—Krasnobród— Narol — Magierów—Wereszyca—Dniester—Halicz — Stanislau—Ottynia— Kolomea—Śniatyn—Czernowitz, in der schon seit einiger Zeit fleißig geschanzt wurde. Die Bewegung sollte in etwa vierzehn Tagen vollzogen sein, wobei die Linie Wyśmierzyce—Sandomierz—Lubaczów—Mościska— Koniuszki-Siemianowskie—Stryj—Kolomea als erste Zwischenstellung in Aussicht genommen war. Als jedoch im Laufe des 20. Mai der Druck Mackensens auf die Front Dimitriews wegen der bei den Verbündeten eingeschalteten Atempause nachließ, widerrief Iwanow diese Weisungen noch am Abend und damit zugleich den Befehl zur Preisgabe von Przemyśl.

Unterdessen hatte auch die Stawka, allerdings mit der ihr eigenen Bedächtigkeit, einzugreifen versucht. Am 19. war dort der Entschluß gefaßt worden, im Raume Rawa Ruska—Tomaszów eine Reservearmee zu versammeln, die berufen sein sollte, einen weiteren Durchbruch Mackensens in der Richtung auf Lemberg mit zusammengefaßter Kraft aufzufangen1). Diese Armee, die als neue 12. dem in dieser Gegend vom Einleitungsfeldzug her wohlbewanderten Gen. Plehwe unterstellt sein sollte, hätte zunächst aus dem von der Narewfront schon anrollenden II. kauk. Korps und einer sich ebenfalls schon dem Kriegsschauplatz nähernden Division aus dem Kaukasus zu bestehen gehabt, denen drei weitere Divisionen der Nordwestfront beizugesellen gewesen wären.

Iwanow setzte diesen Plänen der Stawka überraschenderweise den selbstbewußten Vorschlag entgegen, die Lage in Galizien möglichst rasch

i)Boncz-Brujewitsch, II, 166 ff.; Nesnamow, IV, 45 ff.; Za j o n t s c li-kowskij, 301 ff.; Danilow, 507.

durch eine allgemeine Offensive wiederherzustellen, die zunächst die Linie Baranów—Rzeszów—Dynów—Turka—Máramaros-Sziget gewinnen sollte. Selbstverständlich paßte ein Aufmarsch Plehwes bei Tomaszów nicht in dieses Konzept. Iwanow erbat sich die schon anrollenden drei Divisionen zur Verstärkung der 11. Armee in den Raum Mikołajów— Halicz, während er andere Verstärkungen ins Ausfallstor Sandomierz— Nisko gewiesen und daher über Kraśnik herangeführt wissen wollte. Diese Anträge kamen der Stawka schon deshalb nicht ungelegen, weil Alexejew die Überweisung der von ihm noch geforderten drei Divisionen von der Erlaubnis abhängig machte, gegebenenfalls hinter den Narew und in die Stellung von Grojec (westlich von Warschau) zurückweichen zu dürfen. Die Heeresleitung faßte daher bloß die Weiterleitung des II. kauk. Korps nach Chodorów ins Auge, indes bei Lemberg aus der vom Kaukasus kommenden Division und der 3. GID. ein neues XXIII. Korps gebildet werden sollte.

Allerdings trat nun auch Alexejew mit einem großen Plan hervor. Noch in Unkenntnis der Absichten Iwanows, hielt er es bei dem allem Anschein nach unmittelbar bevorstehenden Eingreifen des italienischen Heeres für unzweckmäßig, die Zeit durch Truppenansammlungen hinter der Mitte der Südwestfront zu vergeuden. Iwanow sollte Zusehen, in der Abwehr mit seinen eigenen Kräften auszukommen. Dafür wären nach Alexejews Auffassung zwischen der Pilica und der oberen Weichsel zwei Armeen in der Gesamtstärke von acht Korps zusammenzuziehen gewesen, die mit starkem linken Flügel die Offensive in südwestlicher Richtung zu ergreifen und damit die Verbindungen der „Phalanx Mackensen“ in empfindlichster Weise zu bedrohen gehabt hätten.

Neben Iwanow und Alexejew trat in denselben Tagen noch Brussilow mit einem Plane hervor, dessen Ausführung die Lage der Russen in Galizien wenden sollte. Er wünschte nicht weniger als die Überweisung der beiden heranfahrenden Korps (II. kauk. und XXIII.) zu einem Flanken- und Rückenstoß, der aus der Festung Przemyśl gegen die 11. Armee der Verbündeten zu unternehmen gewesen wäre1).

Aber das v/eitere Vordringen der „Phalanx Mackensen“ gewährte den Russen nicht die Zeit, deren die Ausführung solcher Absichten bedurft hätte. Als am 25. die Anträge des ideenreichen Befehlshabers der russischen Nordwestfront bei der Stawka einlangten, hatte die 3. Armee schon wieder einen neuen schweren Schlag erlitten.

Die Schlacht bei Przemyśl

(24. Mai bis 4. Juni)

Hiezu Beilage 22

Vergebliches Ringen östlich von Husaków

Während nördlich von Przemyśl zwischen dem 20. und 24. Mai eine Kampfpause eingetreten war, brannte an den inneren Flügeln der 2. und der 3. Armee auch in diesen Tagen das Feuer der Schlacht einmal stärker, einmal schwächer fort. Einer Telegraphenabteilung der 1. LstlBrig. war es geglückt, sich an das Netz der Festung Przemyśl anzuschließen und den Räumungsbefehl Iwanows (S. 417) abzuhorchen. Dies veranlaßte Boroević, für den 22. der Fortführung des Angriffes durch das Beskidenkorps zuzustimmen und auch die 2. Armee zur Mitwirkung aufzurufen. GdK. Böhm-Ermolli gestand zunächst ein Eingreifen der

27. ID. zu, beharrte aber, als der 22. keinen Erfolg brachte, bei dem Entschlüsse, den Angriff nunmehr, wie es auch die Heeresleitung gewünscht hatte, erst auf den 24. anzusetzen.

Inzwischen hatten in der Nacht auf den 22. Erkundungsabteilungen des k.u.k. X. Korps keinerlei Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Abzug der Russen aus der Sanfeste bemerkt. Der Räumungsbefehl Iwanows war eben widerrufen worden. Dafür brach in derselben Nacht das russische VII. Korps bei Koniuszki-Siemianowskie, Ostrów und Burczyce über die Niederung vor. Die schütteren Schützenketten der 33. ID. warfen den Feind bei Ostrów wieder zurück und nahmen ihm 500 Gefangene ab, bei Koniuszki-Siemianowskie mußten sie aber Raum geben. FZM. Puhallo vermochte den Stoß durch den Wiedereinsatz der schon aus der Front genommenen 14. ID. zu parieren. Die Sorge um die am Südrande des Wielkie Bioto nur durch wenige Bataillone hergestellte Verbindung mit Linsingens linkem Flügel, veranlaßte das 2. Armeekmdo., einige Tage später die 1. KD. der 3. Armee für diesen Raum zu erbitten. Die Heeresleitung erfüllte das Ansuchen. Die Division langte am 25. südöstlich von Sambor ein. Der Russe verhielt sich hier jedoch weiterhin ruhig.

Weniger glimpflich spielten sich die Ereignisse im Kampfraum der böhmischen 9. ID. bei Burczyce ab. Zwar wurden am 22. die Russen mit Hilfe des Wiener SchR. 24, das von der hinter der Front dem Raum südlich von Krukienice zustrebenden 13. SchD. herbeigeholt worden war, wieder über die Blotńaniederung zurückgeworfen. Aber in der Nacht auf den 24., während der linke Armeeflügel zum Sturm rüstete, tauchte der Feind abermals vor dem XVIII. Korps auf und warf die 9. ID., mehrere Kompagnien gefangen abführend, bei Burczyce über den Bło-żewkagrund. Der Armeekommandant stellte dem hart bedrängten Kampfabschnitt zunächst nur einige Schwadronen Divisionskavallerie zur Verfügung, die aber bei der starken Erschöpfung der 9. ID. ebensowenig wie ein herbeigeeiltes Bataillon der 44. SchD. die Behauptung der neuen Stellung südlich der Błożewka zu verbürgen vermochten. Schließlich mußte GdK. Böhm-Ermolli doch dem Einsatz der als Armeereserve schon weiter gegen Westen abgerückten 13. SchD. zustimmen, der es tatsäch-am 25. gelang, die Russen wieder aus Burczyce zu vertreiben und hinter die Błotńaniederung zurückzudrängen. Allerdings blieben die Schützen einige Tage an diesen Kampfraum gefesselt.

Unterdessen setzten die 2. und die 3. Armee ihre Angriffsvorbereitungen an den inneren Armeeflügeln fort. Die letzten Stunden vor Beginn des Angriffes brachten noch einschneidende Änderungen in hohen Befehlsstellen. FZM. Puhallo übernahm anstatt des nach Südwesten gerufenen GdI. Boroević das 3. Armeekmdo. und legte das V. Korpskmdo. in die Hände des FML. Goglia, der mit der Einleitung des Artilleriekampfes im Angriffsraum betraut gewesen war. Auch der Führer der Angriffsgruppe der 2. Armee, GdK. Tersztyánszky, mußte, zum Befehlshaber gegen Serbien ernannt (S. 412), das IV. Korpskmdo. an den FML. Schmidt-Georgenegg abgeben.

Am 23. nachmittags begann die artilleristische Vorbereitung. Rechts hatte FML. Schmidt-Georgenegg mit dem XIX. Korps (29. und 34. ID.) beiderseits von Ostrozec, mit dem IV. Korps (32. ID., 51. HID. und

27. ID. im ersten, 31. ID. und 43. SchD. im zweiten Treffen) beiderseits von Pnikut in nordöstlicher Richtung anzugreifen. Links vom IV. Korps wurde, bei Husaków von der in die Front genommenen k.u.k. 2. ID. begleitet, das deutsche Beskidenkorps angesetzt. Den Schlüsselpunkt der „starken, teilweise betonierten und in mehreren, oft bis zu sieben Reihen hintereinanderliegenden1)“ Stellungen der Russen bildete die festungsartig ausgebaute Höhe Gaj nordwestlich von Pnikut.

Gegenüber der technischen Stärke der russischen Abwehr empfanden die Verbündeten vor allem den Mangel an Steilfeuergeschütz überaus bitter. Sehnsüchtig hielt die Armee Böhm-Ermolli in den ersten zwei Tagen der neuen Kampfphase nach den schweren Haubitzen und der 30.5 cm-Mörserbatterie Ausschau, die ihr zugewiesen waren. Zumal der

i) (H o e n), Österreichisch-ungarische Kriegsberichte, Heft 4 (Wien 1915), 30.

Antransport der schweren Mörser litt stark unter den zahlreichen Brückenzerstörungen, durch die die ohnehin recht mangelhaften Straßenzüge unterbrochen waren. Nachdem die Batterie endlich in der Nacht auf den 27. südlich von Krukienice aufgefahren war, nötigten kleine Reparaturen am Geschütz erst wieder zu einer Verzögerung des Feuerns um einige Stunden; zur selben Zeit widerfuhr das gleiche Mißgeschick den hinter dem Beskidenkorps wirkenden Mörsern. Zu allem Ueberfluß ließ auch die Erkundung der feindlichen Stellungen zu wünschen übrig, da die wenigen Flugzeuge viel unter Motorschäden zu leiden hatten. Der Ruf nach Schießbedarf erscholl immer wieder von allen Seiten; er wurde von der Heeresleitung mit der Erklärung beantwortet, daß die Leistungen der Rüstwerkstätten in der Heimat ohnehin aufs höchste gespannt seien und mehr Munition in näherer Frist nicht erhofft werden dürfe. Selbst der Nachschub an Verpflegung hatte, namentlich bei der auf die schlechten Karpathenstraßen gewiesenen 2. Armee, mancherlei erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden.

Sicherlich hatte auch der feindliche Armeeführer Brussilow über ähnliche Hemmnisse in nicht geringem Ausmaße zu klagen. Seine Artillerie kämpfte womöglich mit noch größerem Munitionsmangel und hinter der Kampflinie der Infanterie warteten lange Ketten unbewaffneter Ersatzmänner auf die Gewehre, die von Toten und Verwundeten lieger gelassen wurden. Umso erstaunlicher war der Widerstand, den der Russe trotzdem den opfervollen Anstürmen der Regimenter Böhm-Ermollis und Puhallos entgegenzusetzen wußte.

Am 24. um 4hfrüh setzten das Beskidenkorps, vier Stunden später der vom FML. Schmidt-Georgenegg befehligte linke Flügel der 2. Armee zum Sturme an. Es gelang den Divisionen an diesem Tage wohl, auf 150 bis 100 m an die Hindernisse des Feindes heranzukommen, aber die überaus geschickt angelegten Flankierungseinrichtungen der Russen machten dann jedes weitere Vordringen unmöglich. Der Führer der 32. ID., GM. Ritt. v. Willerding, erinnerte in einer Meldung, daß der Stand seines Heereskörpers in den letzten Wochen von 5200 auf 1900 Feuergewehre gesunken sei. Nicht besser sah es bei den meisten anderen Angriffsdivisionen aus.

In den nächsten Tagen wurde viel mit der Sappe gearbeitet, und am 26. gelang es dem Beskidenkorps und den links im Anschluß fechtenden Teilen der 2. ID., östlich von Husaków einen unter den gegebenen Verhältnissen immerhin sehr begrüßenswerten Erfolg zu erringen. Aber es blieb bei diesem einem größeren Fortschritt und tags darauf mußte selbst ein Korpsführer von der Tatkraft des GdK. v. der Marwitz erklären, daß an ein Erreichen der Straße von Mościska ohne Verdoppelung seiner Divisionszahl in kurzer Frist nicht zu denken sei. Die Verstärkungsbitte wurde ebenso abgelehnt wie der Vorschlag der ob der Erfolglosigkeit des Hauptangriffes enttäuschten 44. SchD., die sich erbötig machte, aus ihren Gräben am oberen Błotńagrund in das dort vielleicht schütterere Stellungsnetz der Russen hineinzustoßen. Nur die kaum irreführenden Meldungen, daß Teile der gegenüberstehenden russischen Armee nach Norden abzögen, und immer wiederkehrende Nachrichten über eine unmittelbar bevorstehende Preisgabe von Przemyśl ließen die 2. Armee hoffen, doch noch bis Ende des ereignisreichen Monats Mai die Linie Strwiążnmndung— Mościska zu gewinnen.

Der Vorstoß Mackensens über Radymno

Das AOK. hatte es gegenüber Böhm-Ermolli und Puhallo die ganzen Tage über nicht an Mahnungen und Aufmunterungen fehlen lassen, endlich in den Rücken der Sanfeste vorzustoßen. Seine Geduld war durch die zähen Kämpfe bei Husaków und Pnikut auf eine umso härtere Probe gestellt, als die 11. Armee inzwischen südöstlich von Radymno Ansehnlichem geleistet hatte, und bei gleichem Fortschreiten der 3.und der 2.Armee eine völlige Abschnürung von Przemyśl nicht undenkbar gewesen wäre.

Welche bedeutende Rolle die Sanfeste in den Händen des Feindes noch zu spielen vermochte, hatte eben diese Kriegshandlung Mackensens gezeigt. Solange Przemyśl in der Flanke drohte, war es dem Stoßkeil der Verbündeten unmöglich, die ihm nach der Natur der Dinge zufallende Richtung gegen Osten und Nordosten einzuhalten. Die Führung der Mittelmächte mußte sich vielmehr entschließen, die Spitze dieses Keils nunmehr nach Südosten, in den Rücken von Przemyśl, abzudrehen, ein Manöver, das bei dem eigenartigen Verlauf der Front im Sanwinkel und östlich von Jaroslau auch manche schwere Gefahren in sich schloß.

Mackensen hatte schon am 19. die zur Ausführung dieser Bewegung nötige Umgruppierung einzuleiten begonnen, indem er der 4. Armee auftrug, den rechten Flügel des IX. Korps gegen die Lubaczowkamündung hin zu strecken und damit Teile der deutschen 19. ID. frei zu machen. Am 20. ergingen weitere Weisungen für das Zusammenrücken des k.u.k. VI. Korps und der Garde im Raume Tuczępy—Makowisko. Der Angriff war zu führen: vom XXXXI. RKorps über Radymno in der Richtung Nakło und Buców, vom VI. Korps über Duńkowice gegen Kalników, von der Garde südlich der Linie Makowisko—Bobrówka—Mielniki, wobei die 2. GID. bei fortschreitendem Angriffe die Deckung der 1. GID. gegen Norden im Anschluß an das deutsche X. Korps zu übernehmen hatte. Diesem Korps blieb die engere, der k.u.k. 4. Armee die weitere Flanken- und Rückensicherung des Durchbruches von Radymno überlassen, wobei dem Erzherzog Joseph Ferdinand gesagt wurde, daß er seine Aufgabe am zuverlässigsten durch die Vertreibung des Feindes aus dem Sanwinkel lösen würde. Zur Rechten hatte die 11. bayr. ID. Mackensens Manöver zu sichern, deren Südflügel bei Ujkowice durch die 4. KD., GM. Berndt abgelöst worden war. Die deutsche 119. ID. und die ll.HKD. waren westlich von Radymno als Reserve ausgeschieden.

Am 23. nachmittags begann das Einschießen der Artillerie. Des anderen Morgens um 8h löste sich das Fußvolk nach einem zweistündigen Bombardement, das den Feind an Gorlice erinnert haben mochte, aus dem Gewirr von Deckungen. Zunächst wurde der gegen Tuczępy vorspringende Stellungsbogen des XXI. Russenkorps von Franęois und Arz in die Zange genommen. Starke Abteilungen des Feindes wurden zu schleuniger Flucht gegen den San gezwungen, vom anderen Ufer her durch Geschütz- und Maschinengewehrfeuer empfangen. Hunderte von Russen fanden im Flusse den Tod, Tausende zogen die Gefangenschaft vor. Um die Mittagsstunde nahm Franęois Radymno, indes sein Südflügel gegenüber dem zähen XII. Korps Brussilows nicht über die Rada durchdringen konnte; Mackensen setzte hier noch gegen Abend die 119. ID. ein.

Nördlich vom XXXXI. RKorps stieß die 39. HID., über Ostrów vordringend, vor dem Brückenkopf von Zagrody auf verzweifelten Widerstand. Inzwischen hatte sich am Vormittag die sudetenländisch-westgalizi-sche 12. ID., zum Teil in den Vorrückungsraum der Garde übergreifend, des Dorfes Wietlin und einige Stunden darauf in dem schwierigen, keinerlei Übersicht gewährenden Gelände auch des ausgedehnten Fleckens Wy-socko bemächtigt. Während die 24. IBrig. südlich von Wysocko mit Teilen gegen den San einschwenkte, fühlte abends die 23. IBrig. *) gegen Łazy vor. Nicht besser erging es den Russen gegenüber der preußischen Garde, die im Raume nördlich von Wietlin und bis Bobrówka durchgestoßen war.

Der neue Führer der 3. Russenarmee, Gen. Lesch, hatte geglaubt, dem Angriff der Verbündeten am besten dadurch zu begegnen, daß er das III. kauk., das XXIV. und das aus Truppen zwischen der Lubaczówka und Olchowa neu zusammengestellte XXIX. Korps zum Gegenangriff in den Rücken von Mackensens Stoßkeil aufrief. Aber noch ehe diesem Befehl Folge geleistet werden konnte, sah sich das in der Front von der deutschen 20. ID. angefallene XXIX. Korps im Süden durch die Garde überflügelt. Verfolgt von den Regimentern Emmichs, eilten die Russen Hals über Kopf hinter die Lubaczówka zurück. In größter Hast warf Lesch einige Reiterdivisionen und von ungefähr zusammengeraffte Infanterieabteilungen in die zwischen dem V. kauk. und dem XXIX. Korps klaffende Lücke. Die Verluste, die die schwer geprüfte 3. Russenarmee an diesem neuen Unglückstag erlitten hatte, waren wieder sehr empfindlich. Einzelne eben erst auf gefüllte Regimenter waren auf 300 und 200 Mann zusammengeschmolzen23). Die Zahl der durch die Verbündeten zurückgeführten Gefangenen betrug 21.000; ein Drittel davon wurde durch das k.u.k. VI. Korps eingebracht, von dem allerdings namentlich die 12. ID. auch keine geringe Einbuße durch Tod und Verwundung zu verzeichnen hatte. Aber wenn auch die Ausführung des von Gen. Lesch angeordneten großen Flanken- und Rückenangriffes noch achtundvierzig Stunden auf sich warten ließ, so zeigten doch zahlreiche bei Tag und Nacht ausgeführte Teilstöße des Feindes, daß dieser noch nicht gesonnen war, aus dem neuerlichen Vorgehen Mackensens entscheidende Schlußfolgerungen zu ziehen.

Für den 25. Mai trug GO. Mackensen seinen Korps auf, in ihren Gefechtsstreifen unaufhaltsam vorzudringen und „dem Feind nach Möglichkeit den Rückzug über Mościska zu verlegen“. Die ll.bayr., die 119. ID. und die 81. RD. sahen sich auch diesen Tag über durch den starken Widerstand der Russen mehr oder minder an den Platz gebannt, was die Bayern bei ihrer Aufgabe, gegen Angriffe aus der Festung zu decken, nicht weiter anfocht. Die 82. RD. gewann von Radymno in südöstlicher Richtung schon in den Vormittagsstunden einigen Raum; aber auch ihr Vordringen war gehemmt, solange nicht die 39. HID. den Brückenkopf von Zagrody zu überwältigen vermochte. Inzwischen war auf dem Ostufer des San die Brigade GM. Metz als Spitze des Stoßkeiles der 11. Armee nach heftigen Kämpfen in glühender Mittagssonne bis zum Ostrand von Łazy vorgestoßen, während die rechts vorgehende Brigade GM. v. Puchalski wegen der ungeklärten Lage bei Zagrody noch i) Boncz-Brujewitsch, II, 168.

etwas zurückhing. Es war der stark ausgesetzten Lage der Division und dem empfindlichen Mangel an ausreichender Luftaufklärung zuzuschreiben, wenn sie nicht nur unter dem Geschützfeuer des Feindes, sondern auch unter dem der beiderseitigen Nachbarn litt.

Um endlich die Russenfront bei Zagrody zu lockern, warf FML. Arz in den ersten Nachmittagsstunden seine Korpsreserve, vier Honvéd-bataillone, zwischen dem San und der 12. ID. in den Kampf. Nun gab es für die Russen vom XXI. Korps in den Verschanzungen von Zagrody kein Halten mehr. Die vorderen Linien der 82. RD. arbeiteten sich bis Święte vor, die Brigade Molnár erreichte Michałówka. Der rechte Flügel der 12. ID. nahm noch Duńkowice und die Bodenwelle dahinter, indes die von der Heeresleitung gewünschte Gewinnung von Nienowice auf den nächsten Tag verschoben werden mußte.

Eine bange Stunde hatte GM. Metz auch deshalb erlebt, weil die Garde erst zu Mittag zum Angriff antrat. Der traditionelle Schwung dieser prächtigen Truppe litt bereits unter der schwierigen Aufgabe, die der Führung durch den Schutz der mit jedem Schritt nach vorne an Tiefe zunehmenden linken Flanke gestellt wurde. In schiefer Schlachtordnung vordringend, kam das Korps bis zum Abend über Łaszki hinaus. Links von ihr stellte die 20. ID. im Raume von Zapałów die Verbindung mit der 56. ID. des Korps Emmich her.

Am 26. Mai drang die Stoßgruppe des GO. Mackensen noch tiefer in die Stellungen des V. kauk. Korps ein. Die Erkundung hatte einen zum Teil ungeordneten Ostmarsch stärkerer russischer Truppenkörper von Przemyśl gegen Mościska ergeben — ein Anreiz mehr, möglichst bald bis an die beide Orte verbindende Straße durchzustoßen. Bei der

11. bayr. und der 119. ID. kam es abermals zu keiner wesentlichen Änderung der Lage. Das Korps Franęois schwenkte gegen Sośnica ein; eine Kampfgruppe stand abends auf dem rechten Sanufer. Die 39. HID. nahm nach mannigfachen Hemmnissen am frühen Nachmittag über verschiedene Wasserläufe hinweg das Dorf Nienowice. Während die Brigade Puchalski ins zweite Treffen genommen worden war, stürmte wieder links von ihr die Brigade Metz allen anderen Truppen der Armee Mackensen voran. Sie warf die Russen von der Höhe Horodysko und entzündete abends bei Chotyniec und südlich davon ihre Wachtfeuer. Teile der Brigade hatten auch beim Kampfe der Garde um Zaleska Wola mitgewirkt. Die deutsche 20. ID. schob ihre Linien beiderseits der von Jaroslau nach Lubaczów führenden Bahn um einige Kilometer vor. Am linken Flügel des deutschen X. Korps wurde unterhalb der Lubaczowkamündung die als

Armeereserve in Aussicht genommene deutsche 19. ID. bis zum Abend vollends durch Truppen der k.u.k. 4. Armee abgelöst.

Der Rückschlag bei Sieniaiva

Inzwischen hatte am 25. Mai der von Mackensen wie vom AOK. gleich erwünschte Angriff der 4. Armee im San-Weichselwinkel eingesetzt.

Im Zusammenhang mit dem Abgehen des GdK. Dankl nach Tirol (S. 411) war zwei Tage zuvor die rund vier Divisionen starke 1. Armee als Armeegruppe GdK. Karl Freih. v. Kirchbach dem 4. Armeekmdo. unterstellt worden. Kirchbachs Heereskörper wurden (bei Auflösung des

I. Korpskmdos.) in drei Gruppen gegliedert: GM. v. Czapp (16. KBrig., 46. SchD., Teile der 41. HID.), GdI. Johann Freih. v. Kirchbach (II.Korpskmdo., 4. und Teile der 25. ID., Polenbrigade Piłsudski) und FML. Schay (Teile der 25. ID. und Hauptkraft der 41. HID.). Die im Sanwinkel westlich vom XIV. Korps angesetzten Truppen des früheren komb. Korps Karl Kirchbach — deutsche 47. RD., Hauptkraft der 21. SchD., 37. HID., Gruppe FML. Stöger-Steiner und die von Rudnik nach Baranów zurückgenommene halbe 2. KD. (3. KBrig.)—wurden zum VIII. Korps unter FZM. Scheuchenstuel zusammengezogen.

Die Streitkräfte des Erzherzogs Joseph Ferdinand nahmen jetzt mit ihren 113.000 Feuergewehren eine Frontbreite von 150km ein. An Armeereserven gab es bloß vier Bataillone des Székler IR. 82x) westlich von Leżajsk und das Egerländer SchR. 6 bei Jeżowe. Gemäß den vom Oberkmdo. Mackensen erteilten Befehlen traf das 4. Armeekmdo. am 22. und 23. Mai seine Verfügungen, in deren Mittelpunkt sich der für den

25. vorgesehene Angriff des VIII. Korps auf die von Tarnobrzeg nach Osten verlaufenden vorderen Linien des Sandomierzer Brückenkopfes befand. Die rechts vom VIII. Korps bis zu den Höhen von Sieniawa und an die untere Lubaczówka reichende Front hatte sich zu behaupten und durch* Feuerüberfälle und Vorstöße, beiderseits von Leżajsk auch durch Scheinvorbereitungen für einen Flußübergang, die Aufmerksamkeit des Feindes zu fesseln. Die Armeegruppe Kirchbach links der Weichsel wurde angewiesen, im Einklang mit der Armeeabteilung Woyrsch die Offensive in der Richtung auf Opatów wieder aufzunehmen; die Gruppe GM. Czapp sollte jedenfalls alles daransetzen, durch entschiedenes Vorgehen, mindestens aber durch Flanken- und Rückenfeuer ihrer Artillerie, den rechts von der Weichsel angesetzten Stoß des VIII. Korps zu fördern.

Die Lage im Weichsellande war aber noch nicht darnach angetan, zur Verwirklichung weitergehender Pläne einzuladen. Das sollte sich am 24. bei der Armeegruppe GdI. Kövess zeigen. Heftige russische Anstürme, die an diesem Tage gegen die Bataillone des GM. Goldbach und gegen die 16. ID. losbrachen, wurden zwar abgeschlagen, ohne daß es notwendig war, die nach Przysucha herangeholte 9. KD. ins Feuer zu setzen. Aber die Kraftäußerung des Feindes zeigte doch, daß er noch nicht willens war, freiwillig hinter die Weichsel zu weichen. Unter dem Drucke dieser Verhältnisse mußte auch GdK. Kirchbach erklären, daß seine Kräfte eben noch hinreichten, um die ausgedehnten Stellungen zu halten24).

Am 25. setzte der Angriff des VIII. Korps ein. Er gewann an diesem Tage an der ganzen Front etwas Raum, ohne freilich zu besonderen Hoffnungen zu berechtigen. Auch unmittelbar nördlich der Weichsel gab der Feind etwas nach; die gegenüberstehenden Truppen, die 16. KBrig. und der Südflügel der 46. SchD., behielten die Gefechtsfühlung. Am 26. hatte nur mehr die 21. SchD. des VIII. Korps kleine Fortschritte zu verzeichnen. In den nächsten Stunden aber sollte dieser von Anbeginn von keinem günstigen Stern begleiteten Kriegshandlung ein empfindlicher Rückschlag am rechten Armeeflügel ein jähes Ende bereiten.

An diesem Armeeflügel war im Laufe der letzten zwei Tage die vom Oberkmdo. Mackensen befohlene Ablösung der deutschen 19. ID. unterhalb der Lubaczowkamündung derart vollzogen worden, daß die k.u.k.

10. ID. ihr letztes Regiment in die Front nahm, und daß dem IX. Korps dafür die vier noch nicht eingesetzten Bataillone des IR. 82 in den Raum südlich von Glogowiec als Reserve zugeführt wurden (S. 386 und 426). Am 26. spät abends war die Neugruppierung durchgeführt. Der erweiterte Brückenkopf von Sieniawa war an dem 4 km nordöstlich der Lubaczowkamündung vorgeschobenen rechten Flügel von einem Regiment der 10. ID. besetzt, in der Mitte von vier siebenbürgischen Bataillonen der Gruppe Szende (S. 386) unter dem Kmdo. dieses Generals, am linken Flügel wieder durch viereinhalb Bataillone der 10. Division. Diese vom GM. Reymann befehligten zwölfeinhalb Bataillone traf der Hauptstoß des vom Führer der 3. Russenarmee schon am 25. angeordneten, nun aber in der Nacht auf den 27. losbrechenden Angriffes.

i) Die Armeegruppe Kirchbach erfuhr in diesen Tagen durch die Abgabe von zwei Batterien für den Südwesten noch eine weitere Schwächung.

Der Ansturm des III. kauk. Korps, das in diesem Raume vorging, stieß zuerst gegen das auf den Höhen nördlich von Sieniawa wohlverschanzte Jungbunzlauer IR. 36. Wie die später eingeleitete Untersuchung ergab, drangen die Russen, ohne ernsten Widerstand überwinden zu müssen, in die Gräben des Regiments ein und weit über sie hinaus. Die 36er fluteten in voller Auflösung über Sieniawa zurück und rissen auch ihre gleichfalls größtenteils aus tschechischer Mannschaft bestehenden Nachbarabteilungen zur Linken mit. Nicht so rasch gaben sich die Siebenbürger zur Rechten besiegt und ein Bataillon der noch in der Nacht herbeigeholten Korpsreserve stürmte noch auf die von den Tschechen verlassene Slawahöhe vor, konnte aber nur das dort zurückgelassene schwere Geschütz unbrauchbar machen. In weiterer Folge scheiterte auch der Versuch des IX. Korps, wenigstens südlich von Sieniawa einen die Lubaczówka-mündung halbkreisförmig umschließenden Brückenkopf zu halten, an der schweren Erschütterung der Truppen. Noch am Abend erteilte das Armeekmdo. auf Vorschlag des FML. Králiček und mit Zustimmung Mackensens den Befehl, die stark mitgenommenen Verbände hinter den San und die Lubaczówka zurückzunehmen. Hinter dem erstgenannten Flusse sammelten sich die geworfenen Teile der 10. ID., indes die Gruppe Szende hinter der unteren Lubaczówka Anschluß an die deutsche 56. ID. fand, dort aber in den nächsten Tagen durch deutsche Truppen freigemacht wurde.

Den Angriff des VIII. Korps und damit auch den der Gruppe nördlich von der Weichsel hatte der Armeekommandant, Erzherzog Joseph Ferdinand, schon am 27. morgens einstellen lassen, da es vor allem darauf ankam, Reserven für den schwer bedrohten rechten Armeeflügel zu gewinnen. Viel war es allerdings nicht, was im ersten Augenblick zusammengerafft werden konnte: etwa sieben Infanteriebataillone, die 3. KBrig. und einige Schwadronen Divisionskavallerie. Zum Glück für die 4. Armee blieb auch das III. kauk. Korps der russischen Gewohnheit treu, nach jedem Erfolg Atem zu schöpfen; es drängte vorerst nur bis an den San nach, obgleich es Gen. Lesch durch eine Division des X. Korps verstärkt hatte. Entschlosseneres Durchgreifen des Feindes hätte bei der ungünstigen Verfassung der Verteidiger unter Umständen die Lage der Verbündeten nördlich von Przemyśl aufs schwerste gefährden können.

Der Rückschlag bei Sieniawa hatte denn auch nicht verfehlt, bei den höheren Befehlsstellen tiefen Eindruck zu machen. Wie wenige Wochen zuvor das IR. 28, wurde das alte, an ehrenvollen Überlieferungen reiche

IR. 36 einige Tage später auf kaiserlichen Befehl aus den Listen des Heeres gestrichen. Sein Verhalten wie das seiner linken Nachbarn wurde vor allem dem ungünstigen Einflüsse zugeschrieben, den die jüngst eingereihte Ersatzmannschaft auf das Gefüge der Truppe ausgeübt hatte. Die 10. ID. und die Gruppe Szende zählten nach dem unglücklichen Kampfe zusammen nur 7200 Gewehre. Die Verluste betrugen 9120 Mann, 11 Maschinengewehre und 9 schwere Geschütze. Die Russen meldeten nur 1000 Gefangene, welche Zahl im Vergleich zu den Gesamtverlusten auffällt und eigentlich gegen ein planmäßiges Einverständnis zwischen Angreifer und Verteidiger spricht. Ohne die unzweifelhaften Leistungen anderer aus tschechischen Gebieten stammender Truppenteile zu unterschätzen, erblickte das 4. Armeekmdo. in der starken Durchsetzung der Armeefront mit tschechischer Mannschaft für weiterhin doch eine nicht unbeträchtliche Gefahr, und auch die Heeresleitung warnte die unterstellten Führer in einem besonderen Befehle, wichtige Verteidigungsabschnitte tschechischen (oder auch ruthenischen) Regimentern allein anzu vertrauen.

Das Oberkmdo. Mackensen woirde durch die Krise bei Sieniawa veranlaßt, die schon in den Raum um Jaroslau abgegangene deutsche 19. ID. wieder auf das Schlachtfeld zurückzurufen und eines ihrer Regimenter am linken Flügel des Korps Emmich einzusetzen. Dieses war in der Nacht auf den 27. gleichfalls heftig angegriffen worden und hatte sich den ganzen Tag über wider die Anstürme der Russen seiner Haut zu wehren. Irgend einen nennenswerten Erfolg zu erzielen, war dem Feinde in diesem Kampfraum aber versagt.

Fortführung des Angriffes der 11. Armee

Im übrigen hatte das Oberkmdo. Mackensen schon am 25. mit der Möglichkeit zu rechnen begonnen, daß der Russe die absonderliche Lage der mit tiefer Flanke von Jaroslau gegen Südosten vorgeschobenen Korps zu einem Gegenschlag ausnützen könnte. Demgemäß waren die Weisungen für den 27. gehalten gewesen. Die Aufgabe, den Stoß gegen die Straße Medyka—Mościska zu führen, war nunmehr dem XXXXI. RKorps übertragen worden, das zu diesem Zwecke in der Nacht auf den 27. seine 81. RD. hinter der noch vor Sośnica festgebannten 82. auf das rechte Sanufer zu nehmen hatte. Dagegen sollten die Vorrückungsziele der beiden Korps der Mitte begrenzt sein. Das k.u.k. VI.Korps hatte sich mit dem Gewinn von Kalników und der Höhen nördlich zu begnügen; die Garde sollte sich östlich und nördlich von Chotyniec und bei Korzenica festsetzen sowie gegen die Höhe A241 die Verbindung mit dem k.u.k. IX.Korps hersteilen25). In den also vorgezeichneten Räumen hatten sich die Korps zu festem Widerstand einzurichten. Der Sicherheit halber sollte überdies zwischen Sośnica und Zapałów eine zweite Widerstandslinie eingerichtet werden. Als Armeereserve wurde an Stelle der 19. ID. die Masse der 119. aus der Front gezogen, der überdies die ll.HKD., ohne die bei der 11. bayr. ID. verbleibenden Fußabteilungen, in den Raum um Jaroslau zu folgen hatte.

Der Angriff des Korps Franęois stieß auch am 27. auf die besonders heftige Gegenwehr der Russen. Während die 82. RD. Sośnica noch immer nicht zu bezwingen vermochte, konnte die 81. erst in den Nachmittagsstunden aus dem Raume südlich von Nienowice zum Angriffe gegen Stubno und die benachbarten Orte vorbrechen, deren sie bei einbrechender Dunkelheit Herr wurde. Durch dieses Abbleiben des XXXXI. RKorps waren dessen linke Nachbarn, zumal die 39. HID., bei der um 9h früh angetretenen Vorrückung über Kalników unablässig starkem Flankenfeuer ausgesetzt. Dennoch drang die Honvéd knapp nach Mittag in Kalników ein, und im Laufe des Nachmittags setzte sich die 12. ID. in den Besitz der Höhen nördlich des ebengenannten Ortes. Gleicherweise erreichte die Garde — an ihrem Südflügel in enger Zusammenarbeit mit den Österreichern — die ihr vorgeschriebenen Räume. Allenthalben hatten die Russen das Vordringen der Verbündeten auch durch Gegenangriffe aufzuhalten gesucht.

Wie vor zehn Tagen das XII. und das XXI. Korps, war nun auch das V. kauk. Korps dem Gen. Brussilow unterstellt worden, dessen Befehlsbereich damit alle für das Schicksal von Przemyśl unmittelbar entscheidenden Abschnitte des mittelgalizischen Schlachtfeldes umfaßte. Für drei Nächte hintereinander — die Nacht auf den 26., den 27. und den

28. — hatte Iwanow die ungesäumte Räumung der Feste verfügt, den Befehl jedoch immer wieder zurückgenommen. Zuletzt griff die Stawka mit der bestimmten Weisung ein, Przemyśl dürfe erst geräumt werden, bis „alle Möglichkeiten der 8. Armee erschöpft“ wären 26). Brussilow hatte schon bisher diesem Wunsche am besten dadurch entgegenzukommen geglaubt, daß er von seiner Südfront Truppenteil auf Truppenteil dem Stoßkeil Mackensens entgegenwarf. Dieser Kraftzuwachs des rechten Flügels der 8. Armee belief sich bis Ende des Monats Mai sicherlich auf mindestens vier Divisionen.

Aber auch Lesch wollte dem Schicksale von Przemyśl nicht untätig gegenüberstehen. Nach dem Erfolge bei Sieniawa hatte er am 27. abends seiner Stoßgruppe den Auftrag erteilt, den Angriff fortzusetzen. Hiebei sollte ein ,,Teil des III. kauk. Korps“ gegenüber von Sieniawa einen Übergang gewinnen, das XXIV. bei Radawa in die deutschen Linien einbrechen und das XXIX. über Olchowa sowohl in den Rücken der gegnerischen Lubaczówkafront wie auch in den der Stoßgruppe Mackensens vorbrechen. Allerdings wurde — besonders wertvoll für das k.u.k.

IX. Korps — der Beginn dieses neuerlichen Angriffes erst auf den 30. früh angesetzt.

Unterdessen hatten am 28. Mai Angriffstruppen Mackensens weitere Fortschritte erzielt. Die ll.bayr. ID. hatte an ihrem rechten Flügel die Front auf die Höhen südlich von Batycze vorgeschoben und mit ihrem linken Flügel die Höhen südlich und südöstlich von Drohojów gewonnen. Der 82. RD. war es in den frühen Morgenstunden endlich gelungen, dem Feinde Sośnica zu entreißen. Teile der Division verfolgten südwärts gegen Walawa, andere Teile wurden auf das östliche Sanufer gezogen, wo die 81. RD. bei stark zurückgebogener linker Flanke bis über Naklo vorstieß. Inzwischen hatte das durch Truppenzuschub verstärkte V. kauk. Korps aus dem Raume Krakowiec—Starzawa zu einem heftigen Gegenstoß angesetzt. Er wurde von der 81. RD. westlich und nordwestlich von Starzawa abgeschlagen, drückte östlich von Chotyniec die Linien der k.u.k. 12. ID. etwas zurück und führte zwischen diesen Räumen, im Abschnitt Kalników, bei der 39. HID. zu einer nicht unbedenklichen Gefechtskrise, die jedoch gegen Abend unter Mitwirkung von Teilen der

12. ID. überwunden werden konnte. Daß die Lage beim Korps Arz dennoch äußerst gespannt blieb, ergibt sich aus der niederen Streiterzahl. Der Stand der Feuergewehre war bei der 12. ID. auf 4600, bei der 39. HID. gar auf 2600 herabgesunken. Sehnsüchtig hielt das Korpskmdo. nach Ersätzen Ausschau.

Die Garde blieb durch den russischen Gegenstoß ziemlich unberührt, ebenso das deutsche X. Korps, das allerdings in der vorangehenden Nacht noch starke Angriffe abzuwehren gehabt hatte.

Mit dem Erreichen der Gegend von Nakło hatte Mackensens Flankenstoß über Radymno kulminiert. Ihn weiter fortzusetzen, schien im Hinblick auf die ungewöhnliche taktische Lage der Stoßgruppe und noch mehr wegen russischer Truppenausladungen, die bei Gródek Jag., bei Lubaczów und bei Zaklików beobachtet worden waren1), nicht mehr ratsam zu sein. Man mußte sich damit zufrieden geben, daß aus der Gegend östlich von Sośnica schweres Geschütz gegen die Straße bei Medyka wirken konnte.

Sehr vorteilhaft war für die Heeresgruppe Mackensen, die k.u.k.

4. Armee mitinbegriffen, daß der von Gen. Lesch am 27. anbefohlene Massenangriff seines linken Flügels kaum zur Geltung kam. Oberhalb von Rudnik unternahmen die Russen am 29. einen Übergangsversuch,, der von der Division Horsetzky ohne Schwierigkeit abgewiesen wurde. Das deutsche X. Korps sah sich am gleichen Tage und besonders heftig am darauf folgenden Morgen an der unteren Lubaczówka angegriffen, ohne daß der Russe jedoch irgendwo durchzudringen vermochte. Allerdings wußten am 30. eingebrachte russische Gefangene übereinstimmend von einem für die nächste Nacht bevorstehenden Angriff großen Stiles zu berichten, der bei den mehrfach bestätigten Truppenansammlungen hinter der russischen Front sehr wohl zu gewärtigen war.

Die Bezwingung von Przemyśl Hiezu Beilage 9

Der Handstreich gegen das Werk Vralkowce

Das Ergebnis der gewaltigen Kriegshandlungen in Mittelgalizien war trotz der bei der 11. Armee errungenen Erfolge und trotz der Anstrengungen Puhallos und Böhm-Ermollis, die große Lemberger Straße von Süden her zu gewinnen, in den letzten Tagen weit hinter den Erwartungen der Verbündeten zurückgeblieben. Przemyśl, um dessen Gewinnung es vor allem ging, war noch immer durch eine zwar schmale und schwer bedrohte, aber doch gangbare Landbrücke mit den Feldarmeen Iwanows verbunden und hinderte die Heere der Mittelmächte ebensosehr am Beziehen jener galizischen Abwehrstellung, die nach den Verabredungen der Generalstäbe allein das Abziehen stärkerer Kräfte gegen Italien oder Serbien erlauben mochte, wie schon gar an einer Fortführung des sonst so glanzvollen Feldzuges nach Ostgalizien oder Wol-

!) Bei Gródek Jag. wurde das XXIII. Korps, bei Lubaczów das ursprünglich nach. Chodorów gewiesene II. kauk., bei Zaklików eine aus dem Weichsellande herangeführte Division des XIV. Korps mit dem Korpskmdo. ausgeladen.

hynien hinein. Dabei wechselten die Nachrichten über die Absicht der Russen, die Sanfeste zu behaupten oder preiszugeben, wie die tatsächlichen, einander jagenden Entschlüsse der russischen Generale. Mit umso größerer Ungeduld sahen die obersten Führer der Verbündeten dem schon angeordneten, aber längere Vorbereitungen heischenden Angriff auf die Festung entgegen.

Als am 26. abermals Nachrichten über die knapp bevorstehende Preisgabe von Przemyśl einlangten, erließ das 3. Armeekmdo. an das X. Korpskmdo., dem nun auch die Gruppe FML. Anton Bellmond*) unterstellt wurde, den Auftrag, nach Vollendung des Artillerieaufmarsches das Werk Prałkowce und die Höhen zwischen diesem und dem Orte Grochowce anzugreifen. FML. Martiny nahm den 30. als Angriffstag in Aussicht. Diese Fristerstreckung wurde aber der Ungeduld der Heeresleitung zunächst nicht völlig gerecht, namentlich dann, als ihr am 28. die irrtümliche Nachricht zukam, die ll.bayr. ID. gehe die Werke an der Nordfront schon am 29. an. Am 28. abends langte bei den in Mittelgaliziep bodenständigen Divisionen Martinys die auf den Vorschlag des Chefs des Generalstabs durch den Armeeoberkommandanten Erzherzog Friedrich erlassene Aufmunterung ein: „Ich bin überzeugt, daß das X. Korps nicht zögern wird, seine Festung wiederzunehmen.“

In der Tat hatte GO. Mackensen an diesem Tage die ll.bayr. ID. angewiesen, nunmehr zum Angriff zwischen den Werken X und XI zu schreiten. Aber dieser Angriff sollte, artilleristisch gründlich vorbereitet, erst am 31. unternommen werden, was das k.u.k. X. Korpskmdo. gerade noch rechtzeitig erfuhr, um den auf Befehl des 3. Armeekmdos. schon für den 29. abends angeordneten Sturm wieder auf den nächsten Tag oder die diesem folgende Nacht verschieben zu können.

Die Hauptkraft der 24. ID., GM. Schneider v. Manns-Au, wurde gegen Prałkowce, die 45. SchD., FML. Smekal, gegen Lipnik und die Höhen nordwestlich von Grochowce angesetzt (Beilage 9). Die artilleristische Vorbereitung forderte besondere Rücksicht auf die ziemlich knappen Munitionsvorräte, über welche die ohnehin nicht allzu zahlreiche Artillerie 2) verfügte. Schon schien die kaum merkbar verminderte Gegenwirkung der russischen Artillerie zu der Meinung zu berechtigen, daß es erst am 31. bei Morgengrauen zum Infanterieangriff kommen werde.

1)    Diese Gruppe bestand aus den westlich vom Wiar stehenden Teilen der 11. ID. und aus der gleichfalls dort eingesetzten 1. LstlBrig.

2)    Beim X. Korps waren insgesamt eingeteilt: 80 Feldkanonen, 28 Feldhaubitzen» 27 schwere Haubitzen, 2 Gebirgskanonen, 8 30.5 cm-Mörser.

Schließlich stimmte aber das Korpskmdo. um 2h nachm. zu, daß der Sturm noch am Abend unternommen werden könne. Kurz darauf kam von der 45. SchD. zur Sturmgruppe der 24. ID. die Mitteilung, daß sie das Werk Lipnik erst angehen werde, nachdem der Nachbar Prałkowce genommen hätte. In der Tat stürmte dann am 30. bei sinkender Sonne die 48. IBrig., Obst. Korzer, mit dem IR. 45 und Teilen des IR. 9 das Werk Prałkowce und die unmittelbar anschließenden Russenstellungen. Von der Besatzung fielen 2 Offiziere und 300 Mann in die Hände der 45er und der den Sturm mitmachenden Sappeure. Allerdings sollte es den Tapferen unter der Führung des Obstlt. Klinger (IR. 45) nicht gegönnt sein, sich des in kühnem Zugreifen errungenen Erfolges lange zu freuen. Die Russen warfen noch am Abend Reserven an die bedrohte Festungsfront, um das wichtige Werk zurückzugewinnen. Am 31. um 3h früh überschüttete ihre Artillerie Prałkowce samt Umgebung mit einem orkanartigen Feuer. Im fahlen Lichte des erwachenden Morgens sah man die Fontänen der einschlagenden Granaten hoch über den Ruinen des Werkes aufsteigen, wo sich die zu Verteidigern gewordenen Eroberer unter Schutt und Trümmern der russischen Infanteriestürme zu erwehren hatten. In dieser kritischen Lage gelang es dem durch die Brigadereserve vorgerissenen IR. 9, die Zwischenfeldbefestigung zwischen Prałkowce und dem San zu durchstoßen. Nun aber wurde die Lage der beiden, weiterer Verstärkung entbehrenden Regimenter gegenüber dem schweren Geschützfeuer der Russen und ihren stürmischen Angriffen von Viertel- zu Viertelstunde kritischer. Während die Front außerhalb des Werkes allmählich abfiel, behauptete sich die Werksbesatzung in heldenmütiger Aufopferung bis in den hellen Tag hinein; noch um 8h früh stand sie mit der Außenwelt in telephonischer Verbindung. Dann aber erfüllte sich ihr Schicksal. Nur einem schütteren Häuflein gelang es, gleichzeitig mit den letzten, außerhalb des Werkes zurückgehenden Abteilungen die Ausgangsstellung zu erreichen. Die Erstürmung von Prałkowce blieb solcherart nur eine Episode, welche die an sie geknüpften Hoffnungen nicht erfüllte. In der Geschichte der beteiligten mittelgalizischen Regimenter und der vier mitwirkenden technischen Kompagnien (drei Sappeur- und einer Pionierkompagnie) blieb sie ein Ruhmesblatt, das erst mit der Auflösung des alten kaiserlichen Heeres verblaßte.

livanorvs Gegenangriff gegen die 11. und die 4. Armee Mittlerweile rüstete der Russe mit der ihm eigenen fatalistischen Zähigkeit nochmals zu einem Gegenschlag, der die Lage in Mittelgali-

zien in zwölfter Stunde retten sollte. Am 25. hatte Januschkiewitsch im Namen des Großfürsten den Gen. Alexejew auf seine Offensivvorschläge (S. 418) wissen lassen, daß vor allem Galizien gehalten werden müsse. Zu diesem Zwecke hatte die Nordwestfront außer dem II. kauk. noch ein Korps — Alexejew wählte das südwestlich von Warschau fechtende XIV.

— an Iwanow abzugeben; dafür wurde die links von der Weichsel fechtende 4. Armee unter die Befehle Alexejews gestellt1).

Gleichzeitig setzte die Stawka alles daran, Iwanow noch einmal zu einer vielleicht Befreiung bringenden Tat anzuspornen. Danilow schlug dem Generalstabschef Iwanows vor, bei Lubaczów einige der 3. und der 8. Armee entnommene Korps zu sammeln, ihnen die neu zugewiesenen Verstärkungen anzugliedern und mit dieser Kraftgruppe gegen Radymno durchzustoßen. Iwanow vermeinte aber offenbar, nicht mehr über die Zeit zu einem solch groß angelegten Manöver zu verfügen. Zudem schienen die Ereignisse bei Sieniawa (S. 428) für ein kürzeres Verfahren zu sprechen, das auch sonst dem wenig phantasievollen Befehlshaber des russischen Südwestheeres besser Zusagen mochte. Er faßte daher den Entschluß, seine ganze Front, wie sie stand und ging, nach dem Einlangen der Verstärkungen, d. i. in der Nacht auf den 1. Juni, zu einem einheitlichen Gegenangriff vorzuführen, der zunächst die Linie Baranów—Rzeszów—Dubiecko—Wyszków—Kimpolung zu gewinnen hatte. Das Schwergewicht der Kriegshandlung sollte in den Raum zwischen der Lubaczówka und der Wisznia verlegt werden, wohin entgegen früheren Entschlüßen zur Verstärkung des nunmehr auch das V. kauk. Korps umfassenden rechten Flügels der 8. Armee jetzt das II. kauk. und das neue XXIII. Korps (S. 418) verlegt wurden. Dagegen führte man das zunächst freilich nur eine Division zählende XIV. Korps und ein komb. Kavalleriekorps über Kraśnik in den San-Weichselwinkel, damit an dieser für den Gegner gewiß besonders empfindlichen Stelle der Druck verstärkt werden konnte.

Den Verbündeten kamen die Absichten der Russen keineswegs überraschend. Das AOK. teilte den unterstehenden Armeen am 31. Mai zu Mittag mit, daß ein starker Angriff des Feindes gegen die „inneren Flügel der 11. und der 4. Armee“ zu erwarten sei. Diese beiden Armeen hätten auf den Ausbau ihrer Stellungen und das Ausscheiden von Reserven bedacht zu sein, die 3. und die 2. Armee unterdessen den Angriff fortzusetzen.

Am gleichen Abend kam noch von der 11. bayr. ID., in deren

J) Zajontschkowskij, 302 ff.; N e s n a m o w, 49 ff.

Reihen auch die Schützen der 11. HKD. fochten, günstige Botschaft. Die Besatzungen der Werke Xa, XIa und XI an der Nordfront, deren artilleristischer Rückhalt durch den Angriff des k.u.k. X. Korps teilweise an die Südwestfront abgezogen worden war, hatten dem Feuer der deutschen 42 cm-Mörser nicht länger standzuhalten vermocht1) und sich erst hinter der Gürtelstraße zu neuem Widerstand festgesetzt. Die Bayern stürmten jubelnd nach. Links von ihnen hatten sich die westlich vom San verbliebenen Teile der 82. RD. näher an den Gürtel herangearbeitet, wenn auch der Feind gerade hier im Hinblick auf die Verbindung der Festung mit der Außenwelt besonders hartnäckig Widerstand leistete.

In der Nacht auf den l.Juni setzte der russische Gegenangriff wider die ganze Front der 11. und der 4. Armee ein. Gegen Nakłó rannten die Russen vergeblich Sturm. Im Bereiche der zu einem schwachen Regiment zusammengeschmolzenen 39. HID. eroberte der Feind die schon einmal heiß umstrittene Höhe südlich von Kalników; doch gewann sie die Hon véd schon am Vormittag zurück. Weniger schwer lastete der russische Gegenstoß auf der Garde, die einige Angriffe nördlich vom Szkło ohne besondere Anstrengung abschüttelte. Dafür verbissen sich die inneren Flügel der Armeen Brussilow und Lesch besonders heftig in das deutsche X. Korps bei Zapałów und an der Lubaczówka, wo der Kampf die ganze Nacht und einen großen Teil des folgenden Tages über anhielt. Der zahlenmäßig überlegene Feind hatte aber nirgends einen ins Gewicht fallenden Erfolg; seine hart mitgenommenen Regimenter flüchteten zum Teil in Auflösung zurück.

Gegenüber der k.u.k. 4. Armee gelang es dem russischen XIV. Korps am l.Juni um 2h früh, in das am Südflügel der 8. ID. bei Stróża fechtende Pilsener SchR. 7 einzubrechen; zugleich mit diesem wurde das links anschließende TKJR. 3 angegriffen, das sich durch Gegenstoß vorübergehend Luft schuf, dann aber doch an den Waldrand jenseits der Bahn zurückgedrängt wurde. Der Einbruch bei den böhmischen Schützen führte außerdem zum Verluste von Ort und Schloß Rudnik. Zwischen den Schützen und den Kaiserjägern klaffte eine Lücke, die durch die am Abend auf dem Kampffeld eintreffenden 600 Mann der 3. KBrig. nur zum Teil geschlossen werden konnte. Der Feind hatte von seinen Übergangsstellen aus einen Brückenkopf von 3 bis 5 km Halbmesser ge-

x) Boncz-Bru je witsch, II, 256. — Die Bayern verfügten, wie die deutschen Truppen fast immer, über eine weit bessere Ausrüstung an Artillerie als die gleichartigen Verbände des k.u.k. X. Korps.

wonnen27). Das Armeekmdo. wagte nicht, das hinter dem IX. Korps stehende Honvédregiment beim XIV. Korps schon einzusetzen. Dafür verschob es in der Nacht auf den 2. Juni fünf Bataillone und eine Batterie des VIII. Korps gegen Jeżowe. Außerdem erhielt die Armeegruppe GdK. Kirchbach, deren rechter Flügel übrigens gleich der Gruppe FML. StögerSteiner ebenfalls Angriffe abzuwehren hatte, den Befehl, ehestens eine Brigade aus der Front zu ziehen und bei Osiek zum Abmarsch gegen die Armeemitte zu sammeln. Die Verschiebung hatte auf leeren Verpflegs-wagen zu geschehen.

Der Mißerfolg vom Vortage ließ am 2. die Anstürme der Russen gegen die 11. Armee schon stark erlahmen. Nur das deutsche X. Korps hatte noch schwer zu kämpfen — mit dem gleichen Ergebnis wie am 1. Juni.

Kritischer gestalteten sich die Dinge wieder bei der 4. Armee. Hier versuchten die Russen, von rücksichtslosen Führern angetrieben, schon in der Nacht zunächst nun auch oberhalb von Rudnik das linke Sanufer zu gewinnen. Einer der beiden Übergangsversuche stieß auf- und abwärts von Leżajsk auf die 106. LstlD., die zwar, durch das hinter der Front stehende Honvédregiment verstärkt, den Stoß des Feindes abzuriegeln vermochte, mit dem weiteren Abdrängen der Russen aber doch noch einige Tage zu tun hatte. Rascher wurden die Regimenter 59 und 14 der Division Horsetzky mit den gegenüber von Krzeszów den San überschreitenden russischen Abteilungen fertig. Nur ein kleines Russennest am linken Flügel der Division blieb noch diesseits vom Flusse zurück.

Arg spielte an diesem Tage das Schicksal wieder der wackeren Division Fabini mit. Nachdem in der Nacht und am Morgen mehrere russische Angriffe abgeschlagen worden waren, richtete sich knapp vor Mittag ein neuer, erdrückender Stoß des Feindes gegen das schon am Vortage schwer hergenommene TKJR. 3 und gegen den „Koffer“ genannten Stellungsvorsprung nordöstlich von Stróża. Ein vernichtendes Granatfeuer wühlte die Linien auf; die Gewehrläufe wurden durch den wirbelnden Sand verstopft. „Was nicht erschlagen und verschüttet war,“ sagt ein Bericht, „wurde von den kurz darauf anstürmenden Russen einfach überrannt und niedergemacht; selbst Verwundete wurden nicht geschont. Es dürften nur wenig unverwundete Gefangene in die Hände des Feindes gefallen sein.“ Der Einbruch beim TKJR. 3 nötigte auch das links anschließende TKJR. 2, in eine scharf nach Osten gewandte Front zurückzuschwenken. Zwei vom VIII. Korps herangeführte Honvéd-bataillone wurden bei Nowosiełki in die Schlacht geworfen. Obgleich die Russen verhältnismäßig behutsam nachrückten, gewann der herbeigeeilte Korpsführer, FML. Roth, doch den Eindruck, daß die Lage bei der 8. ID. unhaltbar geworden war. Von einer Ermächtigung des Armeeführers Gebrauch machend, entschloß er sich, sein Korps in die schon vorbereitete, taktisch ungleich günstigere Stellung zurückzuführen, die sich aus dem Raume südlich von Tarnagóra über Jeżowe gegen die Höhen östlich von Stany hinzog. Der Rückmarsch wurde in der Nacht auf den 3. Juni durchgeführt, ohne daß die Hauptkraft des Korps* durch die Russen wesentlich gestört worden wäre. Selbstverständlich mußte die 47. RD. im Zusammenhang mit dem Zurückgehen desXIV.Korps ihren rechten Flügel von Przyzów Kameralny aus zurückbiegen.

Oberhalb von Tarnobrzeg drückte das XV. Russenkorps neuerlich auf die Gruppe FML. Stöger-Steiner, ohne durchzudringen. Gleiches galt für die russischen Angriffe auf den rechten Flügel der Armeegruppe Kirchbach.

Mit großer Ungeduld hielt das 4. Armeekmdo. nach der 40. HIBrig. Ausschau, deren erste Bataillone am 2. abends in Osiek auf die Wagen gesetzt wurden; die Masse sollte am anderen Morgen folgen. Den FML. Králiček verständigte das Armeekmdo., daß er das bei der 106. LstlD. eingesetzte Honvédregiment nach getaner Arbeit sofort wieder herausziehen müsse. Der Führer des IX. Korps mußte dem Erzherzog melden,, daß die Truppen einem stärkeren Ansturm des Feindes kaum standzuhalten vermöchten. In schwerer Sorge wandte sich Erzherzog Joseph Ferdinand an den GO. Mackensen mit der Bitte, der 4. Armee die in der Gegend von Przeworsk eingelangte 11. HKD. zur Stützung des rechten Armeeflügels zu überlassen. Mackensen stimmte zu, verfehlte aber nicht, dem Erzherzog sein Befremden über das jähe Zurückweichen des XIV0 Korps bekanntzugeben; der Feind stehe infolgedessen von der großen Aufmarschbahn Krakau—Jaroslau nur mehr 20 bis 30 km entfernt. Der Armeekommandant nahm seine alpenländischen Truppen nachdrücklich in Schutz und tat zugleich den festen Willen aller Führer und Truppen kund, trotz der großen Frontausdehnung und der „minimalen Feuergewehrzahl“ die Lage zu behaupten.

Im übrigen konnte die schwerste Krise bei der 4. Armee zu dieser Stunde schon als überwunden gelten. Denn in der zehnten Vormittagsstunde kam die Freudenbotschaft von der Wiedergewinnung von Przemyśl und zu gleicher Zeit die Mitteilung, daß in drei Tagen das durch den Fall von Przemyśl frei gewordene k.u.k. X. Korps hinter dem Südflügel der 4. Armee eintreffen werde. Zudem verlief der 3. Juni an der Front ruhiger, so daß auch die Truppen etwas Atem holen konnten.

Der Fall der Sanfestung (3. und 4. Juni)

Unterdessen hatte auch die südöstlich von Przemyśl angesetzte Front der Verbündeten ihr Bemühen fortgesetzt, endlich der großen Rückzugsstraße der Russen näher zu kommen. Am 30. war es der 27. ID. geglückt, die erste Hindernisreihe der Gajhöhe zu durchschreiten; freilich standen diese oberungarischen Regimenter jetzt auf sechzig Meter vor einem zweiten Drahthindernis. Die 13. SchD. sammelte sich, nachdem sie der 9. ID. Hilfe geleistet hatte (S. 420), hinter der Gruppe Schmidt-Georgenegg. Die Heeresleitung gab neuerlich ihre Ungeduld wegen des langsamen Fortschreitens des Angriffes zu erkennen. Aber die Generale Böhm-Ermolli, Schmidt-Georgenegg und Marwitz kamen am 31. in einer Besprechung doch dahin überein, den Sturm erst auf den 2. Juni anzusetzen, damit die Truppen Zeit gewännen, sich noch näher an die Stellungen des Feindes heranzuarbeiten.

Vor Przemyśl war die 11. bayr. ID. neuerlich auf starken russischen Widerstand gestoßen. In der Sorge, die Bayern könnten sich vor den Festungsmauern verbluten, schlug das Oberkommando Mackensen dem k.u.k. 3. Armeekmdo. vor, das k.u.k. X. Korps vom Südufer des San in die an der Nordfront geschlagene Bresche nachzuziehen. FZM. Puhallo lehnte jedoch ab, da der unverdiente Rückschlag von Prałkowce den FML. Martiny nicht daran gehindert hatte, für den 3. Juni eine Wiederholung des Sturmes vorzubereiten.

Inzwischen überwältigten aber die Bayern am 2. zu Mittag die Besatzung des Werkes X, und am Abend fielen auch die Werke Xb und XII sowie das Dorf Żurawice in ihre Hände. Da sich zur Linken die 82. RD. schon in der vergangenen Nacht des Werkes XIII bemächtigt und zur Rechten die k.u.k. 4. KD., deren Artillerie übrigens am Kampfe der Bayern brav mitgewirkt hatte, die Werke VIII, IX und IXa in Besitz genommen hatten, waren fast alle Stützpunkte des Nordflügels bezwungen.

Am selben Tage hatte sich Brussilow den ihm schwer genug gemachten Entschluß abgerungen, die Festung in der Nacht auf den 3. zu räumen und östlich von ihr in der Linie Starzawa—Buców—Medyka— Siedliska Stellung zu nehmen.

Der denkwürdige 3. Juni dämmerte auf, als zwischen 3h und 4hfrüh ein dem GM. Kneußl in den letzten Tagen als Verstärkung zugeführtes Bataillon eines preußischen Garderegiments in die Stadt einrückte. An ihrem Nordrande trafen alsbald die Bayern mit der k.u.k. 4. KD. zusammen. Da alle Sanbrücken zerstört waren, konnte der Fluß erst um llh vormittags auf einer von einem städtischen Ingenieur aus russischem Brückengerät erbauten Notbrücke überschritten werden. Als erster General betrat der Führer der österreichischen Reiterei, GM. Berndt, den Boden der Stadt. Die dreiundsiebzigtägige Russenherrschaft war zu Ende.

Eine Abteilung der 4. KD. nahm die Verfolgung auf und stieß südwestlich von Medyka auf feindliche Nachhuten, gegen die die beigegebenen Geschütze das Feuer eröffneten. Schon war auch das k.u.k. X. Korps von Südwesten her in die Festung eingedrungen. Die 45. SchD. hatte sich auf Grund der bald nach Mitternacht eingelaufenen Nachrichten über den Abzug der Russen schon um 2hfrüh in Bewegung gesetzt und um 9h den Tatarenhügel erreicht; die etwas später aufbrechende 24. ID. war durch die Stadt nach Kromniki marschiert, wo sie vom Ostufer des Wiar her noch Feuer erhielt. Als FML. Martiny um llh vorm. ankam, verließ gerade die Fronleichnamsprozession die Kirche.

Von Süden her war die Wiener 1. LstlBrig. der Gruppe FML. Anton Bellmond als erste Truppe bei Hermanowice in den Festungsgürtel eingedrungen. Am Nachmittag erschien auch GO. Mackensen in der bezwungenen Sanfeste. Er legte in einer Depesche dem Kaiser und König Franz Joseph den wiedergewonnenen Platz zu Füßen. Bei aller Genugtuung über den großen Erfolg verschmerzte man es in Teschen nicht so leicht, daß es deutsche, nicht öst.-ung. Truppen gewesen waren, die sich zuerst den Weg in die Festung erkämpft hatten. Als Demonstration, der die Kräfte des Feindes und sein Geschütz von der Nordfront abzog, hatte der Angriff des k.u.k. X. Korps sicherlich einen nützlichen Zweck erfüllt.

Das XXXXI. RKorps hatte unter Kampf die Linie Żurawica—Poz-dziacz gewonnen und den Russen in erbittertem Ringen die Höhe östlich von Naklo entrissen.

Südöstlich von Przemyśl waren schon am 2. das Korps Schmidt-Georgenegg (32., 31. und 27. ID. sowie 43. SchD. im ersten, 51. HID. und

13. SchD. im zweiten Treffen) und das nun gleichfalls dem GdK. Böhm-Ermolli unterstellte Beskidenkorps (deutsche 4. ID. und 25. RD., k.u.k. 2. ID., dahinter deutsche 43. RD.) wieder vorgestürmt. Wohl bohrten sich die 27. ID. und Teile der 59. IBrig., die an diesem Tage 24 Offiziere und über 1000 Mann einbüßte, tiefer in das Drahtgewirre der Gajhöhe ein;

aber immer wieder lief der Angriff auf russische Verteidigungsriegel auf, und immer wieder verstand es der Feind, jede Bresche zu schließen. Abermals lastete, wie der Armeeführer der Heeresleitung in bewegten Worten schilderte, der Mangel an schwerer Artillerie — die Gruppe Schmidt-Georgenegg verfügte nur über zweieinhalb Haubitzbatterien und zwei 30.5 cm-Mörser — und an Schießbedarf hart auf den Schultern der Infanterie, von der man wieder Übermenschliches verlangen mußte.

Am 3. Juni drangen die 27. ID. und die 86. SchBrig. im Gajwäldchen neuerlich um einen Schritt vor; aber die heldenmütigen Anstrengungen,die am Nachmittag die Kameraden von der gleichfalls aus Ostgalizien und der Bukowina stammenden 59. IBrig. und von der 201. HIBrig. zur endgültigen Bezwingung der russischen Schlüsselstellung machten, erwiesen sich wieder als vergeblich. Ebenso mußte das Beskidenkorps kleine Fortschritte mit schweren Verlusten erkaufen, und bei dem rechts von Schmidt-Georgenegg kämpfenden XIX. Korps, das nun wieder auf bestimmten Befehl der Heeresleitung unmittelbar dem Armeekmdo. unterstand, erlitt namentlich die 34. ID. das gleiche Geschick.

Das XVII. Korps der 3. Armee, dem die Gruppe FML. Anton Bell-mond — 11. ID. und 1. LstlBrig. — wieder überwiesen wurde, erhielt den Auftrag, in nordöstlicher Richtung in den Rücken der dem Beskidenkorps gegenüberstehenden Russen vorzustoßen. Da diese aber ihre Stellungen noch tatkräftig behaupteten, um der zurückweichenden Besatzung von Przemyśl den Weg offen zu halten, konnte zu Anfang nur die 11. ID. den Vormarsch antreten und über den Wiar gegen Jakśmanice und Siedliska vorrücken, wo sie wieder auf den Feind stieß. Rechts von ihr erreichten die 26. SchD., zum Angriff aufmarschiert, bis zum Abend Popowice, die 2. ID. die Höhe nordöstlich von Husaków. Das k.u.k. X. Korps wurde südöstlich von Przemyśl angehalten, da es der 4. Armee als Verstärkung zugedacht war (S. 439).

Im Bereiche dieser Armee hatte die 106. LstlD. am 3. Juni bei Leżajsk darauf verzichten müssen, das Westufer des Sanflusses völlig von den Russen zu säubern; ihr Angriff war zum Stehen gekommen. Gegen das XIV. Korps setzte der Feind seine Vorstöße noch bis über die Nacht auf den 5. hinaus fort. Zumal die 3. ID. hatte noch manchen Strauß zu bestehen. Doch fand der Russe in den IR. 14 und 59 wie immer einen überlegenen Gegner. In der letztgenannten Nacht versuchte sich der Feind auch noch in Angriffen gegen die 21. SchD. und gegen die Gruppe GdK. Kirchbach. Auch hier war es vergebliches Beginnen. Dennoch hatte sich das 4. Armeekmdo. am 4. im Hinblick auf die gespannte Lage und

das erst für den 7. zu gewärtigende Eintreffen des k.u.k. X. Korps an das Oberkmdo. Mackensen mit der Bitte gewendet, die in Łańcut einlangende deutsche 22. ID. möge vorsichtshalber zunächst hinter das IX. Korps geschoben werden. Mackensen stimmte diesem Antrage zu.

Schon rollte — ähnlich wie in den Tagen vor Gorlice — wieder Eisenbahnzug um Eisenbahnzug voll von deutschen Helmen durch Westgalizien heran. Die Heeresleitungen der Verbündeten waren im Begriffe, ihre mittelgalizischen Armeen zu neuen Taten aufzurufen.

Die Einnahme von Stryj

Während des Heranreifens der Entscheidung bei Przemyśl hatte am rechten Heeresflügel auch die deutsche Südarmee nach längerer Pause einen bedeutsamen Schritt nach vorwärts getan. Als bis zum 19. Mai nach viertägigen Versuchen noch immer keine bedeutsamen Erfolge erzielt worden waren, hatte der Armeeführer eingegriffen, um an Stelle der bisher von den einzelnen Korps an den verschiedensten Punkten geführten Teilangriffe möglichst starke Kräfte in einem Abschnitte zu einem entscheidenden Schlage zu vereinigen1). Er zog hiezu auch die 38. HID. der Gruppe Szurmay und eine Brigade der im Korps Gerok eingeteilten 48. RD. in den Kampfraum des Korps Bothmer, das nunmehr mit diesen Kräften sowie mit der 1. ID. und einem Regiment der 3. GID. den Hauptschlag in der Richtung Stryj zu führen hatte. Dieser Umgruppierung fiel auch der Bodengewinn zum Opfer, den am 22. die k.u.k. 19. ID. am äußersten rechten Armeeflügel im Hügelgelände zwischen Perehińsko und Spas erzielt hatte und der auf Befehl des GdI. Linsingen wieder aufgegeben werden mußte, um Kräfte für den Kampfraum der 48. RD. freizubekommen.

Am 26. Mai brach der Angriff Linsingens neuerlich los. Das Ergebnis sollte jedoch wenig befriedigend sein. Die 40. HID. Szurmays kam bei Gaje-Wż. etwas vorwärts. Westlich von Stryj gewann die 38. HID. wenig, die deutsche Stoßgruppe fast gar nichts an Boden. Nirgends konnte gestürmt werden. Die Erfolge am 27. blieben noch mehr hinter den Hoffnungen der Führung zurück. Selbst die ausgiebige Artillerievorbereitung hatte, wie es sich bei der Durchführung des Infanterieangriffes herausstellte, den teilweise im Waldgelände liegenden und in großer Zahl und Tiefe eingebauten Hindernis- und Flankierungsanlagen des Feindes nicht viel anhaben können.

Nicht besser erging es dem Korps Hofmann in denWäldern östlich von Bolechów. Gegen die starken Stellungen südwestlich von Dolina stürmte der linke Flügel des geschwächten Korps Gerok an. Hier gelang am 26., allerdings unter sehr großen Opfern, ein Einbruch in die russischen Schanzen. Als aber des anderen Morgens ein neuer, besonders heftiger Gegenangriff einsetzte, gingen alle errungenen Vorteile wieder verloren.

Das neuerliche Festrennen der Südarmee vor den russischen Stellungen lastete schwer auf Linsingen. Noch am 23. hatte ihn Falkenhayn nachdrücklich auf die Bedeutung hingewiesen, die gerade im gegebenen Augenblicke einem Vordringen seiner Armee zukommen mußte. Die Ereignisse bei Przemyśl nahmen einen schleppenden Verlauf. Im Westen durch die Festung gedeckt, hatten die Russen in Ostgalizien noch immer eine Manövrierbasis, die umsomehr von Wert war, als der Eintritt Italiens in den Krieg auch Rumänien stündlich zu einem Rückenangriff gegen die Mittelmächte veranlassen konnte. Den Ruhm, dieses strategische Netz zu zerreißen, konnte vor allem die Südarmee erringen. Dies war auch ihrem Führer klar, der in erster Linie daran dachte, nach Erreichen des Dniester zur Befreiung der noch immer unter einem starken und gefährlichen Druck stehenden Armee Pflanzer abzuschwenken und mit diesen Absichten auch bei der Heeresleitung in Teschen vollen Beifall fand. Das Kräfteverhältnis gegenüber dem Feinde lag nur in artilleristischer Beziehung einigermaßen günstig. Der Feind war schwächer an Geschütz und verfügte kaum über den dringendst nötigen Schießbedarf, dagegen stellte er den 70.000 Gewehren Linsingens deren 100.000 entgegen. Dennoch war der Führer der Südarmee entschlossen, nach einer kurzen Atempause am 31. neuerlich den Stoß gegen Stryj aufzunehmen.

Unterdessen sah freilich auch der Russe solchem Beginnen des Gegners nicht untätig zu. Ohne daß die russische Literatur einen genaueren Einblick in die Führertätigkeit in diesem Abschnitte des Kriegstheaters zuläßt, ist doch festzustellen, daß sich Letschitzki durch das Vorgehen Linsingens in seiner Flanke bedroht fühlte. Wenn er trotzdem seinem Nachbar Schtscherbatschew nur eine finnische Brigade zusandte, so hing dies wohl mit seinen eigenen Angriffsabsichten zusammen, die eine größere Schwächung seiner Front nicht zuließen. Bei Linsingen entstand allerdings das Bild stärkerer Truppenverschiebungen von der 9. zur 11. Russenarmee, weshalb er an das AOK. immer wieder mit Vorschlägen herantrat, durch Unterstellung der ganzen 7. Armee oder wenigstens ihres linken Flügels stärkeren Einfluß auf die Kriegshandlungen Pflanzers zu gewinnen.

Die finnischen Schützen wurden gegenüber dem Korps Hofmann ins Gefecht geworfen, wo Gen. Schtscherbatschew zur Entlastung des am Dniester schwer bedrängten XXII. Korps sein XVIII. zum Gegenstoß vortrieb1). Kurz bevor Hofmanns Nordflügel, die verstärkte Brigade Bolzano, am 28. morgens zum Angriff antrat, stürmten drei russische Regimenter gegen die Mitte des Korps, die 131. IBrig., vor und zwangen sie an die Swica zurück. Hier konnten sich die Reste dieser Brigade und die vom Angriffsflügel zurückgeholte Korpsreserve in zweitägigem, scharfem Kampfe behaupten; doch am Morgen des 30. stießen die Russen trotz aller Gegenwehr über den Fluß und konnten erst abends an der Bahn knapp vor Bolechów endgültig zum Stehen gebracht werden. Das Korps Hofmann verlor in diesen Kämpfen über 4000 Mann, es zählte bei einer Ausdehnung von 12 km kaum mehr 6000 Feuergewehre. Unter den gefallenen Offizieren befanden sich die besten Bataillonsführer, ein für die zum erheblichen Teil aus Neuaufstellungen bestehende Truppe besonders empfindlicher Verlust.

GdI. Linsingen beklagte sich in Teschen über das Nachgeben Hofmanns in harten Worten und erbat noch einmal dringendst das Eingreifen der 7. Armee. Die Heeresleitung erließ am 30. abends den entsprechenden Befehl. Inzwischen hatte aber Pflanzer-Baltin die beiden Gruppen seines linken Flügels ohnehin schon angewiesen, durch einen Angriff das Abfließen weiterer russischer Kräfte gegen die Südarmee zu vereiteln. Hatte er doch auch sonst auf den Augenblick, die Offensive zu eröffnen, mit Ungeduld gewartet, weil die Verteidigung der Pruth-linie bei einem ernsten russischen Angriff den Keim des Mißlingens in sich trug, denn eine rasche Verschiebung von Reserven war infolge der geographischen Verhältnisse ausgeschlossen.

Der Entlastungsangriff der Westgruppe Pflanzers, die nun an Stelle des FZM. Ljubicić der FML. Fürst Schönburg befehligte, gewann am 31. vormittags südwestlich von Solotwina und gegen Majdan Raum, wurde aber durch einen russischen Gegenstoß pariert, der die bunt zusammengewürfelten Bataillone Schönburgs wieder in ihre Ausgangsstellung zurückzwang. Bei der einstweilen vom GM. Kratky geführten 6. ID. kam es gleich beim Beginn der Vorbewegung zu einem kleinen Rückschlag, der aber ungesäumt wettgemacht wurde.

Mittlerweile war es Linsingen am 31. Mai endlich gegönnt gewesen, die Anstrengungen seiner Armee durch den ersehnten Erfolg bei Stryj gekrönt zu sehen. Nach kurzer Artillerievorbereitung, bei der auch einige öst.-ung. 30.5 cm-Mörser mitwirkten, drang die durch Teile der l.ID. verstärkte 3. GID. des Korps Bothmer, links von der 38. HID. begleitet, in die Stadt ein, wobei über 9000 Russen samt acht Geschützen in den Händen der Sieger blieben. Auch die 40. HID. der Gruppe Szurmay bohrte sich in die Stellungen des Feindes. Während die Hauptkraft Bothmers den Feind beiderseits der nach Mikołajów führenden Bahn zurückdrückte, stieß die 38. HID. am l.Juni bis über Königsau durch. Links von ihr warf die 40. HID. die Russen bei Gaje-Wż. und Słońsko und stürmte bis Letnia vor. Dagegen hielt der wider die 7. ID. fechtende Russe tagsüber noch immer stand, obgleich die 1. KD., GM. Leonhardi, und die Gruppe Obst. Rehwald weiter nördlich, bei Hruszów undWoloszcza, eingriffen (S. 419).

Dem Armeeführer, GdI. Linsingen, kam das zähe Ausharren des XXII. Russenkorps gegenüber der 7. ID. nicht ungelegen; war es doch verlockend, diesen Kräften des Feindes den Rückweg über den Dniester abzuschneiden. Da das Wielkie Błoto von größeren Truppenmassen nicht überschritten werden konnte, brauchten dazu nur die 38. und die 40. HID. bis zu den Übergängen südlich von Mikołajów vorzustoßen, indes die 7. ID. und die Gruppe Obst. Rehwald, deren Unterstellung unter die Südarmee wie die der 1. KD. bei der Heeresleitung erreicht worden war, den Feind nicht entwischen lassen durften. Hatte die 38. HID. ihre Aufgabe südlich von Mikołajów erfüllt, was Linsingen in seinem Befehl vom

1. Juni abends voll Zuversicht schon für den nächsten Morgen annahm, dann sollte sie gegen Südosten auf das Schlachtfeld der Hauptkräfte Bothmers abschwenken. Ihr hatten, sobald an der Dniesterstrecke Mikołajów— Kołodruby reiner Tisch gemacht war, weitere Teile der Gruppe Szurmay zu folgen, um gemeinsam mit der Masse der Südarmee in die Flanke und den Rücken der Armee Letschitzki zu stoßen.

Die Hoffnungen, die Linsingen auf die Entwicklung an seinem linken Armeeflügel setzte, waren jedoch nach der ganzen Lage viel zu hoch gespannt. Der sichere Besitz von Mikołajów hatte für das Schicksal der noch nach Westen gekehrten Massen des russischen Südwestheeres eine viel zu große Bedeutung, als daß sich Schtscherbatschew leichten Herzens zu entschließen vermocht hätte, den ihm in dieser Gegend noch verbliebenen rechtsufrigen Manövrierraum preiszugeben. Er gedachte im Gegenteil, das ihm von Warschau zurollende VI. Korps hier zum Gegenschlag anzusetzen und so nicht nur den Rücken der 8. Armee am zuverlässigsten zu decken, sondern auch der Hauptkraft Linsingens die Freiheit des Handelns zu nehmen. Seinen Absichten sollte, wenn sie auch das Schicksal der Russen in Galizien nicht dauernd zu wenden vermochten, doch vorübergehend Erfolg beschieden sein.

In der Nacht auf den 2. Juni räumten auch die gegenüber der 7. ID. verbliebenen Russen das Feld. Die Division brach sofort aus ihren Gräben hervor und verfolgte über Litynia hinaus. Am folgenden Morgen trieb die 40. HID. den Feind auf Horucko zurück, indes die Gruppen GM. Leonhardi und Obst. Rehwald erst um die Mittagsstunde in Tätigkeit traten, dann aber bis zum Abend die Russen bis in den Mündungswinkel westlich von Kolodruby zurückdrücken konnten. Die 38, HID. war in der Frühe im Einklang mit der 40. gegen Rudniki vorgegangen, dann aber in der Meinung, hiedurch den Absichten des Armeeführers am besten gerecht zu werden, in den Kampfraum nördlich von Stryj abgeschwenkt, wo die 3. GID. die gegen Żydaczów weichenden Teile des XVIII. Russenkorps bis Lisiatycze verfolgte.

Am 3. Juni setzte die Garde ihren Stoß nach Tejsarów fort, um nachher gegen Südosten abzuschwenken und bei Ruda den Stryjfluß zu überschreiten. Rechts von ihr rückte die 38. HID. in die neue Front ein. Im Bereiche Szurmays nahm die 40. HID. am 3. Juni zwar noch Horucko ein. Aber ein Befehl Linsingens rief sowohl sie wie die 1. KD. in den Raum von Derzów, von wo aus die beiden Heereskörper dem Korps Bothmer folgen sollten. Die zurückbleibenden Teile der Gruppe Szurmay— 7. ID., 128. HIBrig. und Gruppe Obst. Rehwald, von denen die letztgenannte einen Rückschlag erlitt — hatten weiterhin die Dniestersicherung zu besorgen und bezogen nahe Rudniki und Medenice sowie bei Litynia eine Stellung gegen die noch am Südufer des Dniester verbliebenen Russen.

Der Druck der Russen auf das Korps Hofmann hatte inzwischen wesentlich nachgelassen. Dafür holte Letschitzki, auch im Sinne des am 28. Mai durch Iwanow erteilten allgemeinen Angriffsbefehles, am

2. Juni früh zu einem neuen Schlage gegen Pflanzer-Baltin aus. Beim Morgengrauen warfen sich sein XXX. Korps auf die Stellungen des FML. Czibulka, und sein XXXIII. auf den Abschnitt Kolomea. Die Russen überschritten unterhalb des Brückenkopfes von Kolomea und bei Lanczyn den Pruth, ohne sich jedoch an diesem Tage auf dem Südufer des Flusses behaupten zu können. Tags darauf aber wurde die 3 6. ID., FML. Schreitter, südlich von Sadzawka durchbrochen. Mit Bewilligung des Armeeführers warf FML. Czibulka das schon zur Abfahrt an die italienische Front bereitgestellte GbSchR. 1 *) (S. 399) in die Schlacht, dem es in Gemein!) Der Führer dieses Regiments, der am 5. Juli 1916 gefallene Major Joseph Troyer, erhielt für diese Kämpfe das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

schaft mit Abteilungen des SchR. 5 gelang, die Höhe A 474 südlich von Sadzawka zurückzuerobern. Diese Kämpfe sollten aber für die 7. Armee nur den Auftakt weiterer schwerer Tage bilden.

Der Vorstoß nach Ostgalizien

(5. bis 22. Juni)

Hiezu Beilagen 22 und 24

Entschluß der Verbündeten zur Offensive gegen

Lemberg

In den Beratungen, die unmittelbar vor dem Eintritt Italiens in den Krieg zu Teschen und Pleß stattgefunden hatten, waren Conrad und Falkenhayn übereingekommen, den Feldzug gegen Rußland jedenfalls bis an den San und an den Dniester fortzuführen (S. 405); erst nach Gewinnung dieser Flußlinien sollte die Abgabe stärkerer Streitkräfte an den italienischen Kriegsschauplatz in Frage kommen. Als am 3. Juni Przemyśl gefallen war, hatte die Armee Mackensen den San schon im Rücken, wogegen der linke Flügel der k.u.k. 4. Armee noch weiter nördlich abgeblieben und die Mitte eben in den letzten Tagen gegen Westen und Südwesten zurückgedrückt worden war. Im Dniestergebiet war die Südarmee mit ihrem linken Flügel und ihrer Mitte wohl an den Fluß herangekommen. Aber der rechte Flügel Linsingens hing noch beträchtlich zurück und die k.u.k. 7. Armee stand am Pruth mit ihren

85.000 Feuergewehren eben wieder unter dem erheblich stärkeren Druck der 130.000 Gewehre, über die Letschitzki verfügte. Nördlich der oberen Weichsel hielten die Russen im weiteren Vorgelände von Iwangorod und Warschau in einer für die mittelgalizischen Armeen noch immer nicht ganz unbedenklichen Flankenstellung.

Die beiden Generalstabschefs hatten sich selbstverständlich schon mit den aus dieser Lage erwachsenden Möglichkeiten befaßt, ehe sie durch den Fall von Przemyśl völlig ausgereift war. Falkenhayn hat die Gedankengänge, die ihn in diesen Tagen erfüllten, nach dem Kriege aufgezeichnet *■). Für den Entschluß, im Osten den Angriff einzustellen und sich einem anderen Feinde zuzuwenden, schienen ihm die Vorbedingungen bei seiner geringen Meinung über die Widerstandsfähigkeit der Donaumonarchie und ihres Heeres noch keineswegs gegeben zu sein.

!) Falkenhayn, 84 ff.; Foerster, Graf Schlieffen und der Weltkrieg (2. Aufl., Berlin 1925), 155f.j Kuhl, I, 221 ff.

„Die sichere Folge wäre gewesen, daß entweder fast die gesamten, jetzt dort befindlichen deutschen Kräfte an Ort und Stelle belassen, oder daß schwere Rückschläge in Kauf genommen werden mußten. Im ersten Falle wäre eine Lähmung der deutschen Kriegführung eingetreten, im zweiten stand mit großer Wahrscheinlichkeit ein Zusammenbruch Österreich-Ungarns in nicht ferner Zeit zu erwarten.“ Diese Erwägungen führten den Chef des deutschen Generalstabes zu dem Schlüsse, daß es kaum eine andere Lösung gäbe als die, dem Feinde im Angriffe an der Klinge zu bleiben. In dieser Auffassung wurde er durch die Meldungen des Oberkmdos. Mackensen über die Verfassung des russischen Heeres bestärkt. Die Widerstandskraft der Russen sinke ganz offenkundig, überall herrsche Munitionsmangel, entschiedenes Handeln gegen diese ausgelaugten Truppen verbürge Erfolg!

Allerdings sagte sich Falkenhayn, daß eine solcherart fortgeführte Offensive, wie sie auch GO. Mackensen und sein Stabschef, Obst. Seeckt, befürworteten, nur durch die Zuleitung frischer Truppen den nötigen Schwung bekommen könne. Diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen, war nicht leicht. Die Frühjahrsschlacht bei La Bassée und Arras hatte wohl ihren Höhepunkt überschritten, der Feind war abgewehrt, aber das Feuer glomm noch bis tief in den Juni hinein weiter. Im Bereiche Hindenburgs war die deutsche Front an vielen Stellen ohnehin schon fadendünn gespannt. Trotzdem vermochte die DOHL. aus der Westfront zweieinhalb Divisionen sowie an Osttruppen und Neuaufstellungen noch zwei Divisionen freizumachen; auch war zu erhoffen, daß in absehbarer Zeit noch zwei der drei im Südosten aufmarschierten, neu gebildeten Divisionen (S. 412) nach dem Norden gezogen werden könnten.

Der Gedanke, nunmehr an Stelle der galizischen Front die Armeen Hindenburgs durch Zuführung der Verstärkungen zu einem Angriff zu beflügeln, mußte von Anbeginn aufgegeben werden, da Hindenburg erklärte, daß in der Lage des deutschen Ostheeres selbst durch den Einsatz zweier neuer Korps kein anderer als ein rein taktischer Erfolg zu erzielen sein würde. Vorübergehend beschäftigte sich Falkenhayn, wie sich bei einer Besprechung mit Conrad erwies, auch mit dem Plane, die zur Verfügung stehende „Nachstoßstaffel“ von viereinhalb Divisionen bei der Armeegruppe GdK. Kirchbach einzusetzen und damit die Russenfront im Weichsellande zu Fall zu bringen; dem widerriet jedoch Conrad.

Dieser hatte wohl seine Lieblingsidee keineswegs aufgegeben, über den abgefallenen Bundesgenossen im Südwesten möglichst bald mit dem Schwert der Vergeltung herzufallen. Dennoch beharrte er in voller Er-

kenntnis der Gesamtkriegslage nicht auf dem in Aussicht genommenen Halt an der San-Dniesterlinie, sondern stimmte aus tiefster Überzeugung der Fortführung des Angriffes gegen die Russen bei. Zugleich bestand für den öst.-ung. Generalstabschef auch über die Richtung des weiteren Stoßes kein Zweifel: dieser Stoß konnte seiner Ansicht nach nur von Przemyśl gegen Lemberg geführt werden. Die Ideen, die Conrads Denken im Oktober 1914 erfüllt hatten, sollten nunmehr so in veränderter Gestalt verwirklicht werden.

Da diese Auffassung auch den Vorschlägen des Oberkmdos. Mackensen entsprach, erließ Falkenhayn an dieses bereits am 2. Juni die allgemeine Anweisung, die Offensive östlich vom San „bis zur für unsere Zwecke ausreichenden Entscheidung“1) durchzuführen, und am 3. wurden zu Pleß zwischen den beiden Generalstabschefs die Befehle an alle galizischen Armeen vereinbart. Tags darauf gab die Heeresleitung in Teschen die grundlegenden Anordnungen für die Fortführung der Offensive aus, denen noch verschiedene Einzelverfügungen folgten.

GO. Mackensen hatte mit der 11. Armee und den ihr als „Nachstoßstaffel“ zurollenden deutschen Truppen — dem XXII. RKorps, ferner der 22. ID., der 107. ID. und der 8. bayr. RD., die vom 4. Juni an bei Rzeszów ausgeladen wurden — den Angriff südlich der Tanewzone fortzuführen. Dieser Stoß war gegen Osten durch die 2., gegen Norden durch die 4. Armee zu decken. Die Südarmee hatte im Verein mit der 7. den noch südlich vom Dniester ausharrenden Feind zu schlagen. Von der bei Przemyśl zusammengepreßten 3. Armee war das k.u.k. X.Korps schon zum Abmarsch an den Südflügel der 4. Armee angewiesen (S. 441). Das

XVII. Korps sollte ihm mit seinen drei Divisionen — 2. und 11. ID. sowie

26. SchD. — möglichst bald folgen. Das Beskidenkorps, die 1. LstlBrig. und die ung. LstHusBrig. wurden der 2. Armee angeschlossen, in deren Verband bald auch die 4. KD. treten sollte, nachdem sie vorübergehend für die italienische Front bestimmt war. Dafür war die 44. SchD. zur Abfahrt nach dem Südwesten bereitzustellen, von der zwei Regimenter für Kärnten, eines für Tirol bestimmt wurden. FZM. Puhallo hatte mit dem Stabe der k.u.k. 3. Armee an die Spitze der wieder zur 1. Armee umgewandelten, von der 4. Armee losgelösten Armeegruppe GdK. Kirchbach zu treten, indes Kirchbach das Kmdo. über ein aus der 46. SchD., der halben 2. KD. und sonstigen Truppen neu aufgestelltes I. Korps erhielt. Außer der 4. Armee sollte zum gegebenen Augenblicke auch die 2. unter den Oberbefehl Mackensens treten.

Solcherart wurde auf der Seite der Verbündeten eine neue große Schlachtenfolge eingeleitet, deren Ziel die Wiedergewinnung von Lemberg war. Ob über dieses geographische Ziel hinaus auch das immer geltende strategische Ziel der Vernichtung oder doch Lahmlegung des Feindes zu erreichen war, das stand in den Sternen geschrieben. Falkenhayn erhoffte sich, daß der Verlust von Lemberg auf die Russen einen „niederschmetternden Eindruck machen,“ und daß man damit, „dem Endziel, der Sicherung eines guten Friedens“, näherkommen werde1). Was Conrad anbelangt, so erblickte er in der Eroberung von Lemberg vor allem ein durch die Gestaltung des Kriegsschauplatzes bedingtesZwischen-glied für eine spätere, gleichwie im Herbst 1914 wieder in den Raum zwischen Bug und Weichsel nordwärts führende Offensive. Allerdings lag auch ihm die Hoffnung nicht ferne, die zur Befreiung von Lemberg noch nötigen Schläge vermöchten das russische Heer zu zermürben und den Zaren friedensgeneigt zu machen.

Daß dabei auch der öst.-ung, Generalstabschef den Wiedergewinn der Hauptstadt Galiziens auch sonst politisch hoch einschätzte, versteht sich von selbst. Zumindestens würden durch einen solchen Erfolg die Rumänen zuverlässiger von feindseligen Handlungen abgehalten, und es könne sogar erreicht werden, sie noch an die Seite der Mittelmächte zu ziehen. Zugleich befaßte sich Conrad in diesen Tagen, trotz der noch manchmal auftauchenden Gerüchte, die Serben planten einen Angriff nach Bosnien, mit der Möglichkeit eines Friedensschlusses mit dem Savekönigreiche. Nicht umsonst ließen die an der Drina mitunter auf Hörweite von den k.u.k. Grenzabteilungen stehenden serbischen Truppen, Offizier und Mann, immer wieder ihre auch durch wirtschaftliche Not diktierte Kriegsverdrossenheit erkennen, und es wurde die bei Serbien angeblich bestehende Friedensbereitschaft auch von anderer Seite berichtet. Wie der verantwortliche Leiter der Kriegführung Österreich-Ungarns sich die Gewinnung Rumäniens und Serbiens vorstellte, geht aus seinem Schriftenwechsel mit dem Außenminister hervor. Serbien sollte dadurch gewonnen werden, daß man endlich beherzt an die Lösung der Südslawenfrage durch Schaffung eines dritten Staates im Rahmen der Habsburgermonarchie herantrat und damit auch das Savekönigreich in deren Bann zog. In ähnlicher Weise sollte den Rumänen Gelegenheit geboten werden, durch einen staatsrechtlichen Anschluß an das Donaureich seine Aspirationen auf Siebenbürgen in friedlicher Weise zu verwirklichen. Es waren ähn-liehe Gedanken, wie sie zweieinhalb Jahre später Smuts als Unterhändler Lloyd Georges gegenüber dem öst.-ung. Bevollmächtigten Grafen Mens-dorff äußern sollte1). Sie fanden aber in den Staatskanzleien zu Wien und Budapest kaum einen Widerhall.

Gegenmaßnahmen der Russen

Die Meldungen des Oberkmdos. Mackensen, die auch anderweits bestätigt wurden, schilderten die Verfassung des russischen Südwestheeres im wesentlichen durchaus zutreffend. Die 15 Infanteriedivisionen, die Iwanows Armeen seit Anfang Mai aus den Truppenbeständen der Nordwestfront und von den im Bezirk Odessa gegen die Türkei versammelten Kräften als Verstärkungen erhalten hatten, waren in den Schlachten zerronnen wie Schnee in der Frühlingssonne. Die Divisionen der russischen Südwestfront wiesen Regimentsstärke und noch geringere Stände auf. Der Gesamtverlust der Armeen Iwanows belief sich im Monat Mai nach den amtlichen russischen Meldungen auf 412.000 Mann an Toten, Verwundeten, Gefangenen und Vermißten2). Kaum zur Not ausgebildete Rekruten wurden ohne Waffen bis knapp an die Schützenlinien herangeführt, um hier die Gewehre der Toten und der Verwundeten an sich zu nehmen; zwischen der Weichsel und Czernowitz fehlten 300.000 Gewehre. Besonders stark fühlbar machte sich — wie schon seit längerem — die Munitionsnot; sie führte beinahe zur Katastrophe. Selbstverständlich litt unter diesen Mängeln und den fortgesetzten Niederlagen auch die Moral vieler Truppenteile mehr und mehr, indes sich andere in nicht geringer Zahl freilich noch immer mannhaft schlugen. Die höhere und die höchste Führung stand dieser Entwicklung vielfach mit russischem Fatalismus gegenüber; immer seltener wagte sie, wie Danilow3) klagt, den Versuch, die Freiheit des Handelns durch die Kunst des Manövers zurückzuerobern.

So stellte denn auch der gewaltige Gegenangriff, den Iwanow am

28. Mai für seine ganze Front angeordnet hatte, im wesentlichen ein Unternehmen dar, bei dessen Durchführung ausschließlich auf die Stoßkraft und Zähigkeit des Muschik gebaut wurde, das aber nach der ganzen Lage von Haus aus nur geringe Erfolgsaussichten bot. In der Tat mußte

*) Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, 160 ff.; Beneš, Der Aufstand der Nationen (deutsche Ausgabe, Berlin 1928), 426.

2)    Boncz-Bruje witsch, II, 259 f.

3)    Danilow, 507.

es spätestens am 4. als gescheitert betrachtet werden, und die russische Führung stand nun, da auch Przemyśl verloren war, sicherlich vor keinen leichten Entschlüssen. Danilow1) bezweifelt, daß Iwanow überhaupt noch an die Möglichkeit, Ostgalizien zu halten, geglaubt habe. Der Befehlshaber der Südwestfront schildert am 5. Juni in einem an die Stawka gesandten Bericht die Lage seiner Truppen recht düster, doch faßt er seine Meinung in die Worte zusammen: „Dennoch glaube ich, wir müssen unsere Stellungen mit größter Zähigkeit halten und immer wieder halten, um den Gegner zu einem gewaltigen Munitionsaufwand zu zwingen, den er auf die Dauer doch nicht ertragen wird. Schon jetzt gelangen Nachrichten aus der Gefechtsfront zu uns über ein merkliches Abnehmen der gegnerischen Geschoß Vorräte; viele Geschosse explodieren nicht, zum Teil stammen sie schon aus dem Jahre 1915, was gleichfalls auf eine Erschöpfung der vorhandenen Vorräte hinweist... Diese Tatsache läßt, wenn man im Auge behält, daß der Feind seine Erfolge vor allem seinem ungeheuren Munitionsaufwande verdankt, die berechtigte Hoffnung zu, der Feind werde endlich der Mittel entbehren, deren er zur Erreichung seiner Ziele auf dem russischen Kriegstheater bedürfte2).“

Die Heeresleitung stimmte dieser Auffassung vollkommen zu, und Iwanow erließ nach den von der Stawka erteilten Aufträgen am 5. Juni seine Weisungen.

Den je sechs Korps starken Armeen seines rechten Flügels, der 3. und der 8., wurde die Behauptung der bisherigen Stellungen von Tarnobrzeg an der Weichsel über Zapałów bis zum Dniester südlich von Komárno befohlen. Links hatte bis in die Gegend von Niżniów die 11. Armee mit vier Korps anzuschließen. Der ebenso starken 9. Armee war der untere Dniester bis Chotin zugewiesen, wobei die etwas unklare Befehlsgebung allerdings vermuten läßt, daß sich Letschitzkis linker Flügel nach Möglichkeit noch vorne am Pruth behaupten sollte 3). Zweifellos auf besonderen Wunsch der Stawka zog Iwanow eine Reihe von Korps aus der Front zur Bildung von Reserven zurück. Das XXIX. Korps, das II. kauk. und das V. kauk. sowie das IV. Kavkorps sollten sich bei Lubaczów, das XXIII. Korps bei Lemberg, das XXI. bei Rohatyn versammeln. Während die Fronten ihre Stellungen behaupteten, waren die Stände aufzufüllen, die Munitionsvorräte zu ergänzen und alle Anstrengungen an die Wiederherstellung der vollen Kampffähigkeit zu setzen.

!) Danilow, 577.

2)    Boncż-Bruje witsch, II, 259 f.

3)    Zajontschkowskij, 303 ff.; N e s n a m o w, 52 ff.

Die Vorbereitungen der Verbündeten für die Offensive gegen Lemberg

GO. Mackensen faßte im Sinne der ihm erteilten Weisungen den Entschluß, seine durch die neu herangeführten deutschen Streitkräfte verstärkte 11. Armee zum Stoß nördlich von den Gródeker Teichen, Mitte Richtung Magierów, anzusetzen. Den Flankenschutz rechts sollte die k.u.k. 2. Armee besorgen, indem sie mit starkem linkem Flügel in die Front Komárno—Janów auf schwenkte und die Gródeker Front gleichfalls von Norden her zu umfassen trachtete. Zum Schutz der linken Flanke des Hauptstoßes hatte die k.u.k. 4. Armee den San zwischen Sieniawa und Ulanów mit mindestens sechs Divisionen zu überschreiten und sich in weiterer Folge dem Vormarsch der 11. Armee in der Richtung Rawa Ruska—Narol-Miasto anzuschließen, wobei zur Deckung des Ta-newabschnittes möglichst geringe, jedoch verläßlich ausreichende Kräfte zurückzulassen waren. Als erster Angriffstag wurde der 13. bestimmt; nur die 4. Armee sollte die Sanbezwingung mit ihrem rechten Flügel um vierundzwanzig Stunden früher beginnen, wobei der linke Flügel der 11. Armee mitzuwirken hatte. Bis zu diesen Tagen waren die Verstärkungen und die Ersätze an Mann und Gerät herangeschafft, und konnten auch sonst alle Vorbereitungen in Ruhe getroffen sein. Als Ausgangsstellung für den neuen Waffengang war im allgemeinen die Linie ausersehen, die die drei Armeen nach der Einnahme von Przemyśl innehatten. Nur die inneren Flügel der 2. und der 11. Armee sollten noch die Mościska von Süd gegen Nord durchschneidende Tiefenlinie und die Wisznia bei Czerniąwa gewinnen.

Bei der 2. Armee war es dem IV. und dem Beskidenkorps nach zäher Angriffsarbeit noch am 4. geglückt, nordwestlich von Krukienice in die Stellungen des Feindes eine 8 km breite Bresche zu schlagen; dabei fiel endlich auch der Gajberg. Die Russen wichen auf die Höhen südlich und westlich von Mościska, wo sie dem Nachdrängen der Verbündeten alsbald wieder ein Ziel setzten. Vergebens mühten sich diese in den nächsten Tagen, den Feind endlich auch über die Tiefe von Mościska zurückzudrücken, wobei von Süden her der linke Flügel des XIX. Korps mitwirkte. Wohl wurde den Russen dieses und jenes Stellungsstück entrissen. Aber ein voller Erfolg blieb aus, so daß sich das Oberkmdo. Mackensen am 9. Juni veranlaßt sah, die Fortführung dieser Angriffe bis zum Beginn der allgemeinen Offensive aufzuschieben.

Gleiche Erfahrungen machten auf den Höhen nordwestlich von

Mościska das k.u.k. XVII. Korps, und nach dessen in der Nacht auf den 8. erfolgten Abmarsch (S. 419) die deutschen Ablösungstruppen. Dafür vermochte das XXXXI. RKorps am 6. Juni den Feind bei Czerniawa und Starzawa über die Wisznia zu werfen, wobei Teile der vor der Ablösung stehenden k.u.k. 11. ID. mitwirkten, vor allem das IR. 55, das den Russen eine Höhe westlich von Czerniawa entriß.

Inzwischen schritten die Armeen an die Herstellung der von Mackensen anbefohlenen Schlachtordnung. Die 2. Armee mußte sich gegen Norden hin bis in die Gegend von Czerniawa strecken. Von links nach rechts besehen, standen zu Beginn der Offensive: das Beskidenkorps mit zwei Divisionen im ersten und einer im zweiten Treffen rittlings der nach Mościska führenden Straße; das IV. Korps (27. ID., 43. SchD., 31. ID. in der Front, 32. ID. in der Reserve) südwestlich und südlich von Mościska; das XIX. Korps (13. SchD., 34. und 29. ID.) nördlich und östlich von Krukienice; das XVIII. Korps (1. LstlBrig., die die nach Italien abgegangene 44. SchD. abgelöst hatte, und 9. ID.) südöstlich von Kupno-wice Str., und schließlich das V. Korps mit der 33. und Teilen der 14. ID. beiderseits vom oberen Strwiąż gegenüber von Koniuszki-Siemianowskie. Die Sicherung am Südrand des Wielkie Błoto und die Verbindung mit der Südarmee besorgten ursprünglich die Gruppe Obst. Rehwald und die l.KD. (S. 419). Die weiteren Ereignisse, die sich hier und im Raume nördlich von Drohobycz bis zum 15. Juni abspielten, werden in einem anderen Zusammenhange zu schildern sein. Die eben erwähnten Sicherungstruppen sollten sehr bald von den schweren Kämpfen der Südarmee aufgesogen werden. Zwischen der Tyśmienica und der Bystrzyca traten zuerst die nun durch einige Infanteriebatailione verstärkte 4. KD. und dann auf Antrag Böhm-Ermollis noch die 51. HID., FML. Kornhaber, an ihre Stelle. Die Verbindung zwischen diesen, bei Litynia fechtenden Streitkräften und dem rechten Flügel des V. Korps übernahmen Infanteriepostierungen und ung. Landsturmhusaren.

Bei Czerniawa schloß das XXXXI. RKorps an die 2. Armee an. Von der Wisznia bis über Chotiniec hinaus reichte das durch das IR. 63 verstärkte !) k.u.k. VI. Korps; nördlich davon erstreckte sich bis östlich von Laszki die Garde. Links von dieser war das neu herangeführte XXII. R-Korps samt der 107. ID. eingesetzt, daneben standen von der Höhe A241 bis östlich von Radawa das deutsche X. Korps und das aus der 56. und der 119. ID. gebildete komb. Korps GM. v. Behr. Hinter dem rechten Ar!) Das fünf Bataillone zählende IR. 63 war von der Armeegruppe Kövess herangeholt worden.

meeflügel hatte die 11. bayr. ID. zu folgen, hinter der Mitte die 8. bayr. RD., hinter dem linken Flügel eine Brigade des XXII. RKorps. Über die

11. HKD. behielt sich das Oberkmdo. Mackensen die Verfügung vor, wenngleich sie zunächst hinter dem rechten Flügel der 4. Armee zu verbleiben hatte. Die deutsche 22. ID. sollte, nachdem sie am Sanübergang der 4. Armee mitgewirkt hatte, ehestens den Anschluß an die 11. Armee gewinnen. Der am 10. ausgegebene Angriffsbefehl Mackensens bestimmte das k.u.k. VI. Korps, die Garde und das XXII. RKorps als Hauptstoßgruppe, der sich die anderen Korps anzuschließen hatten.

Die 4. Armee hatte an ihrem rechten Flügel das XVII. Korps (11.ID. und 26. SchD.) eingesetzt, dem für den Beginn des Angriffes auch die deutsche 22. ID. angeschlossen war und das von der Lubaczowkamündung bis in die Gegend gegenüber von Sieniawa reichte. Daneben hielt das IX. Korps mit der dauernd durch die Brigade Szende verstärkten

10. ID., der 106. LstlD. und je einem Regiment der 21. SchD. und der 37. HID. die Sanlinie bis Staremiasto. Dann kam bis Ruda das k.u.k.

X. Korps mit der 24. ID. im ersten und der 2. ID. im zweiten Treffen, daneben in der alten Front beiderseits von Jeżowe das durch Schützen-, Honvéd- und Landsturmabteilungen verstärkte XIV. Korps (3. und 8.ID.) und weiterhin bis zur Weichsel oberhalb von Tarnobrzeg das VIII. Korps mit der deutschen 47. RD., je einer halben 21. SchD. und 37. HID. sowie der Gruppe FML. Stöger-Steiner. Zur Verfügung des Armeekmdos. blieben hinter der Armeemitte die 45. SchD., die 3. KBrig. und die halbe 41. HID., die auf das rechte Weichselufer zurückgezogen wurde, weil sich die Lage bei der 1. Armee wieder beruhigt hatte. Die Heeresleitung legte dem Armeebefehlshaber, Erzherzog Joseph Ferdinand, nahe, auch möglichst starke Teile der beiden linken Korps zur Offensive heranzuziehen, sei es, daß man den der 11. Armee folgenden Armeeflügel verstärkte, sei es, daß man nach dem Überschreiten des San auf dem rechten Ufet flußabwärts vorstieß, um endlich die Russenstellung im Mündungswinkel zu Fall zu bringen. Der Erzherzog erließ an die Generale Roth und Scheuchenstuel dieser Aufforderung entsprechende Weisungen. Im übrigen waren fürs erste — wie vom Oberkmdo. Mackensen verlangt — sechs Divisionen zur Sanbezwingung in Aussicht genommen, von denen die Divisionen des XVII. Korps am 12., die des IX. am 13. und die des X. am 14. den Fuß auf das östliche Ufer setzen sollten. Jedes der Korps, das über die untere Lubaczówka vorstoßende komb. Korps Behr mitinbegriffen, hatte nach dem Übergang flankierend in den Kampf des linken Nachbarn einzugreifen.

Abgesehen von einzelnen Teilvorstößen ließ der Russe die Verbündeten bei ihren Vorbereitungen gewähren. Er hatte selbst genug zu tun, sich für die unzweifelhaft bevorstehende Abwehrschlacht im Sinne der am 4. und 5. Juni gefaßten Entschlüsse (S. 452) zu rüsten.

Die Verdrängung der Russen vom südlichen Dniesterufer

(5. bis 15. Juni)

Hiezu Beilagen 22 und 23 Angriff Letschitzkis und Gegenangriff Pflanzer-Baltins Noch in Befolgung früherer Befehle und auch um Schtscherbatschews

11. Armee zu entlasten, hatte Gen. Letschitzki inzwischen seinen Angriff am Pruth fortsetzen lassen. Das Schwergewicht des Stoßes ging völlig auf das XXX. Korps über, das mit mindestens zweieinhalb Divisionen, denen weitere Kräfte zu folgen hatten, zwischen Kolomea und Delatyn durchbrechen sollte. Während die k.u.k. 15. ID., FML. Benigni, standzuhalten vermochte, wurde die 36. ID. am 4. Juni bei Tagesanbruch südlich von Sadzawka abermals durchbrochen. Zwei Bataillone des untersteirischen IR. 47 und drei Landsturmbataillone wurden an der Einbruchstelle angesetzt und brachten die Russen zum Stehen. Weitere vier Bataillone sollten den Gegenangriff bis an den Pruth vortreiben. Eine Erleichterung der Lage erhoffte sich GdK. Pflanzer-Baltin auch dadurch zu schaffen, daß er — zugleich dem neuerlich vorgebrachten Wunsche der Südarmee entsprechend — für den 4. Juni nachmittags die Gruppen Rhemen und Schönburg zum Vorstoß auf Krasna (nordöstlich von Delatyn) und Bo-horodczany anwies. Der rechte Flügel der 5. ID. Rhemens hatte diesen Vorstoß einige Stunden früher durch einen Angriff einzuleiten, der beiderseits der Straße Delatyn—Lanczyn in die Flanke des das Korps Czibulka bedrängenden Feindes zu führen war. Dieser Flankenangriff mißlang. Dafür glückte es südlich von Sadzawka, die Russen trotz ihrer unaufhörlichen Gegenstöße bis an den Höhenrand zurückzudrücken.

Die Vorrückung des linken Armeeflügels schickte sich recht gut an. Die Grazer Division gewann westlich von Nadworna Raum. Die Gruppe Schönburg erstürmte am 4. abends noch mehrere Höhenstellungen und kam bei einbrechender Nacht über Jabłonka hinaus. Aber schon tags darauf versteifte sich der Widerstand des um seine Flanke besorgten Feindes wieder. Bei Delatyn mußten heftige russische Gegenangriffe abgewehrt, östlich von Perehińsko schon genommene Höhenstellungen abermals den Russen überlassen werden.

Gleichzeitig kam es bei der 36. ID. wieder zu einem schweren Rückschlag, der auch nicht durch den Einsatz neuer, von ungefähr zusammengeraffter Reserven, darunter auch der eiligst herangeholten 8. KD., wettgemacht werden konnte. Die 36. ID. wich auf die Höhen unmittelbar nördlich von Młodiatyn. Zum Glück für das bei Kolomea fechtende

III. Korps erwies sich die Hiobspost nachträglich als falsch, daß sich auch die ganze 15. ID. vom Pruth abgesetzt habe. FML. Benigni hatte bloß seinen linken Flügel zurückgebogen.

GdK. Pflanzer sah der Zukunft mit großer Sorge entgegen. Der Druck der gegen Südosten einschwenkenden Südarmee mochte noch keineswegs so unmittelbar auf Letschitzki wirken, daß es dieser nicht mehr hätte wagen können, den Durchbruch zwischen Delatyn und Kolomea fortzuführen. Zumindest wäre der rechte Flügel der 7. Armee durch ein solches Beginnen in eine überaus schwierige Lage geraten, dies umsomehr, als man ja doch nicht Voraussagen konnte, was Rumänien machen würde1). Pflanzer setzte daher alles daran, die Gefahr wieder zu bannen, und stampfte mit gewohnter Tatkraft hinter dem linken Flügel des

III. Korps eine neue, aus sieben Bataillonen und der 10. KD. bestehende Gegenangriffsgruppe aus dem Boden, die den südlich vom Pruth stehenden Russen am 7. früh in die Flanke fallen und die benachbarten Divisionen zum Sturme mitreißen sollte.

Da trat, wie so oft im Kriege, das Unerwartete ein. Schon die Nacht auf den 6. verlief sowohl an der Einbruchsstelle, wie an den anderen Fronten der 7. Armee verhältnismäßig ruhig. Im Laufe des folgenden Vormittags bemerkte FML. Schönburg ein Abfallen des gegenüber befindlichen XI. Russenkorps. Er setzte um die Mittagsstunde zum Angriff an. Zur gleichen Zeit konnte auch die Gruppe Czibulka, nachdem sie Einzelvorstöße abgewiesen hatte, die Meldung erstatten, daß der Feind unzweifelhaft den Rückzug angetreten habe. Ein russischer Funkspruch verkündete die Verlegung des XXX. Korpskmdos. von Ottynia nach Tłumacz. GdK. Pflanzer säumte nicht, seine ganze Armee vom linken Flügel an zur Verfolgung aufzurufen, wobei der Gruppe Schönburg die besondere Aufgabe zufiel, „ohne Rücksicht auf Marschverluste“ über Ottynia in den Rücken des Feindes vorzudringen.

Die drei Gruppen des linken Flügels schritten noch am 6. nachmittags aus, Schönburgs Bataillone kamen noch über Sołotwina in den

!) Im Hauptquartier Pflanzers hatte man sich um die Monatswende eingehend mit der etwaigen Ausführung eines durch Rumäniens Eingreifen bedingten Rückzuges befaßt. Gleichzeitig begann das Militärkmdo. Hermannstadt an die Grenzsicherung und Grenzbefestigung von Siebenbürgen zu schreiten.

Raum südöstlich und östlich von Bohorodczany. Des anderen Tages griff die ganze Front Pflanzers an. Schönburg drückte den Feind bei Grabowiec über die Bystrzyca Nadworniańska zurück. Rhemens 6. ID. warf die Russen bei Majdan Śrd., indes die 5. die Höhen nördlich und östlich von Krasna erstürmte. Czibulkas 36. ID. überschritt nach heftigen Kämpfen bei Łanczyn und Sadzawka den Pruth, die inneren Flügel der 15. ID. und der Gruppe Krautwald griffen die Höhen nordwestlich von Kolomea an. Der rechte Flügel Krautwalds nötigte die Russen unterhalb von Kolomea zum Abbruch ihrer Stellungen. Das Korps Marschall gewann bei Zabłotów und Wolczkowce, Kordas linker Flügel (5. HKD., 6. KD.) südöstlich von Śniatyn das Nordufer des Pruth. Die 42. HID. arbeitete sich bei Draczynetz auf das linke Pruthufer vor. Russische Funksprüche und andere Nachrichten gaben zu der richtigen Vermutung Anlaß, daß Gen. Letschitzki seine Mitte auf Tyśmienica und die Höhen nordöstlich von Ottynia und Obertyn zurückzunehmen, diesen Rückzug aber in einer Zwischenstellung Ottynia—Kułaczkowce—Śniatyn zu decken gedachte, während sich sein XI. Korps bei Stanislau und Halicz des rechten Flügels der Südarmee zu erwehren hatte.

In der Tat sah sich die 7. Armee am 8. Juni bald der ebengenannten Zwischenstellung gegenüber. Die Gruppen Schönburg und Rhemen nahmen Ottynia und die Höhen südlich von diesem Orte. Die Gruppe Czibulka trieb die russischen Nachhuten über die nördlichen Begleithöhen des Pruth zurück, sah sich aber dann bei Korszów wieder dem linken Flügel des XXX. Russenkorps gegenüber. Krautwald kam unter Kämpfen über Turka hinaus. Die Gruppe Marschall befand sich gegen Abend im Angriffe auf die Höhen bei Zadubrowce; sie wurde nun vom Führer der 30.ID., FML.Kaiser, befehligt, da GdK. Marschall auf Ansuchen Linsin-genc mit der deutschen 5. KD. zur Südarmee abzugehen hatte. Vor dem linken Flügel des XI. Korps wichen die Russen allenthalben aus der Pruthebene gegen das nördlich aufsteigende Hügelland zurück. FML. Korda hatte die 5. HKD. an die Gruppe FML. Kaiser abzugeben.

Am 9. Juni gelang es den Truppen Pflanzers, an zahlreichen Punkten in die feindliche Stellung Ottynia—Korszów—Zadubrowce einzudringen. Das XXX. Russenkorps wich in den Raum Tyśmienica—Obertyn, das XXXIII. schien sich im Anschluß daran und auf den Höhen südlich von Horodenka zu neuem Widerstand zu rüsten. Das II. und das III. Kavkorps wurden in die Gegend nordöstlich von Stecowa zurückgeführt. Das XXXII. Korps hielt den Abschnitt Kotzman und das linke Pruthufer gegenüber von Czernowitz.

Gegen diese neue Front standen am 9. Juni die Gruppe Schönburg auf den Höhen nordöstlich von Ottynia, das Korps Rhemen anschließend bis in die Gegend von Żuków im Kampfe. Die 36. ID. Czibulkas näherte sich Obertyn von Süden her, die 15. ID. drang im Raume nordöstlich von Dżurków vor. Das III. Korps, FML. Krautwald, griff die russischen Stellungen südlich von Tyszkowce und von Horodenka an. Die Gruppe FML. Kaiser drängte den Feind südöstlich dieser Stadt über die Bahn zurück. Korda hatte nachmittags starke feindliche Kräfte südwestlich von Kotzman geworfen. Sein rechter Flügel (Polen und Gruppe Obstlt. Papp) stand beiderseits von Czernowitz am Pruth. Von den Reiterdivisionen folgte die 8. der 15. ID., die 10. der Mitte des III. Korps, indes die

5. HKD. in der Staffel rechts hinter der Gruppe FML. Kaiser für die Verbindung dieser Gruppe mit dem zurückhängenden XI. Korps sorgte.

GdK. Pflanzer-Baltin plante, die Masse seiner Armee konzentrisch gegen die weit gespannte russische Brückenkopfstellung Chocimierz— Horodenka anzusetzen. Da trafen am 9. Juni abends aus Teschen Nachrichten über eine Wendung bei der Südarmee ein, die Pflanzer zu einer nicht unwesentlichen Entschlußänderung nötigten.

Die Einnahme von Kałusz und Stanislau

Der Oberbefehlshaber der Südarmee hatte sofort nach der Einnahme von Stryj die Südostschwenkung der Armeemitte eingeleitet. Am

2. Juni hatte er den FML. Szurmay wissen lassen, daß für die Dniester-bewachung eine halbe 7.ID. und die 128.HIBrig. ausreichen würden, daher auch die 40. HID., die andere Hälfte der 7. ID. und die l.KD. gegen Südosten bereitzustellen seien. An diesen Weisungen ließ Linsingen, als tags darauf die Russen bei Horucko noch immer nicht wichen, ja sogar ihre Stellungen bei Rudniki gegen Osten wieder etwas erweiterten, nur insofern rütteln, als er Szurmay die ganze 7. ID. beließ.

War sonach die Lage am linken Armeeflügel noch immer nicht vollauf befriedigend geworden, so war dafür am 4. frühmorgens eine günstige Nachricht vom rechten Flügel gekommen: der Russe hatte endlich auch südöstlich vom Stryj mit dem Abbau seiner Stellungen begonnen. Voll Ungeduld trug GdI. Linsingen vormittags den Korps Gerok und Hofmann auf, noch an diesem Tage Kalusz und Halicz zu gewinnen, indes sich — gleichfalls noch am 4. — Bothmer des Brückenkopfes von Żurawno durch Handstreich bemächtigen sollte.

Diese Ziele erwiesen sich nun freilich der Zeit nach als nicht unerheblich zu weit gesteckt. Die beiden rechten Korps hatten schon unter den ungünstigen Marschverhältnissen mancherlei zu leiden. Glühende Hitze wurde durch schwere Wolkenbrüche unterbrochen, die, zumal im Vorrückungsraume des Korps Hofmann, die Waldwege für Tage in Morast verwandelten. Zudem sahen sich beide Korps am 5. früh bei Hołyń und Zawadka neuem russischem Widerstand gegenüber, der, mochte er sich auch nur auf flüchtig aufgeworfene Deckungen stützen, doch erst gebrochen werden mußte. Bei Holyn unterzog sich dieser Aufgabe die 48. RD., die durch öst.-ung. Bataillone verstärkt wurde. Der Feind bei Zawadka wurde von der Brigade Bolzano, der südwärts davon eingenistete durch die 55. ID., GM. Fleischmann, geworfen. Das Korps Hofmann führte nach diesem Kampfe über 2000 Gefangene zurück.

In der Nacht auf den 7. erstürmte die 48. RD., rechts von der Łomnica durch drei öst.-ung. Feldjägerbataillone gedeckt, die Stadt Kałusz, während das Korps Hofmann — zum Teil erst nach Mitternacht — südlich und südöstlich von Wierzchnia zu kurzer Ruhe eintraf. Tags darauf schob sich Gerok östlich von Kałusz gegen Stanislau vor, indes Hofmann wieder einen heißen Kampf zu bestehen hatte. Um das Abfließen der Truppen nach Halicz zu decken, stellte sich der Feind auf den für die Abwehr sehr günstigen Höhen bei Słobódka und Wojniłów. Die zum erheblichen Teil aus tschechischer Mannschaft bestehende Brigade Bolzano erstürmte unter der Führung tüchtiger Kommandanten in der vierten Nachmittagsstunde die Verschanzungen bei Wojniłów. Zwei Stunden später entriß die 130. IBrig. den Russen die Höhe A352, worauf sie auch Słobodka räumten. Beim Korps Hofmann wurden 12 Offiziere und 3200 Mann als Gefangene und 11 Maschinengewehre als Beute eingebracht.

Am 8. Juni konnte das Korps Gerok in Stanislau einziehen. Am selben Tage sah sich bei Ciężów und Komarów das Korps Hofmann dem eigentlichen Brückenkopf von Halicz gegenüber.

Inzwischen waren auch dem durch die 40. HID. und die 1. KD. verstärkten Korps Bothmer, das sich am 4. Juni zum Handstreich gegen Żurawno gruppiert hatte, schöne Erfolge beschieden gewesen. Während die l.ID. auf den Höhen südlich von der Swica vorging, drang die 38.HID. in Gemeinschaft mit dem rechten Flügel der 3. GID. am 5. in den vom

XVIII. Russenkorps verteidigten Brückenkopf von Żurawno ein. Die Verbündeten ließen dem Feinde nicht Zeit, die Dniesterbrücken abzubrechen, sondern stürmten zugleich mit ihm auf das andere Ufer, dessen Randhöhen sie tags darauf gewannen. Am 7. schlugen die 38. HID. und die Garde bei Nowoszyny den Feind neuerlich zurück, worauf sich jene gegen Bukaczowce, diese gegen die Höhen westlich von Hrehorów wandten. Des anderen Tages wurde die 40. HID. links von der 3. GID. in die Front gezogen; die 1. KD. hatte nachzufolgen und sich zu einem Streifzug gegen Rohatyn bereitzuhalten. Die 1. ID. stellte westlich von Halicz die Verbindung mit dem Korps Hofmann her.

Schwere Tage hatte die Gruppe Szurmay hinter sich, der nach Wochen ununterbrochenen Kampfes die Dniesterbewachung im Raume von Mikołajów übertragen worden war. Sie hatte mit ihren kaum zwanzig Bataillonen am 4. Juni zu ihrer schon 26 km langen Front noch den 16 km messenden Abschnitt zwischen Rozdół und Żydaczów übernehmen müssen, in den tags darauf an Stelle der zum Korps Bothmer abrückenden 40. HID. vier Bataillone der 128. HIBrig. eingesetzt wurden. Trotz dieser schon einer Postierung gleichenden Aufstellung und der bestimmten Überzeugung Szurmays, daß der Feind an eine Preisgabe des südlichen Dniesterufers nicht denke, blieb der vom ununterbrochenen Rückzug der Russen überzeugte Armeeführer bei seinem am 4. an die Gruppe erteilten Befehl, dem Feinde über den Dniester nachzustoßen. Ein örtlicher Erfolg unmittelbar südwestlich von Żydaczów bewog Szurmay, den von Linsingen gewünschten Angriff am 6. abends beginnen zu lassen. Eine Stoßgruppe der 7. ID. ging nördlich von Derzów, eine zweite gegen Horucko vor. Die Flügelgruppen, 128. HIBrig. und Obst. Rehwald, hatten sich anzuschließen. Die durch den ebenerwähnten örtlichen Erfolg erweckte Hoffnung, der Feind räume doch das Südufer, erwies sich jedoch abermals sofort als unrichtig. Schon das Heranarbeiten an die russischen Stellungen kostete viel Mühe und auch Blut. Am 7. wurde dem Korps Szurmay überdies noch die Bewachung der Dniesterstrecke Żydaczów—Holeszów übertragen. Von den bisher in diesem Abschnitt belassenen vier Bataillonen der 40. HID. sollten zwei Zurückbleiben — für Szurmay kein ausreichender Kräftezuwachs gegenüber der nun schon auf 54 km angewachsenen Frontausdehnung.

Kaum waren auch noch das FJB. 21 und eine Batterie als Verstärkung in den neuen Abschnitt beordert worden, als die Meldung kam, die nur 1800 Gewehre zählenden Bataillone der 40. HID. seien westlich von Holeszów in Flanke und Rücken gefaßt und gegen Ruda zurückgeworfen worden. Das FJB. 21 machte tags darauf den Mißerfolg wett, aber dieser war doch ein neues Warnungszeichen für die Verbündeten, auf der Hut zu sein.

Auch sonst waren bei Żydaczów in den letzten Tagen mehrfach auffallend starke Truppenansammlungen bemerkt worden; ebenso war der Antransport des VI. Russenkorps (S. 445) nicht verborgen geblieben. Aber der Armeeführer, von hoher Zuversicht erfüllt, maß diesen ungünstigen Mitteilungen weit weniger Bedeutung bei als den Fliegermeldungen über russische Rückmärsche auf der Straße Chodorów—Rohatyn, Bewegungen, die offenbar mit der Überstellung des XXI. Russenkorps hinter die Front der 11. Armee zusammenhingen (S. 452).

Die großen Erfolge, die die Südarmee seit Ende Mai errungen hatte, sprachen sich auch in den Beutezahlen aus. Die Armee hatte in diesem Zeitraum über 40.000 Gefangene und zwei Dutzend erbeutete Geschütze in die Etappe abgeführt.

Der Gegenangriff der Russen bei Mikołajów und Znrawno

Als am 8. Juni abends die Nachricht von der kampflosen Bezwingung Stanislaus im Armeehauptquartier zu Stryj eintraf, entschloß sich Linsingen, das Schwergewicht der weiteren Kriegshandlung auf das nördliche Dniesterufer zu verlegen. Er kam damit auch den Absichten des AOK. entgegen, das ihm tags zuvor mitgeteilt hatte, daß es erwünscht wäre, auf dem Nordufer des Dniester starke Kräfte zusammenzufassen und „den flußabwärts befindlichen Gegner aufzurollen“. Dementsprechend lauteten die Weisungen Linsingens für den 9. Juni: Gerok hatte bei Mariampol, Hofmann bei Halicz das nördliche Dniesterufer zu gewinnen, die deutsche 1. ID. westlich von Halicz bis Bursztyn vorzustoßen. Die Armee, in den letzten Tagen zum Vormarsch gegen Südosten aufgeboten, hatte nunmehr wieder scharf gegen Norden auf zu schwenken. Mit großen und sicherlich nicht ganz unberechtigten Hoffnungen begleitete die Armeeführung diese neue Phase des Feldzuges.

Aber der Schlachtengott war nicht gesonnen, der Armee Linsingens seine ungetrübte Gunst zu schenken. Noch am 8. bereitete sich bei den Korps Szurmay und Bothmer eine Wendung vor, die namentlich bei jenem zu einer nicht unbedenklichen Krise führen sollte. Der Angriff Szurmays, über deckungsarmes und versumpftes Gelände gehend, war inzwischen fortgesetzt worden. Er stieß nun aber schon auf den Gegenschlag, den die Russen, die empfindlichste Stelle der ganzen galizischen Front der Verbündeten sehr wohl erkennend, mit Hilfe der frischen Truppen ihres VI. Korps bei Žydaczów und Mikołajów ansetzten und den sie, durch Bothmers Vordringen nordöstlich von Żurawno besonders bedroht, bald über Bukaczowce ausdehnten. Zwar hatte sich die k.u.k. 71. IBrig. in der Nacht auf den 8. noch den Weg in die russischen Stel-lungen nördlich von Derzów gebahnt, aber der Feind warf sie wieder hinaus. Das gleiche Schicksal ereilte am Vormittag die 14. IBrig. nach erfolgreichem Einbrüche in Horucko. Der Russe stürzte den Zurückweichenden mit einer tief gegliederten Angriffsmasse nach, die erst auf den Geländewellen nördlich von Medenice zum Stehen kam.

Am gleichen Tage bekam auch schon das Korps Bothmer den neu erwachten Angriffsgeist der Russen zu spüren. Starke Kräfte fielen nachmittags und abends die 3. GID. und die 40. HID. in der Linie Hre-horów—Bortniki frontal und in der linken Flanke an. Die Verbündeten wurden wieder auf Nowoszyny zurückgedrückt, wobei die 40. HID. 2000 Mann einbüßte.

Tags darauf setzten die Russen ihren Gegenstoß bei Mikołajów und Żydaczów fort. Die ersten Hiobsposten kamen vom Korps Szurmay. Die 14. IBrig. mußte am 9. Juni noch vor Morgengrauen nach blutigem Handgemenge bis über Königsau weichen; sie verlor dabei 50 v. H. ihres Standes. Bald nach Mittag wurde auch die westlich von Żydaczów eingegrabene 128. HIBrig. von dreifacher Übermacht angegriffen, von links her aufgerollt und verlor schließlich im Handgemenge den größten Teil ihrer Streiter. Ein paar eiligst heranhastende Marschkompagnien konnten nachts vor der wacker aushaltenden Artillerie eine neue Front bilden, da die Russen nicht nachdrängten. Selbstverständlich mußte auch die 71. IBrig. gegen Wolica Raum geben.

Nun war es den Russen leicht, die südöstlich von Żydaczów stehenden Postierungen neuerlich gegen Ruda zurückzudrängen.

GdI. Linsingen war bei Tagesanbruch auf den Höhen von Königsau erschienen. Mit schwerer Sorge sah er die Russen nur mehr 12 km von Stryj entfernt, dessen Verlust der Armee die Früchte eines monatelangen, opferreichen Ringens rauben mußte. Da die Kräfte der Gruppe Szurmay keinesfalls mehr hinreichten, eine solche Gefahr sicher hintanzuhalten, entschloß sich der Armeeführer, das Korps Gerok bei Stanislau durch die von der 7. Armee überstellte deutsche 5. KD. (S. 458), zu ersetzen und zu einem Flankenstoß gegen den Szurmay bedrängenden Feind heranzuholen. Vom Korps Bothmer setzte der Armeeführer in diesem Augenblick noch voraus, daß es seine Stellungen auf dem nördlichen Flußufer als Ausfallstor zuverlässig halten werde. Aber schon die nächsten Stunden belehrten ihn eines anderen. Nach schweren Kämpfen wurden am 9. abends die 38. HID. und die links von ihr eingesetzte 1. KD. bei Bukaczowce durchbrochen. Da durch das Nachgeben der Postierungen südöstlich von Żydaczów gleichzeitig der wichtige

Übergang von Żurawno schwer gefährdet war, schlug Bothmer der Armeeführung vor, das Korps im Hinblick auf die Änderung der allgemeinen Lage hinter den Dniester zurückzuziehen. Linsingen stimmte zu und baute seine nächsten Kriegshandlungen entsagungsvoll auf neuer Grundlage auf. Den Flankenstoß dniesteraufwärts sollte nun GdI. Bothmer mit der 3. GID., der 48. RD.1), der l.ID., der 40. HID. und der k.u.k. 1. KD. führen, indes Gerok mit der allerdings nur mehr 1100 Gewehre zählenden 38. HID. und einer halben k.u.k. 19. ID. den Dniester zwischen Ostrów und Żurawno zu sperren und GdK. Marschall mit der deutschen 5. KD. und dem 7000 Mann starken Korps Hofmann bei Stanislau und gegenüber Jezupol und Halicz die Flanke zu sichern hatten. Eine halbe 19. ID. wurde als Armeereserve nach Wojniłów befohlen.

Schon auf die Morgenmeldung hin hatte die Heeresleitung in Teschen der Südarmee die 4. KD., GM. Berndt, zur Verfügung gestellt. Sie sollte, durch dreieinhalb Infanteriebataillone und vier Batterien verstärkt, an Stelle der schon in den vorangegangenen Tagen größtenteils auf das Ostufer der Tyśmienica herübergezogenen Gruppe Obst. Rehwald über Litynia eingreifen. Szurmays Truppen hatten sich dem doppelten Flankenangriff Bothmers und Berndts sobald als möglich anzuschließen. Alsbald mußte sich überdies der bevorstehende Angriff der 2. Armee (S. 453) zugunsten Szurmays fühlbar machen.

Der 10. Juni brachte dem linken Flügel Linsingens insoferne eine Entlastung, als sich der Feind nach den Anstrengungen der Vortage ziemlich untätig verhielt. Links der Tyśmienica drängte GM. Berndt die Russen gegen Litynia zurück. Südöstlich von Żydaczów brach Bothmer, der seine Truppen ohne Zwischenfall über den Dniester zurückgeführt hatte, aus der Linie Żurawno—Nowe Sioło zum Angriffe vor. Gerok bezog, bei Ostrów an Hofmann anschließend, im Rücken Bothmers die Dniestersicherung.

Am 11. arbeitete sich Bothmer näher an Żydaczów heran. Die 1. ID. erstürmte einen von den Russen gegenüber von Holeszów angelegten Brückenkopf, die 3. GID. und die 40. HID. drangen, jenseits des Stryj-flusses von der 1. KD. begleitet, über Ruda nordwärts vor. Weiter links gewann, von Linsingen aufgefordert, die auf kaum mehr als Bataillonsstärke zusammengeschmolzene 128. HIBrig. nordöstlich von Tejsarów einigen Raum.

Am 12. erkämpfte sich Bothmer Żydaczów und drang bis an die nach

i) Eine Brigade dieser ursprünglich zum Korps Gerok gehörenden Division befand sich schon seit 19. Mai im Verbände des Korps Bothmer.

Osten führende Bahn vor. Teile der 48. RD. und der Garde schwenkten zum Flanken- und Rückenschutz gegen den Dniester ein. Die 1. KD. focht westlich von Żydaczów, die auf 2000 Streiter zusammengeschmolzenę 40. HID. trat wieder unter die Befehle Szurmays, dessen Korps zum Angriff überging und Derzów sowie die Höhen südlich von Bilcze und von Medenice gewann. Am äußersten linken Flügel, im Bereiche der Gruppe GM. Berndt, wurde die 51. HID. der 2. Armee zum Vorstoß auf Mikołajów eingesetzt. Ihr Führer, FML. Kornhaber, dem auch GM. Berndt unterstellt wurde, blieb an die Befehle des 2. Armeekmdos. gewiesen. Die Streiter Berndts drangen in Litynia ein, ohne jedoch festen Fuß fassen zu können.

Am 13. rannte sich der Stoß Bothmers an der Bahn östlich von Żydaczów fest. Gegen den rechten Flügel Szurmays unternahm der Feind neuerlich heftige Angriffe, die von der 128. HIBrig. mit Aufopferung abgewiesen wurden. Der linke Flügel nahm Bilcze und die Höhen beiderseits von Letnia. Der Druck der Gruppe FML. Kornhaber bei Litynia stieß auf stärkste Gegenwirkung, wobei es nicht ohne Schwankungen in der Gefechtslage abging.

Während sich dies bei Stryj begab, war es auch am rechten Flügel der Südarmee zu Wechsel vollen Kämpfen gekommen. Dort hatte — dank einem abgehorchten russischen Funkspruch nicht überraschend — der Russe mit Reiterei und Infanterie am 11. Juni die Kavallerie Marschalls angegriffen und auf die Vorstädte von Stanislau zurückgedrückt. Marschall zögerte nicht, der Parade den Gegenhieb folgen zu lassen. Er warf die Eindringlinge am 12. über die untere Worona und erreichte tags darauf die Gegend südlich von Mariampol.

Das Korps Hofmann erzielte vor Halicz einigen Fortschritt.

Der Zwischenfall von Stanislau bereitete dem Führer der Südarmee in der sonst recht gespannten Lage keine besondere Sorge. Denn die rechts anschließende k.u.k. 7. Armee, mit deren westlichster Kolonne Marschall bei seinem Vorgehen gegen den Dniester engste Fühlung hielt, hatte durch ihr stetes Vordringen der Südarmee in diesen Tagen den verläßlichsten Flanken- und Rückenschutz gewährt.

Vorstoß Pflanzers an den Dniester und neuerliche Krise bei der

Südarmee

Aul' die Mitteilung hin, daß Linsingen gezwungen sei, das Schwergewicht seiner Kriegshandlung mehr nach Westen zu verlegen und hiezu das Korps Gerok bei Stanislau aus der Front zu ziehen, hatte PflanzerBaltin am 9. abends die Umlenkung seines linken Armeeflügels aus nordöstlicher in streng nördliche Richtung eingeleitet (S. 459). Indes der rechte Flügel, gegen Bessarabien durch das XI. Korps gedeckt, Buczacz als allgemeines Vorrückungsziel zugewiesen erhielt, hatte der linke Flügel über Tłumacz den Dniester abwärts von Mariampol zu gewinnen. Das Armeekmdo. entschloß sich zu dieser Änderung nur ungern, da es im Hinblick auf Rumänien das Schwergewicht der Kriegshandlung lieber gegen den rechten Armeeflügel hin verlegt hätte, was in absehbarer Zeit nun auch nicht mehr möglich war.

Das XI. Korps, FML. Korda, schwenkte bis zum 12. unter steten Kämpfen in glühend heißer Sonne in die Linie Bojan—Kalinkowcy auf. Während die 6. KD. und die wieder den Befehlen Kordas unterstellte

5.    HKD., zu einem Kavalleriekorps GM. Freih. v. Apór vereinigt, gegen Rukszyn vorzustoßen hatten, wurde die Hauptkraft des XI. Korps angewiesen, mit starkem linkem Flügel vorzugehen und die gegenüberstehenden feindlichen Kräfte wennmöglich gegen Rumänien abzudrängen. Doch schon am 13. kam der Angriff der ermüdeten, ausreichender Artillerieunterstützung entbehrenden Streiter Kordas gegenüber dem zum Teil schon auf russischem Boden fechtenden XXXII. Korps des Feindes ins Stocken. Schließlich gab der Russe einen weiteren Schritt nach, indem er Nowosielica räumte und im Norden gegen Władiczna und — vor der

6.    KD. — auf Rukszyn zurückwich. Das Korps Korda noch weiter nach Bessarabien hineinzutreiben, lag nicht mehr in der Absicht Pflanzers. Er befahl ihm, sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben.

Am rechten Flügel der Hauptkräfte Pflanzers setzte die Gruppe FML. Kaiser, unter Kämpfen über Horodenka heranrückend, in der Nacht auf den 11. vier Bataillone über den Dniester, denen tagsüber weitere Kräfte folgten, indes GM. Graf Herberstein mit der 10. KD. Zaleszczyki zu besetzen vermochte. Pflanzer trug der Gruppe Kaiser auf, die Höhen nördlich von Uścieczko zu gewinnen, womit die Dniesterfront Letschitzkis zum größten Teil der Aufrollung ausgesetzt worden wäre. Aber der Russe erkannte die hier drohende Gefahr und setzte schon am 12. dem weiteren Vordringen der Gruppe, in deren Front auch die 10. KD. einrückte, heftigen Widerstand entgegen.

Inzwischen war links vom FML. Kaiser die Gruppe FML. Krautwald unter erfolgreichen Kämpfen am 11. vor dem die Höhe A377 umschließenden Brückenkopf von Czernelica angelangt, den sie in der darauf folgenden Nacht anzugreifen begann. Die Gruppe FML. Czibulka (15., 36. und 5. ID.) hatte am 11. die Höhen westlich von Nieżwiska und nordöstlich von Chocimierz erstürmt und nachmittags die Straße Niezwiska—Jezierzany überschritten. GdI. Rhemen zwang am gleichen Tage mit den ihm unterstehenden Heereskörpern, der 6. ID., der Gruppe FML. Schönburg und der 8. KD., den Feind zum Rückzug aus seinen Stellungen westlich von Chocimierz und beiderseits von Tarnowica Polna und vermochte noch die Höhen südwestlich und südöstlich von Tłumacz in Besitz zu nehmen. Am 12. erreichten die Regimenter Czibulkas und Rhe-mens, die Russen vor sich hertreibend, die Höhen nördlich von Olesza, Tłumacz und Tyśmienica, während am linken Flügel die 8. KD. die Verbindung mit den Reitern Marschalls herstellte (S. 465).

Am 13. Juni vormittags gab der Armeeführer den Unterbefehlshabern seine weiteren Absichten bekannt. Die Gruppe GdI. Rhemen hatte den Brückenkopf von Niżniów zu nehmen und dann an der Dniester-strecke zwischen diesem Punkte und Mariampol haltzumachen. Krautwald und Kaiser hatten sich vorläufig mit den erkämpften Stellungen zu begnügen, während dem FML. Czibulka die Aufgabe zugedacht war, mit „allen freiwerdenden Kräften in der Direktion auf Koropiec und Potok Złoty die feindliche Front zu durchbrechen“.

Der Russe versuchte am 13. Juni, das weitere Vorgehen Rhemens, dem für den Angriff auf Niżniów auch Czibulka unterstand, durch einen heftigen, aber erfolglosen Gegenstoß aus dem Brückenkopf aufzuhalten. Am 14. erreichte der linke Flügel der Gruppe Schönburg unterhalb von Mariampol den Dniester, indes ihre Hauptkraft gemeinsam mit der 6., der

5. und der 36. ID. die Verschanzungen von Niżniów umklammerte. Am nächsten Tage fiel der Brückenkopf in die Hände der Angreifer, das XXX. Russenkorps wich mit allen Teilen auf das Nordufer des Flusses.

Weniger von Glück begünstigt waren in diesen Tagen die vor Czernelica und bei Zaleszczyki fechtenden öst.-ung. Heeresverbände, die nunmehr alle an die Befehle des FML. Krautwald gewiesen waren. Sie blieben nicht nur festgebannt, sondern mußten sich, zumal bei Zaleszczyki, auch schwerer russischer Angriffe erwehren, deren Abweisung viel Kraft und Blut kostete. Einem erbeuteten russischen Befehl wurde die Absicht des Feindes entnommen, unterhalb von Zaleszczyki durchzubrechen. Die Lage in diesem Raum mochte den Russen für ein solches Unternehmen wirklich verlockend erscheinen, da zwischen Zaleszczyki und dem linken Flügel Kordas eine 40 km breite, nur von schütter aufgestellten Kavallerieposten beobachtete Lücke klaffte. GdK. Pflanzer beeilte sich daher vor allem, das weit vorgeschobene XI. Korps in die Linie Bojan—

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Horoszowa zurückzunehmen. Die Gruppe Obstlt. Papp und die Polenbrigade hatten sich westlich und nördlich von Bojan, die Domobranzen der 42. HID. bei Toporoutz einzugraben, die beiden Reiterdivisionen (5. HKD., 6. KD.) nordwärts davon bis zum Dniester festzusetzen. Außerdem wurde die schon hinter die Gruppe Krautwald genommene 8. KD., FML. Lehmann, nach Zastawna befohlen, damit sie nördlich davon im Anschluß an die bei Zaleszczyki stehende 10. KD. die Dniestersicherung übernehme.

Während Pflanzer auf solche Weise in zäher Verfolgung des Feindes an der ganzen Front den Dniester gewonnen hatte, war die Südarmee neuerlich in eine kritische Lage geraten. Noch am 13. hatte Linsingen den beiden Heeresleitungen gegenüber seine Anschauungen dahin zusammengefaßt, daß die Armee „mit einer auf 19.850 deutsche und 24.681 öst.-ung. Gewehre und Karabiner gesunkenen Gefechtskraft1) schwereren Aufgaben als bisher gegenüberstände: den Angriffen eines weit überlegenen Feindes und den Ansprüchen eines stark vergrößerten Operationsraumes2)“. Die Rufe Linsingens verhallten nicht ungehört. Abgesehen davon, daß das AOK. Teschen alles daran setzte, die öst.-ung. Heeresverbände der Südarmee möglichst bald aufzufüllen, kamen die beiden Generalstabschefs überein, die 101. und die 105. ID. aus Südungarn nach Stryj überführen zu lassen.

Inzwischen brandete gegen den linken Flügel der Südarmee am

14. und 15. noch ein schwerer russischer Angriff heran, der offenbar mit den verzweifelten Versuchen des Feindes zusammenhing, Ostgalizien doch noch zu behaupten. Das Korps Bothmer wurde am ersten der beiden genamiten Tage von der Bahn östlich von Żydaczów bis in die Höhe von Holeszów zurückgeworfen; russische Garde hatte eingegriffen. Deutsche Gegenstöße konnten den Raumverlust nur zum Teil wettmachen. Die Gruppe Szurmay vermochte bis gegen Mittag alle Anstürme der Russen abzuschlagen, wurde aber dann bei Derzów und bei Bilcze eingedrückt, während sich die anderen Frontteile noch behaupteten. Die Gruppe FML. Kornhaber erlitt bei Hruszów einen nicht unempfindlichen Rückschlag; doch stellte ein ungesäumt einsetzender Gegenangriff die Lage alsbald fast völlig wieder her.

Am 15. hielt der Russe gegenüber Bothmer mit seinen Angriffen ein. Umso heftiger setzte er den zu Bataillonshäuflein zusammengeschmolzenen Divisionen Szurmays zu. Der Hauptstoß des Feindes erfolgte in besonders empfindlicher Richtung beiderseits der Straße nach Stryj. Der Kampf wurde vielfach von Mann gegen Mann geführt, ein oder der andere Frontabschnitt Szurmays von den Russen im Rücken gefaßt. Das im Brennpunkt fechtende IR. 37 zählte, als es sich aus dem Handgemenge löste, nur mehr 150 Mann. Schwer erschüttert standen am Abend die Kämpfer Szurmays in der Linie Tejsarów—Wolica—Letnia, indes die Gruppe FML. Kornhaber wie am Vortage gegenüber von Litynia hielt.

Der Befehlshaber der Südarmee war durch die Tatsache schwer betroffen, daß der Russe abermals auf bedrohliche Nähe an Stryj herangekommen war. Er befahl ungesäumt, daß die 38. HID. in der Dniester-sicherung durch die noch als Armeereserve ausgeschiedene halbe 19. ID. abzulösen sei und zu Szurmay abzurücken habe. Außerdem gab Bothmer einige deutsche Bataillone ab, die am 16. gerade noch zurechtkamen, an der Abwehr eines gegen Wolica gerichteten russischen Teilangriffes mitzuwirken. Sonst verhielt sich der Russe an diesem Tage ziemlich ruhig. Hartes hatten die Truppenverbände der Südarmee hinter sich, vor allem das Korps Szurmay, dessen Führer in einem Bericht an die Heeresleitung hervorhob, daß selbst die Kämpfe am Uzsokpasse mit denen nördlich von Stryj nicht zu vergleichen seien. Nun aber neigte die Krise ihrem Ende zu, denn der Druck der Verbündeten östlich von Przemyśl zwang die Russen, auch die blutgetränkten Stätten südlich von Mikołajów endgültig aufzugeben.

Die Durchbruchschlacht bei Mościska und Lubaczów

(12. bis 15. Juni)

Hiezu Beilage 24

Die Fortführung der großen Offensive nach Ostgalizien wurde am

12. Juni durch den Übergang der inneren Flügel der 11. und der 4. Armee über die Lubaczówka und den San eingeleitet (S. 453). Die 119.ID. des Korps Behr und die am rechten Flügel des k.u.k. XVII. Korps eingesetzte deutsche 22. ID. stießen frühmorgens auf das vom Feind besetzte Ufer vor und bahnten sich trotz des heftigen Widerstandes des

III. kauk. Korps den Weg in die russischen Stellungen. Einige Unruhe erzeugte es bei den höheren Befehlsstellen bis zum AOK. in Teschen hinauf, daß die 26. SchD. gegenüber von Sieniawa nicht so rasch das hier sehr stark und wachsam besetzte Ostufer des Flusses gewann. Nachmittags glückte der Übergang jedoch auch hier und gegen Abend durchschritt die Front der 26. SchD. den Ort Sieniawa, während rechts von ihr die deutsche 22. ID. anschloß, und noch weiter östlich die 119. bis an die Waldränder nordwestlich von Radawa vorgedrungen war. Im Bereiche des XVII. Korps waren zwei Kriegsbrücken über den San gelegt.

Am 13. Juni erzitterte von 4hmorgens an die Luft von dem Donner, der aus 700 Kanonen- und Haubitzrohren dröhnte. Zahlreiche schwere und schwerste Mörser wuchteten hinein. Tausend-und abertausendfaches Krachen vermengte sich mit dem vielstimmigen Geheul der in den Lüften schwirrenden Geschosse zu einem betäubenden Getöse. Von Mościska bis an die Lubaczówka wirbelten aus wogenden Feldern, aus Wiesen, Waldrändern und Ortschaften schwere, dicke Säulen von Rauch auf, und stiegen dichte Staubwände dem blauen Frühlingshimmel entgegen. Wenige hundert Schritte entfernt von dieser Zone der Vernichtung hielten sich in mannstiefen, vielverzweigten, teilweise in emsiger Arbeit weniger Nächte so weit vorgetriebenen Gräben 120.000 Männer zum Sturm bereit. Da standen die Soldaten aus Ungarn, Mähren, Schlesien und Galizien zwischen Männern aus allen Gauen des Deutschen Reiches von den Hängen der Alpen bis zur Nord- und Ostsee an den in Eile gezimmerten Sturmleitern und den breiten, in die vordere Grabenwand gehauenen Ausfalltreppen und schauten mit der Uhr in der Hand gebannt das großartige Schauspiel der Vernichtung, das ihnen den Weg in den Feind bahnen sollte. Dort drüben aber schlugen 90 Minuten lang in jeder Sekunde Hunderte von Granaten tiefe Löcher in den sandigen Boden, trafen Gräben und Unterstände, rissen Fetzen von Drahthindernis und Holztrümmer aus der Stellung in die rauch- und staubschwangere Luft. Und als der Minutenzeiger die befohlene Stunde wies, da stürzten sich alle die tausende Männer aus ihren deckenden Gräben und stürmten dem Feinde entgegen.

Die Meldungen, die im Laufe des Vormittags über das Fortschreiten des Angriffes bei dem jetzt drei Armeen befehligenden Oberkmdo. Mackensen eintrafen, entsprachen vollkommen den Erwartungen.

Das XXXXI. RKorps hatte die breite, teilweise versumpfte Wisz-nianiederung rasch hinter sich gebracht; heiß kämpfend drang es langsam auf den Hängen des östlichen Ufers vor. Auch beim k.u.k. VI. Korps schritt der Angriff rüstig vorwärts. FML. Arz hatte sich um 4h3° vorm. mit seinem Stabe nach Nienowice begeben. Schon im ersten Anlaufe drangen die IR. 3 und 56 der 12. ID. in die vordersten Russenstellungen ein und stießen ostwärts vor. 1500 Gefangene wurden dabei eingebracht. Härter ging es bei der 39. HID., wo ein stark befestigtes, von der Artillerie nicht niedergekämpftes Wäldchen am linken Flügel das Vorgehen empfindlich hemmte und erst gegen Mittag genommen werden konnte. Die Mitte und der rechte Flügel der Division hatten gleichfalls den ganzen Vormittag um den Waldrand südöstlich von Kalników zu ringen. In den Nachmittagsstunden konnten aber beide Divisionen ihre Angriffe bereits gegen die zweiten und dritten russischen Linien richten, die zum Teil erstürmt werden mußten, zum Teil schon nach kurzer, kräftiger Beschießung durch Artillerie — die beiden Hauptwaffen arbeiteten einander glänzend in die Hände — geräumt worden waren.

Noch günstiger ließen sich die Erfolge beim preußischen Gardekorps an. Nach der Wegnahme der vordersten Schützengräben war hier an den inneren Flügeln der beiden Divisionen aufflackernder Widerstand noch vormittags gebrochen, und dann kräftigst nachgestoßen worden. Ebenso drang das XXII. RKorps nach erbitterten Ortskämpfen in die dichte Waldzone östlich von Miekisz Nw. ein; das deutsche X. Korps überschritt die Lubaczówka in nordöstlicher Richtung.

An der ganzen Front wechselten bis in den späten Nachmittag harte Kämpfe mit entschiedener Verfolgung von Stellung zu Stellung. In der Linie Czerniawa—Malnów—Lukowa—Kobylnica—Polanka hielten die siegreichen Streiter Mackensens zu kurzer Nachtruhe.

Das komb. Korps Behr am linken Flügel hatte in den Wäldern nördlich von Radawa enge Fühlung mit der Armee Erzherzog Joseph Ferdinand gehalten. Es hatte dort seine schon zur Ablösung durch Teile des k.u.k. XVII. Korps bestimmte 119. ID. heftiger Kämpfe halber noch an der Seite der k.u.k. 11. ID. belassen müssen. In hartem Ringen gelang es dem rechten Flügel der 4. Armee, seinen am Vortage eingeleiteten Erfolg auf dem östlichen Sanufer zu erweitern. Frühmorgens bemächtigte sich die 26. SchD. der ganzen alten Brückenkopfstellung von Sieniawa, und um 10h vorm. fiel auch die beherrschende Höhe südlich von Dobra (Jurowa Góra) in ihre Hand. Inzwischen war eine Brigade der

10. ID. hinter dem XVII. Korps über den San gezogen worden. Sie stieß, verstärkt durch zwei Bataillone der 26. SchD., bis zum Abend sanabwärts über Piskorowice hinaus, von wo sich nun die Stellung der Verbündeten über die Höhen südlich von Dobra bis in die nach wie vor von heftigstem Kampflärm widerhallenden Waldungen nördlich von Radawa hinzog. Am linken Flügel setzten nun auch schon weitere Teile des IX. Korps (106. LstlD.) über den Fluß.

Nicht so sehr in die Augen springend schien das Ergebnis des ersten Schlachttages bei der 2. Armee zu sein. Den Absichten des Armeeführers entsprechend hatte vorerst nur der stark gehaltene linke Flügel, das Beskidenkorps und das k.u.k. IV. Korps, zusammen sieben Divisionen, den Angriff der 11. Armee mitzumachen. Dem XIX. Korps war im Anschluß daran noch die Gewinnung einiger Punkte vor seiner Front aufgetragen worden.

Das Beskidenkorps setzte sich am linken Flügel im ersten Ansturm rasch in den Besitz einer feindlichen Vorstellung; gleich darauf wies es einen nördlich der Bahn vorbrechenden Gegenangriff ab. Die besonders stark befestigte Hauptstellung, an die sich die Divisionen in den folgenden Stunden heranarbeiteten, erwies sich aber noch nicht als sturmreif.

In der Gesamtheit konnten die Verbündeten mit den bis zum 13. errungenen Erfolgen zufrieden sein. Daß der Feind, in der Mitte durchbrochen, erst in einer neuen Stellung entschieden Widerstand zu leisten suchen werde, war anzunehmen. Ob dies bereits in der aus Fliegermeldungen bekannten, nur 15 bis 20 km hinter der durchbrochenen Stellung ausgebauten Linie Mokrzany Wk.—Krakowiec—Oleszyce geschehen werde oder erst in der gleichfalls bekannten, zum unmittelbaren Schutz von Lemberg auf das stärkste befestigten Stellung von Gródek und Magierów, stand dahin. Jedenfalls mußte der Stoß am 14. auf der ganzen Linie mit größter Entschiedenheit fortgesetzt werden.

Tatsächlich begannen die Russen schon im Laufe der Nacht sich von ihren Verfolgern loszulösen. Die am 14. zeitlich früh startenden Flieger sahen allenthalben lange Kolonnen von Truppen und Troß teilweise in großer Verwirrung auf dem Rückmärsche; die Russen drängten sich besonders auf der über Jaworów ostwärts führenden Straße. Große Trainparks stauten sich bei Magierów und Niemirów. Um den Bahnhof von Mościska wüteten mächtige Brände, sichere Anzeichen jedes russischen Rückzuges. Aber der Feind fand doch schon in der nächsten Stellung ausreichenden Rückhalt.

Zwischen Mościska und dem Wk. Błoto griff die Masse der 2. Armee am Morgen des 14. in kräftiger Verfolgung zu. Es zeigte sich, daß der linke Flügel der 8. Russenarmee seine Linien gleich in einem Zuge weit abgesetzt hatte. Erst zu Mittag und am Nachmittag stießen die Verfolger bei Mokrzany Wk., westlich von Stojánce und westlich von Bonów auf neuen Widerstand.

Um llhvorm. entwickelte sich das XVIII. Korps zum Angriff auf Kupnowice Str.—Mokrzany Wk. und auf die Höhen nordwestlich von diesem Orte. Bald darauf überschritt auch das XIX. Korps Podliski und die Sannikiniederung.

An der Front beider Korps entspannen sich am Nachmittag hartnäckige Kämpfe, die bis tief in die Nacht hinein währten. Während sich die Masse der 9. ID. zusammen mit der 1. LstlBrig. von 4h nachm. an zwischen Wiszenka und Koscielniki an den Wiszenkabach heranarbeiteten, ohne die Russen von den Rücken nördlich und südlich von Mokrzany Wk. zurückwerfen zu können, stürmte am rechten Flügel das Egerländer IR. 73, unterstützt durch die Artillerie des noch in der alten Stellung verbliebenen V. Korps, um 9h abends eine schon seit Mittag heiß umstrittene Höhe östlich von Wankowice.

Nördlich vom XVIII. Korps kam die 29. ID., ihren Angriff nachts fortsetzend, noch einige Kilometer über Podliski hinaus; östlich von Sanniki rückte sie dem Feinde bis auf 800 Schritte an den Leib, indes die

13. SchD. bereits die Drahthindernisse der südwestlich von Stojánce liegenden Stellung erreichte. Sie wollte noch in der Nacht zum Sturm schreiten.

Tüchtigen Raumgewinn hatte das IV. Korps zu verzeichnen. Mit drei Divisionen im ersten Treffen (31. ID., 43. SchD., 27. ID.) war es bald nach Mittag über die Linie Lipniki—Laszki-Gościńcowe hinweggeschritten und mit dem linken Flügel über die Wisznia bis Wola Arłamowska gekommen. Nachdem es am Abend seine Linien noch bis an den Ostrand dieses Ortes und nach Twierdza vorgetragen hatte, setzte es die 31. ID. zum Angriff auf die Höhen nördlich von Stojánce, die Hauptkraft (27. ID. und43. SchD.) zum Stoß beiderseits der Bahn gegen Osten an.

Am linken Armeeflügel überschritt das Beskidenkorps vormittags in breiter Front die Wisznia und erreichte nach 2h nachm. Sokola und den Raum südlich davon. In der allgemeinen Richtung auf Bonów weiterschreitend, fand es westlich und südlich von diesem Orte jedoch so entschiedenen Widerstand, daß dessen Niederringung auf den kommenden Tag aufgeschoben werden mußte.

Im Anschluß an das Beskidenkorps nahm das XXXXI. RKorps um 7h vorm. die Verfolgung auf. Erst gegen Mittag stieß es auf den Feind, rang in den Abendstunden schwer um die Höhen von Sarny, konnte aber nicht durchdringen.

Beim k.u.k. VI. Korps war für 5h früh der Angriff zur Gewinnung des Raumes von Krakowiec befohlen worden. Die Feindaufklärung ergab bald, daß beim Teich von Krakowiec und südlich davon mit neuem Widerstand gerechnet werden müsse. Als die beiden Divisionen nach 9h vorm. auf die vom Feinde nicht besetzten Höhen östlich von Gnojnice vordrangen, sahen sie die Brücken von Krakowiec in Flammen und die letzten Wagen einer langen Troßkolonne den Ort verlassen. Aber von der Straße Krakowiec—Sarny her empfing die 39. HID. bald heftiges Feuer. Zwar gelang es ihr, nach Mittag einige Punkte an der Straße in hartem Kampfe in Besitz zu nehmen, dann aber stockte der Angriff; der Sumpfrand östlich vom Teich war stark besetzt.

Nördlich von Krakowiec sowie auf den Höhen südwestlich und westlich von Wk. Oczy stießen die k.u.k. 12. ID. und das Gardekorps in den Mittagsstunden auf eingegrabenen Feind. Ein um 3h30 nachm. gemeinsam angesetzter Angriff führte zu vollem Erfolge. Während der linke Flügel der 12. Division sich in schwerem Kampfe in den Besitz starker Stellungen westlich von Świdnica setzte, entriß die Garde nach stundenlangem, heißem und opferreichem Ringen den kaukasischen Grenadieren und der 34. Russendivision die zäh verteidigten Höhen von Wk. Oczy. Die 1. GID. drang kämpfend durch den Ort, beide Gardedivisionen überschritten, russische Gegenstöße kräftig abwehrend, die breite Bachniederung und strebten den flachen Höhen auf deren Ostufer zu.

Gegen Abend schob auch die 12. ID. an ihrem linken Flügel noch ein Bataillon nach Świdnica vor, indes sich die Masse bei Ruda Kochanowska für die Nacht einrichtete. Gerüchte wollten wissen, daß der Russe Krakowiec durch den Gegenangriff von mindestens einer russischen Division zurückzugewinnen trachten werde. Man traf die notwendigen Vorkehrungen, aber der Angriff kam nicht. Abends nahm die 39. HID. zusammen mit dem linken Flügel des XXXXI. RKorps noch einen starken Stützpunkt westlich von Morance.

Nicht weniger entscheidend gestalteten sich die Ereignisse beiderseits der Lubaczówka1). Hier drang das XXII. RKorps in dem dichten, wegarmen und unübersichtlichen Waldgebiet nordwestlich von Wk. Oczy unter harten, durch die Unmöglichkeit geregelter Artillerieunterstützung erschwerten, aber trotzdem erfolgreichen Kämpfen über die Lukawiec-niederung vor. Unter gleich schwierigen Verhältnissen, aber nicht minder erfolgreich, gewann das deutsche X. Korps beiderseits von Bahn und Straße nach Oleszyce Raum. Es hatte noch am Abend des 13. heftig um die Ortschaften und Waldränder auf dem Nordufer der mittleren Lubaczówka gestritten und dort den erbitterten Widerstand,desXXIX.und des V. kauk. Korps — der inneren Flügel der 3. und der 8. Russenarmee — erst gegen Mittag des 14. zu brechen vermocht. Dann aber stieß die

!) Müller-Brandenburg, Die Schlacht bei Gródek—Lemberg (Der große Krieg in Einzeldarstellungen, Heft 34, Oldenburg 1918), 31.

20. ID. zwischen der nun zu nordöstlichem Lauf gewendeten Lubaczówka und der nach Lubaczów führenden Bahn bis auf gleiche Höhe mit dem

XXII. RKorps vor, indes die 19. ID., südwestlich von Sucha Wola an die 20. anschließend, die Waldzone überwand und an der großen Straße nach Oleszyce das Dorf Lipina in Besitz nahm. Nur der linke Flügel hing in dem Walde nordwestlich dieser Straße etwas zurück, da das Korps Behr noch bei Radawa festlag.

Um die Mittagsstunde stand das Oberkmdo. Mackensen nach den Meldungen der 2. Armee und der eigenen Korps unter dem Eindrücke, daß das Zurückweichen des Feindes zu einem tiefgreifenden Rückzug ausarten müsse, wenn es gelang, ihm durch entschlossenes Zufassen auch die ersten Ansätze zu neuer Abwehr zu zerstören. Es wurde daher den Armeen nachdrückliche Verfolgung aufgetragen, die von der 2. Armee gegen die Linie Chłopy—Bruchnal (südöstlich von Jaworów) vorzutragen und von der 11. Armee bis an die breite, zusammenhängende Waldzone zu führen war, die sich in einem großen Bogen von den nördlichsten Gródeker Teichen gegen Wierzbiany und Niemirów, dann nördlich der Zawadówka gegen Lubaczów erstreckt und sich westlich des Hügellandes von Oleszyce gegen die von Sieniawa nach Tarnogród führende Straße in den Bereich der 4. Armee fortsetzt. Diese Armee sollte durch Vorgehen über Cewków—Tarnogród die linke Flanke der 11. Armee auch weiterhin decken. Die Korps der 11. hatten alles daranzusetzen, den Raum bei Lubaczów und westlich davon, die Zawadówka sowie die von Wierzbiany nach Jazów Stary führende Straße und die Gegend westlich von Jaworów möglichst noch am Abend des 14. Juni zu erreichen. Von den Armeereserven sollte die 11. bayr. ID. dem XXXXI. R-Korps auf Malnów, die 8. bayr. RD. dem k.u.k. VI. Korps auf Zaleska Wola, die Brigade Obst. v. Reuter dem linken Armeeflügel auf Ryszkowa Wola an der mittleren Lubaczówka folgen. In ähnlicher Weise hatte auch das 2. Armeekmdo. im Sinne des vom GO. Mackensen erhaltenen Befehles seinen Angriffskorps weitreichende Ziele gegeben. Ihnen zufolge hatten das V. Korps auf Gródek, die drei nördlich anschließenden Korps aber an dem Nordrand der Gródeker Teiche vorbei in der allgemeinen Richtung auf Janów loszustreben.

Die Ergebnisse des Tages waren dann freilich, wie bereits gezeigt wurde, trotz aller Tapferkeit und Ausdauer der Truppen wesentlich hinter diesen weit gesteckten Zielen zurückgeblieben. Die Russen hatten sich, wenn auch unter empfindlichen Verlusten, tüchtig gewehrt. Ihre zweite Stellung hatte ihnen dabei nicht nur eine starke moralische Stütze, sondern auch tatsächlich Rückhalt geboten, da sie mit bewährtem Geschick angelegt und in wochenlanger Arbeit gut ausgebaut war. Sie war auch nur vom k.u.k. VI. Korps und der Garde durchbrochen, vom rechten Flügel des XXII. RKorps genommen, sonst aber überall durch den Verteidiger behauptet worden. An der Durchbruchstelle aber war es den Russen gelungen, die Lücken in ihrer Front durch schleunigst herangeführte Verstärkungen wieder auszufüllen. So waren während der Kämpfe vor der Garde und dem VI. Korps je eine neue Division festgestellt worden. Eine weitere Division sollte nach eingelaufenen Nachrichten neben anderen in Bildung begriffenen Reserven dahinterstehen.

Der Oberkommandant der russischen Südwestfront hatte aus dem Verlauf der Maioffensive der Verbündeten und aus der Versammlung starker Kräfte im Raume Sieniawa—Radymno erkannt, daß bei einem Vorstoß der Verbündeten gegen Rawa Ruska die 3. und die 8. Armee Gefahr liefen, getrennt und einzeln umfaßt zu werden. Diese Besorgnis hatte schon in der Bereitstellung namhafter Reserven im Raume um Lubaczów Ausdruck gefunden (S. 452). Als nun die seit dem 12. im Gange befindlichen Kämpfe durch ihre doppelte, nach Norden und Osten zielende Stoßrichtung diese Befürchtung bestätigten, verfügte Iwanow am 14. nachmittags die Bildung einer besonderen Armeegruppe im Raume um Lubaczów. Diese der 3. Armee angegliederte, dem Gen. Olochow unmittelbar unterstellte Gruppe sollte außer den schon nächst Lubaczów befindlichen Korps — XXIX., II. kauk. und V. kauk. — noch das

XXIII. Korps und das IV. Kavalleriekorps umfassen.

Die Gruppe Olochow hatte die Marschlinien gegen Lublin—Wladi-mir-Wolyński zu sichern, die Verbindung zur 8. Armee zu besorgen und sich im übrigen bereit zu halten, dem Gegner in die Flanke zu fallen, wenn er versuchen sollte, den rechten Flügel der 8. Armee zu umgehen x).

Allein zur Zeit, als dieser Befehl ausgegeben wurde, war der größte Teil der für seine Ausführung bestimmten Verbände bereits in die Kämpfe südlich Lubaczów hineingezogen worden. Auch die noch nachrückenden Teile sollten bald in der allgemeinen Front aufgehen.

Die Verbündeten hatten, die vom Oberkmdo. Mackensen am Vortage erteilten Befehle durchführend, auch am 15. Juni überall noch harte Kämpfe zu bestehen.

Von Mokrzany Wk. bis Bonów traten die Korps der 2. Armee zum Angriff auf die Stellungen der gegenüberstehenden sechs Russendivisionen an. Sie trafen überall auf einen zu erbitterter Abwehr entschlos-

*) N e s n a m o w, IV, 53; Zajontschkowskij, 306.

senen Feind. Um die bei Mokrzany Wk. hart ringenden Divisionen des XVIII. Korps zu entlasten, bestimmte das Armeekmdo. am Vormittage auch das V. Korps zum Eingreifen über Ostrów und Wankowice in nördlicher Richtung. Aber es wurde Abend, ehe sich der Angriff auszuwirken vermochte. Den ganzen Tag über rangen das XVIII. und das XIX. Korps schwer um die zähe verteidigten Höhen, Orte und Wälder. Als sie sick ihrer endlich bemächtigten, sank die Nacht herab. Auch beim IV. Korps tobte beiderseits von der Bahn und um die Höhen nördlich von Stojánce, nur wenige Kilometer östlich der Nachtstellung, während des ganzen Tages heftigster Kampf. Desgleichen kostete es dem Beskidenkorps Mühe genug, bis es spät am Nachmittag im Einklang mit dem XXXXI. RKorps die Höhen von Bonów im Sturme nahm.

Überaus schwer ließ sich auch das Ringen der 11. Armee an. Trotzdem das XXXXI. RKorps nach schweren Nacht- und Morgenkämpfen über Sarny hinausgestoßen war, gelang es doch nur seinem linken Flügel, nördlich von dem genannten Orte an den Szkło heranzukommen, wo der Angriff wieder zum Stehen kam. Ähnlich erging es der 39. HID., die neben dem HIR. 6 auch die Hauptkraft des IR. 63 nördlich vom Krako-wiecer Teich zum Angriff auf das am Ostende des Teiches liegende Przedborze angesetzt hatte, den Ort aber nicht zu nehmen vermochte.

Umso bedeutsamer waren die Erfolge, die sich die k.u.k. 12. ID. gemeinsam mit dem Gardekorps als östlichste Spitze des Stoßkeiles erkämpfte. Vormittags mußte die 12.ID.mit der 20.und der 34.russischen ID. südöstlich von Wk.Oczy noch heiß um jeden Fußbreit Bodens kämpfen. In der glühenden Mittagssonne kam das IR. 57 zwar auf Sturmweite an die starken Stellungen westlich von Nahaczów heran, konnte sie jedoch dem Feinde nicht entreißen. Ja es schien sogar, als ob der Russe gerade hier das Zentrum seines Widerstandes aufrichten wollte. Man hatte zwischen 10h und 12h vorm. Infanteriekolonnen im Anmarsche von Jaworów in den Raum von Nahaczów gesehen. In den Kämpfen des Nachmittags wurden Teile von zwei frischen Divisionen festgestellt. Aber ungeachtet der Gefährdung, der die rechte Flanke der 12. ID. in Anbetracht der noch immer nicht geklärten Lage der 39. HID. bei Przedborze ausgesetzt war, wurde der Angriff mit größter Entschiedenheit fortgeführt. Endlich konnten die russischen Verschanzungen auf den Höhen westlich von Nahaczów abends gestürmt und die feindlichen Regimenter noch über diesen Ort zurückgeworfen werden. Teile der 39. HID. suchten Anschluß an die 12. ID. und stellten die Verbindung zu den noch immer auf Sturmentfernung vor Przedborze liegenden Truppen her.

Das Gardekorps drang nach mannigfachen Kämpfen am Nachmittag in die russischen Stellungen bei Lipowiec und südöstlich davon ein und erreichte mit der 2. GID. spät nachts den Waldrand südlich von Hruszów, während der rechte Flügel unter stetem Ringen auf den Höhen nördlich von Nahaczów Anschluß an das k.u.k. VI. Korps fand.

Bedeutende Erfolge errangen auch wieder das XXII. RKorps und das deutsche X. Korps. Jenes gelangte nach ununterbrochenen Kämpfen in stark durchschnittenem, unübersichtlichem Gelände am Abend an die Niederung zwischen Hruszów und Lubaczów. Es hatte seine geschwächten Divisionen schon empfindlich in die Breite ausgedehnt. Noch mehr war dies beim deutschen X. Korps der Fall, dessen nordostwärts strebende Front wegen des gleichzeitigen Vordringens der Hauptkräfte Mackensens gegen Osten immer mehr gestreckt werden mußte. Im Laufe des

15. Juni erreichte die 20. ID., mit dem rechten Flügel zum XXII. RKorps ausgreifend, unter Kampf den Südrand von Lubaczów; gleichzeitig vertrieb die 19. ID. den Feind aus Oleszyce, wobei es sich nach links gegen eine zum komb. Korps Behr entstehende Lücke tief staffeln mußte. Damit war seine Ausdehnung auf gut 20 km angewachsen. Es wurde daher das Vorziehen der 8. bayr. RD. in die Front westlich von Oleszyce angeordnet. Diese Division sollte vom 16. an zusammen mit der unter heftigen Kämpfen bis Molodycz gelangten 56. ID. als neues komb. Korps GLt. Freih. v. Stein den linken Armeeflügel bilden.

Vorstoß östlich und nordöstlich von Sieniawa

Im Sinne seiner großen Aufgabe, sich dem Vormarsche der 11. Armee unter Sicherung gegen Norden in der Richtung auf Rawa Ruska und Narol-Miasto anzuschließen, hatte sich das 4. Armeekmdo. die eheste Gewinnung des Raumes Dzików—Cewków—Tarnogród zum Ziele gesetzt. Als die Ereignisse des 13. Juni auf dem östlichen Sanufer gezeigt hatten, daß das hart kämpfende IX. Korps nur langsam vorwärtskommen konnte, wurde befohlen, daß dessenungeachtet das XVII. Korps im Einklang mit dem linken Flügel der 11. Armee entschieden nach Nordost Raum zu gewinnen habe. Das Armeekmdo. stellte dabei bewußt die Besorgnisse zurück, die ihm schon seit Beginn der neuen Kriegshandlung daraus erwuchsen, daß sich mit dem Fortschreiten vom San an den Tanew die Front binnen wenigen Tagen von 34 auf 66 km ausdehnen mußte; ohne Kräftezuwachs und in Anbetracht der in diesem trockenen Sommer keineswegs ungangbaren Tanewregion mußte nicht nur mit zähem Widerstande der Russen, sondern gegebenenfalls auch mit einem großen Gegenangriff des Feindes umso mehr gerechnet werden, als die günstige, den Stoß der 11. Armee auf Lemberg empfindlich bedrohende Richtung zu einer solchen geradezu einlud. Das Streben, den linken Flügel der 11. Armee unmittelbar und unausgesetzt zu begleiten, konnte daher möglicherweise bald eine Grenze finden, wenn es nicht gelang, trotz der mit dem Vordringen an den Tanew zu gewärtigenden Kämpfe Reserven zu gewinnen.

Der 14. Juni brachte im Bereiche der 4. Armee nur geringe Veränderungen. In dem Waldgebiete nördlich von Radawa drang die 11. ID. gemeinsam mit ihrem rechten Nachbarn, der deutschen 119. ID., nur mühsam vor. Auf der Jurowa Góra und nordwestlich davon konnte das Gelände gegen heftige Russenstürme festgehalten werden. In wechselvollen Kämpfen konnte das IX. Korps bei Piskorowice und südöstlich davon seine Linien nur um ein Geringes vorwärtstragen. Doch gelang es nun auch schon dem X. Korps, zwei Divisionen hinter dem IX. Korps auf das östliche Sanufer vorzuziehen.

Beim XVII. Korps war morgens die zur Abgabe an die 11. Armee bestimmte deutsche 22. ID. durch Teile der 26. SchD. abgelöst worden. Da sich die Kampflage in dem zerklüfteten Waldgebiet jedoch äußerst schwierig gestaltete, wurde die 22. ID. doch noch vorübergehend beim XVII. Korps belassen. Sie sollte am 15. von der Jurowa Góra gemeinsam mit der 26. SchD. auf Dobra und die Höhe südöstlich davon durchbrechen, um von dort aus die feindlichen Stellungen nach Süden und Norden aufzurollen. Während die 11. ID. im Anschluß an die 119. ID. den Feind ostwärts zurückzudrücken hatte, erhielt das IX. Korps die Aufgabe, ehestens den Raum östlich und nordöstlich von Cieplice zu ge-gewinnen; das k.u.k. X. Korps hatte seinen Raumgewinn auf dem östlichen Sanufer zu erweitern.

Die Durchführung dieser Befehle brachte am 15. unter schweren Anstrengungen bedeutende Erfolge. Schritt für Schritt erkämpfte sich die 11. ID. die Bubnowa Góra und erreichte bis zum Abend die Radawka-niederung. Die Masse des XVII. Korps (deutsche 22. ID. und k. k. 26. SchD.) griff nach kurzer, zusammengefaßter Artilleriewirkung am Vormittag kräftig zu; sie kam bis zum Abend über Dobra hinaus.

Um dem erfolgreichen Vorgehen dieses Korps weiteren Schwung zu verleihen, wurde ihm die über Sieniawa nachrückende 45. SchD. zugewiesen. Dafür konnte die deutsche 119. ID. jetzt endlich aus der Front gezogen werden. Sie wurde zunächst Reserve bei Radawa hinter dem an Stelle des komb. Korps Behr neugebildeten Korps des GLt. Stein.

Die ll.HKD. hatte aus der Gegend östlich von Jaroslau dem deutschen X. Korps zu folgen. Schwieriger wurde es dem IX. Korps, den heftigen feindlichen Widerstand westlich von Cieplice zu brechen, obwohl ihm hiezu eine 30.5 cm-Mörserbatterie und das SchR. 7 mit dem 41. SchBrig-Kmdo. zugewiesen wurden. Auch das X. Korps gewann mit seiner 2. ID. auf dem östlichen Sanufer nur wenig Raum. Es hatte in der Nacht auf den 16. seine 24. ID. bei Piskorowice über den San nachzuziehen.

Erwägungen und Entschlüsse auf beiden Seiten

Der 15. Juni war an der ganzen Front stürmisch bewegt und heiß verlaufen. Als die gelichteten Reihen der tapferen Streiter Mackensens vom Dniester bis zum San zu flüchtiger Ruhe kamen, mochten sie es mit dem Bewußtsein tun, ein schweres Stück Arbeit vollbracht zu haben. Sie konnten aber noch nicht ahnen, wie nahe an ein bedeutsames Ziel sie schon in den nächsten Tagen gelangen sollten.

Dem Oberkmdo. Mackensen war der nachhaltige Widerstand der Russen an den beiden Tagen unerwartet gekommen. Die 11. Armee allein hatte 34.000 Gefangene seit dem 13. Juni eingebracht. Auch die blutigen Verluste der Russen mögen in diesen Tagen erheblich gewesen sein. Man hatte ein breites Loch in ihre zweite Stellung geschlagen und den Stoßkeil tief hindurchgetrieben. Allein das war nicht ohne Opfer abgegangen, und der Feind hatte frische Kräfte in bedeutender Zahl in den Kampf geworfen. Wollte er hinter der zerbrochenen Stellung die offene Feldschlacht annehmen? Den Verbündeten konnte es recht sein. Vielleicht gelang es, die aus Fliegerbildern bekannten hinteren Stellungen zu überrennen, bevor sie genügend stark besetzt waren. Nachdrücklicher Angriff und rastlose Verfolgung waren somit das Gebot der Stunde. Zumal die 2. Armee hatte alles daranzusetzen, um möglichst gleichzeitig mit dem Feinde in die Wereszycastellung einzudringen.

General Brussilow dachte aber nicht daran, mit seinen arg hergenommenen Korps eine Bewegungsschlacht zu wagen. Viele Divisionen zählten nur mehr 2000 bis 3000 Bajonette, Regimenter waren in den wenigen Tagen auf Bataillons- und selbst Kompagniestärke x) zusammengeschmolzen. Der Kommandant der Südwestfront hatte ihm befohlen, „den Feind auf den Wegen von Wk. Oczy nach Rawa Ruska und von Rudki nach Lemberg aufzuhalten“. Nur in einer festen Stellung konnte Brussilow noch hoffen, dieser Weisung entsprechen und Lemberg be-

haupten zu können. Er gab daher seinen Korps den Befehl, auf die seit langem vorbereitete Stellung südwestlich von Rawa Ruska und Magierów— Gródek—Wereszycalinie zurückzugehen.

Zur selben Zeit war auch die russische 3. Armee angewiesen worden, das X., das III. kauk. und das XXIV. Korps auf die Linie Dzików— Cewków—Tarnogród—Dąbrowica zurückzunehmen. An ihrem linkem Flügel hatte sich die Gruppe des Gen. Olochow zu sammeln (S. 476).

Die Schlacht bei Gródek und Magierów Hiezu Beilage 24 sowie Skizze 29

Die Gewinnung von Niemiróiv und Lubaczów (16. bis 19. Juni)

Am 16. Juni gelangte in den frühen Morgenstunden von allen Frontteilen der Verbündeten die Meldung nach hinten, daß der Feind seine Stellungen geräumt habe. Der an mehreren Stellen von den Truppen des GdK. Böhm-Ermolli zwischen 2h und 3h früh durchgeführte Sturm traf größtenteils auf leere Gräben. Nur die 13. SchD. stieß auf Widerstand. Nun galt der Befehl: rastlose Verfolgung.

Der Morgen war kühl, zeitweise fiel leichter Regen. Die verfolgenden Kolonnen kamen rüstig vorwärts. Nirgends zeigte sich Widerstand. Gegen 3h nachm. war die Linie Rudki—Sądowa-Wisznia—Jaworów erreicht, zum Teil überschritten. Inzwischen meldeten Flieger, daß vor der 2. und der 11. Armee die ostwärts führenden Straßen mit langen Heeressäulen aller Waffen bedeckt seien, die hinter die schützende Wereszycalinie und auf Magierów—Rawa Ruska zurückfluteten. Fast hinter jedem deckenden Wald oder Hügel wiesen zum Himmel aufsteigende Rauchsäulen aus brennenden Ortschaften und Gehöften den Weg, den der flüchtende Feind genommen hatte. Erst spät nachmittags stellten sich seine Nachhuten der 2. Armee entgegen. So mußten das IV. Korps bei Moloszkowice, vom XIX. Korps die 34. ID. westlich von Hartberg und die 29. ID. bei Rodatycze stärkere Abteilungen überwältigen, ehe sie in diesen Orten und östlich davon zur Ruhe übergehen konnten. Bei Wol-zuchy und Dobrzany suchten einige russische Bataillone mit Artillerie das XVIII. Korps aufzuhalten. Sie wurden abends zurückgeworfen, die 9. ID. kam in den Raum südwestlich von Gródek. Der Vormarsch war nun doch anstrengend geworden. Die Absicht, die Wereszycaübergänge n    3i noch am ersten Tage in die Hand zu bekommen, ließ alle Kräfte bis aufs äußerste anspannen. Bei der 9.ID. gelang es; das Beneschauer IR. 102 stieß in der Nacht auf Gródek vor und drang in den Westteil des von den Russen noch zäh gehaltenen Städtchens ein.

Das V. Korps gelangte unbehelligt nach Zaskowice (33. ID.) und Chłopy (14. ID.), seine Sicherungen an die Wereszyca vorschiebend. An Jaworów vorbei strebte das Beskidenkorps dem Raume östlich vom Orte Szkło zu.

Ohne wesentlichen Aufenthalt konnte auch die Masse der 11. Armee Vordringen. Unbehindert durchzog das XXXXI. RKorps Jaworów und erreichte am Abend die Gegend westlich von Szkło. Das k.u.k. VI. Korps stieß, über Wierzbiany bis Brzezina Wk. vordringend, nirgends auf den Feind, während das Gardekorps Niemirów erst nach Kampf in Besitz nehmen konnte. Sein nördlicher Nachbar, das XXII. RKorps, hatte in dieses Ringen unterstützend eingegriffen und selbst eine feindliche Nachhut zurückwerfen müssen; nun lagerte es nördlich der Garde, mit zur Hälfte nach Osten, zur Hälfte nach Norden gewendeter Front. Schwieriger hatte es das deutsche X. Korps. Hier war es am 15. abends nicht mehr gelungen, das von sibirischen Truppen in vorzüglichen Stellungen zähe verteidigte Lubaczów in Besitz zu nehmen. Auch am 16. sollte hiezu noch ein hartnäckiger Angriff notwendig werden. Da aber die Masse der 11. Armee inzwischen merklich vorwärts geschritten war, drohte die Verbindung zwischen dieser und den beiden Flügelkorps gerade an der empfindlichsten Stelle, der Flanke von Mackensens Hauptstoßgruppe, abzureißen. Sogleich wurde die von der 4. Armee gekommene ll.HKD. (S. 480) dem deutschen X. Korps unterstellt und nach Rosznia in Marsch gesetzt. Sie fand abends Anschluß an das XXII. RKorps an dem Ufer des Smolinkabaches. Diesem näherte sich nun auch der rechte Flügel des deutschen X. Korps, nachdem seine Hauptkraft Lubaczów und die der Stadt östlich und westlich vorgelagerten Höhen genommen hatte. Das komb. Korps Stein gewann nördlich von Oleszyce mit der 8. bayr. RD. in ununterbrochenen Gefechten nur wenig Raum. Hingegen drang die deutsche 56. ID., scharf nordostwärts aufschwenkend, aus dem Raume westlich von Oleszyce auf Cieszanów vor.

Bei der 4. Armee wurde die Verfolgung gleichfalls frühmorgens aufgenommen. Bald wurde aber festgestellt, daß der Feind nördlich und östlich von Cieplice in neuen, starken Befestigungen zur Abwehr bereit stand. Schon die Annäherung an diese führte an der ganzen Front zu vielfachen Zusammenstößen. Erst in der Nacht erstritt sich die k.u.k.

11. ID., rechts mit der deutschen 56. ID. des komb. Korps Stein, links mit der deutschen 22. ID. in steter Fühlung, den Austritt aus der Waldzone südlich von Dzików und Cewków. Da sich auch die Masse des XVII. Korps (26. und 45. SchD.) bis in die Gegend östlich von Cieplice herankämpfte und die Schwarmlinien des IX. Korps dem Feinde hart an den Leib rückten, so war nahezu an dem ganzen nördlich vom San stehenden Teile der Armeefront eine günstige Ausgangsstellung gewonnen, von der aus der Angriff auf die Höhen beiderseits Dzików und Cewków fortgeführt werden konnte.

Im Anschluß an das IX. Korps gelang es dem k.u.k. X. nunmehr auch Teile der 24. ID. über den San zu bringen und mit ihnen den San-Złotawinkel völlig in Besitz zu nehmen, ohne freilich sonst größere Fortschritte zu erzielen.

Noch bevor über den feindlichen Widerstand Klarheit gewonnen war, hatte das 4. Armeekmdo. am Vormittag seine Verfolgungsbefehle erlassen. Den Weisungen des Oberkmdos. Mackensen entsprechend besagten sie, daß sich, bei Aufklärung des Raumes Rawa Ruska—Narol— Tomaszów durch die auf Cieszanów entsandte 3. KBrig., ein Teil der Armee, das XVII. Korps und die Masse des IX.1), der Ostrichtung der 11. Armee anschließen, und nur die 106. LstlD. des IX.Korps gemeinsam mit dem X. nordwärts in der Richtung auf Tarnogród vorstoßen sollten. Das bedeutete ein beträchtliches Auseinanderziehen der Kräfte; solange nicht Reserven in ausreichender Zahl hinter die geschwächte Front gebracht werden konnten, trat damit jene Lage ein, und es drohten zugleich jene Gefahren, mit denen das 4. Armeekmdo. schon seit Beginn des gewaltigen Frühjahrsfeldzuges immer wieder zu rechnen hatte. Es äußerte denn auch dem Oberkmdo. Mackensen gegenüber seine Bedenken, den Oststoß über Cewków hinaus durchzuführen, solange der Kampf an der Straße nach Tarnogród nicht entschiedenere Fortschritte gemacht habe. Aber Mackensen stimmte nicht bei. Das Vorgehen gegen Osten war so lange fortzusetzen, bis ein russischer Angriff zum Halten zwang; das XVII. und das IX. Korps hatten sich am 17. bei ihrem Vorrücken in die Linie Cieszanów—Różaniec gegen Tarnogród hin entsprechend tief zu staffeln.

Der Vorstoß an die Wereszyca und an den Xlanew

Sinkende Nacht und Erschöpfung der Truppen hatten die Masse der 2. Armee am 16. Juni wenige Kilometer von der Wereszyca und damit

i) Das IX. Korps bestand aus der 10. ID. und der 106. LstlD., ferner aus drei Brigadegruppen verschiedener Stärken (GM. Szende, dann 74. HIBrig. und 41. SchBrig.).

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vom Feinde entfernt zum Halten gezwungen. Der 17. Juni stellte sie vor die Aufgabe, die Wereszycalinie zu bezwingen. Nach wenigen Stunden der Ruhe war der Westrand der Teiche und das westliche Ufer der sie verbindenden Flußteile vom XVIII. und vom V. Korps bald erreicht, und der Schlachtenlärm hob von neuem an. Während sich die 27. IBrig. der 14. ID. längs des Dniester im Mündungswinkel mühsam an den hier noch auf dem Westufer der Wereszyca eingenisteten Feind heranarbeitete, und der linke Flügel der Division bei Komárno den Flußrand gewann, suchte sich die 33. ID. zunächst noch vergeblich der Übergänge westlich von Lubień Wk. zu bemächtigen. Die 9. ID. drang in die Teichenge südwestlich von Ki^rnica ein und schlug sich den ganzen Tag über in den Gassen von Gródek gegen den erbittert haltenden Feind. Erst gegen Abend gelang es ihr gemeinsam mit Abteilungen der l.Lst-IBrig., auch den Ostteil der Stadt den Russen zu entreißen.

Nördlich von der Bahn nach Lemberg hatte der Russe seine Stellungen, der großen Waldzone ausweichend, gegen Janów zurückgebogen. Von den nach Osten einschwenkenden zehn Divisionen des linken Flügels der k.u.k. 2. Armee stieß am 17. nur das XIX. Korps (13. SchD. und 34. ID.) bei Wielkopole auf die Hauptwiderstandslinie des Feindes; es wurde noch in den Abendstunden in heftige Kämpfe verwickelt. Zur selben Zeit traten das IV. Korps beiderseits von Janów, das Beskidenkorps nordwestlich dieser Stadt mit den Russen in enge Fühlung.

Am 18. setzte der Südflügel Böhm-Ermollis die Bezwingung der Wereszyca fort. Die 27. IBrig. hatte sich noch während der Nacht im Mündungswinkel des Flusses vorgearbeitet und kam am frühen Morgen an diesen heran. Die 28. IBrig. stieß durch das niedergebrannte Komárno bis zu der von den Russen unterbrochenen Brücke vor. Die 33. ID. vermochte unter dem Schutz von über den Bach gesetzten Abteilungen südwestlich von Lubień Wk. eine Kriegsbrücke einzubauen. Am Abend konnte das V. Korps melden, daß seine Truppen abwärts von Lubień Wk. ander ganzen Front das Ostufer der Wereszyca gewonnen hätten.

Bei der Teichenge von Kiernica und in Gródek gab sich der Russe auch am 18. noch nicht geschlagen. Das Ringen dauerte hier fort. Weiter nördlich nahmen die Deutschböhmen der 29. ID. Kamienobród, indes sich die Masse des linken Armeeflügels zum Sturm auf die neue Hauptstellung des Feindes rüstete.

Die Ostfront der 11. Armee hatte nach dem ansehnlichen Sprung,, der ihr am 16. geglückt war, eine ruhige Nacht verbracht. Sie fand auch am 17. vorerst ein durch die Schwierigkeiten des zerrissenen, waldbedeckten Geländes mit seinen wenigen, schlechten Wegen und den von den Russen zerstörten Brücken zwar mühsames, aber sonst durch feindlichen Widerstand kaum ernstlich gehemmtesVorwärtskommen. Gegen lh nachm. jedoch begann sich auch da und dort der Russe bemerkbar zu machen. Schon fielen Granaten in die Spitzen der vorwärts strebenden Marschsäulen. Bald konnte kein Zweifel mehr bestehen: man war auf eine Hauptwiderstandslinie des Feindes gestoßen, der gegenüber ein handstreichmäßiges Vorgehen kaum mehr Erfolg verhieß.

Im einzelnen hatte sich das XXXXI. RKorps in seinem besonders wegarmen Abschnitte langsam vorwärtsgearbeitet. Nachdem es südlich von Wiszenka feindliche Vorstellungen genommen hatte, stand es am Abend an der obersten Wereszyca auf 2 bis 3 km vor der russischen Hauptstellung. Weiter nördlich hatten die Vortruppen des Korps Arz bald nach Mittag schwächere Abteilungen westlich von Wiszenka zurückgeworfen und gleich darauf in raschem Zugreifen den Westteil dieses langgestreckten Ortes und die nördlich von ihm aufsteigende Höhe Czarny Horb dem Feinde entrissen. Als sie aber diese Linie überschritten, sahen sie vor sich auf den Höhen von Horodysko starke Stellungen, an denen eifrigst geschanzt wurde. Die 39. FIID. gewann noch den Ostrand von Wiszenka, auch der linke Flügel der 12. ID. kam noch etwas vor. Damit war aber der Verfolgung für diesen Tag ein Ziel gesetzt.

Um dieselbe Zeit wie das Korps Arz stieß auch die Garde bei Szczer-zec1) und südlich davon auf den Feind. Dieser wurde rasch geworfen; auf den Höhen östlich des Ortes erhoben sich jedoch wieder starke Stellungen.

Ähnlich erging es dem XXII. RKorps und dem X. Korps. Sie hielten bei Einbruch der Nacht in der Linie nördlich Szczerzec—Smolin—Horyniec. Beim Vordringen in diesen Raum hatte das X. Korps durch den Einsatz der 11. HKD. an ihrem rechtem Flügel zwar eine Verstärkung erhalten, dafür aber seine Front durch Staffelung des linken Flügels gegen das komb. Korps Stein hin noch weiter strecken müssen. Dieses Korps war, mit der S.bayr. RD. über Dachnów, mit der 56. ID. westlich davon nach Nordosten vorgehend, südlich und südöstlich von Cieszanów auf einen eingegrabenen Feind gestoßen, den es am selben Tage nicht mehr zu werfen vermochte. Blieb das Korps Stein hier mit dem k.u.k. XVII. Korps (11. ID.) wie bisher in enger Fühlung, so konnte auf der anderen Seite die zum deutschen X. Korps zwischen Dachnów und Horyniec klaffende Lücke nur schwach verschleiert werden. Abends mußte das X. Korps bei Smolin und nördlich von Horyniec angehalten werden.

!) Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Orte südwestlich von Lemberg.

Die Flieger hatten während des ganzen Tages hinter der russischen Front lange Heeressäulen im Ostmarsch gesehen. Die von Gródek nach Lemberg und von Janów nach Żółkiew führenden Straßen sowie der ganze Raum nächst den beiden letztgenannten Städten waren von Truppen und Trains erfüllt; bei Lemberg konnte lebhafter Zugsverkehr festgestellt werden. Abends wurden jedoch auch in vielen nahe der Feindstellung gelegenen Orten starker Truppenbelag, ja sogar in westlicher Richtung marschierende Kolonnen beobachtet.

Wie fast immer, lieferte der russische Funkdienst den Verbündeten manchen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Maßnahmen und Absichten des Feindes. Die Bevölkerung des wiedereroberten Landes konnte zwischen den rauchenden Trümmern ihrer verwüsteten Wohnstätten nur von den Bemühungen des fliehenden Feindes berichten, das geräumte Gebiet nach Möglichkeit zu zerstören. Von der großen Stellung wußte sie bloß zu erzählen, daß monatelang an ihr gearbeitet worden war. Aufschlußreicher ergänzten die Herkunft der Gefangenen und ihre Aussagen die anderen Nachrichtenquellen. Das VI. Korps allein hatte Gefangene von nicht weniger als sechs russischen Divisionen eingebracht. Sie gaben an, daß alles in eiligem Rückzuge sei, und daß die Artillerie an Munition Mangel habe. Aber die Verfolgungskämpfe am 17. deuteten doch wieder auf einen ernsten Widerstandswillen hin. Demnach schien es am Abend dieses Tages unsicher, welche Gegenwehr der Russe in der erreichten Stellung leisten würde. Das Oberkmdo. Mackensen entschloß sich daher, für den 18. Juni seinen Korps den Angriff nach Maßgabe ihrer erreichten Bereitschaft freizugeben. Vielleicht brachte rasches Zufassen in diesem oder jenem Teile des Schlachtfeldes den entscheidenden Erfolg.

Die Korps konnten von der ihnen zugestandenen Freiheit keinen Gebrauch machen; ein neuer, einheitlicher, planmäßiger Angriff mit gründlicher Artillerievorbereitung erwies sich zur Bezwingung auch dieser letzten großen Stellung vor Lemberg als nötig; doch sollte den Vorbereitungen nur ein Tag, der 18. Juni, gewidmet sein. Während die Infanterie an diesem Tage überall das Vorgelände vom Feinde säuberte, sein Stellungsnetz sowie günstige Vorrückungslinien und Sammelräume erkundete und ihre Linien vorschob, soweit es ging, wurde hinten rastlos gearbeitet. Die Feldartillerie war schon seit dem 17. in Stellung und begann sich einzuschießen. Jetzt galt es, auch der schweren Artillerie vorzuhelfen, die auf den sandigen Wegen nicht so schnell folgen konnte. Für die 30.5 cm-Mörser des VI. Korps fanden sich in dessen Bereich keine geeigneten Wege. Man wies sie dem XXII. RKorps zu.

Größere Märsche hatte an diesem Tage unter mannigfachen Kämpfen das komb. Korps GLt. Stein zurückzulegen. Seine 56. ID. hatte am 17. nachm. südwestlich von Cieszanów noch hart zu ringen gehabt. Da aber am Abend die k.u.k. 11. ID., ihren rechten Nachbarn übergreifend, die Höhen nordöstlich und nördlich von Cieszanów erreicht hatte, konnte sich das komb. Korps — an seinem linkem Flügel jetzt vorübergehend die 8. bayr. RD. — wieder scharf ostwärts wenden. Es bildete nun zusammen mit dem deutschen X. Korps unter Führung des GdI. Emmich eine Kampfgruppe, der die Aufgabe zufiel, den Angriff der 11. Armee gegen Rawa Ruska zu decken, um dann selbst mit dem rechten Flügel in dieser Richtung vorzugehen.

Die Abwehrkraft der Russen war keineswegs gebrochen. Sie hatten frische Kräfte in den Kampf geworfen und griffen nachmittags den linken Flügel des auf Horyniec und Brusno Str. vorgehenden Korps Stein vor dem zweitgenannten Orte von Norden her kräftig an. Das k.u.k.

XVII. Korps griff über Chotylub in den Kampf der deutschen 56. ID. ein; der russische Angriff wurde abgewehrt. In erbittertem Ringen, das gegenüber der russischen 3. GID. vielfach zum Handgemenge führte, gewann das komb. Korps am Abend den Raum nördlich von Horyniec. Zwischen diesem Orte und Smolin stand das deutsche X. Korps, die ll.HKD. am rechten Flügel, in Fühlung mit dem Feinde.

Die 4. Armee, als Flankendeckung des Stoßkeiles wie in den Tagen nach Gorlice wieder tief gestaffelt, halb nach Osten, halb nach Norden gewendet, hatte sich am 17. früh in einer sicherlich nicht einfachen Lage befunden. Zu ihrem Glück waren die ihr gegenüberstehenden Russenkräfte — X., III. kauk., XXIV. und XXIX. Korps — aus den letzten Kämpfen stärker erschüttert hervorgegangen, als es den Anschein gehabt hatte; zudem blieben die Ereignisse westlich von Lemberg selbstverständlich nicht ohne Rückwirkung auf sie. Am 17. in den frühesten Morgenstunden lagen den Verbündeten schon Funksprüche über den Abbau der russischen Korpskommandos vor, ein sicheres Zeichen für den bevorstehenden Rückzug. Aber erst ein noch in der Nacht östlich von Majdan unternommener kräftiger Vorstoß der inneren Flügel der deutschen 22. ID. und der 45. SchD. brachte diesen tatsächlich in Fluß. Ein heftiger Gegenangriff der Russen östlich von Cieplice mißlang völlig. Schon um 9h vorm. konnte das Armeekmdo. melden, daß der Feind seine Stellungen vor dem XVII., dem IX. und dem X. Korps geräumt habe und von Cewków gegen Tarnogród gewichen sei. Im Laufe des Tages begannen die Russen auch beiderseits der Straße Sieniawa—Tarnogród zurückzugehen.

Auf diese Weise sah der 17. Juni die Truppen des Erzherzogs Joseph Ferdinand allenthalben in flotter Verfolgung. Wo sich Nachhuten stellten, wurden sie geworfen. Am Abend stand die 11. ID. bei Cieszanów in Fühlung mit der 8.bayr. RD., strebte die deutsche 22. ID. nördlich von Cewków nach Osten. An diese suchte, aus dem Raume südöstlich von Tarnogród gegen Südost abschwenkend, die 10.ID. des k.u.k. IX.Korps Anschluß zu gewinnen, indes die Masse Králičeks (106. LstlD. und die drei Brigadegruppen) Tarnogród erreichte. Das X. Korps aber streckte seine Fühler bereits nach den Höhen südlich vom Tanew und nordöstlich von Krzeszów aus, und das XIV. konnte sich näher an den San heranschieben.

So wertvoll diese Erfolgs auch waren — als sich die Divisionen des Erzherzogs am 18. Juli von ihrer kurzen Nachtruhe wieder erhoben, stießen sie überall auf neuerlichen Widerstand. Das XVII. Korps, dem inzwischen auch die 3. KBrig. unterstellt worden war, mußte nachmittags die 45. SchD. nördlich von der 11. ID. in den Kampf werfen; aber auch dann gelang es noch nicht, den zähen Verteidiger aus seinen Stellungen nördlich von Żuków zu werfen. Allerdings schien es jetzt vom Standpunkt der Führung geboten zu sein, das XVII. Korps ebenso wie das komb. Korps Stein in den erreichten Räumen anzuhalten. In diesem Sinne verfügte GO. Mackensen, daß das XVII. Korps bereitzustellen sei, um, wenn es befohlen werde, in Übereinstimmung mit dem komb. Korps die

11. Armee durch ein Vorgehen auf Narol-Miasto zu unterstützen.

Beim IX. und beim X. Korps wurde nach Eroberung einiger von den Russen noch gehaltener Stützpunkte der ganze Raum südlich vom Tanew bis einschließlich von Ulanów besetzt, und sogleich an die technische Einrichtung der gewonnenen Linien geschritten. Bei Ulanów sollte der rechte Flügel des XIV. Korps an die auf dem nördlichen Sanufer stehenden Teile der Armee anschließen.

Der Durchbruch bei Magieróív und die Bezwingung der Wereszycalinie

Nach den vom Oberkmdo. Mackensen im Laufe des 18. Juni erlassenen Weisungen hatte die 11. Armee in weiterer Folge mit ihren Hauptkräften die Russenfront westlich von Magierów in 20 km Frontbreite zu durchbrechen, den Feind in nordwestlicher Richtung über die Straße Lemberg—Rawa Ruska zurückzuwerfen und dadurch die Schlachtordnung der Russen nördlich von Lemberg entzweizuschlagen. Zugleich sollte die 2. Armee ihren schon aufgenommenen Angriff über die Wereszyca fortführen, Lemberg nehmen und den geschlagenen Feind, die

Dniesterfront von links aufrollend, gegen Osten abdrängen. Die 4. Armee hatte wie bisher am San und am Tanew die Deckung gegen Norden zu besorgen, gleichzeitig aber mit dem am rechten Flügel manövrierenden

XVII. Korps aus dem Raume Cewków—Chotylub gegen Narol-Miasto vorzustoßen und so am Schlag nordwestlich von Lemberg mitzuwirken. Sie hatte dabei auf den Einklang mit der engeren Flankensicherung der Hauptstoßgruppe, dem komb. Korps Stein und dem Korps Emmich, bedacht zu sein, die ihre Front allmählich von Chotylub bis gegen Rawa Ruska auf 35 km Länge spannen mußten. Die Armeereserven, die 119. und die 11. bayr. ID., sollten nach Niemirów und Starzyska folgen.

Ein wolkenloser Himmel glänzte über dem schon sommerlichen Schlachtfeld, als am 19. Juni früh die Truppen der Verbündeten daran gingen, den Russen ihre letzte Stellung, die noch Lemberg deckte, zu entreißen. Die Erfüllung dieser Aufgabe sollte noch genug Opfer kosten. Der Feind war noch immer nicht gesonnen, sich die letzte ihm verbliebene Beute des großen Einleitungsfeldzuges vom Sommer 1914 leichter Hand entreißen zu lassen.

Das harte Ringen sollte zuerst bei der Mitte der 11. Armee, dem k.u.k. VI. und dem Gardekorps, zum Erfolg führen. Gerade hier war die Stellung von den Russen mit den stärksten Mitteln feldmäßiger Befestigungskunst ausgebaut, und besonders die die ganze Gegend weithin überragende Höhe Horodysko mit dem gleichnamigen Orte zu einer wahren Festung ausgestaltet worden.

Nach zweistündiger kräftiger Artillerievorbereitung begann um 7h früh auf der ganzen Front der 11. Armee der Angriff der Infanterie. Beim Korps Arz setzte befehlsgemäß zuerst die am linken Flügel vorgehende 12. ID. zum Sturme an. Die Stürmenden blieben aber 150 Schritte vor der russischen Brustwehr liegen: ein neuerliches Artilleriebombardement mußte zwischen 9h und 10hvorm. eingeleitet werden. Inzwischen arbeitete sich auch die 39. HID. an die russischen Stellungen heran. Um 11h brach das IR. 63 am rechten Flügel der Hon véd aus dem Ostteil von Wiszenka zum Sturme vor. Das ganze Korps schloß sich dem Vordringen an, das rechte Flügelregiment der nördlich anschließenden Garde griff ein. Am frühen Nachmittag gab das XXVIII. Russenkorps die opfervoll verteidigte Walstatt preis, 2500 Gefangene und zahlreiches Gerät in den Händen der Sieger zurücklassend. Durch die geschlagene Bresche hindurch folgte die 12. ID. dem Feinde bis Kunin, indes die

39. HID. im Einklang mit dem XXXXI. RKorps etwas früher Halt machte.

Nachdem die durch die 119. ID. verstärkte Garde sich gleichfalls unter heftigen Kämpfen in die feindlichen Linien Bahn gebrochen hatte, stürmte sie noch über das Korps Arz hinaus; ihre Vortruppen erreichten bei Dobrosin die Straße Żółkiew—Rawa Ruska. Links von der Garde kam das XXII. RKorps in den Raum südlich und südwestlich von Lipnik. Von der Gruppe Emmich überschritt nur der rechte Flügel des X. Korps im Anschlüsse an das XXII.RKorps dieGegend vonUlicko-Seredkiewicz in nördlicher Richtung. Die Masse der Gruppe (Hauptkraft des X. Korps und komb. Korps Stein) verharrte in ihren ausgedehnten Stellungen bis östlich von Cieszanów.

Weiter westlich brachte der 19. Juni auch dem nordostwärts gerichteten rechten Flügel der 4 Armee harte Kämpfe. Das XVII. Korps verbiß sich vergeblich in die russischen Stellungen nördlich von Żuków. Ebensowenig vermochte die zwischen Lubliniec Str. und Łukowa angesetzte, zuletzt durch den größeren Teil der 26. SchD. verstärkte 10. ID. einen nachdrücklichen Erfolg zu erringen, indes die sich südlich von Cieszanów sammelnde deutsche 22. ID. wieder unter den unmittelbaren Befehl der 11. Armee trat.

Im Sanwinkel schob sich der rechte Flügel des XIV. Korps entsprechend den Fortschritten des X. Korps bis zur Tanewmündung vor. Das Armeekmdo. gedachte die erzielte Frontverkürzung nicht vorübergehen zu lassen, ohne für eine neue Armeereserve vorzusorgen. Zu dieser Rolle wurde das XIV. Korps ausersehen, das vom San bis Nowosielec von der durch acht Landsturmbataillone verstärkten 40. HIBrig. (Obst. Schnetzer), von dort nach links durch das VIII. Korps abgelöst und im Raume Leżajsk—Kamień versammelt werden sollte.

So hatten also die schweren Kämpfe dieses Tages zunächst nur? beim k.u.k. VI. und beim Gardekorps einen durchschlagenden Erfolg gebracht. Denn ähnlich ‘wie beim linken Flügel der Heeresgruppe Mackensen waren auch an ihrem rechten Flügel unter harten Kämpfen nur geringe Fortschritte erzielt worden. Zwar begann das südlich vom VI. Korps kämpfende XXXXI. RKorps den Tag mit vielversprechenden Erfolgen, traf aber dann auf nachdrücklichen Widerstand und vermochte bis abends nur noch eine Höhe östlich von Majdan zu erreichen. Noch weiter blieb das Beskidenkorps zurück, das nur einen Stützpunkt bei Stawki gewinnen, gegen die Befestigungen der Höhe Kubyn jedoch nicht durchdringen konnte.

Schwere Kämpfe hatte auch die Masse der 2. Armee in ihrem Ringen gegen die russische Hauptstellung zu bestehen. Der Tag verlief vorerst wenig befriedigend. An der Mündung des Flusses durfte die 27. IBrig.

kleine Fortschritte beim Heranarbeiten an die Hauptstellung des Feindes melden. Bei Komárno und weiter flußabwärts spielten sich die Kämpfe der 14. und der 33. ID. noch knapp am Wasserlaufe ab; es gelang angesichts der unmittelbar am Höhenrande angelegten Verschanzungen der Russen nicht, stärkere Kräfte auf das Ostufer zu bringen. Das

XVIII. Korps wurde endlich nach mehr als zweitägigem Kampfe der Stadt Gródek vollends Herr; aber unmittelbar östlich davon legten sich ihm neuerlich vier Regimenter verschiedener Divisionen in den Weg. Frisches Blut rötete wieder die Walstatt, auf der im September 1914 die Steirer und Kärntner der Division FML. Edl. v. Gelb ihr Leben gelassen hatten.

Nördlich von der Lemberger Bahn mühten sich das XIX. und das

IV. Korps den ganzen Tag über ab, die feindlichen Linien zwischen Kamienobród und Janów mürbe zu machen. Aber nur die 29. ID. vermochte beim erstgenannten Orte in die vorderste Stellung der Russen einzubrechen und hinter sich eine Kriegsbrücke über den Fluß zu werfen. Vor der 27. ID. hatte der Feind den Janówer Teich zu einem starken Annäherungshindernis angestaut. Wie im Sommer 1914 sandten von der Höhe bei Stradcz russische Batterien ihren Geschoßhagel in die waldbedeckte Niederung. In der sechsten Nachmittagsstunde setzten die fünf Frontdivisionen der beiden Korps (29., 34. ID., 13. SchD., 31. ID., 43. SchD.) zum Generalsturm auf die zähe verteidigten russischen Gräben an. Schon hatte sich längst die Nacht herabgesenkt, als der Kampf um die Wereszycalinie noch unentschieden hin und her wogte.

Nun wurden aber doch die Anstrengungen der Armee belohnt. Am äußersten Südflügel brach die 14. ID. in die russischen Stellungen ein. Östlich von Gródek erstürmte das XVIII. Korps die zweite Stellung des Feindes. Um 3h früh bemächtigten sich auch die zwei Korps des Nordflügels der russischen Hauptstellung. Die 29. ID. entriß den Russen ihre Verschanzungen östlich von Kamienobród, die 34. ID. und die Wiener SchD. warfen sie nordöstlich davon. Die 31. ID. nahm Wielkopole, die 43. SchD. brachte um 4h früh die berühmte Höhe von Stradcz in ihren Besitz. Beiderseits vom Janówer Teiche drang die 27. ID. vor. Inzwischen war auch das Beskidenkorps, seinen Erfolg bei Stawki erweiternd, in die feindliche Stellung eingedrungen und zwang durch sein Vorgehen den noch vor dem rechten Flügel des XXXXI. RKorps haltenden Feind zum Abzug. Die Schlacht war gewonnen. Als der Tag graute, strömten die dezimierten russischen Regimenter in der Richtung Lemberg zurück.

Die Kämpfe südlich vom Dniester

Während sich die Heeresgruppe Mackensen am 16. Juni anschickte, dem Feinde die zweite große Schlacht auf dem Wege von Przemyśl nach Lemberg zu liefern, waren die südlich des Dniester befindlichen Heeresteile, die Gruppe FML. Kornhaber der 2. Armee, die Süd- und die 7. Armee, zunächst darauf bedacht, das rechte Dniesterufer vom Feinde zu säubern. GdK. Pflanzer-Baltin mußte überdies Maßnahmen gegen einen seinem Ostflügel drohenden russischen Gegenangriff treffen.

Der hiezu schon am 15. anbefohlene Rückmarsch des XI. Korps (S. 467) vollzog sich am 16 ganz ohne feindliche Einwirkung. ZurDniester-sicherung zwischen Onuth und der Serethmündung stellte der damit beauftragte FML. Lehmann die 10. und die halbe 8. KD. an den Fluß, indes dahinter bei Zastawna und Kadobestie aus der zweiten Brigade der 8. KD., der halben 5. HKD. und sechs eiligst herangeführten Bataillonen des III. Korps eine Armeereserve gebildet wurde. Diese Vorsorgen bewährten sich vortrefflich bei der Abwehr der in den drei folgenden Tagen zwischen Dniester und Pruth mit Hartnäckigkeit durchgeführten Anstürme des russischen III. Kavallerie- und des XXXII. Korps, die Weisung hatten, „den Feind, der im Abschnitte Zaleszczyki—Czernowitz operiert, zu zerschlagen“1).

Den noch am 16. nachmittags gegen den Abschnitt nördlich von Toporoutz unternommenen russischen Vorstößen ließ der Feind am nächsten Morgen gegen die beiderseits dieses Ortes stehende 42. HID und gegen die Rarancze verteidigende Polenbrigade Obst. Küttner scharfe Angriffe folgen. An der Standhaftigkeit dieser Truppen — die Polen, die durch die halbe 5. HKD. (19. HKBrig.) der Armeereserve verstärkt wurden, zeichneten sich besonders aus — zerschellten die bis zum Nachmittag achtmal wiederholten Anstürme der Russen. Das gleiche Mißgeschick erlitten die gegen das Kavalleriekorps GM. Apór (halbe 5. HKD. und

6. KD.) gerichteten Vorstöße; sie waren abgewiesen, ehe noch die dem GM. Apór zu Hilfe eilenden Teile der 10. KD. zur Stelle waren. Als aber am 18. die Russen abermals gegen Dobronoutz durchzubrechen versuchten, was die abgesessenen Reiter Apórs wieder vereitelten, wurde die 19. HKBrig. von Rarancze eilends nach Norden hinter den bedrohten Abschnitt verschoben. Überdies wurde dem FML. Lehmann zu einheitlicher Gefechtsführung an der Nordostecke der Armeefront der Befehl über alle vier Reiterdivisionen übertragen. Diese Maßnahme war umso mehr geboten, als verschiedenen Nachrichten zufolge eine Wiederholung der russischen Angriffe nicht mehr gegen den Südflügel Kordas, sondern aus dem Dobronoutz vorgelagerten Waldgebiet heraus und von Uście Biskupie her zu erwarten war.

Auf dem Westflügel der 7. Armee war es nach der am 15. Juni erfolgten Wegnahme des russischen Brückenkopfes bei Niżniów möglich geworden, nur die Gruppe Schönburg mit der Dniestersicherung von Mariampol bis Ostra zu betrauen und die 6., die 5. und Teile der 36. ID. freizumachen. Diese Truppen sollten nun die Gruppe Czibulka verstärken, die mit der 15.ID. schon in der Kośmierzynschlinge festen Fuß gefaßt hatte, und sie zur Gewinnung der Linie Koropiec—Potok Złoty befähigen. Von hier aus sollte dann der vom russischen XXXIII. Korps verteidigte Brückenkopf bei Czernelica, vor dem die Gruppe Krautwald festlag, durch Rückenbedrohung unhaltbar gemacht werden. Zur einheitlichen Leitung des Unternehmens wurden die bisher selbständigen Gruppen Czibulka und Schönburg dem XIII. Korpskmdo., GdI. Rhemen, unterstellt.

Rhemen verstärkte nun am 17. vormittags das Korps Czibulka durch vier Bataillone und die Artillerie der 6. ID. und wies es zur Gewinnung yon Kośmierzyn und zur Säuberung der westlich davon befindlichen Flußschlinge an. Die 5. ID., FML. Habermann, hatte, unterstützt durch den Ostflügel Schönburgs, über Koropiec der Höhe A 386 zuzustreben. In sehr mühsamen, durch den vielgewundenen, meist tief eingeschnittenen Fluß erschwerten Angriffen gegen den Ostflügel des russischen XXX. Korps gewannen die Kampfgruppen Rhemens bis zum 18. abends den Austritt aus der Kośmierzynschleife und erreichten Koropiec. Trotz der dem Ostflügel der Armee drohenden Gefahr sollte Rhemen am 19. mit aller Kraft den Angriff fortsetzen, von dem man sich das Erreichen der Linie A386—Potok Złoty und den Rückzug des russischen XXXIII. Korps aus dem Brückenkopf bei Czernelica erhoffte. Dann sollten ungefähr zwölf Bataillone vom Westflügel der Armee zum Ostflügel abgehen, wo sie etwa am 22. im Bereiche der Gruppe Lehmann eintreffen konnten.

Letschitzki, der Führer der russischen 9. Armee, deren linker Flügel ohnehin eine Angriffsaufgabe erhalten hatte (S. 467), war aber keineswegs gesonnen, sich vom Südufer ganz verdrängen zu lassen. Noch während der Nacht auf den 19. holte er mit dem XXX. Korps, das durch eine schon im Abrücken an die bessarabische Front bestimmte, dann aber mit Kraftwagen von Buczacz wieder herangeholte Division verstärkt worden war, zum Gegenschlag aus und entriß der Gruppe Czibulka in den Morgenstunden Kośmierzyn. Die k.u.k. 5.ID., die gleichfalls während der Nacht über Koropiec anzugreifen versuchte, mußte ihr Beginnen, dem der Erfolg versagt blieb, mit schmerzlichen Blutopfern bezahlen.

Auch an der Ostfront tobten während der Nacht heftige Kämpfe. Beim XI. Korps holten sich die Russen allerdings blutige Köpfe. Knapp südlich vom Dniester jedoch vermochten Teile des III. Kavalleriekorps die 6. KD. zu durchbrechen und bis in ihre Artillerielinie durchzustoßen. Ein Gegenangriff drängte sie bis zum Morgen wieder aus der Stellung.

Die Begebenheiten dieser ereignisreichen Nacht hatten deutlich aufgezeigt, daß einerseits die Stoßkraft des Korps Rhemen infolge großer Verluste *) und Mangels an Munition erschöpft, andererseits die rasche Verschiebung von Verf'igungstruppen hinter die Ostfront der Armee unaufschiebbar geworden war.

Als am 19. Juni abends neuerliche Anstürme der Russen gegen die Gruppe Czibulka nur mit großer Mühe abgewehrt werden konnten, erging am 20. früh vom 7. Armeekmdo. an das Korps Rhemen der Befehl zur Einstellung der Offensive. Die 6. ID. (zwölf Bataillone) sollte herausgezogen und, wieder unter den Befehl Schönburgs tretend, bei Jezierzany als Armeereserve versammelt werden. Schönburgs bisherige, nunmehr acht Bataillone und fünf Batterien starke Gruppe hatte weiterhin GM. Weiss-Mainprugg, Kommandant der 9. IBrig., zu führen. FML. Benigni hatte vom FML. Lehmann den Befehl über die auf 14 Reiterregimenter und 15 Bataillone angewachsene Korpsgruppe im Nordostwinkel der Armeefront zu übernehmen.

Die Südarmee, der die beiden deutschen Divisionen aus Syrmien zuzurollen begannen, und die Gruppe Kornhaber der 2. Armee konnten sich nach den verlustreichen Kämpfen der ersten Junihälfte am 16. und 17. einiger Ruhe erfreuen. Die Südarmee begann sich für einen bevorstehenden Dniesterübergang zu rüsten. FML. Kornhaber hatte die Masse der 51. HID. aus dem engen und versumpften Flußwinkel der Bystrzyca und Tyśmienica herausgezogen, um mit ihr nach Ablösung der Gruppe Obst. Rehwald am 18. östlich des letztgenannten Baches anzugreifen. Szurmay, der sich diesem Unternehmen anschließen sollte, zog Rehwald näher an sich und ließ die Reste der 40. HID. durch die 38. ablösen.

Am 18. Juni, an dem die Armee Böhm-Ermolli die Russen vom westlichen Wereszycaufer verdrängte, warf die Gruppe FML. Kornhaber den

!) Beim Korps Rhemen gingen am 16. und 17. Juni etwa 6000 Schwerverwundete durch die Sanitätsanstalten. In der Zeit vom 5. bis zum 19. Juni hatte die 7. Armeq 12.000 Verwundete abgeschoben und 5000 Mann durch Tod eingebüßt; außerdem lagen noch Hunderte von Verwundeten in den Feldspitälern der Armee.

Feind auf Horucko zurück. Szurmay zwang mit der 7. ID. samt der Gruppe Rehwald, fünf Bataillonen der deutschen 48. RD., der 38. HID. und der 1. KD. in der Front und mit der 40. HID. und 128. HIBrig. in zweiter Linie die ihm gegenüberstehenden Russen gleichfalls, ihre Stellungen aufzugeben. Am Abend hielt das russische VI. Korps nur mehr einige Sumpfinseln vor der Brücke bei Kolodruby und Nachhutstellungen längs des von Horucko nach Żydaczów führenden Fahrweges besetzt. Die 4. KD. ritt um das Wielkie Błoto westlich herum, um in Rudki dem

2. Armeekmdo. zur Verfügung zu stehen.

Am 19. erreichten die Truppen Kornhabers und Szurmays überall den Dniester. Sämtliche Brücken waren zerstört. Während die 51. HID. schon am nächsten Tage nördlich vom Flusse an ihre Armee anschließen sollte, gedachte Linsingen, die Masse seiner Südarmee spätestens am 22. beiderseits von Żurawno auf das Nordufer zu führen.

Die Einnahme von Lemberg (20. bis 22. Juni)

Hiezu Beilagen 24, 25 und 29 sowie Skizzen 29 und 30

Die Maßnahmen der Hauptquartiere

Noch ehe der Stoßkeil Mackensens mit Allgewalt von Niemirów auf Magierów durchgedrungen war, hatten sich am 17. Juni in einer Beratung zu Cholm die führenden Persönlichkeiten der Stawka und des Kommandos der russischen Südwestfront über den Ernst der Lage neuerlich Rechenschaft gegeben. Zu den strategischen Schwierigkeiten, die durch die unveränderliche Regsamkeit der Deutschen in Kurland noch vermehrt zu sein schienen, trat trübste Beurteilung der inneren Verfassung des Heeres. An den Fronten fehlten über eine halbe Million Gewehre und mehr als die Hälfte der organisationsgemäß vorgesehenen Munitionsmenge. Der Ersatz der Waffen ließ von Tag zu Tag mehr zu wünschen übrig. Üble Nachrichten über Pflichtvergessenheit und Korruption bei den Heimatbehörden, über verräterisches Verhalten hoher Persönlichkeiten vergifteten die Stimmung bei Offizier und Mann und auch zwischen ihnen. Der Geist der Truppe und ihre Kampfentschlossenheit ließen schon so viel zu wünschen übrig, daß Brussilow in einem Armeebefehl in aller Form anordnete, die Mannschaft durch das Feuer der eigenen Maschinengewehre zum Ausharren zu zwingen.

Es entsprach durchaus den psychologischen Geboten der Stunde, wenn die Konferenz zu Cholm unter solch trüben Eindrücken zu dem. Entschlüsse kam, den Gedanken des Eroberungskrieges, der im August 1914 auf die Fahnen des Zarenreiches geschrieben worden war, bis auf weiteres zurückzustellen, und dem Muschik nur mehr die Verteidigung der heimatlichen Scholle auf die Seele zu binden, jenes vaterländischen Bodens, den unversehrt zu erhalten der Zar zu Kriegsbeginn, gleich seinem Ahnen von 1812, vor der Mutter Gottes von Kasan beschworen hatte.

Bei der Ausführung dieser Absichten galt die Hauptsorge der Sicherung des Weichsellandes, wo die Front noch immer weit nach Westen vorsprang und in beiden Flanken bedroht war, und der Deckung der dorthin aus Ostpreußen und Ostgalizien führenden Verbindungen. Diesem Ziele sollten stärkste fortifikatorische Ausgestaltung der Deckungsräume und das Ausscheiden möglichst zahlreicher beweglicher Reserven dienen; besondere Beachtung war hiebei den Gegenden von Grodno—Bjelostok und Cholm—Kowel zu widmen. Mit diesem Entschlüsse war auch die Wahrscheinlichkeit einer Preisgabe von Lemberg ins Auge gefaßt. In diesem Falle sollten alle Streitkräfte, die auf die Front Lublin—Cholm— Wladimir-Wołyński zurückgingen, unter die Befehle Alexejews treten, indes Iwanow nur das Kommando über die gegen den Kiewer Militärbezirk weichenden Armeen zu behalten hatte1).

War solcherart die Preisgabe Ostgaliziens grundsätzlich beschlossen, so ist es doch zu verstehen, wenn sich der Großfürst-Generalissimus und seine Unterführer die Ausführung jedes einzelnen Schrittes zur Verwirklichung der Cholmer Beschlüsse vom Schicksal abzwingen ließen. Auch die Räumung der Etappe und die Vorbereitung neuer Abwehrlinien nötigte zu einem möglichst zähen und langsamen Nachgeben.

Am 19. verfügte die Stawka die Rücknahme des noch im Mündungswinkel des San stehenden rechten Flügels der 3. Armee hinter den Fluß; im Einklang damit hatte die 4. Armee ihren Südflügel auf Zawichost zurückzubiegen, wodurch auch die Ausscheidung von Reserven möglich werden mochte. Während diese Befehle erteilt wurden, fochten die Truppen Brussilows und Olochows sowie die an ihren inneren Flügeln eingesetzten Reiterdivisionen mit verzweifeltem Mute um die Höhen östlich von der Wereszyca und auf der Bodenwelle, die das Bug-Styrbecken im Südwesten abschließt. Als aber in der folgenden Nacht kein Zweifel mehr bestehen konnte, daß die aus dem XXVIII. und dem VIII. Korps bestehende Gruppe des Gen. Kaschtalinski die Position Rawa Ruska—

i) Danilow, 512 f.; Nesnamow, IV, 54 f.; Boncz-Bru jewitsch, V, 183 f.; Zajontschkowskij, 306 f.

Żółkiew verloren hatte, und dadurch die Nordflanke der russischen Wereszycastellung aufgerissen war, gab es für die 8. Russenarmee nur mehr den ungesäumten Rückzug auf die Verschanzungen vor den Toren von Lemberg. Am 20. früh ordnete der Großfürst-Generalissimus die Rückführung allen entbehrlichen Kriegsgerätes aus der galizischen Hauptstadt an. Gleichzeitig befahl er, auch alle Vorbereitungen zum Rückzug der galizischen Armeen gegen Norden und Osten zu treffen. Der Großfürst zog damit aus der gespannten Lage die selbstverständlichen Schlußfolgerungen. Daran konnte es auch nichts ändern, wenn gleichzeitig Iwanow das XXIV. Korps am oberen Tanew zu einem Gegenschlag aufrief, die schon über Hujce gewichene Gruppe Kaschtalinski wieder an die Straße Żółkiew—Rawa Ruska zurückholte, die Divisionen Brussilows noch einmal zu äußerstem Widerstand hinter den Erdwällen von Lemberg anfeuerte und auch am linken Flügel der Front Letschitzki zur Verstärkung seiner Angriffe gegen Pflanzer aufforderte. Der Zweck dieser Maßnahmen mochte Kampf um Zeitgewinn gewesen sein; am schicksalbestimmten Endergebnis vermochten sie nichts mehr zu änderen.

Auf seiten der Verbündeten hatte sich schon in den letzten Tagen der Gedanke durchgesetzt, der Eroberung von Lemberg einen Stoß nach Norden, zwischen Bug und Weichsel, folgen zu lassen. Hiezu lud, ähnlich wie im August 1914, die nach Westen noch weit vorragende russische Schlachtordnung ein. In diesem Sinne hatte GO. Mackensen schon am 19. Juni der k.u.k. Heeresleitung gegenüber die Absicht kundgetan, die Straße Lemberg—Rawa Ruska zunächst nicht zu überschreiten, sondern das Einschwenken der 11. Armee gegen Norden vorzubereiten, da auch der Feind zum größeren Teil schon in dieser Richtung zu weichen schien. Teschen gab sein Einverständnis mit dem Beifügen, daß die Lage bei Żółkiew und am Nordflügel der 2. Armee dartun werde, ob Teile der 11. Armee noch gegen Lemberg einzuschwenken haben würden. Die im Laufe dieses Tages errungenen Erfolge bewogen Conrad am 20. vormittags, in Pleß das ungesäumte Aufschwenken der Masse der 11. Armee vorzuschlagen. Falkenhayn drang ihm gegenüber jedoch mit der Auffassung durch, daß man über dieses Manöver erst nach der Gewinnung von Lemberg schlüssig werden könne. Demgemäß lauteten die von den beiden Generalstabschefs entworfenen Weisungen. Die drei dem Oberbefehl des GO. Mackensen unterstellten Armeen, 2., 4. und 11., hatten die Offensive bis zur Einnahme der Hauptstadt fortzuführen. Die Gruppe Szurmay hatte sich der 2. Armee anzuschließen, die Südarmee über den Dniester „gegen den Raum östlich von Lemberg“ vorzustoßen.

Auch die 7. Armee sollte diesen Fluß überschreiten, dabei aber die rechte Heeresflanke und den Besitz von Czernowitz verläßlich sichern.

Mit diesem Befehl war auf dem Schachbrett der ostgalizischen Walstatt der letzte Zug zur Wiedergewinnung der seit fast zehn Monaten von den Russen gehaltenen Landeshauptstadt eingeleitet.

Die entscheidenden Kampfe um Lemberg

Der Morgen des 20. Juni sah die Armee Brussilow überall im Rückzug. Ihr Südflügel bezog in engem Anschluß an den vor Szurmay zurückgenommenen rechten Flügel der 11. Russenarmee auf den Höhen östlich vom Szczerekbach Aufstellung. Die Mitte wich auf den West- und Nordwestabschnitt des Lemberger Schanzenringes: an den Westrand von Sokolniki, auf die Werke östlich von Zimna Woda, auf Rzęsna Polska und auf die Bodenwelle von Brzuchowice, zwischen dem Pełtew und der Niederung von Dublany. Nördlich schlossen sich die feldmäßig verschanzten Stellungen bei Zarudce und Żółkiew an, von wo die Linie längs der nach Rawa Ruska führenden Eisenbahn verlief.

Die k.u.k. 2. Armee ließ gegenüber dem weichenden Feinde nicht locker. Sie faßte ihn vielfach noch beim Abbruche der alten Stellungen und blieb ihm an den Fersen. In scharfer Verfolgung gewann das

V. Korps, an dessen Südflügel die bei Kołodruby über den Dniester gesetzte 51. HID. eingegriffen hatte, am 20. abends den Szczerekabschnitt, das XVIII. Korps mit der 1. LstlBrig. und der 9. ID. die Linie Pusto-myty—Nawarya—Sokolniki. Vom XIX. Korps gelangte die 29. ID. bei Zimna Woda, die 13. SchD. bei Rzęsna Polska ins Vorfeld des Lemberger Gürtels, indes die 34. ID. bei Mszana ins zweite Treffen genommen wurde. Das IV. Korps erreichte mit seinen drei Divisionen Rokitno und den Raum südlich und südöstlich davon und schickte Erkundungsabteilungen gegen die russischen Schanzen vor. Das Beskidenkorps drang, gegen Osten gewendet, nördlich von Rokitno unter mannigfachen Nachhutkämpfen auf gleiche Höhe mit der Masse der Armee vor.

Gegenüber dem Südflügel der 11. Armee hatte sich das russische VIII. Korps auf den Höhen südwestlich von Glińsko, vor diesem Orte und an den Waldrändern östlich von Kunin neuerlich festgesetzt. Bei der Wichtigkeit, die der Besitz von Żółkiew für die Behauptung von Lemberg hatte, versuchten die Russen die Abwehr durch zahlreiche, aus der Front geführte Gegenstöße zu verstärken. Die Zurückweisung solcher Angriffe nahm bei dem gegen Glińsko vorgehenden XXXXI. RKorps die

Artillerie so sehr in Anspruch, daß das Korps am 20. abends 800 m vor den russischen Stellungen liegen blieb. Die nördlich anschließende

39.    HID. des VI. Korps brachte nachmittags bei der Abwehr eines russischen Vorstoßes 16 Offiziere und 840 Mann als Gefangene ein. Ebenso mußte sich der Südflügel der von Kunin ostwärts vordringenden 12. ID. mehrerer Angriffe erwehren, indes der Nordflügel der Division die Eisenbahn erreichen konnte. Die Garde, die befehlsgemäß längs der Eisenbahn blieb, sah sich gleichfalls in zahlreiche Teilgefechte mit Abteilungen der schon abgesetzten, aber wieder vorfühlenden Gruppe Kaschtalinski verwickelt. Die gegen Norden gewandten Korps Mackensens setzten sich auf den Höhen südlich von Rawa Ruska und in der Linie Potylicz—Brusno fest; Rawa Ruska wurde durch Vortruppen des XXII. R-Korps besetzt. Die 11. HKD. rückte hinter das VI. Korps ab, wo sie sich zu einem Verfolgungsritt über Żółkiew gegen Mosty Wielki bereithalten sollte. Die deutsche 22. ID. wurde von der 4. Armee weg hinter den linken Flügel der 11. genommen.

Neuerlicher Widerstand der Russen auf den Höhen östlich vom Szczerekbach und bei Nawarya machte es am 21. dem k.u.k.XVIII.Korps noch immer unmöglich, schon gegen die Südfront von Lemberg einzuschwenken. Es war gleich dem südlich anschließenden V. Korps angewiesen, weiter gegen Osten anzugreifen. Gleichzeitig hatte der nun wieder dem 2. Armeekmdo. unterstellte FML. Szurmay die 128. HIBrig und die

40.    HID. zum Dniesterübergang aufwärts von Żydaczów bereitzustellen, indes die 7. ID. und die Gruppe Obst. Rehwald über Kołodruby nach Humieniec zur Verfügung des V. Korps abzusenden waren.

Dieses Korps brach am 21. südwestlich von Mikołajów und südlich und nordöstlich vom Szczerek in die feindlichen Linien ein, ohne jedoch einen durchschlagenden Erfolg zu erzielen. Ebenso vermochte das

XVIII. Korps wegen des starken, zum Teil flankierenden Geschützfeuers aus dem Festungsgürtel bei Nawarya nur geringe Fortschritte zu machen. Das XIX. Korps hatte sich, in der Südflanke durch eine halbe 34. ID. gedeckt, so nahe an die russischen Stellungen herangearbeitet, wie es das eigene Artilleriefeuer erlaubte. Die 43. SchD. des IV. Korps grub sich am 21. abends vor den Drahthindernissen der Werke von Brzuchowice ein, indes es den beiden anderen Divisionen geglückt war, dem Feind einige Schanzen in der von Brzuchowice gegen Nordosten ziehenden Niederung zu entreißen. Besondere Bedeutung für die Entwicklung der Lage bei Lemberg hatte es, wenn das Beskidenkorps über Kulików und das XXXXI. RKorps der 11. Armee über Żółkiew hinaus Raum gewannen; gelang dies, dann war Lemberg, im Norden wie im Süden überflügelt, für Brussilow nicht mehr zu halten. Das Vorgehen der beiden ebengenannten Korps befriedigte aber die Ungeduld der Führung nicht ganz. Das XVII. und das VIII. Russenkorps fochten bei Zarudce und auf den Höhen von Glińsko mit größter Zähigkeit und ließen sich jeden Schritt Bodens durch schwere Blutopfer abkaufen. Sie standen auch noch am Abend westlich von Kulików und Żółkiew.

Als der Stoßkeil Mackensens im Sinne der Armeeführers nicht über die Straße Żółkiew—Rawa Ruska hinausdrang, hatte am rechten Flügel Brussilows die Gruppe Kaschtalinski wieder kehrtgemacht und bei Do-brosin sowie östlich von Rawa Ruska schon verlassene Stellungen neuerlich besetzt. Die 12. ID. des Korps Arz bekam in den Wäldern südlich von Dobrosin den verstärkten Widerstand des Feindes tagsüber genug zu fühlen; sie erreichte dennoch in ganzer Frontbreite die große Straße.

Noch am Nachmittag hatte vor Lemberg die schwere Artillerie mit dem Einschießen gegen die Erdwerke begonnen. Am 22. um 4h früh sollte das Wirkungsschießen einsetzen, dem der Infanterieangriff nach Anordnung der Korpsführer zu folgen hatte.

Inzwischen hatte am äußersten rechten Flügel der galizischen Front die Armee Pflanzer noch schwere Tage zu bestehen gehabt. Den bei Kośmierzyn unternommenen Angriffen (S. 493) gesellte der Feind am 20. auch noch solche bei Zaleszczyki bei. Die Russen erlitten starke Verluste und vermochten keinerlei Raumgewinn zu erzielen. Der Kampf flaute an diesen Punkten am 21. merklich ab. Dafür hatte sich schon in der vorangehenden Nacht die Ostfront der Armee heftiger Anstürme der Russen zu erwehren, und in den Morgenstunden nötigte ein Einbruch des III. Kavalleriekorps den FML. Benigni, seinen rechten Flügel etwas zurückzunehmen. Nun sollte die bereits beschlossene Überweisung von Truppen des Korps Rhemen an Benigni beschleunigt werden; aber ein neuerlicher Ansturm des XXX. Russenkorps, der Czibulka nötigte, Kośmierzyn preiszugeben, verzögerte das Herauslösen der Bataillone.

In der Nacht auf den 22. mußten die stark gelichteten und von zwei Wochen ununterbrochener Kämpfe erschöpften Streiter Rhemens in den Dniesterschleifen im Fechten von Mann zu Mann abermals Proben ihrer Standhaftigkeit ablegen. Dagegen blieb, von Teil Vorstößen gegen die Polen und die Domobranzen abgesehen, der für die gleichen Stunden erwartete Angriff gegen die Ostfront Pflanzers aus. Als am 22. früh die ersten Bataillone der 6. ID. mit ihrem Führer FML. Schönburg bei Benigni eintrafen — die 12. IBrig. blieb bei Jezierzany zurück — hatte sich der Sturm gegenüber der 7. Armee schon allenthalben gelegt. Allerdings war die von der Heeresleitung schon am 20. gestellte Anfrage nicht unberechtigt, ob es der Armee in der nächsten Zeit noch möglich sein werde, die Offensive nördlich vom Dniester fortzusetzen.

Durch die Ereignisse rechts und links nicht mehr unmittelbar berührt, rüstete unterdessen die Südarmee für den Dniesterübergang, der für die Nacht auf den 23., und zwar nicht mehr im Raum beiderseits von Żurawno, sondern zwischen diesem und Halicz geplant war.

Indes um das Schicksal der Hauptstadt Galiziens gewürfelt wurde, sollte das genugsam geprüfte k.u.k. IX.Korps wieder einige kritische Stunden erleben. Während sich rechts von diesem das XVII. Korps zwischen dem 20. und dem 22. vergeblich abmühte, dem Feind noch die Höhen bei Żuków zu entreißen, und auch der rechte Flügel der 10. ID. bei Lubliniec nicht nennenswert wirksam zu werden vermochte, stürzten sich in der Nacht auf den 21.beiOsuchy drei Regimenter des XXIV. Russenkorps auf den linken Flügel der zuletzt genannten öst.-ung. Division, die Brigade Szende, und drückten sie vom Tanew zurück. Im Armeekmdo. mochte die Erinnerung an Sieniawa lebendig werden. Es stellte dem IX. Korps nicht nur die 21. SchD. zur Verfügung, deren Masse zum Gegenangriff angesetzt wurde, sondern schob auch die 41. HID. in den Raum südlich von Tarnogród. Außerdem erhielt das XIV. Korps Anweisung, hinter seinem Ostflügel möglichst rasch eine Gruppe zu sammeln, die unverzüglich auf das rechte Sanufer hinübergenommen werden könnte. Die Kämpfe bei Osuchy hielten den ganzen 21. über an, endeten aber in der Nacht auf den 22. damit, daß der Russe das südliche Tanewufer wieder vollends räumen mußte. Am 22. abends wurde russischen Funksprüchen die Nachricht entnommen, daß die vier gegenüber dem linken Flügel der 4. und gegenüber der 1. Armee stehenden russischen Korpsstäbe ihren Standort zurückverlegten, ein Vorzeichen für die von der Stawka schon am 19. verfügte Räumung des Sanwinkels (S.487). Bedeutsamer mag freilich für die gesamte Nordfront der Heeresgruppe Mackensen die vierundzwanzig Stunden zuvor auf gleichem Wege eingelangte Mitteilung gewesen sein, daß Iwanow im Begriffe sei, mit seinem Hauptquartier von Cholm nach Rowno zu übersiedeln.

In der Nacht auf den 22. Juni räumten die Russen die zum Schlüsselpunkt der Schlacht gewordenen Höhen westlich von Żółkiew, um sich in die ausgedehnten Waldungen östlich von dieser Stadt zurückzuziehen. Am darauf folgenden Morgen setzte sich auch die Gruppe Kasch-talinski wieder von der Straße und Eisenbahn Żółkiew—Rawa Ruska ab.

Das XXXXI. RKorps und das k.u.k. VI. Korps nahmen ungesäumt die Verfolgung auf. Dagegen mußte das Beskidenkorps dem Feinde seine Stellungen westlich von Kulików bei Tagesgrauen im Sturme entreißen, worauf endlich auch der ebengenannte Ort in die Hände der Angreifer fiel. Diese überschritten dieLemberger Straße in der Richtung auf Żółtańce.

Zur gleichen Zeit brandeten auch schon die Angriffe der Korps Schmidt-Georgenegg und Trollmann an die Hauptstadt heran. Die erste entscheidende Bresche schlugen die Wiener Schützenregimenter 1 und 24, indem sie um 5h früh, allerdings unter schweren Opfern, das Werk Rzęsna Polska (A 320) erstürmten1). Die Schützen drangen beiderseits der Straße gegen Lemberg weiter vor. Um 9hvorm. eroberte in ihrer linken Flanke die 43. SchD. des IV. Korps Brzuchowice (-<>-348), um 10h3° folgte das Werk Skniłów (-<>-322) südwestlich von Lemberg, das die Deutschböhmen der 29. ID. dem Feinde entrissen; kurz darauf erstieg das den Namen des Deutschen Kaisers führende Kaschauer IR. 34 die Brustwehren auf der Lysa Góra östlich von Brzuchowice. Der Halbkreis von Verteidigungswerken, der die Hauptstadt Galiziens gegen Nordwesten, Westen und Südwesten umgab, war in zum Teil recht blutigen Kämpfen bezwungen.

Unterdessen hatte der Verlust von Żółkiew und Kulików den feindlichen Armeeführer Brussilow schon vor einigen Stunden veranlaßt, an die Lemberg verteidigenden Divisionen den Befehl zur Räumung der Stadt zu erteilen2). Als knapp nach Mittag die ersten öst.-ung. Reiterpatrouillen von Westen her in Lemberg einritten, verließen die letzten Russen die Stadt gegen Osten.

Nun gab es für den Feind auch südlich von Lemberg kein Halten mehr, wo noch am Morgen um die Höhen östlich von Szczerzec und bei Sokolniki erbittert gerungen worden war. Um die Mittagsstunde verkündeten russische Funksprüche, daß Brussilow und Schtscherbatschew im Begriffe stünden, auch hier die Schlacht abzubrechen. Böhm-Ermolli befahl dem in Lemberg eindringenden XIX. Korps, ungesäumt starke Teile auf die Straße nach Bobrka zu entsenden und auf solche Weise dem Südflügel

1)    Eine belletristische Schilderung dieser Kämpfe der Wiener Schützen brachte Ludwig Ganghofer im „Hamburger Fremdenblatt“ (abgedruckt bei B a e r, Der Völkerkrieg, IX, Stuttgart 1916, 42 ff.).

2)    Boncz-Brujewitsch, II, 226; die Mitteilung, Zajontschkowskij, 308, Brussilow habe den Räumungsbefehl schon am 21. abends erteilt, mag wohl auf einem Irrtum beruhen, da der Armeeführer seinen Entschluß ausdrücklich mit dem Rückzug seines rechten Flügels aus den wichtigen Schlüsselstellungen bei Żółkiew und Kulików begründete.

Brussilows noch möglichst Abbruch zu tun. Das IV. Korps sollte nordwestlich von Lemberg die Nordflanke des XIX. sichern. Als der Abend herabsank, bezogen die beiden südlichen Korps an der Straße Mikołajów —Lemberg ihre Lager; die Kavalleriegruppe des GM. Berndt, 4. KD. und l.LstHusBrig., hielt sich vor ihrer Mitte bereit, zu frühester Morgenstunde die Verfolgung aufzunehmen. Das XIX. und das IV. Korps schoben ihre Sicherungstruppen in die Linie Dżwinogród—Gaje—Barszczowice und auf die Höhen westlich von Jaryczów-Nowy vor. Das Beskidenkorps kämpfte noch um die Höhen bei Żółtance. Der rechte Flügel der 11. Armee war dem weichenden Feinde in die Waldungen östlich von Żółkiew, in den Raum südlich von Turynka und bis Zameczek gefolgt. Der auf Mosty Wielki entsandten ll.HKD. stellte sich nachmittags eine Feindgruppe bei Turynka entgegen. Mit festem Griff angepackt, wich diese gegen Bojaniec und wurde nachts bei Derewnia neuerlich geworfen. Der linke Flügel der deutschen 11. Armee hatte bei Brusno Str. seine Stellungen vorzuschieben vermocht.

In der vierten Nachmittagsstunde war GdK. Böhm-Ermolli mit seinem engeren Stabe in Lemberg eingezogen. Ehrlicher Jubel begrüßte ihn. Nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Bevölkerung hatte sich der Russenherrschaft völlig verschrieben. Kaiser Franz Joseph ordnete ausdrücklich an, daß keine „förmliche Verfolgung“ der Verfehlungen platzgreifen dürfe. Die überwiegende Mehrheit der Einwohner von Lemberg hatte, zumal seit der Panslawist Graf Bobrinski das Zepter führte, Schweres über sich ergehen lassen müssen. Sie atmete auf, als das letzte Mitglied der Ochrana die Stadt verließ.

Der moralische Eindruck, den die Wiedergewinnung von Lemberg in aller Welt hervorrief, übertraf noch die militärische Bedeutung, die dem Ereignis zukam. Dies war auch im Innern der Monarchie deutlich zu merken. Wer immer zwischen Bregenz und Czernowitz, zwischen Bodenbach und Cattaro zum Reiche stand, schöpfte aus der Siegesbotschaft neue Zuversicht auf ein glückliches Ende, und auch diejenigen, die in ihrer Treue wankend geworden waren, begannen sich bis auf weiteres wieder mit einem Staate abzufinden, der ihnen zwar nicht die nationale Unabhängigkeit, aber kulturelles und wirtschaftliches Gedeihen verbürgt hatte. Tiefe Wirkung rief die Eroberung von Lemberg auf dem Balkan hervor, bei Serbien, das die letzten Offensivpläne zurückstellte, wenn solche überhaupt noch bestanden hatten, bei Rumänien und Griechenland, wo die Verfechter der Neutralität wieder die Oberhand gewannen, und bei Bulgarien, das nunmehr den Faden der Verhandlungen über einen Beitritt zum Bunde der Mittelmächte entschlossen aufnahm. Auch der in den Dardanellen bedrängten Türkei war Entlastung geworden, da die Russen ihre um Odessa versammelten Kräfte nach Galizien geworfen hatten, statt sie, wie geplant, im Einklang mit den die Dardanellen berennenden Verbündeten am Bosporus zu verwenden.

Zahlreiche Auszeichnungen waren den erfolgreichen Führern der beiden Heere von ihren Kaisern schon in den letzten Wochen und nun aufs neue verliehen worden. GdI. Conrad wurde zum Generalobersten, GO. Mackensen zum Generalfeldmarschall ernannt. Ein Ausruhen auf den schwer errungenen Lorbeeren hatte freilich auch der 22. Juni noch keineswegs zu bringen vermocht. Die leisen Friedenshoffnungen, die in Pleß und in Teschen in den letzten Wochen schüchtern aufgekeimt waren, blieben noch unerfüllt. Wie der greise Kaiser und König FJIn jenen Tagen in einem nachdenklichen Gespräch mit dem zur Berichterstattung nach Wien berufenen Chef des Generalstabs voraussagte, zeigte der Russe nicht Miene, das Spiel schon verloren zu geben und die Allianz zu verlassen. Noch am 22. abends ergingen die Befehle für die Fortsetzung des Feldzuges, der die Heere der Verbündeten nun über die mittlere Weichsel und nach Wolhynien führen sollte.

EINLEITUNGSKÄMPFE AN DER SÜDWESTFRONT

Hiezu Beilagen 13 und 26 sowie Skizze 25

Österreich-Ungarn

Am 23. Mai 1915 hatte der Botschafter Italiens auf dem Ballhausplatze die Kriegserklärung seiner Regierung an das Habsburgerreich überreicht. In Worten tiefster Entrüstung verkündete der greise Kaiser und König Franz Joseph dieses Ereignis seinen Völkern: „Der König von Italien hat Mir den Krieg erklärt. Ein Treubruch, dessengleichen die Geschichte nicht kennt, ist von dem Königreich Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden. Nach einem Bündnis von mehr als 30jähriger Dauer, während dessen es seinen Territorialbesitz mehren und sich zu ungeahnter Blüte entfalten konnte, hat uns Italien in der Stunde der Gefahr verlassen und ist mit fliegenden Fahnen in das Lager unserer Feinde übergegangen.“

Der im Süden neu aufgestandene Feind, so hieß es weiter, sei aber dem Reiche kein neuer Gegner: „Die großen Erinnerungen an Novara, Mortara, Custoza und Lissa, die den Stolz Meiner Jugend bilden, und der Geist Radetzkys, Erzherzog Albrechts und Tegetthoffs, der in Meiner Land- und Seemacht fortlebt, bürgen Mir dafür, daß wir auch gegen Süden hin die Grenze der Monarchie erfolgreich verteidigen werden ...“ Diese im Völkerleben nicht alltägliche Kundgebung des Herrschers spiegelte nicht bloß die Stimmung der offiziellen Kreise ÖsterreichUngarns wider, sondern die Gefühle des überwiegenden Teiles der Bevölkerung des Fünfzigmillionenreiches. Die Deutschen Österreichs sahen die Kernlande der Monarchie, sahen alpenländischen Boden unmittelbar bedroht; der Bundesgenosse von gestern hatte seine begehrliche Hand nicht bloß nach Triest und Trient, sondern auch nach dem seit uralten Zeiten deutschen Bozen ausgestreckt. Die Magyaren ließ der Abfall Italiens, der sich schon vorbereitet hatte, als der Russe noch auf dem Karpathenkamme gestanden war, alte nationale Beziehungen vergessen, auf die sich eben noch Stephan Tisza bei einem eigenartigen diplomatischen

Versuche, Italien in zwölfter Stunde zur Umkehr zu bewegen, berufen hatte x). Und die Südslawen schon gar wandten sich wie ein Mann gegen den neuen Feind, der die Slowenen aus dem Isonzolande, die Kroaten und Dalmatiner von der Küste verdrängen und ihre dahinter wohnenden Brüder von der Adria absperren wollte. Die Entrüstung der Stammesgenossen in der Heimat fiel mit der tiefen Erschütterung zusammen, die das Londoner Abkommen vom 26 April bei der südslawischen Emigration in London und Paris hervorgerufen hatte; einer der Emigrantenführer konnte wenige Wochen nach dem Beginn des italienischen Krieges klagen: „Unsere Regimenter kämpfen am Isonzo wie die Löwen.“ Das Beispiel der südslawischen Brüder wirkte ganz von selbst auf die Nordslawen, sogar auf die Tschechen zurück. Ein von der Auflösung des Stammtruppenkörpers unberührt gebliebenes Marschbataillon des IR. 28 (S. 252) sollte sich, allerdings stark mit Deutschen durchsetzt und unter der Führung deutschsprachiger Offiziere, in der zweiten Isonzoschlacht so hervortun, daß seine Leistungen den ersten Anstoß zur Wiedererrichtung des Prager Hausregiments gaben. So kam in jenen Pfingsttagen am Isonzo und auf den Bergen Tirols und Kärntens noch ein letztes Mal Grillparzers Ruf an die Radetzkyarmee zu seinem Recht: „In deinem Lager iśt Österreich.“

Die Entschlossenheit, mit der Österreich-Ungarn an die Abwehr des neuen Feindes herantrat, war nicht wenig durch die günstige Wendung genährt worden, die sich in den letzten drei Wochen im Nordosten, gegen Rußland, eingestellt hatte. Dennoch konnte kein Zweifel obwalten, daß die Gesamtlage des Reiches durch das feindselige Auftreten Italiens empfindlich verschärft worden war. Dies galt in politischer und wirtschaftlicher, nicht weniger aber auch in militärischer Hinsicht. Die öst.-ung. Heeresleitung nahm die Stärke der italienischen Feldarmee mit 44 Infanterie- und 4 Kavalleriedivisionen an, überschätzte sie daher nicht unerheblich (S. 286). Wie immer aber es um die wirkliche Streiterzahl der Italiener bestellt sein mochte, das Habsburgerreich konnte ihr an Verteidigern nur einen Bruchteil entgegensenden. In den Stunden der Kriegserklärung standen an der Grenze selbst 128 Bataillone von zumeist milizartiger Verfassung; 94 Bataillone waren als erste Verstärkungsstaffel im Anrollen. Bedachte man noch, daß man einem Feinde gegenüberstand, der schon seit Monaten in aller Emsigkeit gerüstet hatte, dem also ein ungesäumtes Austreten zuzumuten war, so ergab sich daraus für die Donaumonarchie und ihre seit neun Monaten im Kampfe stehende

i) Tisza, Briefe, I, 193.

Wehrmacht eine Lage, die in der Weltgeschichte kaum ihresgleichen findet. Der vielberufene „Spaziergang nach Wien“ brauchte für das Heer Viktor Emanuels wahrlich kein leeres Schlagwort zu sein.

In Teschen vermutete man von den italienischen Streitkräften 9 Infanterie- und 2 Reiterdivisionen samt 10 Alpinibataillonen als Hauptstoßgruppe an der küstenländischen Front, 2% Divisionen und 15 Alpinibatail-lone an der Kärntner Grenze, 3 Divisionen im Cadore, 9Vž Divisionen gegenüber der Südtiroler Bastion und 2 Kavalleriedivisionen noch zwischen Tagliamento und Livenza. Wie später darzutun sein wird, kam diese Auffassung über die Lage an der Grenze der Wirklichkeit ziemlich nahe. Von den fehlenden 16 Divisionen wähnte der k.u.k. Generalstab 7 zu Expeditionszwecken in Ancona, Bari und Brindisi, 2 an der Schweizer Grenze und 2 in Lybien; über den Aufenthalt der übrigen 5 Divisionen vermochte man sich noch keine Rechenschaft zu geben.

Von diesen Vorstellungen ausgehend, eröffnete das AOK. am 28. Mai dem Kommando der Südwestfront auf dessen Anfrage, daß die Absicht bestehe, „Tirol mit den dort befindlichen Truppen aufs äußerste zu verteidigen, dem über Kärnten, Küstenland, Krain einbrechenden Feind unter möglichst geringem eigenem Gebietsverlust das Vordringen zu verwehren und in späterer Folge zu trachten, ihm einen möglichst ausgiebigen Schlag zu versetzen“. Da um diese Zeit die Entscheidung in Mittelgalizien noch nicht gefallen war, vermied es die Heeresleitung, über weiteren Kräftezuschub bestimmte Zusagen zu machen. Es sollte, so wurde dem Erzherzog Eugen in der ebenangeführten Depesche mitgeteilt, „durch befohlenes verteidigungsweises Verfahren Zeit gewonnen, der Feind geschwächt und Raumverlust möglichst vermieden werden“. Wie diese gewiß nicht leichte Aufgabe im einzelnen zu lösen war, blieb dem Oberbefehlshaber der gegen Italien auf gebotenen Kräfte überlassen.

Italien

Als im. Frühjahr 1915 die italienische Kriegspartei infolge des Fortschrittes in der Kriegsbereitschaft des Heeres zunehmende Geltung gewann, sah sich auch Gen. Cadorna veranlaßt, seinen im September 1914 verfaßten Operationsentwurf, der den in Aussicht genommenen höheren Führern schon bekannt war (S. 286), bei Beibehalt seiner Grundzüge eine bestimmtere Fassung zu geben. Bei Berücksichtigung der seit 1. März in Kraft stehenden neuen Mobilisierungsart erließ er nun am 1. April, an dem die Masse des Heeres noch in den Friedensgarnisonen lag, und zwischen Rom und Wien eifrig diplomatische Verhandlungen gepflogen wurden, an die Armeekommandanten abändernde Weisungen, die folgendes enthielten1):

Die 1. Armee, GLt. Brusati, hatte mit dem III. Korps (Mailand), einer verstärkten Brigade der Besatzung von Verona und dem V. Korps (Verona) Tirol vom Stilfser Joch bis zum Cismontal, dieses inbegriffen, zu umschließen und nicht nur während der Versammlungszeit, sondern auch insolange die 4. Armee vom Cadore aus gegen Toblach operierte, in strategischer Defensive zu verharren. Da Cadorna einen österreichischen Angriff aus Tirol durchaus für möglich hielt, waren Teilangriffe nur zu führen, um den Schutz der Grenze besser zu gewährleisten und um, falls es ging, auch gegnerisches Gebiet zu besetzen.

Die 4. Armee, GLt. Nava, hatte mit dem IX. Korps (Rom) und dem I. (Turin) vom Cadore her zwischen dem Cismontal (dieses nicht einbezogen) und dem Mt. Peralba anzugreifen, die Sperren Sexten, Landro und Tre Sassi niederzukämpfen und den Raum von Toblach sowie jene Höhen, die die Sellagruppe umgeben, in Besitz zu nehmen.

Die Kamische Gruppe, GLt. Lequio, mit 16 Alpini- und 3 Finanzwachbataillonen sowie 2 Brigaden des XII. Korps (Palermo) sollte im Raume zwischen Mt. Peralba und Mt. Maggiore den Aufmarsch der 2. und der 3. Armee decken und den Angriff auf die Sperren von Malbor-geth, Raibl und Predil einleiten.

Die 2. Armee, GLt. Frugoni, hatte sich mit dem IV. Korps (Genua), dem II. (Alessandria) und dem VI. (Bologna), ferner mit einer zusammengesetzten Bersaglieridivision und zwei Alpinigruppen im Abschnitt zwischen dem Mt. Maggiore und der Straße Cormons—Görz zu versammeln und zur Vorbereitung des noch vom Höchstkommando anzuordnenden Isonzoüberganges Karfreit und, wenn möglich, den Kolowratrücken und die Korada zu nehmen.

Der 3.Armee, GLt.Herzog vonAosta, war mit dem X.Korps (Neapel), dem XI. (Bari) und dem VII. (Ancona), dann mit der Heeresreiterei der Kampfraum zwischen der Straße Cormons—Görz und dem Meere zugewiesen; sie hatte sich — zum selben Zwecke und unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der 2. Armee — der Höhe von Medea und der Isonzobrücken bei Pieris zu bemächtigen.

Einschränkend wurde vom italienischen Höchstkmdo. betont, daß nach Beginn der Feindseligkeiten Angriffe auf österreichisches Gebiet nur dann unternommen werden dürften, wenn verläßlich ausreichend Truppen zur Stelle wären, wie überhaupt die Sorge vor einem über!) Cadorna, La guerra, I, 97 ff.; Ital. Gstb. W., II, Dokumente, 26 ff.

raschenden Angriff einer öst.-ung. Armee auf die noch nicht schlagbereiten Italiener aus dem Hauptquartier Cadornas noch immer nicht gebannt war. Gegen einen solchen Angriff hätten die Karnische Gruppe und die zwei Armeen des rechten Flügels die Linie Mt. Peralba—Mt. Maggiore—Mt. Matajur—Cividale—Campoformido und weiter südlich bis zum Meer zu halten gehabt.

Als strategische Reserven plante die italienische Heeresleitung das VIII. Korps (Florenz), dann die aus Mobilmilizdivisionen neu aufgestellten Korps XIII und XIV an die östlich der Etsch befindlichen Talausgänge der tridentinischen Front zu stellen, sie aber später, wenn hier entbehrlich, an die Hauptangriffsfront zu verschieben.

Als der italienische Aufmarsch im vollen Gange war, erließ Cadorna am 16. Mai den ersten Befehl operativen Inhaltes, durch den die Karnische Gruppe sowie die 2. und die 3. Armee angewiesen wurden, sich bereit zu halten, um auf telegraphischen Befehl zum Angriff gegen die Kärntner Sperren und gegen die Isonzoübergänge vorzubrechen. Bei diesem ersten Sprung, bei dem die 2. Armee der 3. vorangehen sollte, war die Besitznahme des Beckens von Karfreit, des Krn, Mrzli vrh, Ko-lowratrückens, der Jeza, Korada, dann des Mt. Quarin, Mt. Medea und weiter der Linie Torrente Torre — Judrio — Unterlauf des Isonzo anzustreben. Obwohl es Cadornas Wunsch war, dieser Aktion den Charakter eines energischen, überraschenden Einbruches zu geben, waren die ersten Ziele auffallend nahe gewählt; sie lagen von Tolmein abwärts noch durchwegs auf dem westlichen Isonzoufer. Nur wenn kein starker Widerstand gefunden wurde, plante er, im unmittelbaren Anschluß an den ersten Sprung den Isonzo überschreiten zu lassen, wobei wieder die 2. Armee im Angriff auf die Hochfläche von Bainsizza vorangehen sollte, um der in der Staffel rechts nachfolgenden 3. Armee die Besitznahme des Görzer Beckens und der Hochfläche von Comen zu erleichtern. Auch eine Landung mit vier älteren Kreuzern in der Bucht von Triest war zur Unterstützung des rechten Heeresflügels vorgesehen. Doch schreckten Gerüchte über die österreichische Minensperre die Italiener dann von der Ausführung ab. Die 4. Armee wurde am 16. Mai neuerlich zum Einbruch in das Pustertal angewiesen.

Am 22. Mai wurde die allgemeine Mobilisierung angeordnet, der eigentlich nur noch für die Pferdebeistellung und Aufbringung von Transportmitteln praktische Bedeutung zukam. Am gleichen Tage erließ das italienische Höchstkmdo. von Rom aus telegraphisch den Befehl, um Mitternacht vom 23. auf den 24. Mai die Feindseligkeiten zu eröffnen.

Zu dieser Stunde war die volle Schlagfertigkeit des Heeres allerdings noch lange nicht erreicht, denn fast die Hälfte der Divisionen und große Teile der Armeetrains befanden sich noch auf der Fahrt oder überhaupt noch in ihren Mobilisierungsorten. Auch nahm man im letzten Augenblick noch Änderungen in der Zusammensetzung der Armeen vor, indem das

VI. Korps von der 2. zur 3. Armee übertrat, die 2. hiefür durch das XII. (nur zwei Brigaden stark) entschädigt wurde und das X. Korps sowie die

3. und die 4. KD. als weitere Heeresreserven bestimmt wurden.

Hatten es die verbündeten Mittelmächte als eine Gunst des Schicksals buchen dürfen, daß Italien erst drei Wochen nach Gorlice in den Kampf eintrat, so war die bis zum letzten Tag erstreckte Ausnützung der Frist, die sich das apenninische Königreich in den Londoner Abmachungen für sein bewaffnetes Auftreten ausbedungen hatte, von der Entente, zumal von Rußland, nicht zu Unrecht als schwerer Nachteil empfunden worden. Die Geduld der neuen Bundesgenossen Italiens sollte aber noch weitere Wochen auf die Folter gespannt werden, ehe es zum Zusammenstoß der Hauptkräfte kam. Zunächst entwickelte sich nur eine Reihe von Grenzkämpfen, die noch nirgends den Ansatz zu irgendeiner Entscheidung oder auch nur maßgebender Einwirkung auf die Gesamtkriegslage zeigten.

Die Grenzkämpfe in Tirol im Mai und Juni 1915

Hiezu Beilage 27

Die operativen Erwägungen und Maßnahmen bei Freund und Feind

Das Südtiroler Grenzgebirge dringt beiderseits der Etsch wie ein Keil gegen die oberitalienische Ebene vor und bildete ein günstiges Ausfallstor gegen die beiden nach Venetien führenden Aufmarschbahnen, da die Reichsgrenze oft nur einen Tagmarsch von den Bergfüßen entfernt war. Am schärfsten sprach sich diese Bedrohung von der Hochfläche von Folga-ria (Vielgereut)—Lavarone (Lafraun) her aus, da dieser verhältnismäßig günstige Sammelraum bloß rund 100 km von Venedig entfernt ist.

Cadorna hatte diesen Gefahren durch den Aufmarsch von mehr als einem Drittel des Heeres gegen Tirol und durch das anfängliche Bereithalten von starken Heeresreserven im Raume Verona—Vicenza—Bassano Rechnung getragen. Hiedurch ergab sich zugleich eine Umklammerung Südtirols, mit der wieder die Tiroler Landesverteidigung rechnen mußte. Der gefährlichste Punkt war der Raum bei Toblach, weil hier die Pustertalbahn auf nur 12 km Entfernung von der Grenze vorüberlief.

Durch freiwillige Preisgabe der von vornherein umfaßten Vorsprünge des 450 km langen Grenzzuges und durch Rückverlegung der Abwehr in die Linie der permanenten Befestigungen und des langgestreckten Kammes der Fassaner Alpen wurde die Front um mehr als 100 km verkürzt. So wie es Conrad stets vorgeschwebt hatte, war durch die in dieser verkürzten Linie angelegten Feldbefestigungen aus ganz Südtirol eine große Festung geschaffen worden, die an der Westgrenze auf reine Abwehr, im $üden und Osten teilweise auch auf Angriffsmöglichkeiten eingerichtet war, und in der dem festen Platze Trient lediglich die Rolle des Kernwerkes zufiel.

Der Bodengestaltung und den daraus sich ergebenden Einbruchsmöglichkeiten entsprechend, wurde Südtirol in fünf Verteidigungsrayone geteilt. An dieser Einteilung wird bei Besprechung der Kampfereignisse festgehalten werden. Die Truppen des Rayons I hatten im Hochgebirge den zwischen der Schweizer Grenze und dem Order liegenden Abschnitt, besonders die Straße über das Stilfser Joch, zu sperren. Südlich anschließend bis zur Presanella beschirmte die Besatzung des Rayons II den Grenzraum und den Tonalepaß. Im Rayon III — später „Südtirol“ genannt — wurden die zahlreichen zwischen dem Chiese- und dem Suganertal gegen Trient zusammenströmenden Einbruchswege aufgefangen. Der Rayon IV umfaßte den Kamm der Fassaner Alpen, der Rayon V das Dolomitengebiet bis zur Kärntner Grenze.

Das Rückgrat der Landesverteidiger bildeten die von den Kaiserschützenregimentern, einer für den Gebirgskrieg besonders ausgerüsteten und ausgebildeten Kerntruppe, beigestellten Besatzungsabteilungen der Sperren. Der Verteidigungsfront waren die Gendarmerie- und Finanzwachposten bis an die Grenze vorgeschoben, deren jeder durch im Grenzraume ansässige Landstürmer auf 20 bis 30 Mann verstärkt worden war. Die in den Brigaden eingeteilten Marsch- und Landsturmbataillone hatten vornehmlich Söhne der Alpen in ihren Reihen; die Mannschaft der IR. 29 und 37 entstammte dagegen der ungarischen Tiefebene. Die Standschützenbataillone wurden erst nach der am 19. Mai zugleich mit der Alarmierung erfolgten „Aufbietung“ gebildet. In heiliger Begeisterung strömten die Jünglinge unter 18 und die Ausgedienten über 45 Jahre zu den Fahnen, um, getreu der Tradition ihrer ruhmreichen Vorfahren von 1809, die heimadiche Scholle verteidigen zu helfen. Allerdings besaßen diese Standschützen außer Schießfertigkeit anfänglich gar keine militärische Ausbildung. Am 23. Mai verfügte das Landesverteidigungskmdo. über 27V2 Bataillone, 39 Standschützenbataillone, 8 Kaiserschützendetachements, IV2 Schwadronen und 22 mobile Batterien mit 75 Geschützen. Auf einen Frontkilometer entfielen somit 110 Gewehre. Die nicht mobile Artillerie zählte 540 Rohre. Als einziger für offensive Aufgaben geeigneter Heereskörper rollte in der Zeit vom 25. Mai an das hauptsächlich aus gebirgs-gewohnten bayrischen Truppen zusammengestellte und für den Gebirgs-krieg besonders ausgerüstete, divisionsstarke deutsche Alpenkorps, GLt. Krafft von Dellmensingen, in Tirol ein (S. 408).

Am 25.Mai übernahm der bisherige Führer der 1. Armee,GdK. Dankl, das Landesverteidigungskommando.

Als ihm am 23. Mai in Teschen die Behauptung von Tirol anvertraut worden war, war GdK. Dankl sofort entschlossen, die Verteidung offensiv zu führen1). Hiezu hatten die Marsch-, Landsturm- und Standschützenbataillone die vorbereiteten Stellungen zu behaupten, während das anrollende deutsche Alpenkorps im geeigneten Augenblick als mobile Stoßkraft Verwendung finden sollte. Mit Rücksicht auf die beiden wahrscheinlichen Angriffsrichtungen des Feindes, das Pustertal als strategisches und Trient als politisches Ziel, wurde das Alpenkorps in den Raum Bruneck—Brixen—Bozen—Auer geleitet, von wo aus es zur angriffsweisen Abwehr eines italienischen Einbruches an einem Tage entweder bei Bruneck oder bei Trient vereinigt werden konnte.

Wie später noch geschildert werden wird, ließ das sehr zögernde und systematische Vorrücken der Italiener anfänglich schwererkennen, welcher Teil des Feindes unter günstigen Aussichten angefallen werden konnte, weil der konzentrische Vormarsch derart gleichmäßig erfolgte, daß sich kein Teil vereinzelt bloßstellte. Hielt Dankl anfänglich einen Vorstoß aus der Dolomitenfront gegen Süden hin für wünschenswert, so kam er davon ab, als am 28. Mai der Vormarsch von vier feindlichen Gruppen, und zwar je einer gegen Folgaria—Lavarone, im Val Sugana, gegen das Fassa- und gegen das Pustertal, gefährlich zu werden schien. Dankl mußte daher besorgen, schrittweise eingeschnürt zu werden und jede Aktionsfreiheit zu verlieren; er hielt deshalb einen befreienden Offensivstoß schon für dringend. Da der feindliche Heereskörper, der nach Cortina d’Ampezzo gelangt war, seine Vorrückung eingestellt zu haben schien, beschloß Dankl, ehe er sich gegen das Val Sugana und gegen den

!) Schreiben des GO. Dankl an das Kriegsarchiv, 13. August 1930. Vgl. auch S t e i n i t 2, Erinnerungen an FJI (Berlin 1931), 336; Pastor, Viktor Dankl (Freiburg 1916), 62 ff.

die Befestigungen von Folgaria—Lavarone bedrängenden Feind wandte, mit dem Alpenkorps einen Vorstoß aus dem Fassatal nach Osten zu unternehmen. Hiedurch sollte die hier einspringende Verteidigungsfront bis in die Linie Rollepaß—Pellegrinosattel—Marmolata—Ortschaft Cherz vorverlegt werden, wobei auch die bisher vor der Front gelegene und die Verbindung zwischen den Rayonen IV und V bildende Straße Arabba — Pordoijoch wieder gewonnen worden wäre. Diese neue, wesentlich kürzere und taktisch vorteilhaftere Linie lag aber zum Teil auf italienischem Boden.

Die DOHL., von vorstehender Absicht in Kenntnis gesetzt, erließ nun an das Alpenkorps am 4. Juni einen Befehl, daß „italienisches Gebiet bis auf weitere Anordnung von deutschen Soldaten nicht betreten werden soll“ und „daß beim Zusammentreffen deutscher und italienischer Truppen auf Tiroler Gebiet vorläufig darnach gestrebt werden muß, die Italiener als Angreifer auftreten zu lassen“. Der Grund für diese damals kaum verständliche Maßnahme — lag doch die Behauptung Tirols, des südlichen Vorlandes von Bayern, auch im Interesse Deutschlands — war der, daß sich Deutschland mit Italien noch nicht im Kriegszustand befand, und daß es sich auch nicht des Vorteils, durch die Schweiz mit dem apenninischen Königreiche Handelsverbindungen zu unterhalten, ent-äußern wollte. Das AOK. sah sich bemüßigt, den deutschen Befehl gutzuheißen und führte als weitere Begründung dieser Einschränkung an, daß „im Falle der Eröffnung der Feindseligkeiten durch Deutschland Rumänien vertragsmäßig verpflichtet wäre, gegen uns einzugreifen“.

Diese Einschränkung versetzte das Landesverteidigungskmdo. in eine sehr bitter empfundene Zwangslage und läßt es verständlich erscheinen, daß GdK. Dankl, der jetzt annahm, daß die deutschen Truppen wohl für die Deutschland unmittelbar deckende Brennerlinie, nicht aber für die Behauptung von Südtirol zu kämpfen hätten, als Ersatz für das nur sehr bedingt verwendbare Alpenkorps das k.u.k. XIV. Korps (Innsbruck) erbat. Doch das AOK. war mit Rücksicht auf die Kampflage auf dem russischen Kriegsschauplätze noch nicht in der Lage, dem Ansuchen, das auch aus den Reihen der Truppen gestellt wurde, zu entsprechen, und so mußte Dankl weiterhin in der reinen Abwehr verbleiben.

Auf italienischer Seite hatte von den beiden Südtirol umfassenden Armeen die vom Gen. Brusati befehligte 1. (6V2 Infanteriedivisionen, 4 Bersaglieriregimenter, 16Alpini- und 6 Finanzwachbataillone stark) eine rein defensive Aufgabe. Die 5 Infanteriedivisionen, 6 Alpini-, 3 Ber-saglieribataillone sowie 1 Finanzwachbataillon starke 4. Armee, der ohnehin schon die Offensive gegen Toblach vorgezeichnet war (S. 510), wurde am 22. Mai vom italienischen Höchstkmdo. noch angewiesen, sofort nach der Kriegserklärung wichtige, jenseits der Grenze liegende Punkte als Ausgangsstellung für diesen Angriff in die Hand zu nehmen. Der Führer des I. Korps sträubte sich aber gegen eine Überschreitung der Grenze und von den durch den Führer des IX. Korps vorgeschlagenen Angriffszielen genehmigte der Kommandant der 4. Armee, Gen. Nava, nur die Wegnahme des S. Pellegrinopasses und des Überganges östlich von Va-lazza29), die beide weit vor der österreichischen Verteidigungslinie lagen. Der Armeekommandant fürchtete offenbar durch die Besitzergreifung von Vorpositionen die für die spätere Offensive gebotene Überraschung des Gegners unmöglich zu machen; auch wähnte er, die Besetzung mit zu schwachen Kräften durchführen zu müssen. Hiedurch verscherzte er sich aber die Gunst des Augenblicks, die noch schwach gefügte Dolo-mitenfront gegen Toblach zu durchstoßen.

Obwohl die zwei linken Armeen der Italiener am ersten Kriegstage den 50.000 Tiroler Landesverteidigern 30) 190.000 Gewehre (ohne Heeresreserven) entgegenzustellen hatten, kam es, da sich Freund und Feind vorerst auf die Abwehr zu beschränken dachten, zunächst nur zu untergeordneten Kampfhandlungen. Aus diesen folgerte das italienische Höchstkmdo., daß der Gegner noch nicht imstande oder doch nicht gewillt sei, ernsten Widerstand zu leisten. Da Ähnliches sich auch im Küstenlande begab, forderte es am 27. Mai alle Armeekommandanten auf, aus der Lage Nutzen zu ziehen, den Operationen einen entschiedenen Charakter zu geben und sich rasch jener Stellungen zu bemächtigen, die vom Gegner nicht ernsthaft verteidigt würden. Cadornas Weisungen schlossen mit der Anfeuerung: „Eifer, Offensivgeist und Gewinnung der moralischen Überlegenheit über den Feind31).“ Da der rechte italienische Heeresflügel aber sehr bald vor der österreichischen Isonzofront zum Stehen kam, war dieser Befehl — wie das italienische Generalstabswerk ausführt — nur für die 1. und die 4. Armee anwendbar. Bei der erstgenannten, die sich ohnehin schon in mehreren Abschnitten in der Vorbewegung befand, wurden die Truppen nun angespornt, rasch die Punkte zu gewinnen, die für die dauernde Festhaltung bestimmt waren.

Die Begebenheiten an der Tiroler Westfront und im Rayon „Südtirol“

Die Ende Mai noch sehr ungünstigen Schneeverhältnisse waren offenbar die Ursache, daß die für das Stilfser Joch und für den Tonalepaß bestimmten fünf Alpinibataillone samt drei Gebirgsbatterien zunächst den Befehl erhielten, sich mit der Besetzung einer Linie zu begnügen, die 3 bis 4 km westlich von den mit ewigem Schnee und Eis bedeckten Grenzbergen des Ortlermassivs verlief. Vortruppen sollten den Mt. Scorluzzo besetzen, der die nur im Juli und August schneefreie Straße über das Stilfser Joch beherrscht, und einige zu Scharten führende Fußsteige sperren. Im Tonalegebiet war die Besetzung des gletscherfreien Teiles des nördlich und südlich vom Passe verlaufenden Grenzrückens befohlen worden. Ein Infanterieregiment in Tirano diente als Rückhalt.

Auf österreichischer Seite hatte die im Rayon I stehende 53.HaBrig. außer dem Suldenbachtal auch noch das Münstertal zu bewachen, weil es noch nicht klar war, ob Italien die Neutralität der Schweiz berücksichtigen werde. Das alte Fort Nauders sperrte den weitab liegenden, im Inntal führenden Einbruchsweg. Auch mußte darauf geachtet werden, daß die gegen die Italiener geschleuderten Geschosse nicht das neutrale Schweizer Gebiet erreichen. Aus diesen Gründen und wegen der noch hohen Schneelage erfolgte anfänglich eine gruppenweise Besetzung in der die Reichsgrenze gegen Italien unbewacht lassenden Linie Taufers— Schafberg— Sperre Gomagoi—Innersulden—Firkelescharte.

So kam es im Mai im Ortlergebiet zu keinen Kämpfen. Am 4. Juni jedoch bemächtigte sich eine österreichische Gendarmerie ab teilung durch «inen kühnen Vorstoß des schon auf italienischem Gebiete liegenden Mt. Scorluzzo und versicherte sich hiedurch des Stilfser Joches. Da weiters Schweizer Truppen ihre Grenze bewachten, eine italienische Umgehung über Taufers daher nicht zu fürchten war, wurde die Verteidigungsfront allmählich und ohne feindliche Gegenwirkung in die vordere, allerdings viel höher gelegene Linie Stilfser Joch—Mt. Scorluzzo—Naglerspitze vorverlegt, in der sie bis zum Kriegsende verblieb x).

Im Abschnitt II sperrte die 54. HaBrig. die Täler Val del Monte und Val di Sole in Anlehnung an das alte Werk Pejo und die teilweise modernisierte Fortgruppe Tonale. Abgesehen von einem mißglückten

*) Lempruch, Der König der deutschen Alpen und seine Helden (Stuttgart 1925), 13 f.

Versuche der Italiener, am 9. Juni den Paradisopaß (südlich vom Tonale) zu nehmen, verlief die Zeit bis zum Ende dieses Monates kampflos.

Die Nachricht vom Eintreffen deutscher Truppen in Tirol ließ das italienische 1. Armeekmdo. vor einem Vorstoß ins obere Adda- und Ogliotal bangen. Deshalb wurden am 5. Juni das Kommando der 5. ID-und ein zweites Infanterieregiment nach Edolo verlegt1).

Den wichtigen Rayor. ,,Südtirol“ mit seinen zahlreichen bei Trient zusammenlaufenden Einbruchswegen verteidigte die 91. ID., deren Befehlshaber anfänglich der Festungskommandant von Trient, FML. EdL v. Guseck, war. Nach dem Eintreffen Dankls in Innsbruck übernahm FML. Koennen-Horák (S. 289) die Befehlsgebung im Rayon III.

Zwischen der Adamellogruppe und dem Gardasee verteidigten die 50. HaBrig. und die Besatzung der Festung Riva den Einbruchsweg durch die Judicarien. Während die schmalen, das Gletschermassiv des Adamello überquerenden Gebirgspfade, die alle im Val di Genova mündeten, nur beobachtet wurden, sperrte eine mehr oder weniger zusammenhängende Verteidigungslinie auf den Nordhängen des Val di Daone, die sich an die moderne Sperre Lardaro anlehnte und gegen Osten hin das Val di Concei bogenförmig umschloß, die von Storo gegen Nordosten führenden Einbruchswege. Die Festung Riva, deren Anlagen ihr rühriger Kommandant,. GM. Schiesser, in der hier klimatisch günstigen Winterszeit noch erweitern und verstärken hatte lassen, sollte feindliche Landungen vom Gardasee her und einen etwaigen Vormarsch im Sarcatal verhindern.

Die im Raume zwischen dem Mt. Listino und dem Gardasee äußerst vorsichtig vorgehende italienische 6. ID., die noch durch ein Bersaglieri-regiment und drei Alpinibataillone verstärkt war, begnügte sich mit der Besetzung der von der Landesverteidigung freiwillig aufgegebenen Grenzhöhen südwestlich vom Val Daone, von Condino und der Südhänge des Val Ampola und des Valle di Ledro. Das weite Abbleiben der Italiener bot der 50. HaBrig. und der Besatzung von Riva die sehr willkommene. Möglichkeit zu ungestörtem Ausbau der Verteidigungslinien.

Der Schutz des Etschtales war der 181. IBrig. anvertraut, die hiezu beiderseits des Südrandes von Rovereto eine Verteidigungsstellung bezogen hatte. In ebenso behutsamer Weise wie die italienische 6. ID. gingen im Raume zwischen dem Gardasee und dem Vallarsa eine Brigade der Besatzung von Verona und Teile der 9. ID. vor. Das Maß der zaghaften Vorbewegung wird dadurch beleuchtet, daß es 170 österreichischen Gen-

darmen und Landstürmern am 27. Mai, also am vierten Kriegstage, bei der nur 10 km von der Grenze entfernten Stadt Ala gelang, zwei feindliche Bataillone und eine Batterie den ganzen Tag aufzuhalten. Erst am 5. Juni waren die Italiener auf Geschützertrag vor der österreichischen Etschtalsperre angelangt, wo sie sich festsetzten.

Wesentlich lebhafter gestalteten sich die Ereignisse auf der Hochfläche von Folgaria und Lavarone, deren Sperrwerke von den italienischen nur auf Kanonenschußdistanz entfernt lagen. Die österreichischen / Forts waren aber, weil ursprünglich nur für die vorübergehende Sicherung dieses offensiven Zwecken dienenden Sammelraumes bestimmt, nach Panzerung und Armierung den feindlichen sehr unterlegen. Für die mobile Verteidigung der Hochfläche waren anfänglich die 51.HaBrig.,nach ihrer Verschiebung in die Dolomiten vom 28. Mai an die von Innsbruck herangeführte 180. IBrig. bestimmt.

Von italienischer Seite gingen gegen diese befestigte Hochfläche vom

V. Korps die Masse der 9. und die halbe 34. ID. nebst vier Alpinibatail-lonen vor. Die Bestimmung weiterer Ziele war erst nach Niederkämp-fung der Forts durch die italienische Artillerie in Aussicht genommen1).

Schon am 24. Mai eröffnete die italienische Werksartillerie das Feuer, das sich vom nächsten Tage an zu großer Heftigkeit steigerte. Besonders wurden die vier Forts östlich von Lavarone, dann aber auch die Feste Serrada mit 15 cm- und 28 cm-Bomben belegt. Schwere, die Verteidigungsfähigkeit der Werke beeinträchtigende Schäden waren die Folge, und nur mit Mühe konnten nachtsüber teilweise Ausbesserungen vorgenommen werden. Kritisch wurde die Lage, als am 28. der Kommandant des Werkes Lusern in einer Anwandlung von Schwäche die weiße Fahne hissen ließ. Doch schlagartiges Einsetzen des Feuers vom Nachbarstützpunkt und energisches Eingreifen der im freien Felde stehenden Kommandanten beseitigten rasch die Gefahr einer ungerechtfertigten Übergabe des Werkes.

Nach sechstägigem Bombardement schritten die Italiener zum Angriff. Ihr erster Vorstoß galt am 30. Mai dem Abschnitt Verle—C. di Vezzena; dieser Angriff brach aber vor den heldenmütig ausharrenden Tiroler Landstürmern und Standschützen zusammen, die von der Werksartillerie wirksam unterstützt wurden. Doch auch anfangs Juni zeigte sich der Feind sehr rührig und war bestrebt, sich im Vorfelde unserer Werke festzusetzen, um den von ihm besorgten Vorstoß öst.-ung. Kräfte noch vor der Zone der italienischen Befestigungen aufzufangen 2).

1)    Ital. Gstb. W., II, Text, 147.

2)    Tosti, 117.

Das Eintreffen schwerer Artillerie, darunter auch einer 30.5 cm-Mörserbatterie, befähigte die 180. IBrig. im Juni, die italienische Werksgruppe auf Campomolon und Mt. Toraro wirksam zu bekämpfen. Die Dämpfung des feindlichen Feuers wurde zur Umgestaltung der vor den Werken von Lavarone liegenden Feldwachen in eine durchlaufende Verteidigungslinie ausgenützt, so daß just in jenem einzigen Raume, in dem die Italiener ernsthaft angriffen, unsere Stellung sogar vorverlegt wurde.

Das verhältnismäßig breite Suganatal wurde in gegen Westen weit zurückgezogener Lage zwischen der feldmäßigen Befestigung auf Sommo und den alten Sperrwerken Tenna und Colle delle bene, weiters auf der zum Kreuzspitz sich hinziehenden Höhenlinie gesperrt. Da die italienische 15. ID. nur äußerst behutsam vorrückte und sich nach der ersten Juniwoche erst Agnedo näherte, stand die den Suganatalabschnitt schützende 52. HaBrig. mit Sicherungstruppen bis Ende Juni noch weit vor ihrer Verteidigungsstellung.

Die Festung Trient wurde weiter ausgestaltet und durch verschiedene Verbindungslinien mit den nähergelegenen Grenzabschnitten des Rayons III verbunden. Hiedurch wäre es bei Verlust eines Teiles der vorderen Linien möglich gewesen, dem Feinde eine neue Verteidigungsfront entgegenzustellen.

Die Verteidigung der Dolomitenfront

Die Südostflanke von Tirol wurde auf dem Kamm der Fassaner Alpen, auf den Gebirgsstöcken der eigentlichen Dolomiten und auf dem Westteil des Karnischen Kammes verteidigt. Die vor dieser Verteidigungsfront liegenden Beckenlandschaften von Fiera di Primiero (das Primör genannt) und von Cortina d’Ampezzo wurden freiwillig aufgegeben. Den Rayon IV, das waren die Fassaner Alpen vom Kreuzspitz bis einschließlich des Pordoijoches, beschirmte anfänglich die 55. GbBrig. Wenige Tage nach Kriegsbeginn wurde im nördlichen Abschnitt die bisher in Bozen gestandene 179. IBrig. eingesetzt. Über beide Brigaden übernahm das 90. IDKmdo. den Befehl. Im Rayon V, der den Dolomitenabschnitt vom Pordoijoch bis zum Hochspitz umfaßte, stand anfänglich die 56.GbBrig. Sie stützte sich auf die Werke Tre Sassi, Plätzwiese, Landro und Sexten, ließ aber die beiden alten, östlich vom Pordoijoch gelegenen Sperren Ruaz und Corte vor der Front. Am 8. Juni wurde der Rayon V dem in Bruneck neu aufgestellten Kommando der Division „Pustertal“ untergeordnet und im Westteile dieses Grenzabschnittes die zum Teil aus der 51. HaBrig. entstandene 51. GbBrig. gebildet. Da das Alpenkorps für einen Gegenstoß nicht in Betracht kam, hatte GdK. Dankl, um den Führer des Alpenkorps, GLt. Krafft, in der Verteidigungsfront zu verwenden, diesem schon am 6. Juni das Kommando über die beiden Rayone IV und V übertragen, worauf Krafft die Mehrzahl der deutschen Truppen zunächst gruppenweise zwischen Cavalese und Bruneck als Reserve aufstellte x).

Im Sinne der vom Landesverteidigungskmdo. erteilten Weisung und in Berücksichtigung der von der DOHL. verfügten Einschränkung befahl GLt. Krafft am 11. Juni: „Die Verteidigung der Grenzstellungen, möglichst aus eigener Kraft, ist in der Hauptsache Aufgabe der österreichischen Abschnittsbesatzungen. Das Alpenkorps ist Reserve des Landesverteidi-gungskmdos. Wenn ihm mit dem Hauptteile die Verteidigung Südosttirols übertragen wurde, so lag dem die Absicht zugrunde, den dort erwarteten starken Angriffen, sobald sich die Hauptangriffsrichtung ausgesprochen und der Feind sich an unsere Stellungen festgebissen hat, möglichst mit kräftigem Gegenangriffe entgegenzutreten . .

Der vom Verteidiger erwartete starke Angriff blieb aber aus. Wohl hatte Cadorna dem Führer der italienischen 4. Armee den strikten Auftrag erteilt, Toblach zu nehmen; Gen. Nava hatte aber die ersten Kriegstage fast tatenlos verstreichen lassen. Auf Cadornas aneifernden Befehl vom 27. Mai (S. 516) ließ er am 28. den Tre Crocipaß östlich von Cortina d’Ampezzo und am 29. diesen Ort selbst besetzen. Erst am 1. Juni befahl er dem IX. Korps, sich mit der 18. ID. — bei Festhaltung des Pellegrinosattels — des vom Gegner gar nicht besetzten Mt. Migogn (westlich von Caprile) und mit der 17. ID. der Sperre Tre Sassi zu bemächtigen. Das I. Korps hatte mit der 2. ID. den Falzaregopaß und nördlich von Cortina die österreichischen Verschanzungen bei Son Pauses, mit der 10. ID. die Sperren Plätzwiese, Landro und Sexten anzugreifen 2).

Beim italienischen IX. Korps nahmen die Vorbereitungen viel Zeit in Anspruch. Erst am 18. Juni ging die 18. ID. im Raume zwischen dem S. Pellegrinotale und dem Fedajapaß gegen die 179. IBrig. zum Angriff vor. Der hartnäckige Kampf, in den auch einzelne deutsche Kompagnien eingriffen, endete noch am selben Tage mit einem vollständigen Mißerfolg der Italiener. Die 17. ID. begnügte sich mit Erkundungsvorstößen.

Frühzeitiger als die 18. ID. schritt die 2. Division des I. Korps an

1)    Bayerisches Kriegsarchiv, Die Bayern im Großen Kriege 1914—1918 (München 1923), 212.

2)    Ital. Gstb. W., II, Text, 131 f.

die Durchführung ihrer Aufgabe. Am 9. Juni gingen etwa vier Bataillone gegen Son Pauses und die beiderseits anschließenden Stellungen vor; östlich von Son Pauses wurden sie von einer durch Standschützen verstärkten Kompagnie des X. Marschbataillons des IR. 14 zurückgetrieben. Ein italienisches Bataillon, das in das Fanestal einzudringen versuchte, wurde von einer Kompagnie der Vierzehner und einer deutschen Kompagnie in wechselvollem Fechten zum Rückzug gezwungen. Die Italiener vermochten sich jedoch auf dem ColRosa festzusetzen und bedrohten hiedurch die Verbindung in das Travenanzestal. Vier Tage später wurde der Angriff im ganzen Frontteil zwischen Tre Sassi und Son Pauses wiederholt. Vorübergehende Erfolge der Italiener wurden von den tapferen Verteidigern wettgemacht, die sich auf den Westhängen der Tofana I auch mit Steinlawinen wehrten. Auch die am 14. gegen S. di Stria und am 15. am Falzaregopaß unternommenen Vorstöße brachten den Italienern keinen dauernden Raumgewinn.

Weiter östlich verharrte die italienische 10. ID. in kaum verständlicher Untätigkeit. Sie begnügte sich mit der Einbeziehung einiger Höhenpunkte des Drei Zinnenmassivs in ihre Stellungen, verabsäumte aber die Besetzung des vom Verteidiger anfänglich freigegebenen Kreuzbergsattels.

Ungleich rühriger waren die Verteidiger. Am 7. Juni überrumpelten Kaiser- und Standschützen die Alpini auf dem Mt. Piano, besetzten den Nordhang und verbesserten hiedurch ganz wesentlich die Verteidigungsverhältnisse am Südausgange des nach Toblach führenden Höhlensteintales. Am 23. Juni wurde die Abwehrfront im Sextentale, die bis dahin in der Linie der Sperrwerke lag, gegen den Kreuzbergsattel hin durch Besetzung des Burgstall, Seikofl und Eisenreich vor verlegt. Auch auf dem Karnischen Kamm bedeutete die am 2. Juni erfolgte Besitznahme der Cima dei Frugnoni und der Pfannspitze eine Besserung der ohnehin so außerordentlich schütter besetzten Verteidigungsfront.

Die Frühjahrskämpfe in Tirol zeitigten für beide Gegner keineÄnde-rung der Lage und der Kräfteverteilung. Die rührigen Landesverteidiger hatten jedoch durch ihre zahlreichen kleineren, aber kühnen Unternehmungen, die des Raummangels halber hier nur zum geringsten Teile Erwähnung finden können, die stolze Überzeugung gewonnen, daß sie dem mehrfach überlegenen Feinde mit Erfolg die Stirne zu bieten vermochten. Sie waren entschlossen, jeden Schritt heimatlichen Bodens nachhaltig zu verteidigen.

Die Italiener hatten trotz ihrer dreifachen Überlegenheit nur jene Gebiete in Besitz nehmen können, die das Landesverteidigungskmdo. planmäßig freiwillig aufgegeben hatte, dies selbst dort, wo die 4. Armee eng massiert zum Angriff auf Toblach bereitgestellt war. Das Unterbleiben dieses Vorstoßes hat den strategischen Offensivplan Cadornas um eine grundlegende Voraussetzung ärmer gemacht und war sicherlich von nachteiliger Rückwirkung auf die Kämpfe der italienischen Streitkräfte im benachbarten Kärntner Abschnitt.

Die Ereignisse an der Kärntner Front vom 23. Mai bis Anfang Juli 1915

Die ersten Grenzkämpfe und der Aufmarsch des k.u.k. VII. Ko r p s bis Ende Mai

Hiezu Beilage 26 sowie Skizzen 31 und 32

Als GdK. Rohr am 22. Mai seinen nunmehr verringerten Wirkungskreis als Armeegruppenkommandant des Hauptrayons Kärnten übernahm, fiel ihm die Aufgabe der unbedingten Behauptung des Karnischen Kammes und der Kärntner Sperren zu. Hiezu plante er, das Vordringen der Italiener schon in den Grenzstellungen aufzuhalten; im Falle der Unmöglichkeit sollte wenigstens die feindliche Vorrückung gegen das Innere des Landes verzögert werden. An Streitkräften waren dem General die in Kärnten aufgestellte 92. ID., FML. v. Langer, und die bei Lienz als Reserve und Verbindungsgruppe mit Tirol stehende 57. HaBrig., GM. Lanzinger, weiters das von Galizien nach Villach anrollende VII. Korps, GdK. Erzherzog Joseph (20. HID. und 17. ID.), und die bei der 4. Armee neuformierte, auf der Tauernbahn heranbeförderte 59. GbBrig., GM. Fernengel, unterstellt (S. 410).

Am 23. Mai noch in Wien weilend, teilte Rohr seinen Grenzrayon in zwei Abschnitte und wies den westlichen, von der Tiroler Grenze bis zum Kanaltal reichenden, dem Erzherzog Joseph zu, der mit der 183. IBrig. der 92. ID., der 57. HaBrig., der 59. GbBrig. und der 17. ID. zunächst auf dem Karnischen Kamm, in zweiter Linie auf den Gailtaler Alpen hartnäckigen Widerstand leisten sollte. Den Grenzraum südlich des Kanaltales bis zum Krn und die Kärntner Sperren hatte FML. Langer mit der 184. IBrig. seiner Division und der 20. HID. zu verteidigen. Insbesondere wurde ihm die Behauptung des Raumes um Tarvis ans Herz gelegt, dann die Verhinderung eines italienischen Einbruches in das obere Savetal sowie eines solchen aus dem Gailtal oder über den Wurzenpaß gegen Villach, wozu die nach Arnoldstein anrollende 20. HID. bei Tarvis und Feistritz a. d. Gail entsprechend gruppiert werden sollte. Der Gruppe Erzherzog Joseph wurde überdies noch die Unterstützung der Nachbargruppe in Tirol oder bei Tarvis aufgetragen. Für den immerhin möglichen Fall eines Durchbrechens des Feindes bis gegen Oberdrauburg hätte die Streitmacht des Erzherzogs nach Osten zurückschwenken und im Anschluß an die von der Gruppe Langer unter allen Umständen zu behauptenden Kärntner Sperren zum Schutze der Tauernbahn neue Stellungen in der Linie Ober-vellach (im Gailtal)—Weißensee—Sachsenburg—Iseltal beziehen sollen.

Als GdK. Rohr am 23. Mai nachmittags von der italienischen Kriegserklärung Kenntnis erhielt, mußte ihm ernstlich ob der Durchführbarkeit seines wenige Stunden vorher erlassenen Befehles bangen, denn die ihm anvertraute, fast 100 km lange Grenze war zur Stunde nur von den beiden Brigaden der 92. ID. und zwei Bataillonen sowie einer Batterie der 57. ID. besetzt. Im Westabschnitt hielt auf dem Karnischen Kamm von der Tiroler Grenze bis zum Schinouz die 183. IBrig., GM. Gössmann, Wacht. Hoher Schnee und das Streben, den Italienern jeden Anlaß zu Klagen über feindselige Maßnahmen zu nehmen, hatten der Anlage von Befestigungen an der auf der Kammlinie verlaufenden Grenze bisnun entgegengestanden. Nur etwa 1 km nördlich vom engen Plöckenpaß sperrte eine feldmäßige Befestigung den einzigen fahrbaren Übergang. Östlich vom Findenigkofel, von wo an der niedriger werdende Kamm von der Reichsgrenze zurücktrat, hatten die Truppen an den das Gebirge übersetzenden Saumwegen einige flüchtige Schützengräben angelegt. Weiter nördlich jedoch waren alle Gail- und Draubrücken sowie die Paßhöhen der Gailtaler Alpen durch schon fertiggestellte Stützpunkte geschützt.

Günstigere Verhältnisse hatte die den Abschnitt Schinouz—Krn verteidigende 184. IBrig., GM. Jaschke, da sie sich auf die die Tal- und Paßstraßen schützenden permanenten Sperren von Malborgeth, Raibl und Flitsch stützen durfte. Wohl waren auch diese Forts größtenteils des-armiert worden, aber eben durch die Aufstellung der Werkgeschütze in nahegelegene Feldstellungen war ein besserer Schutz des Zwischengeländes erzielt worden. Dürftig war die technische Ausgestaltung des zur Verteidigung ausersehenen und von Natur aus starken Abfallrückens, der von Flitsch zum Krn hinanstieg. An Reserven standen für den ganzen Hauptrayon Kärnten anfänglich nur die schwache 57. HaBrig. in Lienz und neun des festen Gefüges noch sehr entbehrende Bataillone freiwilliger Kärntner Schützen bei Villach. Von den anrollenden Verstärkungen war die 59.GbBrig. am 24. in Oberdrauburg, die Spitze der 20. HID. am selben

Tag in Arnoldstein zu erwarten, während die Anfänge der 17. ID. erst am 27. bei Oberdrauburg und Hermagor eintreffen konnten.

Gen. Lequio, der Befehlshaber der an der Kärntner Grenze aufmarschierten italienischen „Karnischen Gruppe“ (ZonaCarnia) hatte seine 31 Bataillone, 1 Schwadron und 13 Batterien starke Streitmacht zur Durchführung ihrer ersten, die Niederkämpfung der Kärntner Sperren umfassenden Aufgabe gleichfalls in zwei Untergruppen geteilt1). Der westlichen

— „But-Degano“ genannt — fiel die Besitznahme des Karnischen Kammes zu, auf dem sie den von der östlichen „Fella“-Untergruppe einzuleitenden belagerungsmäßigen Angriff gegen die österreichischen Sperrbefestigungen decken sollte2). Die Fellagruppe hatte überdies gegnerische Truppenverschiebungen von Tarvis über Predil—Flitsch in das Isonzotal zu verhindern, in welche Aufgabe sie sich mit dem gegen den Krn vorgehenden

IV. Korps der 2. Armee teilte. Nach erfolgter Niederkämpfung der österreichischen Sperren war der Karnischen Gruppe der Einbruch in die Becken von Tarvis und Villach zugedacht. Von hier aus hätte sie dann — im Tale der Wurzner Save vorrückend — die Offensive der 2. und der

3. Armee gegen Laibach unterstützen oder durch Vormarsch im Gail- und Drautal gegen Westen der 4. Armee bei der Besitzergreifung von Toblach helfen sollen3).

Diesen Weisungen entsprechend traten die Bataillone Lequios am

24. vorsichtig die Vorbewegung an, wobei die westlichste, beiderseits des Plöckenpasses vorrückende Kampfgruppe alsbald auf die an der Grenze stehenden schwachen österreichischen Truppen der 183. IBrig. stieß. Dank ihrer Übermacht und ihrer Gebirgsvertrautheit vermochten die Alpini sich nach hartem Kampf zahlreicher beherrschender Grenzhöhen zwischen dem Lahner Joch und dem Findenigkofel zu bemächtigen (Skizze 31). Am Lahner Joch warf ein schneidiger Gegenstoß die Italiener allerdings rasch wieder ins Tal und beim Wolayer See mußte sich der Feind mit dem Seekopf und der Paßscharte begnügen, denen gegenüber der Verteidiger am Nordufer des kleinen Gebirgssees und am Südhang des Rauchkofels eine neue feste Stellung bezog. Kritischer gestaltete sich die Lage im Plöckengebiet, da der Feind hier im ersten Anlauf die nur sehr schwach besetzten Höhen des Kleinen 4) und des Großen Pal, dann das Promoser

!) T o s t i, 124. — Im Juni traten noch 12 schwere Batterien zur Karnischen Gruppe (Ital. Gstb. W., II, Text, 288).

2)    Ital. Gstb. W., II, Dokumente, 104.

3)    Ital. Gstb. W., II, Text, 60.

*) Das Ital. Gstb. W., II, Text, 61, führt an, daß die Italiener am 24. vom Kl. Pal vertrieben wurden und diese Höhe erst am 26. Mai wieder besetzten.

Törl gewann, während zwischen den beiden Pal, auf dem Freikofel, eine Kompagnie des steirischen LstMaBaons. 10 festgeklammert blieb.

Südlich des Kanaltales bemächtigten sich die Italiener des vor der österreichischen Verteidigungsstellung befindlichen, freiwillig aufgegebenen Geländes und eröffneten aus noch auf italienischem Boden stehenden Batterien auf die Sperrwerke Malborgeth und Predil ein wirkungsloses Feuer. Noch zögernder rückten die Italiener durch das Ucea- und das oberste Isonzotal gegen Flitsch vor, gegen das sie erst am 29. den ersten Kanonenschuß lösten.

Nach dem Eintreffen der 59. GbBrig. am 24. Mai wurde ihrem Kommandanten, GM. Fernengel, der westliche Abschnitt des Armeegruppenbereiches bis einschließlich des Promos überwiesen, während GM. Göss-mann den östlichen Abschnitt bis zum Kanaltal beibehielt. GM. Fernengel war sofort entschlossen, der Gefahr, daß der Feind, in das Angerbachtal vorstoßend, die Plöckenstraße gewänne, durch Rückeroberung der Grenzhöhen zwischen Plöckenpaß und Promoser Törl zu steuern. Vorerst aber mußten seine Truppen mit Gebirgsausrüstung versehen werden.

Als GdK. Rohr am 25. nachmittags in St. Veita. d. Glan ankam, wohin das Armeegruppenkmdo. verlegt wurde, konnte er mit Freude feststellen, daß der Feind die befürchtete Vorrückung gegen das Gailtal nicht angetreten hatte, sondern die gewonnenen Grenzhöhen befestigte und sich bloß um weitere Grenzpositionen bemühte. So besetzte er noch die Höhen Promos, Hoher Trieb und Findenigkofel, während ihm die Eroberung des Plöckenpasses und zunächst auch der südlich des Kanaltales gelegenen Zweispitzenscharte mißlang. Dieses zaghafte Verhalten der Italiener wird durch die Auffassung des Gen. Lequio erklärlich, der selbst eine kurze Vorrückung der Fellagruppe vor Niederkämpfung der österreichischen Sperren für „wenig günstig“ erachtete, während er es für den But-Deganoabschnitt schon als ein „wichtiges Ergebnis“ bezeich-nete, „die Grenzlinie gegen den heftigen und andauernden gegnerischen Druck zu behaupten“1). Immerhin verlebte das Armeegruppenkmdo. Rohr noch bange Stunden und Tage, denn der Feind konnte dank seiner Übermacht fast ungehindert ins Gailtal vorstoßen. Wohl rollte jetzt auch das VII. Korps in Kärnten ein, von dem am 24. die 20. HID. bei Arnoldstein und am 27. die 17. ID. bei Kötschach einzutreffen begannen. Doch auch diese Truppen mußten erst mit Gebirgsausrüstung, vor allem mit Bergschuhen und Tragtiertrains, versehen werden. Als Erschwernis trat noch hinzu, daß diesen meist der ungarischen Tiefebene entstammenden Regi!) Ital. Gstb. W., II, Text, 125.

mentern, namentlich der Honvéd, der Krieg im Hochgebirge noch völlig fremd war.

Die Untätigkeit der italienischen Karnischen Gruppe hielt noch an, als Erzherzog Joseph am 27. nachmittags in Oberdrauburg eintraf, wo er zunächst sein Hauptquartier aufschlug. Er stimmte mit GM. Fernengel darin überein, daß zur Behauptung des wichtigen Plöckenpasses ehestens der Kl. und der Gr. Pal rückerobert werden müßten und nahm auch in Aussicht, hiezu Teile der 17. ID. zu verwenden. Diese vom FML. Gelb befehligte Division sollte hiezu — unter Zurücklassung eines Regiments bei Oberdrauburg — mit der Masse ins Gailtal verlegt werden. Um sie für den Gebirgskrieg elastischer zu gestalten, wurde aus dem IR. 39, dem Bataillon 11/37 und entsprechender Artillerie die 57. GbBrig. unter Obst. Freih. v. Henneberg formiert, die am 2. Juni auf dem Grenzkamm im Abschnitt Promos—Hochwipfel zwischen der 59. GbBrig. und der 183. IBrig. eingesetzt wurde. GM. Lanzinger, der vorübergehend mit dem Kommando des äußersten Westabschnittes beiderseits des Mt. Peralba betraut war, übernahm nach Auflösung seiner Halbbrigade den Befehl über die 34. IBrig. Von der 20. HID. war vorübergehend ein Regiment ins Gailtal bis Vorderberg vorgeschoben worden, um bis zum Eintreffen der 17. ID. den Verteidigern des Karnischen Kammes im Bedarfsfalle beispringen zu können. Doch diese Nötigung sollte sich nicht ergeben, denn die Italiener blieben weiter untätig und versäumten die letzte Frist zum Vorstoß in das Tal.

Am 29. Mai begann der Gegenschlag der 59. GbBrig. mit einem Angriff gegen den vom Feinde besetzten Teil des Freikofels, wobei nach wechselvollen Kämpfen die westliche Gipfelhöhe behauptet wurde. Den gleichen Verlauf nahm am nächsten Tag ein Unternehmen gegen den Gr. Pal, durch das gleichfalls nur die Westhälfte dieses Grenzberges erobert werden konnte. Immerhin hatte das Armeegruppenkmdo. nun schon die feste Zuversicht gewonnen, daß es mit seinen jetzt täglich stärker werdenden Streitkräften und gestützt auf die Heimatsliebe und die Opferwilligkeit der Kärntner Bevölkerung einen Einbruchsversuch des Feindes werde Zurückschlagen können.

Bei der Brigade Fernengel waren die nächsten Tage mit Kämpfen um die Behauptung der wenigen Eroberungen ausgefüllt, wobei die von den Höhenspitzen geleitete italienische Artillerie empfindlich fühlbar wurde. An ein Vertreiben der italienischen Höhenbesatzungen war aber

*) Das X. MaBaon. IR. 14 und die Batterie wurden der im Pustertal stehenden 56. GbBrig. überwiesen, das Standschützenbataillon verblieb zunächst in Lienz.

nicht zu denken, bevor die 17. ID. ihre Verwendbarkeit im Gebirge erlangt hate.

Im Abschitt FML. Langer (Skizze 32) war die 20. HID., GM. Edl. v. Nagy, bis 29. Mai vollständig eingetroffen und stand mit der 39. HIBrig. bei Arnoldstein und Vorderberg, mit der 81. HIBrig. bei Tarvis. Von letzterer wurden zur Verstärkung der 184. IBrig. je ein Bataillon nach Malborgeth, Raibl und Flitsch vorgeschoben. Während sich die letzten Maitage zwischen Malborgeth und Flitsch — abgesehen von der fast kampflosen Besetzung des Zweispitzes und des Mittagskofels durch die Italiener — wenig ereignisreich gestalteten, war der Feind gegenüber dem Südflügel der Armeegruppe rühriger und fühlte mit etwa drei Alpinibataillonen gegen den Rücken Vršič—Vrata—Krn vor, der von Teilen eines der 184. IBrig. zugewiesenen bosnischen Bataillons der 57. ID. besetzt war. GM. Perneczky, Kommandant der 81. HIBrig., wurde deshalb am 29. Mai mit der Befehlsgebung im Flitscher Abschnitt betraut und traf eben mit dem ersten gebirgsmäßig ausgerüsteten Honvédbataillon hier ein, als am 31. im Morgengrauen Alpini sich im überraschenden Angriff der Höhen Vršič und Vrata bemächtigten. Eiligst wurde nun das HIR. 4 über den Mojstrovkapaß dem GM. Perneczky nachgesendet, während GdK, R.ohr die Masse der 20. HID. (zwei Infanterieregimenter und Artillerie) noch im Raume Tarvis—Arnoldstein—Vorderberg zu seiner Verfügung zurückbehielt. Er war gewillt, die im Feindbesitz befindlichen Grenzhöhen östlich des Plöckenpasses und die eben verlorene Rückenlinie nördlich des Krn zurückzugewinnen und den italienischen Angriff gegen die permanenten Sperrbefestigungen möglichst zu erschweren. Hiezu trug er sich sogar mit dem Gedanken eines Angriffes auf die Höhen Zweispitz, Mittagskofel und Köpfach, um die Aufstellung von für die Bekämpfung Malborgeths bestimmter italienischer schwerer Artillerie im Dognatale zu vereiteln.

Die nun einsetzenden Kämpfe zur Säuberung des Karnischen Kammes und die Gefechte im Krngebiet bildeten den Inhalt des ereignisreichen Juni an der Kärntner Front.

Die Kämpfe auf dem Karnischen Kamm von Anfang Juni bis Anfang Juli Hiezu Skizze 31

Nur zu langsam für die Ungeduld der Führer vollzog sich die Ausrüstung der 17. ID. für den Gebirgskrieg. Die nächste gebirgsverwen-dungsfähig gewordene Truppe, das IR. 43, wurde samt entsprechender

Artillerie am 5. Juni unter Befehl des 34. IBrigKmdos., GM. Lanzinger, statt der 183. IBrig. zwischen Hochwipfel und Schinouz in die Front gestellt. Hier hatte sich der Feind bisnun mit dem Vortreiben von Sicherungsabteilungen bis an den die Reichsgrenze bildenden Pontebbanabach begnügt und unterließ auch weiterhin eine Vorrückung oder gar einen Angriff gegen unsere Höhenstellungen. Die abgelöste 183. IBrig. gelangte als Armeegruppenreserve nach Hermagor.

Unterdessen hatte Gen. Lequio die Truppen seines westlichen Abschnittes zur Wegnahme des Freikofel, des letzten im Plöckenabschnitt noch im österreichischen Besitz verbliebenen Grenzberges, angespornt. Nach Zuführen von Verstärkungen, was den wachsamen Verteidigern jedoch nicht entgangen war, griffen am 6. Juni früh überlegene italienische Kräfte den Freikofel an. Mit Mühe klammerten sich die hier kämpfenden Teile der 59. GbBrig. an die ihnen schon halb entrissene Höhe. Dem tatkräftigen Eingreifen des Brigadiers, GM. Fernengel, und der Tapferkeit der wenigen hier fechtenden Kompagnien war es zu danken, daß der italienische Ansturm am Abend zurückgeschlagen werden konnte. Um die Befehlsgebung im gefährdeten Grenzraum in eine Hand zu legen, übertrug das VII. Korpskmdo. den ganzen Abschnitt von der Tiroler Grenze bis zum Hochwipfel dem Führer der 17. ID., FML. Gelb, dem nun die 59. und die 57. GbBrig. sowie das IR. 46 unterstanden. Nach vollendeter Ausrüstung der noch im Gailtal als Korpsreserve stehenden 33. IBrig. plante Erzherzog Joseph sogar einen Vorstoß vom Promos gegen den Mt. Paularo, um hiedurch die auf den Grenzhöhen östlich des Plöckenpasses befindlichen Italiener zum Rückzug zu zwingen.

Am 7. Juni erneuerten die Italiener ihren Ansturm, der jetzt auch auf den Plöckenpaß und dessen westlichen Eckpfeiler Übergriff. Sie wurden vollends abgeschlagen, wobei die 17. ID. allerdings alle ihre Verfügungstruppen auf brauchte, so daß ihr Teile der Korpsreserve zugewiesen werden mußten. Für den nächsten Tag faßte GM. Fernengel alle an anderen Stellen entbehrlichen Kräfte zusammen, um dem Feinde die ganze Gipfelfläche des Freikofel und den westlich anschließenden Hang zu entreißen. Nach schwerem Kampf, der mehrfach über die Höhe hin und her wogte, gelang es bei Einbruch der Dunkelheit, den Freikofel -diesmal dauernd — in den Besitz der 59. GbBrig. zu bringen1).

*) Die von vorstehender Darstellung abweichende Ausführung des Ital. Gstb. W., J II, Text, 128, wonach der Freikofel nach den vom 6. bis 10. Juni währenden wechselvollen Kämpfen schließlich im italienischen Besitz geblieben sei, ist nach den im Kriegsarchiv erliegenden Feldakten nicht zutreffend.

Der von der 17. ID. erwartete italienische Gegenhieb blieb aus. Dafür griff der Feind in den nächstfolgenden Tagen am Wolayer See und im Gebiet des Mt. Peralba heftig an. Bei jenem gelang es ihm, in der Paßscharte einige örtliche Vorteile zu erringen. Am Mt. Peralba jedoch vermochten unsere Truppen nicht nur die Alpini zurückzuschlagen, sondern im Nachstoß am 11. sogar den schon auf italienischem Gebiet befindlichen und einen vorzüglichen Überblick gewährenden Gipfel zu besetzen. Östlich des Plöckenpasses wurden die tapferen, aber sehr ermüdeten Verteidiger des Freikofels durch Bataillone der Korpsreserve abgelöst.

Einem Antrage des GM. Fernengel auf schrittweise Säuberung des Grenzrückens entsprechend, wurde nun die Wegnahme des Kl. und des Gr. Pal, des Promoser Törls und allenfalls der östlich anschließenden Grenzhöhen bis zum Findenigkofel ins Auge gefaßt. Am 14. wurde das wohl vorbereitete und artilleristisch gut unterstützte Unternehmen auf den von zwei Finanzbataillonen besetzten Kl. Pal mit vollem Erfolg durchgeführt. Zur selben Zeit eroberte eine initiativ vorbrechende Nachbargruppe den Gr. Pal!). Nach Abwehr zahlreicher Gegenangriffe sollten am 16. die noch auf dem Hang zwischen Kl. Pal und Freikofel angeklammerten Alpini vertrieben werden. Doch dieser, über wild zerklüftete Felshänge geführte Angriff brachte den mit dem Gebirgskrieg doch noch sehr unvertrauten Söhnen der ungarischen Ebene keinen Erfolg. Allerdings ernteten auch die Italiener in den folgenden acht Tagen bei ihren zahlreichen Gegenangriffen, wobei abwechselnd der Kl. Pal, der Gr. Pal oder der Freikofel Ziel ihrer opferreichen Bestrebungen waren, keinen Gewinn; erst am 24. begannen sie sich mit der neuen Lage abzufinden. Nun nahmen auch unsere Verluste ab, die bisher aus Mangel an ausgebauten Stellungen an manchen Tagen sogar größer waren, als bei den erfolgreichen Angriffen gegen den Gr. und den Kl. Pal.

Beim VII. Korps wurde mittlerweile mit Wirksamkeit vom 19. Juni früh der westliche Abschnitt von der Tiroler Grenze bis zum Wolayer See, diesen inbegriffen, mit den schon dort befindlichen vier Bataillonen und zwei Batterien dem Obst. v. Pacor, Führer der 33. IBrig., unterstellt, die mit der 59. GbBrig. nunmehr die 17. ID. zu bilden hatte, während die 57. GbBrig. und die 34. IBrig. dem VII. Korps direkt unterstanden.

Trotz der Eroberung des Gr. und des Kl. Pal hatte sich die Lage der südlich des Angerbaches eingenisteten Truppen kaum nennenswert

x) Bei diesen Unternehmungen zeichneten sich neuerlich Abteilungen des auch schon in den vorhergegangenen Grenzkämpfen oft bewährten steirischen LstMaBaons. 10 besonders aus.

gebessert, denn die Stellungen auf dieser schmalen Rückenlinie wurden von dem auf dem Promos stehenden Feinde eingesehen und flankiert. Deshalb erschien die Wegnahme letztgenannter Höhe dringend. Doch gerade jetzt, am 24., befahl das Südwestfrontkmdo. die Bereitstellung des IR. 46 und dreier Batterien zur Abgabe an die Isonzofront1). Diese Schwächung konnte durch Zuweisung von zwei Landsturmbataillonen der inzwischen aufgelösten 183. IBrig. und einer 30.5 cm-Mörserbatterie nur teilweise wettgemacht werden. Am empfindlichsten empfand das VII. Korpskmdo. aber den Mangel an Gebirgstruppen2), ohne die schwierige Angriffe in diesem Gelände wenig aussichtsreich waren.

Am 5. Juli wurde von Teilen der 57. GbBrig. und einigen Kompagnien der 17. ID., in Anwesenheit des GdK. Rohr und des Erzherzogs Joseph3), der Angriff gegen Promos und den östlichen Höhenabschnitt bis zum Hohen Trieb durchgeführt. Trotz gründlicher Feuervorbereitung

— auch mit 30.5 cm-Mörsern — mißlang das Unternehmen wegen der geringen Stärke der angesetzten Infanterie und weil das zeitliche Zusammenwirken der verschiedenen Angriffsgruppen mit der Artillerie in diesem schwierigen Gelände nicht erzielt worden war.

Dies war die letzte größere Kampfhandlung des VII. Korps auf dem Karnischen Kamm; mit ihr waren die bedeutungsvollsten Ereignisse in diesem Grenzraum für den ganzen Krieg überhaupt abgeschlossen. Wie . noch auszuführen sein wird, wurde das Korpskmdo. am 6. Juli an die Isonzofront verlegt; ihm hatte wenige Tage später auch die 17. ID. zu folgen.

Die angestrebte Rückgewinnung aller beherrschenden und Aussicht gewährenden Grenzhöhen war dem VII. Korps wohl nicht geglückt. Noch standen die Italiener auf allen Gipfelhöhen zwischen Wolayer See und Plöckenpaß, auf dem Promos, Hohen Trieb, Findenigkofel, und erzwangen am 6. Juli durch schweres Geschützfeuer auch die Räumung der Gipfelstellung auf dem Gr. Pal. Der Dorn im Fleische der österreichischen Grenzverteidiger blieb aber die Höhe Promos. Sie gewährte dem Feinde

!) Der Abtransport dieses Detachements sowie des HIR. 17 und zweier Batterien der 20. HID. erfolgte am 27. Juni und bildete den Beginn der Auswechslung der 20. HID. gegen die 44. SchD., die bei der Schilderung der ersten Isonzoschlacht noch erwähnt werden wird. In diesen Tagen wurden auch die zwei Bataillone und die eine Batterie der 57. ID. zur 5. Armee zurückgesendet.

2)    Als solche konnten nur das LstMaBaon. 10 und das IX. MaBaon. des Gb-SchR. 1 bezeichnet werden.

3)    FM. Erzherzog Joseph, Der Weltkrieg, wie ich ihn sah (in ungarischer Sprache, Budapest 1928) II, 95 ff.

nach West und Ost Einblick in die österreichischen Stellungen und deren Nachschublinien und ermöglichte es, erstere in Flanke und Rücken zu beschießen. Die Verluste waren daher hier auch dauernd so groß, daß die Deckung der Abgänge durch die Marschformationen knapp noch möglich wurde. Erst mit Fortschreiten des Ausbaues der Stellungen und Verbesserung des Nachschubes senkten sich die Verlustzahlen. Immerhin war es den Truppen, die hier gekämpft und gelitten hatten, sowie ihren tatfreudigen Führern gelungen, durch ihr initiatives Vorgehen gegen die Grenzhöhen den Feind noch auf schmalem Grenzraum derart zu binden, daß sein Vordringen in das Gailtal und weiterhin gegen die Drautalbahn, wenn er sich nicht bedeutend verstärkte, aussichtslos erschien.

Der feindliche Führer, Gen. Lequio, hatte sich allerdings scheinbar auch selbst kein so großes Ziel gesteckt. Da die links benachbarte

4. Armee den ihr aufgetragenen Vorstoß nach Toblach unterlassen hatte, von wo sie, im Gail- und Drautal absteigend, der Karnischen Gruppe die Grenzpässe hätte aufriegeln sollen, begnügte er sich mit der Behauptung des in den ersten Stunden nach der Kriegserklärung besetzten Grenzraumes.

Die Kämpfe zwischen Krn und Flitsch von Ende Mai

bis Ende Juni 1915

Hiezu Skizze 32 In dem südlich des Kanaltales gelegenen Abschnitte der Armeegruppe Rohr waren es vornehmlich die Artilleriekämpfe bei Malborgeth und die wechselvollen Gefechte um das Krnmassiv, die Führung und Truppe der Gruppe FML. Langer in Anspruch nahmen, während der Raum zwischen Seissera- und oberem Isonzotal samt den Raibler und Flitscher Sperrwerken vom Feinde wenig behelligt wurde.

Gegen das Fort Hensel bei Malborgeth und gegen die Werksgruppe auf dem Predilpaß wirkten zunächst leichte Batterien, die — zum Teil vielleicht schon vor der Kriegserklärung — im Dogna- und Raccolana-tale aufgefahren waren und für deren Feuerleitung der Zweispitz und der Mittagskofel vorzügliche Beobachtungspunkte boten. Vom 12. Juni an beteiligten sich auch schwere Geschütze, darunter 28 cm-Haubitzen, an der Beschießung1). Planmäßig bewarfen sie nun die Werke mit Bomben und erzielten in den deutlich sichtbaren Zielen zahlreiche Treffer. Da aber die Geschütze zumeist außerhalb der Sperren aufgestellt waren, blieb der italienische Schießerfolg bedeutungslos. Die vom GdK. Rohr O Ital. Gstb. W., II, Text, 130.

schon in den ersten Tagen geplant gewesene Vertreibung der lästigen Beobachter durch Wegnahme der südlich des Kanaltales gelegenen Höhen mußte jedoch fallen gelassen werden, weil der am letzten Mai erfolgte italienische Einbruch auf der vom Krn nach Nordwesten streichenden Rückenlinie eine gefährliche Bedrohung der durch das obere Isonzo-(Soca-)tal und über den Mojstrovkapaß nach Kronau führenden Straße darstellte, so daß alle verfügbaren Kräfte diesem Raume zugewendet werden mußten.

Zum Glück nützten die Italiener am 1. Juni ihren am Vortage auf den Höhen Vrata und Vršič errungenen Erfolg nicht zur Fortsetzung ihres Angriffes in der Richtung gegen das Socatal aus. Dergestalt vermochten die heranhastenden Honvédkompagnien die Einbruchsstelle abzuriegeln. Auch das nach Tolmein anrollende XV. Korps sandte ein Bataillon der 50. ID. auf den Krn, was mit der Bereitstellung zu der am 2. Juni beginnenden Angriffsaktion dieser Division im Zusammenhange stand. Die Gruppe GM. Perneczky (18 Kompagnien und 1 Gebirgsbatterie) sollte sich diesem Vorstoße anschließen und hiebei auch die genannten Höhen zurückgewinnen. Trotz opferreicher Bemühungen war jedoch dem Angriffe der gebirgsunvertrauten Honvéd bis zum 4. Juni kein Erfolg beschieden. Nun wurde der Kommandant der 20. HID., GM. Nagy, selbst mit der Leitung des Gegenangriffes betraut. Er versuchte durch den Vorstoß eines weiteren Regiments der Armeegruppenreserve, des HIR. 3, von der Höhejavorcek nach Südosten den Feind zum Auf geben der Kammlinie zu zwingen; doch auch dieser am 8. und 9. Juni gegen den mittlerweile stärker gewordenen Feind unternommene Angriff blieb nach Anfangserfolgen stecken.

Während sich in den nächsten Tagen die Gruppe Nagy anschickte, an den felszerklüfteten Hängen nahe der feindlichen Linie eine befestigte Stellung zu beziehen, vermochten sich am 16. Juni zwei Alpinikompagnien durch Überrumpelung der Krnspitze zu bemächtigen1). Gleichzeitig ging auch der von zwei Honvédkompagnien verteidigte Verbindungsrücken Krn—Vrata verloren; doch die Italiener unterließen es, ihren Erfolg auszubauen.

Nun wies das Armeegruppenkmdo. dem GM. Nagy das mittlerweile vom russischen Kriegsschauplatz eingetroffene und in Kärnten heimische GbSchR. 1 zu. Aber auch nach dessen Einsatz, der freilich bataillonsweise an verschiedenen Stellen erfolgte, ergab sich in den bis zum 22. Juni

!) Tosti, 65; Z i n g a 1 e s, La guerra sull’ Isonzo nel 1915 (Rassegna del esercito italiano, Jhrg. 1924), 227; Ital. Gstb. W., II, Text, 121.

folgenden Kämpfen keine Änderung der Lage. Man mußte sich mit ihr abfinden. Da das 5. Armeekmdo. keinen sonderlichen Wert auf den Besitz der dem Feinde ohnehin keinen Entwicklungsraum bietenden Krnspitze, umso größeres Gewicht aber auf die Behauptung des südlich davon zum Mrzli vrh streichenden Rückens legte, ordnete das Südwestfrontkmdo. das Festsetzen in einer neuen, etwas weiter östlich des Rückens Krn— Vršič verlaufenden Linie an und regelte die Abschnittsgrenze derart, daß die der Krnspitze gegenüber befindlichen eigenen Stellungen in den Bereich der 5. Armee fielen.

Die ersten Kämpfe im Küstenland

Hiezu Beilage 28

Einbruch der Italiener und Aufmarsch der k.u.k. 5. Armee

Die Deckungstruppen, die schon vor der italienischen Kriegserklärung im Küstenlande gestanden waren — 57., 93. und 94. ID. — hatten vom GdK. Rohr am 16. Mai die Weisung erhalten, einem italienischen Einbrüche in den Befestigungen der Isonzolinie Widerstand zu leisten; auch lenkte der General besonderes Augenmerk auf die ihm gefährdet erscheinende Wochein. Eine zweite Sorge bereiteten ihm mögliche italienische Landungen, die im Raume von Triest abgewehrt, im übrigen Küstenabschnitt tunlichst gestört werden sollten. Gegen gelandete Truppen hatte er eine Abwehr an dem von Triest gegen den Mt. Maggiore bei Lovrana verlaufenden Steilabfall des Cicenbodens in Aussicht genommen. Vor übermächtigem Angriff zu Land oder nach etwaiger Landung starker Feindkräfte sollte schrittweise in die an den Straßen befestigte Linie Podbrdo—Zoll—Dornegg zurückgegangen werden.

Als die italienische Kriegserklärung am 23. Mai in Wien übergeben wurde, trafen eben die Spitzen der von Syrmien anrollenden Truppen (S. 411) am Isonzo ein. Die beiden Korpskommandanten, GdI. Fox (XV. Korps) und FZM. Wurm (XVI. Korps) hatten am 22. Mai gelegentlich ihrer persönlichen Orientierung in Peterwardein vom Südwestfrontkommando den Auftrag erhalten, ,,die Italiener möglichst weit vorne aufzuhalten, deren Vormarsch zu verzögern und möglichst verlustreich zu gestalten“. Hiezu sollte das nach Tolmein gewiesene XV. Korps (50. und 1. ID.) samt den dort stehenden Deckungstruppen ein Vordringen

des Feindes nach Bischoflack und Idria, das auf der südlichen Bahnlinie anrollende XVI. Korps (58. und 18. ID.) einen italienischen Vormarsch im Raume zwischen Britof (8 km nordöstlich von Görz) und der Adria verhindern. Die als letzte Staffel nachfolgende 48. ID. hatte sich im Raume Dörnberg—St. Daniel als Armeereserve zu versammeln und gegen Landungen bei Triest bereitzustehen.

Im Morgengrauen des 24. Mai überschritten die Italiener mit den Anfängen der 2. und der 3. Armee fast in der ganzen Frontausdehnung der k.u.k. 5. Armee die Reichsgrenze. Nach leichtem Geplänkel mit Gendarmerie- und Finanzwachposten erreichten sie am 24. Mossa, St. Florian, Verhovlje und den Kolowratrücken zwischen der Korada- und der Ježa-höhe und besetzten Karfreit. Da italienische Artillerie Canale beschoß, wurde der Bahnverkehr im Isonzotale eingestellt. Die Auswaggonierung der 50. ID. bei St. Lucia und der 58. ID. bei Görz nahm aber noch ungestört ihren Fortgang. Weiter südlich sprengte das am unteren Isonzo stehende LstlBaon. 152 die Brücken bei Pieris und verwehrte hiedurch der anreitenden italienischen l.KD. den Übergang auf das Ostufer des infolge von Regengüssen angeschwollenen Flusses.

Am selben Tage unternahm die öst.-ung. Flotte unter Befehl des Admirals Haus einen kühnen Vorstoß gegen die italienische Ostküste und zerstörte durch Geschützfeuer eine Anzahl von Eisenbahnkunstbauten, Kasernen und Hafenanlagen zwischen Venedig und Barletta1).

Für den folgenden Tag befahl Cadorna der 2. Armee, die Vorrückung mit dem linken Flügel gegen Tolmein und mit dem rechten durch den Coglio bis an den Isonzo fortzusetzen; dann sollten Nachrichtenabteilungen auf das Ostufer des Flusses vorgetrieben werden. Die weisungsgemäß etwas zurückgebliebene 3. Armee hatte ihre Vorrückung mit dem rechten Flügel der 2. in Übereinstimmung zu bringen und sich der Übergänge bei Pieris zu bemächtigen, um hierauf gleichfalls Aufklärungsabteilungen gegen das Karstplateau vorzusenden2).

Tatsächlich erreichten am 25. italienische Vorhuten zwischen Pieris und Gradisca, dann nördlich von Görz zwischen dem Mt. Sabotino und Selo den Fluß und fühlten bei Woltschach gegen unsere Brückenkopfbefestigung vor.

Die starken Kräfte, die die Italiener auf dem Kolowratrücken zeigten, ließen das XVI. Korpskmdo., das schon am 23. Mai knapp vor Mitternacht

*) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—1918, 193 ff.

in Dörnberg eingetroffen war, um die nur von zwei Bataillonen besetzte Hochfläche von Bainsizza bangen. Es berief daher die im Tolmeiner Brückenkopf befindliche 6. GbBrig. der 57. ID. ins Cepovantal zurück. Das 58.IDKmdo., GM. Erwin Zeidler, ließ in Anbetracht der Wichtigkeit des Görzer Brückenkopfes dessen schwache Besatzung sofort durch die bisher eingetroffenen fünf Bataillone seiner Division verstärken. Dies entsprach ganz den Absichten des XVI. Korpskmdos., das für die Verteidigung von Görz die 58. ID. in Aussicht nahm, indes es die 93. ID. nach Bainsizza verlegen und die Gruppe bei Monfalcone (2. und 60. GbBrig.) durch die dann von Čepován heranzuziehende 6. GbBrig. verstärken wollte.

Bei Tolmein entsandte der Führer der 50. ID., FML. v. Kaiser, die zuerst eintreffende 3. GbBrig. auf den Rücken, der vom Mrzli vrh nach Norden und Südosten streicht, und warf die 15. GbBrig. bis zum Eintreffen der 1. ID. in den Tolmeiner Brückenkopf. Als aber Meldungen über das Vorrücken feindlicher Abteilungen von Luico nach Osten einlangten, hielt FML. Kaiser das Vorschieben der 3. GbBrig. für verfrüht und wies sie an, zum Schutz der Ausladung die Höhenlinie Tolmein—Vohu (9 km nordöstlich davon) zu besetzen. Diese Brigade schwenkte erst am 27. in die vordere Linie vor.

Am 26. Mai besetzten die Italiener im Lagunengebiet den Badeort Grado, nachdem sie tags vorher in Porto Buso die öst.-ung. Küstenwache überwältigt hatten. In der Friauler Ebene rückten sie aber nur sehr zögernd vor, denn ausgesprengte falsche Nachrichten über Straßenminen und andere versteckte Hindernisse mahnten sie zu übertriebener Vorsicht. Im Coglio schoben sie sich nahe an den Mt. Sabotino, den nördlichen Eckpfeiler des Görzer Brückenkopfes, heran, gegen den sie unzusammenhängende und daher fruchtlose Vorstöße führten. Bei Kamno, halbenwegs zwischen Karfreit und Tolmein, breiteten sich stärkere Infanterie-, Alpini- und Bersaglierikräfte auf dem nördlichen Isonzoufer aus.

Die Leichtigkeit des bisherigen Vormarsches veranlaßte das italienische Höchstkmdo. am 27. Mai, den Armeen zu befehlen, sie möchten sich ohne weiteres all jener Stellungen bemächtigen, die vom Gegner nicht ernsthaft verteidigt würden (S. 516).

Offenbar war es dieser Befehl, der am 27. und 28. fünf überfallsartige Angriffe auf den Mt. Sabotino auslöste; der Italiener wollte vermutlich durch Handstreich Görz gewinnen. Doch junge Truppen der 93. ID. verstanden es, die Absichten der Italiener zu vereiteln.

Am 27. Mai traf GdI. Boroević mit dem engsten Stab des bisherigen

3. Armeekmdos. in Laibach ein, um den Befehl über die neue 5. Armee im Abschnitt zwischen der LinieTriglav—Krn—Mt. Maggiore (westlich von Saga) und den Küstenstrecken Grado—Parenzo und Mt. Maggiore (bei Lovrana) bis zur kroatisch-dalmatinischen Grenze zu übernehmen. Der Raum südlich der Linie Parenzo—Lovrana gehörte zum Kriegshafen Pola, der dem Südwestfrontkmdo. direkt unterstand. Boroević übernahm hie-mit die Aufgabe, die dem XV. und dem XVI. Korps schon erteilt worden war. Trotz der noch völligen Unklarheit über die Lage war der tatkräftige Armeeführer von allem Anbeginn an gewillt, die allerdings vorderhand äußerst notdürftig ausgebaute Verteidigungsstellung am Isonzo bis zum Äußersten zu halten. Er forderte in seinen ersten Weisungen größte Rührigkeit in der Verteidigung und bestmögliche Ausgestaltung der Stellungen und betonte, daß ein Zurücknehmen von Teilen der Gefechtsfront nur auf seinen Befehl erfolgen dürfe.

Mittlerweile waren bis 27. abends vom XV. Korps 18 Bataillone und 3 Batterien, vom XVI. Korps 14 Bataillone und 6 Batterien im Kampfraum eingelangt; die 48. ID. war noch ganz im Antransport.

GdI. Boroević hatte im Gegensatz zu GdK. Rohr, der der Hochfläche von Bainsizza erhöhte Bedeutung beimaß, die Auffassung, daß das Plateau von Comen für die Behauptung von Görz von besonderer Wichtigkeit sei. Da er nach den ihm zugekommenen Nachrichten den Feind als völlig kampfgerüstet annehmen mußte, rechnete er mit baldigst einsetzenden Angriffen, wobei er auch Landungsversuche für möglich hielt.

Unter Berücksichtigung der Geländegestaltung regelte er die Befehlsverhältnisse und schuf am 28. Mai vier Abschnitte. Der erste unter GdI. Fox, XV. Korps (1. und 50. ID.), umfaßte den Raum von der nördlichen Armeegrenze bis zur Linie Auzza—Tribusa. Südlich schloß der Abschnitt II bis zur Wippach an, der durch den FZM. Wurm mit dem

XVI. Korps (18., 58. und 93. ID.) zu verteidigen war. Der Abschnitt III unter FML. Heinrich Goiginger, 57. und 94. ID., reichte von der Wippach bis Parenzo. Der vom Mt. Maggiore bis zur kroatisch-dalmatinischen Grenze sich hinziehende Küstenrayon Fiume unter GM. v. Marie bildete den Abschnitt IV.

Da die italienische Kriegsflotte tatenlos in ihren Häfen verharrte, erachtete das k.u.k. Flottenkmdo. nunmehr feindliche Landungen selbst in dem zunächst nur durch zwei Unterseeboote und durch Scheinminen geschützten Hafen von Triest für unwahrscheinlich, bei Fiume, dessen Zufahrt durch Minen gesperrt war, für ausgeschlossen. GdI. Boroević grenzte daher am 31. Mai den ihm wichtig erscheinenden Abschnitt III unter FML. Goiginger mit der 57. ID. und der 60. GbBrig. schon bei Duino

ab, unterstellte den Küstenabschnitt bis Parenzo mit der Masse der 94. ID. und den Küstenschutzabteilungen des Gendarmerieobersten Vogelhuber als Abschnitt IV dem FML. Kuczera, während der Abschnitt Fiume die Bezeichnung V erhielt.

Unterdessen verstärkten sich die Italiener andauernd durch später ein treffende Heeresteile und setzten sich vor der Front der k.u.k. 5. Armee fest. Im Zusammenhang mit einem gegen das Krnmassiv eingeleiteten Angriffe, der sich auch auf den Raum nördlich der Krnspitze ausdehnte, führte der Feind südöstlich vom Gipfel am 28. mit ein bis zwei Alpini-bataillonen eine scharfe Erkundung durch und schob stärkere Kräfte an den Mrzli vrh heran. Nach Mißlingen seines Handstreiches auf Görz (S. 536) bombardierte er den Bahnhof der Stadt und erzwang die Rückverlegung der Ausladung nach Prvačina. Dennoch hegte FZM. Wurm keine Besorgnisse ob der Behauptung dieses Brückenkopfes. Allerdings wurde seine würgende Enge schon jetzt sehr unangenehm empfunden. Doch wäre eine Erweiterung — Boroević hätte eine Vorverlegung in die taktisch günstige Linie Plava—Quisca—St. Florian gerne gesehen — nur mehr durch einen Angriff mit allen Kräften möglich gewesen, dessen Erfolg in Anbetracht der bedeutenden italienischen Überlegenheit keineswegs gewährleistet war. Erzherzog Eugen untersagte daher am 2. Juni die Ausführung dieses Planes. Hatte doch das XVI. Korpskmdo. schon Bedenken wegen des geringen Kampfwertes der in der Front stehenden kriegsunerfahrenen Landsturmbataillone! Es hatte deshalb am 29. Mai seine bisherige Reserve, die 18. ID., in den Abschnitt Auzza—Gargaro verschoben und die 93. ID. zwecks Schulung und Festigung nach Schönpaß und Cernizza zurückgenommen.

Sah das Südwestfrontkmdo. seine große Aufgabe wohl nur in der reinen Abwehr, so nahm es doch die sich zunächst bietende Gelegenheit wahr, einen Teilerfolg zu erringen. Die zwischen dem Krn und dem Isonzo vorgehenden Italiener, die sich schon am 31. Mai und l.Juni in wechselvollen, aber vergeblichen Kämpfen bemüht hatten, eine Vorkuppe des Mrzli vrh zu erstürmen1), sollten zurückgeworfen werden. Da der Hochwasser führende Isonzo die Brücke des Feindes am 31. weggerissen hatte, winkte dem Angriff, wenn er rasch durchgeführt wurde, ein bedeutender Erfolg.

Unterdessen hatte Gen. Cadorna in Verfolgung seines ursprünglichen Planes, sich der Hochfläche von Bainsizza zu bemächtigen, die am mittleren und unteren Isonzo stehenden Truppen am 30. Mai zum Angriff

befohlen. Hiedurch sollten die hier befindlichen öst.-ung. Kräfte festgehalten und der italienische Angriff auf Tolmein erleichtert werden. Gleichzeitig ordnete er Vorbereitungen zum Übergang über den Isonzo mit der Absicht an, nach der Besitzei'greifung der Hochfläche von Bainsizza Görz zu nehmen und auf dem Karstplateau östlich von Sagrado festen Fuß zu fassen1).

Der Begegnungskampf im Raume zwischen Krn und

T olmein

(2. bis 4. Juni)

Mit der Leitung des Angriffes auf die östlich von Kamno auf dem linken Isonzoufer befindlichen Italiener betraute das XV. Korpskmdo. den FML. Kaiser, dem außer seiner 50. ID. noch Teile der l.ID. zur Verfügung gestellt wurden. Wegen unumgänglich nötiger Bereitstellung der Truppen, deren rechter Flügel bis auf den Krn verschoben wurde, und wegen sonstiger Vorbereitungen, wie Aufmarsch der eben erst eingetroffenen Artillerie, Munitionszuschub u. dgl., konnte für den Angriffsbeginn erst der 2. Juni festgesetzt werden.

Die 3. GbBrig. hatte aus der Linie Krnspitze—Mrzli vrh rechts umfassend anzugreifen, wobei sie von Teilen der den Raum südlich davon bis Tolmein festhaltenden 8. GbBrig. unterstützt werden sollte. Die im Tolmeiner Brückenkopf stehende 15. GbBrig. sollte den gegenüberstehenden Feind durch demonstratives Vorgehen gegen die Ježa festhalten, die

7. GbBrig. die Stellung Selo—Auzza behaupten. GdK. Rohr hatte die Mitwirkung der um dieHöhen Vrata und Vršič fechtenden 81. HIBrig. zugesagt.

Da auch dem auf dem linken Isonzoufer stehenden Nordflügel der italienischen 2. Armee (8.ID.,Teile der Bersaglieridivision und der Alpini-gruppen A und B) Angriffsaufgaben zugefallen waren, kam es am 2. Juni auf dem steilen, teils felszerklüfteten, teils bewaldeten Südhang des Krn-massivs zum, Begegnungskampf.

Der 3. GbBrig. kam der Feind am 2. Juni zu früher Morgenstunde mit dem Angriff zuvor. Bald wurde namentlich um eine Scharte südöstlich der Krnspitze und um den Mrzli vrh heftig gerungen. Der Verteidiger warf die Italiener zwar zurück, doch mußte auch er sich, durch schweres vom Kolowratrücken herüberschlagendes Flankenfeuer nicht unerhebliche Verluste erleidend, mit der Behauptung der Ausgangsstellung begnügen.

Von dem Kampfergebnis unbefriedigt, befahl das Südwestfrontkmdo.

1) Cadorna, La guerra, I, 135.

den „sicheren Enderfolg dieser Aktion“ durch einvernehmliches Vorgehen des XV. Korps und der 92. ID. anzustreben. GdI. Boroević legte dem GdI. Fox hiezu den Einsatz aller bereits verfügbaren Kampftruppen nahe.

Dieser befahl daher statt eines verstärkten Kräfteeinsatzes auf seinem rechten Flügel für den 3. Juni außer der ihre bisherige Aufgabe beibehaltenden 50. auch noch die 1. ID. zum Angriff. Hiezu sollte die zweitgenannte, Brückenkopf- und Uferstellung festhaltend, mit fünf Bataillonen von Selo gegen die Ježa Vordringen, um eine feindliche Flankenwirkung gegen die 50. ID. zu verhindern. Die 81. HIBrig. der Armeegruppe Rohr war beauftragt, nach Gelingen ihres auf die Höhe Vršič gerichteten Angriffes in den Kampf der 50. ID. unterstützend einzugreifen.

Dem Angriffe war am 3. Juni bei der 3. GbBrig. wohl ein Anfangserfolg beschieden; gar bald traf sie aber auf überlegenen Feind, der vom Dorfe Krn gegen die Mitte der Brigade vordrängte und sich auch auf der hart umstrittenen Vorkuppe des Mrzli vrh einnistete, so daß ihr weiterer Raumgewinn versagt blieb. Dafür kam der Nordflügel der 8. GbBrig. vorwärts und auch die allerdings verspätet vorrückende Angriffsgruppe der 1. ID., FML. Bogat, konnte anfänglich gegen die Ježa ansteigen, bis stark besetzte feindliche Stellungen und schweres, von Srednje her wirkendes Artilleriefeuer ihrem Fortschreiten ein frühes Ziel setzten. Hierauf wurden nach erneutem, aber wieder nicht gelungenem Angriffsversuch die sehr erschöpften Truppen am Abend in den Brückenkopf zurückgenommen. Die Honvédgruppe GM. Perneczky hatte sich nördlich vom Krn gar nicht fühlbar gemacht.

Für den 4. Juni plante GdI. Fox eine Wiederholung des Angriffes, wobei das XVI. Korps seine Unterstützung durch einen Vorstoß über den Isonzo auf Srednje zugesagt hatte. Doch GdI. Boroević, der nur das Zurückwerfen der nördlich vom Isonzo befindlichen Italiener, nicht aber einen frontalen Ansturm gegen den schon stark besetzten Kolowratrücken im Auge hatte, befahl dem XV. Korpskmdo., sich auf die erstbezeichnete Aufgabe zu beschränken. So setzte denn FML. Kaiser mit der 3. und der

8. GbBrig. sowie mit drei Bataillonen der Korpsreserve allein den Angriff fort; aber auch die Italiener versuchten neuerlich, sich der Höhenlinie Krn—Mrzli vrh zu bemächtigen1).

In den heftigen Kämpfen gegen den verstärkten Feind vermochte der rechte Flügel der Angriffsgruppe Kaiser nur ganz geringen Raumgewinn gegen die Rückfallskuppe -<>- 1602 südlich der Krnspitze zu erzielen. Die 3. GbBrig., die sich gegen den doppelt überlegenen Feind zunächst auf die Abwehr beschränken mußte, nahm mit Befriedigung wahr, daß die Italiener, die Aussichtslosigkeit ihrer Anstürme erkennend, nachts auch die westliche Vorkuppe des Mrzli vrh räumten.

Angesichts der stets zunehmenden Kräfte des Feindes sah sich das 5. Armeekmdo. am 4. Juni abends veranlaßt, die Einstellung des Angriffes zu befehlen, dies umsomehr, als auch die Rückeroberung der Vrata durch die 81. HIBrig. nicht geglückt war.

Da fast zur selben Stunde auch die italienische Heeresleitung das nicht verheißungsvolle Unternehmen einstellen ließ und seine Wiederaufnahme erst vom Eintreffen ausreichender Artillerie abhängig machte1), fielen beide Gegner in die Verteidigung zurück. Dem k.u.k. XV. Korps hatte das Unternehmen an den drei Tagen etwa 1000 Mann gekostet. Noch viel höher waren die Einbußen des Feindes; sie betrugen bei der Brigade Modena der 8. ID. am 2. Juni allein 37 Offiziere und 1200 Mann; das 12.Bersaglieriregiment verlor 400 Mann2). So hatten die Italiener schon bei ihrer ersten, an der Isonzofront unternommenen Angriffshandlung die ernste Kampfentschlossenheit des der Zahl nach unterlegenen Verteidigers zu fühlen bekommen.

Die ersten Gefechte zwischen Plava und dem Meere

(5. bis 22. Juni)

Während der Nordflügel der italienischen 2. Armee, der sich nördlich von Tolmein an der Gegenwirkung des k.u.k. XV. Korps müde gerungen hatte, eine feste Stellung zu beziehen begann, traten südlich davon bis zum Meere die Korps der italienischen Hauptkraft am 5. Juni die Vorrückung zu Entscheidung suchendem Kampfe an. Bei der 3. Armee war durch den Herzog von Aosta dem VII. und dem XI. Korps die Festsetzung auf dem Plateau von Doberdö 3) aufgetragen worden, wozu jenes zunächst bei Pieris, dieses nach Gewinnung der Höhe A 115 östlich von Farra, bei Sagrado und Sdraussina den Isonzo zu überschreiten hatten. Das VI. Korps sollte, bei Pevma den Fluß übersetzend, Görz angreifen, während dem II. Korps vom Führer der 2. Armee, Gen. Frugoni, bei gleichzeitigem Scheinangriff gegen den Mt. Sabotino, die Eroberung des Kuk A 611 vorgezeichnet wurde, wozu es vorerst bei Plava am Ostufer festen Fuß fassen sollte.

!) 2 i n g a 1 e s, 227. 2) T o s t i, 64.

3) In den Karten findet sich die wenig gebräuchliche Schreibweise ,,DoberdotT\

Einen starken Gegner vor sich wähnend, setzten vom italienischen

VII. Korps und von der 2. KD. schon in der Nacht zum 4. Juni mehrere Bataillone und Maschinengewehrabteilungen über die Sdobba. Achtundvierzig Stunden später überschritt, gleichfalls in der Nacht, die Masse des Korps bei Pieris den bei rasch sinkendem Wasserstande ohnehin schon kaum mehr ein Hindernis bietenden Isonzo. Das österreichische LstlBaon. 152, das zwölf Tage lang dem dreißigfach überlegenen Feind eine starke Flußbesetzung vorgetäuscht hatte, zog sich nunmehr auf das Karstplateau zurück, womit der italienischen 3. Armee die von ihr erwartete „Schlacht am Isonzo“ erspart blieb. Vorsichdg schob sich jetzt das VII. Korps an den Südwestrand der Karsthochfläche heran, wo die k.u.k. 57. ID. durch Stauung des Isonzokanals eine künstliche Überschwemmung hervorgerufen hatte. Nach Besetzung von Monfalcone am

9. Juni und heftiger, aber erfolgloser Beschießung der Karsthöhen stellten die Italiener ihren Vormarsch ein.

Noch weniger Erfolg war dem XI. Korps des Feindes beschieden, das sich am 6. der Höhe A 115 und der Stadt Gradisca bemächtigt hatte. Seine am 9. bei Sagrado angreifenden Radfahrer wurden mit blutigen Köpfen heimgeschickt, die nördlich davon geschlagene Kriegsbrücke zerschossen und die schon übergegangenen Truppen größtenteils aufgerieben. Durch diese Mißerfolge entmutigt, unterließ das Korps weitere Übergangsversuche.

Hitziger ging es vor Görz her, wo sich das italienische VI. Korps, das für dieses Unternehmen der 2. Armee zugewiesen worden war32), durch das wellige, rebenbebaute Hügelland des Coglio an den Brückenkopf heranschob und nach heftiger, aber wirkungsloser Beschießung am 8. nachmittags zum ersten zusammenhängenden Angriff schritt. Obwohl Truppen von mindestens Divisionsstärke gegen die noch keineswegs stark ausgebaute Verteidigungsstellung anstürmten, wurden sie doch von der

5. GbBrig. der 58. ID. mühelos zurückgeworfen. Nicht besser erging es vereinzelten, am 9. und 10. unternommenen Vorstößen mehrerer Bataillone2), worauf das italienische Höchstkmdo. den Kampf einzustellen befahl.

Die gleichen Enttäuschungen bereiteten Cadorna die Gefechtsmeldungen, die von seinem II. Korps einliefen. Dieses hatte am 3. Juni abends bei Plava eine Pontonbrücke eingebaut, doch die wachsame Artillerie der diesen Abschnitt verteidigenden 1. GbBrig. der 18. ID. zer-

1)    Ital. Gstb. W., II, Text, 94.

2)    Das ital. IR. 35 verlor am 10. Juni allein 32 Offiziere und 607 Mann (Ital. Gstb. W., II, Text, 100).

schoß sie schon am nächsten Morgen. Dem II. Korps wurde hierauf eingeschärft, den Angriff erst nach einer ausgiebigen Artillerievorbereitung zu wagen. Nachdem reichlich Batterien in Stellung gebracht worden waren und sich etwa 200 Mann am 9. abends am Ostufer eingenistet hatten, überschritten unter dem Feuerschutze von etwa 50 Geschützen in der folgenden Nacht zwei Bataillone den Fluß und stürmten gegen die Höhe-<>-383 (1 km östlich von Plava). In erbittertem Kampfe wurden sie aber von einigen Kompagnien der 1. GbBrig., die sogar über ihre Stellungen vorbrachen, wieder über den Fluß geworfen1).

GdI. Boroević gewärtigte nunmehr täglich den Beginn eines entscheidenden Angriffes gegen die Karsthochfläche. Da er auf ihre Behauptung größten Wert legte, wies er am 7. der 57. ID. noch die schon kampffähigen Bataillone der 93. ID. (58. GbBrig.) zu, obwohl er im Augenblick eher den italienischen Hauptstoß über Tolmein erwartete; sie trafen am 10. als Reserve bei Oppachiasella und Kostanjevica ein. Er konnte dies umso eher tun, als am 4. auch die Kampftruppen der als Armeereserve bestimmten 48. ID. bei Dörnberg und St. Daniel eingelangt waren. Am 10. Juni, nach Eintreffen der letzten Truppentransporte, verfügte er über 761/2 Bataillone, 14 Schwadronen und 75 Batterien2), denen allerdings die zwei gegen überstehen den italienischen Armeen zum gleichen Zeitpunkt ohne Einrechnung der Heeresreserven etwa 214 Bataillone, 40 Schwadronen und 188 Batterien entgegenstellten.

Trotz dieser bedeutenden Überlegenheit hießen aber die Mißerfolge, die die italienische Hauptkraft am Isonzo bisnun erlitten hatte, Cadorna am 10. den Befehl erlassen, die Kämpfe erst dann wieder aufzunehmen, „bis entsprechende Kräfte und technische Mittel eingetroffen seien, vor allem aber bei Anwendung jener Angriffsweise, die die Erfahrung auf den anderen Kriegsschauplätzen gelehrt hatte“3).

Die bisherigen Fehlschläge waren aber auch die Ursache, daß die italienische Heeresleitung ihrem Operationsplane am 11. eine neue Fassung gab. Die bisher gleichmäßig verteilten Kräfte sollten zur Erreichung zweier Ziele, und zwar Wegnahme des Höhenrandes Monfalcone—Sa-grado und Bezwingung des Isonzos im Mittellauf zwischen Plava und der Wippachmündung, schärfer zusammengefaßt werden. Jene Aufgabe wurde der 3. Armee, diese der 2. übertragen, die das ihr schon überwiesene VI. Korps zu behalten hatte. Außerdem hatten von den im Becken von Karfreit befindlichen Kräften nur jene dort zu verbleiben, die zu der von den Alpini schon erfolgreich eingeleiteten Wegnahme der Km-spitze nötig zu sein schienen. Alles übrige hatte die 2. Armee an ihren Südflügel zu verschieben. Zur gleichen Zeit befahl der methodische und höchst vorsichtige Heerführer die .Anlage einer hinteren Stellung, die von Karfreit über den Kolowratrücken, Coglio, Mt. Quarin, Mt. di Medea und am rechten Torre- und Isonzoufer bis zum Meere zu verlaufen hatte 1).

Durch die Weisungen Cadornas wurden die Kampfhandlungen der italienischen Korps in die gewollten Bahnen gelenkt. Am nachhaltigsten bemühte sich das II. Korps, der ihm vorgezeichneten Aufgabe, Gewinnung des Ostufers bei Plava, nachzukommen. Am 12. übersetzte eine Brigade der 3. ID. neuerdings den Fluß und stürmte gegen die Höhe -<>-383 an, doch vergebens. Nur spärliche Reste vermochten sich am halben Steilhang anzuklammern. Den in den beiden folgenden Nächten unternommenen Versuchen war kein besseres Los beschert. Endlich am 16. Juni, nach Einsatz der zweiten Brigade der 3. und einer der 32. ID., gelang es Teilen des II. Korps, sich vor der Stellung der 1. GbBrig. festzusetzen 2). Die Nähe des Feindes brachte dem Verteidiger aber sogar noch den Vorteil, daß die italienische Artillerie eine wirksame Beschießung der vordersten österreichischen Linie unterlassen mußte, um ihre eigene Infanterie nicht zu gefährden. Wohl versuchten an den folgenden Tagen die Italiener noch mehrmals, aus ihrer schmalen linksufrigen Stellung vorzubrechen, doch alle Vorstöße scheiterten an der prächtigen Haltung der vom GM. Novak v. Arienti 3) befehligten 1. GbBrig., die in den letzten Kampftagen durch zwei Bataillone der 48. ID. und eines der 13. GbBrig. verstärkt worden war. Zwar hatten diese Truppen den Abwehrerfolg bis zum 22. mit einem Verlust von 2300 Toten, Verwundeten und Vermißten teuer genug erkauft, aber auch der Feind hatte schon bis zum 17. 93 Offiziere und 2000 Mann eingebüßt.

Beim XV. Korps herrschte nach Abflauen des Begegnungskampfes vom Anfang Juni an im allgemeinen Ruhe. Die Lage des Korps wurde nur durch den im rechten Nachbarabschnitt am 16. Juni eingetretenen Verlust der Krnspitze insofern beeinflußt, als die neue, knapp östlich davon verlaufende Verteidigungslinie der 50. ID. zugeschlagen wurde.

!) Cadorna, La guerra, I, 137. 2) Z i n g a 1 e s, 228.

3) GM. Guido Novak v. Arienti erhielt für seine hervorragende Kommandoführung in diesen Kämpfen das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

Während die Besatzung des Görzer Brückenkopfes nur fallweise von heftiger Beschießung heimgesucht wurde, Angriffe aber fast gänzlich ausblieben, hatte sich die 57. ID. bis zum 22. Juni, diesen inbegriffen, einer recht lebhaften Tätigkeit der italienischen 3. Armee zu erwehren. Der Feind unternahm hartnäckige, aber erfolglose Übergangsversuche bei Sdraussina und Sagrado sowie nach Beseitigung der künstlichen Überschwemmung gleich fruchtlose Vorstöße gegen den Höhenrand zwischen Redipuglia und Monfalcone. Lästig wurde hier die italienische Artillerie, als sie vom 20. an auch nachts feuerte und dadurch die Ausbesserung der bei Tag verursachten Stellungsschäden erschwerte.

All diese Maßnahmen der Italiener dienten der Vorbereitung des ersten Angriffes auf die Isonzofrontx); er sollte, da ihr „erster Offensivstoß“ mißlungen war, und da sie auf eine Überrraschung nicht mehr rechnen durften, nunmehr planmäßig und erst nach Eintreffen von etwa zwanzig schweren Geschützen am 23. Juni beginnen.

Das AOK. hatte den Erzherzog Eugen schon am 8. Juni wissen lassen, daß „die Kräfte der Südwestfront für eine Offensive gegen das italienische Heer unzureichend“ seien, und „daß es daher unbedingt bei dem anbefohlenen verteidigungsweisen Verfahren zu bleiben“ habe. Der Erzherzog werde, hieß es in der Weisung, „eine große Aufgabe gelöst haben, wenn es gelingt, den zahlenmäßig mehrfach überlegenen Feind abzuwehren. Den Krafteinsatz und Zeitpunkt für eine auf die wirklichen Verhältnisse aufgebaute Offensive wird das AOK. selbst wahrzunehmen wissen“. Entsprechend dieser Anleitung bezeichnete das Kommando der Südwestfront am 14. Juni „Zeitgewinn bis zum Herankommen der Hauptkräfte bei möglichst geringem Terrain- und Menschenverlust“ als maßgebend. Hiebei sei „Behauptung des Geländes keineswegs Selbstzweck, sondern sie soll dazu dienen, den Feind zu Angriffen zu veranlassen, die ihm weit größere Verluste verursachen als uns“. Mit dem Herankommen der in diesen Weisungen versprochenen „Hauptkräfte“ sollte es allerdings noch auf Jahresfrist sein Bewenden haben.

Dem 5. Armeekmdo. waren die italienischen Zurüstungen nicht verborgen geblieben. Es war am 20. Juni über die Lage an der Feindfront völlig zutreffend unterrichtet; nur in bezug auf die am Tagliamento angenommenen italienischen Heeresreserven bestanden Zweifel. In stündlicher Erwartung des Angriffes hatte GdI. Boroević seine eigenen, sehr spärlichen Reserven näher an die Kampflinie herangeschoben. Da er die

L) Die Einleitungskämpfe hatten der ital. 2. und der 3. Armee einen Verlust von

11.000 Mann, darunter 450 Offizieren, eingetragen (Z i n g a 1 e s, 231).    _

12. GbBrig. der 48. ID. schon am 17. dem XVI. Korps überwiesen hatte, und die Reste der 93. ID. samt dem Divisionskmdo. zwischen Sagrado und der Wippachmündung in die Front des Abschnittes III eingesetzt worden waren, blieb ihm zu seiner Verfügung nur mehr das 48. ID-Kmdo. mit der 11. GbBrig. im Raume Aisovizza—Vertojba—Vogersko und die vom AOK. zugewiesene 44. SchD., die — allerdings nur fünf Bataillone und sechs Batterien stark — von Galicien angekommen, seit dem 19. Juni im Raume Schönpaß—Cernizza stand. Schließlich wurden zu rascherem Ersatz von Verlusten die Marschbataillone weiter nach vorne genommen; bei der 57. ID. wurden sie, in neun Bataillone zusammengezogen, von Haus aus als Kampftruppen verwendet.

GdI. Boroević sah den Ereignissen mit Zuversicht entgegen. Zwar ließ die technische Ausgestaltung des Schlachtfeldes noch sehr, sehr viel zu wünschen übrig. Da es an Bohrmaschinen mangelte, mußte man sich meist mit dem Aufschlichten von „Steinriegeln“ begnügen, von Deckungen zweifelhaftesten Wertes, die wirklicher Schußsicherheit entbehrten, die Wirkung des feindlichen Feuers aber infolge der schon durch den Gewehrschuß eintretenden Gesteinszersplitterung vervielfachten. Gräben oder gegen Artillerieschuß sichernde Brustwehren gab es ebensowenig wie bombensichere Unterstände (Kavernen). Nur das durchlaufende Hindernis, das den Stellungen vorgelegt war, entsprach einigermaßen den Forderungen eines regelrecht geführten Verteidigungskampfes33).

Aber diesen empfindlichen Mängeln und der Überlegenheit des Feindes an Zahl und Rüstung stand die unleugbare Tatsache gegenüber, daß sich beim Verteidiger hier wie in Kärnten und in Tirol Führer und Truppe an Kampftüchtigkeit und an soldatischer Moral dem noch kriegsunerfahrenen Angreifer unbedingt überlegen fühlten. So harrten denn Offizier und Mann hinter Steinblöcken und in Karstlöchern in stummer und stolzer Entschlossenheit des ersten großen Sturmes, der vom 23. Juni an — wie später noch zehnmal mit wachsender Gewalt — über diese Felswüsten und Berge und Wälder hinwegfegen sollte.

DER FELDZUG VON BREST-LITOWSK

Die militärpolitische Lage nach der Einnahme von Lemberg Hiezu Beilage 25 Nach der Einnahme von Lemberg konnten die Verbündeten darangehen, das Schwergewicht des Ostkrieges auf russischen Boden zu verlegen. Das Fundament für diesen neuen Feldzug sollte die Flankenstellung bilden, die sich die Heere der Mittelmächte in Ost- und Mittelgalizien gegenüber den noch in Polen haltenden Russen erkämpft hatten; alsbald konnte dann auch der zweite der historischen Zangenarme, der von Ostpreußen her, in Wirksamkeit treten.

Die galizische Front verlief in dem Augenblick, da es hieß, die schon gefaßten Entschlüsse in die Tat umzusetzen, von der bessarabischen Grenze den Dniester aufwärts bis in die Gegend von Mikołajów, von hier östlich um Lemberg herum, dann, stark gegen Norden gekehrt, am Südwestrande des Bug-Styrbeckens und entlang des Südrandes derTanew-zone, und schließlich quer durch den Sanwinkel, wo eben der Feind seine Stellungen abzubrechen begann. Im Weichsellande war die Lage seit dem 22. Mai so gut wie unverändert geblieben. Die k.u.k. 1. Armee hielt im Bergland südlich und westlich von Opatów; Woyrsch stand in flach gegen Nordosten geschwungenem Bogen zwischen dem südlichen Kamiennaufer und Nowe Miasto. Die deutsche 9. Armee, seit 16. April durch den GFM. Leopold Prinz von Bayern, den Schwiegersohn des Kaisers Franz Joseph, befehligt, war an der Rawka und an der Bzura in den seit der Jahreswende von den deutschen Truppen eingenommenen Linien eingegraben. Nördlich von der unteren Weichsel zog sich die dünn gespannte Front Hindenburgs von Płock über Augustowo ins Vorfeld von Kowno, dann im allgemeinen längs der Dubissa, um, im Breitengrad von Libau rechtwinklig abgebrochen, gegen den ebengenannten Hafenort zu verlaufen. In diesem letzten Abschnitt, in Kurland, fehlte noch der ununterbrochene Schützengraben, weite Strecken luden zu ausholenden Manövern und zu einem phasenreichen Kleinkrieg ein.

Aus dem militärischen Blickfeld der Ostfront betrachtet, standen dem

von den verbündeten Heeresleitungen nunmehr geplanten Stoß zwischen Bug und Weichsel (S. 497) keine unüberwindlichen Hemmnisse im Wege, Die Stoßkraft der Armeen konnte trotz der Anforderungen und Beschwernisse des eben abgelaufenen Feldzuges als durchaus ausreichend gelten, die stark durcheinandergewürfelten, empfindlich gelichteten und vor allem an würgender Munitionsnot leidenden Streitkräfte der bisherigen russischen Südwestfront weiter zurückzu drängen. Zumal die Teile des russischen Heeres, gegen die sich nun der Stoßkeil Mackensens zu richten hatte, schienen am allerschwersten getroffen zu sein.

Eine entscheidende Voraussetzung für die Führung des neuen Feldzuges war aber die, daß die Verbündeten vom russischen Kriegstheater keine ins Gewicht fallenden Kräfte an andere Fronten abgeben mußten. Nun war jedoch die Lage an diesen Fronten keineswegs einfach und klar. Wohl konnte der am 9. Mai bei Arras und La Bassée angesetzte Angriff der Westmächte als abgeschlagen gelten; aber wenn schon aus keinem anderen Grunde, so fühlten sich die Alliierten wegen der Russen auch weiterhin verpflichtet, die ganze deutsche Westfront durch Teilvorstöße in Atem zu halten. GdI. Falkenhayn nahm daher in Aussicht, vier Divisionen Mackensens (XXXXI. RKorps, 8. bayr. RD. und 56. ID.), die ehestens auf die Bahn gesetzt werden sollten, nach Frankreich zu überführen.

Nicht geringer war aber das Wagnis, das die öst.-ung. Heeresleitung auf dem Balkan auf sich genommen hatte. Denn bei einer Gesamtstärke der dort stehenden Heeresmacht von 177.000 Gewehren, 500 Maschinengewehren und 1100 Geschützen verfügte der kommandierende General in Sarajevo über gar keine, GdK. Tersztyánszky bloß über zehn öst.-ung. und neun deutsche Feldbataillone; alles andere war Landsturm. Ihnen standen elf fast kriegsstarke serbische und vier montenegrinische Divisionen gegenüber. Dieses Mißverhältnis sollte nun durch eine groß angelegte Demonstration verschleiert werden, die am 26. Juni auf dem nördlichen Donauufer einsetzte und am 29. ihren Höhepunkt erreichte. Sie bestand aus lebhafterer Artillerietätigkeit, regem Bahnverkehr, Aufstellen von Zeltlagern, Truppen- und Trainbewegungen, wobei namentlich Truppenteile der deutschen 103. ID. den in Südungarn lebenden serbischen Parteigängern recht auffallend gezeigt wurden. Nach den beobachteten serbischen Gegenmaßnahmen war anzunehmen, daß diese Demonstrationen nicht ganz wirkungslos blieben.

Recht ernst sah GO. Conrad die von Rumänien her drohende Gefahr an. Immer wieder beschwor er den Außenminister Baron Burián, nichts unversucht zu lassen, um das Nachbarkönigreich, dessen Verhandlungen mit Petersburg kein Geheimnis geblieben waren, auf die Seite der Mittelmächte zu bringen. Conrad war sogar geneigt, einem sofortigen Sonderfrieden mit Rußland zuzustimmen, um die Möglichkeit eines Vorgehens Rumäniens gegen die Donaumonarchie auszuschalten. Da aber ein Ausspringen Rußlands doch fraglich war, bezeichnete er es als unerläßlich, „Rumänien vorerst mindestens zur wohlwollenden Neutralität zu bringen“, wobei er an nationale Zugeständnisse für die ungarländischen Rumänen und an finanzielle Zuwendungen Deutschlands an Rumänien dachte.

Auch in militärischer Hinsicht bemühte sich das AOK., gegen einen rumänischen Einbruch vorzusorgen, weil Siebenbürgen nach dem im Oktober 1914 erfolgten Abzüge Pflanzer-Baltins (Bd. I, S. 397, 483) ohne Feldtruppen geblieben war. Da aber jetzt, nach dem Eingreifen Italiens, jede entbehrliche Truppe an die Südwestfront geworfen werden mußte, griff man auf die sechsundneunzig an der rumänischen Grenze stehenden, durch Landstürmer verstärkten Gendarmerieposten und einige landeinwärts befindliche Gendarmeriereserven, zusammen 9600 Mann, aus denen der anfangs Juni nach Siebenbürgen berufene GM. Goldbach, ehemals Generalstabschef des Hermannstädter Korps, die „Siebenbürger Gendarmerietruppendivision“ bildete. Diese Division, aus der im Herbst 1915 nach Ausscheiden der meisten Berufsgendarmen die 70. HID. gebildet wurde, versah den Grenzschutz und schuf feldmäßige Befestigungen in den dreizehn Grenzpässen, während das Militärkmdo. Hermannstadt längs der Kleinen Kokel und der Maros eine Siebenbürgen quer durchziehende Stellung bauen ließ, unter deren Schutz im Bedarfsfall ein Aufmarsch gegen Rumänien erfolgen konnte. In ähnlicher Weise traf auch das Militärkmdo. Temesvár Vorsorgen, die die Herstellung der Verbindung der Maros-Kokelstellung mit den im Banat schon aus dem Feldzuge gegen Serbien bestehenden Verteidigungslinien und die Sperrung des Donautales bei Orsova betrafen1).

Schließlich nahm das AOK. noch die Verstärkung der Besatzung Siebenbürgens durch zwei im Hinterlande neu aufgestellte Brigaden in Aussicht, von denen die 202. HIBrig. tatsächlich für kurze Zeit nach Maros-Vásárhely und Szász-Régen, die k. k. 205. LstlBrig. aber geradewegs an die serbische Grenze gelangten.

Auf dem Ballhausplatz beurteilte man die rumänische Frage allerdings viel ruhiger als in Teschen und war der Meinung, daß nach den Siegen in Galizien von Bukarest keine Überraschung zu besorgen sei.

x) Kiszling, Der Feldzug gegen Rumänien 1916 (Mil. wiss. Mitt., Wien 1929), 3 f.

Was schließlich die eben erst errichtete Abwehrfront gegen Italien anlangt, so hatte Conrad in den Tagen der Kriegserklärung immer wieder betont, daß es nach Ablauf von vier oder fünf Wochen unvermeidlich sein werde, dem neuen Feinde durch einen aus Innerösterreich geführten Gegenstoß zu begegnen. Dabei ging er allerdings von der an sich gewiß vollberechtigten Meinung aus, das frische italienische Heer werde bis dahin längst die schwache Isonzoverteidigung überrannt haben und mit seinen Heersäulen in den küstenländischen Karst und in die Engen der karnisch-julischen Alpen eingedrungen sein. Inzwischen war alles ganz anders gekommen. Es war dank dem unerwartet zögernden und vorsichtigen Vorgehen der Italiener gelungen, mit notdürftig zusammengerafften Scharen vom Stilfser Joch bis zur Adria eine dünne Abwehrkette zu spannen und mit beherzter Entschlossenheit die ersten, zum Glücke unbeholfen und unzusammenhängend geführten Vorstöße Cadornas abzuschlagen. Diese Tatsachen durften aber die k.u.k. Heeresleitung nicht darüber täuschen, daß sich im Cadore, vor Tolmein, vor Görz und am Fuße der Karsthochfläche dichte Massen italienischer Streiter zusammenballten, deren Vorbrechen stündlich zu erwarten war.

Trotzdem scheint in den Beratungen, die in den Tagen des Kampfes um Lemberg zwischen den beiden Generalstabschefs abgehalten wurden, von dem im Mai vielerörterten Gegenschlag gegen die Italiener kaum mehr mit einem Worte die Rede gewesen zu sein. Die beiden Generalstabschefs waren darin einig, ohne Beachtung der Gefahren, mit denen im Westen und besonders im Südwesten zu rechnen war, den nächsten Erfolg dort zu suchen, wo er am ehesten zu winken schien, eben gegen Rußland. In diesem Sinne war der Befehl gehalten, der am 22. Juni von Teschen aus an die galizischen Armeen erlassen wurde: ,,GFM. v. Mackensen führt mit der 4. und der 11. Armee die Verfolgung gegen den in nördlicher Richtung weichenden Feind fort. Für die Deckung der Ostflanke wird ihm das Beskidenkorps [der 2. Armee] unterstellt. 2. Armee tritt aus dem Verband der Armeegruppe Mackensen und verfolgt den Feind in der Richtung Busk (einschl.)—Firlejów (einschl.). Südarmee, forciert den Dniester abwärts Żurawno, um Halicz von Norden abzuschließen und über die untere Gniła Lipa vorzudringen.“

Der 7. Armee blieb die Erfüllung der bisherigen Aufgabe überlassen: Vorstoß über den Dniester, Sicherung der rechten Heeresflanke und des Besitzes von Czernowitz (S. 498).

In schwieriger Lage befand sich um diese Zeit die Zarenarmee. Zu dem strategisch sehr unangenehm empfundenen weiten Zurückdrängen ihres Südflügels, das einen baldigen Verlust Ostgaliziens und eine dadurch bedingte Preisgabe des Weichselvorlandes besorgen ließ, gesellte sich die trostlose Verfassung des gesamten Südwestheeres. Mochten auch zur Füllung der durch die außergewöhnlich hohen Verluste entstandenen Lücken — es fehlten beiden Fronten nahezu 500.000 Mannausreichende Menschenmassen zur Verfügung stehen, so waren diese Soldaten doch nur höchst mangelhaft geschult und bildeten, weil auch bloß dürftig ausgerüstet, einen Ersatz fragwürdigen Wertes. Auf die unbehebbare Not an Waffen und Schießbedarf ist schon des öfteren hingewiesen worden.

In seiner Bedrängnis fand Rußland auch wenig Hilfe bei seinen Bundesgenossen. Die Westmächte ließen sich nach dem Fehlschlag ihrer Entlastungsoffensive zunächst die Aufrüstung ihrer eigenen Heere angelegen sein; Rußland konnte daher erst für den Herbst auf einen Ablenkungsangriff im Westen hoffen. Von Paris mußte Rußland aber auch die Mahnung vernehmen, daß das französische Heer nur sehr ungern einen zweiten Winter in den Schützengräben verbringen würde1).

Auch Italien hatte durch sein umständliches und zaghaftes Vorgehen dem Zarenheere bisher keine Entlastung gebracht und dessen Hoffnungen auf eine solche auf das bitterste enttäuscht. Als Lemberg fiel, stand das italienische Heer erst am Vorabend seines ersten Ansturmes gegen die Isonzofront.

Noch weniger Freude erlebte Rußland neuerlich an seinem serbischen Schützling. Statt Österreich-Ungarn anzugreifen, hatten die Serben tatsächlich mit der Besitznahme Nordalbaniens begonnen. Unter dem Vorgeben, sich gegen Rückenbedrohung durch aufständische Arnauten zu sichern, waren sie mit Truppen III. Aufgebotes am 8. Juni in Elbasan, am 11. in Tirana eingezogen. Am 28. besetzten die Montenegriner Skutari. Alles geschah unbekümmert um den russischen Protest. Als nun die Russen zur Erleichterung ihrer schwierigen militärischen Lage Serbien für den 23. Juni neuerlich zu einem Vorstoß nach Syrmien auf forderten, wurden sie zunächst auf das Ende dieses Monats vertröstet. Da aber die Serben

— offenbar im Hinblick auf den Dardanellenangriff der Westmächte — von London her vor jeder Übereilung gewarnt wurden, weil sie so sehr leicht überlegene gegnerische Kräfte auf sich ziehen konnten, nützten sie diese Meinungsverschiedenheit zwischen den verbündeten Großmächten zum Verharren in der bisherigen Untätigkeit aus2).

Ebenso ergebnislos blieben Rußlands Bemühungen um Rumänien.

!) Das Zaristische Rußland im Weltkriege, 214ff.; Danilow, 510.

2) Serb. Gstb. W., VIII, 121, 125 ff., 139.

Der Ministerpräsident Bratianu schraubte in hinhaltend geführten Verhandlungen die Forderungen für das militärische Eingreifen immer höher, bis er am 20. Juli unter Hinweis auf Rußlands ungünstige Kriegslage erklärte, den Zeitpunkt seines Hervortretens nicht bestimmen zu können1).

Dergestalt auf sich allein gestellt, mußte Rußland versuchen, aus eigener Kraft seine militärische Lage zu festigen. Leicht war dies sicherlich nicht, denn dem traurigen Zustand seines Heeres gesellten sich innerpolitische Schwierigkeiten bei, die in großen Unruhen in Moskau ihren Ausdruck fanden. Damals keimten die schon in den blutigen Karpathenkämpfen geweckten revolutionären Strömungen in der von schwersten Verlusten heimgesuchten russischen Armee bereits merkbar auf. Auch in der Besetzung hoher Staatsämter mußte Wandel geschaffen werden; so wurde Kriegsminister Suchomlinow, dem man die Vernachlässigung der Heeresrüstungen zur Last legte, durch Gen. Poliwanow ersetzt.

Hatte der Großfürst-Generalissimus schon am 20. Juni in Anbetracht des kaum mehr vermeidbaren Verlustes von Lemberg die Räumung der galizischen Hauptstadt und des noch besetzten galizischen Gebietes anbefohlen, so war hiebei für die nach Norden abziehenden Teile der Südwestfront die Linie Lublin—Cholm—Władimir-Wołyński als neue Front in Aussicht genommen worden, während der Südflügel bis an den Zbrucz weichen sollte. Als nun am 22. Lemberg tatsächlich fiel, wies Iwanow die 4. und die 3. Armee und die als Verbindungsglied zum Südflügel aus dem II. und V. kauk., dem XXIII. und XXIX. Korps und dem IV. Kavalleriekorps geschaffene Gruppe Olochow zum Rückzug in die vorgenannte Linie Lublin—Władimir-Wołyński an, um die nach Brest-Litowsk führenden Straßen zu decken. Die 8. und die 11. Armee hatten sich allmählich an die Reichsgrenze zurückzuziehen und den Gegner dort in mit aller Tatkraft zu erbauenden Stellungen aufzuhalten. Die 9. Armee sollte ihre Front mit der 11. in Einklang bringen.

Um über das höchst schwierige Problem der weiteren strategischen Maßnahmen klar zu werden, fand am 24. Juni zu Baranowiczi ein Kriegsrat statt, dem auch der Zar beiwohnte. Hiebei wurde einvernehmlich festgesetzt, daß Rußlands nächste strategische Aufgabe Zeitgewinn bis zum Herbst sei. Das in zwei bis zweieinhalb Monaten eintretende Herbstwetter werde die Wege ungangbar machen und dadurch einen Operationsstillstand erzwingen, der dann zur gründlichen Erneuerung des Heeres Gelegenheit böte. Die im Augenblick weit nach Westen bis über die Weichsel vorragende Heeresmitte war aber von Norden und von Süden Flanken-

x) Das Zaristische Rußland im Weltkriege, 219.

angriffen ausgesetzt, mußte daher allmählich zurückgezogen werden. Als vorteilhafte Grenzlinie der Rückbewegung wurde eine Front ermittelt, die von Riga über Kowno, Grodno, Brest-Litowsk, dann entlang des oberen Bug zu einem linken Nebenfluß des Dniester und schließlich, dem letzteren folgend, bis zur rumänischen Grenze verlaufen sollte. Da die beiden äußersten Heeresflügel diese neue Front schon fast erreicht hatten, ergab sich ein ungleiches Maß der auszuführenden Rückbewegung. Die beiden Flügel mußten alsbald wieder festen Fuß fassen, indes die vorhängende Heeresmitte durch einen weitreichenden Rückzug der drohenden Umklammerung entzogen werden sollte. Der Zeitpunkt für den Beginn der Bewegung wurde allerdings noch nicht festgesetzt.

Auch die neue Heeresgliederung wurde in Baranowiczi endgültig beschlossen. Dem sich immer mehr Geltung verschaffenden Führer der Nordwestfront, Gen. Alexejew, wurden auf seine Anregung hin auch die

4. und die 3. Armee sowie die Gruppe Olochow (später 13. Armee unter Gen. Gorbatowski) unterstellt; er verfügte somit vom 25. Juni an über acht Armeen, das waren zwei Drittel des 108 Infanterie-, 35 Kavalleriedivisionen und 16 Schützenbrigaden starken Zarenheeres. Iwanow wurde auf die 8., 11. und 9. Armee beschränkt, zusammen nur 37 Infanterie-und 9 Kavalleriedivisionen. Als Trennungslinie zwischen den beiden Heeresfronten nahm man nach vollzogenem Rückzuge das auch von den Russen als Manövriergelände für ungeeignet angesehene Sumpfgebiet des Polesie in Aussicht, in dem nur Kavallerie zwischen den inneren Flügeln der Nordwest- und der Südwestfront Verbindung halten sollte34).

Die Schlacht bei Bukaczowce und Bobrka

Vorrückung der 2. tmd der Südarmee vom 23. bis 25. Juni Hiezu Beilage 29

Der vom AOK. am 22. Juni ausgegebene Befehl (S. 552) hatte die k.u.k. 2. Armee zur Verfolgung des weichenden Feindes in der Richtung Busk— Firlejów angewiesen. GdK. Böhm-Ermolli gab hierauf seinen fünf Korps für den 23. nach links vorwärts gestaffelte Vorrückungsziele an, die durch das Straßenstück Nowosiółki (südwestlich von Busk)—Wyżniany —Podjarków für das IV. und das XIX. Korps, Kocurów—Bobrka für das

XVIII., den Bachabschnitt ChlebowiceWk.—Wybrano wka für das V. Korps und durch Brzozdowce für die Gruppe Szurmay gekennzeichnet waren. Von der russischen 8. und 11. Armee wußte man durch mitgelesene Funksprüche, daß sie am 22. wohl ihre Korpskommandos in die Linie Dobrotwór—Gliniany—Bobrka—Narajów rückverlegt hatten; doch mußte noch mit hartnäckig sich wehrenden Nachhuten gerechnet werden.

Am 23. früh schritt das k.u.k. IV.Korps mit der 27., der 32. und der 43. Division zum Angriff gegen das in der Linie Barszczowice—Mikłaszów festgestellte russische VII. Korps, indes die noch nördlich des die neue Armeegrenze bildenden Jaryczowskikanals befindliche 31. ID. nach Süden hinter die 27. als Korpsreserve gezogen wurde. Kurz nach 10h vorm. erstürmten die 43. SchD. und die 32. ID. das zäh verteidigte Mikłaszów, worauf das Korps die Vorrückung gegen Osten fortsetzte. Hiebei mußte die 27. ID. im Angriff etwas gebremst werden, weil das links benachbarte Beskidenkorps sich nordwärts gegen Żółtańce zog und die linke Flanke der 27. ID. offenließ.

Beim XIX. Korps drang die 29. ID., verstärkt durch die halbe

13. SchD. — die 26. SchBrig. dieser Division war zunächst Besatzung von Lemberg geblieben — gegen Czyżyków vor. Die 34. ID. entriß dem Feinde Dżwinogród, wandte sich dann mit Teilen nach Süden, um dem vor dem XVIII. Korps (9. ID. und 1. LstlBrig.) in der Bahnschlinge bei und südlich von Stare Sioło noch haltenden Russen den Rückweg nach Bobrka zu verlegen. Im gleichen Sinne wirkte von Süden her die aus der 4. KD. und der 1. LstHusBrig. gebildete Gruppe GM. Berndt

Das V. Korps rückte, von den Nachhuten des russischen VI. Korps nur wenig behindert, mit der 33. und der 14. ID. sowie mit der 51. HID. in direkt östlicher Richtung vor; doch erreichte nur die letztgenannte, die in der Frühe Mikołajów kampflos durchschritten hatte, das ihr zugewiesene Marschziel Wybranówka. Die beiden anderen Divisionen, in ihrem Marsch durch die ausgebreiteten Waldungen gehemmt, gelangten bis Suchodół. Die 7. ID. hatte anfänglich hinter der 51. HID. zu folgen. Die Gruppe Szurmay (40. HID. und 128. HIBrig.) gewann das nördliche Dniesterufer.

Bis zum 23. abends hatte die 2. Armee wohl ihre zuerst tief eingebuchtete Mitte in eine geradlinige Front gebracht, die Vorrückungsziele waren aber nur am äußersten Südflügel erreicht worden.

Unterdessen hatte die deutsche 11. Armee begonnen, sich für den Nordstoß bereitzustellen; ihre nach Osten offene Flanke hatte das Beskidenkorps zu sichern, das hiezu der 11. Armee unterstellt wurde.

Um die Offensive ungestört vorwärtstragen zu können, alle Kräfte für den Hauptstoß Richtung Nordwest zur Verfügung zu haben und die rechte Armeeflanke stets gesichert zu wissen, erachtete es GFM. Mackensen für unerläßlich, das nach Osten deckende Beskidenkorps dem Fortschreiten der Offensive entsprechend nach Norden vorschieben zu können.

Mackensen erwirkte beim AOK. für die k.u.k. 2. Armee den Auftrag, ihren Vorrückungsraum bis Kamionka-Strumilowa auszudehnen. Böhm-Ermolli bestimmte zur Ablösung des Beskidenkorps die aus der 31. ID. und der halben 13. SchD. zusammengesetzte Gruppe FML. Edl. v. Kreysa. Als Ersatz für die ausscheidenden anderthalb Divisionen erhielt das IV. Korps die Gruppe GM. Berndt zugewiesen, die bis zum 26. am Nordflügel einzusetzen war.

Wegen der Verbreiterung des Vorrückungsraumes der 2. Armee, der beim Gelingen des Stoßes der Gruppe Mackensen noch an Ausdehnung zunehmen mußte, gewann der Nordflügel Böhm-Ermollis erhöhte Bedeutung. Deshalb zog der Armeeführer die 7. ID. und die Gruppe Szurmay als Armeereserve nach Lemberg heran. Den durch das Vorgehen der Südarmee sich ohnedies verengenden Frontabschnitt Szurmays hatte das V. Korps zu übernehmen.

Die deutsche Südarmee hatte nach ihrem Eintreffen am Dniester schon am 20. den Befehl zum Vorstoß über diesen Fluß erhalten. Mit Rücksicht auf das allmähliche Eintreffen des aus Syrmien anrollenden deutschen X. RKorps, GLt. Kosch, (101. und 105. ID.) konnte erst die Nacht auf den 23. Juni, als wenigstens zwei Drittel dieses Korps zur Stelle waren, für den Angriffsbeginn bestimmt werden.

Um nach dem Flußübergang nicht lediglich den rechten Flügel der

2. Armee zu verlängern und auch nicht in den Żydaczów im Norden bogenförmig umschließenden Hügelkranz hineinzustoßen, auf dem sich schon die neuen russischen Stellungen abzeichneten, schob GdI. Linsingen die Masse seiner Armee nach rechts zwischen Żurawno und Halicz zusammen, denn von hier aus konnte der vor der 2. Armee haltende Feind in der Südflanke gefaßt werden. Hiezu hatten GdI. Gerok (k.u.k. 19. ID.) bei Martinów Str., das X. RKorps im Anschluß links davon bis ausschließlich von Żurawno, und GdI. Bothmer mit der deutschen l.ID. und der 3. GID. bei letztgenanntem Ort den Dniester zu überschreiten. Zum Schutz der Ostflanke sollte GdK. Marschall mit der Masse seiner Truppen Halicz von Süden her, mit der Brigade Obst. Bolzano im Norden abschließen. Am Westflügel hatten den Flankenschutz der linke Flügel des Korps Bothmer, die 48. RD., die 38. HID. und die 1. KD., zu besorgen, die bereit sein mußten, einen allenfalls über Żydaczów nach Süden gerichteten russischen Vorstoß zu parieren. Sie hatten aber sofort auf das Nordufer zu folgen, wenn der Russe Żydaczów aufgab. Die 7. Armee sollte durch einen Angriff bei Mariampol das Vorgehen Linsingens unterstützen.

Die Truppen der Südarmee, die am 23. im dichten Morgennebel östlich von Żurawno übergegangen waren, trafen auf einen zur Abwehr bereiten Feind, der die verbündeten Truppen durch heftige Gegenstöße in den Fluß zurückzuwerfen suchte. Sechs Tage schwerer, blutiger Kämpfe, die als „Schlacht bei Bukaczowce und Bobrka“ zusammengefaßt werden können, standen den Schulter an Schulter ringenden Armeen Linsingens und Böhm-Ermollis bevor.

Trotz scharfer russischer Gegenwirkung vermochte sich die Brigade Obst. Bolzano nördlich von ihrem Übergangspunkt Perłowce zu behaupten. Der 19. ID. aber spielte der Russe übel mit; er drängte sie zum Teil in den Dniester zurück, wobei sie empfindliche Verluste, namentlich an Gefangenen, erlitt1). Auch das X.RKorps und die zwei rechts stehenden Divisionen Bothmers trafen auf zähen Widerstand und mußten sich mit der Behauptung von schmalen Uferstellungen begnügen. Dafür hatte der linke Flügel Bothmers, vor dem die Russen in der Nacht das südliche Dniesterufer geräumt hatten, den Abzug des Feindes frühzeitig erkannt, folgte rasch über den Fluß nach und erreichte bis zum Abend die Seenengen nördlich und südlich von Chodorów, mit der Absicht, tags darauf nach Knihynicze und Fraga vorzurücken.

GdI. Bothmer machte sich nun das überraschend schnelle Fortschreiten seines linken Flügels zunutze und schob auch die 3. GID. über Żydaczów auf das nördliche Dniesterufer, um so den Flankendruck gegen die auf dem Nordufer abwärts von Żurawno sich zäh verteidigenden Russen zu verstärken. Dennoch bescherte der 24. der Südarmee weder am Dniester noch vor dem Lug einen Raumgewinn, und auch am 25. leistete die russische 11. Armee hier wie dort zähesten Widerstand. Mit einem erstaunlich großen Geschoßaufwand unterstützte die russische Artillerie die Vorstöße ihrer Infanterie gegen die Brückenkopf Stellungen der Verbündeten. So hatte die Brigade Bolzano, die mittlerweile dem Korps Gerok zugeteilt worden war, am 25. etwa sechzehn Gegenangriffe abzuschlagen. Immerhin war es an diesem Tage geglückt, fast die ganze Infanterie und Teile der Artillerie der Korps Gerok, Kosch und Bothmer

ł) Die Gesamtverluste der 19. ID. am 23. Juni betrugen 72 Offiziere, 2600 Mann und 10 Maschinengewehre.

auf das Nordufer zu bringen. Die 19. ID. setzte sich endgültig in den Besitz von Martinów Str., das X. RKorps erstürmte Bukaczowce und die

1. ID. Bothmers vermochte um 2 km über Żurawno hinauszukommen. Hiedurch war der Südarmee, die in den drei letzten Tagen 3550 Gefangene eingebracht hatte, die Möglichkeit gegeben, am 26. den Angriff vom Ług und vom Dniester her mit ganzer Kraft fortzusetzen.

Als beim 2. Armeekmdo. am 23. Juni abends das rasche Vordringen des Nordflügels Bothmers und die Absicht, mit diesen Heeresteilen am nächsten Tage Knihynicze und Fraga zu gewinnen, bekannt geworden war, spornte Böhm-Ermolli das XIX., das XVIII. und das V. Korps an, schon am 24. Kurowice und den Świrzbach zu erreichen. Da sich aber die Russen vor der 2. Armee in einer Linie festgesetzt hatten, die sich von Dziewiętniki aus auf dem schmalen, waldigen Rücken zwischen Lug und Biały p., dann über Dżwinogrod—Biłka Szlachecka—Jaryczów-Stary bis Żółtańce hinzog, kam es östlich von Lemberg neuerlich zu heftigen Kämpfen. Das V. Korps griff am 24. mit der 51. HID. gegen Dziewiętniki, mit der halben 14. ID. gegen Sokołówka und mit der Masse, halbe

14. und 33. ID., gegen Bobrka an. Nördlich davon sollte das XVIII. Korps den Feind aus der Bahnschlinge bei Podmanasterz vertreiben. Dem

XIX. Korps war der Raum zwischen der nach Bobrka und der nach Przemyślany führenden Straße als Angriffsraum vorgezeichnet, indes das IV. Korps beiderseits der Brodyer Bahn vorstoßen, und die Gruppe Kreysa zunächst das Beskidenkorps ablösen sollten.

Die angreifenden Truppen trafen allenthalben auf zäheste Gegenwehr; der Feind war offensichtlich nicht gesonnen, das Feld so leicht zu räumen. So blieb es denn auch den Divisionen Böhm-Ermollis am 24. versagt, Raum zu gewinnen. An diesem Tage verlegte das 2. Armeekmdo. sein Hauptquartier nach Lemberg.

Tags darauf gelang es aber dem kräftig zugreifenden V. Korps, FML. Goglia, das russische VI. Korps vor Bobrka zu durchbrechen und bis an den Westrand des Ortes zurückzuwerfen. Hierauf wurde auch südlich davon das ganze Westufer des Biały p. gesäubert und der Anschluß an den Nordflügel Bothmers (38. HID.), der noch vor den Teichengen festlag, verläßlich hergestellt.

Das XVIII. Korps warf den Nordflügel des russischen VI. Korps aus zwei hintereinander liegenden Stellungen östlich von der Bahn und erstürmte noch Wodniki, allerdings ohne die Widerstandskraft des Feindes hier völlig brechen zu können. Dafür gelang es dem gegen die Naht zwischen der 11. und der 8. Armee der Russen anstürmenden XIX. Korps, den Feind zum fluchtartigen Rückzug nördlich und südlich von Dżwino-gród zu zwingen.

Beim IV. Korps, das die schon eingetroffene Gruppe Berndt an ihren Nordflügel vor Jaryczów-Stary in die Front gestellt hatte, wurde die 27. ID. in der Nacht auf den 25. durch einen wuchtigen Gegenstoß um 1 km zurückgedrückt. Der nun bei Tag folgende Angriff des Korps Schmidt-Georgenegg konnte gegen die sich hartnäckig wehrenden Russen des VII. und des XVII. Korps keine Erfolge erzielen.

Die Gruppe Kreysa hatte befehlsgemäß die 26. SchBrig. aus Lemberg herangezogen und sich am 24. bei Żółtańce und südlich davon bereitgestellt. Ein in der Nacht zum 25. beim benachbarten Beskidenkorps erfolgter russischer Einbruch veranlaßte FML. Kreysa, mit einer Brigade der 32. ID. helfend einzugreifen, indes die Masse seiner Gruppe sich zur Vorrückung über Kukizów nach Osten anschickte.

Von der Armeereserve gelangte am 25. die 7. ID. nach Żyda-tycze, die Gruppe Szurmay nach Winniki; dies bekundete den Willen des Armeeführers, beim Angriff, der am 26. zur Gewinnung der Linie Dernów (5 km südlich von Kamionka-Strumiłowa)—Żelechów Wk.—Nowosiółki— Kurowice—Świrzbach fortgesetzt werden sollte, das Schwergewicht auf dem Nordflügel wirken zu lassen. Dies entsprach auch der durch GFM. Mackensen gestellten Forderung, der Nordflügel der 2. Armee möge in Übereinstimmung mit dem Beskidenkorps gegen Kamionka-Strumiłowa angreifen. Als GdK. v. der Marwitz aber mitteilte, daß er erst am 27. in der Richtung auf Batiatycze vorstoßen werde, wurde das Angriffsziel für die Gruppe Kreysa und den Nordflügel des IV. Korps um etwa 8 km kürzer gesteckt.

Die Ereignisse bei der Heeresgruppe Mackensen

(23. bis 28. Juni)

Bereitstellung zum Nordstoß Hiezu Beilagen 25 und 30

Als Mackensen am 22. Juni abends den Befehl der k.u.k. Heeresleitung zur Verfolgung des in nördlicher Richtung weichenden Feindes erhielt, dehnte sich die k.u.k. 4. Armee, VIII., XIV., X., IX. und

XVII. Korps, von der Weichsel bei Tarnobrzeg, den unteren San bei Ulanów überquerend, entlang des versumpften Tanew und der Brusienka bis Brusno. Das XIV. Korps (8. und 3. ID.) wurde eben als Armeereserve aus der Front gezogen und südlich von Rudnik versammelt, um einen etwaigen russischen Vorstoß östlich des San abwehren zu können.

Die rechts anschließende deutsche 11. Armee mit dem X., dem XXII. R-, dem Garde-, dem k.u.k. VI. und dem XXXXI. RKorps war bis vor Rawa Ruska, Turynka und Dzibulki herangekommen. Das letztgenannte und das aus der 8. bayr. RD. und der 56. ID. bestehende komb. Korps sollten aus der Front gezogen und abtransportiert werden (S. 550).

War die Vorrückungsrichtung der 11. Armee bis jetzt nach Osten gewendet gewesen, und hatte die 4. Armee seit dem Überschreiten des San ihre Hauptaufgabe darin erblickt, jener die Flanke zu decken, so mußten sich nunmehr beide Armeen zur Offensive gegen Norden bereitstellen. Den Befehl hiezu erließ GFM. Mackensen am 23. mit der Eröffnung, daß der Angriff in der neuen Richtung am 26. beginnen werde.

Da die Richtung der Verkehrslinien und der Lauf des Bug, der die Begrenzung für den rechten Flügel Mackensens bildete, nach Nordwesten wiesen, mußte der Ostflügel der deutschen 11. Armee zunächst etwas vorgeschwenkt werden. Hiebei konnte sich beim Vordringen der 11. Armee eine Umfassung jener Teile der russischen 3. Armee ergeben, die vor dem zurückhängenden rechten Flügel der k.u.k. 4. Armee standen.

Schwierig war für die Heeresgruppe Mackensen die Frage des Flankenschutzes gegen Osten hin zu lösen. Denn sollte zur völligen Niederwerfung des russischen Heeres der Nordstoß stets in vollem Schwung erhalten werden, so mußten doch auch Kräfte zur Deckung der täglich länger und empfindlicher werdenden Ostflanke ausgeschieden werden. Es war klar, daß das hiefür zugewiesene Beskidenkorps der 2. Armee (S. 552) nicht ausreichen konnte. GM. Seeckt, der Stabschef Mackensens, erwartete den nächsten nachhaltigen Widerstand der Russen erst etwa in der Linie Iwangorod—Włodawa, wo sich schon vom westlichen auf das östliche Weichselufer geworfene Feindkräfte geltend machen konnten. Er besorgte aber auch die Einwirkung von anderwärts verfügbar gemachten russischen Divisionen, die auf den Bahnen über Brest-Litowsk und Kowel gegen die dann schon etwa 150 km lange rechte Flanke der 11. Armee herangeführt werden konnten. Da GM. Seeckt die vom AOK. als Gegenmaßnahme verfügte Streckung der 2. Armee bis Kamionka-Strumiłowa (S. 557) nicht für ausreichend erachtete, beantragte er am 24. in Teschen, diese am Vormarsch in nördlicher Richtung in der allgemeinen Direktion Władimir-Wołyński in Staffeln vom linken Flügel teilnehmen zu lassen. Er erhoffte sich bei Fortsetzung der Vorrückung der 2. Armee in vorgenannter Richtung eine Umgehung II    36 einer bei Włodawa an den Bug angelehnten russischen Stellung und später die Deckung gegen Brest-Litowsk. Zur endgültigen Säuberung Ostgaliziens erachtete er die 7. und die Südarmee für ausreichend.

Doch schon die nächsten Stunden und Tage erwiesen die Stärke der Ostgalizien zähe verteidigenden 8., 11. und 9. Russenarmee. Das AOK. konnte daher auf die angeregte Verwendung der 2. Armee nicht eingehen, obwohl es sich in einer am 29. Juli an GM. Seeckt abgesandten Antwortdepesche zur gleichen Ansicht bekannte, daß „der Schutz der Ostflanke der 11. Armee auf die Dauer nur offensiv möglich“ sei. Deshalb betrieb es die Ablösung und die Verschiebung der 1. Armee vom westlichen Weichselufer an den Bug; sie wurde später, in der zweiten Hälfte des Monats Juli, im Sinne der Anregung Seeckts auch tatsächlich zum Vormarsch auf Władimir-Wołyóski angewiesen.

Mackensens Armeebefehl vom 23. Juni ordnete die Bereitstellung der 11. Armee für die am 26. Juni früh in breiter Front aufzunehmende Verfolgung auf der Grundlinie Brusno—Werchrata—Siedliska—Raum nördlich von Rawa Ruska—Turynka an. Da diese Linie aber teilweise noch in feindlichem Besitz war, mußte es bis zum 26. zu Kämpfen kommen.

Den engeren Schutz der rechten Armeeflanke hatten die 11. bayr. ID. und das durch die 11. HKD. verstärkte Beskidenkorps in der Linie Zoltánce—Turynka, dem bisherigen Abschnitt des XXXXI. RKorps und der 39. HID., zu versehen; hiebei waren das XXXXI. RKorps durch das Beskidenkorps, die Honvéd durch die Bayern abzulösen. Wegen eines in der Nacht auf den 25. unternommenen Gegenangriffes des russischen

VIII. Korps gelang nur die Ablösung einer Hälfte des XXXXI. RKorps. Störend wirkte auch ein bei Turynka am 24. beim Morgengrauen von Teilen des russischen XXVIII. Korps auf die Vorposten der 39. HID. ausgeführter Überfall, der gegen Żółkiew Raum gewann. Rasches Eingreifen der 11. HKD., die sich eben zum Abreiten an den rechten Armeeflügel anschickte, begrenzte den Einbruch. Verstärkungen der 39. HID. und der zu ihrer Ablösung anrüqkenden 11. bayr. ID. stellten sodann bis zum frühen Nachmittag die Lage wieder her. Nun konnte die Ablösung der 39. HID. glatt vor sich gehen, und die Bereitstellung des Korps Arz

— links die 12. ID. und rechts rückwärts in der Staffel die Honvéd — wie jene des Gardekorps bis zum Abend des 25. kampflos erfolgen.

Das XXII. R- und das durch die 22. ID. verstärkte X. Korps des GdI. Emmich stießen dagegen beim Vorrücken in die Bereitstellungslinie knapp nördlich von Rawa Ruska und vor Werchrata auf hartnäckigen Widerstand der Gruppe Olochow. Sie gelangten auf nächste Entfernung an den Feind heran, drangen aber bis zum 25. abends noch nicht durch. Die 107. und die 119. ID. waren Armeereserve. Die 56. ID. und die

8. bayr. RD. standen hinter dem linken Armeeflügel zum Abrollen bereit.

Das 4. Armeekmdo. wies seine Korps am 23. an, die erreichten Räume bis zur neuen Offensive festzuhalten.

Indessen hatten das XV. und das IX. Russenkorps in der Nacht zum 23. mit der Räumung des San-Weichselwinkels begonnen (S. 496). Das k.u.k. VIII.Korps, dem auch die durch neun Landsturmbataillone verstärkte 40. HIBrig. unterstellt wurde, stieß unverzüglich nach. Es erreichte an diesem Tage die Linie Sokolniki—Turbia und am 24. mit Vortruppen den San von der Mündung bis Ulanów, wo es sich sodann am Uferdamm zur Verteidigung einrichtete.

Da die nach Nordwesten gerichtete Offensive der 11. Armee erwarten ließ, daß sie der 4. die versumpfte Tanewniederung aufriegeln werde, erließ GFM. Mackensen am 24. an die 4. Armee den Befehl, bei kampflosem Rückzug der russischen 3. Armee im Raume zwischen der Linie Brusno—Narol—Obrocz—Gorajec und der Weichsel zu folgen. Sollte der Feind vor der 4.Armee jedoch seine Stellungen zu behaupten versuchen, hätte das k.u.k. XVII.Korps sich dem Angriffe der 11. Armee anzuschließen. Das 4. Armeekmdo. verstärkte hierauf am 25. das Korps Křitek durch die hinter dem IX. Korps stehende 41. HID. und die halbe

26. SchD. und wies das XVII. sowie den rechten Flügel des IX. Korps zu umfassendem Angriff auf die die Straße Cieszanów—Narol—Bełżec beherrschende Landschwelle nördlich von Żuków an. Alle übrigen Korps hatten den Feind zu binden und sich zum Vorbrechen bereitzuhalten. Das XIV. Korps hatte als Reserve nach Leżajsk zu rücken.

Die Mackensen gegenüberstehenden russischen Streitkräfte, 3. Armee, Gruppe Olochow und die drei rechten Flügelkorps der 8. Armee, mußten im Sinne der am 24. gefaßten Entschlüsse (S. 554) den Gegner so lange aufhalten, bis die 4. und die 2. Armee vom westlichen auf das östliche Weichselufer herübergezogen waren. Bis dahin — der Zeitpunkt stand noch nicht fest — hatten die 3. Armee und die Gruppe Olochow im Sinne der von Alexejew am 25. erlassenen Weisung „die nach Lublin, Cholm und Władimir-Wołyński führenden Straßen zu decken und langsam, nur dem Drucke des Feindes folgend, auf die Stellung Opole—Krasnostaw— Władimir-Wołyński—Swinjuchy zurückzugehen“ 1).

i) Zajontschkowskij, Die Periode des Bewegungskrieges 1914 und 1915 .auf dem russisch-europäischen Kriegsschauplätze (in russischer Sprache, Moskau 1929), 322.

Der Vorstoß auf Tomaszów (26. bis 28. Juni)

Bei der 11. Armee hatten am 26. Juni nur der linke Flügel und die Mitte den an diesem Tage beginnenden Angriff einzuleiten, indes der rechte Flügel wegen der Verbindung zur 2. Armee noch zurückgehalten wurde.

Das am linken Flügel vorgehende Korps Emmich war noch am 25. auf den heftigen Widerstand der Gruppe Olochow gestoßen; es konnte erst nach zähen Kämpfen am 26. abends die ihm aufgetragenen Vorrückungsziele, Miasteczko und A390, gewinnen. Dagegen vermochten das XXII. RKorps, die Garde, das k.u.k. VI. Korps und die 11. bayr. ID., vor denen das XII. und das XXVIII. Korps Brussilows kampflos zurückwichen, bis Teniatyska auf dem Nordufer der Solokija sowie bis zum Nordrand der südlich von Uhnów sich ausbreitenden Waldzone und bis Poddouhe vorzudringen, zum Teil weiter, als es die Armeeleitung ursprünglich geplant hatte.

Der rechte Flügel der 4. Armee hätte nach der ursprünglich bestehenden Absicht durch einen Zangenangriff auf die bei Żuków stehenden Russen das Vorgehen Emmichs begleiten sollen. Witterungs- und Geländeschwierigkeiten führten jedoch dazu, daß die im Anschluß an die 11. Armee kämpfende Gruppe FML. Schay (S. 426) Teile der deutschen 22. ID. ablöste, die sich dadurch stärker gegen rechts zusammenballen konnte. Die Gruppe Schay schloß sich tags darauf, am 27., dem Angriff dieser Division an; doch fanden beide die Stellungen des Feindes leer. Dieser hatte sich inzwischen während der Nacht in die vorbereitete Linie Ruda Różaniecka—Płazów—Höhen südlich von Narol—Chlewiska zurückgezogen, die nun gegen Abend von den inneren Flügeln der beiden verbündeter. Armeen angegriffen wurde. Während der rechte Flügel der 10. ID. und die 45. SchD. vor den stark besetzten russischen Gräben liegen blieben, nahm die 11. ID. das brennende Płazów im Sturm, und die 41. HID. erstritt um Mitternacht den Besitz der Bildstockhöhe südlich von Narol. Weiter östlich hatte unterdessen das Korps Emmich den Widerstand der Russen bei Chlewiska gebrochen und war am Abend mit der 22. ID. zur Umfassung gegen Narol eingeschwenkt.

In der Mitte der Armee Mackensen gelangten das XXII. R-, das Garde- und das k.u.k. VI. Korps nahezu kampflos bis in die ihnen als Tagesziel vorgezeichnete Linie Żurawce—Uhnów—Chlewczany. Von der Flankenschutzgruppe dehnte sich der linke Flügel der 11. bayr. ID. zum

Anschluß an das Korps Arz, der rechte Flügel und das Beskidenkorps kamen kämpfend an Mosty Wielkie und Kamionka-Strumiłowa heran; das Beskidenkorps hatte Fühlung mit der südlich von der Bahn vorrückenden 2. Armee.

Diese Kämpfe der 11. Armee vom 25. bis 27. Juni, von den Russen als ,,Schlacht bei Tomaszów“ bezeichnet, hatten das Gefüge des Feindes, namentlich der Gruppe Olochow, mehr gelockert, als damals von den Verbündeten erkannt wurde. Die Russen setzten noch in der Nacht auf den 28. vor dem rechten Flügel der 4. und vor der 11. Armee den Rückzug bei Zurücklassung schwacher Nachhuten fort. Am Tanew und am San jedoch hielt die russische 3. Armee in scheinbar unverminderter Stärke ihre Stellungen besetzt.

Von den der Gruppe Olochow und dem russischen XXIV. Korps nachdrängenden Truppen der Verbündeten erreichte die 10. ID. des

IX.Korps am 28. das sumpfige Waldgebiet am Südufer des Sopotbaches. Die 21. SchD. wurde zwischen der 10. ID. und der 106. LstlD. in die Front gestellt. Das XVII. Korps vermochte unter leichten Kämpfen die waldfreie Bodenwelle nordwestlich von Narol zu gewinnen.

Bei der deutschen 11. Armee wurden die Tagesziele schon am 28. zu Mittag kampflos erreicht, weshalb die Vorrückung über Tomaszów hinaus noch bis in die Linie Grabowica—Grodysławice—Ulhówek—Bełz fortgesetzt wurde. Infolge dieses nach Nordwesten gerichteten raschen Vormarsches wurde aber die Frage der Flankensicherung immer brennender. Schon mußte links vom Beskidenkorps auch die 119. ID., die mit der ll.bayr. ID. zum „Korps Kneußl“ zusammengeschlossen wurde, in die Front gezogen werden, um die Russen bei Kuliczków zu werfen. Fast schien es unvermeidbar, am 29. auch die letzte Reserve Mackensens, die 107. ID., in den Dienst des Ostschutzes zu stellen, sollte das Aufspringen einer Lücke zwischen Arz und Kneußl vermieden werden. Da trafen aus Teschen neue Weisungen zur Fortsetzung der Offensive und Stärkung der Angriffskraft Mackensens ein (S. 574).

Vorgehen der 1. Armee gegen Zawichost und Gliniany

(23. bis 28. Juni)

Im Sinne der von der Stawka am 19. erteilten Weisungen (S. 496) bog im Einklang mit dem rechten Flügel der 3. Armee auch Ewert in der Nacht auf den 23. seinen linken Flügel gegen Zawichost zurück. Demgemäß konnten am 23: früh die k.u.k. 1. Armee sowie die 7. KD., die Division Bredow und die 3. LD. der Armee Woyrsch aus den Gräben, die sie seit der Schlacht bei Opatów innehatten, vorbrechen und dem Feinde folgen. Die 46. SchD. des I. Korps besetzte in der dritten Nachmittagsstunde den vom Feind kampflos preisgegebenen Brückenkopf von Sandomierz. Die Sicherung nördlich davon übernahm am Abend die durch Landsturminfanterie verstärkte 16. KBrig. (2. KD.), indes das II. Korps die Linie Pielaszów—Ćmielów—Ostrowiec gewann. Der rechte Flügel der Armee Woyrsch überschritt die Kamienna.

Aber schon tags darauf, am 24., stießen die Verfolgungstruppen allenthalben auf die von Zawichost über Gliniany nach Bałtów verlaufende neue Stellung, die Ewert für seinen linken Flügel hatte vorbereiten lassen. Gemäß dem vom FZM. Puhallo erlassenen Befehle arbeiteten sich die zwei Korps der 1. Armee am 25. an die russischen Linien heran, wobei das I. Korps auf die Verbindung mit dem linken Flügel der

4. Armee bedacht zu sein hatte. Links des II. Korps schloß die 7. KD. an, während Bredow und die 3.LD. nach verschiedentlichen Kämpfen bis an die gut verschanzte Russenfront Bałtów—Sienno—Iłża gelangt waren.

Vor der Front der 1. Armee befand sich das durch zwei Reichswehrbrigaden und zwei Reiterdivisionen (13. KD. und UralKosD.) verstärkte XXV. Russenkorps, dessen nördlicher Flügel über die Kamienna hinausreichte. Rechts von ihm schloß das Grenadierkorps an. Vom XXXI. Korps waren am 23. bei den Verbündeten noch Gefangene eingebracht worden; seither hatte jedoch ein Funkspruch die Verlegung des Korpskmdos. in den Raum östlich von Kazimierz verraten, wohin ihm offenbar auch ein großer Teil der Truppen folgte.

Der 1. Armee fiel nun die Aufgabe zu, die feindlichen Linien in der Richtung Gliniany—Tarłów zu durchstoßen, wobei der Südflügel der Armee Woyrsch mitzuwirken hatte. Die Russen zeigten jedoch zunächst den entschiedenen Willen, ihre neuen Linien zu behaupten. Der am 26. geführte Angriff Puhallos kam beim I. Korps, das in den Verfolgungskämpfen der letzten Tage nicht unerhebliche Einbußen erlitten hatte, schon vor den russischen Vorstellungen zum Stehen. Beim II. Korps vermochte die 4. ID., GM. Ritt. v. Jemrich, nächst Gliniany wohl in die Gräben des Feindes einzubrechen und darüber hinauszustoßen; doch mußten die Angreifer den gewonnenen Boden in der Nacht wieder preisgeben.

Am 27. und 28. blieb es bloß bei vorbereitenden Maßnahmen zu dem nun auch von der Heeresleitung ausdrücklich gewünschten Angriff auf Tarłów. Schließlich wurde in einer Führerbesprechung der 30. für den Angriff in Aussicht genommen. Aber die vorangehenden vierundzwanzig Stunden sollten eine wesentliche Änderung der Lage bringen.

Die Entscheidung in der Schlacht bei Bukaczowc e—B ó b r k a (26. bis 28. Juni)

Hiezu Beilage 29

Am 26. Juni schritt die k.u.k. 2. Armee neuerlich zum Angriff. War sie auch nach der Einnahme von Lemberg und infolge der vom 21. bis

25. Juni eingebrachten großen Beute — 11.000 Gefangene und 22 Maschinengewehre — von stolzem Siegesgefühl erfüllt, so war die Fortsetzung der Offensive doch nicht ohne Überwindung erheblicher Schwierigkeiten ins Werk zu setzen. Der lange, von nahezu ununterbrochenen Kämpfen begleitete Vormarsch hatte die Infanterie vielfach stark ermüdet. Auch ihre Kampfstände waren außerordentlich herabgemindert. So zählten zum Beispiel die 27.ID. bloß 4000, die 40.HID. 2600 und die 128. HIBrig. gar nur mehr 800 Feuergewehre. Der mehrfach vorgebrachten Bitte, eine zwei- bis dreitägige Kampfpause zur Einreihung der anrollenden Ersätze einzuschalten, gab man aber im Hinblick auf die Gesamtlage nicht statt. Auch Mangel an Geschützmunition machte sich fühlbar, weil der Nachschub mit der raschen Vorrückung nicht hatte Schritt halten können. Dazu zeigte sich der Feind außerordentlich rührig und führte namentlich nachts kräftige Gegenangriffe, insbesondere gegen den Nordflügel Böhm-Ermollis, vermutlich deshalb, um den Abschub wertvollen, auf dem Bahnhof Krasne aufgestapelten Kriegsgerätes bewirken zu können. Aber auch manche Meldung über das Anrollen russischer Verstärkungen lief ein, die wegen des unsichtigen Wetters durch Flieger nicht überprüft werden konnte.

Die Gruppe FML. Kreysa kam, das russische VII.Korps zurückdrängend, am 26. bis zum Abend nahe an ihre enger gesteckten Angriffsziele heran (S. 560). Beim IV. Korps, dem die bisher in Armeereserve gehaltene 7. ID. zugewiesen worden war, entriß die durch die 14. IBrig. verstärkte Gruppe GM. Berndt nach harten, opferreichen Kämpfen dem Feinde Jaryczów Stary und wurde dann in nordöstliche Richtung gewiesen, um den Anschluß an die Gruppe Kreysa nicht zu verlieren. Die

27. ID., dann die 32. ID. und die 43. SchD., die unter dem Befehl des GM. v. Jordan-Rozwadowski vereinigt wurden, hatten sich nachts scharfer russischer Angriffe zu erwehren gehabt und gelangten kämpfend bis an den Bilkabach.    ;

Beim XIX. Korps waren die Truppen auch nachts über nicht zur Ruhe gekommen, denn die 29. ID. hatte in der Dunkelheit — allerdings vergeblich — die Gewinnung des östlichen Bilkaufers versucht, und der Südflügel der 34. ID. war aus dem am 25. eroberten Kocurów wieder verdrängt worden. Die beiden ermüdeten Divisionen begnügten sich daher am 26. mit der Festhaltung der erreichten Linien.

Einen vollen Erfolg erfocht der Südflügel Böhm-Ermollis. Wohl hatte der nächtliche, aus Kocurów unternommene Vorstoß der Russen ein Landsturmregiment des XVIII. Korps zersprengt, der rechte Flügel Trollmanns und das V. Korps aber brachen in überaus blutigen, bis zum Morgen des 27. Juni andauernden Kämpfen an zahlreichen Stellen in die Stellungen des russischen VI. Korps ein, wobei namentlich in den am Biały potok gelegenen Ortschaften, vor allem in Bobrka, mit Erbitterung gefochten wurde. Am 27. früh stand das Korps Goglia siegreich auf dem Ostufer des Biały potok.

Die Schlacht bei Bukaczowce und Bobrka erreichte am 26. Juni auch bei der Südarmee ihren Höhepunkt. Indes Gerok noch starke, auf den Übergang bei Martinów Stary gerichtete Entlastungsstöße des russischen XI. Korps der 9. Armee abzuweisen hatte, zwang das X. RKorps in mühevoller, bis in die Nacht währender Angriffsarbeit das russische XXII. Korps hinter den Świrzabschnitt Bukaczowce—Czemiów—Żurów zurück. Links davon überschritt Bothmer mit der deutschen 1. ID. und der 3. GID. in der Richtung auf Knihynicze die Bahnlinie und öffnete sich mit der 48. RD. die Teichenge bei Chodorów. Nun gelang es auch der 38. HID. und der 1. KD., die schon locker gewordenen Teile des russischen XVIII. Korps aus Dziewiętniki zu vertreiben.

Am 27. planten Linsingen und Böhm-Ermolli, durch die zangenartig wirkenden Angriffe ihrer Armeen den Feind zum weiteren Rückzug zu zwingen. Um die Hebelwirkung von Süden her zu verstärken, befahl Linsingen am 26. abends die Verschiebung der 48. RD. vom Korps Bothmer nach Martinów Stary zum XXIV. RKorps. Böhm-Ermolli hingegen setzte seine ganze Armeereserve am Nordflügel ein, wobei das Gruppen-kmdo. Szurmay und die 40. HID. dem IV. Korps, die 128. HIBrig. dem XVIII. zugewiesen wurden.

Als sich jedoch die verbündeten Truppen am 27. früh zum Angriff anschickten, trafen sie in den bisherigen russischen Gräben nur mehr auf Nachhuten. Der Feind hatte sich zurückgezogen. Unverzüglich wurde an die Verfolgung geschritten, die unter zahlreichen Gefechten stellenweise bis nach Eintritt der Dunkelheit fortgesetzt wurde. Bis zum Abend erreichte die Gruppe Kreysa, deren linker Flügel im Einklang mit dem Beskidenkorps längs der Bahn vordrang, den Ort Jakimów, das beiderseits des Jaryczowskikanals und des Pełtew vorrückende IV. Korps gelangte bis Zadwórce, das XIX. bis Wyżniany und Kurowice. Beim

XVIII. Korps schritt die 9. ID. noch um 7h abends zum Angriff auf die Waldhöhen nordöstlich von Świrz und brachte sie in ihren Besitz. Vom

V. Korps gewannen alle drei Divisionen das Westufer des Ś wirzbaches zwischen dem gleichnamigen Ort und Strzeliska Nowe. Fast 2700 Russen hatten an diesem Tage vor Truppen der 2. Armee die Waffen gestreckt.

Bei der Südarmee, wo der Russe gleichfalls Raum gegeben hatte, konnte das Korps Bothmer, ohne auf viel Widerstand zu treffen, bis an den von den Russen angestauten §wirzbach auf schwenken. Den Versuchen des X. RKorps, bei Żurów und Bukaczowce auf das Ostufer vorzubrechen, stemmte sich jedoch das russische XXII. Korps entgegen, und auch Bolzanos Absicht, Halicz von Norden abzuschnüren, scheiterte an der Gegenwirkung des XI. Korps Letschitzkis, das aber den rechtsufrigen Teil des Brückenkopfes räumte. Kampflos rückte das Korps Hofmann in Halicz ein. Indessen hatte die Flugaufklärung zahlreiche Ortsbrände an der Gniła Lipa festgestellt, was umsomehr als ein Zeichen nur kurzen Widerstandes an diesem Fluß gewertet wurde, als dort keine Stellungsbesetzung wahrgenommen werden konnte. Dafür wußten die Flieger der Südarmee über lebhaftes Schanzen an der Złota Lipa zu melden; Grund genug dafür, mit einem mehr oder weniger unbehinderten Vormarsch bis dorthin zu rechnen.

Am 28. Juni setzten die 2. und die Südarmee die Verfolgung fort, wobei jene die Linie Kamionka-Strumiłowa—Kutkorz—Gliniany—Przemyślany— Firlejów erreichen sollte. Um neue Reserven zur Hand zu haben, befahl Böhm-Ermolli dem V. und dem IV. Korps, nach Zulässigkeit die 51. HID., dann die 40. HID. und die Gruppe Berndt auszuscheiden.

Von der das russische VIII. Korps verfolgenden Gruppe Kreysa, die durch die halbe 7. ID. (71. IBrig.) des IV. Korps verstärkt worden war, gelangte die rasch vorstrebende und wenig Widerstand findende 31. ID. am Abend bis vor die abgebrochenen Brücken bei Kamionka-Strumiłowa und Tadanie. Ihr gegenüber hatte auf dem östlichen Bugufer das russische VIII. Korps eine in aller Hast hergestellte Stellung bezogen. Die

13. SchD. hatte nach Südosten vorzustoßen, um dem Nordflügel des IV. Korps Luft zu machen, dem eine nordöstlich von Dziedziłów befindliche und von den Russen hartnäckig verteidigte Höhe die Vorrückung versperrte; die Wiener Schützendivision vermochte denn auch im Zuge ihres Angriffes bis zum Abend eine Höhe südwestlich von Żelechów Wielki zu erstürmen. Doch dieser Flankendruck auf das russische XVII. Korps genügte nicht, um es zur Aufgabe seiner von Żelechów Wielki nach Westen hin ausgebauchten, über Zadwórze bis ZumPełtew sich hinziehenden Stellungen zu veranlassen. Die opferreichen, mehrfach unternommenen Anstürme der Gruppe Berndt blieben ergebnislos, und auch der 27. ID. sowie der auf dem rechten Flügel des IV. Korps fechtenden Gruppe Szurmay (32. ID., 43. SchD. und 79. HIBrig. *) war nur an wenigen Stellen geringer Raumgewinn beschert. Desgleichen stieß das XIX. Korps nach Einnahme einer Vorstellung südwestlich von Gliniany auf eine festgefügte Verteidigungsfront der inneren Flügel der 8. und der 11. Russenarmee. Das XVIII. Korps überschritt mit der 9. ID. und der l.LstlBrig. die Straße Kurowice—Przemyślany und traf vor Łahodów auf die sehr stark ausgebauten Stellungen des Nordflügels Schtscherbatschews, indes die 128. HIBrig. als Korpsreserve hinter der Mitte nachfolgte.

Das V. Korps, das wegen starker Ermüdung seiner Truppen erst um 10hvorm., mit der 33. ID. sogar erst zu Mittag ausgeschritten war, trat nachmittags mit der ebengenannten Division vor Przemyślany gegen das in Stellung befindliche VI. Russenkorps ins Gefecht; die 14. ID. stellte schon bei Ostalowice die Vorrückung ein. Die 51. HID. arbeitete sich gegen das Westufer der Gniła Lipa vor und entriß dem Feinde Firlejów, wo der Anschluß an die Südarmee hergestellt wurde.

Von der Südarmee erreichten in der Verfolgung des geschlagenen Feindes schon im Laufe des Vormittags das Korps Bothmer beiderseits von Rohatyn, das X. RKorps bei Koniuszki, das XXIV. RKorps, dem die 48. RD. zugeführt worden war, bei Bursztyn das Westufer der Gniła Lipa, indes die Masse der 55. ID. Hofmanns bei Halicz den Dniester überschritt und den Bahndamm nördlich davon besetzte. Da man die russischen Stellungen, die sich auf dem stark überhöhenden Ostufer abzeichneten, nur von Nachhuten besetzt wähnte, schritten die Korps allseits zum Angriff über den Fluß. Wohl schlug überraschend kräftiges Abwehrfeuer der Russen den verbündeten Truppen der Südarmee entgegen; doch vermochten starke Teile der Korps Bothmer und Kosch bis zum Abend auf dem Ostufer festen Fuß zu fassen.

Die D ni e s t e r k ä m p f e vom 23. bis zum 28. Juni Hiezu Skizze 29

Während der Kämpfe um Lemberg hielt die k.u.k. 7. Armee mit der Masse am vielgewundenen Lauf des Dniester zwischen Uście Zielone

!) Die andere halbe 40. HID. war Korpsreserve.

und Okna die russische 9. Armee in Schach; ein Teil beschirmte mit nach Osten gewandter Front die Landschwelle zwischen Dniester und Pruth. Pflanzer-Baltins 60.000 Feuergewehre zählende Heeresmacht war — bei vollständiger Zerreißung der kriegsgliederungsmäßigen Verbände — in fünf Korpsgruppen gegliedert1). Dieses Verwerfen der Verbände war eine Folge der außerordentlich entschlußfreudigen und tatkräftigen Kampfführung des Armeekommandanten und auch durch das Streben verursacht, mit den ihm zugewiesenen Kräften nach Möglichkeit auszulangen.

Als sich die Südarmee in der Schlacht bei Bukaczowce und Bobrka zum Angriff über den Dniester rüstete, sollte sie Pflanzer-Baltin durch einen Vorstoß über Mariampol unterstützen. Da aber in dem 20 km langen Abschnitt zwischen Niżniów und der Armeegrenze nur sieben Bataillone standen, und die gespannte Lage in den Dniesterschlingen bei Koropiec Kräfteabgaben ausschloß, mußte sich das 7. Armeekmdo. auf eine De-

i) Gliederung der 7. Armee am 22. Juni:

XIII. Korps, GdI. Rhemen

Gruppe GM. Weiss, Kmdt. der 9. IBrig., 3 Baone., Schwd., 7 Bt. von der 5. und der 30. ID.

Gruppe FML. Habermann, Kmdt. der 5. ID., 11 Baone., 1 Schwd., 19 Bt. von der 5., der 30. und der 36. ID.

Korps FML. Czibulka (dem XIII. Korpskmdo. unterstellt)

Gruppe GM. Stracker, Kmdt. der 15. ID., 16 Baone., 2 Schwd., 19 Bt. von der 5., der 6., der 15., der 30. und der 36. ID. sowie von der Brig. Obstlt. Papp Gruppe FML. Schreitter, Kmdt. der 36. ID., 9^2 Baone., 2 Schwd., 16 Bt. von der 15. und der 36. ID.

III. Korps, FML. Krautwald

Gruppe FML. Schmidt-Fussina, Kmdt. der 22. SchD., 10 Baone., 2 Schwd., 6 Bt. "    von    der 15., der 22. und der 28. ID.

Gruppe GM. Hinke, Kmdt. der 28. ID., 6 Baone., 3 Schwd., 5 Bt. der 28. ID. Gruppe FML. Kaiser, Kmdt. der 30. ID., 10 Baone., 2 Schwd., 9^2 Bt- von der 22., der 28. und der 30. ID. sowie von der LstlBrig. Obstlt. Békési

Gruppe FML. Benigni

mit der Masse der 6. ID., FML. Schönburg, dann mit Teilen der 28., der 30., der 36. ID. und der 42. HID. sowie mit der 5. HKD., der 6., der 8. und der 10. KD., zusammen 20 Baone., 63 Schwd., 11 Bt.

XI. Korps, FML. Korda

mit der Masse der 42. HID., FML. Salis-Seewis, der 2. Brig. der Polenlegion und der Brig. Obstlt. Papp, zusammen 28 Baone., 10 Schwd., 91/2 Bt.

monstration und das Verbreiten falscher Nachrichten über Truppenansammlungen auf seinem Westflügel beschränken. Wie begründet seine Besorgnisse waren, beweist, daß in der Nacht zum 22. die Gruppe GM. Stracker bei Kośmierzyn durchbrochen wurde. Ein beiTag unternommener umfassender Gegenangriff, bei dem 600 Russen gefangen wurden, stellte die Lage jedoch wieder her.

Aber auch Kundschaftermeldune^n über das Abrollen starker Kräfte von Odessa gegen die bessarabische Grenze liefen in Kolomea ein und waren umsomehr zu berücksichtigen, als am 22. abends die Stellung der Brigade Papp — wenn auch ergebnislos — bestürmt wurde.

Am 24. fand der demonstrative Flußübergang der Gruppe GM. Weiss bei Mariampol statt. Er glückte nicht und wurde abends wegen des Heranrückens starker Feindkräfte ganz eingestellt.

Tags darauf holte Letschitzki, um die in der Schlacht bei Bukaczowce— Bobrka schwer bedrängten Armeen (11. und 8.) zu entlasten, zu einem Schlag gegen die Gruppe Benigni aus. Hiebei ließ das russische III. Kavalleriekorps zur Überlistung des Gegners die vorderen Glieder der Angriffsgruppe unbewaffnet und mit erhobenen Händen vorgehen. Erst im letzten Augenblick nahmen die Russen die in den Monturtaschen verwahrten Handgranaten heraus und überrumpelten ein auf einer bewaldeten Grenzhöhe östlich von Dobronoutz stehendes Honvédhusarenregiment. Die unter der Leitung des FML. Benigni sofort einsetzenden Gegenangriffe zweier Kavalleriebrigaden und eines Regiments der 42. HID. wiesen bis zum Abend den Feind wieder in seine Schranken.

Unterdessen war das Eintreffen russischer Verstärkungen gegenüber dem III. Korps, am 27. aber die Rückverlegung der Stäbe des XI. und des XXX. Russenkorps nach Buczacz bekannt geworden, was zur Annahme berechtigte, daß die zurückweichende Armee Schtscherbatschew an der Gniła Lipa nur vorübergehend halten werde. Um nun sowohl wider einen Russenanfall gegen die Gruppe Krautwald gerüstet zu sein, als auch aus der günstigen allgemeinen Lage Vorteil ziehen zu können, zog Pflanzer-Baltin alle bei den ändern Gruppen entbehrlichen Kräfte, zunächst fünf Bataillone und zehn Batterien, als Armeereserve bei Horodenka zusammen. Er plante, sich dem Vorgehen der Südarmee, sobald sie die Gniła Lipa überschritt, durch einen wuchtigen Vorstoß von Horodenka nach Norden anzuschließen, und hoffte, dadurch dem Feinde auch ein Halten hinter der Złota Lipa unmöglich zu machen. Doch es sollte noch mehr als zwei Wochen dauern, bis er den Versuch wagen konnte, seinen Plan in die Tat umzusetzen.

Der Vorstoß an die Złota Lipa und über Kraśnik und Zamość

(28. Juni bis 13. Juli)

Hiezu Beilagen 29 und 30

Die Absichten der Heerführer zu Ende Juni

Die Entwicklung, die die Kriegslage im Osten in der letzten Juniwoche genommen hatte, der Vorstoß Mackensens über Tomaszów und der Rückzug der Russen hinter die Gniła Lipa, hatte die Generalstabschefs der Verbündeten, wie sich unter anderem in der am 27. Juni in Teschen abgehaltenen Besprechung erwies, in der Verfolgung des um den 20. aufgestellten Feldzugsplanes (S. 497) noch bestärkt: die 4. und die

11. Armee sollten unter dem Oberbefehle des GFM. Mackensen den Nordstoß zwischen Bug und Weichsel fortführen.

Bei den Beratungen über das Einzelne der Ausführung zeigten sich wieder die Schwierigkeiten, die sich aus der Gestaltung des Kriegstheaters ergaben und die schon das Jahr zuvor, beim öst.-ung. Einleitungsfeldzug, mannigfach zur Geltung gekommen waren. Neben der Pflicht zur steten Nahrung des Hauptangriffes durch frische Truppen war es wieder ganz besonders das Problem des Flankenschutzes, das die beiden Generalstabschefs sowohl am 28. Juni beschäftigte, als auch später immer wieder beschäftigen sollte. Falkenhayn schlug von Anbeginn eine stehende Flankensicherung durch die 7. und die Südarmee vor, wobei die zweitgenannte möglichst weit nach Norden zu dehnen war, damit womöglich auch die 2. Armee für den Hauptstoß herangezogen werden konnte. Conrad stimmte dem nicht zu. Mochten die Erfahrungen der Augustschlachten von 1914 auch nicht gerade dafür sprechen, so schwebte dem k.u.k. Generalstabschef doch eine bewegliche Flankensicherung durch eine der 11. Armee in der Staffel rechts nachfolgende Kampfgruppe mit einer ähnlichen Aufgabe vor, wie sie bei Kriegsbeginn der Armee Brudermann oder gegebenenfalls den Korps Böhm-Ermollis zugedacht war.

Eine endgültige Entscheidung brauchte vorläufig noch nicht getroffen werden. Zunächst war es dringend geboten, dem Nordstoß größere Schulterfreiheit zu schaffen, indem man den Flankenschutz mehr gegen Osten vorschob. Dadurch, daß man den Armeen Linsingen und Böhm-Ermolli gleichzeitig eine nordöstliche Vorrückungsrichtung zuwies, trug man unter einem dem Vordringen Mackensens gegen Norden

Rechnung. Überdies sollte die Ansammlung von Reserven hinter dem linken Flügel der 2. Armee eine weitere Verlängerung des Flankenschutzes gegen Norden hin vorbereiten. Schließlich war zu erhoffen, daß es der 1. Armee im Verein mit dem rechten Flügel der Armeeabteilung Woyrsch in den nächsten Tagen gelingen werde, den Feind beiderseits der unteren Kamienna an die Weichsel zurückzudrücken. Kam es dazu, dann war die Masse der 1. Armee westlich der Weichsel überflüssig und konnte nach Ostgalizien geworfen werden, wo sie sowohl zur Nahrung des Hauptangriffes wie auch zur Verlängerung des Flankenschutzes zur Hand war.

Auf Grund dieser Erwägungen wurden am 28. abends die ein vernehmlich abgefaßten „Direktiven für Fortführung der Operationen“ ausgegeben: „GFM. v. Mackensen mit 11. und 4. Armee greift rechts der Weichsel zwischen Weichsel und Bug nach Nord an. — 2. Armee folgt dem nordost-wärts weichenden Feind vorerst bis Kamionka-Strumiłowa (einschl.)—Busk und an die Złota Lipa bis Dunajów (einschl.). Starke Reserven am Nordflügel zur Sicherung der Bugstrecke bis zur Ratamündung. An diesen Flügel werden demnächst weitere Kräfte herangeführt, um eine Armee zu bilden, welche, über Sokal und Radziechów vorgehend, bereit ist, je nach Bedarf nach links oder nach rechts einzugreifen. — Südarmee dringt über die Gniła Lipa vorerst an die Złota Lipa abwärts Dunajów vor. — 7. Armee sichert

— wie bisher — die rechte Flanke der Armeen und den verläßlichen Besitz von Czernowitz. — 1. Armee durchstößt in Richtung Tarłów die russische Aufstellung südlich der Kamienna. Sie ist sodann für den Abtransport über Lemberg bestimmt, was ehestens erwünscht ist, während die Armeeabteilung Woyrsch die Front von der Pilica bis zur Weichsel zu übernehmen hat, jedes Abziehen russischer Kräfte aus dieser Front zum Angriff ausnützen und dem etwa zurückgehenden Feind an die Weichsel folgen wird.“

Um die Heeresgruppe Mackensen möglichst stoßkräftig zu erhalten, erwirkte GO. Conrad in Pleß die Belassung des zum Abrollen bestimmt gewesenen XXXXI. RKorps bei der 11. Armee.

Ungefähr zur selben Zeit, zu der in Teschen und Pleß die Maßnahmen zur Fortführung der Offensive beschlossen wurden, hatten auch die hohen russischen Befehlsstellen Entschlüsse von großer Tragweite zu fassen gehabt.

An der Südwestfront hatte Gen. Iwanow nach dem unglücklichen Ausgange der Schlacht bei Bukaczowce—Bobrka vom 27. früh an die Mitte und den linken Flügel der 8. Armee, die ganze 11. und das rechte

Flügelkorps der 9. Armee hinter den Bug südlich der Ratamündung und hinter die Gniła Lipa zurückführen müssen (S. 569). Die erlangbare russische Kriegsliteratur läßt nicht erkennen, ob schon hier oder erst hinter der Złota Lipa nachhaltiger Widerstand geplant war. Jedenfalls empfand Iwanow eine starke Bedrohung seines rechten Flügels und veranlaßte deshalb die 8. Armee, das XXI. Korps als Reserve des Südwestfront-kmdos. nach Dubno zu verschieben. Außerdem sah sich der zwischen Dniester und Pruth befindliche linke Flügel Letschitzkis wegen bei Czernowitz festgestellter Verstärkungen des Gegners zur Einstellung seiner Angriffe genötigt.

In dem nunmehr durch die 3. Armee und die Gruppe Olochow vergrößerten Befehlsbereiche der Nordwestfront hatten die zwischen der Ostsee und der Pilica stehenden Armeen ihre Stellungen zunächst noch zu behaupten. Gen. Alexejew ließ aber schon am Narew Stellungen bauen, um, wenn nötig, die 12. und die 1. Armee in diese kürzere und kräftesparende Front zurückführen zu können. Denn er sah voraus, daß seiner Südflanke, der 3. Armee und der Gruppe Olochow, neue Gefahren drohen dürften, zu deren Abwendung er Reserven benötigen werde. Deshalb befahl er bereits jetzt den beiden vorgenannten Armeen, das Garde- und das II. sib. Korps aus der Front zu ziehen und zu seiner Verfügung nach Ostrów (südlich von Łomża) zu verschieben. Die vor Warschau stehende

2. Armee sollte den Rückzug in die Błonie-Grójecstellung vorbereiten, um nach dessen Durchführung gleichfalls zwei Korps abgeben zu können. Als Besatzung von Nowogeorgiewsk wurde das XXVII. Korps bestimmt. Die 4. Armee, deren linker Flügel in die Linie Iłża—Zawichost zurückgeschwenkt war, hatte das XXXI. Korps als Reserve in den Raum Opole— Kazimierz zu nehmen (S. 566).

In diesen Tagen, am 26. Juni, verfaßte Gen. Alexejew aber auch eine Studie, die sich mit den Gefahren einer Fortsetzung deutscher Angriffe in Kurland befaßte. Zur Abwehr hielt Alexejew eine Armee von sechs bis sieben Korps nötig, wobei die Gruppe Olochow den Grundstock dieser neuen Heeresmacht zu bilden gehabt hätte1).

Schließlich wies Alexejew, der die Hauptlast der Führung an sich gerissen hatte, noch die Militäreisenbahnbehörden zur Bereithaltung ausreichender Züge für die Verschiebung der Heeresreserven an.

So lasteten düstere Sorgen auf dem Hauptquartier Alexejews zu Siedlec. Die bangen Fragen waren: wo wird der nächste Ansturm der Verbündeten erfolgen ? Werden Zeit und Kräfte ausreichen, um ihn zu parieren ?

i) Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 317 ff., 404 ff.

Die Preisgabe der San-Tanewlinie durch die Russen

(29. und 30. Juni)

Durch das scharfe Nachdrängen der deutschen 11. und des rechten Flügels der k.u.k. 4. Armee wurde die Aufstellung der Russen am Tanew überflügelt. Für ihre 3. Armee gab es daher in der Flußstellung mit der Sumpfzone im Rücken kein Halten mehr. In der Nacht zum 29. trat sie den sorgfältig vorbereiteten Rückzug auf die das Tanewgebiet im Norden und Nordosten umsäumenden Höhen an.

Als die Truppen Joseph Ferdinands am 29. früh des Abzuges der Russen gewahr wurden, setzten sie im Sinne der bereits ergangenen, sehr eingehenden Weisungen des Armeekmdos. zur Verfolgung an und durchschritten auf denselben Wegen, auf denen zehn Monate vorher die Armee Dankl den Anmarsch zur Schlacht bei Kraśnik vollführt hatte, in einem nur durch kurze Rasten unterbrochenen Tag- und Nachtmarsche das breite waldige Sumpfgelände. Am 30. früh vermochte die 4. Armee den Höhenrand zu ersteigen, ohne in diesem zur Verteidigung hervorragend geeigneten, die Ausgänge der Tanewregion beherrschenden Abschnitt auf ernsten Widerstand zu stoßen. Die Auffassung des 4. Armeekmdos., daß die Hauptkraft der russischen 3. Armee im Rückzuge nach Lublin sei, schien sich zu bewahrheiten. Schwache feindliche Nachhuten waren bald vertrieben. Am 30. abends erreichten die vorderen Divisionen des VIII., des X., des IX. und des XVII. Korps die Linie Świeciechów—Stany—Pi-latka—Goraj—Gorajec. Das XIV. Korps war hinter dem rechten Armeeflügel nach Biłgoraj gefolgt. Aufklärungsabteilungen der 4. Armee stellten nun fest, daß die vor mehreren Tagen von Fliegern auf dem Nordufer der Wyżnica und des Por erkannten russischen Verschanzungen sowie südlich davon befindliche Vorstellungen besetzt waren. Weiters ergab die Luftaufklärung östlich von Józefów und Solec große Truppenlager, in denen die Heeresleitung zutreffend das vom westlichen Weichselufer herübergezogene XXXI. Korps vermutete (S. 566).

Bei der 11. Armee verfolgten am 29. die vier linken Korps die Russen in raumgreifendem Marsche zumeist kampflos bis in die Linie Obrocz—Lipsko—Łabunie—Tyszowce—Telatyn. Das Korps Kneußl hatte sich den Weg zur Vorrückung noch in der Nacht auf den 29. durch Zurückwerfen der bei Kuliczków und Sielec zähe haltenden Russen geöffnet; es stand am Abend dieses Tages kämpfend vor den Solokija-übergängen bei Bełz und Waniów. Das Beskidenkorps war mit der Masse auf den stark ausgebauten Brückenkopf bei Dobrotwór gestoßen, den zu räumen die Russen nicht gesonnen waren. Gegenüber den inneren Flügeln der Korps v. der Marwitz und Kneußl gab der rechte Flügel Brussilows das westliche Bugufer frei. Vor der Nordfront der 11. Armee zeichneten sich russische Stellungen auf dem Nordufer des unteren Por ab, die den Mündungswinkel der Wolica gegen Grabowiec überquerten und sich weiterhin über die Huczwa als Brückenkopf von Hrubieszów bis an den Bug bei Krylów hinzogen.

Mit dem Vordringen der Heeresgruppe Mackensen gegen Norden wurde der Flankenschutz nach Osten von Tag zu Tag zu einer schwierigeren Frage. Hatten bisnun die Korps v. der Marwitz und Kneußl diesem Zwecke gedient, so mußte das zweitgenannte schon durch die 107. ID. der Armeereserve verstärkt werden. Der Zeitpunkt mochte nicht mehr ferne sein, da die Masse der 11. Armee den Ostschutz der Heeresgruppe zu besorgen hatte, indes für den Nordstoß nur mehr die Truppen ihres linken Flügels zur Hand waren. Der am 30. abends der 11. Armee erteilte Befehl des Generalfeldmarschalls kennzeichnete klar die Lage: „Die 11. Armee setzt am l.Juli mit dem XXII. RKorps und dem Korps Emmich noch weiter den Stoß in nördlicher Richtung fort, während der rechte Flügel zunächst verhält, bis die 2. Armee in der Lage ist, Teile des Beskidenkorps freizumachen, was voraussichtlich in der Nacht vom

3. zum 4. Juli geschehen wird. Die 4. Armee stößt weitergegenNordenvor.“

Somit standen von den sechs in der Front befindlichen Korps nur mehr zwei für die Fortsetzung der Offensive zur Verfügung; die Angriffskraft der Armee drohte zu erlahmen. Lediglich das als Armeereserve bis Dobrosin und Rzyczki gelangte XXXXI. RKorps hatte Mackensen noch zur Hand, um dem Angriffsflügel neue Schwungkraft zu verleihen. Naturgemäß ging dadurch die Last des Nordstoßes auf die 4. Armee über. So wie zu Beginn der nach Norden gerichteten Offensive die 11. Armee der 4. den Weg nach Norden aufgeriegelt hatte, so lag es jetzt an dieser, sowohl das Vorwärtskommen der 11. Armee zu erleichtern als auch die russische Aufstellung westlich der Weichsel aus den Angeln zu heben. Hiezu erließ GFM. Mackensen am 30. Juni an die 4. Armee folgenden Befehl: „Aufgabe der Armee ist es, durch schnelles Vorgehen mit dem linken Flügel an der Weichsel, mit dem rechten auf Lublin die feindlichen Stellungen auf dem linken Weichselufer weiter unhaltbar zu machen und den vor der Front befindlichen Gegner möglichst nach Norden zu werfen. Der linke Flügel der 11. Armee schließt sich diesem Vorgehen an, während der rechte gegen den Bug so lange zurückgestaffelt bleibt, bis der Einsatz neuer Kräfte die rechte Armeeflanke deckt.“

Der starke Druck der deutschen 11. Armee auf die Gruppe Olochow ließ Gen. Alexejew das Eintreffen deutscher Verstärkungen annehmen. Dies bewog ihn jetzt, umfassende Maßnahmen zur Festigung seines zwischen Weichsel und Bug befindlichen Südflügels zu treffen. Ewerts 4. Armee erhielt am 29. den Befehl, „die Übergänge bei Annopol zu zerstören und den linken Flügel in den Brückenkopf bei Józefów zu verlegen“. Die

3. Russenarmee, die an diesem Tage im Rückzug die Tanewregion durchschritt, hatte „ihre Mitte und den linken Flügel auf die Stellungen Urzędów—Kraśnik—Szczebrzeszyn zu stützen“. Da andrerseits der rechte Flügel der Gruppe Olochow sich bei Grabowiec festsetzen sollte, mußte bei Durchführung dieser Befehle eine Lücke zwischen beiden Heeresteilen entstehen, die bis zum Eintreffen von Reserven durch eine verstärkte Reiterdivision gesperrt werden sollte. Die sich drängenden Ereignisse ließen es freilich nicht dazukommen. Zwischen dem linken Flügel Olochows, der bis Krylów zurückgegangen war, und dem rechten Flügel Brussilows bei Sokal war auch eine sogar 50 km breite Lücke aufgesprungen, die aus Mangel an sofort verfügbarer Infanterie gleichfalls nur durch Reiterei beobachtet werden konnte. Hier bestand die Möglichkeit eines gegnerischen Durchbruches in der Richtung auf Wladimir-Wołyński. Um diese Gefahr zu bannen, sollten sich das XXXI. Korps, das südöstlich von Iwangorod auf die Bahn gesetzt wurde, und die von der 12. Armee abzugebende Garde an der Bugstrecke Hrubieszów—Sokal entwickeln. Zur Verfügung des Großfürst-Generalissimus wurden von der Reserve der Stawka das II. sib. Korps nach Rejowiec (15 km südwestlich von Cholm), die 13. KD. hinter die 4. Armee beordert35).

Da der russische Nachrichtendienst mittlerweile von den 22 in Galizien angenommenen deutschen Divisionen im Raume Bełz—Tomaszów allein ihrer elf bis zwölf festgestellt hatte, sah sich die russische Führung am 30. veranlaßt, bei Brest-Litowsk eine große Reserve zu bilden, die aus dem VI. sib. Korps der 2., dann aus je einer Infanteriedivision der

5. und der 10. Armee bestehen sollte36).

Dergestalt gerüstet, hoffte die russische Heeresleitung in der die wichtige Bahn Iwangorod—Lublin—Cholm deckenden Linie Józefów— Hrubieszów, dann am Bug, an der Gniła Lipa und am Dniester dem Ansturm der Verbündeten im Sinne der vor der Räumung von Lemberg gefaßten grundlegenden Beschlüsse (S. 496) widerstehen zu können.

Die SchlachtanderGniłaLipa Hiezu Beilagen 29 und 30

Während sich die Heeresgruppe Mackensen, ähnlich wie der linke öst.-ung. Heeresflügel im August 1914, zum weiteren Vorstoße zwischen dem Bug und der Weichsel anschickte, sollten die Armeen Böhm-Ermolli und Linsingen, rechts durch den vorgeschobenen Flankenschutz der 7. Armee gesichert, dem Hauptangriffe größere Schulterfreiheit gegen Osten hin gewinnen.

Am 29. stand die k.u.k. 2. Armee schon allseits in den am 28. abends erreichten Räumen in heftige Kämpfe verwickelt, als knapp vor Mittag das Armeekmdo. seinen fünf Korpsgruppen die nach Nordosten weisenden, bis an die Linie Dunajów—Kamionka-Strumiłowa reichenden Angriff sstreifen bekanntgab. Die 51. und die 40. HID. sowie die 7. ID. und die 4. KD. samt der 1. LstHusBrig. sollten aus der Front genommen werden; von ihnen hatten die 40. HID., die 7. ID. und die 4. KD., zur neuen Gruppe Szurmay zusammengezogen, im Sinne des Heeresbefehls vom 28. (S. 574) möglichst bald den Frontabschnitt bis zur Rata zu übernehmen, in welchem sich noch die Masse des Beskidenkorps der 11. Armee befand.

GFM. Mackensen legte im Hinblick auf die wachsende Ausdehnung seiner Armeefront und das Schwinden ihrer Kampfstände auf diese Ablösung besonderes Gewicht; die südliche Hälfte des Abschnittes sollte bis zum 29., die bis zur Ratamündung reichende nördliche Hälfte bis zum

30. abends freigemacht sein. Böhm-Ermolli, der im Augenblick bei scharfer Anspannung der Front durch das dort entbrannte Ringen nur über zwei Brigaden als Reserve verfügte, bezweifelte jedoch, diese Umgruppierung vor dem 3. Juli ausführen zu können, an welchem Tage er die Linie Busk— ZłotaLipa gewonnen zu habenhoffte. Die Ereignisse solltenihm Recht geben.

Im Laufe des 29. Juni gelang es dem V. Korps noch, mit der 51. HID. und der 14. ID. bei Firlejów, Brzuchowice und Wołków den Fuß auf das östliche Ufer der Gniła Lipa zu setzen, wo die Angreifer jedoch auf den entschlossenen Widerstand der inneren Flügel des XVIII. und des

VI. Russenkorps stießen. Die 33. ID. führte bei Przemyślany ein stehendes Feuergefecht.

Beim XVIII. Korps verbissen sich die 9. ID. und Teile der 1. Lst-IBrig. zunächst ergebnislos in die Stellungen auf der Ciemnahöhe A386 südwestlich von Łahodów, die von einer Reservedivision des VI. Russen-

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korps zäh gehalten wurde. Die 128. HIBrig. und der Rest der 1. LstlBrig. lagen hinter den Flügeln als Reserve.

Das XIX. Korps litt schwer unter dem Flankenfeuer der wieder über genug Schießbedarf verfügenden Batterien auf der Ciemna. Die 34. ID. hatte, wenn diese Höhe vom Nachbarkorps genommen war, beiderseits der nach Złoczów führenden Straße vorzubrechen, der 29. aber sollte der Weg in die feindlichen Versdianzungen durch schweres Mörserfeuer gebahnt werden. Tagsüber waren zahlreiche Gegenstöße des Feindes abzuwehren.

Beim IV. Korps gedachte die 43. SchD. im Einklang mit der 29. ID. vorzugehen, indes der 32. ID. zwei aus eigenem Antrieb unternommene Stürme gegen das VII. Russenkorps mißlangen. Weiter nördlich erwehrte sich die 27. ID. mehrfacher russischer Vorstöße, während die Gruppe Berndt, durch Abteilungen der in weit gestreckter Front fechtenden 13. SchD. der Gruppe FML. Kreysa unterstützt, nach wie vor ihre Linien mit außerordentlich schütterer Besetzung sichern mußte. Die 31. ID. wechselte bei Tadanie und Kamionka-Strumiłowa mit dem jenseits vom Bug stehenden Feinde nur vereinzelte Schüsse, die halbe 7. ID., die sich in diesem Kampfraum befand, blieb im zweiten Treffen.

Am 30. Juni setzte die Armee ihren Angriff fort. Beim V. Korps bestand die Absicht, mit der 51. HID. und der 14. ID. die russischen Linien zu durchbrechen und dann den vor der 33. ID. stehenden Feind von Süden her aufzurollen. Die 14. ID. konnte mit allen Regimentern über die Gniła Lipa setzen, und FML. Goglia wies um 10h vorm. sein Korps schon zur weiteren Vorrückung an den Abschnitt Dunajów—Wiśniowczyk an. Da kam der Angriff über den sumpfigen Talgrund allenthalben ins Stocken, und es begann auch an Artilleriemunition zu mangeln. Als zudem abends das Auftreten neuer Verstärkungen beim Feinde fühlbar wurde, stellte das Korps den Angriff ein; nur Teilen der 51. HID. gelang es, noch in der Nacht das Ostufer der Gniła Lipa zu gewinnen.

Weiter nördlich bildete wieder die Höhe Ciemna den Brennpunkt der Ereignisse beim XVIII. und XIX. Korps. Da die Höhe den Angriffsraum des XIX. Korps gleich einem Glacis beherrschte, schlug FML. Trollmann vor, die beiden Korps gemeinsam gegen sie anzusetzen. Das Armeekmdo. folgte dieser Anregung und übertrug dem GdK. Ziegler die Leitung des mit den inneren Flügeln der Korps durchzuführenden Angriffes. Um 6hl5 abends erstürmten die deutschösterreichischen Landsturmregimenter 1 und 2 und das tschechische IR. 102 die vorderen Linien der tiefmaschigen Russenstellung, ohne jedoch völlig durchzudringen.

Links davon erreichte die 34. ID. in der folgenden Nacht die knapp nördlich von der Ciemna liegende Bildstockhöhe, mußte sie aber vor einem ungestüm einsetzenden Gegenstoß der Russen wieder preisgeben.

Beim IV. Korps und bei der Gruppe FML. Kreysa konnten lediglich die durch die 79. HIBrig. verstärkte Gruppe GM. Berndt und die 13. SchD. bei Dziedziłów ansehnliche Erfolge erzielen, stießen aber wieder auf neue Russenstellungen. Der Führer des IV. Korps, FML. Schmidt-Georgenegg, glaubte aus diesen örtlichen Fortschritten doch auf eine Lockerung der feindlichen Front schließen zu dürfen. Das Armeekmdo. gewährte ihm zu einem für den 3. Juli geplanten allgemeinen Angriff, der mit fünf Infanteriedivisionen (43. SchD., 32. und 27. ID., 40. HID., 13. SchD.) und der Gruppe Berndt durchgeführt werden sollte, die Unterstellung der Gruppe Kreysa. Dieser Sturmblock sollte bis Busk und Krasne vorstoßen.

Verhältnismäßig zäh hatte sich an diesen zwei Schlachttagen auch das Ringen bei der Südarmee gestaltet. Als diese am 28. Juni die untere Gniła Lipa erreicht hatte, und abends schon einige Abteilungen jenseits des Baches sich einnisten konnten, wähnte GdI. Linsingen nur mehr das russische XXII. Korps vor sich zu haben, während er die feindlichen Hauptkräfte in fortdauerndem Rückzuge nach Osten und Nordosten annahm. Die durch mitgehörte Funksprüche bekanntgewordene Verlegung des XI. und des XXX. Korpskmdos. der Russen nach Buczacz (S. 572) bestärkte ihn in dieser Annahme. Er befahl daher seinen Korps, den Angriff am 29. fortzuführen und plante, das X. RKorps und die 1. KD. an den rechten Flügel nach Halicz zu schieben, offenbar, um von Süden her einen verstärkten Druck ausüben zu können.

Der Widerstand, dem die am 29. Juni die Gniła Lipa überschreitenden deutschen und öst.-ung. Bataillone am Ostufer begegneten, war jedoch stärker, als erwartet wurde, weshalb auch die Verschiebung des X. RKorps unterblieb. Dieses und das Korps Bothmer vermochten sich am 29. bis nahe an die zäh verteidigten Gräben des Feindes heranzuarbeiten. Vom Korps Gerok erzwang sich die k.u.k. 19. ID. bei Bursztyn den Übertritt auf das Ostufer, während sich die Brigade Bolzano und die 55. ID. des Korps Hofmann am Bahndamm nördlich von Halicz zum Angriff über die Gniła Lipa, die deutsche 5. KD. bei Mariampol zum Dniesterübergang bereitstellten.

Nach einer Nacht, die vielfach mit der Abwehr russischer Gegenstöße ausgefüllt war, nahm der heiße Kampf am 30. seinen Fortgang. Die 55. ID. überschritt die Gniła Lipa knapp nördlich der Mündung und nahm trotz der heftigen Gegenwehr des russischen XI. Korps bis zum

Abend die Linie des ehemaligen Brückenkopfes von Halicz in Besitz, indes Bolzano sich an Bołszowce heranarbeitete. Die 5. KD. unterließ wegen starken Russenfeuers den Übergangs versuch. Die zwei Divisionen Geroks waren mit der Lifanterie zur Gänze auf das Ostufer gelangt und planten am nächsten Morgen, die feindlichen Stellungen zu stürmen, was das Korps Kosch schon am 30. nachmittags mit Erfolg besorgt hatte. Desgleichen befanden sich der rechte Flügel und die Mitte des Korps Bothmer in fortschreitendem Angriff knapp östlich und nördlich von Rohatyn.

Am 1. Juli konnte bei der 2. Armee nur die bei Łahodów fechtende Angriffsgruppe des GdK. Ziegler einen Erfolg erzielen. Nachdem sie den ganzen Tag über ohne nennenswerten Raumgewinn gekämpft hatte, warfen in der darauf folgenden Nacht die 128. HIBrig. und das südböhmische IR. 11 den Feind von den Höhen östlich des ebengenannten Ortes.

Der Südflügel der 51. HID. hatte sich unterdessen in die Abwehrkämpfe verstrickt gesehen, die der linke Flügel und die Mitte Linsingens vormittags zwischen Bursztyn und Firlejów wider einen heftigen Gegenangriff der Mitte und des Südflügels der 11. Russenarmee auszufechten hatte. Der russische Ansturm hatte nur im nördlichsten Abschnitt Erfolg, indem er den linken Flügel der 38. HID. Bothmers wie vor allem die 51. HID. hinter die Gniła Lipa zurückdrängte. Übertriebene Nachrichten über das Schicksal der zweitgenannten Division veranlaßten den um seinen Nordflügel besorgten Führer der Südarmee zu einem Alarmruf an die k.u.k. Heeresleitung. Diese legte der 2. Armee nahe, wenn nötig, bis zum Einlangen der 1. Armee hinter dem rechten Flügel Mackensens in den erreichten Stellungen zu verharren. Im Hinblick auf die Ermattung der Truppe, die in den letzten vier Tagen wieder 10.000 Mann an Verlusten zu beklagen hatte, und auf den neuerlich sehr fühlbar gewordenen Munitionsmangel zögerte GdK. Böhm-Ermolli nicht, auf die Anregung der Heeresleitung einzugehen. Er befahl am 1. Juli abends den Korps, in der von ihnen für zweckmäßig gehaltenen Linie zu verbleiben, worauf die inneren Flügel des XVIII. und des XIX. Korps aus taktischen Gründen sogar den auf der Höhe Ciemna erkämpften Raumgewinn wieder Preisgaben. Eine Brigade des XIX. Korps, die 40. HID. und die 4. KD. mit der 1. LstHusBrig. schied das Armeekmdo. als seine Reserve aus.

Inzwischen hatte sich das Schicksal der Schlacht an der unteren Gniła Lipa gewandt. Das von der Flugaufklärung gebotene Bild hatte die Verbündeten schon zur Auffassung berechtigt, daß der Angriff der 11. Russenarmee vor allem den im Narajowkatale angesammelten Troßmassen das Abfließen erleichtern sollte. Bald darauf gaben die entscheidenden Erfolge, die die Korps Bothmer und Kosch sowie die k.u.k. 19. ID. Geroks in bis in die Dunkelheit währenden Angriffen durch Vertreibung des Feindes aus der Linie A 356 (nordöstlich von Bursztyn)— Puków—A 426 (4 km nordwestlich von Puków) errangen, den Ausschlag für die weiteren Entschlüsse des Führers der russischen Südwestfront. Die Abwehrfront an der Gniła Lipa war eingeschlagen; Iwanow hielt es daher für geboten, die hier fechtenden Korps in die hinter der Złota Lipa gleichfalls vorbereiteten Stellungen zurückzuführen. In der Nacht auf den 2. Juli traten das XI. Korps der 9. Russenarmee sowie das XXII. und das XVIII. Korps der Armee Schtscherbatschew den Rückzug an.

Die Verfolgzmg an die Zlota Lipa (2. bis 5. Juli)

Als die Südarmee am 2. Juli früh den vor allem durch den nächtlichen Erfolg Geroks erzwungenen Rückzug der Russen gewahrte, heftete sie sich dem weichenden Feinde ungesäumt an die Fersen. GdI. Linsingen zog auch die bisher als Flußsicherung abwärts von Jezupol ausgeschiedene deutsche 5. KD. über den Dniester an seinen rechten Flügel. Dort sollte außerdem das aus der Front genommene X. RKorps, GLt. Kosch, eingesetzt werden, womit gleichzeitig zu hoffen war, daß sich auch der linke Flügel Pflanzers dem Vormarsch anschließen könne.

Unterdessen stellte sich der Russe schon am ersten Verfolgungstage neuerlich in der Linie Horożanka—Hnilcze—Lipnica Górna und weiter aufwärts hinter der Narajowka, wo er sich über den ganzen 3. hielt.

Im Bereiche der 2. Armee hatte am 2. früh der Feind nur gegenüber der 51. HID. seine Stellungen verlassen. Dennoch glaubte der Führer des V. Korps, FML. Goglia, den Augenblick für gekommen, nunmehr sein ganzes Korps möglichst bald auf die Höhen östlich der Gniła Lipa vorführen zu können, um von dort aus den vor der Armeemitte noch ausharrenden Feind aufzurollen. Das Armeekmdo. stimmte diesem Entschluß zu, indem es in der elften Vormittagsstunde gleichzeitig auch die anderen Korps anwies, wieder zum Angriff überzugehen, „sobald es die Verhältnisse nur halbwegs gestatten“. Als Vormarschziel wurde die Linie Dunajów— Gołogóry—Busk—Kamionka-Strumiłowa angegeben. Der Feind zeigte jedoch weder an diesem Tage noch am 3. Miene, dem Beispiel seiner südlichen Nachbarn zu folgen. Auch das V. Korps kam in den Kämpfen um die Höhe Koleso nur langsam vorwärts, obgleich es aus dem Drucke, den die Südarmee ausübte, Gewinn zu ziehen vermochte; es konnte aber nicht hindern, daß sich die Russen im Laufe des 3. auf die am Nordflügel Linsingens vorgehende 75. Brigade der 38. HID. stürzten und sie auf die Höhen südwesdich von Narajów zurücktrieben.

Keine geringe Sorge bereitete dem 2. Armeekmdo. in diesen Tagen immer wieder die Ablösung der zwischen Kamionka-Strumilowa und der Rata stehenden Teile des Beskidenkorps. Die ersten Verfügungen zur Übernahme durch das verstärkte Korps Szurmay (7. ID., 40. HID., 4.KD.) wurden am 2. zu Mittag erlassen. Am Abend dieses Tages kam als Antwort auf verschiedene Vorstellungen des Armeekmdos. aus Teschen die bestimmte Anweisung, daß das Hauptgewicht auf die Fortführung des Angriffes zwischen Bug und Weichsel gelegt werden müsse, wofür Kräfte der jetzt mit 150.000 Feuergewehren auf 170 km ausgedehnten 11. Armee freizumachen seien. „Um dies zu ermöglichen, ohne das Halten der Ostfront bei 2. Armee zu gefährden, werden drei Infanteriedivisionen der

1. Armee herangeführt, deren Tetedivision (46. SchD.) ab 4. Juli vormittags Lemberg erreicht.“ Angesichts dieser Verstärkungen sehe die Heeresleitung „keine Gefahr darin, daß die 2. Armee durch Strecken ihrer Front vorübergehend die Kräfte des Beskidenkorps“ freimache.

In einem am 3. Juli nachmittags eintreffenden Befehle wurde die ausschlaggebende Bedeutung des Nordstoßes aufs neue hervorgehoben; für eine gleichzeitige weiterreichende Offensive in Ostgalizien stünden daher vorläufig keine entsprechenden Kräfte zur Verfügung. Die Südarmee habe sich mit dem Erreichen der Złota Lipa zu begnügen, dafür aber ihren Nordflügel zur Entlastung der 2. Armee bis an die Linie Wołków—Ciemierzynee zu strecken. Im Anschluß daran habe sich die Armee Böhm-Ermolli bis Kamionka-Strumilowa auszudehnen, indes das Korps Szurmay nach dem Einrücken in den Kampfraum des Beskidenkorps unter das Kommando der 1. Armee treten werde. Die zwischen der Rata und Sokal stehenden Teile des Beskidenkorps seien durch die

46. SchD. abzulösen. Hinter der Bugstrecke Kamionka-Strumilowa—Sokal habe sich auch der weitere Aufmarsch der 1. Armee im Sinne des Heeresbefehles vom 28. Juni (S. 574) zu vollziehen. Bei den drei Armeen des rechten Heeresflügels waren die nächsten Tage zum Ordnen der Verbände, Heranziehen der Ergänzungen und der Munition auszunützen, um für eine Offensive in Ostgalizien gerüstet zu sein, sobald die Heeresleitung den Zeitpunkt hiefür für gekommen erachtete. Die 7. Armee erhielt auf eine Anregung ihres tatfreudigen Armeeführers hin den Sonderbefehl, sich für einen östlich der Strypa gegen Norden gerichteten Stoß bereitzustellen. Hiebei sollte in die russische Dniesterfront eine

Bresche geschlagen werden, durch die die Heeresreiterei Pflanzer-Baltins zu einer weitreichenden Unternehmung vorbrechen konnte. Zur Verstärkung dieses Reitergeschwaders wurde der 7. Armee schon jetzt die k.u.k. 3. KD. zugeführt, die bisnun nördlich der unteren Weichsel in der deutschen Armee Gallwitz gestanden hatte.

Als dann am 3. Juli abends die Nachricht einlangte, daß die 11. Armee ihren bereits begonnenen Angriff (S. 577) bis zum Einlangen der 1. einstellen werde, versuchte GdK. Böhm-Ermolli noch einmal, für die Ablösung des Beskidenkorps durch Szurmay eine Fristerstreckung zu erreichen. Eine solche war einerseits erwünscht wegen der bis an die 50 km betragenden Marschleistungen, die den Truppen Szurmays beim Einrücken in die Stellungen des Beskidenkorps zugemutet werden mußten, andrerseits wegen der sonstigen Umgruppierungen, die im Armeebereich notwendig wurden, und deren Ausführung gerade in der ungeklärten Lage des Augenblicks mannigfache Bedenken erwecken mußte. So hatte sich das XIX. Korps bis an den Peltew zu strecken, um das geschwächte IV. einigermaßen zu entlasten. Schließlich blieb es aber doch dabei, daß Szurmay schon im Laufe des 5. die ganze Front Kamionka-Strumiłowa— Sielec—Krystynopol übernehmen mußte.

Inzwischen hatte sich jedoch auch die Lage der 2. Armee nicht unwesentlich geändert. Der Anstoß war wieder von der unter günstigeren Verhältnissen fechtenden Südarmee gekommen. Hier war das XXIV. RKorps in der Nacht auf den 4. bis auf die Höhen westlich der Złota Lipa vorgedrungen. In denselben Stunden erstürmte nach schwierigem Artillerieaufmarsch das Korps Hofmann den Ort Hnilcze. In Verfolgung des geworfenen Feindes erreichten gegen Mittag die 55. ID. bei Zawałów, die Brigade Bolzano unweit von Rudniki die Złota Lipa. Noch weiter nördlich drang das Korps Bothmer, verstärkt durch die 1. KD., gegen diesen Fluß vor, indes FML. Goglia bemüht war, an seinem rechten Flügel zur Sicherung des Zusammenhanges der beiden Armeen Reserven anzusammeln. Am Südflügel Linsingens bekam es die 5. KD. bei Tousto-baby noch mit russischen Nachhuten zu tun, die erst zwei Tage später das westliche Ufer der Złota Lipa preisgeben sollten. Dagegen hatte eine vom GdK. Pflanzer vorgetriebene, drei Bataillone und drei Batterien zählende Flügelgruppe unter Obst. Hauser (IR. 13) die Russen schon am 4. östlich von Uście Zielone hinter den Bach zurückgedrückt.

Die am 3. Juli von der Südarmee erfochtenen Erfolge nötigten Iwanow, auch die noch gegen Westen ausgebuchteten inneren Flügel der 11. und der 8. Armee auf die kürzere, von Umfassungen nicht so bedrohte Linie

Kamionka-Strumiłowa—Dunajów zurückzunehmen. Stellenweise wurde dieser Rückzug schon am4.um2h früh von den Truppen Böhm-Ermollis wahrgenommen. Sie setzten unverzüglich zur Verfolgung an, die nach den Weisungen des Armeekmdos. noch am gleichen Tage bis an die eben bei den Entschlüssen Iwanows genannte Linie vorzutragen war. In der Tat erreichte das V. Korps, während die 51. HID. westlich von Dunajów noch etwas zurückhing, mit der 14. urd der 33. ID. zwischen Ciemierzynce und Wiśniowczyk die Bachlinie, und das XVIII. Korps setzte sich nördlich vom V. bis Trfdowacz, das XIX. dann weiter bis Bortków fest. Schwieriger gestaltete sich das Vorgehen des IV. Korps und der Gruppe FML. Kreysa, deren Kommando der von der 7. Armee samt einem Korpsstab überstellte FML. Czibulka am 5. zu übernehmen hatte. Bereitete ihnen der Russe schon im Waldgebiet, das sie zu durchschreiten hatten, manchen Aufenthalt, so sahen sie sich nach dem Einlangen am Bug noch wohlausgebauten Brückenköpfen bei Busk, bei Derewlanyund bei Spas gegenüber.

Während Linsingen zur Annahme hinneigte, die Russen dächten nicht an eine ernste Behauptung der Złota Lipastellungen, bestand im Hauptquartier Böhm-Ermollis die entgegengesetzte Ansicht. Die Heeresleitung trug in einem am 4. abends erlassenen Befehl der Auffassung Linsingens insofern Rechnung, als sie anordnete, daß den Russen für den Fall ihres weiteren Rückzuges nur bis an die Strypa und die Linie Zborów—Złoczów—Busk zu folgen sei. Damit hatte sich fürs erste gegenüber den durch Conrad vertretenen Manövrierplänen der von Falkenhayn verfochtene Gedanke einer stehenden Flankendeckung durchgesetzt. Wie sehr dabei der k.u.k. Heeresleitung die zuverlässige Fortführung des Hauptangriffes am Herzen lag, bewies sie durch die im Einvernehmen mit Pleß getroffene, auch für einen etwaigen Vorstoß an die Strypa geltende Verfügung, daß die 2. Armee ungesäumt die 13. SchD. zur Verstärkung der 1. Armee und die Südarmee ein Korps zu zwei Divisionen zur Abgabe an die 11. Armee zur Verfügung zu stellen hätten.

GdI. Linsingen bestimmte das um Rohatyn versammelte, bisher dem südlichen Armeeflügel als Verstärkung zugedachte X. RKorps (S. 581) zur Abgabe an die 11. Armee. Böhm-Ermolli ordnete durch einen in der Nacht auf den 5. erlassenen Befehl eine Linksverschiebung aller Korps an. Es hatten mm zu bilden: die 14. und die 33. ID. das V. Korps, die 9. ID. und die 1. LstlBrig. das XVIII., die 34. und die 29. ID. das XIX., die

27. und die 32. ID. sowie die LstHusBrig. das IV., die 43. SchD. und die

31. ID. das Korps Czibulka. Die 51. HID., die durch den linken Flügel

Bothmers abgelöst wurde, kam als Armeereserve nach Łahodów. In ihr ging einige Tage später die zu einem Häuflein zusammengeschmolzene 128. HIBrig. auf.

Die Ablösung der 13. SchD. durch die 43. stieß am 5. auf einige Schwierigkeiten, da die niederösterreichischen und mährischen Schützen zwischen Derewlany und Spas noch mit der Säuberung des linken Bugufers befaßt waren. Ganz gelang dies auch in den nächsten Tagen weder hier noch bei Busk. Böhm-Ermolli widmete der 13. SchD. bei ihrem Abgehen zur 1. Armee warme Worte der Anerkennung für die hervorragenden Leistungen, die sie seit dem Karpathenwinter im Rahmen der 2. Armee vollbracht hatte.

Die letzten Kämpfe der 1.Armee auf dem linken Weichselufer (29. Juni bis 2. Juli)

Am 28. Juni spät abends war beim FZM. Puhallo der Heeresbefehl eingetroffen, der die 1. Armee zum Durchstoß über Tarłów an wies, gleichzeitig aber das baldige Abrollen der Armee gegen Lemberg in Aussicht stellte (S. 566). Schon in der darauf folgenden Nacht meldeten die Truppen an der ganzen Front, daß der Feind seine Gräben geräumt habe. In ungesäumt aufgenommener Verfolgung besetzten Teile des

I. Korps am 29. um 3h30 früh Zawichost. Auch vor der Division Bredow war der Feind zurückgewichen.

Gegen Mittag jedoch stieß die 1. Armee auf den Höhen östlich und nördlich von Tarłów allenthalben auf die Brückenkopf Stellung, die der Russe dem Übergang von Józefów vorgelegt hatte. Zu gleicher Zeit war beim Armeeführer ein neuer Befehl der Heeresleitung eingelangt, der die Notwendigkeit des raschesten Abgehens der Armee nach Ostgalizien nachdrücklichst betonte; die Verfolgung des Feindes südlich der Kamienna sei einem Mindestmaß von Truppen zu übertragen, die Masse der Armee möglichst bald auf die Bahnen zu setzen.

Diesen Weisungen gemäß sollten nur die 2. KD. des I. Korps und die 4. ID. des II. den Russen über Tarłów, das am 29. abends besetzt wurde, an den Fersen bleiben. Die Loslösung der anderen Heereskörper glückte jedoch nicht sofort; es blieben auch noch eine Brigade der 46. SchD., die 1. Brigade der Polenlegion und Teile der 25. ID. am Feinde. Dieser räumte seine Stellungen südwestlich von Józefów erst in der Nacht auf den 2., als sein XXV. Korps vollends über die Weichsel abgeflossen war. Der Brückenkopf von Józefów fiel in die Hände des II. Korps. Als am 2. Juli bei Tagesanbruch die noch in der Front verbliebenen Deutschmeister den Weichselstrom vor sich sahen1), konnte FML. Johann Kirchbach melden, daß der Raum südlich der Kamienna vom Feinde verlassen war.

Damit war die Aufgabe, die die 1. Armee noch westlich der Weichsel zu lösen hatte, erfüllt. FZM. Puhallo ging mit seinem Stabe am 3. Juli ab. Von den Truppen bestiegen jene der 25. ID. bei Ostrowiec und Kielce, die der 46. SchD. bei Tarnobrzeg die bereitgestellten Züge. Die 4. ID. sollte der 46. SchD. folgen. Die Polenbrigade rückte über Annopol zur 4. Armee. Die durch ein Etappenmarschregiment verstärkte 2. KD. und die Pioniergruppe Obst. Mischek (vier Pionierkompagnien) der bisherigen 1. Armee traten unter die Befehle des GO. Woyrsch, der seinen rechten Flügel an die Kamiennamündung und bis Sienno vorgeschoben hatte. Die 7. KD. hatte zur Armeegruppe Kövess zurückzukehren.

Die „Zweite Schlacht bei Kraśnik“

(1. bis 10. Juli)

Hiezu Beilage 31

Die Einleitungskämpfe am 1. und 2. Jidi

Im Sinne des Heeresbefehles vom 28. Juni (S. 574) übertrug GFM. Mackensen den Stoß zwischen der Weichsel und dem Bug zunächst der 4. Armee und der aus dem deutschen X. Korps und dem XXII. RKorps bestehenden Gruppe Emmich der 11. Armee; die inneren Flügel der beiden Armeen hatten die Richtung Lublin einzuschlagen. Die Mitte und. der rechte Flügel der 11. Armee (Garde sowie die Korps Arz, Kneußl und Marwitz) hatten zum Schutze gegen Nordost und Ost zunächst in ihrer Staffelung nach rechts hinten zu verbleiben. Übereinstimmende Nachrichten besagten, daß sich der Russe nördlich der Wyżnica, des Porbaches und der Wolica in von langer Hand vorbereiteten Verschanzungen aufs neue stellen werde.

Das 4. Armeekmdo. wähnte allerdings, zwischen Wieprz und Weichsel nur auf fünf, höchstens acht Infanterie- und zwei Reiterdivisionen zu stoßen, die nach den Aussagen Gefangener stark zermürbt zu sein schienen. Es hoffte, auf keinen allzu nachhaltigen Widerstand zu treffen, und wies am 30. Juni nachmittags seine Korps an, den Feind über die Linie Tarnawka—Kraśnik—Józefów zurückzuwerfen und die Höhen nörd-

x) Hoen, Waldstätten-Zipperer und Seifert, Die Deutschmeister, 413.

lieh davon zu gewinnen. Die Vorrückungsstreifen des ersten Treffens (XVII., IX., X. und VIII. Korps) wurden bis in die Höhe von Lublin gezogen. Die Armeereserve (XIV. Korps und 26. SchD.) hatte hinter der Armeemitte östlich der Bystrzyca zu folgen und zunächst in den Raum Goraj—Janów zu gelangen. Den angreifenden Truppen wurde rasches Vordringen und beherztes Zugreifen aufgetragen.

Am 1. Juli, einem schwülen, heißen Sommertag, strebten die Korps erster Linie in breiter Front nach Norden: das VIII. Korps mit dem rechten Flügel auf Dzierzkowice, das X. mit der Mitte auf Kraśnik, das

IX. über die Höhen östlich der Bystrzyca, das XVII. auf Tarnawka. Bis zum Abend warfen das VIII. und das X. Korps die feindlichen Vortruppen südlich der Wyżnicaniederung unter leichten Kämpfen zurück. Alle Versuche, diesen Bachgrund zu übersetzen, scheiterten jedoch an dem heftigen Feuer, das den Angreifern von den Nordabhängen entgegenschlug. Drei Kompagnien des X. Korps, die bereits in Kraśnik eingedrungen waren, mußten abends vor überlegenem Feinde an den Südrand der Stadt zurückgenommen werden.

Das IX. Korps hatte sich tagsüber an die feindlichen Stellungen auf den Höhen östlich der Bystrzyca herangearbeitet. Das XVII. Korps kämpfte in zwei räumlich voneinander getrennten Gruppen, mit der 45. SchD. am Oberlaufe des Por, mit der 11. ID. am Unterlaufe dieses Baches, bei Mokre Lipie und östlich davon, wo diese auf Befehl des Korps-kmdos. in die Kämpfe des um die Porübergänge schwer ringenden deutschen X. Korps helfend eingriff. Der Masse der Division gelang es denn auch, nach Zurückwerfen der feindlichen Vortruppen den Übergang über den Porbach bei dem genannten Orte zu erzwingen und nach erbittertem Ringen gleich dem deutschen Nachbarkorps am Nordufer Fuß zu fassen.

Ein Teil der 11. ID. hatte sich südwestlich von Turobin festgesetzt und bildete im Vereine mit vorgeschobenen Abteilungen der 41. HID., die ihren Nächtigungsraum Tokary—Gródki kampflos erreicht hatte, die Verbindung zur 45. SchD., die in dem schwierigen Angriffsgelände bis zum Abend die russischen Vorstellungen südlich des Porbaches nicht nehmen konnte.

Die Armeereserve erreichte die ihr vorgezeichneten Nächtigungs-räume.

Wie die 4. Armee und das deutsche X. Korps an der Wyżnica und am Por, waren das XXII. RKorps und die sich ihm anschließende Garde am Wieprz und an der Labúáka auf den hartnäckigen Widerstand des russischen X. und des III. kauk. Korps gestoßen. Während die linke

Flügelgruppe des XXII. RKorps bis zum Abend in unentschiedenem Ringen um die Wieprzübergänge bei Nielisz focht, konnten die 44. RD. und die Garde unter schweren Kämpfen die Łabuńka überschreiten und sich auf dem Nordufer festsetzen.

Bei den anderen Teilen der 11. Armee kam es am l.Juli zu keinerlei besonderen Ereignissen. Die 22. ID. wurde hinter die Garde, die 119. hinter das jetzt vom GLt. v.Winckler befehligte XXXXI. RKorps gezogen.

Unter dem Eindrücke, daß der Feind, der vor dem rechten Flügel der 11. Armee hinter den Bug gewichen war (S. 578), auch vor der Armeemitte in nordöstlicher Richtung abziehe, ordnete GFM. Mackensen für den 2. Juli die Vorrückung für die ganze Heeresfront an. Die 11. Armee hatte, rechts durch das Beskidenkorps gedeckt, die Linie Waręż—Tere-bin—Grabowiec—Tarnogóra—Żółkiewka zu gewinnen; die 4. Armee sollte ihre „Vorwärtsbewegung so einrichten, daß sie mit dem rechten Flügel mindestens die Höhe des linken Flügels der 11. Armee erreicht“.

Trotz des hartnäckigen Widerstandes, auf den die verbündeten Truppen am 1. Juli überall gestoßen waren, bestand beim 4. Armeekmdo. die Meinung, daß die Masse der russischen 3. Armee im Rückmärsche auf Lublin begriffen sei und der Widerstand nur von starken Nachhuten in allerdings guten Stellungen geleistet werde. Es ordnete daher für den 2. Juli die Fortsetzung des Angriffes auf der ganzen Armeefront an. Hielten die Russen wider Erwarten diesem Ansturme stand, dann sollte die feindliche Gegenwehr raschestens durch Einsatz des XIV. Korps im Raume des IX. gebrochen werden. In diesem Falle war beabsichtigt, den Angriff beider Korps mit versammelter Kraft unter Unterstützung durch die Artillerie aller fünf Divisionen sowie unter einheitlicher Führung des FML. Roth am 3. Juli um 6hvorm. auf den Höhen östlich der Bystrzyca gegen das russische Frontstück Stawce—Stróża zu führen. Nötigenfalls stand zur Nahrung des Angriffes noch die im Raume To-kary—Gródki verbleibende 26. SchD. zur Verfügung. Mit diesem Befehle des Armeekmdos. wurde eine Kriegshandlung von weittragender Bedeutung eingeleitet.

Am 2. Juli entbrannte der Kampf an der ganzen Front mit großer Heftigkeit. Die Russen setzten in ihren vorzüglich angelegten Stellungen dem Vordringen der Angreifer überall zähesten Widerstand entgegen. Bei der 4. Armee war es schon vormittags klar, daß es zu einem durchschlagenden Erfolg des Einsatzes des XIV. Korps bedurfte.

Nach eingehender Rücksprache mit dem Kommandanten des IX. Korps bildete FML. Roth aus beiden Korps zwei Angriffsgruppen, eine rechte aus der 10. und der 3. ID. unter FML. Horsetzky und eine linke aus der

8. ID. und der Masse der 21. SchD. unter FML. Fabini, und ordnete ihren Angriff für den 3. Juli mit den inneren Flügeln in der allgemeinen Richtung auf die Höhen nordöstlich von Kraśnik an. Westlich davon hatte die 106. LstlD. den Hauptangriff durch einen Vorstoß auf die Höhen bei Majdan Skotnik zu begleiten; der linken Flügeldivision des XVII. Korps fiel die Aufgabe zu, die den Angriffsraum der Gruppe Horsetzky flankierenden Höhen südwestlich von Stawce zu nehmen.

Während sich am 2. die Truppen des IX. und des XIV. Korps für den am folgenden Morgen auszuführenden Angriff bereitstellten, arbeiteten sich die übrigen Divisionen der 4. Armee überall nahe an die feindlichen Stellungen heran, stellenweise brachen sie auch stürmend in sie ein.

Auf dem äußersten linken Flügel lag die Division Stöger-Steiner, die von nun an als 62. ID. bezeichnet wurde, auf hundert Schritte vor den feindlichen Drahthindernissen und Astverhauen, die 47. RD. kämpfte erbittert um zwei kleine Orte westlich von Dzierzkowice, die 37. HID. hatte Wiż-nianka in Besitz genommen. Während beim X. Korps die 24. ID. nicht über ihre Stellungen südlich von Kraśnik hinausgekommen war, hatte die 2. ID. die Höhen knapp südöstlich von Stróża erstürmt und gegen alle Gegenangriffe behauptet. Die Truppen des IX. Korps hatten sich tagsüber noch näher an die von Teilen des russischen IX. Korps zähe verteidigten Stellungen herangeschoben. Abends drangen die 10. ID. und Teile der 21. SchD. sogar auf 6 km Breite in die feindlichen Linien ein.

So wie am Vortage focht das XVII. Korps auch am 2. Juli in zwei 14 km voneinander getrennten Gruppen. Hiebei eroberte die 11. ID. in wechselvollem Ringen einen festen russischen Stützpunkt bei Nowa Wieś und brach östlich des lichterloh brennenden Ortes in die russische Stellung ein; 1600 Gefangene fielen in ihre Hand. Die Westgruppe des Korps, die durch die 41. HID. verstärkte 45. SchD., warf den noch südlich vom Por verbliebenen Feind auf das Nordufer zurück.

Trotz dieser noch am 2. Juli errungenen örtlichen Erfolge, die schon den Abzug der Russen hätten erwarten lassen können, hielt FML. Roth für den 3. an der Durchführung des planmäßigen Durchbruches fest. Die anderen Korps der 4. Armee erhielten den Auftrag, überall dort, wo Aussicht auf Erfolg bestand, gleichfalls zum Angriff überzugehen. Die 26. SchD. hatte als Verfügungstruppe des Erzherzogs zeitlich früh bei Otrocz bereitzustehen.

Bei der 11. Armee hatten sich am 2. Juli die Ereignisse auf dem Ostflügel und in der Mitte planmäßig abgespielt; unter leichten Kämpfen gewannen die Truppen die ihnen vorgeschriebenen Tagesziele. Je weiter dem Westen zu, desto mehr versteifte sich aber der russische Widerstand. Das Gardekorps, das mit seinem rechten Flügel an die Wolica herankam, blieb mit dem linken hinter dem gesetzten Ziele, der Gegend von Izbica, zurück. Das XXII. RKorps, das Anschluß an die Garde hielt, erzwang sich wohl mit dem linken Flügel den Übergang über den Wieprz, ohne dann aber sonderlich Raum nach Norden zu gewinnen. Das X. Korps war auf eine sich über die Höhen östlich von Turobin hinziehende zweite russische Stellung gestoßen.

Als GFM. Mackensen am 2. Juli abends die Weisungen für den 3. erließ, wähnte er gleich dem 4. Armeekmdo. den Feind im Rückzug gegen Norden. Er befahl daher beiden Armeen, die Verfolgung fortzusetzen, wobei die Aufgabe der 4. Armee unverändert blieb. Hingegen wurden dem rechten Flügel und der Mitte der 11. Armee Ziele gesteckt, die über die Wolica hinaus weit hinter den feindlichen Stellungen auf dem Nordhange dieser versumpften Flußniederung lagen. Die beiden linken Korps hatten den Angriff bis in die bereits für den 2. anbefohlene Linie Tarnogóra—Żółkiewka vorzutragen.    %

Der Angriff der k u. k. 4. Armee bis zu seinem Höhepunkt

(3. bis 6. Juli)

Quer über die Landschwelle, die sich östlich von Kraśnik als Wasserscheide zwischen den Quellgebieten der Wyżnica, des Por und der Bystrzyca hinlagert und die nun zum Brennpunkt erbittertster Kämpfe werden sollte, zog sich die in mehreren Linien hintereinander angeordnete russische Hauptstellung. Geschickt eingestreute Infanteriestützpunkte und ein nahezu durchlaufendes Drahthindernis verstärkten diese Abwehrfront, die auf den nördlichen Uferhöhen der Wyżnica und des Por ihre Fortsetzung fand. Die inneren Flügel des XV. und des IX. Russenkorps teilten sich in die Aufgabe der Verteidigung dieses Frontstückes, fast des einzigen, das im Zuge der zwischen Weichsel und Bug angelegten Stellungen eines starken natürlichen Hindernisses entbehrte.

Als der Morgen des 3. Juli anbrach, waren die Angriffsvorbereitungen der Gruppe Roth noch in vollem Gange. Der Angriff der 45. SchD. auf die flankenbedrohenden Höhen südlich von Stawce (S. 591) hatte erst begonnen. Unklarheit über die Lage der feindlichen Befestigungslinien im Bereiche der Gruppe Horsetzky sowie unsichtiges Wetter beeinträchtigten und verzögerten das Einschießen der Artillerie. So mußten das

Wirkungsschießen der Batterien und der Infanterieangriff auf die ersten Nachmittagsstunden verschoben werden.

Als gegen llh vorm. die 45. SchD. die Höhen südlich von Stawce erstürmt hatte, schien die Angriffsbahn für den rechten Flügel des FML. Roth (Gruppe Horsetzky) nach Norden frei zu sein. Nach gründlicher Feuervorbereitung, die bis gegen 4h nachm. währte, brach die Infanterie des XIV. und des IX. Korps vor und kämpfte sich unter schweren Verlusten — die Flügel litten auch stark unter russischem Flankenfeuer — schrittweise vorwärts. Trotz verzweifelter Gegenwehr des Feindes drangen Truppen aller fünf Angriffsdivisionen in die erste russische Linie ein und durchstießen bis zum Sinken des Tages das ganze russische Grabennetz in 14 km Breite. Bei der unverzüglich einsetzenden Verfolgung gewannen die vorwärts stürmenden Regimenter bis 10h nachts den Nordrand der nördlich von Studzianki sich ausbreitenden Waldzone. Rund 1000 Gefangene, 3 Geschütze und ebenso viele Maschinengewehre waren die Beute der beiden Korps an diesem heißen Kampftage.

Die Nachbarkorps der Armee hatten die Gruppe Roth in ihrem schweren Ringen nur wenig zu entlasten vermocht. An der Front des

VIII. Korps, das nachmittags zum Angriff überging und nur wenige Schritte Raum nach vorwärts gewann, war es bis zum Abend zu einem stehenden Feuergefecht gekommen. Der linke Flügel des X. Korps (24. ID.) nahm Kraśnik in Besitz, der rechte Flügel (2. ID.) war tagsüber vollauf damit beschäftigt, die am 2. Juli gewonnenen Stellungen (S. 591) wider starke russische Gegenangriffe zu behaupten.

Von Nachteil war es, daß der Westflügel des XVII. Korps (FML. Smekal mit der 45. SchD. und der 41. HID.) nicht imstande war, sich der vom Ostflügel des russischen IX. Korps hartnäckig verteidigten Übergänge über den oberen Por zu bemächtigen, weiters, daß die Höhen nördlich von Stawce mit ihrer Flankenwirkung gegen den Angriffsraum des FML. Roth in russischem Besitz verblieben waren. Dies bewog das Armeekmdo., die 26. SchD. dem XVII. Korps zu unterstellen, damit sich dieses „unter genügender Sicherung an der Porfront möglichst stark über Stawce dem Vorstoße der Gruppe Roth anschließen“... könnte. Die Masse der 11. ID. war auch am 3. Juli im Bereich des deutschen X. Korps verblieben, das an diesem Tage alle Vorbereitungen zum Angriff auf die Höhen östlich von Turobin traf.

Unterdessen hatte Erzherzog Joseph Ferdinand noch während der Nacht die Gruppe Roth zu tatkräftiger Verfolgung des weichenden Feindes bis auf die Höhen nordöstlich von Kraśnik angewiesen, welchen

Raum die Truppen meist auch noch vor Morgengrauen erreichten. Am 4. Juli sollten die Gruppe FML. Roth den Vorstoß fortsetzen und auch die übrigen Korps der Armee nach Norden Raum gewinnen.

Für die Mitte der deutschen 11. Armee war der 3. Juli gleichfalls ein schwerer Kampftag geworden; denn die Gruppe Olochow, jetzt 13. Armee unter Gen. Gorbatowski, hatte heftige Gegenangriffe gegen das XXII. R-, das Garde- und das k.u.k. VI. Korps geführt, Angriffe, die bereits nachts einsetzten und mit beispielloser Erbitterung und mit überraschend großem Munitionsaufwand tagsüber fortgesetzt wurden. Diese Anstürme — beim Korps Arz waren es allein ihrer sechs — mußten vorerst abgewiesen werden, ehe an ein weiteres Vortragen des Angriffes

— wie es für den 3. Juli befohlen war — gedacht werden konnte. Das Korps Kneußl war bei Metelin auf stark ausgebaute Stellungen gestoßen und bereitete sich gleichfalls erst für den Angriff vor. All dies sollte jedoch vorerst ein unerfüllter Wunsch bleiben.

Nachrichten über die Versammlung starker Feindeskräfte bei Hrubieszów und bei Władimir-Wolyński ließen im Stabe Mackensens die Sorge um die empfindliche Ostflanke der Heeresgruppe erneut aufleben. Dies und der hartnäckige, von heftigen Gegenangriffen unterstützte Widerstand, den die Russen auf der ganzen Front dem Vordringen der 4. und der 11. Armee entgegensetzten, führten beim Heeresgruppenkmdo. einen Umschwung in der Beurteilung der Lage herbei. In einem am 3. Juli um 6h30 nachm. ausgegebenen Befehle wurden beide Armeen angewiesen, mit dem Angriffe so lange zu warten, bis die Versammlung der in Verschiebung begriffenen 1. Armee am Bug vollzogen wäre (S. 588).

Diese wichtige Weisung erreichte wohl die Truppen der 11. Armee rechtzeitig, traf aber beim 4. Armeekmdo. in Godziszów erst am 4. Juli um 3h30 vorm. ein, zu welcher Zeit sich die unermüdlichen Streiter Roths schon wieder zur Verfolgung anschickten. Der vom Erzherzog für den

4. ausgegebene Angriffsbefehl wurde denn auch nicht widerrufen, wogegen die deutsche 11. Armee vorübergehend in die Verteidigung zurückfiel. Um nun der vorwärts strebenden 4. Armee wenigstens die rechte Flanke zu decken, hatte die Gruppe Emmich noch die Linie Płonka— Turobin zu erkämpfen und zu behaupten.

Der 4. Juli brachte den seit frühem Morgen angreifenden Regimentern der 4. Armee vollen Erfolg. Die Divisionen der Gruppe Roth bahnten als Stoßkeil den Weg nach Norden, warfen die Russen von Linie zu Linie und trieben sie bis zum Abend über die Höhen beiderseits von Kiełcze-wice und über Wilkołaz zurück.

Im Anschluß östlich daran gewann das XVII. Korps mit der 45. SchD., die vormittags nach erbittertem Kampfe die so lange umstrittenen Höhen nördlich von Stawce gestürmt hatte, die Höhen bei Str. Wieś, mit der 41. HID. jene beiderseits von Tarnawka. Die Masse der 11. ID., durch schwere Artillerie vom südlichen Porufer her kräftig unterstützt, eroberte die russischen Stellungen nördlich von Nowa Wieś in engstem Zusammenwirken mit dem deutschen X. Korps, das bis zum Abend knapp anTurobin und Płonka herankam.

Links von der Gruppe Roth hatte das k.u.k. X. Korps mit der 2. ID. den Raum westlich von Wilkołaz erreicht, mit der 24. ID. die Russen nordwestlich von Kraśnik vertrieben und den Waldrand südlich von Urzędów gewonnen. Nur das VIII. Korps konnte trotz der Feuerunterstützung vom westlichen Weichselufer her fast keinen Geländegewinn erkämpfen. Es stand tagsüber in mühsamem Ringen gegen die stellenweise durch ein zehnreihiges Drahthindernis geschützten, in sorgfältigster Arbeit ausgehobenen feindlichen Stellungen, die vom XV. und von heranhastenden Teilen des XXV. Russenkorps mit großer Tapferkeit verteidigt wurden. Die Verbindung zum X. Korps bildete die 37. HID., der es noch vor Einbruch der Dämmerung gelang, in die feindlichen Stellungen nördlich von Wyżnianka einzubrechen und dort festen Fuß zu fassen.

Die Größe des Erfolges, den die Truppen der 4. Armee gegen einen tapferen Feind am 3. und 4. Juli erstritten hatten, spiegelt sich in den Abmessungen des zwischen Tarnawka und Wyżnica 40 km breiten und zwischen Studzianki und Wilkołaz 15 km tiefen Einbruchsraumes sowie in der Beute (29 Offiziere und 8000 Mann als Gefangene, 6 Maschinengewehre und 6 Geschütze). Die Divisionen, die diesen Erfolg errangen, hatten sich seit dem 29. Juni in ununterbrochenen Kämpfen oder am Marsche unter den schwierigsten Verhältnissen — außerordentliche Hitze, Wassermangel, mangelnde Nachtruhe, ermüdendes Gelände — befunden. Bald auch sollte es offenbar werden, daß die schweren Kämpfe große Lücken in die Reihen der Angreifer gerissen hatten.

Unter dem Eindrücke dieses Kampferfolges verfügte das Heeres-gruppenkmdo. für den 5. Juli, daß die 4. Armee die Verfolgung fortzusetzen habe, „um die errungenen Vorteile nach Kräften auszunützen“, und daß der linke Flügel der 11. Armee (Garde-, XXII. R-und X. Korps) durch Gewinnung der Höhen beiderseits von Izbica und von Wolka Żółkiewka der 4. Armee „die Ausnützung des Erfolges zu ermöglichen“ habe.

Da das 4. Armeekmdo. aus mitgelesenen Funksprüchen von der Rückverlegung des russischen XV. Korpskmdos. in die Nähe von Lublin

Kenntnis erhalten hatte und auch die der Armeemitte gegenüberstehenden Russen der Zahl nach für unterlegen hielt, versprach es sich von einem energischen Nachstoßen einen großen Erfolg. Hiezu sollten die Gruppe Roth im Angriffsstreifen westlich des Kos arze wkabaches und beiderseits der nach Lublin führenden Straße bis in die Linie Osmolice—Borzechów, das X. und das VIII. Korps bis Opole und Kamień Vordringen. Leistete der Russe aber auch am 5. Juli hinter der Wyżnica noch einmal Widerstand, dann war er durch gemeinsamen Angriff der beiden letztgenannten Korps zu werfen. Die Verbindung zum linken Flügel der 11. Armee hatte das XVII. Korps herzustellen, indem es mit dem rechten Flügel auf Antoniówka, mit dem linken auf Tuszów vorging.

Am 4. Juli spät nachts kündeten abermals russische Funksprüche dem 4. Armeekmdo., daß der Gegenstoß je einer feindlichen Infanterie-und Reiterdivision gegen Urzędów bevorstehe. Das Korps Martiny erhielt diese bedeutsame Meldung um Mitternacht. Sie drang wegen Mangel an Fernsprechverbindungen jedoch nicht mehr rechtzeitig bis zu den Truppen vorderster Linie durch.

Die Mitte der 4. Armee hatte sich am 4. Juli abends bis auf einen Tagmarsch der Bahnlinie Lublin—Cholm genähert und berührte dadurch einen Lebensnerv der russischen Nordwestfront. In den bisherigen Kämpfen bei Kraśnik hatte sich aber auch die Kampfkraft des XV., des

IX.    und des X. Russenkorps in empfindlichem Maße verbraucht. „Wenn Ihnen die Lage der 3. und der 13. Armee nicht bekannt ist,“ berichtete Alexejew am 4. Juli dem Höchstkommandierenden, „so muß ich Ihnen mitteilen, daß sie den Ständen nach sehr schwach und bis zum äußersten ermüdet sind und daß sie ernsten Widerstand nicht mehr leisten können. Das

X.    Korps zählt nicht mehr als 4000 Gewehre und fast keine Offiziere *).“

In dieser bedrängten Lage erbat Gen. Alexejew vom Höchstkommandierenden umfassende Weisungen für die ganze Nordwestfront und erließ unter dem Zwange der Verhältnisse selbständig bereits am 4. Juli Verfügungen an seine Heeresfront mit dem einzigen Ziele, die 3. und. die 13. Armee durch Reserven zu stützen. Um die hiefür erforderliche Zeit zu gewinnen, hatte die 3. Armee in den seit langem vorbereiteten Stellungen von Niedrzwica Mala—Bychawa und weiter hinter der Żółkiewka, die 13. Armee hinter der Wolica „für einige Tage dem Drucke des Feindes den hartnäckigsten Widerstand entgegenzusetzen2)“. Von der russischen 4. Armee und der auf das Südufer der Pilica herüberreichenden

*) Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 325.

2) Nesnamow, IV, 70.

2. Armee waren nach dem Abzüge des XXV. Korps auf das linke Weichselufer nur mehr das XVI. und das Grenadierkorps verblieben, insgesamt 41/2 Infanterie- und IV2 Kavalleriedivisionen und einige Reichswehrabteilungen. Die 4. Armee hatte ihren linken Flügel auf Borzechów—Opole zurückzunehmen und tunlichst starke Kräfte auf dem rechten Weichselufer zu versammeln. Alle sofort verfügbaren Reserven, XXV., II. sib. und VI. sib. Korps, entsandte Alexejew eiligst in den Raum von Lublin—Cholm.

Am 5. Juli setzte der dem k.u.k. 4. Armeekmdo. schon bekanntgewordene russische Gegenstoß auf Urzędów ein. Der überraschende Angriff eines aus der 3. GrenD. des XXV. Korps und der UralKosD. zusammengesetzten Korps warf die auf dem nördlichen Urzedówkaufer befindlichen Sicherungstruppen des k.u.k. X. Korps über den Bach zurück und gewann gegen die 24. ID. sogar bis südlich von Popko wice Raum. Kier vermochte sich diese wohl festzuklammern, und die 2. ID. setzte sich durch einen Gegenangriff wieder in den Besitz der Höhen westlich von Wilkołaz. Als am Vormittag der Anmarsch weiterer russischer Kräfte wahrgenommen wurde, unterstellte Erzherzog Joseph Ferdinand die 21. SchD., die er nach dem Durchbruche bei Majdan Skotnik zurückgehalten hatte und die eben nach Wilkołaz vormarschierte, dem X. Korps mit dem Aufträge, „den Feind gegenüber der 2. ID. zu werfen“. Ihr um 4h30 nachm. in nordwestlicher Richtung unternommener Angriff drang bis Ryczydół vor, erleichterte das Vorgehen der 2. ID. und deckte die linke Flanke der 106. LstlD., die bis Sobieszczany am weitesten vorgelangt war. Dem linken Flügel des X. Korps brachte die 37. HID. durch ihr Vordringen bis Urzędów Entlastung.

Bis zum Abend des 5. Juli war die Lage des X. Korps wiederhergestellt, der Angriff des kombinierten Russenkorps gescheitert. Der Verlust von Popkowice schien durch den gegen Ryczydół erzielten Raumgewinn reichlich aufgewogen.

Unbeirrt durch den schon seit frühem Morgen vom X. Korps herüberschallenden Schlachtenlärm hatte der rechte Flügel der 4. Armee,

IX. Korps (106. und 8. ID.), XIV. Korps (10. ID. in erster, 3. ID. in zweiter Linie) und XVII. Korps (45. SchD. und 41. HID.), auftragsgemäß am

5. Juli morgens die Verfolgung nach Norden beiderseits der Bystrzyca, linker Flügel entlang der Straße nach Lublin, aufgenommen und war mittags auf die russischen Stellungen südlich von Sobieszczany und von Bychawa sowie nördlich von Giełczew gestoßen. Die Stärke der Verteidigungsanlagen und der an Infanterie und Artillerie anwachsende Feind zwangen zur Erkundung und zum planmäßigen Aufmarsch. Hiemit verstrich der Nachmittag ohne besondere Kämpfe; nur die 10. ID. stürmte eine feindliche Vorstellung. Bis zum Abend hatten sich die Truppen dieser Korps fast überall nahe an die russischen Stellungen herangeschoben. Die 11. ID., die den Bereich des deutschen X. Korps wieder verlassen hatte, stieß südöstlich von Gielczew zum XVII. Korps.

Bei der 11. Armee verstrich der 5. Juli ohne wesentliche Gefechtsberührung. Die linken Flügelkorps erreichten ihre Tagesziele.

Während nach Einbruch der Nacht östlich von der Bystrzyca der Kampflärm verstummte, nahm westlich davon beim X. und beim VIII. Korps das Gefecht seinen Fortgang. Die 21. SchD. arbeitete sich gegen die Höhen nordöstlich von Popkowice vor, bis um lh nachts eine starke Feindstellung Ihrem weiteren Vordringen Halt gebot. Doch auch die Russen setzten ihre, wemi auch erfolglosen Bemühungen gegen das X. Korps fort. Beim VIII. Korps war es der deutschen 47. RD. vergönnt, nach gründlicher Feuervorbereitung noch abends in die erste feindliche Linie einzudringen und bis zum Morgen die sich verzweifelt wehrenden Russen des durch Teile des XXV. verstärkten XV. Korps aus ihrer Stellung zu vertreiben. Truppen der 62. ID. erstürmten einen starken Stützpunkt des Brückenkopfes bei Józefów.

Für den 6. Juli verfügte das 4. Armeekmdo. die Fortsetzung der Verfolgung; es sollte weiter Raum gegen Norden gev/onnen und namentlich am linken Flügel zunächst der Feind vor dem X. und dem VIII. Korps geworfen werden. Die Gruppe Roth hatte bei dieser Vorrückung ihren Westflügel mit dem X. Korps in Übereinstimmung zu bringen und auf den linken Flügel des XVII. Korps Bedacht zu nehmen. Von der Armeereserve wurden die halbe 26. SchD. — eine Brigade dieser Division kämpfte in den Reihen der 41. HID. — hinter die Armeemitte, die 3. KBrig., die bisher vergeblich auf eine Gelegenheit zum Vorbrechen gewartet hatte, nach Tarnawka gezogen. Mit Rücksicht auf die abgebliebenen Nachbarkorps entschloß sich FML. Roth, die Divisionen seiner Gruppe anzuhalten und die Vorrückung erst zu beginnen, bis das X. und das XVII. Korps in gleiche Höhe gelangt wären. Nun richtete das VIII. Korps seinen Hauptangriff gegen die auf dem Nordufer des Podlipiebaches befindlichen russischen Stellungen, das X. Korps gegen die Höhen nördlich von Popkowice; das XVII. Korps beabsichtigte die feindliche Hauptstellung zu gewinnen, die sich östlich der Kosarzewka bis Gielczew hinzog. GFM. Mackensen beließ die 4. Armee im Vordringen nach Norden und wies nur den linken Flügel der 11. Armee (deutsches X. Korps und XXII. RKorps) an, im Einklänge mit der 4. Armee vorzugehen.

Der Angriffsfront des VIII. Korps — 47. RD. und 37. HID. — gelang es bis zum Abend, das Südufer des Podlipiebaches zu erreichen. Ein für den Nachmittag von der Honvéd gegen Wierzbica geplanter Vorstoß unterblieb, weil starker Feind im Anrücken gemeldet wurde, und heftige Gegenangriffe zu erwarten waren.

Beim k.u.k. X. Korps kämpften sich die 21. SchD. und die 2. ID. im Laufe des Nachmittags mühsam schrittweise von Osten her gegen die Stellungen nördlich von Popkowice vor, ohne in diese einbrechen zu können. Die 24. ID. kam überhaupt über ihre Linien nicht hinaus. FML. Martiny stellte um 8h abends den Angriff seines Korps wegen Erschöpfung der Truppen ein.

Das XVII. Korps war am 6. mit seiner Hauptkraft (45. SchD. und Masse der 41. HID.) bis an die Stellung des russischen IX. Korps herangekommen. Teile der Honvéddivision und die 11. ID. erstürmten die Höhen nördlich und östlich von Gielczew; sie hatten Anschluß an die deutsche 11. Armee, deren linker Flügel die Linie Antoniówka—Höhe nördlich von Potaznia A294 und nordwestlich von Tamagóra am 6. Juli erreicht hatte, ohne auf sonderlichen Widerstand zu stoßen.

Während dieser Ereignisse an den Flügeln der 4. Armee spielten sich auch in der Mitte der Front schwere Kämpfe ab; die 106. LstlD. hatte vormittags einen starken russischen Angriff abzuwehren, die 10. ID. einen solchen am späten Nachmittag.

So hatte der 6. Juli für die 4. Armee bei etwas Geländegewinn und Abweisung aller russischen Angriffe durchaus erfolgreich geendet. Während aber fast alle Truppen der Armee in vorderster Linie standen

— das Armeekmdo. konnte nur über die halbe 26. SchD. und die 3. KBrig.. verfügen — hatten sich die Russen vor dem linken Flügel und der Armeemitte nach übereinstimmenden Meldungen der Truppen und der Flugbeobachtung zusehends an Infanterie und Artillerie verstärkt. Östlich der Bystrzyca waren Schützen vom VI. sib. Korps, gegenüber der 106. LstlD., dem VIII. und dem X. Korps Truppen beider Divisionen des XXV. Korps festgestellt worden. Aufgefangenen Funksprüchen zufolge passierte die Garde im Bahntransport eben den Bereich der 3. Armee, und das II. sib. Korps war an der Lubliner Bahn bei Rejowiec eingetroffen. Trotz dieser ganz bedeutenden Verstärkungen der Russen durch offenbar intakte Truppen auf vollem Stande sah das k.u.k. 4. Armeekmdo., das von den in den bisherigen Kämpfen erlittenen hohen Verlusten seiner Verbände nur teilweise Kenntnis hatte, zuversichtlich der nächsten Zukunft entgegen. Es entschloß sich nur schweren Herzens, einen Operationsstillstand von zwei Tagen einzuschalten, um eine wegen des raschen Vormarsches entstandene vorübergehende Stockung im Nachschübe von Artilleriemunition zu beheben. Die Zeit des erzwungenen Stillstandes sollte zu einer Umgruppierung für den am 9. Juli entlang der Lubliner Straße anzusetzenden Stoß benützt werden. Nur das VIII. und X. Korps hatten ungesäumt weiter anzugreifen. In diesem Sinne erließ das Armeekmdo. am 6. Juli abends seine Weisungen.

Der neuen Offensive entgegen

In diesen Tagen hatten die verbündeten Heeresleitungen entscheidende Beschlüsse über die Fortführung der Operationen auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz zu fassen.

„Zunächst muß alles daran gesetzt werden, um den Schlag der 4. und 11. Armee zwischen Weichsel und Bug mit voller Kraft zu führen, nach rechts verläßlich zu decken, von links kräftig zu unterstützen,“ lautete richtunggebend der am 3. Juli von der Heeresleitung Teschen erlassene Heeresbefehl. Vor allem galt es demnach, der Heeresgruppe Mackensen Kräfte zuzuführen, um sie zur ungesäumten Aufnahme und unaufhaltsamen Fortführung der Offensive zu befähigen. Zunächst war nur die Verstärkung durch das X. RKorps der Südarmee in Aussicht genommen. Am 4. Juli trat jedoch Falkenhayn an Conrad mit dem Vorschläge heran, am rechten Flügel der deutschen 11. Armee aus dem Beskidenkorps, dem XXXXI. RKorps, der 107. und der 11. bayr. ID. eine neue Armee, die „Bugarmee“, unter Kommando des GdI. Linsingen zu bilden. Sie sollte dem Oberbefehle Mackensens unterstellt werden und ungesäumt durch die deutsche 5. KD., nach verläßlicher Festsetzung der Südarmee an der Złota Lipa auch noch durch die deutsche 1. ID. verstärkt werden. Zum neuen Befehlshaber der Südarmee wurde GdI. Bothmer ernannt, der sein Korps an GdK. Marschall abgab. Auch GdI. Gerok hatte mit dem Stabe des XXIV. RKorps zur Bugarmee überzutreten, um die Führung über die 107. und die 11. bayr. ID. zu übernehmen. Am 6. Juli wurden die Weisungen für die Aufstellung der Bugarmee vom k.u.k. AOK. erlassen.

Die 1. Armee, die an der Naht der Bug- und der 2. Armee im Aufmarsch begriffen war (S. 588) und eine Reserve des Ostschutzes bedeutete, sollte alle Vorbereitungen für einen Vorstoß über den Bug treffen. Die ersten Transporte ihrer 46. SchD. trafen erst am Morgen des 4. Juli nördlich von Lemberg ein. Der Lauf der folgenden erfuhr auf den eben erst notdürftig in Betrieb gesetzten Bahnen mehrfache Verzögerungen.

Eine kräftige Unterstützung der Heeresgruppe Mackensen von links erwartete man sich von der Armee des GO. Woyrsch, dessen Befehlsbereich nach Abgang der 1. Armee den ganzen Raum zwischen Pilica und Weichsel umfaßte. Er erhielt in Vervollständigung des bereits am 30. Juni ergangenen Befehles am 3. Juli den Auftrag, mit starken Kräften Richtung Zwolen vorzudringen und bei „Abziehen weiterer russischer Kräfte aufs rechte Weichselufer über die Weichsel hinweg einzugreifen“. Bis zum 6. Juli hatte GdI. Kövess mit der neuerlich unterstellten 7. KD. seine Front über die Bahnlinie Kielce—Radom bis Wierzbica ausgedehnt, die Gruppe Bredow sich am rechten Flügel zum Angriffe bereitgestellt.

Für das 4. Armeekmdo. lag keine Veranlassung vor, von seiner für die nächsten Tage gefaßten Absicht abzugehen. Der für den 7. und 8. Juli in Aussicht genommene Stillstand fügte sich in den Rahmen des Heeresbefehles. GFM. Mackensen schenkte seine ganze Aufmerksamkeit der Neugruppierung der Streitkräfte am rechten Heeresgruppenflügel, die Mitte Juli beendet zu sein hatte (Umgruppierung der 11. Armee, Neuformierung der Bugarmee, Aufmarsch der 1. Armee). Die linken Flügelkorps der

11. Armee aber hielt er dem Verhalten der 4. Armee gemäß in den am

6. Juli erreichten Linien an. Die Bereitstellung zur allgemeinen Offensive sollte sich in der Folge umso leichter vollziehen,    als    die    Kampf

tätigkeit zwischen Wieprz und Bug allmählich erstarb.

Der russische Gegenangriff in der Ricbtwig auf Kraśnik und seine Abwehr

Inzwischen hatte das russische 3. Armeekmdo. schon am 7. Juli zu einem gewaltigen Schlage ausgeholt. Im Sinne der allgemeinen Weisungen des Oberkommandierenden der Nordwestfront hatte es sich entschlossen, mit den eben eingetroffenen frischen Truppen des XXV. und des VI. sib. Korps die Fronten des Durchbruchskeiles beiderseits der Bystrzyca anzufallen, um den österreichischen Vormarsch durch Gegenangriff zum Stehen zu bringen. Dies führte zu dreitägigen schweren Kämpfen an der ganzen Front der k.u.k. 4. Armee.

Noch in der Nacht auf den 7. Juli erfolgten die    ersten    Vorstöße

gegen die Linie Wilkołaz—Kraśnik. Sie galten dem am weitesten nach Norden vorspringenden Frontteil der 4. Armee, der vereinzelt vorragenden 106. LstlD., ferner dem linken Flügel des X. Korps, der 24. ID. Nach tapferster Gegenwehr und stundenlangem Handgemenge in Nacht und Wald kamen die Truppen der 106. LstlD. ins Wanken und mußten über Wilkołaz zurückgenommen werden. Aber schon auf den Höhen südlich davon gelang es den stark gelichteten Reihen, dem scharf verfolgenden Feinde erfolgreichen Widerstand zu leisten. Auch der linke Flügel der 24. ID. gab dem überlegenen Angriff der Grenadiere des russischen XXV. Korps1) nach, die sich im hohen Getreide bis auf nächste Entfernung herangeschoben hatten, und glitt von den Höhen nördlich der Urzędówka auf die Südhänge zurück.

Durch das Zurückweichen der 10^.LstlD. und der 24. ID. wurden auch die zwischen ihnen fechtenden Truppen, die 21. SchD. und die 2. ID., stark in Mitleidenschaft gezogen; ihre Stellungen mit den nunmehr offenen, ungeschützten Flanken waren unhaltbar geworden. Das X. Korpskmdo. nahm daher beide Divisionen im Einklänge mit der 106. LstlD. und der 24. ID. hinter die Urzędówka zurück. Das Loslösen vom nahen Feinde bei Tageslicht hatte besonders bei der 21. SchD. schwere Verluste zur Folge. Am späten Vormittag begann sich die Front auf den Hängen südlich der Urzędówka zu festigen; die gerissene Verbindung zwischen der 8. ID., die ihren linken Flügel etwas abgebogen hatte, und der 106. LstlD. wurde wiederhergestellt. Die Gefahr schien fürs erste gebannt zu sein.

Während dieser Kämpfe hatte an den übrigen Frontabschnitten der Armee Ruhe geherrscht. Doch mußte mit weiteren Angriffen des Feindes, besonders gegen das X. Korps und gegen die Gruppe Roth, gerechnet werden, da gegen diese Frontteile starker Feind in ununterbrochenem Anmarsche gemeldet wurde. FML. Roth bot alles auf, der Lage Herr zu bleiben. Um die 106. LstlD. zu möglichstem Widerstande zu befähigen, wurde ihr die von Majdan Skotnik anrückende halbe 26. SchD. unterstellt. Das dem XIV. Korps neu zugeteilte, eben eingetroffene IR. 21 der 10. ID. hatte den linken Flügel der 8. ID. zum Anschluß an die 106. LstlD. zu verlängern, Teile der 3. ID. (IR. 14) hatten sich dahinter als Reserve aufzustellen, der Rest der 3. ID. die hart mitgenommene

10. ID. zu stützen. Die bisher bei der 41. HID. eingesetzte zweite Hälfte der 26. SchD., die eben wieder heranrückte, plante FML. Roth zu seiner Verfügung nach Zakrzówek zu stellen. In einem mittags erlassenen Appell des 4. Armeekmdos. wurden das X. Korps und die 106. LstlD. noch besonders angewiesen, „sich auf den Höhen südlich der Urzędówka einzugraben und unbedingt zu halten“. Das VIII. und das XIV. Korps hatten alle freien Truppen dem X. zur Verfügung zu stellen, da dieses ganz ohne Reserve focht.

Ehe noch die vorstehend erwähnten Abwehrmaßnahmen getroffen waren, richtete die Masse des russischen XXV. Korps in den ersten

x) Das russische XXV. Korps bestand aus der 3. GrenD. und der 46. ID.

Nachmittagsstunden einen wuchtigen Angriff gegen die ganze Front des k.u.k. X. Korps. Gleichzeitig setzten Schützen vom VI. sib. Korps zum Stoß gegen die 10. ID. an. Gegen 5h nachm. gelang es den Russen, den linken Flügel der 24. ID. vollends einzudrücken, die beherrschenden Höhen südlich von Popkowice zu gewinnen und so eine Lücke zwischen dem X. und dem VIII. Korps zu schlagen. Das X. Korpskmdo., das noch immer jeglicher Reserve entbehrte, ordnete nun den Rückzug der 24. ID. hinter die Wyżnica sowie der 2. ID. und der 21. SchD. über die Höhen nördlich von Kraśnik zum Anschluß an die 106. LstlD. an. Das Armeekmdo., das die Lage des X. Korps besonders bedrohlich ansah, wies die vom XVII. Korps heranhastende halbe 26. SchD., die 3. KBrig. und die von der 1. Armee überstellte Brigade der Polnischen Legion dem

X. Korpskmdo. zu. Indes diese Truppen dem Kampfplatze zustrebten, bezog das X. Korps, durch den Feind nicht gestört, seine neuen Stellungen.

Durch das Zurückgleiten der 24. ID. hinter die Wyżnica bekamen die Russen freie Hand gegen die 37. HID. Ein machtvoller Vorstoß durchbrach deren Front und zwang sie, ihren rechten Flügel, der ohne Anlehnung war, hinter die Wyżnica zurückzunehmen. In dieser kritischen Lage ließ das VIII. Korpskmdo. die deutsche 47. RD. einen Frontteil der 37. HID. übernehmen und setzte bei Wyżnianka die eben zum

X. Korps marschierende polnische Brigade ein, um die Lücke zwischen der 37. HID. und der 24. ID. zu schließen. Damit schien auch hier dem weiteren Vordringen der Russen Halt geboten zu sein. Die 62. ID. war von Kämpfen verschont geblieben. Der Führer des VIII. Korps, FZM. Scheuchenstuel, richtete an die Armeeabteilung Woyrsch die Bitte, etwa verfügbare Reserven in den Kampf östlich der Weichsel eingreifen zu lassen. Woyrsch stellte bereitwilligst die halbe 2. KD. samt dem Etappenmarschregiment (S. 588) und einem deutschen Landwehrbataillon zur Verfügung. Mit deren Eintreffen war aber frühestens am 9. Juli zu rechnen.

Günstiger waren die Kämpfe bei der 10. ID. verlaufen. Hier gelang es, wenn auch unter allergrößter Anstrengung und unter sehr schweren Opfern, den nach ausgiebiger Artillerievorbereitung eingebrochenen Feind zum Stehen zu bringen. Am äußersten rechten Armeeflügel, beim XVII. Korps, war der 7. Juli ereignislos verstrichen. Das Korps sollte die halbe 41. HID. als Armeereserve bereitstellen.

Der 7. Juli hatte Truppen und Führung auf eine harte Probe gestellt. Jetzt erst, im Abwehrkampfe, zeigte sich die Übermüdung der Truppen, traten ihre erschreckend geringen Kampfstände offen zutage. Der Kommandant des X. Korps, FML. Martiny, berichtete über die sehr starke

Erschöpfung seiner Streiter, die bis zu 50 v. H. Verluste erlitten hatten; das VIII. Korpskmdo. glaubte Offiziere an die Wyżnicaniederung senden zu müssen, „um dort die Truppen unbedingt zum Halten und Festsetzen am südlichen Ufer zu veranlassen“. Der Kommandant der 10. ID. erachtete seine Bataillone zur Abwehr weiterer schwerer Angriffe nicht mehr für fähig. Die Zuversicht, die das Armeekmdo. noch am 6. Juli gehegt hatte, verflog, der Glaube an die Kampfkraft war erschüttert. Das Armeekmdo. hatte infolge Erschöpfung der Truppen und der hohen Verluste wegen „nicht die volle Überzeugung, daß die ganze Armeefront nunmehr dauernd Widerstand leisten werde“. Es entsprach nur der Auffassung der Lage, wenn es sich an die Heeresleitung und an das Heeresgruppenkmdo. Mackensen mit der Bitte wandte, „erwägen zu wollen, ob und in welcher Weise die 4. Armee entlastet werden könnte, sei es direkt durch eine Verstärkung, sei es indirekt durch eine Offensive an anderer Stelle“. Das k.u.k. AOK. beurteilte die Lage der 4. Armee als nicht bedrohlich und schlug daher vorerst das Angebot der DOHL. aus, die deutsche 103. ID. aus Syrmien zur Unterstützung der 4. Armee heranzuführen. Doch ließ es, betroffen von der gedrückten Auffassung des Armeekmdos., die in schroffem Gegensätze zur Zuversicht der letzten Tage stand, dem Chef der Operationsabteilung, Obst. Paić, durch GM. Metzger klarlegen, daß „das in vielen Tagen schwer Erkämpfte unter gar keiner Bedingung wieder preisgegeben werden dürfe“. So blieb dem

4. Armeekmdo. in Erwartung weiterer harter Kämpfe — starke Ansammlung wurde aus Lublin gemeldet, noch am Nachmittag eine starke Kolonne aller Waffen im Anmärsche gegen das XVII. Korps gesichtet — nichts übrig, als den Korps neuerlich gründlichen Stellungsbau und zähesten Widerstand ans Herz zu legen.

Bei der Armee Woyrsch hatte die Gruppe Bredow an diesem ereignisreichen Tage durch einen Vorstoß, dem sich auch die 3.LD. anschloß, den russischen Brückenkopf an der Kamiennamündung weiter eingeengt und die Linie Zemborzyn—Sienno—Grabowiec gewonnen, ohne damit allerdings der 4. Armee eine irgendwie fühlbare Entlastung zu bringen.

Die Nacht auf den 8. Juli verstrich, von vereinzelten ergebnislosen Angriffen abgesehen, ohne Zwischenfall. Tagsüber richteten die Russen unter Einsatz des ganzen VI. sib. Korps ihre Anstrengungen gegen die Gruppe Roth, vornehmlich gegen den westlich der Bystrzyca stehenden linken Flügel der 8. ID. und auf die 106. LstlD. Der Angriff gegen die zweitgenannte Division kam bereits vormittags zum Stehen. Doch brachen die sibirischen Schützen, gefolgt von Uralkosaken, in den Ort Bystrzyca und in die Stellung des tschechischen IR. 21 ein, das, ohne sonderlichen Widerstand zu leisten, den Russen den Weg freigab1). Die Kaiserjäger und die 14er, beiderseits der Einbruchsstelle in Flanke und Rücken überraschend gefaßt, begannen zu weichen und lösten dadurch den Rückzug der Truppen der 8. ID. östlich der Bystrzyca aus. Bald nach Mittag war die ganze 8. ID. im Zurückgehen beiderseits der Bystrzyca nach Süden. Als der Kommandant der 8. ID., FML. Fabini, dessen gewahr wurde, ließ er haltmachen und befahl die Wiedereroberung der alten Stellung. Der Angriff begann bald nach 3h nachm., nachdem die halbe 41. HID. auf dem Kampffelde eingetroffen war. Der Gegenangriff, beiderseits der Bystrzyca angesetzt, war im besten Vorwärtsschreiten, als die erschöpften Truppen der 3. und der 10. ID., deren Front zum Zerreißen gespannt war, einem mit überlegener Wucht geführten feindlichen Ansturm erlagen und bis halben Wegs zwischen Kielczewice und Rudnik zurückwichen. FML. Roth ließ nun den Gegenangriff nur bis auf gleiche Höhe mit der 10. ID. vortragen. Während sich die Truppen der 8. und und 10. ID. mit den bei beiden eingesetzten Teilen der 3. ID. 2) soweit eben möglich in den neuen Linien zu nachhaltiger Abwehr einrichteten, stießen die Russen gegen die entblößte Flanke und den Rücken der 45. SchD. vor und zwangen auch diese Division zum Zurückgehen.

Hatte der 8. Juli für die österreichischen Waffen auch nur mit dem Verlust eines kaum 3 km breiten Geländestreifens geendet, so sah das Armeekmdo. den nächsten Ereignissen doch mit Besorgnis entgegen. Der letzte Kampftag hatte hohen Blutzoll gefordert; gerade die besten Truppen hatten am meisten gelitten. Die Tiroler Kaiserjägerregimenter wiesen Kampf stände von etwa 300 bis 400 Mann auf, die 10. ID. war „aufgerieben“. Auf diese Art hatten die sibirischen Regimenter die gleiche Kampfkraft wie ein österreichisches Korps, da sie fast noch auf vollem Stande waren. Reserven standen dem Armeekmdo. nicht zur Verfügung und konnten der Lage nach auch nicht aus der Front heraus!) Über das Verhalten des IR. 21 im Gefechte am 8. Juli wurde eine strenge Untersuchung eingeleitet. Die Berichte der Augenzeugen „besagen übereinstimmend, daß die Mannschaft des IR. 21 die russische Infanterie auf nahe Entfernung herankommen ließ und bei ihrem und der Kosaken Einbruch in die eigene Linie, statt sich zu wehren, zum Teil die Gewehre wegwarf und davonlief, zum Teil dem Gegner mit erhobenen Händen oder durch Tücherschwenken Zeichen der Übergabe machte und den Russen entgegenging“.

2) In diesen Kämpfen erwarb sich der Kommandant der 5. IBrig., GM. Richard Müller, das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

gelöst werden. Die von der Armeeabteilung Woyrsch zur Verfügung gestellten Kräfte, die das 4. Armeekmdo. hinter dem rechten Flügel des VIII. Korps zusammenzog, waren zu schwach, um entscheidend zu wirken. GFM. Mackensen schob wohl die Armeereserve der 11. Armee, die 119. ID., hinter das deutsche X. Korps, lehnte aber jede unmittelbare Unterstützung der 4. Armee ab, da weitere Kräfte aus der Front zu ziehen ohne Schädigung der eingeleiieten Operation nicht angängig sei, überdies eine vorzeitige Teiloffensive keinen nennenswerten Erfolg verspreche. Das Heeresgruppenkmdo. hoffte aber, „daß es der 4. Armee gelingen werde, im wesentlichen die jetzt erreichte Linie bis zum Beginne der allgemeinen Offensive zu halten“.

Im Sinne dieser Weisungen Mackensens ordnete das 4. Armeekmdo. für den 9. Juli das unbedingte Behaupten der erkämpften Räume an.

Dieser Tag fand die Truppen der 4. Armee in den Stellungen des Vorabends. Nachtsüber hatte der Kampf an der ganzen Armeefront weitergeschwelt, war bald hier, bald dort lebhafter aufgeflackert, ohne aber eine entscheidendere Wendung zu nehmen. Während des 9. Juli erneuerten die Russen ihre Angriffe gegen die ganze Armeefront. Das XVII. Korps wehrte vormittags, die Masse der Armee (XIV., IX. und VIII. Korps) nachmittags und abends mehrere heftige Vorstöße des Feindes ab, wobei es verschiedentlich zum Kampfe von Mann gegen Mann kam. Mit besonderer Hartnäckigkeit hatten die Russen die Stellungen der 106. LstlD. auf den Höhen knapp südlich von Wilkołaz angegriffen, die inselartig weithin über die flachwellige Umgebung hervorragten. Schweres und leichtes Artilleriefeuer war den ganzen Tag auf den Linien gelegen; erst bei Einfall der Dämmerung erfolgte der Ansturm mit großer Wucht. Nur im Gegenangriff, nach erbittertem Handgemenge, blieb das in den Reihen des Landsturmes fechtende nordböhmische SchR. 9 der 26. SchD. Herr der Stellung.

So hatte die 4. Armee an diesem heißen Kampftage allen Anstürmen getrotzt. Dennoch war der Erzherzog, der im Laufe des 9. alle Korpskmdos. aufgesucht hatte, um sich über die Lage und über den Zustand der Regimenter zu unterrichten, noch von ernsten Sorgen bedrückt. Denn auf Grund der mündlichen Berichte der Korpskommandanten, daß die Truppen durch die ununterbrochenen Kämpfe der letzten Tage sowie durch Hitze und Wassermangel schwer erschöpft seien, stand der Armeeführer „unter dem Eindrücke, daß noch bis zum 10. Juli nachmittags ein kritischer Zustand“ bestehen werde. Dem könne nur durch Bildung von Reserven begegnet werden, deren Auslösen aus der Front und Bereitstellen die Zeit bis zum 10. Juli beanspruchen würde. In dieser Hinsicht war man in Teschen dem 4. Armeekmdo. bereits entgegengekommen. Denn auf das Drängen Falkenhayns nach Verstärkung der 4. Armee hatte die k.u.k. Heeresleitung, von ihrem ursprünglichen Widerstand abkommend, nunmehr der Überführung der deutschen 103. ID. aus Syrmien auf den russischen Kriegsschauplatz doch zugestimmt. „Um aber die Verstärkung der 4. Armee rasch wirksam zu machen“, unterstellte das AOK. die im Verbände der 1. Armee befindliche k.u.k. 4. ID., die bei Tarnobrzeg zum Abgehen an den Bug bereitstand, am 9. Juli der 4. Armee, während hiefür die deutsche 103. ID. der Armee Puhallo zugeführt werden sollte. Das 4. Armeekmdo. rechnete, daß die 4. ID. am 10. Juli um Zaklików eintreffen werde, vereinigte die zwei Brigaden der 2. KD. um Majdan Skotnik und zog die von der Armeeabteilung Woyrsch überwiesenen fünf Bataillonex) und zwei reitende Batterien der 2. KD. um Stróża zusammen. Überdies verfügte es die Bildung von Reserven aus dem eigenen Stande. Das XVII. Korps hatte die halbe 41. HID. hinter den rechten Flügel der Gruppe Roth, das VIII. Korps eine „starke Kraft“ hinter die Abschnittsgrenze zwischen dem X. und dem VIII. Korps zu schieben. Das AOK. in Teschen, das anscheinend eine pessimistische Auffassung der Lage nicht aufkommen lassen wollte, eröffnete im eindringlichen Ferngespräch dem Chef der Operationsabteilung der 4. Armee: „Wir brauchen noch eine ganze lange Woche Zeit, bis östlich der Armee alles soweit bereit ist, damit mit ganzer Kraft losgegangen werden kann; bis dahin muß durchgehalten werden. Solange nicht alles vom höchsten Führer abwärts Tag und Nacht unerbittlich am Werke ist, kann es nie gehen. Landgraf, werde hart!“

Das Oberkmdo. Mackensen hatte die Bitte der 4. Armee, am 10. Juli die hinter dem deutschen X. Korps stehende deutsche 119. ID. in den Raum nördlich von Biskupie zu entsenden, abgeschlagen, da es eine Verschiebung dieser Division, die bei der bevorstehenden Offensive als Reserve hinter dem entscheidungsuchenden linken Flügel der 11. Armee ausersehen war, weiter nach Westen in den Bereich der 4. Armee für, unzulässig erachtete.

Die Nacht zum 10. Juli brachte nur dem VIII. und dem IX. Korps heiße Kämpfe. In dichten Linien brachen Truppen des XV. und des XXV. Russenkorps, verstärkt durch zwei Regimenter des westlich der Weichsel stehenden Grenadierkorps, gegen die Verschanzungen der 47. RD.

*) Sie wurden nicht in den Kampf eingesetzt und Mitte Juli der Armeeabteilung Woyrsch wieder überstellt.

und den rechten Flügel der 62. ID. vor, drangen stellenweise in deren Linien ein, wurden aber dann in hartem Nahkampf abgewehrt. Ebenso mißlangen die Versuche des Feindes, die vielumkämpften Höhen südlich von Wilkołaz der 106. LstlD. zu entreißen; der hohe Blutzoll der Russen war hier vergeblich entrichtet worden. In den anderen Kampfabschnitten hatte nachtsüber Ruhe geherrscht. Sie wurden auch im Laufe des 10. Juli

— von einem ergebnislosen russischen Vorstoß entlang der Bystrzyca abgesehen — unbelästigt gelassen. Die Bereitstellung der Reserven war planmäßig erfolgt. Nur mit dem Eintreffen der 4. ID. bei Zaklików konnte nicht am 10., sondern erst am 12. Juli gerechnet werden.

Gegenüber der Front des XIV., des IX. und des X. Korps begannen sich die Russen gründlich einzugraben. Vor dem rechten Flügel des

VIII. Korps wichen sie sogar hinter die Urzędówka zurück. Flieger konnten am 10. Juli vormittags Truppen Verschiebungen nicht mehr wahrnehmen. Den russischen Angriffen am 9. Juli hatte es an Geschlossenheit und Einheitlichkeit gefehlt, so erbittert die einzelnen Vorstöße auch geführt wurden. Dies alles schien darauf hinzudeuten, daß sich die Angriff skraft der Russen in den opferreichen Kämpfen der letzten Tage stark erschöpft hatte.

Die „Zweite Schlacht bei Kraśnik“ war geschlagen — unter herben Verlusten hüben und drüben. In viertägigen heißen Kämpfen hatten die Truppen der 4. Armee die stellenweise festungsartig ausgebauten Linien des XV. und des IX. Russenkorps beiderseits der Bystrzyca durchbrochen, 56 russische Offiziere und 15.500 Mann zu Gefangenen gemacht, 6 Geschütze sowie 21 Maschinengewehre erbeutet und waren bei einem Geländegewinn von 20 km Tiefe auf einen Tagmarsch an den für die Russen so wichtigen Schienenstrang Iwangorod—Lublin—Cholm herangekommen. In schwerster Besorgnis um diese Lebensader seines Heeres hatte daraufhin Alexejew zwischen dem 7. und 9. Juli die Reserven in die Schlacht geworfen, die ihm gerade zur Hand gewesen waren: das XXV. und das VI. sib. Korps, beide auf vollem Kriegsstand und dazu bestimmt, sich im Raume von Cholm der Armee Mackensen in den Weg zu stellen. Nun zog die 4. Armee, bloß auf die eigene Kraft angewiesen, da weder die 4. ID. noch die von Woyrsch gesandten Verstärkungen zu rechter Zeit einlangen konnten, jene Masse frischer russischer Streiter auf sich. Ihre Abwehr kostete die Einbuße eines etwa 5 km breiten Streifens schwer eroberten Bodens und — was noch mehr wog — wieder viel kostbares Blut. Die Heeresleitung stand denn auch, als die ersten Nachrichten über das Zurückgleiten des XIV. und des IX. Korps eintrafen, unter dem

Eindruck eines nicht unbedenklichen Rückschlages; aber sie sagte sich schließlich mit Recht, daß die 4. Armee gegenüber dem bevorstehenden Hauptstöße Mackensens eine Winkelriedrolle übernommen haben mochte. Auch die DOHL. urteilte am 9. Juli, es werde sich „vielleicht später als nützlich erweisen“, daß der Feind so starke Kräfte gegen die 4. Armee angesetzt habe.

Ließen schon diese Hoffnungen die Dinge in einem wesentlich günstigeren Lichte erscheinen, so hatte die Schlacht bei Kraśnik aber noch ein Ergebnis, dessen Größe damals im Lager der Verbündeten niemand zu ahnen vermochte. Sie hatte in ihrem Auftakt erheblichen Anteil daran, daß die oberste Führung der Russen zu Entschlüssen von großer Tragweite genötigt wurde.

Die großen Führerentschlüsse in der ersten Julihälfte

Die Niederlage des XV., des IX. und des X. Korps der russischen

3. Armee in den Kämpfen nördlich von Kraśnik und an der Żółkiewka, durch die die Widerstandskraft dieser Armee erschüttert wurde, war der Anlaß für entscheidende Maßnahmen, die der Oberbefehlshaber der russischen Nordwestfront, Gen. Alexejew, am 4. Juli getroffen hatte. Sie bezweckten einerseits eine Verstärkung der 3. und der 13. Armee, um sie zum Widerstand gegen einen auf sie gerichteten Hauptangriff der Verbündeten zu befähigen, dann aber auch die Bereitstellung von Verfügungstruppen, die im Raume Bjelostok—Osowiec rasch zur Abwehr eines über den Narew geführten deutschen Vorstoßes, der der Gesamtlage nach nicht unwahrscheinlich erschien, vereinigt werden konnten1).

Da in den bisherigen äußerst verlustreichen Kämpfen 2) alle Heeresreserven aufgebraucht worden waren, sollten solche durch Zurücknahme und Frontverkürzung der 12., der 1., der 2. und der 4. Armee gewonnen werden. Im einzelnen bestimmte Alexejew, daß der rechte Flügel der

12. Armee und die 1. Armee zu einem von den beiden Armeeführerneinvernehmlich festzusetzenden Zeitpunkt in die Linie Krasnosielc—Ciechanów—Płońsk zurückzugehen hätten, bei Ausscheidung je einer Division als Reserve südlich von Osowiec und bei Różan. Die durch Festungsartillerie zu verstärkende 2. Armee sollte in der Nacht zum 7. Juli in die

x) Nesnamow, IV, 70ff.

2) Die unter öst.-ung. Oberbefehl an der Ostfront kämpfenden verbündeten Armeen hatten im Mai und Juni von den Russen 1400 Offiziere und 460.000 Mann als Gefangene, dann 344 Geschütze und 940 Maschinengewehre als Beute eingebracht.

Błonie-Grójecstellung zurückgenommen werden. Der 4. Armee wurde die Zurücknahme ihres linken Flügels bis an die untere Iłżanka und den Chodelbach und die Versammlung tunlichst starker Kräfte auf dem östlichen Weichselufer aufgetragen. Für den Fall der Notwendigkeit wurde der Armee sogar der schrittweise durchzuführende Rückzug ihrer ganzen Front bis in die Linie Wyśmierzyce—Jedlnia—Janowiec zugestanden. Die den Nordflügel der Heeresmacht Alexejews bildenden zwei Armeen, die 10. und die 5., hatten sich auch weiterhin in ihren Stellungen zu behaupten, wobei jene sich an der Straße Augustów—Grodno gegen feindliche Vorstöße vorsehen, diese eine Schützenbrigade nach Bjelostok zur Verfügung des Höchstkommandierenden entsenden sollte. Die 3. und die 13. Armee wurden angewiesen, „dem Drucke des Gegners durch einige Tage den hartnäckigsten Widerstand entgegenzusetzen“. Auch sonst ließ man nichts unversucht, die Kampfkraft der Armeen der Nordwestfront zu erhöhen. Alle rekonvaleszenten Offiziere und Mannschaften, alle vorhandenen Offiziersersätze, rund 100.000 Mann bewaffneter Ergänzungen aus dem Stande der Ersatzbataillone und der letzte Vorrat an 40.000 Gewehren wurden der Nordwestfront zugeführt.

Gen. Alexejew mochte wohl erkannt haben, daß die eben angeführten Maßnahmen allein nicht ausreichen konnten, um die kritische Lage der im Weichselgebiete von den Heeren der Verbündeten umfaßten russischen Armeen zu bessern; in solcher Bedrängnis bat er den GroßfürstGeneralissimus zu einer Beratung nach Siedlec, die schon am 5. Juli stattfand. In dieser wurde die allgemeine Lage dahin beurteilt, daß sich der Gegner im Weichselvorlande, am Narew, am Njemen und in Kurland in der Abwehr verhalte, und daß seine dortigen Angriffe nur als Scheinunternehmen zu betrachten seien. Höchst bedrohlich sei aber seine zwischen Weichsel und Bug geführte Offensive, die die Lage der Russen „auf dem vorderen Kriegsschauplätze“ ernstlich gefährde. Um nun Alexejew zu befähigen, „die lebenden Kräfte der ihm unterstellten Armeen zu erhalten, die für den bevorstehenden, noch lange andauernden Krieg nötig sind“, ermächtigte ihn der Höchstkommandierende, die Armeen vom Mittellauf der Weichsel noch weiter nach Osten zurückzuführen. Ohne damit den Gen. Alexejew in der Wahl der neuen Stellungen beeinflussen zu wollen, wies er auf die Linie Łomża—Malkió—Łuków—Parczew— Włodawa—Ratno hin; als äußerste Grenze des auch ihm als unvermeidbar erscheinenden Rückzuges bezeichnete er den Bobr, den oberen Narew, Brest-Litowsk und Ratno1).

Was die in dem Räumungsgebiete liegenden Festungen anbelangt, wurde Iwangorod nur als Teil einer schon früher errichteten Feldstellung bezeichnet, die „die Freiheit des Manövrierens auf beiden Ufern der mittleren Weichsel wahren sollte“. Sie durfte daher jetzt im Verlauf des Rückzuges geräumt werden. Der Festung Nowogeorgiewsk wurde in der Beratung in diesem Zusammenhang nicht gedacht; sie hatte sich daher auf eine Einschließung und isolierte Verteidigung vorzubereiten.

Der Beginn der Rückverlegung des 650 km langen russischen Stellungsbogens zwischen der Bobrmündung und Sokal in eine der beiden nur mehr 400 km, beziehungsweise 370 km langen Sehnenstellungen verzögerte sich aber erheblich. Denn der wegen der allgemeinen Not dringend gebotene Abschub der im Raume um Warschau befindlichen Vorräte und industriellen Einrichtungen erforderte etwa drei Wochen Zeit1). Doch noch ehe diese Frist verstrichen war, schritten die Armeen der Verbündeten nicht nur am Dniester und zwischen der Weichsel und dem Bug, sondern auch gegen den unteren Narew zum Angriff.

Bereits am 28. Juni hatte GO. Conrad auch schon die Aufmerksamkeit Falkenhayns auf die Frage der Mitwirkung der Heeresgruppe Hin-denburg gelenkt. Er regte an, die Offensive der Heeresgruppe Mackensen durch einen aus dem Raume der Armee Gallwitz in der Richtung auf Siedlec zu führenden Stoß zu einer doppelseitigen Umfassung der zwischen Bug, Weichsel und Narew befindlichen russischen Heeresmassen auszubauen. Hiebei empfahl er, ähnlich wie das Abziehen der k.u.k. 1. Armee nach Osten erfolgte, auch aus der vor Warschau stehenden deutschen

9. Armee Kräfte auszusparen. Diese und vielleicht auch von der deutschen 10. und 8. Armee entnommene Kräfte sollten die Armee Gallwitz besonders stoßkräftig machen.

Falkenhayn ging auf die Vorschläge Conrads, die die Grundzüge des Operationsplanes für den Sommerfeldzug 1914 gebildet hatten, rasch ein. Doch die leitenden Personen des „Oberost“ waren anderer Meinung. Hatte GM. Ludendorff schon am 7. Juni darauf hingewiesen, daß nördlich des Njemen die den gleichen Namen tragende deutsche Armee, wenn sie verstärkt würde, durch Vorrückung über Kowno und Wilna gegen den Rücken der russischen Hauptkräfte zur Vernichtung des Feindes wesentlich beitragen könnte2), so vertrat GFM. Hindenburg in einer am

J) Korolkow, Das mißlungene Cannae, 29 f.

2) Ludendorff, Kriegserinnerungen, 114; K u h 1, I, 231; Hindenburg, Aus meinem Leben (Leipzig 1920), 127.

2. Juli in Posen unter dem Vorsitze des Kaisers stattfindenden Besprechung den gleichen Gedanken.

Doch die Ausführungen des Generalfeldmarschalls überzeugten Falkenhayn nicht1). Erschien es ihm schon fraglich, ob mit der geringen Verstärkung von zwei Divisionen, die der Njemenarmee zugeführt werden konnten, die rasche Bezwingung der Festung Kowno möglich sein werde, so bezweifelte er noch mehr, daß mit diesen schwachen Kräften in den weiten Räumen nördlich des Njemen eine Wirkung zu erreichen sein werde. Ein Herüberwerfen von weiteren Verstärkungen aus dem Westen kam bei der gespannten Lage aber nicht in Frage, und ein Zuführen von Truppen aus Galizien hätte zu viel Zeit erfordert. Nach Ansicht Falkenhayns hatten die Russen die Gefahren der ihnen drohenden großen operativen Umfassung ohnehin längst erkannt und besaßen in ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit, in ihrem leistungsfähigen Eisenbahnnetz und in der Rücksichtslosigkeit, mit der sie Boden preisgaben, die Mittel, einer solchen Umklammerung entgegenzuwirken.

Kaiser Wilhelm entschied hierauf gegen den Generalfeldmarschall. Die Armee Gallwitz erhielt den Auftrag, von der Südgrenze Ostpreußens her am 12. Juli zu beiden Seiten von Przasnysz die russischen Stellungen am unteren Narew zu durchbrechen und zur Entlastung der Heeresgruppe Mackensen gegen den Bug vorzugehen2). Hiedurch war den Wünschen Conrads im vollen Maße Rechnung getragen.

Tags zuvor hatte FM. Erzherzog Friedrich für die der k.u.k. Heeresleitung unterstehenden Armeen die durch Conrad und Falkenhayn vereinbarten „Direktiven für die Fortführung der Operationen“ erlassen, die die Abschnürung des Weichselbogens einleiten sollten.

Hiezu hatte GFM. Mackensen mit der 4., der 11. und der Bugarmee zwischen Weichsel und Bug anzugreifen. Die 1. Armee, die nunmehr doch auch Mackensen unterstellt und durch das XXXXI. RKorps verstärkt wurde, hatte mit mindestens vier Infanterie- und drei Kavallerie -divisionen über den Bug gegen Władimir-Wołyński vorzustoßen und mit dem Rest den Bug bis Dąb (5 km östlich von Mosty Wielkie) zu decken. Die Ablösung der noch am Bug zwischen Kamionka-Strumiłowa und Dąb stehenden Gruppe Szurmay hatte die 2. Armee bis zum 14. Juli zu besorgen. Die den Ostschutz versehenden Armeen Böhm-Ermolli und Bothmer hatten sich bereitzuhalten, zum Angriff überzugehen, um ein Abziehen von Feindkräften vor ihrer Front zu vereiteln. Der 7. Armee

1)    Falkenhayn, 96ff.

2)    K u h 1, I, 232 f; vergleiche auch Gallwitz, 268 ff.

wurde der Angriff zwischen Strypa und Sereth auf Buczacz und Czort-ków vorgezeichnet. GO. Woyrsch sollte ein Abziehen russischer Heereskörper auf das rechte Weichselufer verhindern und selbst mit starkem rechtem Flügel im Einklang mit der 4. Armee vorgehen, wobei er darauf bedacht zu sein hatte, auch über die Weichsel hinweg angreifen zu können. Der Angriffsbeginn wurde Mackensen, Woyrsch und PflanzerBaltin überlassen.

Die Verdrängung der Russen aus dem Weichselbogen

Die Dniesterkämpfe vom 14. bis zum 19. Juli Hiezu Skizze 33

Die zwei ersten Kampftage

Die der 7. Armee aufgetragene Aufgabe eines Vorstoßes bis Buczacz und Czortków gedachte GdK. Pflanzer-Baltin durch einen zangenartigen, aus zwei Fronten angesetzten Angriff zu erfüllen. Den Hauptstoß bei dieser in der Nacht auf den 14. Juli zu beginnenden Kriegshandlung hatte das III. Korps, FML. Krautwald, zwischen Strypa und Sereth in der Richtung auf Tłuste zu führen, wozu ihm auch die Masse der Armeereserven (9., 12. IBrig. und Brigade Obst. Kuhn, insgesamt 14 Bataillone) unterstellt wurde. Das Schwergewicht war hiebei auf den Übergang im Dniesterabschnitt Iwanie—Uścieczko zu legen. Rechts vom

III. Korps sollte die Korpsgruppe FML. Benigni mit der 3., der 6., der 8. und der 10. KD. in den Rücken der russischen 9. Armee Vordringen. Um das Vorbrechen dieser gewaltigen Masse von 9600 Reitern zu ermöglichen, hatten die 6. ID., FML. Schönburg, und die Fußabteilungen der Kavalleriedivisionen in der Dniesterschlinge bei Doroschoutz den Fluß zu überschreiten und die russische Aufstellung zu durchstoßen. Durch die geschlagene Bresche sollte dann das Reitergeschwader auf dem östlichen Serethufer bei Sicherung gegen Chotin und gegen Kamieniec-Podolski nach Norden ausschwärmen. Die 6. ID. hatte in einem auf dem nördlichen Dniesterufer vorgebauten Brückenkopf der Reiterei als Rückhalt zu dienen.

Den Nebenangriff auf Buczacz hatte die durch Teile der 15. ID. auf 16 Bataillone und 15 Batterien verstärkte 36. ID. des XIII. Korps, FML. Schreitter, aus westlicher Richtung über die untere Złota Lipa zu führen, indes sich die 5. und die 15. ID., zusammen nur noch 14 Bataillone und 10 Batterien stark, auf die Behauptung des anschließenden Dniesterabschnittes zu beschränken hatten. FML. Korda sollte mit dem durch die aus Siebenbürgen eingetroffene 202. HIBrig., Obst. Sávoly, verstärkten XI. Korps zwischen dem Dniester und dem Pruth Flanke und Rücken der 7. Armee decken. Die 5. HKD. stand westlich von Dobronoutz als Armeereserve.

Die zur Mitwirkung aufgeforderte Südarmee erreichte erst am 16. die erforderliche Kampfbereitschaft. Dennoch verstand sich der Führer des an die 7. Armee anschließenden Korps Hofmann dazu, Teile der durch Infanterie verstärkten 1. KD. den Flußübergang der 36. ID. begleiten zu lassen, während die Brigade Bolzano und die 55. ID. zunächst nur durch Feuer wirken sollten. Ähnliches versprach auch die jetzt dem Kommando der Südarmee direkt unterstellte 48. RD. zu tun.

Bei der Hauptstoßgruppe, beim III. Korps, begann die Offensive mit dem in der Nacht zum 14. bewirkten Flußübergang der 12. IBrig., Obst. Rudolf Müller, die den Feind von Iwanie bis in den nördlich davon befindlichen Wald zurückwarf. Rechts anschließend griff die 30. ID., FML. Kaiser, vom 13. Juli llh nachts angefangen mit starkem linkem Flügel an, durchbrach drei russische Stellungen und stellte am 14. die Verbindung mit der Brigade Müller her. Gegen den russischen Brückenkopf von Czernelica griff die 28. ID., GM. Edl. v. Hinke, schon, am 13. abends mit starkem rechtem Flügel an, gewann nahe am Dniester auch etwas Boden, wurde dann aber durch russisches Flankenfeuer, das vom Nordufer herüberschlug, niedergehalten.

Das Korps Benigni überschritt am 13. Juli nachmittags mit den zusammen 13 Infanterie- und Kavallerieschützenbataillone starken Kampfgruppen FML. Schönburg und Obst. Gheri (IR. 97) den Fluß und gewann nach Überwindung der russischen Uferstellung bis zum Morgengrauen die Linie zwischen der Serethmündung und Sińków. Zur Fortsetzung des Angriffes wurden die 8. und die 6. KD. zu Fuß auf dem rechten Flügel eingesetzt und samt der Gruppe Gheri dem Führer der 8. KD., FML. Lehmann, unterstellt. Der Angriffsbeginn verzögerte sich aber wegen der nötigen Artillerievorbereitung und wegen des Nachführens der zugewiesenen Verstärkungen, dann auch wegen heftiger feindlicher Gegenangriffe bis in die Abendstunden. Der Kommandant des etwa vier Infanterie- und dreieinhalb Kavalleriedivisionen starken russischen XXXIII. Korps hatte sofort die ihm drohende Gefahr erkannt und von Tłuste her seine Verfügungstruppen der Gruppe Benigni und der 12. IBrig.

entgegengeworfen. Bei den sich nun entspinnenden erbitterten Nachtkämpfen gelang es den Truppen Benignis bis zum Mittag des 15., die stark verdrahtete russische Sehnenstellung bei Sińków zu durchbrechen und sich nach Osten hin auszubreiten1).

Weniger glücklich focht das III. Korps. Starke russische Gegenangriffe durchstießen die Verbindung zwischen den Gruppen Kaiser und Müller. Diese wurde gleich darauf bei Iwanie bedrängt, wobei das oft bewährte Kärntner IR. 7 in heldenmütigem Kampfe vierfach überlegenen Feind zurückwies2). Auch auf dem Südufer war bei der Stärke des sich heftig wehrenden Feindes kein Erfolg mehr zu erhoffen. Da der nunmehr auftauchende Plan, von Zaleszczyki direkt nach Norden vorzustoßen, gleichfalls keine Gewähr auf sicheres Gelingen bot, befahl GdK. PflanzerBaltin dem III. Korps die Einstellung des Angriffes und die Abgabe der noch verfügbaren Reserve, zwei Bataillone des IR. 16, an die Gruppe Benigni. Diese wurde angewiesen, bei Einsatz aller Kräfte den Angriff am 16. Juli fortzusetzen, wobei das Schwergewicht auf das westliche Serethufer zu legen war, um dadurch das III. Korps zu entlasten.

Unterdessen hatte die 6. ID., FML. Schönburg, noch am 15. östlich von Duninów gegen Wygoda Raum gewonnen und im Sereth-Dniester-winkel festen Fuß gefaßt. Hinter ihr wurden die 3. KD. und das IR. 16 als Korpsreserve bereitgestellt; die Masse der 10. KD. behielt FML. Benigni noch auf dem Südufer des Dniester zurück.

Die westliche Angriffsgruppe der 7. Armee, die 36. ID., ließ FML. Schreitter am 14. Juli um 4h früh den Angriff über den Unterlauf der Złota Lipa beginnen. Doch nur die linke Flügelbrigade vermochte den zähen Widerstand des rechten Flügels des russischen XXX. Korps zu brechen und etwa tausend Schritte weit auf das Ostufer vorzudringen. Schwache Teile der 1. KD. schlossen sich ihr an.

Der vom FML. Schreitter beschlossene Nachtangriff wurde durch plötzlich einsetzendes Hochwasser beeinträchtigt. Am 15. gelang es daher nur mühevoll, den linken Flügel bis an die starken, von russischen

!) An diesem Schlachttage zeichnete sich eine Abteilung des Dragonerregiments Nr. 3 durch Erstürmung von Duninów (westlich von Sińków) besonders aus. Der Nachfolgetruppenkörper im österreichischen Bundesheere, die Wiener Dragonerschwadron Nr. 2, feiert diese Begebenheit als Ehrentag. Sacken, Geschichte des k.u.k. Dragonerregiments Friedrich August König von Sachsen Nr. 3, II (Wien 1927), 321 ff.

2) Das IR. 7 büßte in diesen zweitägigen Kämpfen 32 Offiziere und 1553 Mann ein. Oberleutnant Friedrich Tomann des Regiments errang hiebei als Kompagniekommandant das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

Schützen und Kosaken verteidigten Stellungen heranzubringen, indes die Mitte den östlichen Uferrand erreichte.

In der Meinung, der Angriff Schreitters werde erfolgreich sein, wies das Kommando der deutschen Südarmee das Korps Hofmann zur nachdrücklichen Unterstützung an. Gleichzeitig sollte sich die 55. ID. nach Norden strecken; denn GdI. Bothmer wollte alle entbehrlichen Truppen hinter seinem linken Flügel bei Narajów versammeln, „um je nach der Entwicklung der Gesamtlage und möglichst im Zusammenwirken mit der 2. Armee am 17. oder 18. den Feind an der Złota Lipa zu durchbrechen“.

Zu dieser Stunde erfüllten ähnliche Gedanken und Hoffnungen auch das 7. Armeekmdo. Der Armeegeneralstabschef, Obstlt.Ritt. v. Zeynek, gab in einem Ferngespräch mit dem AOK. seiner Meinung dahin Ausdruck, daß der Angriff Benignis wohl bald den Gipfelpunkt überschritten haben werde, für die Gruppe Schreitter und die Südarmee dann aber umso größere Erfolgsmöglichkeiten gegeben seien. Doch nur der erste Teil der Voraussage Zeyneks sollte sich erfüllen.

Die Ereignisse auf dem Ostflügel der 7. Armee und an der Zlota Lipa

Am 16. Juli vormittags setzte die Gruppe FML. Schönburg des Korps Benigni den Angriff längs des östlichen Serethufers nach Norden fort, der auch dem bedrängten III. Korps Entlastung bringen sollte. Gegen Mittag traf die Gruppe Schönburg aber ein durch etwa zehn russische Bataillone von Wygoda her geführter heftiger Gegenstoß, der ihre Front durchbrach und bis südlich von Duninów Raum gewann. Durch Einsatz der 3. KD. und des heranhastenden IR. 16 wurde der Feind nach erbittertem, bis in den Abend währendem Ringen an den Südrand von Duninów und den östlich davon sich erstreckenden Wald zurückgeworfen.

Der auf dem Kampffelde anwesende Armeekommandant verfügte jetzt das eilige Heranführen von zwei Bataillonen des XIII. Korps, was umso nötiger erschien, weil auch das XI. Korps heftig angegriffen wurde. Dieses hatte schon an den beiden vorangegangenen Tagen Entlastungsvorstöße des III. Kavallerie- und des fast nur aus Landsturm gebildeten XXXII. Russenkorps abzuweisen gehabt. Am 16. berannten die Russen an der bessarabischen Front schon vom frühen Morgen an östlich von Dobronoutz, bei Rarancze und auf dem Dolżok das Korps Korda, das aber alle Anstürme abzuweisen vermochte. Den gleichen Mißerfolg erlitten in den beiden folgenden Nächten die an denselben Punkten wiederholten russischen Vorstöße.

Auch die Gruppe Benigni hatte am 17. neuerliche Angriffe des russischen XXXIII. Korps abzuwehren, wobei es die Russen jetzt namentlich auf die Flügel der brückenkopfartigen Aufstellung abgesehen hatten, um die auf dem nördlichen Dniesterufer fechtenden öst.-ung. Truppen in die Klemme zu bringen. Flankierendes Artilleriefeuer vom Südufer her trug wesentlich zur Vereitlung der russischen Absicht bei.

Hatte die Offensive Benignis am 16. vormittags ihren Höhepunkt erreicht gehabt, so war diese Gruppe jetzt vollends in die Abwehr zurückgeworfen, obwohl sie durch Zuschübe auf 19 Infanterie-, 5 Kavallerieschützenbataillone und 69 Reiterschwadronen verstärkt worden war. Am 18. abends und am 19. früh hatte sie noch heftige Angriffe abzuwehren.

Zwei bei Dobronoutz und auf dem Dolżok in der Nacht auf den 19. von Teilen des XI. Korps erfolgreich ausgeführte Überfälle benahmen den zwischen dem Dniester und dem Pruth stehenden russischen Reichswehr- und Reiterabteilungen jede Lust zu weiteren Unternehmen, worauf der Kampflärm auf dem Ostflügel Pflanzer-Baltins verstummte.

In der Mitte der Armee Pflanzer-Baltin beschränkten sich die Kampfereignisse am 16. und 17. auf russische Nachtangriffe gegen die von der Gruppe Obst. Müller hartnäckig verteidigten Stellungen bei Iwanie. Obwohl hier durch Gefangene acht russische Regimenter festgestellt worden waren, fehlte dem zusammengewürfelten Zentrum des russischen XXXIII. Korps nach dem hohen Blutzoll, den es am 15. hatte entrichten müssen, der nötige Schwung zur Eroberung des Brückenkopfes.

An der Złota Lipa mühten sich die 36. ID. und die am 15. spät abends auf das Ostufer übergegangene 1. KD. am 16. vergebens ab, gegen die gut ausgebauten und stark besetzten inneren Flügel des XXX. und des XI. Russenkorps vorzudringen. Der Nordflügel Schreitters war überdies durch die Abwehr eines nächtlichen Angriffes stark ermüdet worden. Als das 7. Armeekmdo. um 6h nachm. noch die Abgabe von zwei Bataillonen der 36. ID. an die Gruppe Benigni befahl, war der Angriff über die Zlota Lipa vollends zum Versanden verurteilt. Am 17. mußte FML. Schreitter sogar seine Mitte auf das bessere Verteidigungsmöglichkeiten bietende Westufer zurücknehmen.

Bei der Südarmee hatte FML. Hofmann sein Korps zum Angriff bereitgestellt, der in der Nacht vom 17. auf den 18. beginnen sollte. Ein Nachtangriff der Russen gegen die l.KD. störte die Bereitstellung, obwohl er abgewiesen wurde. Als dann die Brigade Bolzano gegen die östlich von Toustobaby auf dem rechtenUfer der Złota Lipa befindlichen starken Feindstellungen vorging, geriet sie in sehr wirksames russisches

Artilleriefeuer und blieb, wenig angriffsfällig, liegen. Von der 55. ID. gelangten wohl Teile auf das Ostufer, mußten aber am 19. wieder auf das Westufer zurückgenommen werden, da die Brigade Bolzano keinen Raumgewinn erzielte. Am 20. befahl FML. Hofmann seinen Truppen, sich fortab auf die Verteidigung zu beschränken, nur die Brigade Bolzano sollte mit Sappen ihre Bemühungen fortsetzen.

Zur Verwirklichung der Angriffspläne, die GdI. Bothmer für seinen Nordflügel hegte, bot sich überhaupt keine Gelegenheit.

Die Dnie ster schiacht zeitigte für die k.u.k. 7. Armee nur die Gewinnung eines größeren Brückenkopfes nördlich von Doroschoutz und von zwei kleineren bei Iwanie und Krasiejów, deren Behauptung natürlich mehr Kräfte beanspruchte als die früheren Stellungen mit dem Flußhindernis vor der Front. Angesichts des aufgetragenen weitreichenden Zieles, Verdrängung der Armee Letschitzki, gewiß ein dürftiges Ergebnis, das teuer erkauft worden war. Die Einbuße des Korps Benigni allein betrug vom 13. bis 21. Juli 8800 Mann.

Der zähe Widerstand der unerschütterten, dreizehn Infanterie- und achteinhalb Kavalleriedivisionen starken russischen 9. Armee, die wieder reichlich mit Schießbedarf versehen war, hatte es den zehneinhalb Infanterie- und fünf Reiterdivisionen Pflanzer-Baltins unmöglich gemacht, ihre Aufgabe zu erfüllen.

Das Vordringen der Verbündeten bis Cholm, Lublin und bis vorIwangorod

(15. Juli bis 1. August)

Hiezu Beilage 33

Angriffsplan und Bereitstellung der Armeen

Zur Fortführung der Offensive hatte GFM. Mackensen, dessen Heeresmacht nun insgesamt 41V2 Infanterie- und 5 Kavalleriedivisionen stark war, am 11. Juli die Weisung erhalten, mit der 4., der 11. und der Bugarmee zwischen Weichsel und Bug anzugreifen (S. 612). Die ihm gleichfalls unterstellte 1. Armee sollte den Schutz gegen Osten hin versehen. Im Einklang mit dieser Offensive hatte auch die nur fünf Infanterie-und zwei Reiterdivisionen starke Armee Woyrsch mit starkem rechtem Flügel links der Weichsel vorzustoßen.

Den drei für den Angriff gegen Norden bestimmten Armeen (331/2

Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen) setzte Mackensen als erstes Ziel „die Gewinnung der Linie Nowo Aleksandrya—Lublin—Cholm“.

Hiezu hatte die 4. Armee (151/» Infanteriedivisionen, 1 Kavalleriedivision1) östlich der Weichsel mit dem rechten Flügel Richtung auf Lublin anzugreifen und sich rasch in den Besitz „des Höhengeländes westlich von Lublin zu setzen, das von entscheidender Bedeutung sein wird“. Rechts von der 4. Armee sollte die deutsche 11. Armee (12 Infanteriedivisionen, 1 Kavalleriedivision) den Angriff beiderseits des Wieprz vortragen und hiebei den entscheidenden Stoß westlich dieses Flusses führen, um die starken, hinter der Wolica und der Wojslawka gelegenen russischen Stellungen unhaltbar zu machen. Die östlich anschließende und bis zum Bug reichende Bugarmee (6 Infanteriedivisionen) hatte mit dem linken Flügel, auf Cholm vorzugehen.

Der Angriff hatte bei der 4. und der 11. Armee am 16. Juli zu beginnen, bei der Bugannee um einen Tag früher, damit sie am 16. auf gleiche Höhe mit der 11. Armee gelangen konnte. Im Vorwärtskommen legte das Heeresgruppenkmdo. keinem Teile der Angriffsfront eine Beschränkung auf. Doch wurde, um die Übereinstimmung im Vorgehen von der Bug- und der 11. Armee zu sichern, am ersten Angriffstage das Erreichen von Hrubieszów, Uchanie, der Höhen nördlich der Wojslawka und nordwestlich von Krasnostaw, dann der Linie Siedliska Wk. —Stryjna gefordert. Die 4. Armee gab ihren Korps in gleicher Höhe liegende Tagesziele; sie wies sie auf die Höhen beiderseits von Piotrków, südlich von Borzechów und südlich des Chodelbaches.

Die mit dem Flankenschutz des Stoßkeils Mackensens beauftragte

I.    Armee (8 Infanterie- und 3 Kavalleriedivisionen) sollte ihre Aufgabe am rechten Flügel durch stehende Sicherung am Bug, mit dem linken durch Begleiten des Angriffes über den Bug hinweg in der Richtung auf Władimir-Wołyński erfüllen.

Von den Russen standen im Vorrückungsraume Mackensens in sorgfältig ausgebauten, meist hinter natürlichen Hindernissen liegenden Stellungen die 13. und die 3. Armee sowie drei Korps_ der 4. Armee samt den Heeresreserven für die Südgruppe der Nordwestfront (Garde-und

II.    sib. Korps), insgesamt 33 Infanterie- und 61/2 Kavalleriedivisionen2). Die Armee Woyrsch hatte in dem weitgedehnten Raume zwischen Weichsel

J) Hiezu trat noch eine in Piotrków neu aufgestellte, vom Obst. Grzesicki befehligte Brigade der Polnischen Legion in der Stärke von einem Infanterieregiment und einer Schwadron.

2) Nesnamow, IV, 73.

und Pilica nur zwei Korps der russischen 4. und die Flügelabteilung der

2. Armee, insgesamt etwa fünf Infanterie- und anderthalb Reiterdivisionen, gegenüber. In Anbetracht dieser Kräfteverteilung durften die verbündeten Heeresleitungen wohl hoffen, daß der von Woyrsch bei Sienno geplante Angriff leicht gelingen und sodann rasch gegen Iwan-gorod Raum gewinnen werde. Östlich der Weichsel mußten sie aber mit zähestem Widerstande rechnen, denn es war zu erwarten, daß der Russe seine Lebensader, die Bahn Cholm—Lublin—Iwangorod, von der Südgruppe der Nordwestfront nicht preisgeben lassen werde, solange seine Truppen noch im Weichselvorlande standen. Die in den letzten Tagen beobachteten eifrigen Schanzarbeiten zwischen Weichsel und Bug und das Zuströmen von Verstärkungen, darunter der Garde und des II. sib. Korps, die, wie man annehmen durfte, volle Stände hatten!), festigten diese Auffassung bei den höheren Befehlsstellen der Verbündeten.

Bei der Heeresgruppe Mackensen gleichwie bei der Armee Woyrsch, die ebenfalls am 16. zum Angriff anzutreten hatte, standen die wenigen Tage bis zur genannten Frist im Zeichen der Vorbereitung für diese große Kampfhandlung.

Bei der k.u.k. 4. Armee galt es zunächst, die in der „Zweiten Schlacht bei Kraśnik“ stark durcheinandergeratenen Verbände des X., des IX. und des XIV. Korps zu ordnen, was durch die nach dem 10. Juli eingetretene Kampfpause und den freiwilligen Rückzug der Russen vom teuer erkauften südlichen Urzędówkaufer (S. 608) erleichtert wurde. Das Armeekmdo. plante, den Hauptschlag im Sinne des ihm zugekommenen Auftrages entlang der Lubliner Straße zu führen, und verstärkte hiezu das IX. Korps durch die von der 1. Armee abgezweigte 4. ID. (S. 607), diezwischen der 106. LstlD. und der 41. HID. in die Front gestellt wurde. Den vom Feinde geräumten Höhenrand südlich der Urzędówka hatte das X. Korps mit den anschließenden Teilen des IX. und des VIII. Korps noch während der Nacht auf den 15. in Besitz zu nehmen, um am Angriffsmorgen den russischen Stellungen möglichst nahe und auf gleicher Höhe mit den vordersten Linien der Nachbarabteilungen zu stehen.

Die Neugruppierung der 11. Armee hatte zwei Forderungen Rechnung zu tragen: der entscheidungsuchende Angriffsflügel westlich vom Wieprz mußte verstärkt, und Raum für den linken Flügel der Bugarmee, das Beskidenkorps, geschaffen werden. Hiezu hatte der Ostflügel der

!) Die Garde (1. und 2. GID. sowie Gardeschützenbrigade) hatte einen Stand von 40.000, das II. sib. Korps (4. und 5. sib. SchD.) einen Stand von 32.000 Feuergewehren (Knox, I, 300).

11. Armee um Korpsbreite nach Westen zu rücken, wobei die deutsche 22. ID. und der größte Teil des VI. Korps ihre Stellungen dem Beskidenkorps überließen, um selbst die Garde auf dem östlichen Wieprzufer abzulösen und für eine Verwendung am Hauptangriffsflügel freizumachen.

Für die Bugarmee war es wichtig, daß das Beskidenkorps ehestens bei ihr eintraf. Begreiflich daher, daß das Heeresgruppenkmdo. auf rascheste Ablösung des Korps in seinen Stellungen am Bug durch Truppen der 1. und der 2. Armee gedrängt hatte.

Das 1. Armeekmdo., das am 5. Juli in Lemberg eingetroffen war und den Befehl über das im Sicherungsdienst am Bug stehende Korps Szurmay (S. 585) übernommen hatte, war ernstlich bestrebt, dem Befehle der Heeresgruppe so rasch nachzukommen, wie es die Verhältnisse eben erlaubten. Doch der Aufmarsch der 1. Armee verzögerte sich wegen der noch geringen Leistungsfähigkeit der Bahnen, die auch durch Nachschubtransporte aller Art schwer belastet waren.

Da bis zum 8. Juli die Truppen der 46. SchD. ausgeladen und die

13. SchD. der 2. Armee in Mosty Wielkie eingetroffen waren, konnte das Beskidenkorps im Laufe des 9. und des 10. Juli abgelöst und für seine neue Verwendung freigemacht werden. In der Nacht zum 13. Juli rückte es, das Korps Arz und die deutsche 22. ID. ablösend, in den Abschnitt Werbkowice—Grabowiec ein. Da diese Truppen wieder die Garde ablösten, kam deren Masse westlich des Wieprz am Hauptangriffsflügel der 11. Armee zum Einsätze. Sie übernahm einen Teil der Stellungen des XXII. RKorps und ermöglichte es diesem, sich für den Angriff enge zusammenzuziehen. Am 15. Juli abends standen im Bereiche der 11. Armee die Korps vorderster Linie in ihren Angriffsstreifen zum Vorbrechen bereit. Da auch die Armeereserven in den befohlenen Räumen eingetroffen waren, die 119. ID. und die aus dem Westen herangeführte preußische GKD. hinter dem linken Armeeflügel, das X.RKorps hinter der Armeemitte beiderseits vom Wieprz, war die Neugliederung der 11. Armee durchgeführt.

Einfacher gestaltete sich der Aufmarsch der Bugarmee (Beskidenkorps, das aus der 11. bayr. und der 107. ID. neugebildete XXIV. RKorps, GdI. Gerok, deutsche 1. ID.) knapp östlich der 11. Armee in der Strecke Grabowiec—Krylów. Mit dem Einrücken des Beskidenkorps in die Frontlinie und mit dem Eintreffen der deutschen 1. ID. im Armeebereiche war der Aufmarsch der Bugarmee am 14. beendet, da die Divisionen Geroks schon in dieser Linie standen, und das XXXXI. RKorps und die

11. HKD. zur 1. Armee übertraten.

Auch bei der 1. Armee war alles in Bewegung, um die zur Erfüllung der ihr aufgetragenen Doppelaufgabe erforderliche Gruppierung anzunehmen. Von den für den Stoß auf Władimir-Wołyński bestimmten Armeekörpern stand das XXXXI. RKorps bereits südlich von Kryłów am Bug. Das Korps Szurmay, das bei der 2. Armee herausgelöst worden war (S. 585), erreichte am 15. Juli den Raum Moszków—Zabcze. Von den drei Reiterdivisionen, die als Kavalleriekorps GLt. Heydebreck vereinigt wurden, waren an diesem Tage die 4. KD. und die deutsche 5. KD. um Bełz, die ll.HKD. bei Oszczew eingetroffen. Zum Schutze dieses Aufmarsches und des späteren Nordstoßes gegen eine Bedrohung von Osten her hatte sich das 1. Korps mit der 46. SchD. gegen den Bug vorgeschoben; diese kam am 14. bis nahe an Sokal heran. Ihr sollte sich später die von Syrmien herangeholte deutsche 103. ID. zugesellen, die vom 15. an in Lemberg ausgeladen wurde. Südlich vom I. hatte auch das II. Korps dem Ostschutz zu dienen. Hiezu schlossen die 25. ID. südlich von Sokal bis Krystynopol, und weiter südlich die 13. SchD. an.

Die Russen störten den Aufmarsch des Ostflügels der Heeresgruppe Mackensen nicht. Auch das russische XXVIII. und das XII. Infanterie-sowie das IV. Kavalleriekorps, denen ein kühner Vorstoß gegen die anfänglich sehr locker gefügte Armee Puhallo vielleicht billige Lorbeeren eingetragen hätte, verhielten sich — von Erkundungsvorstößen abgesehen

— im allgemeinen ruhig.

Wenn auch die letzten Transporte der k.u.k. 1. Armee noch bis zum 29. Juli rollten, konnte die Verschiebung und der Aufmarsch ihrer Kampfverbände doch am 15. Juli in großen Zügen als beendigt betrachtet werden, eine unter den obwaltenden Verhältnissen beachtenswerte Leistung der kaum wieder in Betrieb gesetzten, von den Russen gründlichst zerstörten Bahnen.

Als die Sonne des 15. Juli zur Rüste ging, war die Neugliederung der Heeresgruppe Mackensen vollzogen, die letzten Vorbereitungen zum Generalangriff zwischen Weichsel und Bug waren getroffen.

Die Schlacht bei Krasnostaw (16. bis 18. Juli)

Um die Bahnlinie Iwangorod—Lublin—Cholm rasch zu erreichen, verlegte Mackensen das Schwergewicht des Vorstoßes der 11. Armee (Masse der Garde, XXII. RKorps und 20. ID.) in den Raum westlich vom Wieprz über Krasnostaw, weil hier die Entfernung zur Bahn am kürzesten war, dann aber auch deshalb, um die zwei starken, hinter der

Wolica und hinter der Wojslawka angelegten russischen Stellungen von Westen her unhaltbar zu machen. Die 19. ID. des deutschen X. Korps, die den Anschluß zur 4. Armee bewirkte, hatte vorerst zuzuwarten und sich nach Maßgabe des Fortschreitens des Angriffes der Vorbewegung des Stoßkeiles anzuschließen.

Der Generalfeldmarschall wählte hiemit jenen Weg, den elf Monate vorher, um die Monatswende August 1914, das k.u.k. X. Korps erfolgreich beschritten hatte (Bd. I, S. 231 ff.).

Als zweite, schwächere Angriffsgruppe der 11. Armee hatte das k.u.k. VI. Korps im Anschluß an die Bugarmee über die Oberläufe der Wolica und der Wojslawka vorzustoßen, um hiedurch die dort festhaltenden Russen in die Zange zu nehmen. Der deutschen 22. ID. und einer gemischten Abteilung der 2. GID., drei Bataillonen, vier Schwadronen und vier Batterien unter GM. Freih. v. Preuschen, kam zunächst als Zwischenglied auch nur eine festhaltende Aufgabe zu; sie hatten sich aber bereitzuhalten, für den Fall eines Erfolges vorzubrechen.

Bei unsichtigem, die Feuervorbereitung beeinträchtigendem Wetter begann am 16. die gewaltige Schlacht. Schon der erste Tag brachte dem westlich vom Wieprz vorgehenden Angriffsblock der 11. Armee vollen Erfolg. Die russischen Stellungen wurden in der ganzen Ausdehnung erstürmt, und 6000 Gefangene eingebracht. Dennoch gelang es an keiner Stelle, die russische Front — wie geplant — zu durchbrechen, obwohl auch bereits die Armeereserve, die 119. ID., und Teile der GKD. eingesetzt worden waren. Am Abend standen die Truppen vor neuen russischen Verschanzungen, die sich vom Unterlaufe der Żółkiewka über die Höhen westlich davon bis zum Oberlaufe des Giełczewbaches hinzogen. Die Geschlossenheit der russischen Linien machte es unmöglich, die Gardereiterei zur Verfolgung ausholen zu lassen.

Auch der 17. Juli brachte dem Stoßkeil nicht den erwünschten Gewinn. Wohl warfen die deutschen Truppen die Russen an der ganzen Angriffsfront aus ihren Stellungen, ein regelrechter Durchbruch aber glückte wieder nicht. Der zweite Schlachttag schuf jedoch die Vorbedingungen für den Erfolg am 18. Juli. Die Garde erstürmte abends Krasnostaw und Góry; sie hatte hiedurch einen Brückenkopf auf dem östlichen Wieprzufer geschaffen und stand drohend im Rücken der russischen Wolica-und in der Flanke der Wojslawkastellung. Der weit nach Norden reichende linke Flügel des Stoßkeiles wieder zwang die Russen, ihre Stellungen vor der deutschen 19. ID. und vor der 11. ID. der 4. Armee etwas nach Norden zurückzunehmen.

Östlich vom Wieprz gelang es dem VI. Korps am 16. Juli, mit Teilen den versumpften Talgrund der Wolica zu übersetzen und an die feindliche Hauptstellung heranzukommen. Die Gruppe Preuschen und die 22. ID. hielten im allgemeinen ihre Stellungen; die 22. ID. hatte sich überdies zur Sicherung des linken Flügels des VI. Korps in den Besitz von Skierbieszów gesetzt und behauptete gemeinsam mit Truppen des Korps Arz diesen Ort gegen starke feindliche Gegenangriffe. Am 17. jedoch blieb dem VI. Korps trotz allen Opfermutes der Truppen ein ausschlaggebender Erfolg versagt.

Am 18. Juli verlegte das 11. Armeekmdo. das Schwergewicht des Angriffes in den Kampfraum östlich vom Wieprz. Hiezu hatte die 105. ID. der Armeereserve aus dem von der Garde bei Góry geschaffenen Brückenkopf vorzustoßen und nördlich der Wojslawka in östlicher Richtung vorzudringen, um zunächst der 22. ID. das Überschreiten der Wolica zu ermöglichen. Beide Divisionen sollten in der Folge unter Führung des Befehlshabers des X. RKorps bis in die Linie Siennica—Królewska— Stara Wieś vorstoßen. Die zweite Division der Armeereserve, die 101. ID., wurde, um sofort verfügbar zu sein, hinter die 22. ID. verschoben. Außerdem sollte das VI. Korps neuerlich versuchen, die gegenüber befindliche Russenfront zu durchbrechen. Westlich vom Wieprz hatten die Garde, das XXII. R- und das X. Korps den Angriff in ihren Gefechtsstreifen fortzusetzen.

Dem Führer der russischen Nordwestfront war die Gefahr keineswegs entgangen, die ihm von Süden her drohte. Erreichte der Gegner die Bahn Cholm—Lublin—Iwangorod, so wäre die planmäßige Räumung des Weichselvorlandes kaum mehr ausführbar gewesen. Daher stellte Alexejew zur Verhütung eines Durchbruches seine Heeresreserven, das Garde-und. das II. sib. Korps, dem Kommandanten der 3. Armee zur Verfügung.

Dem doppelseitigen Angriff des rechten Flügels der deutschen 11. Armee war am 18. Juli nur ein Teilerfolg beschieden. Wohl vermochte das Korps Arz durch Zusammenfassen der Masse auf schmalem Raume die russische Front bei Gajowniki um 9h vorm. zu durchbrechen und bis zum Abend die Höhenstellungen nördlich davon zu erobern, wobei 3500 Gefangene eingebracht wurden1). Die deutsche 22. ID. mußte sich aber mit dem Erreichen des nördlichen Uferrandes westlich von Skierbieszów begnügen. Der in erfolgverheißender Richtung vorstürmenden 105. ID. warf sich die russische Garde entgegen und grenzte den Raumgewinn

*) Die Verluste des VI. Korps waren am 18. Juli nicht unerheblich. Sie betrugen 1200 Tote, 4700 Verwundete und etwa 1000 Vermißte.

der deutschen Division schon auf dem südöstlich von Góry gelegenen Hügelkranz ein. Dagegen gewannen die westlich vom Wieprz angreifenden deutschen Korps, obwohl sich hier auch das II. sib. Korps entgegenstemmte, neuerlich beträchtlich an Boden und standen am Abend bei Częstoborowice und Olszanka. Seit dem 16. hatten sie bei Gefangennahme von 15.000 Mann einen 32 km breiten und 12 km tiefen Einbruch in die Front der russischen 3. Armee verursacht, ohne diese allerdings völlig zu sprengen. Dennoch sollten die Opfer nicht vergeblich gebracht worden sein.

Der Angriff der Bugarmee, den der linke Flügel des Korps Winckler, die 81. RD., schon vom 15. an zu begleiten hatte, war nach den ersten Erfolgen, nach der Wegnahme des stark befestigten Dorfes Werbkowice durch das Korps Gerok sowie nach Erstürmung der Friedhofshöhe bei Zaborcę und von Teilen des Ortes Bereście durch das Beskidenkorps, vor der feindlichen Hauptstellung ins Stocken geraten. Auch der Einsatz der l.ID. im Bereiche des Korps Gerok konnte daran nichts ändern. Bis zum 18. Juli abends gelang es der Bugarmee nirgends, die feindlichen Linien zu durchbřechen. Auch vermochte sie ihre Front nicht in die Höhe der Stoßgruppe der 11. Armee vorzubringen, was vielleicht zum Teil darin seinen Grund hatte, daß sie nicht vom Beginn des Angriffes an durch die 1. Armee hatte unterstützt werden können.

Die Eroberung von Sokal durch die k.u.k. 1. Armee (15. bis 18. Juli)

Die mit der Sicherung des Vorstoßes Mackensens gegen Störungen von Osten her beauftragte 1. Armee (S. 612) sollte ihre Aufgabe in zweifacher Weise lösen. Mit dem rechten Flügel hatte sie im Anschluß an die

2. Armee den Bug von Dąb bis Żdżary zu sichern und sich in den Besitz der rechtsufrigen Höhen bei Sokal und Żdżary zu setzen, „um sich auf diese Weise durch Gewinnung von Brückenköpfen auf diesem Teile ihrer Front Operationsfreiheit zu verschaffen“. Der linke Armeeflügel hatte „baldmöglichst aus der Linie Żdżary—Kosmów in Richtung Władimir-Wołyński vorzustoßen, um eine Einwirkung des Feindes aus dieser Gegend gegen den rechten Flügel und die Flanke der Bugarmee mit Sicherheit abzuwehren“. Die Verbindung zwischen beiden Gruppen sollte das Kavalleriekorps Heydebreck aufrechthalten.

FZM. Puhallo betraute mit der Sicherung am Bug das II. und das

I. Korps. Der Führer des I. Korps, GdK. Karl Kirchbach, wurde im besonderen beauftragt, mit der 46. SchD. und allen bei der Bugsicherung südlich von Sokal entbehrlichen Teilen der 25. ID. „am 15. Juli anzugreifen und die Höhen östlich von Sokal und wenn möglich auch jene östlich von Skomorochy zu nehmen“. Es war beabsichtigt, hiefür auch die erst im Anrollen befindliche 103. ID. zu verwenden. Der Stoß nach Norden war von der Gruppe Szurmay, vom XXXXI. RKorps und vom Kavalleriekorps auszuführen. Er konnte erst nach dem Eintreffen der bei der 2. Armee eben herausgelösten Gruppe Szurmay und der Ablösung der 82.RD. durch jene im Abschnitt Żdżary—Litowiż beginnen, was vor dem 17. nicht zu erwarten stand. So kam es, daß der zur Unterstützung der Offensive Mackensens wichtige Nordstoß gegen Wladimir-Wolynski gegenüber dem nachOsten gerichteten Angriff auf Sokal zeitlich nachhinkte.

Vom Feinde befand sich dem rechten Flügel Puhallos das den Nordflügel Brussilows bildende, vier Infanteriedivisionen starke XII. Korps gegenüber; von Żdżary abwärts standen das IV. Kavalleriekorps (etwa vier Divisionen) und das XXXI. Korps (drei Infanteriedivisionen), beide der 13. Armee angehörend. Zähe Verteidigung des Flusses war offenbar die diesen Heereskörpern vorgezeichnete Aufgabe.

Im Nebeldunst eines am Vorabend niedergegangenen starken Gewitters schritten die 25. ID. und die 46. SchD. am 14. früh auf aufgeweichten Wegen gegen die Bugstrecke Krystynopol—Horodlowice zum Angriff. Der angeschwollene Fluß war nirgends furtbar, und auf den jenseitigen Uferhöhen zeichneten sich starke Stellungen des Feindes ab. Die beiden Divisionen mußten sich daher an diesem Tage mit der Wegnahme einiger kleiner linksufriger Brückenköpfe der Russen begnügen. In der Bugschlinge südöstlich von Horodlowice saß der Russe aber noch auf dem Westufer fest. Zudem drängte Mackensen, obwohl weder die Gruppe Szurmay noch die 103. ID. herangekommen waren, auf raschen Angriff bei Sokal, damit der Feind gebunden werde, dann auch auf das Schlagen einer Bresche in die Bugfront flußabwärts, durch die das Reitergeschwader nach Norden und Nordosten ausschwärmen sollte.

In der Nacht zum 16. konnten je ein Bataillon der SchR. 31 und 32 nördlich von Sokal nun doch den Fluß durchwaten und sich nach wechselvollen Kämpfen auf dem Ostufer festsetzen1). Vor Sokal aber lagen die inneren Flügel der 46. und der 25. ID. auf dem Westufer fest, und GdK. Kirchbach gewann nach Augenschein die Überzeugung, daß

x) Bei dieser Gelegenheit zeichnete sich Hptm. Karl Neußer des SchR. 31 als Kompagniekommandant derart aus, daß ihm das Ritterkreuz des Militär-Maria There-sien-Ordens zuerkannt wurde.

ein bei Sokal über den hochgehenden Fluß gegen den steilen Osthang des Bugufers geführter Angriff wenig Erfolg verspräche. Daher wurden die Kräfte nach links verschoben, um zum Teil aus dem bereits geschaffenen kleinen Brückenkopf heraus, zum Teil über den Bug hinweg Sokal von Norden her zu nehmen. Für die Säuberung der Bugschlinge bei Horodlowice stellte Puhallo dem I. Korps die Fußabteilungen des Kavalleriekorps zur Verfügung. Szurmay sollte am 17. die zwischen Horodlowice und Litowiż noch auf dem Südufer befindlichen Russennester säubern, das XXXXI. RKorps gegen Krylów vorstoßen.

Beim II. und beim I. Korps verging der 17. Juli mit Vorbereitungen für den am 18. auszuführenden Angriff über den Fluß. Die schon auf dem Ostufer eingenisteten schwachen Teile erwehrten sich durch schneidig geführte Gegenstöße ihrer übermächtigen Bedränger und erweiterten sogar ihre schmale Uferstellung, wobei sie über 1000 Gefangene einbrachten. Auf dem linken Armeeflügel vollzog sich die Ablösung der 82. RD. durch die schon eingetroffenen Teile der Gruppe Szurmay, wobei südlich von Żdżary haltende rassische Gruppen über den Fluß geworfen wurden.

Am 18. Juli griffen die inneren Flügel des I. und des II. Korps, geführt durch GdK. Kirchbach, Sokal an. Zuerst erstürmte die 46. SchD. mit dem SchR. 15 eine Höhe südlich von Skomorochy, schwenkte dann nach Süden ein und eroberte im Vereine mit dem unter Befehl des Obst. Hassenteufel des IR. 4 stehenden Nordflügel der 25. ID., der mittlerweile knapp südlich von Sokal durch den mit versenkten Drahtverhauen erfüllten Bug vorgedrungen war, die Stadt. Bald war die zweite Russenstellung überrannt, und um 3h nachm. drangen, nachdem hier GdK. Kirchbach die letzte Reserve in die Schlacht geworfen hatte, Deutschmeisterkompagnien auch in die dritte Stellung ein, die auf der das Kampfgelände beherrschenden Höhe A 254 (Gora Sokal) angelegt war1). Der hiedurch geschaffene Brückenkopf wurde im Norden durch die Besitznahme von Skomorochy erweitert. Der Südflügel der 25. ID. vermochte nun auch den Bug zu überschreiten und sich östlich und nordöstlich von Krystynopol auf dem Ostufer festzusetzen.

Das Korps Szurmay säuberte mit Teilen der 7. ID. und unterstützt durch Abteilungen des Kavalleriekorps die Bugschlinge bei Horodlowice;

1) Das Nachfolgeregiment des k.u.k. IR. Nr. 4 im Bundesheere, das Wiener IR. Nr. 4, feiert die Erstürmung von Sokal, bei der sich die Deutschmeister durch hervorragende Tapferkeit ausgezeichnet hatten, als Regimentsgedenktag. Siehe hierüber: Hoen, Waldstätten-Zipperer und Seifert, Die Deutschmeister, 429 ff.

die Masse des Korps schob sich westlich von diesem Ort ganz an den Fluß heran und traf alle Vorbereitungen für den Übergang. Das XXXXI. RKorps wurde in seinem auf beiden Ufern gegen Krylów auszuführenden Angriff auf dem rechten Flügel durch ein an sich erfolgreiches Gefecht bei Litowiż aufgehalten.

Während sich demnach die ganze Front der 1. Armee im erfolgverheißenden Fortschreiten befand, war vom GFM. Mackensen bereits um 2h nachm. der Befehl eingelangt, wegen des vor der Bugarmee sich verstärkenden russischen Widerstandes die Offensive einzustellen und das XXXXI. RKorps, die 11. HKD. und die 103. ID. an Linsingen abzugeben. Die 1. Armee sollte sich weiterhin mit der Bugsicherung von Slipcze bis zur 2. Armee bescheiden, die bereits gewonnenen Brückenköpfe aber behaupten und bei Żdżary noch einen solchen schaffen, um dem Kavalleriekorps die Möglichkeit zum Vorbrechen gegen den Lugaabschnitt Władimir-Wołyński—Ustilug zu bieten.

Fortführung des Angriffes der k.u.k. 4. Armee beiderseits der Bystrzyca

(16. bis 18. Juli)

Links von der den Stoßkeil der Heeresgruppe bildenden deutschen

11. Armee hatte die k.u.k. 4. Armee anzugreifen. Um auftragsgemäß rasch die Höhen westlich von Lublin zu gewinnen, zog Erzherzog Joseph Ferdinand, dessen Streitmacht am 15. Juli 100.000 Feuergewehre, 8100 Säbel, 365 Maschinengewehre und 593 Geschütze betrug, alle verfügbaren Kräfte gegen den Raum zwischen der Lubliner Straße und der Bystrzyca zusammen. Den Hauptangriff in diesem Abschnitte hatte das verstärkte

IX. Korps, FML. Králiček, zu führen (S. 620). Die Nachbarkorps (XIV. und X.) hatten sich mit starken inneren Flügeln diesem Angriffe anzuschließen, da nach Ansicht des Armeekmdos. ,,das engste Zusammenarbeiten in diesem Raume von ausschlaggebender Bedeutung“ war. Von der Armeereserve wurden die 26. SchD. und die 10. ID. dahinter, die jetzt wieder vereinigte 2. KD. bei Stara Wieś bereitgestellt. Die Flügelkorps der Armee erhielten ihrer Lage nach besondere Aufgaben. Das

VIII. Korps war „berufen, durch einen energischen, möglichst starken Vorstoß seiner Hauptkraft über Wierzbica die russische Stellung nördlich der Urzędówka vom Westen her aufzurollen“. Das XVII. Korps, Flügelund Anschlußkorps zugleich, kam wieder in die Lage, in zwei getrennten Gruppen kämpfen zu müssen; denn es hatte die nicht leicht zu vereinbarenden Aufgaben, sich sowohl dem Angriffe des deutschen X. Korps anzuschließen, als auch das k.u.k. XIV. zu unterstützen.

Am 16. Juli früh setzten bei trübem Wetter die Batterien der 4. Armee ihr bereits nachts begonnenes Zerstörungsfeuer gegen die feindlichen Anlagen fort. Um llhvorm. ging die Infanterie, die sich bereits während des Wirkungsschießens an die russischen Linien herangeschoben hatte, zum entscheidenden Angriff vor. Unter schweren Verlusten, nur Schritt vor Schritt, um jede Vorfeldstellung erbittert kämpfend, kamen die Truppen vorwärts; am Abend lagen sie knapp vor der feindlichen Hauptstellung, deren Verlauf einwandfrei erkannt wurde. Darin bestand der Gewinn des ersten Schlachttages, denn der Angriff konnte nun zielbewußt fortgeführt werden. Den ganzen 17. und 18. Juli über währte das Ringen um diese Stellung. Überall stieß die Angriffsinfanterie auf den hartnäckigsten Widerstand. Dazwischen galt es, immer wiederholte heftige Gegenstöße an der ganzen Armeefront abzuwehren. Die geschickt in die russischen Linien eingestreuten Stützpunkte und zahlreichen Flankierungsanlagen, die nur schwer von der Artillerie gefaßt und daher nicht sturmreif gemacht werden konnten, ließen die Infanterie trotz aller Tapferkeit nicht Vorkommen. Da und dort, so bei der 4. ID., gelang es wohl, in die russische Hauptstellung einzudringen; doch blieben diese Erfolge örtlich begrenzt oder gingen unter den wütenden Gegenstößen des Feindes wieder verloren. Nur die Flügelkorps vermochten in Ausnützung der bei den Nachbararmeen erfochtenen Erfolge etwas Raum zu gewinnen. Das VIII. Korps nahm Moniaki; die daran geknüpften Erwartungen aber, durch einen Vorstoß in östlicher Richtung die russische Front nördlich der Urzędówka aufzurollen, erfüllten sich nicht. Auch vor dem rechten Flügel der 11. ID. des XVII. Korps waren die Russen am 18. Juli früh auf die Höhen südlich von Krzczonów zurückgewichen. Ein durchschlagender Erfolg aber blieb der Armee versagt; der Versuch, entlang der Lubliner Straße die russische Front zu durchbrechen, war nicht geglückt.

Der Durchbruch der Armeeabteilung Woyrsch bei Sienno (16. bis 18. Juli)

Für den der Armee Woyrsch von der k.u.k. Heeresleitung am 12. Juli aufgetragenen Angriff, der mit starkem rechtem Flügel und in zeitlicher Übereinstimmung mit der Offensive der Heeresgruppe Mackensen durchzuführen war, schob GO. Woyrsch seine drei deutschen Divisionen als Stoßkeil vor Sienno zusammen und stellte eine aus den Divisionskavallerien gebildete Reiterbrigade bei Wierzbnik und Lubienia bereit. Die Armeegruppe Kövess mußte sich infolgedessen neuerlich nach Osten strecken und stand am 13. mit ihren 35.900 Feuergewehren auf einer Front von 85 km. Nur zwei Reiterbrigaden konnten als Gruppenreserve ausgespart werden. Der Bitte des GO. Woyrsch, die der 4. Armee aushilfsweise überlassenen Verstärkungen zurückzusenden (S. 607), entsprach das 4. Armeekmdo. nur zum Teil.

Die Zeit bis zum Beginn des für den 17. Juli geplanten Angriffes, den der Führer des LKorps, GdK. König, zu leiten hatte, war den Vorbereitungen gewidmet, die zur zweckmäßigen Gruppierung der Angriffstruppen und zur Täuschung des Feindes notwendig waren.

Am 16. wurde anhaltendes Artilleriefeuer auf der ganzen Front der Armee abgegeben, das aber erst in den Morgenstunden des 17. mit voller Wucht auf die eigentliche Einbruchsstelle bei Sienno zusammengefaßt wurde. Dadurch begünstigt, drang die Sturmtruppe, die verstärkte 3. LD. unter GM. v. Arnim, in die feindliche Stellung ein. Bis zum Abend hatte sie die Krępianka im Abschnitt Krępa—Ostrand von Rzeczniów erreicht. Der 10 km breite und 6 km tiefe gelungene Durchbruch war ein schöner Erfolg der schlesischen Landwehr1). Den Begleitkolonnen, die auf Vergrößerung des Einbruchsraumes hinarbeiteten, leisteten die Russen allerdings, namentlich bei Rzeczniów, noch hartnäckigen Widerstand. Zur Ausnützung des gewonnenen Vorteiles beabsichtigte GO. Woyrsch, den Stoß energisch fortzuführen, und dadurch dem Feind ein Festsetzen an der Iłżanka zu vereiteln. GdI. Kövess hatte zunächst dem linken Flügel des LKorps vorwärts zu helfen. Da sich der Rückzug der Russen nördlich der Pilica vor der 9. deutschen Armee voraussichtlich auch bald vor der Front der k.u.k. Truppen auswirken mußte, sollten sich seine Divisionen auch zur Aufnahme der Verfolgung bereithalten. Die 16. ID. hatte daher am nächsten Tage mit starkem Südflügel westlich von Iłża vorzugehen, die Reiter der 7. und der 9. KD. wurden als Reserve bestimmt.

Der 18. sah fast alle dem GO. Woyrsch unterstellten verbündeten Kräfte im Vorrücken. Die brennende Weichselbrücke bei Solec, Rauchsäulen und Detonationen hinter der russischen Front waren die untrüglichen Anzeichen ihres Rückzuges. Die scharf an die Iłżanka nachdrängenden Deutschen schlugen dem Feinde auch die hier geplante Widerstandslinie

x) C1 e m e n z, Generalfeldmarschall von Woyrsch und seine Schlesier (Berlin 1919), 149 ff., 241 ff.

in Trümmer, indem dasLKorpsnochin der Nacht auf den 19. Ciepielów und Kazanów erstürmte und brückenkopfartig am Nordufer festen Fuß faßte.

Auch vor dem Südflügel der Armeegruppe Kövess hatten die Russen nachgeben müssen und Stellungen bei Skaryszew bezogen. Vor Radom hielten sie noch in der Linie Kowala—Przytyk ihre alten Gräben samt den Vorstellungen, nahmen aber den rechten Flügel an der Pilica im Verhältnis, wie die seit dem 17. zurückweichende russische 2. Armee auf dem Nordufer abzog, auf Wyśmierczyce zurück. Daher vermochten von der Armeegruppe Kövess nur die beiden Flügel zu folgen, während die Mitte, die Masse der langgedehnten 16. ID., noch stehen bleiben mußte.

Das bisherige Ergebnis des Durchbruches bei Sienno bestand, abgesehen von rund 2000 Gefangenen, darin, daß Woyrsch zur Entlastung der k.u.k. 4. Armee, die sich noch bei Józefów an die Weichsel anlehnte, am Westufer bereits einen Vorsprung von 20 km nach Norden gewonnen hatte.

Die Schlacht am Chodelbach und die Neugliederung der Heeresgruppe Mackensen

(19. bis 28. Juli)

Durch den breiten Einbruch der deutschen 11. Armee westlich des Wieprz und durch die kräftigen Zugriffe der 4. und der Bugarmee drohte„ die Russenfront zwischen Weichsel und Bug einzustürzen. Um dies zu verhindern, setzten sich die Russen in der Nacht auf den 19. Juli vom Gegner ab und gingen bei Ausscheidung von Nachhuten auf die schon seit längerem südlich der Bahn Cholm—Lublin in der Linie Hrubieszów —Nordufer des Siennicabaches—Fajsławice—Chmiel—Niedrzwica Mala— Höhen nördlich des Chodelbaches vorbereiteten Stellungen zurück. Da nach dem Durchbruche der Armeeabteilung Woyrsch bei Sienno auch der rechte Flügel der russischen 4. Armee ins Gleiten gekommen und nördlich des Narew, wie noch ausgeführt werden wird, die 1. und die 12. Armee seit dem 13. durch den Angriff der Armee Gallwitz an diesen Fluß zurückgedrängt worden waren, erhielt Alexejew am 19. in einer Beratung zu Siedlec vom Großfürst-Generalissimus die Ermächtigung, „in Übereinstimmung mit den allgemeinen Verhältnissen die Armeen selbständig von der Weichsel nach Osten zurückzuführen1)“. Dies bedeutete den endgültigen Entschluß zu der schon seit langem in Aussicht genommenen Preisgabe von Warschau und Iwangorod.

Als die Truppen der drei Angriffsarmeen Mackensens am 19. früh gewahr wurden, daß der Feind abgezogen sei, traten sie sogleich auf der ganzen Front zur Verfolgung an und setzten sich bis zum Abend vor der neuen Russenstellung fest. Für den Angriff auf diese erflossen vom Heeresgruppenkmdo. keine neuen Weisungen. Die Armeen hatten demnach im Sinne der allgemeinen Direktiven für die Offensive zu handeln. Da Mackensen aber von den zwischen Weichsel und Bug zusammengeballten Russen keine Bedrohung seiner Ostflanke mehr besorgte, wies er das bei der 1. Armee befindliche XXXXI. RKorps und die 11. HKD. der Bugarmee zu; desgleichen hatte die erst anrückende 103. ID. dorthin zu folgen. Die dadurch geschwächte 1. Armee hatte dafür den ihr aufgetragenen Vorstoß auf Władimir-Wołyński nicht weiter zu verfolgen.

Das 4. Armeekmdo. setzte in dem Streben, möglichst rasch und in breiter Front gegen Lublin vorzudringen, für den 20. Juli den Angriff aller Korps bis an die Linie Prawiedniki—Bełżyce—Wronów—Opole fest. Mit besonderer Wucht sollte das verstärkte IX. Korps (106. LstlD.,

21. SchD., 4. ID., 41. HID.) entlang der Lubliner Straße vorgehen. Das durch die 10. ID. verstärkte XVII. Korps hatte gleichzeitig über Chmiel vorzustoßen, um ehestens die Straße Lublin—Cholm zu erreichen. Dementsprechend wies das Armeekmdo. auch seine Reserven an: die 2. KD. hinter das XVII. Korps, die 26. SchD., die 37. HID. und die aus der 1. Brigade und der neuformierten Brigade Obst. Grzesicki unter dem Kommando des FML. Durski gebildete Polnische Legion in den Raum westlich der Lubliner Straße. Das zwischen dem IX. und dem XVII. Korps stehende XIV. hatte gleichfalls „Raum gegen Lublin zu gewinnen, mindestens aber die Nachbarkorps zu unterstützen“. Das VIII. Korps wurde angewiesen, im engsten Einklänge mit dem X. Korps vorzugehen und den Höhenrand Opole—Kamień nur durch „minimale Kräfte“ festzuhalten. Außerdem ließ es zur Verbindung mit der Armeeabteilung Woyrsch ein gemischtes Detachement knapp am Weichselufer, Richtung Kazimierz, streifen.

Am 20. Juli vormittags schoben sich die Linien der angreifenden Korps während des Wirkungsschießens der Artillerie näher an die russische Stellung heran. Am späten Nachmittag gingen der linke Flügel des

IX. Korps (106. LstlD. und 21. SchD.) und das ganze X. Korps gegen -das russische Frontstück Niedrzwica Mala—Borzechów—Skrzyniec vor, drangen unter stellenweise erbitterten Nahkämpfen auf der ganzen Sturmfront in die feindlichen Linien ein und nahmen 6000 Russen gefangen. Die Truppen östlich der Lubliner Straße standen abends unmittelbar vor dem Sturme. Vereinzelte Versuche, in die feindliche Front einzubrechen, waren bisher gescheitert. Die Russen beantworteten den Einbruch mit verzweifelten Gegenangriffen auf die ganze Armeefront des Erzherzogs. Sie wurden überall, beim IX. und beim X. Korps erst nach langen, bis in die Nacht währenden wechselvollen Kämpfen, abgewiesen. Für den

21. Juli verfügte der Erzherzog die allseitige Fortführung des Angriffes bei Einsatz der noch vorhandenen Reserven im gewonnenen Einbruchsraume westlich der Lubliner Straße, um den bisher errungenen Erfolg zu erweitern und die ganze russische Front zum Wanken zu bringen. Die 37. HID. wurde dem X. Korps, die Polnische Legion dem IX. zugewiesen. Außerdem wurde die 26. SchD. brigadeweise knapp hinter diese beiden Korps gestellt, um gegen Überraschungen während der Nacht durch den sich verstärkenden Feind gefeit zu sein. Das XVII. Korps sollte im besonderen seinen bisher nicht geglückten Versuch wiederholen, über Chmiel durchzubrechen. Desgleichen blieb für das XIV. Korps der Auftrag des Vortages aufrecht.

Als am 21. Juli der Tag zu grauen begann, nahmen die Kämpfe an der ganzen Front ihren Fortgang. In zähester Abwehr und in kraftvoll geführten Gegenstößen versuchten die Russen, die an der Lubliner Straße und bei Borzechów Verstärkungen an Infanterie und Artillerie einsetzten, der 4. Armee das Vordringen zu verwehren. Ein mit überlegener Wucht seit frühestem Morgen geführter Angriff zwang die schütteren Linien der 24. ID. in die alten Stellungen zurück. Mittags ging die 37. HID., die erst nach Mitternacht beim X. Korps eingetroffen war, zum Gegenangriff vor. Es gelang ihr im Verein mit der wieder vorgeführten 24. ID., nach vierstündigem Kampfe die russischen Linien zu nehmen. Im engen Anschluß an das X. Korps erstürmte die deutsche

47. RD. die Gräben nordwestlich vom Dorfe Chodel. Östlich des X. Korps hatte sich die Lage, von einigen örtlichen Erfolgen abgesehen, an diesem Tage nicht geändert.

Auch an der Front der 11. Armee wurde am 20. und am 21. Juli heiß gekämpft. Wenn es auch da und dort gelang, die russischen Linien einzudrücken und alle Gegenangriffe abzuweisen, konnte ein entscheidender Schritt vorwärts doch nicht getan werden. Hartnäckig versperrten die Russen den Weg zur Bahn und Straße Lublin—Cholm. Um den übermüdeten Truppen, die seit den Tagen von Krasnostaw nicht zur Ruhe gekommen waren, Gelegenheit zur Erholung und zur Neuordnung der durcheinandergekommenen Verbände zu geben, hielt GFM. Mackensen die 11. Armee am 22. Juli in den erreichten Stellungen an. Den im erfolgreichen Vordringen befindlichen Flügelarmeen aber, der 4. und

der Bugarmee, ließ er im Sinne der am 12. Juli erlassenen allgemeinen Weisungen freie Hand (S. 619). Letztgenannte Armee hatte seit 19. Juli gleichfalls ihre Linien unter schweren Kämpfen schrittweise vorgetragen und war bis zum 21. Juli mit dem rechten Flügel über Hrubieszów hinausgekommen.

Unter den gegebenen Umständen entschloß sich das 4. Armeekmdo., den Angriff am 22. Juli nur mit den drei westlich der Lubliner Straße fechtenden Korps fortzuführen, den rechten Flügel aber (XIV. und XVII. Korps) in Anlehnung an den linken Flügel der 11. Armee vorerst zu bremsen. Den am 22. früh morgens angreifenden Korps, dem VIII.,

X. und IX., gelang es bis zum Abend, die Russen allseits aus ihren Linien zu werfen. Die 4. ID. war in Niedrzwica Mala eingedrungen und in schwerem Häuserkampfe bis an den Nordrand des Ortes vorgedrungen. Die 21. SchD. hatte einen Meierhof nordwestlich dieses Ortes erstürmt, die 106. LstlD. und die 26. SchD. nahmen in frontalem Ringen die russischen Stellungen weiter westlich davon. Das X. Korps war unter schrittweisen Kämpfen bis an die Nordränder der Waldgebiete südwestlich von Bełżyce, das VIII. Korps bis in die Höhe von Wronów vorgedrungen. Das XIV. und das XVII. Korps vermochten an den inneren Flügeln ihre Linien etwas vorzuschieben.

Hatte in der Schlacht bei Krasnostaw die deutsche 11. Armee den Erfolg erfochten, so war diesmal der 4. Armee der Siegeslorbeer zugefallen. Auf 23 km Breite westlich der Lubliner Straße waren die russischen Stellungen erstürmt, 48 Offiziere, 12.400 Mann gefangen und 23 Maschinengewehre erbeutet worden. Diese neuerliche Erschütterung der russischen 4. Armee war für General Alexejew der Anlaß, noch am

22. der 4., der 3. und der 13. Armee Richtlinien für den allmählichen Rückzug in die in der Linie Iwangorod—Kock—Wytyczno—Opalin—Lubomi—Kowel angelegten Verschanzungen zu geben1), von welcher Ermächtigung der Führer der 4. Armee, Gen. Ewert, schon in der Nacht auf den 23. durch Zurücknahme des geschlagenen Teiles seiner Armee in den Abschnitt Kowala—Bełżyce—Prawiedniki Gebrauch machte. Nur an den Flügeln der Armee, vor dem XVII. und vor dem äußersten linken Flügel des VIII. Korps, hielt der Feind noch seine alten Stellungen.

Die k.u.k. Korps der Mitte (rechter Flügel des VIII., ferner das

X., das IX. und das XIV. Korps) hatten am 23. früh die Verfolgung unverzüglich aufgenommen und stießen schon im Laufe der ersten Vor-

mittagsstunden wieder auf den Feind. Die seit Wochen sorgfältigst vorbereitete russische Verteidigungsstellung ließ einen sofortigen Angriff durch die nach den achttägigen, fast ununterbrochenen Kämpfen stark ermüdeten Truppen nicht ratsam erscheinen. Da sich überdies am 23. Juli gegen den linken Flügel der 11. Armee, die auch nachtsüber schwere Angriffe abgewiesen hatte, allen Anzeichen nach ein wuchtiger Ansturm vorbereitete, entschloß sich das 4. Armeekmdo., im ungewissen über die weiteren Absichten des Heeresgruppenkmdos. und über das Verhalten der Nachbararmeen zur Rechten und zur Linken, eine Operationspause einzuschalten, um nicht vereinzelt vorzustoßen, die so erforderliche Klärung der Lage abzuwarten und „dann erst starke Kräfte dort zu vereinen, wo der weitere Durchbruch erfolgen sollte“. Aus dieser Auffassung der Lage heraus ordnete Erzherzog Joseph Ferdinand an, daß die „zunächst erreichten Linien zu behaupten und technisch auszugestalten“ seien. Gleichzeitig zog das 4. Armeekmdo. die 4. und die 24. ID., die 26. und die 21. SchD. sowie die 2. KD. aus der Kampflinie zurück. Die k.u.k. 10. ID. wurde auf Weisung Mackensens hinter den bedrohten linken Flügel des deutschen X. Korps verschoben.

Die Ereignisse seit den Tagen von Krasnostaw ließen im Heeres-gruppenkmdo. Mackensen die Erkenntnis reifen, daß im rein frontalen Nachdrängen der drei Armeen zwischen Weichsel und Bug ein ausschlaggebender Erfolg nicht zu erreichen sein werde. Den Schlägen am Chodel-bache hatten sich die Russen im letzten Augenblicke ebenso entzogen, wie sie einer endgültigen Niederlage auf dem Schlachtfeld von Krasnostaw ausgewichen waren. Nur mühsam, schrittweise rang sich die Bugarmee unter andauernden Kämpfen und schweren Opfern vorwärts. Ungebrochen noch schien die Widerstandskraft der Russen, die gerade in den letzten Tagen erbitterte Gegenangriffe bei Einsatz neuer Reserven gegen die ganze Heeresfront der Gruppe, vornehmlich gegen die 11. und die Bugarmee, gerichtet hatten. In scheinbar unverminderter Stärke hielten sie ihre Stellungen besetzt, offensichtlich jederzeit bereit, zum Angriffe überzugehen, um nötigenfalls den Abzug der Nachbararmeen im Weichselvorlande, der in Durchführung war, zu erleichtern.

Solch zähem Feinde gegenüber schien nur ein mit zusammengehaltener Kraft geführter Schlag Erfolg zu verheißen. Aus strategischen Gründen wäre die Vorstoßrichtung am Ostflügel nahe am Bug zu wählen gewesen; doch sprachen die hiezu nötigen zeitraubenden Truppenverschiebungen und das ungünstige Kampfgelände dagegen. Daher entschloß sich Mackensen, wie er am 24. eröffnete, den Stoß wieder aus der Mitte der Heeresfront zu führen und erhoffte sich davon, auch die Klammern der vom Feinde beiderseits von Iwangorod verteidigten Linien zu lockern.

Im Rahmen der neuen Offensive, die am 29. Juli beginnen sollte, war der Hauptangriff der 11. Armee aus schmaler Front westlich vom Wieprz in der Richtung auf Biskupice zugedacht. GdI. Emmich sollte ihn mit sieben Infanteriedivisionen (XXII. R-, X. R- und X. Korps sowie 119. ID.) und mit der Gardereiterei führen. Der auf dem rechten Wieprz-ufer stehende Ostflügel, die Garde und das Korps Arz, hatte erst anzugreifen, bis sich die Wirkung des Stoßkeiles wirksam machte.

Der 4. Armee fiel eine Doppelaufgabe zu. Fürs erste hatte sie mit starkem rechtem Flügel den Hauptangriff gegen Lublin zu führen. Dann aber sollte sie auch die Armeeabteilung Woyrsch, die bereits die Weichsel erreicht hatte und sich abwärts von Iwangorod zum Stromübergang anschickte, durch Vorschwenken ihres linken Flügels unterstützen, um jene Feindkräfte zu binden, die sonst allenfalls gegen Woyrsch eingesetzt werden würden. Den beiden Angriffsrichtungen entsprechend gruppierte das Armeekmdo. die verfügbaren Kräfte auf beiden Flügeln. Die Hauptangriffsgruppe auf dem rechten Flügel, das durch die 4. und die 10. ID. verstärkte XVII. Korps, sollte im ersten Anlaufe die Höhen nordöstlich von Chmiel gewinnen, um einerseits die russische Front vor dem XIV. Korps aufzurollen, andrerseits der deutschen Nachbardivision, der 19., den Übergang über die von Chmiel nach Nordost führende Tiefenlinie zu öffnen. Auf dem linken Armeeflügel hatten das VIII. und das X. Korps mit den inneren Flügeln bis auf die Höhen beiderseits von Łubki vorzustoßen, um die russische Front Bełżyce—Prawiedniki von Westen aus aufzurollen oder doch soviel als möglich Kräfte zu binden. Die Armeemitte (IX. und XIV. Korps) hatte in der Abwehr zu verharren.

Die Bugarmee, auf deren rechtem Flügel vom 22. an das XXXXI. R-Korps und die ll.HKD. in das Gefecht eingriffen, sollte nach dem Aufträge des Heeresgruppeiikmdos. „durch Vorgehen auf Cholm mitwirken, soweit ihr nicht die Deckung der rechten Flanke zufällt“.

Während der bei der 4. und bei der 11. Armee vom 24. bis zum

28. dauernden Kampfpause wurden nun die erforderlichen Ablösungen und Verschiebungen vorgenommen. Bei der 4. Armee wurde am rechten Flügel des XVII. Korps die 10. ID. in die Front gestellt, um den Angriff der links von ihr stehenden 11. ID. zu unterstützen. Die 4. ID. war Reserve des XVII. Korps. Beim XIV. Korps wurde die 8. ID. durch die 26. SchD. abgelöst. Erstere, jetzt nur noch aus dem 2. und dem 3.KJR. sowie aus der der Division zugehörigen Artillerie bestehend, schied aus dem

Armeeverband und wurde an die italienische Front abbefördert, wohin das 4. KJR. bereits am 12. Juni, das 1. am 15. Juli abgesendet worden waren. Beim IX. Korps trat die Polnische Legion in die erste Linie, um das Auslösen von Armeereserven zu ermöglichen. An solchen standen schließlich die 24. ID. hinter dem rechten Flügel des X., die 21. SchD. hinter dem Ostflügel des IX. Korps. Die 2. KD. hatte auf Befehl des AOK. zur Armee Woyrsch abzugehen und am 30. bei Józefów einzutreffen.

Bei der 11. Armee baute sich der Stoßkeil weisungsgemäß auf. Das

X. RKorps wurde zwischen dem XXII. R- und dem X. Korps eingeschoben, die 119. ID. als Reserve dahinter. Östlich vom Wieprz schied die

22. ID. aus der Front und kam mit der 103. ID., die bisher als Reserve für die Bug- und die 1. Armee zurückgehalten worden war, hinter der Garde zu stehen.

Schwierig gestaltete sich die Neugruppierung bei der Bugarmee, weil an ihrer Front bis zum 27. Juli schwer gekämpft wurde. Bis zu diesem Tage gelang es Linsingen, seine Linien unter steten Angriffen und Abwehr von russischen Gegenstößen bis an Gusynne, über Ubrodo-wice und an Teratyń heranzuschieben. Für den 29. Juli plante die Bugarmee die Fortführung des Angriffes über Uchanie nach Nord durch den rechten Flügel des Beskidenkorps, gegen Teratyń durch das Korps Gerok. Dementsprechend gruppierte sich auch die Masse der Bugarmee im Raume Ubrodowice—Uchanie.

Bis zum 28. Juli abends waren alle Angriffs Vorbereitungen an der Heeresfront beendet; der neuerliche Ansturm gegen die russischen Stellungen zwischen Weichsel und Bug konnte am nächsten Morgen beginnen.

Vordringen der Armee Woyrsch bis vor Iwangorod und der Weichseliibergang bei Ryczywół

(19. bis 31. Juli)

Während der zähe Widerstand, den die Russen östlich der Weichsel leisteten, die Heeresgruppe Mackensen zu wiederholten Aufenthalten zwang, ging die Vorrückung der Armee Woyrsch glatt vonstatten, da die von der Heerführung schon an die Weichsel zurückgerufenen Russen keinen ernsten Widerstand mehr leisteten. Daher vermochte GO. Woyrsch das LKorps aus den bei Kazanów und Ciepielów gewonnenen Iłżankatiber-gängen am 19. bis zur Straße Zwolen—Radom vorrücken zu lassen; seine Landwehrreiterei, der die 11. KBrig. der 7. KD. nachfolgte, sollte gegen Jedlnia vorstoßen. Bis zum Abend erreichten die drei deutschen

Divisionen, die dem Feinde 5000 Gefangene abnahmen, in der Tat die Linie Przyłęk—Zwoleń—Podgora. Das Vorbrechen der Reiterei auf Jedl-nia aber wußten die Russen zu vereiteln. Der rechte Flügel der 16. ID. mit der halben 7. KD. warf im engen Anschluß an die Deutschen den Feind über Skaryszew zurück. Südwestlich von Radom, über Bahn und Reichsstraße hinweg, hielten die Russen zwar noch ihre Linien, ihr Stellungsbogen wurde aber durch den linken Flügel der 16. ID. doch zurückgedrängt. Auch die 35. ID. schob sich im Einklang mit der jenseits der Pilica vorrückenden deutschen 9. KD. wieder ein Stück nach Osten vor.

Mittlerweile ergab der Nachrichtendienst, daß die Russen vor dem unausgesetzten Druck auch zur Preisgabe von Radom und zum Rückzug in die Linie Janowiec—Policzna—Jedlińsk—Białobrzegi entschlossen waren.

Dem linken Flügel der k.u.k. 4. Armee, dem VIII. Korps, das Kamień erreicht hatte, war der rechte Flügel Bredows bei Przyłęk noch immer gut um einen starken Tagmarsch voraus. Conrad wies nun den GO. Woyrsch an, in seinem Armeebereich den Angriff mit starkem rechtem Flügel in der allgemeinen Richtung auf Iwangorod fortzusetzen und zu flankierendem Eingreifen über die Weichsel bereit zu sein. Zum Angriff auf die letzte vor der Festung angelegte russische Feldstellung, die sich zwischen der Straße Zwoleń—Nowo Aleksandrya und Policzna hinzog, mußte das LKorps am 20. Juli nach Nordosten aufschwenken, während Bredow die Weichselsicherung besorgte. Zum Schutz der linken Flanke wurde Kövess aufgefordert, mit starkem Ostflügel auf Czarna vorzugehen. Die harte Kampfarbeit der Landwehr bahnte erst in der Nacht einen Erfolg an; hingegen fanden die k.u.k. Divisionen geringeren Widerstand, denn die Russen hielten die Linie Białobrzegi—Jedlińsk und östlich davon nicht mehr fest, sondern waren in die Stellung Kozienice— Policzna zurückgegangen.

Die 16. ID., die schon am Vormittag in Radom eingezogen war, ließ ihren rechten Flügel ebenfalls gegen Osten schwenken und kam bis Czarna und Makosy; die nunmehr verkürzte Front gestattete das Ausscheiden von Reserven. Zur Verbindung und als Flankenschutz für das LKorps war am rechten Flügel die 7. KD. wieder vereinigt worden. Hinter dem linken Flügel an der Radomka stand die k.u.k. 9. KD. mit dem Auftrag, am nächsten Tage die russischen Brückenköpfe bei Ryczywół, Magnuszew und Warka zu erkunden und zu beobachten. Die 35. ID. war zwischen Radomka und Pilica über die Straße Jedlińsk—Białobrzegi hinaus gelangt, ihre Nordgruppe mußte allerdings stets auf flankierende Einwirkung des Feindes jenseits der Pilica Rücksicht nehmen. Deshalb hatte

GdI. Kövess schon am Vortage das Vorrücken einer stärkeren Kolonne der deutschen 9. KD. längs des nördlichen Ufers als sehr erwünscht bezeichnet. Doch der rechte Flügel der deutschen 9. Armee war auch am

20. kaum über die Mogilanka gekommen, da der Feind noch die Stellung Grójec—Prybyszew besetzt hielt.

Bis zum 21. früh hatte das Korps König die russische Front östlich von Zwolen in einer Breite von 2 km durchbrochen; bei einem vorübergehenden Stocken des Angriffes infolge heftigen feindlichen Druckes bei Policzna half GdI. Kövess, indem er die durch drei Bataillone verstärkte 7. KD. nach Osten abdrehte und den Widerstand in der Linie Laski— Bogucin brach.

Als nachmittags der Erfolg den Verbündeten zufiel, befahl GO. Woyrsch rücksichtslose Verfolgung, um den Russen ein nochmaliges Festsetzen vor Iwangorod zu verwehren. Eine starke Gruppe mit der LKBrig. wurde gegen die Brücken bei Nowo Aleksandrya angesetzt, das LKorps kam nördlich der nach Zwolen führenden Straße bis in die Linie Chechly—Policzna, die aus der 16. ID. und der 7. KD. gebildete Gruppe Schariczer anschließend über Bogucin—Stanislawica bis zur Radomka.

Der Feind, dessen Hauptkraft1) in die Linie Kozienice—Gniewoszów zurückgeworfen und augenscheinlich entschlossen war, das linke Weichselufer aufzugeben, hatte auch vor dem Nordflügel der Armeegruppe Kövess schon des Morgens die den Rückzug verschleiernde Reiterei auf Ryczywół und auf Warka zurückgenommen.

Die 9. KD. hatte schon vormittags den Raum von Głowaczew erreicht und zweigte hier die 9. KBrig. zur Beobachtung des Pilica-Weichselwinkels ab. Die durch ein Detachement der 35. ID. verstärkte • Hauptkraft der 9. KD. wurde durch den GdI. Kövess, als er nachmittags die Kunde vom Erfolg des Korps König bei Zwolen erhielt, auf Ryczywół zur Besitznahme des Brückenkopfes und womöglich auch der Brücken selbst vorgetrieben. In den Befestigungen und im Ort selbst wurde abends kein Feind mehr gefunden. Die 35. ID. stand, mit Rücksicht auf die Lage nördlich der Pilica, wo die Russen erst vormittags die Straße Grójec—Białobrzegi freigegeben hatten, nach links rückwärts gestaffelt im Raum um Głowaczew.

Während die verbündeten Truppen zwischen Weichsel und Pilica unaufhaltsam gegen Iwangorod vordrangen, fand zwischen Teschen und

!) Durch die zahlreichen Gefangenen des Tages wurden außer den Regimentern des XVI. und des GrenKorps bisher nicht angetroffene Reichswehrtruppen, offenbar der Besatzung von Iwangorod zugehörig, festgestellt.

Pleß ein lebhafter Meinungsaustausch über die weitere Verwendung der Armee Woyrsch statt.

Am 21. Juli früh schlug Falkenhayn dem GO. Conrad vor, die Armee Woyrsch für die im Gang befindliche Kriegshandlung mit der Armee Prinz Leopold zu einer Heeresgruppe unter deutscher Oberleitung zu vereinigen. Conrad lehnte ab und begründete seinen Antrag auf Belassung der bisherigen Befehlsverhältnisse damit, daß die Russen voraussichtlich das linke Weichselufer bis auf die Brückenköpfe räumen und die dadurch freigewordenen Teile ihrer 4. Armee in den Raum Lublin—Cholm verschieben würden, wie sie eben Teile der 2. Armee gegen den Narew warfen. Für Woyrsch werde sich demnach je nach dem Erfolg des Angriffes östlich der Weichsel die Notwendigkeit ergeben, über den Fluß hinweg mit der k.u.k. 4. Armee zusammenzuwirken und gleichzeitig mit Teilen Iwangorod anzugreifen. Ähnliches gelte bei der 9. Armee für das Zusammenwirken mit Gallwitz und für das Einschließen von Warschau und Nowogeorgiewsk.

Falkenhayn entgegnete unverzüglich, sein Plan ziele gerade darauf hin, die Russen am weiteren Kraftzuschub gegen Lublin—Cholm zu hindern, indem man durch den über die Weichsel hinweg gegen Siedlec— Łuków geführten Stoß der beiden vereinigten Armeen den mit der Hauptfront nach Süden kämpfenden Feind im Rücken bedrohe und dadurch Mackensen schnelle Entlastung bringe. Die 9. Armee oder Woyrsch allein seien dazu zu schwach. Conrad beharrte jedoch bei seiner Absicht, die Armee Woyrsch sogleich über Nowo Aleksandrya zum Zusammenwirken mit der 4. Armee heranzuziehen, weil der seiner Richtung nach gewiß wünschenswerte Vorstoß über die Weichsel zwischen Warschau und Iwangorod der Zeit nach viel zu spät fühlbar werden könne. Falken-' hayn stimmte darauf am 22. insoweit zu, daß eine besondere Gelegenheit für Woyrsch, durch schnelles Zugreifen oberhalb von Iwangorod über die Weichsel zu kommen, natürlich ausgenützt werden müsse, besorgte aber, daß dieser mit seinen schwachen Kräften nicht weit kommen werde; falls der geplante Vorstoß nicht glücken sollte, werde man doch auf einen Versuch unterhalb der Festung zurückkommen müssen.

Die russische Führung war seit den am 5. und am 19. Juli gefaßten Beschlüssen (S. 610 und 631) zur Preisgabe des linken Weichselufers entschlossen. Die Entzifferung ihrer Funksprüche gab den vor Iwangorod angelangten Verbündeten wieder sehr erwünschten Einblick in die hiezu beabsichtigten Maßnahmen. So erfuhr man am 22., daß das XVI. Korps am Vortage die Eisenbahn bis zu den Festungswerken zu zerstören und

um 10h abends abzumarschieren habe. Nach der Verteilung der Kommandostellen war auf dem rechten Weichselufer von der Pilicamündung bis Iwangorod mit dem durch anderthalb Kosakendivisionen und durch Reichswehrformationen verstärkten XVI. Korps, von dort nach Südosten bis Podgorz mit dem GrenKorps und zwei Kavalleriedivisionen zu rechnen. Aus dieser Kräfteverteilung und aus mitgelesenen Befehlen war zu erkennen, daß die Russen ein Flußübergang bei Nowo Aleksandrya nicht überraschen würde.

Aber gerade dort sollte GO. Woyrsch in Ausnützung seines gegenüber dem linken Flügel der 4. Armee errungenen Vorsprunges zur Unterstützung des Erzherzogs über die Weichsel hinweg vorstoßen. Hiezu ließ Woyrsch am 22. Juli durch GdI. Kövess zunächst nördlich der Bahn Radom—Iwangorod die Festung einschließen und die Weichsel abwärts bis zur Pilica beobachten. Alle zu erübrigenden Truppen waren für den späteren Abmarsch auf Nowo Aleksandrya zusammenzuziehen. Die Gruppe Schariczer und der linke Flügel Königs mußten noch einigen Widerstand bewältigen — man kam bereits in den Wirkungsbereich der Festungsgeschütze — bevor die 16. ID. und die 9. KD. am Abend von Staszów bis zur Pilica das linke Weichselufer gewonnen hatten.

Jetzt erhielt Kövess den Auftrag, bis zum 25. die deutschen Truppen bis vor Gniewoszów abzulösen. Hiezu behielt die 9. KD. ihre bisherige Aufgabe bei, der 16. ID. fiel die Einschließung der Festung zu; die 35. ID. war im Raum um Głowaczew beiderseits der Radomka, die 7. KD. nördlich von Zwolen zu vereinigen.

GO. Woyrsch zog die k.u.k. Pioniergruppe Obst. Mischek (S. 588) heran und ließ alle Vorbereitungen für die Weichselübersetzung treffen. Während die Division Bredow bei Kazimierz einen Übergang vortäuschen sollte, hatte das Korps König um Mitternacht vom 24. auf den 25. bei Nowo Aleksandrya den Strom zu bezwingen.

Mittlerweile war am 23. und am 24. Juli über die geplante Verwendung der Armee Woyrsch neuerlich ein lebhafter, schriftlich und mündlich geführter Meinungsstreit zwischen Falkenhayn und Conrad, abgeführt worden. Jener hielt auf eine Anregung des Stabschefs der Armee Woyrsch, Obstlt. Heye, den Übergang bei Nowo Aleksandrya für zwecklos, weil man hiedurch nicht mehr die Flanke des vor der 4. Armee schon zurückweichenden Feindes treffen werde. Falkenhayn befürwortete deshalb seinen ursprünglichen Antrag, gegen Siedlec—Łuków vorzustoßen. Demgegenüber machte Conrad geltend, daß von einem weitreichenden Rückzug der Russen auf dem östlichen Weichselufer keine u «

Rede sei, und daß die 11. Armee eben sogar heftig angegriffen werde (S. 633). Nachdem man sich aber vergewissert hatte, daß durch diese russischen Vorstöße der 11. Armee in nächster Zeit keine Gefahr drohe, einigten sich die beiden Generalstabschefs am 24. in Teschen auf eine mittlere Lösung. Um 8h abends erging an GO. Woyrsch folgender Befehl: „Weichselübergang oberhalb Iwangorod einstellen. LKorps und Division Bredow haben in Gegend Radomkamündung den Übergang über die Weichsel zu erzwingen. Mitwirkung des rechten Flügels deutscher

9. Armee wird seitens DOHL. angestrebt werden. Gruppe Kövess mit XII. Korps, 7. und 9. KD. hat Weichsel abwärts Chodelmündung bis Kozienice zu sichern, Iwangorod am Westufer abzuschließen und nach Eintreffen der schweren Artillerie anzugreifen.“ Die schlesischen Landwehrmänner, die in den Pontons bereits des Befehles zum Abstoßen harrten, wurden hierauf wieder an das Land beordert1).

Die neue Aufgabe der Armee Woyrsch unterschied demnach zwei Ziele. Gleich am 25. Juli schritt der Generaloberst zur Durchführung des wichtigeren Teiles, zur Weichselbezwingung. Vorerst hatte Kövess die noch gegenüber von Nowo Aleksandrya versammelten deutschen Kräfte abzulösen. Hiezu übernahm die durch Landsturminfanterie verstärkte

7. KD. von der Division Bredow die Weichselbeobachtung von Lucina bis gegen Gniewoszów. Um den Truppenwechsel vor dem Feinde zu verbergen, blieben zwei deutsche Kompagnien zurück, überdies erhielten die österreichischen Uferwachen deutsche Helme. Angrenzend wurde der

16. ID. die Einschließung von Iwangorod bis zur Bahn und der 35. die von dieser bis zur Weichsel übertragen. Die k.u.k. 9. KD. behielt ihre bisherige Aufgabe, wurde jedoch unmittelbar an GO. Woyrsch gewiesen.

Bis zum 28. war die Verschiebung des Korps König, der Division Bredow, der deutschen Reiterbrigade und der Pioniergruppe Mischek2) über Zwolen vom Ost- auf den Westflügel in die Gegend der Radomka-mündung vollzogen.

Die Stromüberschreitung des LKorps — die Division Bredow blieb in Reserve — wurde für die Nacht vom 28. auf den 29. festgesetzt.

!) Falkenhayn, 161; Clemenż, 153 f.

2) Zur Verfügung standen sechs k.u.k. und vier deutsche Pionierkompagnien, einundzwanzig k.u.k. Kriegsbrückenequipagen, zweieinhalb deutsche Brückentrains. Die k.u.k. Pionierkompagnie 3/9 legte in 26 Stunden 90 km zurück. — Vgl. W ö r 1 e n, Die Pioniere bei Flußübergängen im Weltkriege (Technik und Wehrmacht, Berlin 1922, 52 ff.) und GM. Mischek, Übergang der Armee v. Woyrsch über die Weichsel bei Ryczywół am 29. Juli 1915 (ungedruckte Studie im Kriegsarchiv).

Sie hatte in einer Frontbreite von 24 km mit der Hauptkraft bei Ryczywół an sieben Überschiffungsstellen und mit einer Nebengruppe bei Magnuszew an drei Stellen zu erfolgen. Zur Ablenkung und Bindung des Feindes ließ Kövess zu gleicher Zeit durch die 7. KD. zwischen Kazimierz und Nowo Aleksandrya einen Übergang vortäuschen sowie auf der ganzen Einschließungslinie die Vorstellungen Iwangorods unter heftiges Artilleriefeuer nehmen.

Die technischen Übergangsvorsorgen und die Bereitstellung der Kampftruppen vollzogen sich unbemerkt vom Feinde. Die Aufklärung hatte während der ganzen Zeit nur ergeben, daß am jenseitigen Ufer eifrig geschanzt wurde. Hingegen hatten die Russen am 27. nördlich der Pilica die deutsche 9. KD. zurückgeworfen und außerdem zunächst der Pilicamündung das linke Weichselufer betreten, was Gegenmaßnahmen der im Ufersicherungsdienst stehenden k.u.k. 9.KBrig.erforderte.

Durch den am 29. um lh30 früh beginnenden plötzlichen Vorstoß über die Weichsel wurde der Feind völlig überrascht. Die ersten Staffeln fanden nur an zwei Übergangsstellen einen entschiedenen Widerstand, an den übrigen acht Stellen überrannten sie die Uferwachen und setzten sich sofort fest. Als dann von 5h morgens an das heftige russische Artilleriefeuer zeitweilig das weitere Überschiffen unmöglich machte, war die Masse des Korps bereits übergesetzt. Damit war auch der Brückenbau gesichert, der ungeachtet der feindlichen Artilleriewirkung noch vormittags östlich von Ryczywół vollendet wurde.

Gleich auf die Kunde vom Glücken des Überganges war die k.u.k. Heeresleitung auf Verstärkung der Armeeabteilung Woyrsch bedacht und ließ ihr von der 4. Armee die 2. KD. zusenden (S. 637). Schon mittags betonte jedoch GO. Woyrsch, daß er zur Ausnützung des eben errungenen Vorteils eine Vermehrung seiner Infanteriedivisionen benötige ; nur wenn er sich vor Iwangorod auf eine bloße Beobachtung und Einschließung beschränken dürfe, könne er dort eine Infanteriedivision durch Kavallerie ersetzen, allerdings müsse dann die bereits eingefahrene Belagerungsartillerie weiter zurückgeführt werden. Conrad verwies auf die unterstellte 2. KD. und antwortete, daß zurzeit der Einsatz der Gruppe Kövess und starker schwerer Artillerie gegen die Festung notwendig sei, um die russische Vorstellung zur Verkürzung der Einschließungslinie und Bindung des Feindes anzugreifen.

Das Korps König hatte nun einige Tage hindurch einen sehr schweren Stand; denn die Russen, die sofort die ihnen drohende Gefahr erkannt hatten, ließen sich nicht nur jeden Schritt nach vorwärts mit Blut ab-

ringen, sondern schritten selbst zum Gegenangriff. Hiezu befahl Gen. Alexejew der 4. und der 2. Armee, den über den Strom gekommenen Gegner in gemeinsamer Anstrengung zurückzu werfen, wofür von Lublin und aus dem Abschnitt von Iwangorod starke Kräfte heranzuziehen seien i).

Am 29. abends lief die deutsche Front knapp am rechten Weichselufer entlang. Das geplante Hinüberwerfen der k.u.k. 1. KBrig. und der LKBrig. unter Führung des GdK. Hauer, um die Bahnlinie Warschau— Iwangorod zu zerstören, mußte unterbleiben, da die Infanterie noch zu wenig Raum gewonnen hatte. Am 30. setzten die Deutschen ihre Bemühungen fort, den eroberten Boden zu einem Brückenkopf auszugestalten; eine zweite Brücke wurde südlich der ersten vollendet. Die Russen führten außer dem XVI. auch das GrenKorps, das sie in seiner bisherigen Aufstellung durch Kavallerie ersetzt hatten, in den Kampf und richteten namentlich von Paprotnia aus gegen die Landwehr heftige Gegenangriffe. Um den Feind für den nächsten Tag am Verschieben weiterer Kräfte zu verhindern, veranlaßte GO. Woyrsch wieder eine Demonstration gegen Iwangorod.

Besonders bedrängt war die deutsche 22. LBrig. am linken Flügel, die mit der Hauptkraft des Korps keine Verbindung hatte. Zur Entlastung griff die in den Raum bei Magnuszew verlegte k.u.k. 9. KD. ein und überschiffte am 31. die abgesessenen Reiter zweier Regimenter auf eine Insel östlich von Magnuszew, da die Deutschen keine Reserven mehr hatten.

Bei der Hauptübergangsgruppe waren mittlerweile auch die Division Bredow und die LKBrig. auf das Ostufer gezogen worden. Obwohl das unter der Führung des Gen. Klembowski stehende russische XVI. Korps, das durch Teile des XXXVI. Korps der 2. Armee und durch die von Lublin herangeführte 14. sib. SchD. verstärkt worden war, verzweifelten Widerstand leistete, vermochten die deutschen Truppen des GO. Woyrsch nunmehr den Brückenkopf derart zu erweitern, daß die Brücken gesichert waren. Als das Vordringen der k.u.k. 4. Armee bis Końskowola die Sicherung des linken Weichselufers überflüssig machte, wurde die 7.KD. am 31. an die Radomka verschoben. Da auch die deutsche 9. KD. unter den Befehl des GO. Woyrsch trat, konnte dieser bis 3. August ein Reitergeschwader von vier Kavalleriedivisionen vereinigen, das er — sobald am Ostufer durch die Infanterie genügend Bewegungsfreiheit geschaffen war — zur Unterbrechung der feindlichen Verbindungen zwischen Iwangorod und Warschau ausschwärmen lassen wollte.

Die Einnahme von Lublin und Cholm (29. Juli bis 1. August)

Der am 29. Juli westlich vom Wieprz in der Richtung auf Biskupice .angesetzte Angriff der 11. Armee verlief plangemäß und reifte bis zum Abend des ersten Schlachttages zu einem großen Erfolg aus. Der Stoßkeil Emmichs warf das II. sib. Korps unter schweren Verlusten aus seinen Stellungen und drang mit dem rechten Flügel bis zur Bahnlinie bei Trawniki vor. Das lang erstrebte Ziel — das Unterbinden der Bahnlinie Lublin—Cholm — war Wirklichkeit geworden. Der linke Flügel der Gruppe Emmich kam bis auf die Höhen südlich von Biskupice heran. Die östlich vom Wieprz stehende Garde war im Hinblick auf den Erfolg der Gruppe Emmich in den späten Nachmittagsstunden vom linken Flügel aus gleichfalls vorgebrochen, ohne jedoch den zähen Widerstand der russischen Garden brechen zu können. Immerhin vermochten Teile der Stoßgruppe Emmich auch auf dem Ostufer des Wieprz festen Fuß zu fassen und dadurch die für den 30. geplante Fortführung des Angriffes vorzubereiten, durch den der vor der preußischen Garde und vor dem Korps Arz stehende Feind in die Zange genommen und vernichtend geschlagen werden sollte.

Die Nachbararmeen, die 4. und die Bugarmee, hatten am 29. Juli mit der 11. nicht gleichen Schritt gehalten. Nach anfänglichen Erfolgen standen sie am Abend in noch unentschiedenem Ringen, das bei der 4. Armee unbekümmert um den Einfall der Nacht seinen Fortgang nahm. Bei dieser Armee war es den inneren Flügeln des VIII. und des X. Korps gelungen, alle Vorfeldstellungen zu nehmen und in die erste feindliche Linie einzubrechen; nachts sollte überfallsartig die zweite gestürmt werden. Dazu aber kam es nicht mehr.

Unter ähnlichen Umständen reifte die Entscheidung am rechten Flügel der 4. Armee heran. Die Angriffsgruppe des XVII. Korps (nebst Teilen der 4. die 11. und die 10. ID.) hatte tagsüber die Tiefenlinie nordöstlich von Chmiel überschritten und die Russen aus ihren Vorstellungen geworfen. Zähe aber boten sie am Höhenkamme hinter ihren siebenfachen Drahthindernissen allen Anstürmen Trotz. Erst der dritte Sturm — knapp vor Tagesgrauen — brachte die mit hervorragender Tapferkeit angreifenden Truppen der 11. und der 10. ID. in den Besitz der feindlichen Hauptstellungen. Die Mittelkorps, IX. und XIV., hatten indes durch Demonstrationen den gegenüberstehenden Feind zu binden versucht. Noch während der unentschiedenen Kämpfe an den Flügeln hatte sich das 4. Armeekmdo. entschlossen, den Nachdruck des Angriffes am 30. Juli auf den linken Armeeflügel zu verlegen. Es faßte hiezu das

VIII. (62. ID. und 47. RD.), das X. Korps (37. HID. und 2. ID.) und eine Division der Armeereserve (24. ID.) zu einer Stoßgruppe unter Führung des FZM. Scheuchenstuel mit dem Aufträge zusammen, die russische Front zu durchbrechen und nach Osten hin aufzurollen. Die übrigen Korps der Armee behielten für den 30. Juli ihre bisherigen Aufgaben.

Auch die Bugarmee war am 29. Juli auf hartnäckigen Widerstand gestoßen und konnte trotz allen Opfermutes der Truppen nur schrittweise Raum nach Norden gewinnen. Für den 30. Juli plante GdI. Linsingen die Fortsetzung des Angriffes in den bisherigen Stoßrichtungen.

Ehe aber die Angriffspläne der drei Armeen Mackensens zur Durchführung gelangen konnten, hatte sich die Lage an der Heeresgruppenfront völlig geändert. Unter dem Eindruck der Niederlage, die die russische 3. Armee auf den Kampffeldern bei Biskupice und bei Chmiel erlitten hatte, wich die russische Führung einer endgültigen Entscheidung aus, brach noch in der Nacht zum 30. Juli den Kampf ab und ordnete den Rückzug der drei zwischen der Weichsel und dem Bug fechtenden Armeen in die Linie Nowo Aleksandrya—Markuszów—Höhen nördlich von Lublin — Świdnik — Pawłów — Rejowiec—Leszczany—Korczewniki— Gusynne an. Der über den Bug hinausragende Ostflügel der 13. Armee hatte je nach der Lage entweder am Bug zu verbleiben oder in die Linie Gusynne—Markostaw zurückzuschwenken1).

Am 30. Juli früh waren die russischen Stellungen nahezu an der ganzen Front der Heeresgruppe Mackensen geräumt, nur am äußersten rechten Flügel, gegenüber dem XXXXI. RKorps, hielt der Russe noch stand. Weithin leuchtende Brände nördlich der großen Straße Lublin— Cholm kündeten auch in ihrem eigenen Lande den Weg, den die Russen genommen hatten. Auf der Straße von Lublin nach Lubartów, auf denen von Trawniki und von Cholm nach Włodawa marschierten große Troßsäulen nach Norden, auf allen fahrbaren Wegen dazwischen bewegten sich Troß- und Truppenteile in gleicher Richtung. Ohne Verzug nahmen die Armeen Mackensens die Verfolgung in breiter Front auf. Doch bald stießen die verbündeten Truppen wieder auf verschanzten Feind.

Die 4. Armee erreichte bis zum 30. Juli abends, ohne nennenswertem Widerstande zu begegnen, mit dem linken Flügel und mit der Mitte die gesetzten Tagesziele. Das VIII. Korps gewann den Bystraabschnitt ab!) Zajontschko wskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 335 fjNesna-ni o w, IV, 83.

wärts von Nałęczów und schob Sicherungstruppen auf die Höhen nördlich der Bachlinie vor. Das X. Korps war bis an das Höhengelände südlich von Garbów vorgedrungen. Das IX. Korps stand beiderseits der Straße Lublin—Nowo Aleksandrya mit Vortruppen auf den Höhen südlich des Ciemiegabaches; das XIV. Korps, vor dem zu Mittag schon Reiterabteilungen des IX. und des XVII. Korps in Lublin eingeritten waren, nahm die Höhen nördlich dieser Stadt in Besitz. Nur das XVII. Korps konnte sein Tagesziel Łęczna nicht erreichen. Es kam wohl in breiter Front über die Lubliner Bahn vor, warf die russischen Vortruppen, stieß aber dann, wenige Kilometer nördlicher, auf die feindliche Hauptstellung. Von der Armeereserve, die infolge des Rückzuges der Russen nicht mehr eingesetzt worden war, nächtigten die 24. ID. bei Bełżyce, die 21. SchD. und die 4. ID. südöstlich von Lublin.

Wie bei der 4. Armee waren auch bei der 11. Armee die Korps seit frühestem Morgen im Verfolgungsmarsche nach Norden. Als sie nachmittags auf den Höhen beiderseits und südlich von Milejów, bei Siedliszcze, nördlich von Rejowiec und südwestlich von Cholm auf eingegrabene Russen — anscheinend Nachhuten — stießen, gingen sie zum Angriff über. Überall aber trafen sie auf hartnäckigen Widerstand und kamen bis zum Abend über die feindlichen Widerstandslinien nicht hinaus.

Auch bei der Bugarmee war es frühzeitig an der ganzen Front zu Kämpfen gekommen. Das im Anschluß an das Korps Arz vorrückende Beskidenkorps drang mit der Mitte bis nach Leszczany vor. Das Korps Gerok mit der unterstellten 1. ID. gelangte fechtend bis auf die Höhen südlich von Strzelce. Das Korps Winckler war nach Nordosten aufgeschwenkt und bemühte sich, den Feind über den Bug zu drängen. Das Heeresgruppenkmdo. gewann aus den Kämpfen des 30. Juli den Eindruck, daß die Russen gegenüber der 11. Armee und nördlich von Lublin zu ernsthaftem Widerstande entschlossen seien. Um es nicht zum Versteifen der russischen Gegenwehr kommen zu lassen und die feindliche Front vor der 11. Armee durch Überflügeln von Haus aus unhaltbar zu machen, ordnete GFM. Mackensen für den 31. Juli an, daß der Angriff von den Flügeln der Heeresgruppe aus fortzusetzen sei. Hiezu hatte die 4. Armee unter Sicherung gegen Iwangorod bis in die Linie Michów— Łęczna zu gelangen, die Bugarmee auf Cholm vorzustoßen. Die 11. Armee wurde jedoch beauftragt, mit dem Angriff erst am 1. August zu beginnen, bis dahin aber alle erforderlichen Vorbereitungen zu treffen.

Noch im unklaren darüber, ob man es mit russischen Nachhuten oder mit der feindlichen Hauptkraft zu tun habe, gab das 4. Armeekmdo.,

um im Sinne der Weisungen Mackensens keine Zeit zu verlieren, den Korps den Auftrag, mit aller Entschiedenheit in den Gefechtsstreifeai nach Norden vorzustoßen, um die Russen „überall über den Wieprz zu werfen“. Nur im Falle ernstlichen Widerstandes war der Angriff „systematisch“ von den Armeeflügeln aus zu führen. Hiezu sollte die Gruppe FZM. Scheuchenstuel (VIII., X. Korps und 24. ID.), unterstützt durch das IX. und das XIV. Korps, die Höhen bei Garbów gewinnen, um von dort aus die russischen Stellungen ostwärts aufzurollen. Die Truppen östlich der Bystrzyca, Teile der 3. ID., die 45. SchD., die 11. und die

10. ID. mit der 4. ID., sollten unter einheitlicher Führung durch GdI. Křitek bis auf die Höhen südlich der Bystrzycamündung Vordringen. Vom frühen Vormittag des 31. Juli an waren alle Korps der 4. Armee in der Vorbewegung. Bald aber erkannte man, daß es eines planmäßigen Angriffes bedürfe, um die Russen aus ihren Stellungen zu werfen. Mehrere Stunden verstrichen mit Vorbereitungen; nachmittags setzte die Infanterie zum Angriff an. Bis zum Abend drang von der Gruppe Scheuchenstuel die 62. ID. an den Höhenrand südöstlich von Nowo Aleksandrya vor; die 47. RD. gewann die Höhen nördlich der Lubliner Straße westlich von Markuszów. Das X. Korps nahm mit der 37. HID. und mit der 2. ID. die Höhen südlich von Garbów und warf die Russen auf den Westrand des Ortes zurück, wo sie weiter zähen Widerstand leisteten. Das IX. und das X. Korps kamen hart an die feindliche' Stellung südlich des Ciemiegabaches heran. Mehrfache Versuche, die feindliche Front zu durchstoßen, scheiterten. Auch der Angriff der Gruppe Křitek’ brachte bis zum Abend kein rechtes Ergebnis. Die 4. ID., die auf engem Raume tief gestaffelt zwischen der 45. SchD. und der 11. ID. den Hauptangriff führte, kam über die feindlichen Vorstellungen nicht hinaus. Erfolgreicher war die rechte Flügeldivision des XVII. Korps, die 10. ID., die gemeinsam mit der deutschen 19. ID. die gegenüberstehenden Russen bis auf 5 km vor Łęczna zurückdrückte. Für den 1. August befahl das 4. Armeekmdo. die Fortsetzung des Angriffes durch die Gruppen Scheuchenstuel und Křitek in den bisherigen Richtungen und mit den gleichen Zielen. Gleichzeitig aber sollten das IX. und das XIV. Korps mit starken inneren Flügeln vorbrechen.    r

Bei der 11. Armee fanden am letzten Julitage nur Einleitungskämpfe für den am 1. August auszuführenden Angriff statt, um die russischen Vortruppen auf die Hauptstellung zurückzudrücken. Gleichzeitig bildete die 11. Armee zwei gewaltige Stoßkeile aus je drei Korps, die den Angriff entlang der von Trawniki nach Włodawa führenden Straße und weiter östlich davon über Rejowiec soweit als möglich nach Norden führen sollten. Die Vorfeldkämpfe brachten aber nur stellenweise etwas Raumgewinn, wie beim deutschen X. Korps, beim XXII. RKorps und beim k.u.k. VI. Korps; die Garde konnte die Höhen nördlich von Rejowiec gegen das russische GKorps nicht erstreiten.

Die Bugarmee durchbrach mit dem Korps Gerok die russischen Stellungen beiderseits von Strzelce und gewann damit den Anfang der Cholmer Straße. Das Beskidenkorps war im wesentlichen in seinen Stellungen verblieben und hatte nur den linken Flügel zur Verbindung mit dem Korps Arz vorgeschoben. Das XXXXI. RKorps war im erfolgreichen Vordringen gegen das Bugknie bei Ustiług. Im Anschluß daran stand südlich von Gusynne die ll.HKD.

Die Russen räumten in der Nacht auf den 1. August ihre Stellungen vor der 11. und der Bugarmee, um abschnittsweise auf die seit längerem vorbereiteten Stellungen südlich der Linie Włodawa—Ostrów zurückzugehen. Vom Morgengrauen an folgten die beiden deutschen Armeen dem weichenden Feinde. GFM. Mackensen ließ die Gardereiterei auf der nach Włodawa führenden Straße gegen die Sumpfenge bei Wytyczno anreiten, wies für den 1. August die 11. Armee, deren Gruppen wieder aufgelöst wurden, mit dem linken Flügel nach Łęczna und die Bugarmee über Cholm nach Tarnów. Über diese Linie war „zunächst nicht hinauszugehen; Nachhuten werfen, gegen feindliche Hauptstellungen zur Einleitung des allgemeinen Angriffes der Armee vorfühlen“. Zur Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen den beiden deutschen Armeen wurde die 103. ID., bisher Reserve hinter dem rechten Flügel der 11. Armee, zwischen das VI. und das Beskidenkorps eingeschoben.

Die 4. Armee hatte die Verfolgung gegen die Linie Łęczna—Michów und unter Deckung gegen Iwangorod bis zum unteren Wieprz fortzusetzen.

In Ausführung dieser Befehle der Heeresgruppe kam es am 1. August an der Heeresgruppenfront zu Kämpfen von wechselnder Heftigkeit. Der 4. Armee gelang es am 1. August nicht, ihre Linie über jene des Vortages entscheidend vorwärtszutragen; nur der linke Armeeflügel war einigermaßen erfolgreich. Die 62. ID. stürmte die flachen Hügel zwischen Nowo Aleksandrya und Końskowola, die 47. RD. jene 2 km nordwestlich von Markuszów. Das X. Korps hatte seine Front in schrittweisem Angriff bis an die Lubliner Straße herangeschoben und stand mit dem rechten Flügel in noch unentschiedenem Kampfe um die Höhen südöstlich von Garbów. Die übrigen Korps, das IX., das XIV. und das XVII., hatten sich tagsüber knapp an die feindlichen Stellungen herangearbeitet, ohne aber in die feindlichen Linien einbrechen zu können. Da die Reserven, die 24. ID. am linken Flügel und die 21. SchD. bei Lublin, noch unverbraucht waren, war für das Armeekmdo. die Möglichkeit gegeben, auf den Gang des Kampfes entsprechend Einfluß zu nehmen.

Die nach Norden strebenden Korps der 11. Armee stießen schon vormittags auf starke Nachhuten in festen Stellungen, die in der Linie Puhaczów—Świecica die Straße sperrten. Von einigen Teilerfolgen abgesehen, konnte bis zum Abend der Widerstand des Feindes, der ungewöhnlich starke Artillerie zu zeigen begann, nirgends überwunden werden.

GdI. Linsingen ließ die Masse seiner Armee, Beskidenkorps und Korps Gerok, in der Richtung auf Cholm verfolgen. Das erstgenannte, dessen 4. ID. am 1. August um 10hvorm. von der alten Bischofsstadt Cholm Besitz ergriffen hatte, war auf den Höhen nördlich der Stadt auf den Feind gestoßen und stand abends noch im Kampfe. Das Korps Gerok, das knapp östlich von Cholm vorwärtsstrebte, überschritt mit den Vortruppen die Balmlinie Cholm—Kowel und nächtigte mit der Hauptkraft südlich der Bahn. Die Sicherung der Flanke der Heeresgruppe am Bug bewirkten die 1. ID., die unter Kämpfen hart an Dubienka herangekommen war, und weiter bugaufwärts das XXXXI. R-Korps bis östlich Gusynne. Zur Deckung eines Brückenschlages südlich von Gusynne war die 11. HKD. über den Bug gegangen und stand auf den Höhen südöstlich davon.

Hindenburgs Stoß über den Narew (13. Juli bis 4. August)

Hiezu Beilage 36

An der Mitte Juli einsetzenden konzentrischen Offensive gegen die im Weichsellande in weit vorgebogener Lage haltenden Russen hatte sich entsprechend den Weisungen der DOHL. vom 2. Juli (S. 612) auch die deutsche Ostfront Hindenburgs durch einen Vorstoß über den Narew in der Richtung auf Siedlec zu beteiligen. Demnach setzte der Oberbefehlshaber Ost die zwischen Weichsel und Szkwa stehende, auf zwölf Divisionen verstärkte Armee Gallwitz am 13. Juli beiderseits von Przasnysz zum Angriffe an. Ihre beiden Flügel und der zwei Divisionen starke rechte Flügel der 8. Armee zwischen Szkwa und Pissa hatten sich dem Hauptangriff anzuschließen. In glänzendem Anlauf wurde die starke erste Stellung der Russen beiderseits von Przasnysz durchbrochen. Schon am zweiten Tage war die Stadt in deutschem Besitz, zwei Tage später wankte die stark befestigte zweite Stellung, und am 17. war der russische Widerstand westlich des Narew gebrochen. Die Stoßtruppen der Armee Gallwitz drangen gegen den Fluß vor, indes ihr rechtes Flügelkorps bereits die russischen Sicherungen auf die Außenstellungen von Nowo georgiewsk zurückdrängte. Ein zweites Gorlice schien gelungen.

Die Russen, zwar schon zur Preisgabe des Weichselbogens entschlossen, wurden durch den plötzlichen Vorstoß gleichwohl überrascht. Sollte die im Zuge befindliche Zurücknahme der 4., der 3. und der 13. Armee planmäßig und in Ordnung fortgesetzt werden können, so war es notwendig, den gefährlichen deutschen Stoß von Nordwesten möglichst lange aufzuhalten. Dazu bot die Flußschranke des Narew mit seinen permanenten Sperren bei Łomża, Ostrołęka, Różan, Pułtusk und der in neuzeitlicher Weise verstärkten Festung Nowogeorgiewsk einen geeigneten Abschnitt, der hiezu auch von Alexejew bereits seit 7. Juli in Aussicht genommen war1). Namhafte Verstärkungen, zum Teil aus Galizien, zum Teil von der 2. Armee herangeführt, sollten die 1. Armee hiebei stützen.

Als daher die inzwischen gleichfalls um vier Divisionen verstärkte Armee Gallwitz, nachdem sie sich am 19. und 20. Juli bis knapp an die Narewbefestigungen herangearbeitet hatte, zum Stoß über den Fluß antrat, traf sie ein großangelegter Gegenangriff frischer Kräfte zwischen Różan und Pułtusk heraus. Zwar erwehrten sich die deutschen Truppen des Angriffes, konnten aber erst am 23. wieder zum Angriff schreiten.

Während der am 20. Juli vor Nowogeorgiewsk eingetroffene Bezwinger Antwerpens, GdI. v. Beseler, am rechten Flügel der Armee mit seiner aus Landwehr und Landsturm gebildeten Angriffsgruppe den Ring um die Festung enger zog, brachte die Hauptangriffsgruppe des GdA. Gallwitz am 24. Pułtusk und Różan zu Falle.

Am 26. Juli standen zehn Divisionen östlich des Narew zum Angriff und Vormarsch an und über den Bug bereit. Hier hatten die Russen aber schon bedeutende Kräfte für den zur Vollendung des Rückzuges noch immer nötigen Kampf um Zeitgewinn zusammengezogen. Mindestens acht Armeekorps und drei Reiterdivisionen wurden am 26. Juli gegenüber Gallwitz festgestellt, als sich die Russen nun in einem neuerlichen, gewaltigen, von Serock bis östlich von Różan auf 60 km Ausdehnung geführten Gegenangriff auf die eben in den letzten Angriffsvorbereitungen befindlichen deutschen Divisionen stürzten. In hartem Kampfe wurde er abgewiesen; aber die Widerstandskraft der russischen 1. Armee war noch immer beträchtlich. Die folgenden Tage brachten neue russische Angriffe;

i) Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 325.

das Unternehmen der Armee Gallwitz wurde, ohne nennenswert Raum zu gewinnen, zu einem immer zäheren Ringen. Als aber am 3. August Ostrołęka bezwungen wurde, vermochten sich die deutsche 12. Armee und der Südflügel der 8. auf dem östlichen Narewufer von Nowogród bis südlich von Pułtusk auszubreiten.

Mit dem kraftvollen Vorstoß an den Narew hatte der Oberbefehlshaber Ost seinen Gedanken der weiter ausgreifenden, entscheidenden Aktion über Kowno—Wilna in den Rücken der wankenden Russenfront nicht aufgegeben. Um für ein solches Vorgehen wenigstens in einem späteren Zeitpunkt freie Bahn zu schaffen1), besonders um ihr in Kurland die linke Flanke zu sichern, wohl auch, um die DOHL. durch einen Erfolg im entscheidenden Moment mitzureißen, waren bei der 10. Armee Vorbereitungen zum Angriff auf Kowno eingeleitet worden.

Gleichzeitig mit dem Vorstoße der 12. Armee war auch die Njemen-armee am 13. Juli zum Angriff geschritten. Trotz ihrer verhältnismäßig geringen Kräfte vermochte sie schon im ersten Ansturm die untere Windau zu überschreiten. Am 18. Juli hatte sie mit dem linken Flügel eine Linie erreicht, die von Hofzumberge über Tukkum und Kandau nach Windau führte und knapp an die Rigaer Bucht heranreichte. Zwischen dem 15. und 20. Juli dehnte sie ihre Angriffe auch auf Szawle und auf den Raum östlich von Rossienie aus, schlug die Russen am 23. bei Szawle und drang, von hier und über die Dubissa vorstoßend, am 25. Juli in Poswol undPoniewiez ein. Die russische 5. Armee zog sich auf Bausk zurück.

Als nun gleichzeitig mit diesen Erfolgen im Norden es am Narew immer deutlicher wurde, daß der Stoß sich hier in ein „frontales Abringen zu verlaufen“2) begann, überdies die Räumung des Weichselbogens durch die Russen sich der Vollendung näherte, kam Hindenburg auf seinen Antrag zum Vorstoß am unteren Njemen und auf Kowno zurück. „Schon war es spät geworden,“ schreibt hierüber Ludendorff in seinen Kriegserinnerungen, „die Wegnahme von Kowno erforderte Zeit, und der russische Rückzug in Galizien war bereits weit gediehen. Es erschien aber noch möglich, Großes, jedenfalls Größeres zu erreichen, als bei der im Gange befindlichen Operation. Diese konnte nicht anders enden als mit einem rein frontalen westöstlichen Zurückdrängen des Feindes 3).“

GdI. Falkenhayn vermochte den verlockenden Plänen des Ober!) Hindenburg, 129.

2)    Ebenda, 128.

3)    Ludendorff, Kriegserinnerungen, 117.

befehlshabers Ost aber nicht zu folgen. Sein Blick war im Westen auf die drohende Feindoffensive in der Champagne, vor allem aber nach dem Balkan gerichtet, wo ein freier Weg zu der in bedrohlicher Lage schwebenden Türkei erkämpft werden mußte. Ihm lag deshalb daran, die Operationen im Osten ehestens zu beenden und er „beharrte unter bewußtem Verzicht auf große operative Wirkungen auf seinem ursprünglichen Plan des schrittweisen Vorgehens mit beschränkten Zielen“1).

Die Eroberung von Iwangorod (1. bis 4. August)

Hiezu Beilage 33 samt Nebenskizze

Während sich die deutschen Truppen der Armee Woyrsch in hartnäckigen, opferreichen Kämpfen auf dem östlichen Weichselufer behaupteten, war man bei der Armeegruppe Kövess mit freudigem Eifer an die Lösung der am 24. Juli (S. 642) erhaltenen selbständigen Aufgabe, die Bezwingung der Festung Iwangorod, geschritten. Da der erste Angriff gegen die Westfront zu richten war, wurden sämtliche Steilfeuerbatterien der 35. ID. zugewiesen. Ihr Führer, GM. v. Podhoránszky, bildete unter Beiziehung der Armeegruppenreserve eine Stoßgruppe von 81/2 Bataillonen und durchbrach am 1. August nach vierstündiger Artillerievorbereitung die mit stockwerksförmigen, teilweise betonierten Stützpunkten stark ausgebaute Vorstellung bei Słowiki Nowe, wobei sich das siebenbürgische IR. 50 besonders hervortat. Planmäßig schwenkte sodann ein Teil der Angreifer nach Südosten und zwang die im Rücken gepackten Russen zur Waffenstreckung; hierauf wurde in erbittertem Ringen die feindliche Linie im Walde nördlich der Bahn aufgerollt. Der Nordflügel der 16. ID. und später auch deren Mitte schlossen sich dem Angriff der Schwesterdivision an und entrissen den zähen Verteidigern ebenfalls einige Stützpunkte. Der Einbruch von 6 km Breite nötigte die Russen, bis zum 2. auch vor der 16. ID. Raum zu geben und gegen die zweite feldmäßige Stellung zurückzuweichen. Die verkürzte Einschließungslinie verlief nunmehr von Staszów über Mozolice Wz., Słowiki Nowe längs der Straße nach Gniewoszów und bis zur Weichsel. Der Erfolg der k.u.k. Waffen drückte sich auch in der Gefangennahme von über 2300 Mann, 32 eroberten Geschützen und zahlreichem erbeutetem Kriegsgerät aus.

Über die Besatzung erhielt man deutlichen Aufschluß; sie bestand aus zwei Regimentern der 47. ID., zwei Reichswehrbrigaden und Festungs-

1) Volkmann, Der große Krieg 1914 bis 1918 (Berlin 1922), 71.

artillerie. Schon die Gefangenenaussagen, ferner das Ausbleiben eines Gegenangriffes und die Fliegererkundung am 3. August ließen ziemlich sicher vermuten, daß die Räumung der Festung bevorstand. Kövess wies daher seine Truppen an, beim Erkennen eines feindlichen Rückzuges sogleich zuzugreifen. Daneben wurde die Fortsetzung des gewaltsamen Angriffes, diesmal von Süden her durch die 16. ID., weiter vorbereitet.

Dazu sollte es aber nicht mehr kommen, denn die Gesamtlage nötigte die russische Führung zu dem schon lange vorgesehenen Aufgeben des „vorderen Kriegsschauplatzes“ (S. 610). Der Gruppe des Gen. Klembowski war es nicht gelungen, die Streitkräfte des GO. Woyrsch vom rechten Weichselufer zu vertreiben1), und über die 3. und die 13. Armee errang Mackensen soeben neue Erfolge. Mit dem noch zu erörternden Entschluß Alexejews vom 3. August, seine Armeen zurückzunehmen, wodurch die

2. das linke Weichselufer samt Warschau vom 4. auf den 5. preisgab, mußte auch Iwangorod aus dem Frontverlauf ausscheiden2) (S. 611), ohne es auf die Verteidigung der allerdings veralteten Forts auf dem linken Ufer ankommen zu lassen, da die 4. Armee ihre Rückbewegung nach der 2. zu richten hatte.

In der Nacht auf den 4. vernahmen die Belagerer von Iwangorod zahlreiche Sprengungen im Festungsbereich; Brände flammten auf. Am Morgen waren die russischen Stellungen verlassen, und die Verteidiger auf die rechte Stromseite abgezogen. Beide siebenbürgische Divisionen stießen nach Besetzung der Forts bis ans Ufer vor; das jenseitige hielt der Feind, der die Brücken zerstört hatte und alle Übergangsversuche im Bereiche der Festung scharf abwies.

Nördlich von Iwangorod hatten die auf dem östlichen Weichselufer befindlichen deutschen Truppen, denen weiteres Vordringen vorgezeichnet war, gegen den auf etwa 68 Bataillone geschätzten Feind noch immer einen schweren Stand. Sie mußten, da Falkenhayns Anregung vom

1. August, sie durch das k.u.k. VIII. Korps der 4. Armee zu verstärken, von Conrad unter Hinweis auf den noch sehr tätigen Widerstand des Feindes am unteren Wieprz abgelehnt worden war, am 3. lediglich zur Behauptung des gewonnenen Brückenkopfes angewiesen werden. Nach dem Falle von Iwangorod aber zog GO. Woyrsch, einer Ermächtigung durch die k.u.k. Heeresleitung zuvorkommend, die 35. ID. eiligst nach Kozienice heran, indes die 16. ID. die Weichselsicherung zu besorgen hatte.

1)    Nesnamow, IV, 83.

2)    Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 335ff.; Danilow, 528 f.

GO. Woyrsch und seine Streitkräfte konnten seit dem 24. Juli auf höchst bemerkenswerte Erfolge zurückblicken. Der kühn ersonnene und gründlich vorbereitete Weichselübergang hatte eine empfindliche Stelle der Russenfront getroffen, die augenblicklich etwas auseinanderstrebenden inneren Flügel der 2. und der 4. Armee. Er darf sowohl hinsichtlich der technischen Durchführung, an der die öst.-ung. Pioniergruppe Obst. Mischek rühmlichen Anteil hatte, wie hinsichtlich der Kampfleistung der Landwehr, also von Truppen dritter Linie, als hervorragende Waffentat gewertet werden. Der scharfe Zugriff der öst.-ung. Truppen wieder hatte dem Feinde den linksufrigen Teil der Festung Iwangorod entrissen. Unter den Leistungen, die zur späteren Verleihung des Kommandeurkreuzes des Militär-Maria Theresien-Ordens an ihren Führer, GdI. Kövess, beitrugen, war diese nicht die geringste.

Da weiters am 4. August auch die deutsche 9. Armee in der Hauptstadt Polens Einzug hielt, waren den Russen die beiden Ausfallspforten verrammelt worden, aus denen sie zehn Monate vorher die Streiterscharen der „Dampfwalze“ hatten vorbrechen lassen. Unter dem von drei Seiten ausgeübten Druck der Verbündeten sollte der weitere Rückzug der russischen Heeresmitte nicht lange mehr auf sich warten lassen.

Die Ereignisse zwischen Weichsel und Bug vom 2. bis zum 4. August Die Nachrichten, die am 1. August eingelaufen waren, ließen den GFM. Mackensen den Eindruck gewinnen, daß die vor ihm im Rückzug befindlichen russischen Armeen erst wieder in der Linie Rudka—Kołacze— Ostrów—Iwangorod nachhaltigen Widerstand leisten mochten. Er befahl daher für den 2. August der 4., der 11. und der Bugarmee, die Vorrückung fortzusetzen.

Das 4. Armeekmdo. strebte für den 2. August an, den bereits durch das k.u.k. X.Korps angebahnten Durchbruch der feindlichen Front bei Garbów zu vollenden. Die Durchführung wurde dem X. Korps, Teilen des IX. und der 24. ID. unter Leitung des FML. Martiny übertragen. Den Hauptangriff hatte die 24. ID. aus schmalem Raume knapp südöstlich von Garbów durch die Linien der 2. ID. hindurch bei Unterstützung durch die angrenzenden Teile der 37. HID. und der 106. LstlD. zu führen. Um den erhofften Erfolg ausnützen zu können, sollte das VIII. Korps eine starke Reserve hinter seinem rechten Flügel bereitstellen. Die nicht angreifenden Teile der Armeefront hatten lediglich ihre Stellungen zu behaupten. Die 21. SchD. wurde zur Sicherung des Besitzes von Lublin bei diesem Orte zurückbehalten.

Die 24. ID. drang bis zum Abend in die russischen Stellungen ein, ohne sie allerdings vollends zu durchstoßen. Die 47. RD., die bereits am Morgen im Vereine mit der 37. HID. einen starken Gegenangriff abgewiesen und ihre Linien etwas vorgeschoben hatte, mußte abends neuerlichen Angriffen standhalten. Die Division, die jetzt von der Heeresleitung als Verstärkung der Armee Woyrsch bestimmt wurde, sollte durch die 2. ID. abgelöst werden, sobald es die Gefechtsverhältnisse zuließen. An der übrigen Armeefront herrschte tagsüber meist Ruhe.

Bei der 11. Armee, deren Korps am 2. August in ihren Bewegungsstreifen Vordringen sollten, wurde nur am linken Flügel und in der Mitte gekämpft; denn die Garde und das VI. Korps hatten einvernehmlich ihren Angriff auf den 3. August verschoben. Die Kämpfe der Mitte blieben bis zum Abend unentschieden; hingegen vermochten die inneren Flügel des deutschen X. und des X. RKorps (20. und 105. ID.) den Feind aus seinen Stellungen zu werfen; sie kamen im Norden über Puchaczów hinaus, im Westen knapp an Łęczna heran, allerdings ohne die feindliche Front völlig zu zerreißen. In zusammenhängenden Stellungen lagen abends die Russen der 11. Armee neuerlich gegenüber.

Am 2. August hatte auch der linke Flügel der Bugarmee, der den Feind in das Sumpfgelände südlich von Włodawa werfen sollte, schwere Kämpfe zu bestehen. Das Beskidenkorps erstritt die Höhe Gora Lysa nördlich von Cholm, das Korps Gerok kämpfte unentschieden in der Linie Serebryszcze—Brzyzno, die 1. ID. schwenkte über Ostrów und Turka nach Osten auf und verlängerte die kampflos haltende Bugfront (XXXXI. RKorps und ll.HKD.).

Für den 3. August planten alle drei Armeen die Fortführung des Angriffes. Bei der 4. Armee sollte dies von beiden Flügeln aus erfolgen, bei Garbów vom X. und östlich der Bystrzyca durch das um die halbe 21. SchD. verstärkte XVII. Korps. Die 11. Armee wollte durch Einsatz der 119. ID., die bisher hinter dem XXII. RKorps in zweiter Linie gefolgt war, den Erfolg des X. Korps ausbauen. Die GKD., die entlang der Straße nach Włodawa nicht hatte durchdringen können, sollte sich nunmehr den Weg über Łęczna nach Norden bahnen. Die übrigen Korps der Armee hatten so wie jene der Bugarmee in ihren bisherigen Angriffsrichtungen weiter vorzudringen.

Unter dem Eindrücke der erfolgreichen Vorstöße bei Garbów und bei Łęczna nahmen aber die Russen in der Nacht auf den 3. August ihre

Front vor der 4. Armee auf die Hügel nördlich des Ciemiegabaches bis in die Höhe von Łęczna, vor der 11. Armee, die noch kurz vor Mitternacht heftige Gegenangriffe abzuschlagen hatte, an den Swinkabach zurück. Nur an den Flügeln der Heeresgruppe, vor dem VIII. Korps und vor der Bugarmee, hielten die Russen in ihren alten Stellungen stand. Als die verbündeten Truppen am 3. früh den Rückzug des Feindes gewahr wurden, folgten sie ihm rasch bis an seine neuen Stellungen. Am linken Flügel der 4. Armee, beim VIII. und beim X. Korps, welch letzteres sich für einen am 4. früh auszuführenden Angriff rüstete, brachte der 3. August keine Änderung der Lage. Die Armeemitte, IX. und XIV. Korps, war auf die Höhen nördlich des Ciemiegabaches vorgedrungen; vom XVII. Korps hatten die 10. und die 11. ID. den Wieprz zwischen Łęczna und der Bystrzycamündung erreicht; die 45. SchD. war über die Bystrzyca gegangen und stellte die Verbindung mit dem XIV. Korps her. Als Armeereserve wurden die wieder vereinigte 21. SchD. und die 4. ID. bei Lublin bereitgestellt. Das Armeekmdo. stand am

3.    August abends unter dem Eindruck, daß der Feind in seiner jetzigen Stellung zu hartnäckigem Widerstand entschlossen sei, und verfügte die Fortführung des Angriffes am 4. August mit versammelter Kraft, wozu unter FML. Roth das XIV. und das IX. Korps, die 45. SchD. und die

4.    ID. längs der nach Lubartów führenden Straße angesetzt wurden. Am linken Flügel sollte das X. Korps den bereits für den 4. vorbereiteten Angriff durchführen.

Auch die Truppen der 11. Armee waren am 3. August ohne Zaudern zur Vorrückung angetreten. Das durch die 119. ID. verstärkte X. Armeekorps und das X. RKorps warfen die Russen nach schwerem Kampfe aus ihren Stellungen nördlich von Łęczna und Puchaczów zurück und nahmen die dortigen Höhen in Besitz. Die anderen Korps waren nach kurzer Verfolgung auf den Feind in starken Stellungen gestoßen; ein Angriff schien nur nach entsprechender Vorbereitung erfolgverheißend. Das XXII. RKorps, die Garde und das VI. Korps entschlossen sich denn auch, den Angriff erst am 4. August fortzuführen. Das 11. Armeekmdo. befahl für diesen Tag die Verfolgung oder den Angriff bis in die Linie Dratów Garbatowka—Tarnów.

Die Bugarmee, die am 3. trotz heftiger Kämpfe auf ihrem Westflügel keine Fortschritte erzielt hatte, wollte am 4. gleichfalls weiter angreifen.

Die verbündeten Truppen trafen jedoch an diesem Tage wieder nur auf Nachhuten, die den in der Linie Iwangorod—Lubartów—Tarnów sich festsetzenden russischen Hauptkräften folgten.

GFM. Mackensen erkannte, daß die Russen nun auch den Rückzug der bisher an der Weichsel stehenden Korps einzuleiten begannen. Um dem Feinde möglichst Abbruch zu tun, plante er durch Vorstoß gegen die Bahn Warschau—Brest-Litowsk den abziehenden Feind in seiner Südflanke anzufallen. Vorerst galt es aber, „die zu erwartenden Deckungsstellungen in der Linie Włodawa—Iwangorod möglichst schnell zu überwinden“. Hiezu befahl Mackensen am 4. vormittags der 4. Armee, so rasch wie möglich in der allgemeinen Richtung über Kock vorzudringen; die 11. Armee sollte über Parczew vorgehen. Die Sicherung des Angriffes gegen eine Bedrohung von Osten her wurde der Bug- und der 1. Armee übertragen. Die Erstgenannte hatte etwaige Vorstöße aus der Richtung Włodawa abzuwehren und hiezu die feindlichen Vortruppen auf die südöstlich von Włodawa vermutete Hauptstellung zurückzuwerfen, die

I.    Armee dagegen sollte an die Ługa Vordringen und sich in den Besitz von Władimir-Wołyński setzen.

Die neuen Aufgaben bedingten innerhalb der Heeresgruppe eine Kräfteverschiebung nach Westen. Die 4. Armee mußte den Abschnitt des XVII. Korps an die 11. Armee abgeben, diese wieder die Abschnitte der Garde und des VI. Korps an die Bugarmee. Um Kräfte der Bugarmee für die Richtung Włodawa freizubekommen, wurde die 1. Armee beauftragt, vom XXXXI. RKorps die Sicherung am Bug bis Dubienka zu übernehmen, wozu ihr auch die 11. HKD. wieder unterstellt wurde.

Zunächst aber ließ GFM. Mackensen die für den 4. August von den Armeen eingeleiteten Bewegungen auslaufen. Nur der linke Flügel der

II.    Armee erhielt eine über die bereits gesteckten Tagesziele hinausreichende Verfolgungsaufgabe. Er sollte noch am 4. August den Wieprz abwärts bis in die Höhe von Lubartów Vordringen, um „dem Feind ein Zurückgehen über den Wieprz bis Lubartów unmöglich zu machen“.

Bis zum 4. August abends erreichten die Korps der 4. Armee unter leichten Nachhutkämpfen ihre Tagesziele. Vom VIII. Korps war die 62. ID. nahe an die feindlichen Stellungen südöstlich von Iwangorod herangekommen, die 2. ID., die die 47. RD. abgelöst hatte, stand auf den Höhen nördlich von Kurów. Die 47. RD. wurde unterdessen bei Kazimierz zum Uferwechsel bereitgestellt. Das X. Korps (37. HID. und

24. ID.) breitete sich auf den Höhen beiderseits von Amelin aus, das IX. Korps (106. LstlD., Polnische Legion und 41. HID.), ferner das XIV. Korps (26. SchD. und 3. ID.) waren über den Nordrand des Waldgebietes südwestlich von Lubartów vorgedrungen. Das XVII. Korps mit der 45. SchD. westlich vom Wieprz, mit der 11. und der 10. ID. auf dem ■östlichen Ufer, war kampflos an die feindlichen Stellungen südösdich von Lubartów herangekommen. Das Armeekmdo. hatte die 21. SchD. dem XIV. Korps dichtauf folgen lassen, die 4. ID. aber noch nächst Lublin zurückgehalten.

Die 11. Armee war am 4. August in der Linie Rozkopaczów—Garba-tówka—Tarnów auf die Russen gestoßen. Sie drang bis zum Abend stellenweise in die feindliche Front ein.

Die Bugarmee hatte die Umgruppierung noch im Laufe des 4. August zum Teile vollzogen. Die 1. ID. und das Korps Gerok streckten sich derart nach Westen, daß das Beskidenkorps ausgespart und zur Ablösung des VI. Korps und der Garde freigemacht werden konnte. Das XXXXI. RKorps war unter Belassung von Verschleierungen am Bug im Anmarsche nach Norden.

Die Bugkämpfe vom 19.Juli bis zum 4.August Hiezu Beilage 33 In Ostgalizien hatten sich nach dem Erreichen der Złota Lipa keine bemerkenswerten Ereignisse ergeben. Die eingetretene Kampfpause, mochte sie auch durch Ablösungen und Verschiebungen vielfach gestört worden sein, kam den durch die langandauernden Kämpfe sehr ermüdeten und in ihren Kampf ständen sehr geschwächten Truppen außerordentlich zunutze. Sie ermöglichte auch Maßnahmen gegen die beim IV. Korps wieder aufgetretene Cholera. Die 12. Marschbataillone (bei der österreichischen Landwehr die 11.) konnten in Ruhe eingereiht werden. Hiedurch wurde der Feuergewehrstand bei der 2. Armee von

55.000    auf etwa 70.000, bei den k.u.k. Truppen der Südarmee von

34.000    auf 43.000, bei der 7. Armee von 80.000 auf 91.000 gehoben.

Zur Zeit, als die 1. Armee nach Władimir-Wołyński hätte Vordringen sollen (S. 625), um den Nordstoß Mackensens gegen Osten zu sichern, hatte der Führer der 2. Armee, GdK. Böhm-Ermolli, dem lediglich verteidigungsweises Verhalten am Bug auf getragen worden war, am

17. Juli aus eigenem den Entschluß gefaßt, sich dem Vorgehen der 1. Armee anzuschließen. Bereits am 12. hatte er beim Freimachen der Gruppe Szurmay auch das vom GdK. Ziegler befehligte XVIII. Korps (9. ID. und 1. LstlBrig.) am Oberlauf der Złota Lipa aus der Front gelöst und hinter seinen Nordflügel verschoben. Nun befahl er dem GdK. Ziegler, dem auch noch das IV. und das Korps Czibulka sowie die am 15. als Armeereserve herausgezogene 32. ID. unterstellt wurden, über Kamionka-Strumilowa gegen Radziechów anzugreifen. Hiezu sollte zunächst das

Westufer des Bug vor Dobrotwór vom Feinde gesäubert und dann in der Bugschlinge östlich von Kamionka-Strumiłowa ein Brückenkopf eingebaut werden. Den Zeitpunkt für das Vorbrechen aus diesem bis an den Abschnitt des Białystok- und Ostrowkabaches wollte Böhm-Ermolli selbst wahrnehmen.

Gen. Brussilow kam den Plänen Böhm-Ermollis entgegen, denn er hatte das VIII. Korps, das bei Kamionka-Strumiłowa gestanden war, durch Streckung der Nachbarkorps aus der Front gelöst und eilig nach Norden verschoben, um die ihm bei Sokal drohende Gefahr eines Durchbruches seiner Armee zu bannen.

Am 19. früh schritten die beiden Divisionen Czibulkas und die 13. SchD. des II. Korps aus. Die Russen hatten in diesem von ausgedehnten Waldungen durchsetzten Gelände nur Vorstellungen, die sie den Angreifern überließen, ohne viel Widerstand zu leisten. Dennoch kamen diese in dem schwierigen Gelände bei dem schlechten Wetter, das auch die Flugaufklärung beeinträchtigte, nur langsam vorwärts. Immerhin boten die schwache russische Gegenwehr und die Nachricht von der Rückverlegung höherer feindlicher Befehlsstellen vor der Heeresgruppe Mackensen für das 2. Armeekmdo. Anlaß genug, seine Korps schon zur Vorrückung bis Stanislawczyk am oberen Styr, dann bis an den Ostrowka-Bialystokabschnitt anzuweisen.

Bei der 1. Armee stellten die 25. ID. und die 46. SchD. nach Abschluß der erfolgreichen und ehrenvollen Kämpfe bei Sokal am 19. Juli befehlsgemäß die Offensive ein und begannen ihre neuen Stellungen auszubauen. Vor der 25. ID. stand der Feind sogar recht weit ab, doch konnte bereits über Tartaków der Anmarsch von neuen Truppen wahrgenommen werden.

Beim Korps Szurmay hatte die 7. ID. noch während der Nacht den Bug bei Żdżary überschritten und die völlig überraschten Reiter des russischen IV. Kavalleriekorps zurückgedrängt. Das Reiterkorps Heyde-breck wurde an den geschaffenen Brückenkopf herangezogen und unterließ sein Vorbrechen aus diesem nur deshalb, weil die schadhaft gewordene Brücke das Mitnehmen der Artillerie noch nicht ermöglichte. Die 40. HID., auf beiden Ufern stehend, hatte sich zur Ablösung des der Bugarmee zugewiesenen und von Linsingen dringend gewünschten XXXXI. RKorps (S. 658) nach Westen zu strecken. Auch die erst anrückende 103. ID. mußte als Reserve des Heeresgruppenkmdos. Mackensen abgegeben werden, wie dieser überhaupt „die Aufgabe der 1. Armee nicht im Vorgehen nach Osten, sondern zunächst nur in der Deckung der

Flanke der nach Norden operierenden Armeen“ erblickte. FZM. Puhallo, dessen nur mehr fünf Infanteriedivisionen und drei Kavalleriedivisionen starke Armee auf 50 km Frontbreite stand, sah mit Besorgnis den nächsten Tagen entgegen. Die Schwierigkeit seiner Lage ergab sich im wesentlichen daraus, daß die 1. Armee am Brechpunkt der nach Osten gerichteten Defensiv- und der nach Norden strebenden Offensivfront der verbündeten Heere stand. Er rechnete mit Gegenangriffen des Feindes, der ihm jetzt schon um zwei Infanterie- und ein bis zwei Reiterdivisionen überlegen war, zu denen noch das russische VIII. Korps hinzutreten sollte.

Wechselvolles Ringen um den Brückenkopf bei Sokal (20. bis 31. Juli)

Nur zu bald sollten sich die Besorgnisse Puhallos erfüllen. Bereits in der Nacht zum 20. mußten der Nordflügel der 46. SchD. und die 40. HID. russische Gegenangriffe abwehren, wobei auf dem Gefechtsfeld der Honvéd Abteilungen Heydebrecks eingriffen. Im Laufe des Tages nahm die Spannung an der ganzen Armeefront zu. Vor ununterbrochen angreifenden Sturmkolonnen, die es offensichtlich auf das Abschnüren des Sokaler Brückenkopfes von Süden her abgesehen hatten, mußten der rechte Flügel der 25. ID., mit Ausnahme der Besatzung einer kleinen Brückenschanze östlich von Krystynopol, und ihre Mitte auf das Westufer zurückgenommen werden. Ein hierauf südlich von Sokal hei der Gruppe Obst. Hassenteufel erfolgter russischer Einbruch, bei dem das FJB.25 nahezu ganz in Gefangenschaft geriet *), veranlaßte den Oberst, seine Gruppe in eine näher zum Fluß befindliche Aufstellung zurückzunehmen und hiebei auch die Höhe Gora Sokal A 254 zu räumen. Im Interesse einheitlicher Gefechtsleitung wurde nun die Gruppe Hassenteufel dem I. Korpskmdo. unterstellt.

Unterdessen hatten Angriffe des durch Gardereiter und durch Infanterie verstärkten russischen IV. Kavalleriekorps auch bei Żdżary eine Verengerung des Brückenkopfes erzwungen. GLt. Heydebreck nahm in Erkenntnis der Unmöglichkeit, gegen Władimir-Wołyński vorzubrechen, seine schon auf das Nordufer vorgezogenen Reiter wieder auf das Südufer zurück. Des weiteren erlaubten diese starken russischen Angriffe bloß die Ablösung der rechts stehenden 82. RD. des Korps Winckler.

1) Dieses Bataillon stammte aus Brünn und hatte zum überwiegenden Teil tschechische Mannschaft. Vgl. auch Hoen, Waldstätten-Zipperer und Seifert, Die Deutschmeister, 448 ff.

Die kritische Lage veranlaßte das 1. Armeekmdo., am 20. nachm. um Unterstützung zu bitten. Sie wurde ihm durch vorübergehende Unterstellung der 103. ID. zuteil, die nach Opulsko zu rücken hatte; doch sollte diese Division ehestens durch eine solche der 2. Armee ersetzt werden. GdK. Böhm-Ermolli bestimmte hiezu die 9. ID. der Gruppe Ziegler, wodurch diese wieder gezwungen wurde, auf die für den 21. geplante Bugbezwingung bei Kamionka-Strumilowa zu verzichten; wohl aber hatte sie die völlige Säuberung des westlichen Bugufers zu vollenden.

Der Verlust der Gora Sokal äußerte sich sehr bald in flankierender Beschießung der Stellungen der 46. SchD. durch russische Artillerie. Deshalb bat die Division um Kräfte für die Rückeroberung dieses Schlüsselpunktes des Kampfraumes. Doch die staffelweise herankommende deutsche 103. ID. durfte hiefür nicht verwendet werden, wie denn Mackensen überhaupt auf den Besitz der Bugbrückenköpfe jetzt keinen sonderlichen Wert mehr legte; ihm genügte Fesselung starker Feindkräfte und verläßliche Sicherung der Flußlinie durch die 1. Armee. Diese jedoch sah die Behauptung des mit großen Opfern bei Sokal geschaffenen Brückenkopfes als Ehrenpflicht an. Puhallo forderte daher von der 46. SchD., bis zum Eintreffen der 9. ID. noch in der jetzigen Lage auszuharren. Dann sollte die 103. ID. eiligst zur Bugarmee rücken. Ebenso drängte Mackensen auf völlige Ablösung des Korps Winckler, wozu die k.u.k. 4. und die deutsche 5. KD. zu verwenden waren. Die 11. HKD. des Kavalleriekorps Heydebreck mußte gleichfalls an Linsingen abgegeben werden.

Am 21. und 22. hatten die auf dem rechten Bugufer stehenden Truppen der 1. Armee, namentlich bei Sokal, zahlreiche Angriffe abzuwehren. Grund genug für FZM. Puhallo, am 23. die Rückeroberung der Gora Sokal anzubefehlen, wozu die 9. ID. rechts von der 46. SchD. eingesetzt wurde. Am 25. Juli um 4h nachm. begann bei heftigem Gewitter der Angriff, dem eine einstündige Feuervorbereitung vorangegangen war. Zähe Gegenwehr des Feindes zwang die durch die Gruppe Obst. Hassenteufel verstärkte 9. ID., ihre Anstrengungen die ganze Nacht und den nächsten Vormittag hindurch fortzusetzen, bis am 26. um lh nachm. die flachgewölbte Kuppe endlich im Besitze der Angreifer zu sein schien. Doch nachmittags erkannte man, daß der höchste Punkt der Höhe A 254 noch in Feindeshand war; es bedurfte eines neuerlichen Nachtangriffes, um ihn zu erobern. Auch weiter im Süden wurde die alte Linie erreicht.

Brussilow ließ aber die erschöpften Angreifer nicht zur Ruhe kommen. Schon am 27. jagte er das XII. und das VIII. Korps zum Gegenangriff vor, zunächst vergeblich; doch am 28. Juli gelang es der Übermacht der Russen, die vielumstrittene Gora Sokal den ermatteten und durcheinandergewürfelten Abteilungen des I. Korps abermals zu entreißen. Den Gedanken an eine neuerliche Rückeroberung mußte das 1. Armeekmdo. wegen der sehr geringen Kampfstände fallen lassen. Zum Glück stieß der Feind nicht nach. Die auf 2100 Mann zusammengeschmolzene 9. ID. x) — samt der Gruppe Hassenteufel waren es 3800 — hätte ihn kaum mehr abzuwehren vermocht.

So war die Lage der etwa 35.000 Gewehre und 3600 Säbel zählenden 1. Armee um die Monatswende recht kritisch geworden, denn ihren fünf Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen standen nicht weniger als neun russische Infanterie- und mindestens vier Reiterdivisionen gegenüber, von denen allein vier Infanteriedivisionen den Brückenkopf von Sokal umklammert hielten. Eine Entspannung erwartete sich das 1. Armeekmdo. nur von der Ausführung des vom GdK. Böhm-Ermolli geplanten Vorstoßes gegen Radziechów, wobei die 1. Armee durch Vorschwenken ihres rechten Flügels bei Žubków ihre Front zu verkürzen und Kräfte zu ersparen hoffte.

Die Säuberung des westlichen Bugufers durch die Armee Böhm-Ermolli

(20. bis 26. Juli)

Als bei der Fortsetzung der gegen die Bugstrecke Sielec—Kamionka-Strumilowa gerichteten Vorrückung (S. 660) die inneren Flügel der 1. und der 2. Armee (13. SchD., 31. ID. und 43. SchD.) am 20. Juli sich dem Flusse näherten, stießen sie im waldfreien Gelände vor Dobrotwór, Strychanka und Zawonie auf wohl vorbereitete und stark besetzte russische Stellungen. Sie sollten erst nach dem Herankommen der Artillerie am nächsten Tage angegriffen werden. Nur dem linken Flügel der 13-SchD. war es noch am selben Tage gelungen, östlich von Sielec das rechte Bugufer zu gewinnen und die Übergangsstelle gegen russische Gegenstöße zu behaupten. Die 9. und rechts davon die 32. ID. der Gruppe GdK. Ziegler begannen mit den technischen Vorbereitungen für den bei Kamionka-Strumilowa zu bewirkenden Übergang.

Als die 9. ID. aber abgegeben werden mußte (S. 662), sollte sich die

2.    Armee mit der Säuberung des Westufers begnügen. Doch gerade in der Nacht auf den 21. räumte der Russe nördlich von Kamionka-Strumiłowa freiwillig seine Stellungen auf dem linken Ufer, was für GdK. Böhm-Ermolli Anlaß war, dem GdK. Ziegler anzubefehlen, mm doch bei Kamionka-Strumilowa einen Brückenkopf einzubauen. Als Ersatz für die

9. ID. wies er ihm die aus Truppen des XIX. und des V. Korps zusammengesetzte, etwa brigadestarke Gruppe GM. v. Lauingen zu, die als Armeereserve nach Żołtańce herangezogen worden war. Sie war nun durch das IR. 72 des V. Korps zu erseizen.

Unterdessen erstürmte die 31. ID. am 21. Dobrotwór; doch ein Gegenstoß des Nordflügels des russischen XXVIII. Korps entriß ihr wieder den Ort, ehe die vom k.u.k. II. Korps zugesagte Unterstützung wirksam werden konnte. Die Zurüstungen der 31. ID. zu einem neuerlichen Vorstoß auf Dobrotwór wurden am 22. und am 23. vom Feinde gestört. Auch die 13. SchD. hatte östlich von Sielec, das IV. Korps bei Tadanie und Dere wlany russische Vorstöße abzuweisen. In der Nacht auf den 24. wurde Dobrotwór von der 31. ID. endgültig genommen, und am 25. dem Feind auch Strychanka entrissen.

Während sich die 31. ID. samt der 1. LstHusBrig. noch bemühte, den bei Zawonie eingenisteten Feind zu vertreiben, begann am 26. Juli bei Kamionka-Strumilowa der Übergangsversuch der 32. und der 43.Division. Trotz sorgfältiger Feuervorbereitung konnte der hartnäckige Widerstand des Feindes nicht gebrochen werden, und GdK. Ziegler war schon gewillt, das Unternehmen als „aussichtslos“ einzustellen, als es gegen 3h nachm. einer Kompagnie des IR. 23 doch gelang, das rechte Ufer zu gewinnen. Nun wurde anbefohlen, die Aktion auslaufen zu lassen. Bis 6h nachm. befanden sich vier Kompagnien, um 9h abends die ganze 32. ID. auf dem Ostufer, wohin noch während der Nacht auch die Gruppe Lauingen folgte. Um Mitternacht wurde der Erfolg des Tages durch die Vertreibung der zähen Besatzung von Zawonie gekrönt.

x) Die Verluste der 9. ID. vom 25. bis 31. Juli betrugen 99 Offiziere und 4443 Mann.

War ursprünglich das Vorschieben der östlich von Kamionka-Stru-milowa gewonnenen neuen Linien bis Jazienica geplant gewesen, so mußten sich die unter FML. Willerding auf dem Ostufer befindlichen Truppen infolge starker russischer Gegenstöße mit einem Brückenkopf von etwa 3 km Tiefe begnügen. Grund genug für das AOK., dem Plane Böhm-Ermollis, den Angriff bis Radziechów fortzusetzen, nicht zuzustimmen, weil es der 2. Armee vor dem Einlangen der 13. Marschbataillone keinen Kraftzuschuß in Aussicht stellen konnte. Immerhin war bis zur Monatswende das ganze Westufer des Bug mit Ausnahme von zwei kleinen Russennestern nordwestlich von Busk vom Feinde gesäubert und bei Kamionka-Strumilowa ein Ausfallstor geschaffen worden. Der Leiter dieser erfolgreichen Kampfhandlung, GdK. Ziegler, erlag am 1. August der Cholera. Nach Auflösung des Gruppenverbandes übernahm FML. Willerding zeitweilig das Kommando über das nunmehr aus der 32. ID. und der Gruppe Lauingen bestehende XVIII. Korps.

Rückzug der russischen 13. Armee hinter die Ługa (1. bis 4. August)

Nötigte der Schutz der rechten Flanke der nach Norden vordringenden Heeresgruppe Mackensen die verbündeten Heeresleitungen zu dauernden Sicherungsmaßnahmen gegen Osten hin, so war es für die Stawka noch viel schwieriger, einen Riß zwischen der in Ostgalizien hinter schützenden Flußläufen feststehenden Südwestfront und der nach Norden zurückweichenden Südgruppe des russischen Nordwestheeres zu verhüten. Nachdem der am letzten Juli bei Strzelce erfolgte Durchbruch Linsingens (S. 649) die russische 13. Armee zum Ausweichen nach Norden und zur Preisgabe des westlichen Bugufers gezwungen hatte, sah sich ihr Führer, Gen. Gorbatowski, im Sinne der Weisungen Alexejews vom 30. Juli (S. 6461) und um Kräfte zu ersparen, veranlaßt, zunächst den vorspringenden Bugabschnitt zwischen Żdżary und Ustilug aufzugeben.

Am 1. August früh morgens gewahrten die aufmerksamen Reiter des zwischen Krylów und der Huczwamündung am Bug stehenden Kavalleriekorps Heydebreck den Abzug des Feindes, und gegen 9hvorm. machte die 40. HID. die gleiche Feststellung. Ungesäumt nahmen die beiden Reiterdivisionen die Verfolgung mit gemischten Abteilungen auf, denen alsbald die Hauptkräfte folgten. Bis zum Abend war die Stud-zianka erreicht, auf deren Ostufer der Feind sich eine neue Widerstandslinie einzurichten schien. Auch das Korps Szurmay vermochte bei Festhalten von Żdżary und im Anschluß an die deutsche 5. KD. nach Osten aufzuschwenken.

Am 2. bemühte sich das Kavalleriekorps nicht ohne Erfolg, auf dem östlichen Studziankaufer festen Fuß zu fassen. Um es bei dem bevorstehenden Vorstoß auf Władimir-Wołyński durch Infanterie des Korps Szurmay verstärken zu können, hatte die 9. ID., die aus dem Brückenkopf bei Sokal am 1. abends herausgezogen worden war, in der Nacht zum 3. den Südflügel der 7. ID. abzulösen.

Mittlerweile hatte im Zusammenhange mit den Ereignissen zwischen Weichsel und Bug die russische 13. Armee, die fast nur mehr dem Auf!) Nesnamow, IV, 83.

rechterhalten der Verbindung diente, in der Nacht zum 4. August den Rückzug angetreten, um im Sinne des Befehles des Nordwestfront-kmdos. vom 3. (S. 657) in der Linie Opalin—Neretwabach—Oberlauf der Turya bis zum gleichnamigen Ort—Lugaabschnitt zwischen Żytanie und Poryck zur Deckung der auf dem östlichen Bugufer gegen Brest-Litowsk und Kobrin führenden Straßen eine neue Widerstandslinie zu beziehen1). Bei Poryck stellte Brussilow durch Verschiebung des XXVIII. und Streckung des XII. Korps bis zum 7. den Anschluß her.

Am 4. August früh waren es wieder die Reiter Heydebrecks, die zuerst den Abzug des Feindes feststellten und sofort gegen Władimir-Wołyński und Ustiług vorrückten. FZM. Puhallo befahl hierauf um 7h früh dem Korps Szurmay, den feststehenden Nordflügel der russischen 8. Armee bei Iwaniczy gegen Süden hin abzuschließen, um die 40. HID. zum Vorstoß nach Osten oder zur Unterstützung Heydebrecks verfügbar zu haben. Unterdessen zog die deutsche 5. KD. kampflos in Władimir-Wo-łyński ein und fühlte mit einer Brigade noch 10 km weit nach Norden vor. GM. Berndt setzte sich mit der 4. KD. und einem ihm seit mehreren Tagen zugeteilten Infanterieregiment der deutschen 103. ID. in Ustilug fest. Der vom FZM. Puhallo geplante Oststoß hatte aber zu unterbleiben, weil Mackensen der 1. Armee „unter Festhaltung der östlich des Bug gewonnenen Brückenköpfe mit dem linken Flügel die Besetzung derLuga-lime“ und die Ablösung der Bugarmee in der Bugsicherung bis Dubienka vorschrieb, für welch letztere Aufgabe der 1. Armee die 11. HKD. überwiesen wurde.

Den Weisungen gemäß richtete das Kavalleriekorps Heydebreck an dem 42 km langen Flußabschnitt die Sicherung ein und baute Ustilug und Władimir-Wołyński, die beide Infanteriebesatzung erhielten, zu Brückenköpfen aus. Südlich anschließend besetzte die 40. HID. in schütterer Aufstellung das linke Lugaufer bis Markostaw. Die 7. und die

9. ID. sperrten die Landschwelle zwischen der Luga und dem Bug. Als Armeereserve wurde die vom FZM. Puhallo am 4. beim AOK. erbetene 13. SchD., die am Nordflügel der 2. Armee durch die 1. LstlBrig. abgelöst worden war, nach Opulsko gestellt. Die 2. Armee wurde durch die

l.KD. der Südarmee entschädigt. Die russische 13. Armee hielt sich' gegenüber von Władimir-Wołyński auf einen Tagmarsch entfernt und stützte sich mit dem linken Flügel noch auf den Ługaabschnitt Żytanie— Markostaw, mit dem rechten auf den Bug, wohin sich alsbald auch ihr Schwergewicht verschob.

Von der mittleren Weichsel bis Brest-Litowsk

Die Führerentschlüsse bei Freund und Feind zu

Anfang August

Hiezu Beilagen 34 und 36

Als die russischen Nachhuten am 4. August bei Warschau und bei Iwangorod das westliche Weichselufer verlassen hatten, war der von Ostrołęka bis südlich von Włodawa reichende eiserne Ring der Verbündeten, der die in Ostpolen stehende russische Heeresmitte umklammerte, schon etwas verflacht. Immerhin schien die Möglichkeit noch gegeben, durch einen von den Enden des Halbkreises ausgehenden Druck beträchtliche Teile der zwischen Weichsel und Bug zusammengedrängten feindlichen Armeen abzuschnüren, wobei die Pripiatjsümpfe, wie der russische Generalstab schon im Frieden gefürchtet hatte, vielleicht „zum Grabe der russischen Heeresmacht“ werden konnten1). Doch die hiezu erforderlichen weitausholenden und daher auch zeitraubenden Umfassungsbewegungen ließen sich nicht recht mit den schon erörterten Plänen Falkenhayns für die Weiterführung des Krieges (S. 653), die nur auf beschränkte Ziele gerichtet waren, vereinbaren.

Schon am 3. August, am Vorabend der Einnahme von Warschau und von Iwangorod, hatte Falkenhayn an GO. Conrad ein Schreiben gerichtet, in dem er eröffnete, daß die im Gange befindlichen Operationen, wenn sie nach Wunsch verliefen, „deutscherseits als beendet angesehen werden, sobald es gelungen sein wird, den Gegner hinter den Bug und in die ungefähre Linie Brest-Litowsk—Grodno zurückzuwerfen. Spätestens, wenn dieses Ziel erreicht ist, werden so starke deutsche Kräfte für Zwecke auf anderen Kriegsschauplätzen verwendet werden müssen, daß im Osten eine Art von Beharrungszustand wenigstens auf dem größeren Teil der Front einsetzen muß“. Falkenhayn verlieh weiters der Vermutung Ausdruck, daß es bei den öst.-ung. Streitkräften ebenso sein dürfte, und schlug als Grenze zwischen den beiden Operationsgebieten eine Linie vor, die entlang des unteren Wieprz, der Tysmienica, über Ostrów, Uhrusk am Bug und dann entlang des Pripiatj zu verlaufen hätte.

Conrad stimmte der vorgeschlagenen Zielsetzung und der Abgrenzung der beiden Befehlsbereiche zu. Zwölf Tage vorher, als die Armeen noch auf zwei Tagmärsche vor Cholm, Lublin, Iwangorod und Warschau gestanden hatten, war er sogar noch weiter gegangen und hatte an den Außenminister Baron Burián, an die Militärkanzlei des Kaisers und an die DOHL. eine Denkschrift gesandt, in der er dringend empfahl, die bisher erkämpften Erfolge diplomatisch zur Erreichung eines Sonderfriedens mit Rußland auszunützen, dem hiezu goldene Brücken gebaut werden müßten. Des weiteren hatte der Chef des Generalstabes damals wieder — wie schon so oft — nahegelegt, kein Mittel unversucht zu lassen, um Rumänien zum Anschluß an die Mittelmächte zu bewegen. Falls sich dieses jedoch hiezu nicht verstehen wolle, wäre ihm unter Hinweis auf die günstige militärische Lage in Polen zu bedeuten, daß es zu der von ihm ersehnten Erwerbung Bessarabiens zu spät kommen werde, weil die Verbündeten selbst ohne Rumänien an die Besitzergreifung dieser Provinz schreiten würden. Demonstrative Truppenverschiebungen sollten die Einleitung dieser keinesfalls ernst gemeinten Kriegshandlung vortäuschen. In einem gleichzeitig mit der Denkschrift an GdI. Bolfras übersandten Privatbrief entwickelte Conrad nochmals seine außenpolitischen Pläne, aus denen hervorleuchtete, daß nach der Ausschaltung Rußlands ,,mit Italien erfolgreich abzurechnen“ wäre. Den Krieg gegen Serbien empfahl er „auf später zu verschieben oder eine Politik einzuschlagen, welche zum friedlichen Anschluß Serbiens an die Monarchie führt“.

Am 26. Juli hatte Conrad Gelegenheit, seine Denkschrift, die bei Falkenhayn volle Zustimmung gefunden hatte und die auch an den Reichskanzler weitergesandt worden war, mit dem öst.-ung. Außenminister zu besprechen. Baron Burián sah damals das Haupthindernis, um zu einem Übereinkommen mit Rußland zu gelangen, in der ukrainischen Frage. Auch eröffnete er, daß ihm kein geeigneter Weg nach Petersburg zur Verfügung stünde; Deutschland habe schon zweimal über Kopenhagen Friedensfühler ausgestreckt, aber eher das Gegenteil des Erwünschten erreicht.

So ergab sich die Nötigung, die Offensive gegen Rußland zunächst bis zu der von Falkenhayn bezeichneten Linie fortzusetzen. Bloß „das dauernde Belassen der russischen Front am Bug, bei Kamionka-Strumi-łowa—Busk, nur 40 km von Lemberg entfernt“, erachtete Conrad, wie er am 5. August nach Pleß mitteilte, „auf die Dauer nicht zulässig, und [er] werde im Zusammenhang mit der jetzigen Operation oder an diese anschließend ein Vorschieben der dortigen öst.-ung. Front anstreben“.

Der von Falkenhayn angeregten Auswechslung der Armeegruppe Kövess gegen die deutschen Divisionen der Südarmee stimmte Conrad gleichfalls zu. Allerdings ergab sich, daß nach Abschluß der geplanten

Kriegshandlung — bei 10 km Frontbreite für eine Division — der dem öst.-ung. Heere zufallende Abschnitt Czernowitz—Pripiatj mehr Truppen erfordert hätte, als zurzeit im Nordosten vorhanden waren. Für den Conrad so sehr am Herzen liegenden Angriff auf Italien wäre somit nichts erübrigt worden.

Was den Krieg gegen Serbien zur Öffnung des Landweges nach der Türkei anbelangte, durfte Conrad die Initiative ruhig seinem reichsdeutschen Kollegen überlassen. Dieser hatte bereits am 27. Juli die Ankunft des bulgarischen Obst. Gantscheff als Unterhändler für eine mit Bulgarien abzuschließende Militärkonvention angekündigt. Sie hatte dem Angriff auf Serbien und einem im Verein mit der Türkei auf Rumänien auszuübenden Druck zu dienen. Falkenhayn schlug die Teilnahme der beiden Kaisermächte mit je sechs schlagkräftigen Divisionen vor, welchem Antrag Conrad mit dem Vorbehalt beipflichtete, daß es der Krieg gegen Italien erlauben werde. Denn „wenn der Damm im Südwesten dennoch reißen und eine italienische Offensive vitale Interessen der Monarchie bedrohen sollte, könnte eine Lage eintreten, welche mir [Conrad] die Verwendung von sechs öst.-ung. Divisionen an der serbischen Front unmöglich machen würde“.

Gleichfalls am 3. August übersandte Falkenhayn den Entwurf der mit Obst. Gantscheff vereinbarten Konvention, derzufolge ÖsterreichUngarn und Deutschland innerhalb von dreißig Tagen nach erfolgter Unterzeichnung diese zwölf Divisionen an der Save-Donaufront aufmarschieren lassen sollten. War der Tag des Vertragsabschlusses zwar noch keineswegs feststehend, so stand die Erreichung der von beiden Generalstabschefs vereinbarten Grenzlinie der Offensive gegen Rußland doch unter einem gewissen Drucke der Zeit. Die Bug-Njemenlinie mußte so zeitgerecht gewonnen sein, daß die gegen Serbien bestimmten Kräfte zur vereinbarten Frist in Syrmien und im Banat aufmarschieren konnten.

Demnach hatten die beiden für den Herbst anberaumten Kriegshandlungen, der Vorstoß öst.-ung. Kräfte über Kowel nach Südosten, der die Russen in Ostgalizien weiter zurückzudrängen hatte, und die Offensive gegen Serbien, in den ersten Augusttagen ihre Wurzel.

Zunächst galt es aber für die beiden Führer in Teschen und Pleß, die Fortsetzung der Vorrückung bis an den Bug-Njemenabschnitt in die Wege zu leiten.

Als am 4. August die linksufrigen Festungsteile von Iwangorod von der Armeegruppe Kövess erobert worden waren, beantragte GO. Conrad am selben Tage bei Falkenhayn eine Richtungsänderung für die Heeresgruppe Mackensen nach Nordosten, und zwar: 4. Armee über Parczew, deutsche 11. auf Włodawa und Bugarmee auf das rechte Bugufer. Falkenhayn stimmte jedoch mit dem Bemerken nicht zu, „daß Mackensen jetzt, während er mit allen Mitteln bestrebt ist, eine einträgliche Verfolgung einzuleiten, durch neue Direktiven behindert“ werde; es hatte daher bei dem von Mackensen angeordneten Vorstoß der 4. und der 11. Armee nach Norden zu verbleiben. Auch äußerte Falkenhayn wegen des Überganges der Bugarmee auf das östliche Ufer Bedenken. Keinen Einwand erhob er jedoch dagegen, daß Woyrsch alle bei Iwangorod entbehrlichen Teile der Gruppe Kövess zu den schon über die Weichsel gesetzten Teilen der Armeegruppe heranziehe (S. 654), um den Stoß in der allgemeinen Richtung Siedlec—Łuków fortzusetzen. Tags darauf wurde auf neuerlichen Antrag Falkenhayns die Armee Woyrsch aus dem Befehlsbereiche des k.u.k. AOK. ausgeschieden und mit der schwachen, nur drei Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision zählenden deutschen 9. Armee zu einer der DOHL. direkt unterstehenden Heeresgruppe unter Prinz Leopold von Bayern vereinigt, der die obengenannte Aufgabe zufiel.

Da GO. Conrad mit der beantragten Richtungsänderung der Vorrückung Mackensens in Pleß keine Zustimmung gefunden hatte, so bemühte er sich, nachdem auch der Stabschef Mackensens das Gefühl hatte, daß der rechte Flügel der Heeresgruppe etwas zu schwach sei, durch Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereiche das Schwergewicht mehr nach Osten zu verlegen; dies umsomehr, als die Angriffe der 1. Armee bei Sokal und Kamionka-Strumilowa eine Versammlung starker Feindkräfte vor diesem Raume verursacht hatten (S. 661). Daher erhielt die

4. Armee am 5. August den Befehl, nach Gelingen des, wie noch zu erörtern sein wird, am 6. auszuführenden Angriffes das k.u.k. X. Korps (2. und 24. ID.) in Fußmärschen zur 1. Armee zu verschieben. Dies schien ohne Bedenken zulässig, weil sich infolge des konzentrischen Angriffes der Heeresgruppe Prinz Leopold und der 4. Armee gegen Siedlec ohnehin die Kräfte zusammenschoben.

GFM. Hindenburg, der im Sinne der bisherigen Weisungen jene Heeresteile, die bereits über den Narew gelangt waren, in südöstlicher Richtung weiter vorrücken zu lassen hatte, mußte sich auch die rasche Einschließung und Bezwingung der Festung Nowogeorgiewsk angelegen sein lassen. Überdies verlor er aber auch seinen alten Plan einer weitausholenden Umfassung über Kowno und Wilna nicht aus dem Auge. Als

Vorbereitung hiezu wurde der Angriff auf Kowno eingeleitet, wozu am

8. August die schweren Batterien gegen die Westfront dieser Festung das Feuer eröffneten*).

Obwohl die Russen seit Mitte Juli auch von Nordwesten her über den Narew angegriffen wurden, hatten sie es mit anerkennenswertem Geschick und durch zähen Widerstand verstanden, vor dem doppelseitigen Flankendrucke der Heeresgruppe Mackensen und der Armee Gallwitz nur so viel Raum zu geben, daß die links der Weichsel befindlichen Heeresteile ohne Gefährdung an den Stromabschnitt Iwangorod—Warschau zurückgeführt werden konnten. Auf Grund der nunmehr eingetretenen Lage sah sich Alexejew am 3. August veranlaßt, im Sinne der am 5. Juli zu Siedlec gefaßten Beschlüsse (S. 610) den weiteren Rückzug der im Raume zwischen dem Narew, der Weichsel und dem oberen Bug zusammengedrängten Armeen in die beiläufige Linie Osowiec—Łomża— Ostrów (südlich von Łomża)—Brock—Węgrów—Jedlanka—Kock—Ostrów (nordöstlich von Lublin)—Opalin—Turyjsk anzubefehlen. „Das Manöver sollte allmählich und ruhig“, gegen Norden hin ständig durch die 12. und die 1. Armee gesichert, zunächst in die an der Linie Nowogród— Wyszków—unterer Bug vorbereiteten Stellungen durchgeführt werden. Der 2. Armee war schon am 2. gestattet worden, mit der Masse noch in der darauf folgenden Nacht auf das rechte Weichselufer zurückzugehen und die Linie der alten Werke von Warschau nur mit Nachhuten zu behaupten. In der Nacht auf den 5. August hatten die 2. und die 4. Armee das Westufer vollständig zu räumen; sie sollten dann in drei kleinen Nachtmärschen in die neue Front einrücken. Die 1. Armee hatte durch Zurückbiegen ihres linken Flügels den Anschluß herzustellen2).

Große Mühe bereitete es der Stawka, einen Riß zwischen den beiden Heeresfronten zu vermeiden. Denn Alexejew plante nichts weniger, als die 13. Armee bis in die Linie Włodawa—Ratno zurückzubiegen und den südlich davon befindlichen Raum Lubomi—Kowel nur durch Reiterei zu sichern, was die Gefahr in sich barg, daß auch die Verbindung zur 3. Armee verlorenging. Um das Aufspringen von Lücken zur Rechten und zur Linken der 13. Armee zu verhindern, drang der GroßfürstGeneralissimus darauf, daß diese Armee im allgemeinen am Bug belassen werde, worauf sich Alexejew — wie bereits ausgeführt wurde (S. 665 u. 666) — mit einer viel geringeren Rückbewegung beschied. Aber

!) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 216.

2) Zajontschkowskij, Ďer Bewegungskrieg 1914 und 1915, 335 f; N e s n am o w, IV, 83.

auch Gen. Iwanow, der Führer der Südwestfront, machte sich mit den für den Fall eines durch den Feind erzwungenen Rückzuges der 8. Armee zu ergreifenden Maßnahmen vertraut. Offenbar über die von Alexejew der 13. Armee zugedachte Rückzugsrichtung schon orientiert, hatte er Brussilow bereits am 1. August beauftragt, auf dem Nordflügel bei Poryck undMilatyn ein durch eine Infanteriebrigade verstärktes Reitergeschwader zu versammeln, was ihm dann das Verlängern seines Nordflügels erleichtern würde (S. 666).

Nicht geringer war der Meinungsstreit zwischen Alexejew und der Stawka wegen des in Kurland stehenden Nordflügels der Nordwestfront, in welche Erörterungen auch der um Riga besorgte Präsident der Duma eingriff. Der Generalquartiermeister der Stawka, Gen. Danilow, beantragte die Herstellung einer möglichst geradlinigen, von Riga über Kowno und Bjelostok nach Brest-Litowsk verlaufenden Front. Demgegenüber maß Alexejew einer wenigstens teilweisen Behauptung des „vorderen Kriegsschauplatzes“ auf dem rechten Ufer des unteren Bug erhöhte Bedeutung bei, was den Vorteil gehabt hätte, die Umfassung Ostpreußens nicht vollständig auf geben zu müssen *). Diese Meinungsverschiedenheiten waren nicht zum geringsten der Anlaß dafür, daß man in Baranowiczi schon an eine Teilung der übergroßen Nordwestfront dachte; als Führer für den abzutrennenden Nordflügel wurde Gen. Rußki genannt2). Doch blieb es schließlich dabei, daß Alexejew den Rückzug seines acht Armeen starken Nordwestheeres noch allein leiten sollte.

Die Schlacht bei Lubartów (5. bis 8. August)

Hiezu Beilage 34

Von Iwangorod über die flachen Bodenwellen südlich von Michów nach Lubartów zogen sich die wohlvorbereiteten Stellungen, in denen das GrenKorps, das XXV. und das XV. Korps den Truppen des Erzherzogs Joseph Ferdinand den Weg zum Wieprz versperrten. Im Anschluß daran hatten sich Schützen des VI. sib. Korps rechts vom Wieprz flußaufwärts bis Ruska Wola und auf den Höhen östlich davon eingenistet.

Mackensen hatte am 4. August der 4. Armee befohlen, „das Vorgehen gegen den Wieprz in der bisherigen Richtung fortzusetzen und Lubartów schnell in Besitz zu nehmen“. Das 4. Armeekmdo. verfügte nun die Fortführung des Angriffes für den 6. August. Es beabsichtigte,

1)    Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 343.

2)    Nesnamow, IV, 84.

die Front des russischen XV. Korps südwestlich von Lubartów zu durchstoßen, um nach geglücktem Durchbruche die feindlichen Linien nach Osten und nach Westen aufzurollen. Den entscheidenden Angriff hatten das XIV. und das IX. Korps von den inneren Flügeln aus unter Leitung des FML. Roth zu führen, dem noch die 21., die 45. und die 11. Division sowie die Artillerie der 4. ID. und die schweren Batterien des XVII. Korps unterstellt wurden. Weiter westlich hatte das X. Korps mit starkem linkem Flügel Richtung Wielkolas, das VIII. Korps, dem der geänderten Verhältnisse wegen die 47. RD. wieder angegliedert wurde, Richtung Baranów anzugreifen. Die 4. und die 10. ID., die wie die 11. nach Ablösung durch Truppen des deutschen X. Korps im Laufe des

5. August auf dem westlichen Wieprzufer einzutreffen hatten, sollten nördlich von Lublin hinter der Stoßgruppe bereitgestellt werden.

FML. Roth richtete den Angriff seiner Gruppe gegen das 7 km breite Frontstück von der Höhe A 183 südwestlich von Lubartów bis Siedliska. Den eigentlichen Durchbruch wollte FML. Roth in nur 4 km Breite auf der Höhe A 183 und westlich davon erzwingen und setzte hiefür die 26. und die 21. SchD. unter Leitung des FML. Lischka an, wozu die 21. SchD. zwischen der 3. ID. und der 26. SchD. in die Front geschoben wurde. Dem Vorgehen der Gruppe Lischka hatte sich rechts die

3. ID., links die durch die halbe 106. LstlD. verstärkte 41. HID. anzuschließen, um während des entscheidenden Angriffes die angrenzenden feindlichen Frontstücke niederzuhalten. Nach dem Durchbruche der Russenstellung sollte die 11. ID., die hinter der Gruppe Lischka zu folgen hatte, die Höhen nordwestlich von Lubartów gewinnen, um es der

21. SchD. und der 3. ID. zu ermöglichen, gegen Lubartów aufzuschwenken, während die 26. SchD. gegen Westen Front machen sollte. Der 45. SchD. war der Schutz der Flanke am Wieprz von der Bahnlinie bis in die Höhe von Ruska Wola zum Anschluß an das deutsche X. Korps aufgetragen.

Am 6. August bei Morgengrauen begann die Artillerie der Gruppe Roth ihr Zerstörungswerk gegen die feindlichen Anlagen zwischen Lubartów und Siedliska. Der am frühen Nachmittage von den Truppen der Gruppe Lischka unternommene Sturm scheiterte aber an der zähen Abwehr des noch ungebrochenen, sich immer wieder verstärkenden Feindes. FML. Roth ließ hierauf, um dem ins Stocken geratenen Angriff wieder Schwung zu verleihen, eine Brigade der 11. ID. zur Gruppe Lischka stoßen und befahl weiters der 45.SchD., zwischen Bahn und Fluß gegen Lubartów zum Angriff überzugehen, sobald am rechten Flügel durch das Vorgehen der Deutschen südlich vom Wieprz Kräfte frei würden. Nach einer neuerlichen Artillerievorbereitung gegen die Stellungen auf Höhe A 183 stieß die 21. SchD. kurz nach Einbruch der Abenddämmerung nochmals vor und drang nach heftigem Kampfe in die feindlichen Gräben ein. Um das Errungene festzuhalten und den Erfolg auszubauen, ließ FML. Roth auch die zweite Brigade der 11. ID. der 21. SchD. auf die Höhe A 183 folgen.

An den anderen Kampfabschnitten war ein Einbruch in die feindlichen Linien nicht geglückt. Beim X. Korps war die für den Angriff auf Wielkolas bestimmte und durch Teile der 24. ID. verstärkte 37. HID. wohl näher an die russischen Stellungen herangerückt; zu einem Anlaufe kam es aber nicht. Beim VIII. Korps hatte den Hauptangriff die 47. RD. von Zagrody auf Baranów zu führen, den die inneren Flügel der 62. und der 2. ID. unterstützen sollten. Infolge Verzögerungen bei der von Nowo Aleksandrya heranrückenden 47.RD. wurde der Angriff auf den 7. August verschoben.

Wie bei der 4. Armee hatten die Kämpfe am 5. und 6. August auch zwischen Wieprz und Bug trotz einzelner örtlicher Erfolge keine Entscheidung gebracht. Der linke Flügel der 11. Armee hatte am 6. August abends die Russen von den Höhen östlich von Ruska Wola geworfen, um die seit 5. August erbittert gekämpft worden war, ohne aber dadurch dem schwer kämpfenden rechten Flügel der 4. Armee fühlbare Erleichterung zu bringen. Denn am Waldrande, nur wenige Schritte nördlich davon, hatten sich die sibirischen Schützen in stark ausgebauten Stellungen neuerlich zu hartnäckigem Widerstande eingenistet.

Die Kämpfe des 5. und des 6. August ließen GFM. Mackensen den Eindruck gewinnen, daß der Feind unter zähem Widerstand starker Nachhuten auf die von Fliegern festgestellte Stellung Kołacze—Ostrów zurückgehe. Um diese neue Linie so rasch als möglich zu durchstoßen, hatte die Bugarmee Włodawa und die nach Parczew führende Straße zu gewinnen. Die 11. Armee sollte in drei Gruppen angreifen: GdI. Plettenberg mit der Garde und der 22. ID. an Parczew östlich vorbei, GdK. Eugen v. Falkenhayn mit dem von ihm befehligten XXII. RKorps und dem Korps Arz auf die Mitte dieses Ortes, und GdI. Emmich mit dem X. Armeekorps, dem X. RKorps und der Gardereiterei in den Raum westlich von Parczew. Während die Gruppen Plettenberg und Falkenhayn vor Fortführung des Angriffes ihre Neugruppierung beenden sollten, hatte die Gruppe Emmich ,,im unaufhaltsamen Fortschreiten nach Norden zu bleiben, um den feindlichen Kräften, die den Wieprz in östlicher Richtung überschreiten, soweit als möglich Abbruch zu tun“. Die 4. Armee erhielt den Auftrag, „den Angriff zunächst noch auf Lubartów vorwärts zu tragen und dann Kräfte hinter der Gruppe Emmich auf das östliche Wieprzufer zu ziehen, um sich weiter nördlich den Wieprzabschnitt selbst zu öffnen“. Am Abend sprach GFM. Mackensen nochmals die Erwartung aus, „daß es der 4. Armee am 7. August gelingen werde, das südliche 'Wieprzufer zu säubern, da nachhaltiger Widerstand vor dem starken Wieprzabschnitt nicht zu erwarten sei“. Neuerdings verwies er auf die Notwendigkeit, mit dem rechten Flügel der 4. Armee über den Wieprz zu gehen, um dadurch für Mitte und linken Flügel der 11. Armee das Vorkommen zu ermöglichen.

Im Sinne dieser Weisungen ordnete das 4. Armeekmdo. für den 7. August die Fortsetzung des Angriffes an der ganzen Schlachtfront an. Die 10. ID., die im Laufe des 6. August bei Niemce eingetroffen war, wurde dem FML. Roth zur Ausgestaltung seines Erfolges unterstellt. Die 4. ID., die zusammen mit der 41. HID. nunmehr das XVII. Korps bilden sollte, wurde nach Dąbrówka in Marsch gesetzt.

In der Nacht auf den 7. August versuchten die Russen in starken Gegenstößen die verlorengegangenen Stellungen südwestlich von Lubartów wiederzugewinnen. Doch die 21. SchD. hielt im Vereine mit Teilen der 11. ID. gegen alle Angriffe stand. Während dieser Kämpfe gelang es Teilen der 3. ID. und der 45. SchD., die seit dem späten Nachmittag des Vortages im Angriffe waren, in die russischen Gräben beiderseits der Eisenbahnstation von Lubartów einzubrechen und dort festen Fuß zu fassen. So konnte zeitlich früh der Angriff der Gruppe Lischka, dem sich rechts die 3. ID. und die 45. SchD., links die 41. HID. anschlossen, wieder in breiter Front gegen die Russen aufgenommen werden, die sich etwa tausend Schritte nördlich der Einbruchsstellen in einer zweiten Stellung festgesetzt hatten. Gegen 10h vorm. drangen die 26. SchD. und der rechte Flügel der 41. HID. in die russischen Linien ein. Der rechte Flügel der Gruppe Roth drängte die Russen aus ihrer zweiten Stellung. Im Nachstoßen überschritten die Angriffsdivisionen bereits um llh vorm. die Straße Lubartów—Siedliska. Die Stadt Lubartów selbst fiel kurze Zeit darauf. Östlich davon stand die 45. SchD. in heftigem Kampfe mit dem Feinde, der das Bahnstück hart nördlich von Lubartów mit der Front nach Süden besetzt hatte. Allen Anzeichen nach wich das russische XV. Korps geschlagen in großer Unordnung nach Norden zurück. Auch ließen mitgelesene Funksprüche die Rückverlegung höherer russischer Befehlsstellen erkennen. Ein großer Erfolg schien zu winken. Das 4. Armeekmdo. ordnete daher noch am Vormittag die Verfolgung des weichenden Feindes mit Detachements bis an den Wieprz, mit der Masse der Korps bis in die Linie Firlej—Baranów an. Von der Gruppe Roth sollte auf Befehl Mackensens die Hauptkraft auf das östliche Wieprzufer gegen Ruska Wola vorstoßen.

Bei der Verfolgung des geschlagenen Feindes ließ FML. Roth gegen Norden doch drei Divisionen (45. SchD., 3. und 11. ID.) vorrücken und bestimmte zum Übergang auf das Ostufer bloß die 10. Division. Die 21. und die 26. SchD. hielt er noch bei Lubartów zurück. Das XVII. Korpskmdo., das den Frontabschnitt zwischen dem XIV. und dem IX. Korps übernahm, wies die 41. HID. in den Raum westlich von Firlej und die

4. ID. hinter den linken Flügel der Honvéd. Bis zum Abend des 7. August erreichten die Divisionen vorderer Linie der Gruppe Roth und des XVII. Korps, manchenorts unter Kämpfen mit zähen Nachhuten, die gesetzten Tagesziele. Die 10. ID. war auf dem östlichen Wieprzufer knapp östlich von Ruska Wola aufmarschiert und stand daher wieder in jenem Raume, in dem sie bereits am 4. August gefochten hatte, ohne in die Kämpfe am Westufer eingegriffen zu haben.

Das Vorbrechen der Gruppe Roth und des XVII. Korps hatte auch dem rechten Flügel des IX. Korps Entlastung geschaffen. Dieser war im engen Anschluß an die 41. HID. an den Minimabach vorgedrungen, den aber die Russen auf das zäheste verteidigten. Erst spät abends und nur an einer Stelle gelang der Polnischen Legion der Übergang über den Bach. Beim X. Korps hatte die 24. ID. nachmittags nach erbittertem Handgemenge den russischen Grenadieren den Ort Michalówka entrissen; die 37. HID., die in den frühen Morgenstunden einen starken russischen Gegenangriff abgewehrt hatte, stand unverändert in ihren Stellungen des Vormittags. Erfolgreicher waren die Kämpfe am linken Armeeflügel verlaufen. Dort hatte die 47. RD. den Ort Zagrody erstürmt und gegen einen starken Angriff gehalten. Bis zum Einbruch der Nacht gelang es allen drei Divisionen des VIII. Korps, westlich, nördlich und östlich von Zagrody sich auszubreiten; das Tagesziel Baranów aber konnte nicht mehr erreicht werden.

Durch das Vortreiben eines 15 km breiten Keiles auf 20 km Tiefe in die russische Front nordwestlich Lubartów, wobei dem Feinde 6000 Gefangene abgenommen worden waren, schien sich die Möglichkeit zu eröffnen, durch energisches Fortsetzen des Angriffes den Feind empfindlich zu schädigen. Aus diesen Erwägungen erließ das 4. Armeekmdo. am 7. nachts die entsprechenden Weisungen und befahl im besonderen, daß die 4. ID. entscheidend gegen den Rücken der Russen eingreife. Fraglich blieb nur, ob es zu dieser erfolgversprechenden Kampfhandlung nicht schon zu spät war; denn schon verrieten russische Funksprüche die Rückverlegung höherer Befehlsstellen, so des Kommandos des XXV. und des VI. sib. Korps.

Tatsächlich gingen die Russen noch in der Nacht unter Zurücklassen von Nachhuten auf die Hänge nördlich vom Wieprz zurück. Das VIII., das IX. und das XVII. Korps folgten und kamen kampflos oder unter leichteren Gefechten an den Fluß heran. Die Gruppe FML. Roth traf Vorbereitungen, um auftragsgemäß mit der Hauptkraft in den Kampf des deutschen X. Korps einzugreifen. Dazu aber sollte es am 8. August nicht mehr kommen, denn auch östlich vom Wieprz waren die Russen in der Nacht in eine Linie nördlich Tarło—Ostrów zurückgegangen. Die

10. ID. rückte im Wieprztale vor und stand am Abend angriffsbereit auf den Höhen nordöstlich von Lubartów im Anschluß an die deutsche 19. Division. Hinter der 10. ID. folgte die 45. SchD. auf das Ostufer. Die

3. ID. hielt in ihrer Aufstellung am Wieprz. Die 26. und die 21. SchD. verblieben bei Lubartów. Das X. Korps (2. und 24. ID.) wurde aus der Front gezogen und sammelte sich bei Kurów und Garbów, um im Sinne eines am 5. erlassenen Befehles der Heeresleitung zur 1. Armee abzurücken (S. 670).

Der Kampf um die Ostrów Stellung (8. bis 11. August)

Bei der 11. und bei der Bugarmee wurde der 8. August vor allem zur Ausführung der im Zuge befindlichen Neugruppierung der Kräfte ausgenützt; gleichzeitig gelang es aber auch auf der ganzen Front, nach Verdrängen feindlicher Vortruppen bis nahe an die von den Russen zu nachhaltigem Widerstand ausersehene Hauptstellung heranzukommen.

So hatte, am Morgen die an die 4. Armee anschließende Gruppe Emmich die feindlichen Nachhutstellungen vor ihrer Front geräumt gefunden. Die sogleich angesetzte Verfolgung führte ihre Divisionen gegen die auf den Höhen nördlich von Tarło und südlich von Ostrów angelegten feindlichen Vorstellungen, die zum Teil bis zum Abend in Besitz genommen werden konnten. Die GKD. wurde abends aus der Front gezogen.

Die in der Mitte der Armee sich bildende Gruppe Falkenhayn hatte his zum 8. früh erst die rechte Flügeldivision der Gruppe Emmich <(119. ID.) durch die 44. RD. abgelöst und war mit dieser dem weichenden

Feinde auf Krasne gefolgt. Das k.u.k. VI. Korps, das nach den unentschiedenen Kämpfen bei Tarnów (4. und 5. August) die Verschiebung nach Westen angetreten hatte, erreichte am 8. nach einem anstrengenden Marsche erst nachmittags den Raum westlich von Krasne. Es begann trotzdem noch am Abend mit der Ablösung der 20. und der 101. ID., die bis südlich von Ostrów gelangt waren, und fügte sich damit bis zum

9. früh mit der 12. ID. links, mit der 39. HID. rechts in die Front ein, womit die Gruppe Falkenhayn gebildet war.

Rechts von ihr hatte sich im Laufe des 8. August die Gruppe Plettenberg bis in die Linie Krasne—Zalucze vorgeschoben. An ihrem linken Flügel war an Stelle der 1. GID. die 103. ID. eingesetzt worden. Als Armeereserve wurden die 1. GID. und die 43. RD. im Raume von Łęczna, die 119. ID. bei Zawieprzyce bereitgestellt.

Im Anschluß an die Gruppe Plettenberg gewann die Bugarmee mit dem Beskidenkorps den Abschnitt Zalucze—Wojciechów, mit dem XXIV. RKorps (Gerok) die Waldränder beiderseits der Chaussee nördlich von Sawin und mit dem linken Flügel des XXXXI. RKorps (82. RD.) das Nordufer der Ucherka. Die 81. RD. stand südlich davon am Bug bis nach Dubienka. Die l.ID. kam als Armeereserve in die Gegend von Cholm. Damit hatte die Bugarmee ihre Westverschiebung und ihre Gruppierung beendet und stand für den 9. zum Angriff bereit.

Für die Heeresgruppe Mackensen galt es jetzt, den zur geordneten Fortsetzung des russischen Rückzuges von der Weichsel so wichtigen südlichen Flankenschutz raschestens zu durchbrechen und aufzurollen. Noch schien es dem Oberkmdo. möglich, Teile der beträchtlichen am Wieprz stehenden und nördlich davon zurückweichenden Feindkräfte dann abzuschneiden, wenn es gelang, in scharfem Vorstoß über Parczew die Straße Wisznice—Sławatycze rasch in Besitz zu bekommen. Da im Augenblick außer der in Bewegung befindlichen 4. Armee nur die Bugarmee angriffsbereit war, sollte am 9. diese den Angriff auf die feindliche Hauptstellung beginnen, jene aber die angebahnte Überschreitung des Wieprz fortsetzen. Die 11. Armee hatte durch Eroberung der feindlichen Vorstellungen den Angriff vorzubereiten, um ihn am 10. mit aller Kraft einheitlich durchführen zu können.

Demnach trat die 4. Armee am 9. zeitig früh zum Angriff an. Das Armeekmdo. hatte den Vorstoß von den beiden Flügeln aus angeordnet und dem VIII. Korps unter gleichzeitiger Durchführung einer Schwenkung nach Nordost das Erreichen des Raumes Grabów—Baranów mit starkem linkem Flügel, dem XIV. Korps den Angriff östlich des Wieprz im

Einklang mit der Gruppe Emmich aufgetragen. Das XVII. und das

IX. Korps sollten sich auf die Behauptung der Wieprzlinie beschränken.

Am linken Armeeflügel stieß das VIII. Korps auf den geringen Widerstand der den Rückzug deckenden russischen Reiterei und schwenkte bis zum Abend in die vorgezeichnete Linie ein. Infolge der schwachen russischen Gegenwirkung konnten auch das IX. Korps mit allen Teilen und das XVII. Korps mit seinem linken Flügel das Nordufer des Flusses gewinnen. Hingegen sah sich das XIV. Korps, das in den Morgenstunden nur die 10. ID. in dem schmalen Raum zwischen dem Fluß und der Gegend nördlich von Tarło vorrücken lassen konnte, bald vor einem Teil der russischen Hauptstellung, auf die die 11. Armee erst den einheitlichen Angriff vorbereitete. Überdies wurden die Beobachtung und damit auch die Artilleriewirkung durch starken Nebel beeinträchtigt.

Unter den gleichen Widrigkeiten litt vormittags der bei der Bugarmee angesetzte Angriff. Am Nachmittag entbrannte auf der ganzen Front ein schwerer Kampf. Man hatte es wieder mit einer starken, zu nachhaltiger Verteidigung geeigneten Stellung zu tun. Dennoch brachte der Tag beachtenswerte Erfolge. Die inneren Flügel des XXXXI. und des XXIV. RKorps (82. RD. und 107. ID.) bezwangen die feindliche Stellung bei Łukówek, westlich davon die 11. bayr. ID. jene bei Petryłów. Links anschließend gewann das Beskidenkorps mit seinem rechten Flügel (35. RD.) in der Richtung auf Hańsk, dem linken (4. ID. und 25. RD.) gegen Wytyczno und westlich davon bis an die hier hinter das Sumpfgebiet zurückspringende Stellung Raum. Überall mußte der errungene Erfolg gegen heftige Gegenangriffe verteidigt werden.

Am 10. August verstärkten die Russen ihre Anstrengungen, die verlorenen Gräben wiederzugewinnen. Besonders beiderseits der nach Włodawa führenden großen Straße griffen sie wiederholt kräftigst an. Sie wurden abgewehrt. Die Deutschen schoben sowohl hier wie auch bei der

25. RD. ihre Linien um einige Kilometer nordwärts vor; die deutsche

4. ID. aber vermochte die feindliche Stellung bei Wytyczno weder am

10. noch am 11. zu bezwingen.

Während so die 3. Russenarmee mit Erfolg bemüht war, den rechten Flügel Mackensens südlich von Włodawa aufzuhalten, vollzogen die Massen zwischen Wieprz, Weichsel und Bug ihren Rückzug von Abschnitt zu Abschnitt mit zunehmender Beschleunigung. So wie die über die Weichsel vorgebrochene Heeresgruppe Prinz Leopold kam damit auch der linke Flügel Mackensens, die 4. Armee, in rasche Bewegung. Schon der 9. August hatte gezeigt, daß die Wieprzlinie vom Feinde nicht zu längerem Halt ausersehen war. In den ersten Morgenstunden des 10. hatte er vor der 4. Armee und der Gruppe Emmich den weiteren Rückzug angetreten. Sogleich wurde die Verfolgung aufgenommen. Da inzwischen aus Teschen der Befehl eingetroffen war, die 62. ID. und die 47. RD. aus der Front zu ziehen, wurde das VIII. Korps in der Höhe von Adamów angehalten und das IX. Korps angewiesen, sich bis zum linken Flügel der ohnehin mit jedem Schritt nach vorwärts enger werdenden Front zu strecken. Erst spät am Nachmittag stießen die Kolonnen des IX. Korps südlich der Bystrzyca mala auf feindliche Nachhuten, warfen sie über den Bach zurück und nahmen den Südrand der Niederung in Besitz. Auch das XVII. Korps erreichte mit vorgeschobenen Gruppen die Bystrzyca, indes die Masse seiner drei Divisionen noch etwas südwestlich davon zur Ruhe überging. Weiter östlich gelangte das beiderseits der Straße Lubartów—Parczew vorwärtsstrebende XIV. Korps mit der 45. und der 21. SchD. kurz nach Mittag an die Tysmienica. Ihr Talgrund war durch abgelassene Teiche überschwemmt, die Brücken waren zerstört und das jenseitige Ufer vom Feinde stark besetzt. Im Laufe des Tages zog FML. Roth die 10. ID. und die 26. SchD. hinter dem rechten, die 3. ID. hinter dem linken Flügel nach. Im Anschluß daran folgte auch die Gruppe Emmich dem weichenden Feinde. Sie erreichte abends mit dem X. RKorps beiderseits der nach Parczew führenden Bahn die Tysmienica und versuchte, sie an einzelnen Stellen mit kleineren Abteilungen zu überschreiten. Das deutsche X. Korps und die Gardereiterei wurden hinter der Front bereitgestellt, um entweder nach dem Überschreiten der Tysmienica die Ostrówstellung von Westen her aufzurollen, oder, wenn dies nicht mehr nötig war, zur Bugarmee verschoben zu werden.

Inzwischen trat bei der 11. Armee eine weitere Verzögerung des Angriffes ein. Wohl hatte sich das k.u.k. VI.Korps schon am 9. August mit der 12. ID. der Vorstellungen 4 km südlich von Ostrów bemächtigt; sie befand sich aber jetzt starken Befestigungen am Süd- und Westrand dieses Ortes gegenüber. Um die wegen künstlicher Versumpfung des Tales schwer bezwingbare Stellung nicht im Stirnangriff angehen zu müssen, wurde die 39. HID. weiter im Süden auf das östliche Tysmienica-ufer gezogen, wo sie gemeinsam mit der rechts von ihr vorstoßenden 44. RD. feindliche Vortruppen zurückwarf und 6 km südöstlich von Ostrów schon gegen die russische Hauptstellung vortastete. Zwischen der 44. RD. und dem Beskidenkorps hatte sich am 9. die Gruppe Plettenberg nordwestlich von Wola Wereszczynska gleichfalls an die feindliche Stellung herangearbeitet. Somit war zwar an der ganzen Front der 11. Armee die befohlene Ausgangsstellung für den Angriff gewonnen worden; es stellte sich aber heraus, daß die großen Schwierigkeiten des Nachschubes eine ausreichende Bereitstellung von Artilleriemunition verhindert hatten. Der Angriff mußte daher hier auf den 11. August verschoben werden. Das schon geschilderte Vordringen der 4. Armee und der Gruppe Emmich schien den Abwehrwillen der Russen bei Ostrów und östlich davon vorläufig nicht zu beeinträchtigen. Auch entwickelten sie noch eine rege Artillerietätigkeit. Nur am rechten Flügel der Armee, wo sich offenbar der Druck der Bugarmee zum Teil fühlbar machte, räumte der Russe einige Vorstellungen vor der Gruppe Plettenberg.

Der am 11. August von der Mitte und dem rechten Flügel der 11. Armee durchzuführende Angriff sollte nun die schwer ringende Bugarmee entlasten und die Entscheidung herbeiführen. Wenn der Feind freiwillig oder gezwungen zurückging, sollte ihm unaufhaltsam nachgedrängt und möglichst die Straße Hola—Parczew erreicht werden. Die Bugarmee wurde angewiesen, den Vorstoß nach Norden tatkräftig fortzusetzen; die 4. Armee hatte dem Feinde in der Richtung auf Międzyrzecze zu folgen. Der Gruppe Plettenberg wurde an Stelle der an die Bugarmee abzugebenden 22. ID. (S. 674) die l.GID. zugewiesen. Überdies sollte dieser Gruppe die 119. ID. über Jagodna, der Gruppe Falkenhayn die 43. RD. über Krasne als Armeereserve folgen.

Mittlerweile setzte sich der Russe, dessen über die Tyśmienica zurückgegangene Truppen in einer seit langem vorbereiteten starken Stellung Anschluß an die der 11. Armee bei Ostrów Widerstand leistenden Kräfte gefunden hatten, auch am 11. noch heftigst zur Wehr. Nur der linke Flügel der 4. Armee konnte die Verfolgung noch weiter fortsetzen. Da dem 4. Armeekmdo. ein frontaler Angriff seines rechten Flügels über die versumpfte und überschwemmte Niederung wenig Erfolg versprach, zog es die inzwischen durch die 3. ID. abgelöste 45. SchD. in den Mündungswinkel der Tyśmienica, um sie nach Fertigstellung einer Kriegsbrücke nach Westen in den Bereich des XVII. Korps zu schieben. Freilich waren auch vor dessen rechtem Flügel die Verhältnisse an der By-strzycaniederung kaum besser als die an der Tyśmienica. Nur sein linker Flügel, die 41. HID., die erst spät in der Nacht auf den 11. den Raum von Ossowińska Wola erreicht hatte, konnte sich im Laufe des Tages nach Vertreiben russischer Nachhuten im Anschluß an das IX. Korps zwischen ihrem Nächtigungsort und Ulan an die Bystrzyca heranschieben.

Gegenüber dem IX. Korps hatte der Feind nachts das südliche, am Vormittag auch das nördliche Ufer der Bystrzyca mala geräumt. Die lOó.LstID. stieß an der Polenlegion vorbei nach Nordosten vor und erreichte schon mittags die Bystrzyca zwischen Ulan und westlich Sobole. Etwas später kam auch eine vorgeschobene Gruppe der 37. HID. an den Bach, indes deren Hauptkraft ebenso wie die Artillerie beider Divisionen erst am Abend nachkommen konnten, da die Brücken zerstört waren. Als Armeereserve folgte die 45. SchD. dem XVII. Korps, eine weitere Division sollte vom XIV. Korps ausgescbieden werden.

Gleich dem rechten Flügel der 4. Armee hielt auch die Gruppe Emmich, die jetzt nur mehr das X. RKorps in der Front hatte, noch auf dem westlichen Ufer der Tysmienica. Der Übergang stärkerer Kräfte über die breite, versumpfte Talniederung gelang angesichts des vom Ostufer aus eine rege Abwehrtätigkeit entfaltenden Feindes auch arrt

11. weder beim Ort Tysmienica noch bei Bojki. Die 101. und die 105. ID. verschoben daher die Wiederholung ihrer Übergangsversuche bis zum Einbruch der Dunkelheit.

Für die Masse der 11. Armee und für die Bugarmee sollte der

11. August ein schwerer Kampftag werden. Die 12. ID., die südlich vom X. RKorps in einem Bogen den West- und Südrand von Ostrów umfaßte, konnte tagsüber nur mühsam und mit kleinen Gruppen die versumpfte Niederung überschreiten. Sie sollte sich in der Nacht mit dem linken Flügel den neuerlichen Übergangsversuchen der 105. ID. anschließen. Die 39.HID. und die deutsche 44. RD. kämpften den ganzen Tag blutig um die Stellungen südöstlich von Ostrów, ohne sie dem Feinde entreißen zu können. Abends schob das VI. Korps Teile der 12. ID. auf das östliche Tysmienicaufer; sie sollten Ostrów von Osten her angreifen, sobald die 39. HID. die feindliche Abwehr überwunden haben würde. Weiter östlich mußte die Gruppe Plettenberg schwer um die zäh verteidigten Stellungen von Orzechów ringen; erst nachmittags gelang es der 2.GID., südlich des Ortes durchzubrechen.

Nicht weniger schwierig gestaltete sich der Kampf bei der Bugarmee. Um dem Angriff in der entscheidenden Richtung auf Włodawa neuen Impuls zu geben, war in der Nacht zum 11. die 1. ID. östlich der Straße zwischen dem XXXXI. und dem XXIV. RKorps in die Front gestellt worden. Sie sollte am 11. den entscheidenden Vorstoß führen; aber die Russen setzten sich auch an diesem Tage nachdrücklich zur Wehr. In dem erbitterten, bis in die Nacht währenden Ringen vermochten sowohl die 82. RD. und die l.ID. zwischen Bahn und Straße Cholm—Włodawa, als auch das westlich der Straße fechtende Korps Gerok nur geringe Fortschritte zu erzielen.

Die deutsche Ostfront vom 5. bis zum 11. August

Vormarsch der Heeresgruppe Prinz Leopold bis vor Luków und Siedlec

Hiezu Beilage 34

Die Aufgabe der Armee Woyrsch, auf dem rechten Weichselufer auf Łuków—Siedlec vorzustoßen, wozu vorerst die Kräfte entsprechend gruppiert werden mußten, blieb auch unter deutscher Oberleitung bestehen. Zunächst löste die 7. KD. vom 4. auf den 5. August den rechten Flügel des LKorps ab, während dieses den gewonnenen Raum bis 6. gegen Sobolew erweiterte. Bei der 16. ID. wurde die Stromsicherung auf ein Heeresinfanterie- und zwei Landsturmregimenter beschränkt, und die 32. IBrig. für das Nachrücken zum Korps König bereitgestellt. Die k.u.k. 9.KD. sammelte sich bei den Handpferden (S. 644). Zum einheitlichen Einsatz der zusammengezogenen Kavalleriemassen kam es jedoch nicht; die 2. und die deutsche 9. KD. gingen am 7. als Kavalleriekorps Frommei über die Pilica an den rechten Flügel der deutschen 9. Armee ab.

Dem von Woyrsch unter Beiziehung der Masse des k.u.k. XII.Korps für den 9. vorbereiteten Angriffe entzog sich der Feind, indem er schon am 8. morgens seine Stellungen räumte1). Ungesäumt nahm der Generaloberst mit der Gruppe Kövess südlich und dem verstärkten Korps König nördlich der Straße Sobolew—Żelechów die Verfolgung auf. Die 7. KD., die wieder dem GdI. Kövess unterstellt war, sicherte die rechte Flanke und hatte Verbindung mit der k.u.k. 4. Armee zu suchen, während die deutsche LKBrig. die Vorrückung am nördlichen Flügel in der Richtung Garwolin begleitete. Die ebenfalls zum nördlichen Flankenschutz und zur Verbindung mit der deutschen 9. Armee bestimmte k.u.k. 9. KD. erreichte am Abend erst Łaskarzew, da infolge Hochwassers auf der Weichsel nur eine Brücke benützbar erhalten werden konnte. Der rechte Flügel, die 7. KD., war, von den Russen fast unbehelligt, bei Żabianka und Dudki über die große Straße Riki—Garwolin gelangt, ebenso stand das LKorps, mit feindlichen Nachhuten fechtend, jenseits der Straße in einem bis Garwolin reichenden Bogen. Nur die Hauptkraft des XII. Korps hing noch etwas ab. Die 35. ID. hatte an den Nachtmarsch vom 7. auf den 8. August, der sie in den ursprünglichen Angriffsraum bringen sollte, die Vorrückung bis zur Bahn bei Życzyn anschließen müssen, so daß ihre

x) N e s n a m o w, IV, 84; Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 336; Danilow, 529.

Marschleistung teilweise 50 km betrug. Die 32.IBrig. traf, durch Kolonnenstauungen an der einzigen Brücke aufgehalten, erst in den Morgenstunden des 9. in ihren Vorrückungszielen Maciejowice und Paprotnia ein.

Nach vollzogener Sprengung hatte der Feind am 8. auch die Zitadelle von Iwangorod am rechten Ufer geräumt, so daß der Rest der

16. ID. nun an das Übersetzen des Stromes, die Besetzung der östlichen Gürtellinie und die Aufnahme der Verbindung mit den Kräften am rechten Ufer schreiten konnte.

Auch die deutsche 9. Armee war über die Weichsel gegangen, und Prinz Leopold erhielt von der DOHL. die Weisung, den Vormarsch rücksichtslos vorzutragen1), sobald man erkannte, daß nur verhältnismäßig schwache, ihm freilich noch immer überlegene Kräfte gegenüberstanden. Dementsprechend schritt Woyrsch am 9. tüchtig aus, Kövess folgte rechts gestaffelt und stellte mit dem linken Flügel der 4. Armee, der den Unterlauf des Wieprz überschritten und jenseits der Bahn Iwangorod— Łuków nach Nordosten geschwenkt hatte (S. 680), die Verbindung her. Am

10. August hatteKövess5dessen 16. ID. zunächst aufschließen mußte, mit der 7. KD. und der 35. ID. an die nördlich und südlich von Stanin erkundete feindliche Stellung heranzugehen, ebenso das Korps König an die über Jedlanka bis Oleksin laufende Fortsetzung der russischen Linie. Noch am Abend erstürmte der linke Flügel der 35. ID. im Anschluß an die Division Bredow eine Vorstellung bei Jedlanka; die schlesische Landwehr vermochte den Widerstand des Südflügels der 2. Russenarmee erst am nächsten Tag zu brechen.

Das Heeresgruppenkmdo. Prinz Leopold beabsichtigte, am 11. mit starkem rechtem Flügel über Łuków anzugreifen und den Feind zurückzuwerfen. Des Sturmes auf die vorbezeichnete Stellung sahen sich die beiden Divisionen des XII. Korps zwar überhoben, da die Russen nachts gegen Łuków zurückgewichen waren; doch stemmten sich diese gegen jeden Versuch, den wichtigen Bahnknotenpunkt noch am gleichen Tage zu besetzen. Nördlich des Ortes hatten die Verbündeten die Straße nach Siedlec erreicht. Auch diesen Verkehrsknoten deckte noch der Feind. Die 9. KD. am linken Flügel der Armee Woyrsch mußte sich ebenso wie am Vortag die Nachtquartiere erkämpfen; ihre Batterien hatten den Südflügel der deutschen 9. Armee, der sich über den Kostrzynabschnitt ebenfalls gegen Siedlec heranschob, unterstützen können. Der Nordflügel, das Reiterkorps Frommei, stritt bei Węgrów.

Der Vorstoß Hindenburgs bis über Ostrów und Łomża (5. bis 11. August)

Hiezu Beilage 36

Mochte Hindenburgs Streben auch noch immer auf eine ausgreifende Umfassungsbewegung über Kowno gerichtet gewesen sein, so mußte er, den Weisungen der DOHL. entsprechend, doch die Vorrückung auf dem rechten Flügel seiner Heeresgruppe fortsetzen. Da ein Angriff an Warschau knapp östlich vorbei bei dem schon weit fortgeschrittenen russischen Rückzuge keinen Erfolg gezeitigt hätte, ballte der Generalfeldmarschall östlich von Ostrołęka an den inneren Flügeln der 12. und der 8. Armee einen wuchtigen Stoßkeil zusammen, in dem auch eine der beiden vom Westen herangeführten Divisionen Verwendung fand.

Am 4. August setzte der gegen den Abschnitt Wyszków—Ostrów— Łomża gerichtete Angriff ein, wobei das Schwergewicht zunächst beiderseits der Bahn Ostrołęka—Śniadowo lag1). In hartnäckigen Kämpfen wurden die inneren Flügel der 1. und der 12. Russenarmee zurückgeworfen, am 8. Wyszków und Ostrów und am 10. das befestigte Łomża genommen. Am 11. wurde der Vorstoß mit eng zusammengehaltener Kraft um einen Tagmarsch über Małkiń hinaus nach Osten fortgeführt. Südlich des Bug stellten Reiterabteilungen der deutschen 12. Armee mit der k.u.k. 2. KD. des Kavalleriekorps Frommei nördlich von Węgrów die Verbindung her. Hiemit war der rechte Flügel der Heeresgruppe Hindenburg in eine direkt nach Osten gerichtete Front gelangt, aus der eine den Feind schädigende Umfassung nicht mehr unternommen werden konnte, obwohl südlich des Bug vor den Reitern Frommeis sich noch starke Teile der russischen 1. Armee befanden. GFM. Hindenburg befahl daher nach gepflogenem Einvernehmen mit der DOHL. der Armee Gallwitz: Vormarsch in östlicher Richtung mit rechtem Flügel über Ciechanowiec auf Bielsk. Hiemit war der Gedanke an eine Einkesselung russischer Heeresteile zwischen Warschau und Brest-Litowsk „auch an leitender Stelle zurückgestellt; die Periode des Druckes gegen Süden war vorüber“2).

Die Festung Nowogeorgiewsk war seit dem 8. August von den Deutschen vollständig eingeschlossen. Hier wie vor der Westfront von Kowno wurde der Angriff auf die Festungswerke eingeleitet.

x) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 204 ff.

2) Gallwitz, 327.

Erwägungen und Maßnahmen der verbündeten Heeresleitungen und des Oberkmdos. Mackensen

Hiezu Beilagen 34 und 36

Dem vom GFM. Mackensen mit dem Schwergewicht auf Parczew angesetzten Vorstoß war noch die Annahme zugrunde gelegen, daß der Feind an der Weichsel und am Wieprz nachhaltigen Widerstand leisten werde. Unter dieser Voraussetzung konnte auch der Stoß in der gewählten Richtung möglicherweise einen großen Erfolg erzielen. Dem GO. Conrad war diese ausgesprochene Nordrichtung schon seit Ende Juli wenig wirksam erschienen, und er hatte sich mehrmals, aber vergeblich bemüht, von Falkenhayn das Einverständnis zu einer Verlegung des Schwergewichtes mehr nach Osten hin zu erreichen (S. 670). Mit Bedauern hatte er gesehen, wie die Verschiebung der Heeresgruppe Mackensen nach Westen kostbare Zeit beansprucht hatte, und daß ihrem Ostflügel nun die erforderliche Stoßkraft fehlte. Als sich daher jetzt zeigte, daß die Russen — nicht zuletzt als Auswirkung des von der 4. Armee bei Lubartów erfochtenen Sieges — ihre Armeen viel schneller als erwartet nach Nordosten Zurücknahmen, schien die Hoffnung auf einen entscheidenden Erfolg immer geringer zu werden. Nur wenn wenigstens jetzt noch der entschiedene Druck der ganzen Stoßgruppe Mackensens mehr in nordöstlicher Richtung und mit starkem rechtem Flügel angesetzt wurde, durfte man noch hoffen, Teile der feindlichen Kräfte am Entkommen zu hindern und sie zu schlagen, bevor sie über die Linie Bielo-stok—Brest-Litowsk—Włodawa zurückwichen. Conrad drängte daher neuerlich darauf, Mackensen eine entsprechende Weisung zu geben und stellte diesem am 10. die 47. RD. der 4. Armee zur Verfügung.

Allein in Pleß hielt man an der Auffassung fest, daß die durch das Vordringen der inneren Flügel der 4. und der 11. Armee sich von selbst ergebende Nordostrichtung ausreichend sei, jede neue Anweisung aber zu Zeitverlust führen würde, und die Bugarmee am besten so schnell wie möglich längs des Bug in geradewegs nördlicher Richtung vorstoßen solle. Wohl schien es bei einer am 10. in Pleß abgehaltenen Besprechung der beiden Generalstabschefs, als ob nun endlich den Anregungen Conrads wenigstens teilweise Rechnung getragen werden sollte. Es wurde vereinbart, daß Mackensen die 4. Armee mit dem linken Flügel über Radzyn auf Biala, die 11. Armee mit dem linken Flügel über Parczew auf Łomazy zu weisen habe.

In dieser Richtungsänderung sprach sich jedoch bei der mittlerweile eingetretenen Lage — Zurückweichen der Mitte und Festhalten des Ostflügels der russischen Front — der von Conrads ursprünglichen Absichten grundverschiedene Gedanke aus, mit der 4. Armee die vor der

11. und der Bugarmee Widerstand leistenden Feindkräfte von Westen her aufzurollen; ein Gedanke, dem Mackensen am 11. auch dadurch Rechnung trug, daß er das deutsche X. Armeekorps hinter dem X. R-Korps zu einem eventuellen Vorstoß in den Rücken der Ostrówstellung bereitstellte (S. 682). Es blieb aber dann doch nicht bei der vereinbarten scharfen Nordostwendung, vielmehr hatten die 11. und die 4. Armee in der Folge mit ihrer Mitte und nicht mit den linken Flügeln den angegebenen Zielen zuzustreben. Schließlich wurde, als sich am 11. August die Heeresgruppe Prinz Leopold Luków näherte, die von hier nach Brest-Litowsk führende Bahn als Grenze der inneren Flügel der Armee Woyrsch und der 4. Armee bestimmt.

Es war das letztemal, daß das k.u.k. AOK. auf die Entwicklung der Dinge gegen Brest-Litowsk Einfluß zu nehmen gesucht hatte. Nun wandte es seine Aufmerksamkeit nachdrücklicher neuen Plänen in Ostgalizien zu und war darauf bedacht, hiezu baldigst Kräfte freizubekommen. Schon am 10. war Erzherzog Joseph Ferdinand angewiesen worden, die 62. ID. dem k.u.k. X. Korps (S. 677) zur 1. Armee folgen zu lassen, die 47. RD. aber Mackensen zur Verstärkung seines rechten Flügels abzutreten, der sie zunächst der Gruppe Emmich folgen ließ.

Dem Oberkmdo. Mackensen kam diese Versammlung von Kräften an seinem Ostflügel sehr gelegen. Denn die am 10. August mitgelesenen Funksprüche verrieten eine Verlegung von drei Korpskmdos. der russischen 13. Armee gegen den Bug und ließen die schon geäußerten Besorgnisse eines feindlichen Vorstoßes von Osten her als nur zu berechtigt erscheinen. GFM. Mackensen sah sich daher auch veranlaßt, in der Nacht auf den 11. August die 1. Armee anzuweisen, unter Deckung gegen Osten aus dem Raume von Wladimir-Wolynski dann offensiv zu werden, wenn die russische 13. Armee an der Bahn Kowel—Cholm und nördlich davon die rechte Flanke der Bugarmee anfallen sollte. Gegen einen russischen Vorstoß von Kowel nach Südwesten hatte die 1. Armee am Ługa-Bugabschnitt standzuhalten, indes die Armee Linsingen über den Bug nach Osten angreifen sollte. Auch lenkte GFM. Mackensen das Augenmerk auf die Gefährlichkeit eines russischen Vorstoßes über Sokal gegen Beiz. FZM. Puhallo meldete allerdings, daß er bis zum Eintreffen des X. Korps nur das Behaupten der Flußschranke verbürgen könne, weil die im Augenblick am Nordflügel stehenden Kräfte, 13. SchD., 40. HID.

und Teile des Kavalleriekorps Heydebreck, für eine Offensive nicht ausreichend seien. Hierauf wurde vom AOK., auch um den Schutz von Sokal zu gewährleisten, am 12. die Verschiebung der 10. ID. und der 26. SchD. sowie des IX.Korpskmdos. von der 4. zur 1. Armee in die Wege geleitet.

Die Armee Linsingen mußte bei der bevorstehenden Vorrückung bald ganz in dem Dienst der immer länger werdenden Bugsicherung aufgehen. Ihr wurde daher die deutsche 22. ID. der 11. Armee zugewiesen. Das deutsche X. Korps sollte folgen, sobald es die Lage bei Ostrów zuließe (S. 687). Damit war auch der von Conrad gewünschten Verstärkung des rechten Flügels der Stoßgruppe Mackensens Rechnung getragen.

Maßnahmen der russischen Führung

Die russische Führung war in diesen Tagen ebensosehr durch die Ereignisse in Kurland, wo die Deutschen am 1. August bis Mitau vorgedrungen waren, wie durch den doppelten Druck beeinflußt, dem die beiden Flügel des noch auf dem „vorderen Kriegsschauplätze“ kämpfenden Teiles der Nordwestfront, der 12. Armee östlich des Narew sowie der 3. zwischen Wieprz und Bug, ausgesetzt waren. Da an eine Verstärkung dieser beiden Armeen nicht zu denken war, entschloß sich Alexejew am 10. August, die 12., die 1., die 2., die 4. und die 3. Armee auf die kürzere und dem Gefechtsstande der Truppen mehr entsprechende Linie Osowiec—Wizna—Ciechanowiec, dann entlang des Bug bis Drogiczyn—Międzyrzecze—Włodawa zurückzunehmen; doch sollte die

3. Armee ihre gegenwärtigen Stellungen oder solche in der Linie Parczew— Kołacze—Sobibor nicht ohne zwingende Nötigung aufgeben1). Mit diesem Entschluß war nun auch die in der Julikonferenz von Siedlec (S. 610) in Aussicht genommene Verteidigungslinie endgültig preisgegeben.

Auch die der 13. Armee zufallende Aufgabe erheischte jetzt eine Entscheidung. Noch immer glaubte die Stawka, von dieser Armee die Behauptung des Bug und die Aufrechthaltung einer engen Verbindung zwischen der Nordwest- und der Südwestfront erwarten zu können. Deshalb wollte sie diese Armee nur im äußersten Falle auf die Linie Opalin— Turyjsk oder gar auf Włodawa—Ratno zurückweichen lassen. Der Führer der Nordwestfront hingegen, der der Armee am 10. August zwar noch die Aufgabe, sich am Bug zu behaupten, zugewiesen hatte, hielt es seiner Überzeugung nach für ausgeschlossen, die Armee dauernd am Bug zu belassen. Abgesehen davon, daß sie hiezu in der immer größer werdenden Ausdehnung zu schwach war, mußte sie alsbald mit den anderen Armeen die Verbindung verlieren und für die so wichtige Aufgabe, die östlich des Bug auf Brest-Litowsk führenden Verkehrslinien zu decken, verlorengehen. Überdies konnten die zur Besetzung von Brest-Litowsk notwendigen Kräfte gleichfalls nur der 13. Armee entnommen werden. Sie hatte daher die beiden obengenannten hinteren Stellungen gründlich auszubauen, um nötigenfalls dorthin zurückgehen zu können.

Am 12. August stimmte die Stawka den Anregungen Alexejews hinsichtlich der 13. Armee zu. Diese wurde der Aufgabe der unbedingten Bugverteidigung entbunden, hatte aber die zu den Linien Brest-Litowsk— Kobrin und Pinsk—Luniniec führenden Bahnen und Wege zu decken und. zur Südwestfront Verbindung zu halten.

Hiemit fiel auch die Idee einer Offensive großen Stils gegen die Ostflanke der Heeresgruppe Mackensen. Ebenso widerrieten — weil wenig aussichtsreich — sowohl Alexejew wie Iwanow einem von einem Unterführer vorgeschlagenen Vorstoß gegen die zwischen Poryck und Ustilug als schwach erkannte öst.-ung. Front. Er hätte vornehmlich von Reiterei durchgeführt werden sollen, die nach geglücktem Durchbruch gegen die hinteren Verbindungen zu wirken gehabt hätte1).

Der Vormarsch gegen Brest-Litowsk (12. bis 17. August)

Hiezu Beilage 34

Die schweren Kämpfe am 11. August waren keineswegs vergeblich gewesen. Bei der Bugarmee versetzte ein gegen Mitternacht unternommener Angriff der 1. ID. der feindlichen Widerstandskraft den letzten Stoß, der die angegriffene Stellung endlich zu Fall brachte. Noch vor Einbruch der Morgendämmerung begann der Feind an der ganzen Front der Bugarmee und der 11. Armee seine Verschanzungen zu räumen. Der

12. August sah die verbündeten Truppen wieder auf der ganzen Linie in voller Verfolgung. Erst nachmittags stieß die Bugarmee auf Nachhuten, die sich in der Linie Kossyń—Hańsk—Bruss—Wołoska Wola gestellt hatten. In kräftigem Zugriff wurden sie fast überall noch abends und in der Nacht geworfen. Auch die 11. Armee konnte nun die Früchte ihrer Anstrengungen ernten. Die Gruppe Plettenberg, der schon am Vorabend zur Ausnützung ihres Erfolges bei Orzechów die 119. ID. unterstellt worden war, und die Gruppe Falkenhayn drangen in den ersten Morgenstunden vorerst in die Linie Górki—Ostrów vor; auch das X. RKorps konnte noch in der Nacht mit größeren Teilen das östliche Tysmienica-ufer in Besitz nehmen.

Das Oberkmdo. Mackensen wies nunmehr, nachdem vorübergehend eine viel schärfere Nordostrichtung Geltung gehabt hatte, am 12. August die 11. Armee mit dem rechten Flügel auf Sławatycze, mit dem linken Flügel auf Parczew—Łomazy.

Da sich jetzt der Vorrückungsraum auch bei der 11. Armee verengte, wurde die Gruppe Falkenhayn im Raum östlich von Ostrów und bei Orzechów angehalten. Ihre Truppen sollten sodann im zweiten Treffen folgen, und zwar das VI. Korps dem X. RKorps, das durch Heranziehen seiner 43. RD. wieder vereinigte XXII. RKorps der Gruppe Plettenberg. Ebenso wie die Gruppe Falkenhayn hatte sich auch der Verband der Gruppe Emmich aufzulösen. Nur mehr das X. RKorps sollte im Anschluß an die Gruppe Plettenberg den linken Armeeflügel bilden. Das X. Korps wurde über Łęczna auf Cholm zur Bugarmee in Marsch gesetzt, wohin tags zuvor auch die GKD. entsandt worden war. Inzwischen stießen die vorderen Divisionen Plettenbergs und des X. RKorps in der Verfolgung kräftig nach und kämpften abends in der Linie westlich von Wołoska Wola—Südrand Parczew mit Nachhuten, deren Widerstand bald gebrochen wurde. Parczew fiel noch nachts in die Hände des X. RKorps. Das Korps Arz nächtigte bei Ostrów. Westlich davon sollte am 13. auch die 47. RD. dem linken Armeeflügel folgen.

Vor dem linken Abschnitte der 4. Armee räumte der Feind im Laufe des 12. August gleichfalls seine Stellungen nördlich der Bystrzyca. Nur gegenüber dem XIV. Korps blieb er am Nordufer der Tyśmienica zwischen dem Flußknie und der Bahn festgeklammert. Um auf diese Stellung von Osten her einzuwirken, schob die 10. ID. eine Brigade um den südlich von Siemień sich ausbreitenden See rechts herum. Sie kam aber, im Einklang mit der 105. ID. des X. RKorps vorgehend, bis zum Abend nur bis an die zwischen Parczew und Siemień sich hinziehende Niederung heran. Vom XVII. Korps fand vormittags lediglich der linke Flügel, die 41. HID., das östliche Bystrzycaufer vom Feinde frei. Als sich die Honvéd nachmittags anschickte, weiter auf Radzyn vorzustoßen, wich der Feind auch vor der 4. und der 11. Division. Jetzt drangen auch diese über die Bystrzyca vor, schwenkten in der Verfolgung nach Osten auf und erreichten fechtend den Bialkabach von der Mündung bis südwestlich von Radzyn. Die 41. HID. hatte sich inzwischen bis an eine Radzyn im Westen schützende Russenstellung herangearbeitet, mußte aber bei einbrechender Dunkelheit den Angriff einstellen.

Auf dem linken Armeeflügel hatte das zum Abgehen zur 1. Armee bestimmte IX.Korpskmdo. die Führung seinerTruppen, 106.LstlD.mit der Polenlegion und 37. HID., an das VIII. Korpskmdo. übergeben. Die beiden Divisionen gewannen am frühen Morgen bald das nördliche Ufer der oberen Bystrzyca und drangen sodann im Einklang mit dem rechten Flügel der Armee Woyrsch an Łuków südlich vorbei gegen Nordosten vor. Am späten Nachmittag stand die 106. LstlD. bei Paskudy, die 37. HID. schon nördlich der von Łuków nach Parczew führenden Bahn im Kampfe. Die 45. SchD. folgte den inneren Flügeln der beiden Korps. Die 26. SchD. und die 10. ID. traten über Lublin den Marsch zur 1. Armee an, wozu die zweitgenannte erst am 13. aus der Front gezogen wurde.

Am 13. August wurde die Verfolgung mit allem Nachdruck fortgesetzt. Da und dort durch schwächere Abteilungen vorübergehend aufgehalten, aber überall den Widerstand rasch brechend, zogen die siegreichen Divisionen durch das von den Russen geräumte Land. Die

4. Armee hatte dem Feinde noch in der Nacht einige Stützpunkte nordwestlich und südlich von Radzyn entrissen. Zwischen 4h und 5h früh gab der Feind an der ganzen Front die tags zuvor noch zäh verteidigten Stellungen preis. In fast nach Osten gerichteter Front trat die 4. Armee die Verfolgung an. Mit dem linken Flügel entlang der nach Brest-Litowsk führenden Bahn vorgehend, traf die 37. HID. nachmittags auf stärkeren Widerstand nördlich von Grabowiec. Südlich davon warf die 106. LstlD. feindliche Nachhuten zurück, indes ihre Mitte und ihr rechter Flügel bis Szóstka und Ostrówki vordrangen, ohne auf Widerstand zu stoßen; erst nördlich und östlich von Szóstka wurden feindliche Abteilungen wahrgenommen. Die Polenlegion gelangte als Reserve des VIII. Korps in den Raum südlich von Grabowiec. Das XVII. Korps kam mit der

41. HID. links, mit der 4. ID. rechts in die Gegend 10 km nordöstlich von Wohyń; Vortruppen der zweitgenannten Division nahmen an der großen Straße Fühlung mit dem Feinde, der sich bei und südlich von Komarowka wieder festgesetzt hatte. Die 11. ID. erreichte südlich der Straße Rudno, wo sie mit dem X. RKorps Verbindung hielt. Fliegermeldungen deuteten auf eine neue Russenstellung in der Linie Polu-bicze—Kamarówka—Westrand von Międzyrzecze hin. Der Anmarsch von Verstärkungen, der beobachtet werden konnte, und eine regere Artillerietätigkeit ließen mit einem ernsten Widerstand rechnen. Die an diesem Tage nach Radzyn gelangende 45. SchD. war vom Armeekmdo. dazu ausersehen, in einem solchen Falle das VIII. Korps zu verstärken.

Indessen wurde es der 4. Armee durch die eingetretene Verengung

ihres Bewegungsraumes, die sich bei einem Vormarsch in den nächsten Tagen noch mehr aussprechen mußte, ermöglicht, ein weiteres Korps, das XIV., aus der Front zu nehmen. Die 3. ID. und die 21. SchD., von der nur mehr ein Regiment an der Verfolgung teilgenommen hatte, wurden nördlich von Parczew gesammelt.

Auch die 11. und die Bugarmee hatten bedeutenden Raumgewinn zu verzeichnen. Ohne wesentliche Kämpfe gelangte das beiderseits der Straße Parczew—Sławatycze vorgehende X. RKorps bis nach Paszenka, indes bei der Gruppe Plettenberg die 103. ID. und die 2. GID. noch nördlich und östlich von Podedworze mit Nachhuten zu kämpfen hatten; die 1. GID. erreichte Pogorelec.

Weiter östlich gewann die Bugarmee, nachdem sie mittags in der Gegend von Luta und Sobibor, abends südlich von Włodawa aufflackernden Widerstand gebrochen hatte, mit dem Beskidenkorps den Raum um Ladzk, mit dem XXIV. RKorps die Buglinie von Różanka bis Włodawa, wo das XXXXI. RKorps mit der 82. RD. anschloß. Die starke neugebildete Heeresgruppenreserve, 119. ID., XXII. RKorps, k.u.k. VI. Korps und 47. RD., wurde in den Raum östlich und südwestlich von Parczew nachgezogen.

Da dem GFM. Mackensen am 11. August als linke Grenze des Vorrückungsstreifens seiner Heeresgruppe die Bahnlinie Łuków—Brest-Litowsk vorgezeichnet worden war (S. 687), veranlaßt ihn dies, der

4. Armee am 13. früh nur mehr den Raum von Biała als Verfolgungsziel zuzuweisen. Sie hätte sich sodann, sobald sich die inneren Flügel der

11. Armee und der Heeresgruppe Prinz Leopold nördlich von Piszczac getroffen haben würden, für anderweitige Verwendung bereitstellen sollen.

Indessen hatte die DOHL. erkannt, daß nach dem schon so weit gediehenen Rückzug des Feindes die Hoffnung, ihn am Entkommen zu hindern, endgültig aufgegeben werden mußte, und daß nur noch die eine Möglichkeit bestand, „ihn durch starkes Vortreiben der Heeresgruppe Mackensen zu beiden Seiten von Brest-Litowsk nach Norden abzudrängen und durch Vorgehen der 12. Armee über Bielsk in Flanke und Rücken der abgedrängten Teile“ empfindlich zu treffen1). Es sollte also ein „Cannae“ kleineren Stils noch vor der großen Sumpfwaldzone der Bielo-wieszkaja Puszcza versucht werden. Hiezu erließ GdI. Falkenhayn am

13. August neue Weisungen, ohne daß das k.u.k. AOK. hierauf Einfluß nahm. Ihnen zufolge sollte Mackensen unter Sicherung gegen Brest-Litowsk mit dem linken Flügel der 11. Armee über Łomazy—Biała auf

Janów vorgehen. Die Heeresgruppe Prinz Leopold hatte mit dem rechten Flügel über Rogoźnika auf Niemirów, mit dem linken Flügel auf Kleszczeli vorzustoßen, um mittels einer Rechtsschwenkung den über den Bug zurückgehenden feindlichen Teilen in den Rücken zu kommen. Desgleichen wurden Unternehmungen gegen die von Brest-Litowsk nach Osten führenden Straßen als wünschenswert bezeichnet1).

Das Oberkmdo. Mackensen wies hierauf die Bugarmee an, bis in die Linie Zbunin—Międzyleś vorzugehen und die Sicherung des Bugabschnittes gegen Osten zu übernehmen. Ihr wurden auch die angeregten Unternehmen gegen die Straßen östlich von Brest-Litowsk übertragen. Bei der 11. Armee hatte die Gruppe Plettenberg unter Sicherung am Bug von Zbunin abwärts in den Raum Kodeń—Dobryńka zu rücken, das X. RKorps sollte zuerst bis Perkowice und Biała nordwärts vorstoßen, dann aber in die Linie Gorbów—Janów nach Osten einschwenken. In die zwischen Dobryńka und Gorbów entstehende Lücke sollte sich das über Wisznice nachfolgende VI. Korps einschieben.

Die 4. Armee wurde angewiesen, innerhalb des zwischen der Heeresgruppe Prinz Leopold und der 11. Armee freigelassenen schmalen Streifens über die Linie Biała—Rogoźnika bis an den Bug vorzustoßen, jedoch entsprechend der Verengung des Abschnittes die nicht mehr benötigten Kräfte auszuscheiden.

Allein die Russen setzten alles daran, ihren Rückzug in geordneten Bahnen zu erhalten. War ihrer 2., 4. und 3. Armee die Räumung des Weichselbodens gelungen, so hatte sich jetzt die südliche Hälfte der Nordwestfront — so wie es dem Generalquartiermeister Gen. Danilow vorgeschwebt hatte — von Osowiec bis östlich von Luków fast zu einer Geraden gestreckt. Nunmehr galt es, den noch immer die Flanke bedrohenden Vormarsch der Verbündeten zwischen Bug und Krzna, besonders aber jenen zwischen Bug und der Linie Parczew—Łomazy, so lange wie nur möglich zu verzögern.

Als sich daher die Armeen Mackensens am 14. anschickten, befehlsgemäß über die Straße Sławatycze—Polubicze vorzustoßen, trafen sie bald auf so starke, in ausgebauten Stellungen zur Abwehr bereite Kräfte, daß sie deren Widerstand ohne Hilfe der vielfach noch abgebliebenen schweren Artillerie nicht zu brechen vermochten. So konnte bei der Bugarmee zwar das Beskidenkorps südlich von Ladzk und das XXIV. RKorps nordwestlich von Różanka in schweren Kämpfen einige Erfolge erzielen, über diesen Raum hinaus jedoch nicht mehr weiter ausgreifen. Auch der

*) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 169.

Versuch, bei Włodawa auf dem östlichen Bugufer einen Brückenkopf zu schaffen, brachte nur kleinere Abteilungen auf dieses Ufer.

Ähnlich erging es der Gruppe des GdI. Plettenberg, dessen GKorps vormittags in zähem Ringen der russischen Garde einen starken Stützpunkt nördlich von Grabówka entriß, dann jedoch trotz Einsatzes der 119. ID. zwischen den beiden Gardedivisionen nur schrittweise gegen Nordosten Raum gewinnen und den feindlichen Widerstand doch nicht endgültig brechen konnte. Ebenso gelang es dem X. RKorps, das morgens schwächere Kräfte vor der am Vortage erreichten Linie geworfen hatte, bis zum Abend nicht, den Feind aus der Linie Gorodyszcze—Polu-bicze zu werfen.

Der 4. Armee stellte sich der Feind zu entschiedener Abwehr, nachdem er nur die am Vorabend noch nördlich von Grabowiec verbliebenen Truppen hinter die Krzna zurückgenommen hatte. Er hatte wieder eine sehr starke schwere Artillerie in Stellung gebracht und fügte den zum Angriff schreitenden Truppen, deren schwere Batterien infolge der zahlreichen zerstörten Brücken größtenteils noch nicht zur Stelle waren, empfindliche Verluste bei. Das Armeekmdo. erkannte schon vormittags, daß die Kräfte der beiden in der Front befindlichen Korps nicht ausreichen würden, den feindlichen Widerstand rasch zu brechen, und unterstellte daher dem GdI. Křitek noch das XIV. Korps. Dessen Divisionen, die 3. ID. und die 21. SchD., wurden sogleich über Rudno an den rechten Armeeflügel gezogen, um gemeinsam mit der 11. ID. den entscheidenden Angriff zwischen Polufcicze und Kamarówka durchzufühi'en. In den späten Nachmittagsstunden stand das XIV. Korps in diesem Raume zum Angriff bereit. Inzwischen hatte auch links von der 11.ID. die Masse desX VII.Korps ihre Schwarmlinien bis auf einige hundert Meter an die feindliche Stellung heranschieben können. Aber der noch am Abend angesetzte Angriff drang nicht durch; Teile der 4. ID. und die rechts und links anschließenden Flügel der 11. ID. und der 41. HID. erreichten zwar ungeachtet der überlegenen feindlichen Artilleriewirkung noch die Drahthindernisse der russischen Stellung, mußten aber den entscheidenden Kampf auf den nächsten Tag verschieben.

Das VIII. Korps hatte ebenfalls den ganzen Tag schwer kämpfen müssen. Wohl drang die 106. LstlD. nach hartem Ringen nachmittags bei Łużki in die Russenstellung ein, fand aber dann sowohl hier als auch nordwestlich davon heftigen Widerstand. Ebensowenig vermochte die 37. HID., die vormittags dem Feinde rasch an den Krznabach gefolgt war, den von Międzyrzecze nach Süden führenden Fahrweg zu überschreiten.

In der Nacht auf den 15. aber gab der überall hart bedrängte Feind doch seine Stellungen preis, und mit der Morgendämmerung brachen die Verbündeten wieder allenthalben zu ausgreifender Verfolgung auf.

Die Bugarmee stieß mit der 107. und der 4. ID. bis zur Straße Sławatycze—Międzyleś vor, wo sie an den Waldrändern östlich davon wieder auf den Feind traf. Die Masse des Beskidenkorps gelangte wegen des nunmehr stark verengten Vorrückungsraumes der Armee ins zweite Treffen. Auch die 11. Armee stieß den Russen kräftig nach. Sie überschritt mittags die Straße Wisznice—Sławatycze und fand mit der Gruppe Plettenberg erst wieder Fühlung mit russischen Nachhuten, nachdem sie abends die Linie Międzyleś—Bokinka erreicht hatte. Besonders weit kam das X. RKorps vorwärts. Spät nachts erreichte seine 105. ID. nach anstrengendem Marsche Biała; am nächsten Morgen schlossen die 101. ID. und die 47. RD. an der nach Osten führenden Bahnstrecke auf. Zwischen der Gruppe Plettenberg und dem X. RKorps schob sich nun befehlsgemäß das VI. Korps nach einem gleichfalls weit ausgreifenden Marsche wieder in die Front. Es gelangte am 15. mit der 12. ID. in den Raum östlich von Łomazy, mit der 39. HID. nach Wisznice. Das XXII. RKorps blieb weiter Armeereserve.

Auch bei der 4. Armee bedurfte es nicht mehr des am Vorabend eingeleiteten Angriffes; der Feind hatte nachts seine Stellungen geräumt. Den Befehlen des Oberkmdos. Mackensen entsprechend, hatte nun auch sie gleich der 11. Armee in die Nordrichtung einzuschwenken. Unbehindert erreichte das VIII. Korps am Abend südöstlich von Rogoźnika die Krzna und trieb seine Vorposten auf das vom Feinde bereits aufgegebene Nordufer vor. Das XVII. Korps war vormittags durch feindliche Nachhuten mehrfach aufgehalten worden und kam daher abends nur mit seinen Sicherungen an die Krzna, während seine Hauptkraft noch etwas südlich davon zur Ruhe überging. Das XIV. Korps, 3. ID. und 21. SchD., wurde bereits südlich von Kamarówka zu anderweitiger Verwendung angehalten.

Am 16. August ließen es die russischen Nachhuten auf einen Kampf nicht mehr ankommen. Vor der 4. Armee hatte es vorübergehend den Anschein, als ob sie an der Klikawka noch einmal festhalten wollten. Als aber die öst.-ung. Divisionen diese Linie nachmittags erreichten, fanden sie diese bereits geräumt und konnten ihre Sicherungen auf ein bis zwei Wegstunden darüber hinaus vorschieben. Das VIII. Korps nächtigte im Raume um Worgule, das XVII. nordwestlich von Biała. Von der Armeereserve war die 45. SchD. dem VIII., die 4. ID. dem XVII. Korps gefolgt;

sie nächtigten beide südlich der Krzna. Weiter östlich konnte das X. R-Korps nach dem ermüdenden Marsche des Vortages mit seinen östlich von Biała an die Bahn aufgeschlossenen Divisionen nur bis in die Linie Grud—Woskrzenice einschwenken, obschon durch Fliegernachrichten bekanntgewordenes Zusammendrängen großer feindlicher Massen im Winkel zwischen Bug und Krzna schnellstes Nachstoßen erfordert hätte1). Das

VI. Korps erreichte mit der 12. ID. den Raum nordwestlich, mit der 39. HID. jenen südöstlich von Piszczac, wo es an mehreren Stellen in Berührung mit dem Feinde trat und Vortruppen in die Linie Gorbów— Dobryńka vorschob. Im Anschluß daran gewann die Gruppe Plettenberg mit der 103. ID. und der Garde Kopytów und Kodeń. Die 119. ID. war zur Bugarmee übergetreten und sicherte den Bugabschnitt von Kodeń bis zu der nördlich von Sławatycze anschließenden 107. Division. Somit stand die Bugarmee mit Ausnahme des hinter dem Nordflügel als Reserve noch verfügbaren Beskidenkorps mit nach Osten gewendeter Front im Dienste der Sicherung des mehr als 100 km langen Bugabschnittes von Dubienka bis Kodeń. Dabei war es allerdings nicht verborgen geblieben, daß der Feind sich auf dem Ostufer bedeutend geschwächt hatte und noch immer Kräfte nach Norden abzog. Die Sorge um die Ostflanke trat dadurch immer mehr zurück. Zur Sicherung dieser Flanke und zur Einleitung der von der DOHL. gewünschten Unternehmen gegen den Raum östlich von Brest-Litowsk war es aber notwendig, baldigst das Ostufer des Bug zu gewinnen. Hiezu wurde am 15. und 16. das inzwischen nach Cholm gelangte deutsche X. Korps zwischen Dubienka und der Ucherka-mündung am Bug eingesetzt; die 81. RD. übernahm nördlich davon einen neuen Abschnitt am Flusse.

Bei Włodawa hatten die schon am 14. von den inneren Flügeln der 82. RD. und der 22. ID. begonnenen Bemühungen, auf dem östlichen Bug-ufei Fuß zu fassen (S. 694), es erst am 16. ermöglicht, einen Brückenkopf zu schaffen. Er konnte gegen scharfe russische Gegenunternehmungen behauptet werden. Nördlich von Włodawa sicherten die 1., die ll.bayr. und die 107. ID. bis Sławatycze auf dem linken Flußufer.

Inzwischen war die Abschließung von Brest-Litowsk an seiner Südfront durch die Gruppe Plettenberg und das VI. Korps schon am 16. nahezu geglückt. Die Truppen standen hier fast überall in den Räumen, die von den Geschützen der Festung beherrscht wurden. Für sie kam am

17. nur ein geringes Vorschieben bis in die Einschließungszone in Betracht. Hingegen setzte das X. RKorps seine Vorrückung bis an den Bug bei

ł) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 171.

Janów und nordöstlich davon mit der Bestimmung fort, im Sinne der Weisung der Heeresleitung über den Bug vorzustoßen. Nur seine 47. RD. fand nördlich von Rokitno zähen Widerstand. Dem X. RKorps sollte sich bei gleichzeitiger Abschließung 'der West- und Nordwestfront der Festung das XXII. RKorps anschließen, das schon am 16. in den Raum von Łomazy geschoben worden war und am 17. zwischen dem VI. und dem

X. RKorps wieder in die Front zu rücken hatte. Es erreichte bis zum Abend den Raum nordwestlich von Gorbów (43. RD.) und von Rokitno (44. RD.) und damit Fühlung mit dem Feinde.

Gleich dem X. RKorps setzte auch die 4. Armee am 17. den Vormarsch an den Bug ohne Aufenthalt fort. In den ersten Nachmittagsstunden konnte gemeldet werden, daß südlich des Flusses kein Feind mehr sei. Die Vortruppen des VIII. Korps, die um diese Zeit das Flußufer südlich von Niemirów bereits erreicht und westlich davon mit Abteilungen der gleichfalls schon an den Fluß herangekommenen Gruppe Kövess Verbindung gewonnen hatten, stellten den Feind erst am jenseitigen Ufer in zwei hintereinanderliegenden, gut ausgebauten Stellungen fest. Bis zum Abend war das südliche Ufer von Janów bis westlich von Niemirów überall im Besitze vorgeschobener Abteilungen des XVII. und des VIII. Korps, derenDivisionen einige Kilometer dahinter Lager bezogen.

Die deutsche Ostfront vom 12. bis zum 17. August Hiezu Beilagen 34 und 36

Der 12. August sah die Heeresgruppe Prinz Leopold und die Armee Gallwitz, der sich der Südflügel der 8. Armee angeschlossen hatte, in der Verfolgung nach Osten. Hiebei hatte der rechte Flügel der Armee Woyrsch nördlich der Bahn Łuków—Brest-Litowsk vorzugehen. Da dieser infolge der Verschmälerung des Vorrückungsraumes vor Siedlec mit dem linken Flügel der 4. Armee in enge Fühlung kam, erübrigte sich die bisherige Verbindungsaufgabe der k.u.k. 9. KD.; sie erhielt daher den Auftrag, den Anschluß an das Kavalleriekorps Frommei zu suchen, das über Węgrów—Sokołów dem Bug zustreben sollte.

Auf der Gegenseite hatten die zusammengepreßten russischen Armeen (12., 1., 2. und 4.) auf die von Alexejew am 10. August bezeichnete neue Widerstandslinie (S. 688) abschnittsweise zurückzugehen, um den Abschub von Kriegsgerät auf den Bahnen und das Abfließen der — wie auch Flieger wahrgenommen hatten — südlich von Drogiczyn festgefahrenen Troßmassen zu decken. Am 12. früh gaben die Russen zwar

Łuków, das die 16. ID. nahm, und Siedlec frei, stellten sich aber östlich der beiden Orte, auch mit starker Artillerie, gleich wieder zur Gegenwehr, so daß Woyrsch die beabsichtigte Linie Misie—Hadynów nicht erreichen konnte. Er mußte sich mit Strzyżew—Mikluszy—Radzików begnügen. Die 9. Armee stand mit dem rechten Flügel östlich von Siedlec am Liwiec, mit dem linken vor Sokołów. Die Armee Gallwitz kämpfte zwei Tagmärsche östlich von Ostrów.

Auch am 13. wichen die Russen, nachdem sie von der 16. ID. in den ersten Morgenstunden an der Bahnlinie geworfen worden waren, nur eine kurze Strecke nach Osten bis in die Linie Misie—Hadynów zurück, so daß die ganze Front der Armee Woyrsch wieder zum Angriff übergehen mußte. Die 16. und die 35. ID. drängten den Feind über Misie zurück. Die 7. KD., die am Vortag zwischen die 35. ID. und Bredow gezogen worden war, um auf der Straße von Siedlec gegen Międzyrzecze vorzustoßen, mußte sich darauf beschränken, ihre beiden Nachbardivisionen zu unterstützen. Weiter nördlich hatten die inneren Flügel der Armee Woyrsch und der 9. Armee den Liwiec überschritten. Vor dem Reiterkorps Frommei, zu dem jetzt auch die k.u.k. 9. KD. stieß, war der Feind abwärts von Drogiczyn an den Bug gewichen; vor Gallwitz hatte er bis östlich der Linie Ciechanowiec—Wizna Raum gegeben.

Für den 14. wurde der Vormarsch der Heeresgruppe Prinz Leopold mit Rücksicht auf jenen Mackensens nach Nordosten gerichtet, Woyrsch hatte sich mit seinem rechten Flügel an die Linie Międzyrzecze—Rogoźnika— Niemirów, Kövess mit dem linken Flügel an Łukowisko—Kornica— Mielnik zu halten und das LKorps im Anschluß daran vorzugehen. Der Geländegewinn des Tages war aber bei Woyrsch, der schon am Abend vorher die Vermutung ausgesprochen hatte, daß es sich jetzt um mehr als Nachhutkämpfe zu handeln scheine, recht bescheiden; denn die Russen wehrten sich sehr zähe und behaupteten, selbst als ihnen ein Ort knapp westlich von Międzyrzecze entrissen wurde, noch immer diese Abschubstation gegen die vereinten Anstrengungen der 16. und der südlich angrenzenden 37. Division. Das XXV. RKorps der 9. Armee kam in der Verfolgung bis in die Linie Biernaty—Duplewice, wobei die 9. KD. Hauers als linke Flankendeckung unterstützend ins Gefecht eingriff.

Hingegen ging es am 15., nachdem das LKorps am Abend des Vortages Erfolge davongetragen hatte, sowie am 16., da der Feind auch die Klikawkastellung nicht hielt und den Tocznaabschnitt bald aufgab, bei der ganzen Heeresgruppe Prinz Leopold flott vorwärts; am Abend standen Kövess mit Vortruppen, die Deutschen auch mit der Hauptkraft am Bug. GdK. Frommei hatte in den ersten Morgenstunden sogar schon den Strom übersetzt und forderte die 9. KD. dringend auf, ebenfalls sofort überzugehen, da die DOHL. besonderen Wert darauf lege, daß die Gegend von Kleszczeli möglichst bald erreicht werde (S. 693). Ein Teil von Hauers Reitern durchfurtete denn auch den Bug bei Drogiczyn und schloß sich den deutschen Kameraden an. Die k.u.k. 2. KD. nahm Fühlung mit der Armee Gallwitz, die am 16. Briańsk hinter ihre Front brachte. Der rechte Flügel der 8. Armee bedrohte vor Tykocin von Süden her die Feste Osowiec.

GO. Woyrsch wollte schon am nächsten Tag, am 17. August, womöglich mit Behelfsmitteln den Bug überschreiten, da das Brückengerät noch nicht zur Stelle war — angesichts des jenseits in starken Stellungen harrenden Feindes ein kühner Plan. Als Leitlinie des rechten Flügels war Niemirów—Tokary, und für das XII. Korps ein Vormarschstreifen zwischen Niemirów und Mielnik von 8 bis 10 km Breite vorgesehen.

Indes verging der 17. unter Erkundungen und Vorbereitungen. Kövess verlegte die 7. KD. hinter die Front, da der linke Flügel der 4. Armee am Bug aufschloß. Woyrsch beschied sich damit, vorerst den Druck der 12. und der 9. Armee wirksam werden zu lassen. Das XXV. R-Korps der 9. Armee war auch bereits des Morgens bei der Bahn über den Strom gegangen und drängte am Nordufer den Feind zurück, dessen über Siemiatycze in einem Haken nach Westen gerichtete Front das Korps Frommei mit der 9. KD. am rechten Flügel angriff. Hauers Reiterei wurde jedoch bald herausgezogen und zur Unterstützung der k.u.k.

2. KD. nach Norden in Marsch gesetzt, um am Südflügel der Armee Gallwitz einzugreifen, der durch einen russischen Gegenangriff bedroht war. Auch weiter nördlich war den inneren Flügeln der 12. und der 8. Armee kein Raumgewinn beschert. Dafür durcheilte am 17. abends die Nachricht vom Falle der Festung Kowno die Welt; GdI. Litzmann mit dem XXXX. RKorps hatte sie mit stürmender Hand genommen. Dadurch war Hindenburgs Plan einer auf Wilna gerichteten Umfassungsbewegung um eine grundlegende Voraussetzung reicher geworden.

Die Vereinbarungen der Verbündeten vom 14. bis zum 19. August Hiezu Beilagen 34, 35 und 36

In den Tagen, in denen sich die Divisionen der Verbündeten dem russischen Hauptwaffenplatz Brest-Litowsk näherten, wurden zwischen

Teschen, Pleß und dem in Lublin aufgeschlagenen Hauptquartier Mackensens erneut Vereinbarungen für die Fortführung der Offensive im Osten getroffen. Sie betrafen fürs erste das Zurückdrängen des Feindes hinter die von Falkenhayn am 3. August vorgeschlagene Linie Bug—Brest-Litowsk— Grodno, dann die Einleitung des Conrad so sehr am Herzen liegenden Feldzuges gegen Rowno, um Ostgalizien völlig vom Feinde zu säubern.

Für erstgenannten Zweck wurde am 16. August einvernehmlich die Linie Niemirów—Lumno—Wolkowiczy als Vorrückungsrichtung für die inneren Flügel der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold bestimmt. Mackensen erhielt überdies Befehl, Brest-Litowsk anfangs auf dem linken, später auch von Nordwesten her auf dem rechten Ufer des Bug abzuschließen.

Da nach Conrads Auffassung der russische Rückzug sichtlich entlang der drei Bahnlinien Brest-Litowsk—Baranowiczi, Siedlec—Wolkowisk und Bielostok—Grodno zurückführte, erwartete der öst.-ung. Generalstabschef durch die frontale Verfolgung der Heeresgruppe Mackensen und der Armee Woyrsch keine wesentliche Störung dieser Rückbewegung, wohl aber durch einen starken Druck der deutschen 12. und der 8. Armee nach Ost. Er regte daher bei Falkenhayn ihre Verstärkung durch deutsche Kräfte an.

Bei der nach Nordosten strebenden Heeresgruppe Mackensen standen am 16. an öst.-ung. Heereskörpern nur noch die 4. Armee mit dem VIII. und dem XVII. Korps, weiters bei der 11. Armee das Korps Arz in der Front. Man näherte sich somit jener Lage, die GdI. Falkenhayn am

3. August im Auge gehabt hatte, da er als Grenze zwischen dem öst.-ung. und dem deutschen Heer die Ucherkamündung und den gegenseitigen Tausch der noch im Bereich des Verbündeten befindlichen Heereskörper vorgeschlagen hatte. Jetzt, da mit dem baldigen gänzlichen Herausdrücken der 4. Armee aus der Heeresfront zu rechnen war, schlug Conrad vor, sobald dies einträte, die 4. und die 1. Armee aus der Heeresgruppe Mackensen auszuscheiden. Wegen der einfachen Verwendung und der Schwierigkeit zeitraubenden Austauschens erklärte sich GO. Conrad jedoch bereit, die Gruppe Kövess (16. und 35. ID., 7. KD.) sowie die 2. und die 9. KD. noch bei der Heeresgruppe Prinz Leopold zu belassen, wenn dafür die 3.GID. und die 48.RD. weiter im Verbände der Südarmee, die deutsche 5. KD. bei der 1. Armee bleiben würden.

Mittlerweile hatte das über den Feind vorliegende Lagenbild immer deutlicher eine nördlich von Wladimir-Wolynski eintretende Spaltung der Front erkennen lassen, die Conrad auszunützen beabsichtigte. Am Schlüsse des vorstehend erwähnten, am 14. abgesandten Schreibens er-

öffnete er seinem deutschen Kollegen, seine nächste Absicht sei, „aus der 4. und der 1. Armee eine Angriffsgruppe zu bilden, um unter Ausnützung der Trennung zwischen der russischen Nordwest- und Südwestfront in der Richtung Kowel vorzustoßen und sodann von Norden umfassend die russische 8. Armee anzugreifen. Gleichzeitig werden die inneren Flügel der 2. und Südarmee über die Höhen südlich der Bahn Krasne—Brody angreifen“.

Hiemit enthüllte Conrad die Leitgedanken der für die völlige Verdrängung der Russen aus Ostgalizien geplanten Operation. Falkenhayn hatte allerdings Bedenken gegen die auf Rowno gerichtete Offensive, weil „sie ohne Mitwirkung deutscher Truppen in schwer gangbarem Gelände“ ausgeführt werden mußte. Dafür erhoffte er sich „bei einem auch nur teilweisen Gelingen eine sehr wesentliche Hebung des Selbstgefühls, des inneren Werts der verbündeten Wehrmacht und einen starken Eindruck auf den Gegner1)“.

Mittlerweile war von den zur 1. Armee rückenden öst.-ung. Korps das X. am 16. bei Władimir-Wołyński und Ustiług eingetroffen, worauf das Kavalleriekorps Heydebreck mit der deutschen 5. und der öst.-ung.

4. KD. auf Befehl Mackensens zur Ablösung des deutschen X. Korps nach Norden rückte. Die 62. ID. und das IX. Korps befanden sich über Krasnostaw, das XIV. über Parczew im Marsch nach Osten. Mackensen plante nun, das XIV. Korps bei der Bugarmee nördlich von Włodawa in den Dienst des Ostschutzes zu stellen, um das dort stehende Korps Gerok für den Stoß über den Bug unterhalb von Brest-Litowsk freizumachen. Diese Anordnungen kreuzten sich aber mit einer durch den GO. Conrad am 16. August erlassenen Weisung, die das XIV. Korps zur Übernahme der Bugsicherung vom deutschen X. Korps und der GKD. von Dubienka bis zur Ucherkamündung bestimmte, um die öst.-ung. Heereskörper allmählich in den Raum südlich der festgesetzten Befehlsbereichsgrenze bringen zu können, dann aber auch deshalb, weil das Korps Roth von hier aus bei dem geplanten Vorstoß nach Südosten als nördliche Umfassungskolonne gegen Kowel vorgehen sollte. Tatsächlich wurde das deutsche X. Korps am 17. und 18. August durch die Reiter Heydebrecks abgelöst; das Korps Roth rückte hinter ihnen an den Bug südlich der Ucherka heran.

Die Front in Ostgalizien hatte sich unterdessen seit dem Abklingen der Dniesterschlacht (S. 618) und der Kämpfe bei Sokal allseits einiger Ruhe erfreuen dürfen. Der Stellungsbau schritt fort und die Kampfstände hoben sich, weil die eingereihten Ersätze die geringen Verluste weit überwogen. Als aber GdK. Pflanzer-Baltin am 6. August eine Schwächung der russischen Besatzung des Brückenkopfes bei Czernelica wahrzunehmen glaubte, befahl er dem XIII. und dem III. Korps, scharfe Erkundungen vorzunehmen (Skizze 29). FML. Krautwald, der Führer des Grazer Korps, ging jedoch darüber hinaus und setzte sich die Wegnahme des von seinen beiden Divisionen umschlossenen Brückenkopfes zum Ziel. Nach einem am 8. von der 22. SchD., GM. Schön, überraschend durchgeführten Ablenkungsangriff, der südwestlich von Czernelica schon eine breite Bresche schlug, folgte am nächsten Tage der entscheidende Stoß der vom GM. Hinke befehligten 28. ID. In einem schneidig durchgeführten Anlauf entrissen die oftbewährten innerösterreichischen Regimenter beider Divisionen den zwei Reservedivisionen des russischen XXXIII. Korps den ganzen Brückenkopf. Nur in der kleinen Dniester-schlinge nördlich von Czernelica klammerte sich der geschlagene Feind fest, der an den beiden Tagen außer schweren blutigen Verlusten etwa 2760 Gefangene eingebüßt hatte. Dies war die letzte Waffentat des „Eisernen Korps“ auf dem russischen Kriegsschauplatz. Am 12. verfügte das AOK. seine Absendung an die Isonzofront, die vom 13. an aus den Stationen Kolomea und Horodenka begann. Die Stellungen des III. Korps übernahm die nach Osten verschobene 5. Division. Am 16. nahm das AOK. wegen einer am oberen Isonzo eingetretenen Kampfkrise auch die 13. SchD. der 1. Armee für den Abtransport in Aussicht und wies die Division zum Marsch zur Bahnstation Beiz an.

Unterdessen hatte GO. Conrad schon am 10. August den GdK. Böhm-Ermolli angewiesen, einen von diesem vorgeschlagenen Angriff über Gołogóry auf Złoczów streng geheim vorzubereiten; dieses Unternehmen sollte mit dem Umfassungsangriff der 1. und der 4. Armee in Überein-$timmung gebracht werden.

Am 17. August ergaben Erkundungen des rührigen Kavalleriekorps Heydebreck, daß die Russen vor dem linken Flügel der 1. Armee an die obere Turya und hinter die Naretwa ausgewichen waren. Auch erfuhr man aus Funksprüchen, daß nur noch das XXXI. Korps der russischen 13. Armee vor Kowel stand, und daß das Hauptquartier Iwanows von Rowno nach Berdyczew rückverlegt wurde. Aus all dem erkannte Conrad, daß der Zeitpunkt für die Einleitung der Südostoffensive gekommen war.

Als tags darauf Kaiser Wilhelm und die Spitzen der beiden verbündeten Heeresleitungen als Gäste des Erzherzogs Friedrich imTeschener

Schloß zusammentrafen, um das Geburtsfest des greisen Kaisers Franz Joseph zu feiern, stellte Falkenhayn auch seine letzten Bedenken gegen die Offensive auf Rowno zurück. Hiebei mag auch der Umstand mitgesprochen haben, daß die langwierigen und schwierigen Verhandlungen über einen Eintritt Bulgariens in den Krieg, von denen noch Näheres zu sagen sein wird, nun endlich rüstig vorwärtsschritten, und daß ein Waffenerfolg gegen das russische Südwestheer vielleicht auch die Haltung Rumäniens beeinflussen könnte. Noch am 18. August erhielt FZM. Puhallo im Wege des Heeresgruppenkmdos. Mackensen den Auftrag, mit dem Kavalleriekorps Heydebreck auf Kowel vorzustoßen. Das zwischen Wla-dimir-Wołyński und Dubienka sichernde k.u.k. X. Korps samt der 62. ID. hatte das Unternehmen zu unterstützen.

Nachdem am 18. die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den beiden Generalstabschefs hergestellt worden war, einigten sie sich in dem Notenwechsel des nächsten Tages auf Conrads Anregung noch über die auszuführenden Kräfteverschiebungen. Den sieben bisher von der 4. zur 1. Armee abgesendeten Divisionen sollten nunmehr auch noch die

4. ID. und die 45. SchD. unter Führung des FML. Smekal über Cholm folgen. Die noch verbleibenden vier Divisionen (37., 106., 11. und 41.) und die Polenlegion waren spätestens beim Erreichen der Bahn Brest-Litowsk—Bielostok aus der Front zu ziehen und südostwärts zu veru schieben, wodurch der unmittelbare Anschluß zwischen der deutschen 11. Armee und der Armeeabteilung Woyrsch hergestellt werden sollte. Die 4. und die 1. Armee beabsichtigte Conrad für die nächste Aufgabe unter dem Oberbefehl des Erzherzogs Joseph Ferdinand zu vereinigen. Schließlich erbat er, zum Teil im Gegensatz zu seiner am 14. gemachten Zusage, von Falkenhayn die Auswechslung der k.u.k. 7. gegen die deutsche 5. Kavalleriedivision. All dem stimmte der deutsche Generalstabschef zu. Dagegen war er für die neuerlich angeregte Verstärkung der 12. und der 8. Armee durch Teile der Heeresgruppe Prinz Leopold auch dann nicht zu haben, als Conrad für diesen Fall die Verstärkung der Armeegruppe Kövess durch das VIII. Korps (37. HID. und 106. LstlD.) als Ersatz für die nordwärts zu verschiebenden deutschen Truppen in Aussicht stellte.

Nunmehr wurde am 19. abends dem FZM. Puhallo in Ergänzung der ihm schon erteilten Weisung noch aufgetragen, „nach Besitznahme von Kowel und Sicherung gegen Norden den rechten Flügel der russischen Südwestfront von Norden umfassend anzugreifen“. Dieser Absicht entsprechend sollte Puhallo die 1. Armee und die noch anrückenden

Truppen der 4. Armee gruppieren. Den Zeitpunkt des Beginns der neuen Kriegshandlung hatte sich Conrad Vorbehalten. Er wollte in den nächsten Tagen und im Zusammenhang mit der Umfassung von Norden mit den drei Armeen in Ostgalizien zum Angriff übergehen.

'    Der    Vorstoß    über    Kowel

(19. bis 26. August)

Hiezu Beilage 35

Am 19. August früh trat GLt. Heydebreck befehlsgemäß mit der

4. KD. von Dubienka und mit der ll.HKD. entlang der nach Lubomi führenden Eisenbahn den Vormarsch nach Kowel an. Zur Unterstützung der Reiterei ließ der Kommandant des X. Korps, FML. Martiny, ein verstärktes Regiment der 24. ID. unter GM. Ritt. v. Unschuld von Władimir-Wołyński auf Turyjsk und je eine schwächere Abteilung der 2. und der 62. ID. von Ustiług auf Rastów und von Dubienka auf Olesk Vorgehen. Hinter dem linken Flügel der bei Władimir-Wołyński mit der Front gegen Osten sichernden 24. ID. zog er die Masse der 2. ID. heran, um mit ihr in nördlicher oder östlicher Richtung eingreifen zu können.

Unter leichten Kämpfen mit russischen Reitern gelangten noch am 19. die Vortruppen des X. Korps und die beiden Kavalleriedivisionen bei Ruda an die Turya, nach Olesk und nach Lubomi. Beiderseits von Mokrec stellte sich stärkerer Feind. Die gemischte Abteilung GM. Unschuld griff ihn am 20. ohne Erfolg an. Von Ustiług herankommend, langte gegen Abend die deutsche 5. KD. auf dem Gefechtsfeld ein und nahm Bobły im Sturm. Westlich der Turya kamen am selben Tage die

4. KD. und die ll.HKD. bis an die Linie Perewały—Chworostów heran, wo sich der Russe ebenfalls zum Kampfe stellte. In der Nacht ging er von Mokrec zurück.

So war die Lage, als am 20. vormittags FZM. Puhallo seine weiteren Absichten nach Teschen meldete. Er wollte zunächst die Masse des X. Korps (2. und 62. ID.) nach Turyjsk vorschieben, dann das IX. und das XIV. Korps hinter der 24. ID. in den Raum nördlich und nordöstlich von Władimir-Wołyński und je eine Division der Gruppe FML. Smekal nach Ustiług und hinter das Korps Szurmay heranziehen. Nach der Besitznahme von Kowel durch das Kavalleriekorps Heydebreck und nach dem Einlangen der Gruppe Smekal wollte er dann mit sechs Infanteriedivisionen — II. Korps (25. ID.1), I. Korps (46. SchD. und 9. ID.), Korps x) Die 13. SchD. war am 16. August nach Beiz abgerückt (S. 702).

Szurmay (7. ID. und 40. HID.) und einer Division der Gruppe Smekal — zwischen Sokal und Wladimir-Wolynski in östlicher Richtung angreifen. Fünf Infanteriedivisionen, die 24. ID., das XIV. Korps (3. ID. und21.SchD.) und das IX.Korps (10.ID.und26.SchD.), sollten zwischen der Ługa und der Turya den Hauptangriff in südöstlicher Richtung zur Umfassung des feindlichen Nordflügels führen, eine Division der Gruppe Smekal als Armeereserve über Wladimir-Wolynski folgen. Die Masse des X. Korps sollte gegen Kowel decken und je nach der Lage in südöstlicher Richtung über Mokrec, Kisielin, Zaturcy oder weiter östlich ausholend eingreifen.

GO. Conrad war mit diesen Absichten des FZM. Puhallo keineswegs einverstanden. Ihm schien angesichts der Möglichkeit, daß der Feind seine Gesamtfront zurücknehmen könnte, eine raschere Angriffsbereitschaft geboten. Auch wünschte er, daß die 1. Armee mit starkem linkem Flügel über Kowel nach Osten zur Umfassung aushole. Er wies daher noch am 20. August den FZM. Puhallo an, so aufzumarschieren, daß der Angriff sogleich, jedenfalls aber nach dem Einlangen des XIV. Korps, beginnen könne. Zum Schutze des aus der Linie Wladimir-Wolynski— Kowel zunächst in allgemeiner Richtung auf Łuck zu führenden Hauptstoßes war vorerst Kowel mit dem Kavalleriekorps Heydebreck und einer Infanteriedivision des X. Korps fest in Besitz zu nehmen. Zum Angriff auf Łuck sollte dieses Korps östlich und nördlich von Wla-dimir-Wołyński, das IX. Korps bei und südlich von Turyjsk aufmarschieren, das XIV. Korps aber über Lubomi auf Kowel herangezogen werden. Die 4. ID. und die 45. SchD. waren als Armeereserve nach Bedarf zu verwenden.

Tags darauf, am 21. August, bestimmte noch die Heeresleitung in einer allgemeinen Weisung, daß gleichzeitig mit dem Angriff der am 22. aus dem Verbände der Heeresgruppe Mackensen ausscheidenden

1. Armee auf den Nordflügel der Russen die inneren Flügel der 2. und der Südarmee die russische Mitte bei Gołogóry und bei Dunajów zu durchbrechen hätten. Die 7. Armee sollte sich bei einem Fortschreiten der Südarmee dem Angriff vom linken Flügel aus anschließen.

Diesen Befehlen entsprechend zog FZM. Puhallo das in der Gegend westlich von Ustilug eingelangte IX. Korps bis zum 22. August nach Mokrec. Die am Bug zwischen Horodło und Dubienka sichernde 62. ID. gelangte zunächst in den Raum nordwestlich von Wladimir-Wolynski und dann links neben die 24. ID. nach Werba. Das im Anmarsch von Cholm auf Lubomi befindliche XIV. Korps hatte am 24. Kowel zu erreichen.

Das Unternehmen gegen Kowel war mittlerweile ins Stocken geraten. Die deutsche 5. KD., die sich am 21. August im raschen Vorstoß bei Solowiczy den Übergang über die Turya erzwungen hatte, war dort auf stark verschanzten Feind gestoßen, den sie auch am folgenden Tag trotz der Unterstützung durch die über Mokrec herangezogene 2. ID. nicht vertreiben konnte. Ebenso machten die 4. KD. und die ll.HKD., in deren Nordflanke sich noch feindliche Abteilungen befanden, keine wesentlichen Fortschritte mehr. FZM. Puhallo ließ nun die eben bei Mokrec eintreffende 26. SchD. nach Nordosten weitermarschieren und befahl ihr, am 23. früh gemeinsam mit der 2. ID. die feindlichen Stellungen bei Rastów anzugreifen. Inzwischen zog aber das durch das Vordringen der Bugarmee im Rücken bedrohte XXXI. Russenkorps bereits von Kowel nach Norden ab. Die Nachhuten, die diesen Rückzug zwischen Turyjsk und Macijów bisher gedeckt hatten, schlossen sich noch in der Nacht auf den 23. dem Rückzug an. Am nächstfolgenden Morgen stießen das Kavalleriekorps Heydebreck und die 2. ID. den ausweichenden Russen nach. Am Nachmittag langten die 4. und die deutsche 5. KD. vor Kowel ein. Sie konnten im Verlaufe des Abends nicht mehr in die von den Russen noch verteidigte Stadt eindringen und warteten das Herankommen der 2. ID. ab. Wieder räumte der Russe unter dem Schutze der Dunkelheit seine Stellungen. Am 24. morgens zogen die Reiter Heydebrecks in Kowel ein; die 2. ID. setzte sich bald darauf auf dem östlichen Tury auf er fest.

Dem auf Ratno zurückweichenden XXXI. Russenkorps teilweise dichtauf folgend, kamen die deutsche 5. KD. und die ll.HKD. noch im Verlaufe des 24. bis vor Niesuchoiże—Myzowo. Aufklärer der 4. KD. gingen auf Lubitów vor, wo sie auf ein Regiment des russischen IV. Kavalleriekorps trafen, das sich anscheinend ebenfalls nach Norden zurückzog. Gleichzeitig zeigte sich, daß die russische Reiterei, die bisher zwischen Ługa und Turya die Nordflanke der 8. Russenarmee geschützt hatte, nach Osten zurückwich.

Während das Kavalleriekorps Heydebreck (deutsche 5. KD. und ll.HKD.), das zu Mitternacht auf den 26. wieder der Bugarmee unterstellt wurde, Nachhuten des russischen XXXI. Korps in die Sümpfe des Pripiatj trieb, versammelte Puhallo seine Divisionen zwischen Władimir-Wołyński und Kowel zum Vorstoß auf Łuck. Am 23. abends hatte er nochmals aus Teschen den Befehl erhalten, seinen Nordflügel möglichst stark zu halten. Die von der 4. Armee im Anmarsch befindliche Gruppe Smekal und die 7. KD. sollten dem Angriffsflügel auf dem

kürzesten Wege über Kowel nachgezogen werden; die nicht nach dem Südwesten abgesendete und wieder der 1. Armee zugewiesene 13. SchD. hatte von Beiz nach Wladimir-Wolynski zu rücken. Am Schlüsse dieses Heeresbefehles hieß es: „Die Offensive muß derart vorbereitet sein, daß mit Beginn der Angriffsbewegung die Vorrückung unaufhaltsam bis in den Raum um Łuck fortgesetzt werden kann.“    .

Dazu ließ FZM. Puhallo seinen linken Armeeflügel in der großen Lücke aufmarschieren, die zwischen der nach Norden abziehenden russischen 13. Armee und der am oberen Bug noch verbliebenen russischen 8. Armee entstanden war. Es sollten das X. Korps (24. und 62. ID.) und das IX. Korps (10. ID.. und 26. SchD.) bis zum 26. nachmittags die Linie Zimno—Turija (Ort)—Swinarin erreichen, während die 4. KD. und das

XIV. Korps (21. SchD. und 3. ID.) von Kowel entlang der nach Łuck führenden Eisenbahn bis in die Gegend von Holoby vorzurücken hatten. Die 2. ID. erhielt den Auftrag, vorläufig Kowel zu sichern. Dieser Aufmarsch Puhallos war der Beginn des großen Angriffs, der alsbald die russische Südwestfront von Wolhynien bis zum Dniester erfaßte, aber die Hoffnungen nicht erfüllen sollte, die die Heeresleitung in ihn gesetzt hatte.

Die beiderseitige Überflügelung von Brest-Litowsk durch die Vorstöße der F1 ü g e 1 g r u p p e n Mackensens

über den Bug (18. bis 23. August)

Hiezu Beilage 35

Die vom k.u.k. AOK. am 16. August ausgegebenen allgemein gehaltenen Richtlinien (S. 700), nach denen die Heeresgruppe Mackensen, südlich der Linie Niemirów—Łumno—Wolkowiczy vorrückend, Brest-Litowsk zunächst auf dem linken und dann auch auf dem rechten Bugufer abzuschließen hatte, ergänzte GdI. Falkenhayn noch durch direkt ergehende Einzelweisungen. Denn seit es klar geworden war, daß vor der als Grenze der Offensive festgesetzten Linie Brest-Litowsk—Grodno eine Einkesselung namhafter russischer Heeresteile nicht zu erwarten stand, nahm GO. Conrad auch weiter keinen Einfluß mehr auf den nach Nordosten führenden Feldzug. Den Befehlen der DOHL. zufolge sollte nun die Heeresgruppe Mackensen durch Verstärkung ihrer Stellungen am Bug und vor Brest-Litowsk starke Kräfte freimachen, die, hinter dem linken Flügel gestaffelt bereitgestellt, den Vorstoß an der Festung links vorbei über den Bug fortzusetzen hatten. Auch Falkenhayn beabsichtigte

die Verfolgung nicht über die Linie Brest-Litowsk—Grodno hinaus fortzusetzen, es sei denn, daß ein kurzer Vorstoß mit Sicherheit einen erheblichen Vorteil bringen würde. Aus dem gleichen Grunde empfahl er auch nur kleinere Unternehmungen gegen die aus der Festung ostwärts führenden Straßen.

Für die Heeresgruppe Mackensen rückte somit die neue Aufgabe des westlich von Brest-Litowsk zu führenden Nordstoßes und damit die Verstärkung des linken Flügels in den Vordergrund. Um die 11. Armee von der Kräfte fesselnden Einschließung der Festung zu entlasten, wurde diese Aufgabe zwischen dem Bug (unterhalb von Brest-Litowsk) und der Krzna der Bugarmee übertragen. Hiezu hatte das Beskidenkorps die Gruppe Plettenberg am 17. und 18. zwischen Kodeń und Dobryńka abzulösen, und am 18. das VI. Korps unter den Befehl Linsingens zu treten. Von der 11. Armee hatte das XXII. RKorps — gefolgt von der 119. ID. der Bugarmee im Mündungswinkel der Krzna — an der Einschließung der Festung teilzunehmen, indes das X. RKorps, dem die Gruppe Plettenberg (Garde, 103. ID. und GKD.) nachgesendet wurde, sich schon für den Nordstoß über den Bug bereitzustellen hatte. Dieselbe Aufgabe war zwischen Janów und Niemirów der 4. Armee zugedacht, die allerdings nur mit drei Divisionen (11. ID., 106. LstlD. und 37. HID.) in der Front stand, indes die drei anderen Divisionen (41. HID., 4. ID. und 45. SchD.) nördlich von Biała angehalten wurden, um der 11. Armee beispringen zu können, wenn, wie Falkenhayn besorgte, der Feind „nach Art der Marneschlacht“ aus der Festung heraus zu einem Gegenschlag gegen die Flanke der unterhalb von Brest-Litowsk vordringenden Kräfte der Verbündeten ausholen sollte1).

Der 18. August brachte an der Einschließungsfront der Korps Marwitz und Arz keine wesentlichen Ereignisse. Das XXII. RKorps und der rechte Flügel des X. RKorps, die 47. RD., hatten aber erbittert kämpfen müssen, bis sie sich die Linie Kijowiec—Lipnica—Tielesnica erstritten.

Die am Bug stehende 105. ID. des X. RKorps und die 4. Armee trachteten bereits, das jenseitige Ufer zu gewinnen. Während des ganzen Tages scheiterten jedoch alle Übergangsversuche an der regen und aufmerksamen Abwehr des Feindes, und zwar auch dann, als diese Versuche auf die Nachricht, daß der Feind links von der 4. Armee vor der Gruppe Kövess zurückgehe, erneuert wurden. Abends gelang es aber doch, Teile der 105. ID. über den Fluß zu bringen.

Da die feindliche Abwehr bei der 4. Armee auch nachts nicht nachließ, wurde das XVII. Korps angewiesen, sich zur Erzwingung des Überganges dem X. RKorps anzuschließen; das VIII. Korps sollte, wenn es frontal nicht durchdringen könne, Kräfte nach links verschieben, um sie hinter der 16. ID. der Gruppe Kövess den Bug überschreiten zu lassen.

Indes gelang es aber in der Nacht auf den 19. sowohl dem VIII. als auch dem XVII. Korps, mehrere Bataillone zu überschiffen. Die Vortruppen des VIII. Korps nahmen Niemirów in Besitz und drangen mittags bis nahe an die große Straße westlich von Wólka vor. Vom XVII. Korps überschritt die 11. ID. hinter ihren Sicherungen vormittags auf einer nördlich von Janów geschlagenen Brücke den Fluß und trat in den frühen Nachmittagsstunden die Vorrückung nach Nordosten gegen die Koterka und die Pulwa an, auf deren hügeligem Westufer sich das russische

XV. Korps in der Linie Dubowoje—Zalesie—Tokary festgesetzt hatte. Spät nachmittags griffen sowohl das VIII. Korps als auch die 11. ID. nachdrücklich an. Jenem stellte sich der Feind, vorgeschobene Verschanzungen westlich von Zalesie aufgebend, erst auf den knapp vor dem Koterkabache liegenden Höhen entgegen, konnte aber dem heftigen Angriffe nicht standhalten. Bei Einbruch der Dunkelheit stürmten die 37. HID. die Höhe südlich von Tokary, die 106. ID. jene östlich von Zalesie, worauf der Russe an mehreren Stellen auf das östliche Koterka-ufer wich. Ebenso gelang es der 11. ID., den Feind über den Bach zurückzudrängen und mit Vortruppen dessen westliches Ufer zu erreichen. Ihre Masse hielt abends südwestlich von Dubowoje Verbindung mit den Vortruppen der 105. Division. Diese hatte zwar am Morgen nordöstlich von Janów gleichfalls den Übergang über den Bug bewirkt, dann aber gegen Teile des VI. sib. Korps nicht weiter Raum gewonnen. Der für den 20. August anbefohlene Einsatz der 103. ID. sollte dem Angriff des X. RKorps neuen Schwung verleihen. Für den gleichen Zweck war das GKorps samt der GKD. in Aussicht genommen, die nach vollzogener Ablösung durch die Bugarmee zunächst bei Janów bereitgestellt werden sollten.

Inzwischen entbrannten am 19. südlich vom Bug bei dem durch die 119. ID. verstärkten XXII. RKorps und bei der Masse des X. RKorps (47. RD. und 101. ID.) heftige Kämpfe. Um das Abfließen der vor der Festung angestauten Truppen- und Troßmassen zu ermöglichen, führten die Russen hier verzweifelte Infanterie- und Reiterangriffe. Erst abends vermochten die Deutschen, unterstützt durch Artilleriefeuer des Korps Arz, gegen Nordosten Fortschritte zu machen, indes das X. RKorps noch festgebannt blieb.

Immerhin verfügte die 11. Armee doch schon über so ausreichende Kräfte zur Deckung gegen die Festung, daß die drei bei Biała bereitgestellten Divisionen der 4. Armee entbehrlich wurden. Die 41. HID. wurde noch am 19. dem XVII. Korps nachgesendet, indes die 4. ID. und die 45.SchD. auf Weisung der k.u.k. Heeresleitung über Cholm zur 1. Armee zu rücken hatten (S. 703).

An der Einschließungsfront der Bugarmee waren am 19., von der regen Tätigkeit der Festungsardllerie abgesehen, weder beim VI. noch beim Beskidenkorps wesentliche Ereignisse zu verzeichnen. Hingegen wurde an der Bugfront, wo der Feind südlich von Włodawa das östliche Ufer bereits aufgegeben hatte, aus dem Brückenkopf heraus ein bedeutsamer Erfolg errungen. Die 1. ID. durchbrach am 19. die feindlichen Stellungen östlich davon, setzte sogleich zu unaufhaltsamem Vorstoß auf Piszczą an, wo sie erst abends wieder auf die Russen stieß. Während sich am 20. und 21. August hier wechselvolle Kämpfe abspielten, drangen auch die 22., die ll.bayr. und der rechte Flügel der 107. ID. zwischen Włodawa und Sławatycze auf das vom II. kauk. Korps geräumte Ostufer vor und setzten im Anschluß an die 1. ID. zum Angriff auf den in die Linie Piszczą—Dubok—Czersk—Leplewka zurückgegangenen Feind an. Um diesem Angriff größeren Nachdruck zu verleihen und das Vordringen gegen Brest-Litowsk auch auf dem Ostufer einzuleiten, führte GdI. Linsingen das XXXXI. RKorps am 21. bei Włodawa über den Bug und warf es südlich der 1. ID. in den Kampf. Es erzwang sich am nächsten Tage, nördlich und südlich des Sumpf- und Seengebietes vordringend, bei Szack den Austritt in freieres Gelände. Gleichzeitig überwanden die 1. und die 22. ID. in schweren Kämpfen den feindlichen Widerstand bei Piszczą und Chrypsk und stießen bis Oltusz und Radeż vor. Ihnen schloß sich die ll.bayr. ID. an, die bis zum Abend Czersk und den Raum östlich davon erreichte. Tags darauf, am 23., konnten aber nur mehr die Flügel der östlich vom Bug kämpfenden Kräfte Raum gewinnen: das XXXXI. R-Korps auf Oriechowo, das XXIV. RKorps auf Odaty und nordöstlich von Leplewka, während die Mitte, 1. und 22. ID., bei und nordwestlich von Oltusz wieder in heftige Kämpfe verwickelt wurde.

Inzwischen hatte die 11. Armee am 20. bei der Einschließung der Festung von Westen her namhafte Fortschritte erzielt. Vom XXII. R-Korps stießen die 43. RD. und die 119. ID. in nordöstlicher Richtung vor und vermochten den Feind bis auf 6 km vor der Krznamündung zurückzudrängen. Die hiebei eingetretene Verkürzung der Front erlaubte es, die 44. RD. für den nach Norden gerichteten Vorstoß bereitzustellen.

Der Raumgewinn des XXII. RKorps hatte schon am 19. beim Korps Arz vorbereitende Maßnahmen ausgelöst, die es dem Korps ermöglichen sollten, sich diesem Vordringen vom linken Flügel an anzuschließen. Es gewann bis 20. nachmittags mit der 12. ID. Dobryń, mit der 39. HID. Dobryńka, worauf nach Einbruch der Dunkelheit auch das Beskidenkorps seinen linken Flügel vorschob.

So wie das XXII. RKorps mit seinem linken Flügel konnte nun auch das X. RKorps seine Aufmerksamkeit ganz dem nördlichen Bugufer zuwenden. Am 20. vormittags folgte seine 101. ID. noch dem weichenden Feinde auf Derlo. Da gleichzeitig die zwei Divisionen des XXII. RKorps schon darüber hinaus nach Osten vordrangen, schickte sich die 101. ID. am Nachmittag an, den Bug bei Derlo zu überschreiten und so der den ganzen Tag hindurch um die Höhen westlich von Stawy schwer ringenden 105. ID. zu Hilfe zu kommen. Obgleich an ihrem linken Flügel vorübergehend die GKD. eingesetzt wurde, die 4. Armee mit Teilen der 41. HID. aus dem Raume nördlich von Dubowoje unterstützend in den Kampf eingriff und die Artillerie der 101. ID. vom südlichen Bugufer aus mitwirkte, vermochte diese Division nicht, den zähen Widerstand des Feindes westlich der unteren Pulwa zu bezwingen. Es wurde nun auch die bei Rokitno freigewordene 47. RD. in ihren Bereich verschoben.

Die 4. Armee fand am 20. am Koterkabach, stellenweise sogar wieder auf dessen westlichem Ufer, gleichfalls hartnäckigen Widerstand. Nachmittags gelang es aber der durch Teile der 41. HID. verstärkten 11. ID., den Feind nach erbitterten Kämpfen auf das Ostufer zurückzuwerfen. Beim VIII. Korps rang die 106. LstlD. bis in die Abendstunden vor dem Koterkabache südlich der großen Straße. Die 37. HID. hatte dem Feinde schon vormittags Tokary entrissen, mußte aber den Angriff auf eine nur wenige Kilometer östlich davon befindliche Stellung auf den folgenden Tag verschieben, um das Herankommen der schweren Artillerie abzu warten.

Das Oberkmdo. Mackensen hatte seiner nördlichen Stoßgruppe, der

4. Armee und dem X. RKorps, die Fortsetzung der Verfolgung bis in die Höhe von Kustyn—Wysoko-Litowsk und von dort rechts einschwenkend in nordöstlicher Richtung auf Kamieniec-Litowskij aufgetragen. Aber nur die 4. Armee konnte am 21. August im Anschluß an die Gruppe Kövess in diesem Sinne weiter ausgreifend Raum gewinnen. Vor ihrer Front hatte der Feind in den Morgenstunden den Rückzug angetreten, sich aber westlich von Wysoko-Litowsk neuerlich festgesetzt. Das VIII. Korps nahm sofort die Verfolgung in nordöstlicher Richtung auf und warf die Russen in kräftigem Angriff nachmittags auch aus dieser neuen Stellung. Hiebei erstürmte die 37. HID. eine stark besetzte Höhe südöstlich von Łumno und bemächtigte sich, dem geworfenen Feinde scharf nachstoßend, des Pulwaüberganges nordöstlich des Dorfes. Südlich davon bezwang die 106. LstlD. den vor Wysoko-Litowsk sich wehrenden Feind und drang sodann in das Städtchen ein. Bis zum Abend wurden im ganzen Abschnitt des VIII. Korps russische Nachhuten \on der Bahn vertrieben, und eine neue feindliche Widerstandslinie zwischen Gola und Riasno festgestellt.

Die 11. ID. des XVII. Korps durchschritt rasch den Mündungswinkel der Koterka und der Pulwa; auf dem Ostufer der Pulwa hatte der vor der 11. ID. zurückweichende Feind von Riasno bis nördlich von Stawy Anschluß an jene Teile gefunden, die der 105. ID. auch an diesem Tage noch zähen Widerstand entgegensetzten. Zwar gelang es dieser Division nach wechselvollen Kämpfen, südlich von Stawy sogar auf dem Ostufer der Pulwa festen Fuß zu fassen, sie rang aber weiter nördlich noch den ganzen Tag schwer und ohne Erfolg um diese Bachniederung. Daran vermochte auch das Vordringen der 101. ID. über Derlo gegen Norden nichts zu ändern, dies umsoweniger, als der Feind abends Miene machte, bei Stawy selbst zum Gegenangriff zu schreiten. Um des anderen Tages, am 22., hier endlich die Entscheidung zu erzwingen, sollte die 47. RD. von Nordwesten her gegen Stawy eingreifen; ihr schloß sich links eine durch die gesamte Artillerie der 41. HID. unterstützte Brigade dieser Division an.

Trotzdem zeitigte das zähe Ringen nördlich des Bug weder am 22., noch am 23. den erstrebten Erfolg, denn die inneren Flügel der 3. und der 4. Russenarmee hatten offenbar Verstärkungen erhalten, verfügten über zahlreiche schwere Artillerie mit viel Munition und kämpften hartnäckigst um jeden Fußbreit Bodens. Zwar gelang es dem linken Flügel des XXII. RKorps, der 44. RD., 5 km östlich von Derlo Infanterie auf das Nordufer zu bringen, aber alle Bemühungen, nach Norden weiter Raum zu gewinnen, scheiterten hier ebenso wie bei der links davon stehenden 101. Division. Auch der jetzt mit drei Divisionen geführte Angriff des X. RKorps brachte nur schrittweise und schwer errungenen Erfolg. Während die 105. ID. gegen den bei Stawy auf dem östlichen Pulwa-ufer zäh haltenden Feind nicht durchzudringen vermochte, erkämpften sich die 47. RD. und die 103. ID. am 22. die Gegend südlich von Wołczyn, konnten aber auch am nächsten Tag den feindlichen Widerstand südöstlich davon nicht brechen. Für den 24. wurde daher auch der Einsatz des GKorps neben der 101. ID. in Aussicht genommen.

Nicht weniger schwierig hatte es die 4. Armee. An ihrem rechten

Flügel focht die 41. HID. östlich und nordöstlich von Wołczyn an beiden Tagen heftigst, aber unentschieden. Weiter nördlich bei der 11. ID. und dem VIII. Korps konnten die Erfolge des Vortages zwar erweitert, aber gleichfalls nicht bis zur Entscheidung gebracht werden. So stießen die 11. ID. und die 106. LstlD. am 22. in schweren Kämpfen auf die Höhen südlich von Wysoko-Litowsk vor, arbeiteten sich überall nahe an die feindliche Hauptstellung heran und brachen in der Nacht sogar an verschiedenen Punkten in diese ein. Dann aber setzten die Russen wiederholte heftige Angriffe entgegen; in wechselvollen, hin und her wogenden Kämpfen wurde den ganzen 23. um die Höhen gerungen.

Nördlich von Wysoko-Litowsk drangen die Polenlegion und die 37. HID. am 22. über die Bahn vor, die Honvéd erstürmte Wołkowiczy sowie die Höhen südlich und nördlich dieses Ortes, der vom Feinde fluchtartig geräumt wurde. Bald brachten die Russen aber wieder Verstärkungen heran. Der Widerstand konnte auch am 23. nicht gebrochen werden, obgleich der Angriff nördlich von Wołkowiczy im Einklang mit der 16. ID. der anschließenden Gruppe Kövess fortgesetzt, in örtlichen Erfolgen etwas Raum gewonnen wurde, und die Truppen 1250 Gefangene einbrachten. Für die Lage beim Feinde war es immerhin bezeichnend, daß diese Gefangenen sieben russischen Divisionen entstammten.

Unterdessen schloß sich südlich vom Bug immer fester der Ring um Brest-Litowsk. Das XXII. RKorps nahm am 21. das ganze Westufer der Krzna bis auf eine Höhe knapp an deren Mündung in Besitz, das

VI. Korps und der linke Flügel des Beskidenkorps setzten unter Kämpfen ihre Annäherung an die feindliche Vorfeldstellung fort, die sich, gut ausgebaut, durch die Ortsmitten von Dobryń und Wólka Dobryńskaja und über Dobryńka erstreckte und auf einige halbpermanente Werke stützte.

Am 22. August trat das VI. Korps zum Angriff an. Wieder verzögerte trübes Wetter die Artillerievorbereitung bis mittags, dann aber begannen die schweren Batterien des Korps ihr Zerstörungswerk, und die Infanterie beider Divisionen arbeitete sich langsam an die feindlichen Stellungen heran, ohne sie sogleich bezwingen zu können. Besonders ein die ganze Gegend beherrschender, aufs stärkste ausgebauter Stützpunkt zwischen Wólka Dobryńskaja und Dobryń machte sich empfindlich geltend. Zu seiner Bezwingung mußten Minenwerfer eingebaut werden, was eine Verschiebung des Angriffes auf den 24. erforderte. Das bedeutete eine harte Geduldsprobe für die Führung, und zwar umsomehr, als auch das XXII. RKorps und das Beskidenkorps in diesen Tagen keine Fortschritte erzielt hatten, und andererseits die Meldungen der Flieger und sonstige Erkundungsergebnisse zeigten, daß der Feind unterdessen planmäßig seinen Rückzug nach Osten fortsetzte und im Begriffe zu sein schien, die Festung aufzugeben.

Die Fortführung der Offensive bei den Heeresgruppen Prinz Leopold und Hindenburg

(18. bis 23. August)

Hiezu Beilagen 35 und 36

Bei der Heeresgruppe Prinz Leopold sah GO. Woyrsch schon am

18. August seine Erwartungen erfüllt, die er auf die Wirkung des von der 9. und der 12. Armee ausgehenden Druckes gesetzt hatte (S. 699). Die Russen wichen vor diesen beiden Armeen zurück und verzichteten auf die Verteidigung des rechten Bugufers bis Niemirów. GdI. Kövess brachte bis zum Abend dieses Tages vier Bataillone über den Strom und ließ in der Bugschlinge südwestlich von Sutno Brücken schlagen. Links davon nahm das Korps König auf dem jenseitigen Ufer die Vorrückung gegen Nordost auf, im Anschluß folgte die 9. Armee gegen den Oberlauf des Nurczyk. Gegen den Unterlauf stieß Gallwitz vor und bedrohte nordwestlich von Bielsk bereits die Bahnstrecke Brest-Litowsk—Bielostok.

Die Armee Woyrsch traf ara 19. jedoch schon nach kurzem Vormarsch bei Tokary— Siemichocz—Nurec auf eine feindliche Abwehrfront, die angegriffen werden mußte. Siemichocz konnte zwar genommen, die zwei Kilometer dahinter liegende Widerstandslinie jedoch nicht bezwungen werden. Den Nurczykabschnitt verteidigten die Russen besonders zähe, nur Frommei errang östlich von Pokaniewo eine kleine brückenkopfartige Stellung am jenseitigen Ufer. Gallwitz nahm Boćki. Hinter seiner Front fiel die Festung Nowogeorgiewsk nach kaum zweiwöchiger Verteidigung; 85.000 gefangene Russen und 700 Geschütze fielen in deutsche Hände.

Die Absicht des Prinzen Leopold, am 20. die Bahn zwischen Wysoko-Litowsk und Kleszczeli zu erreichen, scheiterte am Widerstand der Russen. Am rechten Flügel des Korps Kövess erstürmte die 16. ID. im Verein mit der 37. HID. zwar Tokary, alle Anstrengungen des XII. Korps, eine beherrschende Höhe südwestlich Klukowiczy zu erobern, waren jedoch vergebens. Auch vor der deutschen 9. Armee behauptete der Feind noch immer den Nurczykabschnitt, hingegen hatte Gallwitz am Nordufer des Nurec den gleichnamigen Ort, ferner Bielsk und die ganze Bahnstrecke bis an den Narew in seine Gewalt gebracht.

Die nächste Weisung des Prinzen Leopold an die Armee Woyrsch forderte, das Schwergewicht auf deren rechten Flügel längs der Linie Łumno—Jasieniewka—Rusily zu legen, wodurch eine Schwenkung nach Osten angebahnt wurde. Während das k.u.k. XII. Korps noch in der Nacht auf den 21. die Höhe bei Klukowiczy eroberte, zog der Feind vor der Heeresgruppe Prinz Leopold und vor Gallwitz bis an den Narew hinter die gegen Bielostok führende Bahnstrecke ab, die nunmehr von Woyrsch zwischen Łumno und der Station Czeremcha und vom größten Teile der 12. Armee überschritten werden konnte. GdK. Frommei, der jetzt nach dem Abgehen der deutschen 9. KD. zur 12. Armee zwei öst.-ung. Kavalleriedivisionen, die 2. und die 9., sowie zeitweilig die deutsche

5.RD. befehligte, besetzte am 21. das allerdings vom Feinde im Bogen umstellte Kleszczeli. An den östlich der Bahn liegenden Höhen klammerte sich der Russe fest und bewies hier wieder sein Geschick im Kampf um Zeitgewinn. Denn der vom Prinzen Leopold befohlene Angriff, der den Feind in den Bielowieser Forst drängen sollte, konnte auch am 22. nicht entscheidend durchdringen, wiewohl das XII. Korps die Russen in harter Kampfarbeit gegen das Sumpfgebiet von Wierchowiczy gegen die Linie Dolbizna—Jasieniewka zurückwarf und fast 1000 russische Grenadiere als Gefangene einbrachte. Das LKorps und die 9. Armee erweiterten den gewonnenen Raum östlich der Bahn bis Kleszczeli, um dessen nördliche Höhenbegrenzung noch erbittert gestritten wurde. Die 9. KD., GdK. Hauer, unterstützte am 22. ebenso wie am Vortage mit ihren Batterien über den Nurec hinweg den rechten Flügel der 12. Armee, der ebenfalls auf die Höhen östlich der Bahn vorkam.

Der 8. Armee fiel am 22. die Feste Osowiec in die Hand; in der Vorbewegung nahm sie Tykocin am Narew.

Am 23. wollte Woyrsch, nachdem das Korps König die feindliche Widerstandslinie durchbrochen und 3000 Gefangene gemacht hatte, dem Korps Kövess, das mehrfache Gegenstöße abzuwehren hatte, dadurch Luft schaffen, daß er die Verfolgung gegen den Rücken des vor dem

XII. Korps stehenden Feindes ansetzte, konnte aber über Dolbizna nicht durchdringen. Ebenso hielten die Russen vor der Armee Gallwitz.

Offenbar unter dem Eindrücke der raschen Einnahme von Kowno stehend, hielt GdI. Falkenhayn jetzt — wie er am 19. nach Teschen drahtete — eine Verstärkung der 10. Armee für wichtiger, als die von Conrad angeregte Zuführung von Truppen zur 12. oder zur 8. Armee. Im Augenblick konnte sich der deutsche Generalstabschef allerdings auch zu jener Maßregel noch nicht entschließen, wiewohl die am gleichen Tage erfolgte Einnahme von Nowogeorgiewsk die Möglichkeit bot, Teile des Belagerungskorps über Kowno der 10. Armee zuzuführen. Im Stabe der Heeresgruppe Hindenburg war man aber von der Erkenntnis durchdrungen, daß jeder Tag, um den die schon lange geplante Umfassungsoperation über Wilna hinausgeschoben wurde, ihre Erfolgsmöglichkeiten schmälern mußte1). Deshalb wurden schon am 19. Weisungen erlassen, nach denen die 10. Armee mit dem linken Flügel auf Wilna einschwenken, und die Njemenarmee die Flanke dieser Operation gegen die Düna sichern sollte2), indes die 12. und die 8. gegen Nordosten vorzugehen hatten. Bis zum 23. abends kam der Nordflügel der vom GO. v. Eichhorn befehligten 10. Armee um zwei Tagmärsche über Kowno nach Osten hinaus, welcher Vorrückung sich auch die Armeemitte anschließen konnte. Nur bei Augustów stand die deutsche Ostfront vor schon locker werdendem Feinde noch in der alten Linie.

Die Einnahme von Brest-Litowsk (24. bis 26. August)

Hiezu Beilagen 35 und 36

Die Ereignisse seit Mitte August hatten auch die russische Führung zu entscheidenden Maßnahmen gezwungen. Die Hoffnung des Gen. Alexejew, die in seinem Entschlüsse vom 10. August zum Ausdruck kam (S. 688), in der Linie Osowiec—Ciechanowiec—Międzyrzecze—Włodawa nachhaltig Widerstand leisten zu können, hatte sich nicht erfüllt. In fortwährenden Kämpfen heftig bedrängt, waren seine Armeen in der darauf folgenden Woche weit hinter diese Linie auf Brest-Litowsk, hinter Briansk sowie gegen Tykocin zurückgeschlagen worden. Zu den unverminderten Besorgnissen, die der deutsche Vorstoß in Kurland der russischen Führung bereitete, war mit dem Falle von Kowno eine neue Gefahr aufgetaucht. Dies veranlaßte den Großfürsten Nikolai Nikolaje witsch am 17. August, die schon seit Wochen in Aussicht genommene Teilung der Nordwestfront in eine Nord- und eine Westfront anzuordnen. Diese Neugliederung des Heeres hatte am 31. August in Kraft zu treten. Als Hauptaufgabe der dem Gen. Alexejew unterstellten neuen Westfront, deren Bereich im Norden bis zur Linie Augustów—Molodieczno zu reichen hatte, wurde der ,,Schutz der aus dem vorderen Kriegsschauplätze nach Moskau führenden Wege“ durch „starkes Festhalten des Abschnittes Grodno—Bieło-stok—oberer Narew—Brest-Litowsk“ bezeichnet3).

*) Ludendorf.f, Kriegserinnerungen, 129. — 2) Gallwitz, 340.

3) Nesnamow, IV, 99.

Die nachhaltige Behauptung dieser Frontlinie und besonders der Festung Brest-Litowsk schien — nicht zu Unrecht — die Voraussetzung für eine erfolgreiche Abwehr der neuen Gefahr zu sein, die der 10. Armee durch einen zu erwartenden deutschen Vorstoß von Kowno auf Wilna drohte. Ihr gegenüber war der gleichfalls der Westfront zufallende Auftrag, die östlich des Bug zur Linie Brest-Litowsk Kobrin -Pinsk führenden Wege zu schützen, von geringerer Bedeutung. Die Aufgabestellung läßt aber den Schluß zu, daß sich die Stawka mit einer Trennung der Gesamtfront im Gebiete des Polesie abgefunden hatte.

Der Nordfront, die Gen. Rußki zu übernehmen hatte, wurde der Schutz der aus Ostpreußen und vom Baltischen Meer nach Petersburg führenden Verkehrslinien aufgetragen. Zur Sicherung von Wilna mußte Alexejew aber schon jetzt das bei der 3. Armee stehende GKorps abgeben, dem zwei Korps der 13. Armee zu folgen hatten. Die noch im Polesie verbleibenden Truppen dieser Armee, die spätestens am 25. August aufzulösen war, sollten zur 3. Armee übertreten. Auch die 12. Armee sollte durch Unterstellung ihrer Kräfte unter die 1. Armee der Auflösung verfallen, und dafür der Führer der bisherigen 13. Armee, Gen. Gorba-towski, im Raume von Wilna mit den dorthin verschobenen Korps die neue 12. Armee bilden. Doch schon am 18. August stimmte die Stawka den abweichenden Vorschlägen Alexejews zu, die neue 12. Armee nicht bei Wilna, sondern bei Riga und Mitau zu formieren und der 10. Armee die Deckung des Raumes von Wilna zu übertragen1).

Nach Durchführung vorstehender Maßnahmen hatte die Westfront aus der 3., der 4., der 2. und der 1. Armee, die Nordfront aus der 10., der 5. und der 12. Armee zu bestehen. Außerdem wurden dem Gen. Rußki noch die bei Petersburg stehende 6. Armee und die Baltische Flotte unterstellt.

Als am 24. August früh die nördlich vom Bug stehenden Truppen der deutschen 11. Armee sich anschickten, den Feind von der unteren Pulwa zu werfen, fanden sie die bisher so zähe verteidigten Gräben leer. Von der Gruppe Kövess und der 4. Armee in den letzten Tagen immer mehr überflügelt, hatte die russische 4. Armee während der Nacht den Rückzug angetreten.

Als das Oberkmdo. Mackensen dem X.RKorps und der 4. Armee den Raum südlich und nördlich von Kamieniec-Litowskij als Verfolgungsziele anwies, hatte es schon am 20. zugleich Weisungen für das Abschließen der Festung Brest-Litowsk nördlich vom Bug an ihrer Nordwest- und x) Nesnamow, IV, 101 f.

Nordfront ausgegeben. Ihnen zufolge hatten das XXII. RKorps mit dem linken Flügel (44. RD.) zwischen Bug und Motykały, das GKorps von hier bis an die Lesna bei Kozlowiczy die Einschließungslinie fortzusetzen. Der zähe Widerstand des Feindes an der unteren Pulwa und östlich davon am Bug hatte die Ausführung dieser Weisungen bisher verhindert. Jetzt konnte endlich auch hier die Vorrückung angetreten werden. Die 44. RD. erreichte am 24. Kolodno und ging tags darauf bis südlich und südöstlich von Motykały vor. Links von ihr drang das GKorps am 24. auf Niecholsty und nördlich davon vor; am nächsten Tag schwenkte es mit einer Division unter Kämpfen östlich der Bahn nach Süden ein und stieß mit der zweiten ostwärts bis an die Lesna vor.

Unterdessen drängte das X. RKorps mit drei Divisionen dem gewichenen Feinde in die Linie Kustyn—Barszczewo scharf nach, warf am 25. Nachhuten östlich dieser Linie zurück und gewann, an die Garde links anschließend, zwischen Ostromiczewo und südlich des von Wysoko-Litowsk nach Kamieniec-Litowskij führenden Fahrweges die Lesna.

Auch vor der 4. Armee war der Feind am 24. morgens abgezogen. Als aber das XVII. Korps den Raum nördlich von Barszczewo, das VIII. Korps jenen östlich und nördlich von Riasno erreichten, sahen sie sich stark besetzten Stellungen gegenüber, die sie nicht so schnell zu bezwingen vermochten. Harte Kämpfe entspannen sich nachmittags um den Raum südwestlich von Jasieniewka, in denen die 37. HID. und die Polenlegion erst nach Zurückweisung eines heftigen Gegenangriffes die Oberhand behielten.

Am 25. früh griffen die beiden Korps gemeinsam mit der Hauptkraft entlang und südlich des Fahrweges nach Kamieniec-Litowskij an. Um 5h früh brach der Nordflügel des XVII. Korps in die feindliche Stellung südöstlich der Straße ein und stieß, schwächere Reiterei rasch werfend, bis gegen Mittag auf Wojska vor. Dadurch wurde auch der vor dem VIII. Korps noch haltende Feind zum Rückzug gezwungen. Die verfolgenden Truppen blieben ihm überall hart an den Fersen, trafen aber nachmittags auf eine gut vorbereitete und wieder stark besetzte Stellung, die sich über die Höhen südöstlich und nordöstlich von Wojska hinzog. Bis zum Abend wurde auch hier wieder der Angriff bis nahe an die russischen Gräben herangetragen.

Bei der Heeresgruppe Prinz Leopold war am 24. beabsichtigt, den Angriff der Armee Woyrsch mit dem rechten Flügel über Rusiły—Dmi-trowiczy und mit dem linken, auf den das Schwergewicht zu verlegen war, von Czeremcha über Dolgobrodskoje fortzusetzen. Mittlerweile hatten aber die Russen doch begonnen, bis vor den Südflügel der 12. Armee Raum zu geben. Überdies griff Falkenhayn mit der Weisung ein, nur bis an den Westrand des Bielowieser Forstes heranzugehen, diesen abzusperren und südlich des Waldes zu umfassender Bewegung gegen Süden vorzustoßen1). GO. Woyrsch ließ daher die Gruppe Kövess mit ihrem rechten Flügel von Rusily auf Gorodyszc.ze und das LKorps vorerst in breiter Front an den Policznabach vorrücken, wobei dieses auf den späteren Abmarsch über Dmitrowiczy Bedacht zu nehmen hatte. Durch die Schwenkung um Gorodyszcze nach Südosten wollte Woyrsch dem vor Mackensen standhaltenden Feinde in den Rücken kommen.

Von Nachhuten vielfach aufgehalten, erkämpfte sich Kövess den Raum von Wierchowiczy, in den die Division Bredow und der rechte Flügel des Korps König ebenfalls schon einschwenkten. Die anderen Streitkräfte des Prinzen Leopold erreichten die Oberläufe der Policzna und Orlanka, wo sie der Armee Gallwitz die Hand reichten. Aus den Meldungen der Luftaufklärung konnte der Rückzug des Feindes deutlich ersehen werden. Die 8. Armee bedrohte nach Überschreitung des Narewbogens westlich von Bielostok bereits diesen Bahnknoten, die

10. Armee drückte nunmehr in ihrer ganzen Ausdehnung auf die russische Nordwestflanke.

Bis zum 25. abends kamen Kövess mit der 16. ID. und König mit der 4. LD. — die 35. ID. und die Division Bredow mußten wegen des schmalen Vorrückungsraumes Zurückbleiben — bis an eine von Januszy nach Süden laufende Linie, die noch im Zuge der ursprünglichen feindlichen Abwehrfront östlich der nach Bielostok führenden Bahn gelegen war. Die deutsche 9. und der Südflügel der 12. Armee hatten unterdessen diese Widerstandslinie gegen das große Waldgebiet und über die Orlanka hinweg schon stark eingebeult.    '

Auf dem rechten Flügel der Heeresgruppe Mackensen drückten die östlich vom Bug befindlichen Teile der Bugarmee in diesen Tagen gleichfalls unter lebhaften Kämpfen das II. kauk. und das XXIII. Russenkorps schrittweise nach Norden und Nordosten zurück. Am 24. wurde in der Linie Zburaż—Bogusławy heftig gefochten, tags darauf der Spa-nowkabach von Miedna bis östlich von Rogoźna durch das XXIV. RKorps und die 22. ID. gewonnen; der rechte Flügel, l.ID. und XXXXI. R-Korps, drang kämpfend bis Zburaż und Mielniki vor.

Mittlerweile hatte der Vorstoß der 1. Armee am 23. August zur Einnahme von Kowel geführt (S. 706), in dessen Folge das XXXI. Korps

x) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 174; G a 11 w i t z, 345.

und das IV. Kavalleriekorps der Russen in schleunigem Rückzug nach Norden auf Ratno den durch die Bugarmee bereits empfindlich gefährdeten Anschluß an die Hauptkraft der 3. Armee zu finden suchten. Das Kavalleriekorps Heydebreck, dem die am 20. aus der Gruppe Kövess ausgeschiedene k.u.k. 7. KD. über Cholm nachgesendet wurde, stieß dem Feinde am 24. und 25. mit der ll.HKD. über Bucin längs und westlich der Reichsstraße, mit der deutschen 5. KD. über Mielcy nach. Es gelangte dadurch in nahen Anschluß an die Bugarmee und trat deshalb in der Nacht auf den 26. in ihren Verband.

Unterdessen näherte sich das Schicksal von Brest-Litowsk mit raschen Schritten der Entscheidung. Nach der kurzen Kampfpause, die die Notwendigkeit neuer Angriffsvorbereitungen am 23. erzwungen hatte, schritt das VI. Korps am 24. wieder mit voller Kraft zum Angriffe. Während sich die 12. ID. der feindlichen Stellung beiderseits von Dobryń nur langsam, teilweise sogar nur in mühsamem Sappenangriff nähern konnte, gelang es dem Südflügel der 39. HID., die Verschanzungen nordöstlich von Dobryńka zu erstürmen und noch 2 km darüber hinaus vorzustoßen. Auch die 25. RD. des Beskidenkorps schob ihre Linien um einiges vor, worauf die Verteidiger, III. kauk., X.undTeile des XIV.Korps, in der Nacht auf den 25. die Vorfeldstellungen gegenüber dem Korps Arz und der 43. RD. aufgaben.

Mehr als diese örtlichen Erfolge der Verbündeten mochten das Vordringen der Heeresgruppe Prinz Leopold über die geradlinige Verbindung zwischen Brest-Litowsk und Bielostok hinaus, weiters vielleicht noch in erhöhtem Maße der Raumgewinn des rechten Flügels der Bugarmee auf dem östlichen Bugufer die russische Führung zum Entschluß gedrängt haben, Brest-Litowsk zu räumen. Blieb die Festung noch einige Tage besetzt, so konnte sie leicht dem Schicksal von Nowogeorgiewsk verfallen. Auf eine neuerliche so schwerwiegende Einbuße an Geltung und von Zehntausenden von Streitern durfte man es nicht ankommen lassen. Da der Rückzugsraum der Heeresmacht Alexejews im allgemeinen nördlich vom Polesie nach Nordosten führte, entschloß sich der russische Heerführer am 25., die noch bis an das Narewknie bei Suraz vorragenden und einer Umfassung ausgesetzten inneren Flügel der 12. und der

1. Armee auf die kürzere Front Biełostok—Bielsk zurückzunehmen1),

!) Nach Nesnamow, IV, 98, hätte das Zurückweichen in die Linie Bielsk— Demianczycy nur die 4. Armee, und das Zurücknehmen auf Biełostok und östlich Bielsk die 2. Armee betroffen. Nach allen anderen Quellen und auch nach Nesnamow, IV, 93, traten in diesen Räumen jedoch die oben angegebenen Armeen auf.

nachdem die 2. u^id die 4. Armee bereits bis in die Front östlich von Bielsk—Januszy—Demianczyczy zurückgewichen waren. Die in noch viel bedrohterer Lage befindliche 3. Armee wurde „zum sicheren Festhalten der Lesna und der nach Prużany führenden Straße angewiesen, ihren rechten Flügel zu verstärken und den linken Flügel rasch zurückzunehmen“. Das bedeutete die Preisgabe der Festung Brest-Litowsk.

Abgehorchte Funksprüche hatten den Verbündeten diese Absicht ohnehin bereits enthüllt. Man wußte, daß die 4. und die 3. Russenarmee Befehl erhalten hatten, noch während der Nacht auf den 26. mit der Hauptkraft in die Linie Gajnowka—Stoczok—Soloducha—Wola-Żabinka zurückzugehen. Auf dem gleichen Wege wurde bis zum 26. auch der Entschluß Alexejews, seine Armeen in zwei bis drei Tagmärschen auf die Linie Grodno—Szereszowo—Kobrin zurückzunehmen, bekannt. Bezeichnenderweise enthielt der Befehl an die russischen Truppen die Aufforderung an die Führer, auf strenge Manneszucht zu sehen und dem Sinken der Moral durch die Erinnerung an das Jahr 1812 zu begegnen.

Für die Streiter der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold galt es jetzt, allseits raschestens vorzustoßen und insbesondere bei Brest-Litowsk ehestens den Fortsgürtel zu bezwingen, um dem Feinde noch möglichst viel Abbruch zu tun. Letztgenannte Aufgabe fiel vornehmlich dem k.u.k. VI. Korps zu. Der Feind hatte in den Werken bei Kobylany und Koroszczyn und zwischen diesen Orten starke Stellungen bezogen. Am Abend standen die öst.-ung. Truppen knapp vor den im heftigen Feuer der schweren Artillerie liegenden Werken, in denen ebenso wie dahinter in der Stadt große Brände wüteten. In weitem Umkreise erschütterten Sprengdetonationen die Luft. Aber trotz dieser untrüglichen Anzeichen bevorstehender Räumung der Festung leistete der Feind noch immer hartnäckigen Widerstand. Nicht ohne empfindliche Verluste bahnten sich die Regimenter des VI. Korps zwischen explodierenden Minen den Weg durch die feindlichen Drahthindernisse i). Bei sinkender Nacht drang die Honvéd in das Werk von Kobylany ein, nordöstlich davon stürmte die 12. ID. ein anderes Festungswerk. Der Gürtel war durchbrochen; die siegreichen Regimenter drängten noch in der Nacht ostwärts vor, fanden aber die Werke des inneren Festungsgürtels bereits gesprengt und verlassen. Am 26. um 3h früh kamen vorgeschobene Bataillone an das Südende der Kembefestigungen sowie an die brennende Straßenbrücke. Rasch war ein Steg fertiggestellt, um das jenseitige Ufer zu gewinnen.

Die beiderseits an das Korps angrenzenden deutschen Divisionen hatten sich im Laufe des 25. dem Angriff angeschlossen. Jetzt stießen auch sie im inneren Festungsbereiche ostwärts vor. Während Teile des XXII. RKorps (43. RD.) sich dem nun auch in die Zitadelle und sodann in die brennende Stadt eindringenden VI. Korps anschlossen, bemächtigte sich die 119. ID., nördlich der Stadt vorgehend, nach und nach aller Werke der Nordfront. Wieder war einer der bedeutendsten feindlichen Waffenplätze des Kriegsschauplatzes in die Hände der Verbündeten gefallen. Trotz der rücksichtslosen Zerstörungsarbeit, die der Feind an Stadt und Festung geleistet hatte, konnten noch ungeheure Vorräte an Lebensmitteln und an Munition gerettet werden1).

Inzwischen drang das Beskidenkorps südlich der Festung über den Bug und zwischen den verlassenen Festungswerken der Südfront hinweg nach Osten vor. Nachmittags wurde die Bugarmee angewiesen, die Verfolgung mit dem linken Flügel entlang der Straße Brest-Litowsk— Kobrin kräftigst so vorzutreiben, daß der Feind vor dem rechten Armeeflügel am Zurückgehen nach Norden verhindert und gegen die Sumpfwälder gedrängt werde. Das siegreiche VI. Korps wurde nun, nachdem die 12. ID. die Stadt durchschritten hatte, und die 39. HID. vor den Bugbrücken gesammelt worden war, angehalten und wieder der 11. Armee unterstellt. Das XXII. RKorps und das Beskidenkorps konnten jedoch unbehindert östlich von Brest-Litowsk Vordringen und bis zum Abend die Linie Raczki—Szebrin erreichen.

In der Wald- und Sumpfzone südöstlich von Brest-Litowsk war am Abend des 25. an der Spanowka sowie bei Zburaż und Mielniki noch heftig gekämpft worden; aber in der Nacht wichen auch hier die Russen überall zurück. In weitausgreifender Verfolgung kamen das Korps Gerok (107. und 11. bayr. ID.) bis in die Linie Podlesie—Radwaniczy, die 22.ID. nach Wielikoryta und das XXXXI. RKorps, dem die 1. ID. jetzt hinter dem Südflügel folgte, nach Mokraný. Die Reiter Heydebrecks näherten sich an diesem Tage in der Verfolgung des XXXI. Russenkorps der Ortschaft Ratno.

So wie im Bereiche der Festung hatte der Feind auch vor der Hauptkraft der 11. Armee und vor der 4. Armee in der Nacht auf den 26. seine Stellungen geräumt. Die Garde und das X. RKorps stießen ihm, ohne Widerstand zu finden, sogleich ostwärts über die Lesna nach und standen abends im Anschluß an das XXII. RKorps in der Linie Rudka— Podlesie—Pruska.

Auch bei der 4. Armee war die Verfolgung vom frühen Morgen an in vollem Gange. Um die Mittagsstunde überschritten Teile der 11. ID. und der 41. HID. ohne feindliche Gegenwirkung bei Kamieniec-Litowskij die Lesna, zogen durch die brennende Stadt und drangen auf die Höhen östlich davon vor. In der Staffel links folgten die 37. HID. sowie die 106. LstlD. und die Polenlegion.

Damit hatte die 4. Armee das Ziel erreicht, das ihrer Mitwirkung auf diesem Teile der Schlachtfront gesteckt worden war. Sie bezog nur noch mit je einer Brigade der 41. und der 37. HID. auf den Höhen westlich von Pruska eine brückenkopfartige Stellung, über die hinaus die Heeresgruppe Prinz Leopold im Anschluß an die 11. Armee die Verfolgung fortsetzen sollte.

Reiterpatrouillen, die aus Kamieniec-Litowskij nach Osten und Südosten vorgetrieben wurden, stießen in einem Bereiche von 15 km nirgends mehr auf den Feind, der vielmehr von den Fliegern in dichtem, gedrängtem Rückmärsche auf Kobrin und Prużany gesichtet wurde. Die übrigen Teile der 4. Armee, die Massen des VIII. und des XVII. Korps, wurden westlich der Lesna gesammelt; jenes sollte dann nach Iwangorod, dieses nach Cholm marschieren.

Nördlich der 4. Armee konnte auch GO. Woyrsch am 26. mit den vorderen Divisionen gegen Osten ausschreiten; am Abend hatte die 16. ID. die Lesna nördlich von Kamieniec-Litowskij überschritten, auf dem jenseitigen Ufer festen Fuß gefaßt und die Fühlung mit der Brückenkopfbesatzung der 4. Armee aufgenommen. Das Korps König war neben dem k.u.k. XII. Korps gleichfalls an den Fluß gelangt und trachtete bei Kamieniki den Übergang zu erzwingen.

Die 9. Armee sperrte auftragsgemäß den Süd- und Westrand des Bielowieser Forstes bis gegen Gajnowka; GdK. Frommei zog dazu auch die 9. KD. heran, damit sie entsprechend dem Vorschreitender 12.Armee längs der nach Wolkowisk führenden Bahn die Sicherung gegen den Wald verlängere. Die 2. KD. verblieb noch bei Kleszczeli. Gallwitz hatte den Orlankaabschnitt hinter sich gebracht und war bereit, zwischen der genannten Bahnlinie und jener von Bielostok—Grodno nach Nordost vorzustoßen. die 8. Armee gewann in gerader Ostfront die Linie Bielostok— Suchawola, während die 10. mit dem Blick nach Südost in 240 km langer Ausdehnung südöstlich von Augustów über Wilunszki bis Wil-komir stand. Hier schloß die Njemenarmee in einem ebensolangen Bogen über die Gegend westlich von Ponedeli—Mitau bis an die Rigaer Bucht, 30 km vor der Stadt, an.

Betrachtungen über die Sommerofiensive 1915

Mit der Einnahme von Brest-Litowsk sollte die große Offensive der Verbündeten zwar noch nicht ihr Ende erreicht haben; doch war sie an einem geographisch höchst bedeutsamen Abschnitte angelangt, an dem Westrand des „Polesie“ genannten gewaltigen Wald- und Sumpfgebietes, das sich nunmehr auf viele Tagmärsche quer über das Kriegstheater iegte, und dem in Friedenszeiten Freund und Feind die Eignung zum Manövrierland völlig abgesprochen hatten.

Weder Falkenhayn noch Conrad, jener noch weniger als dieser, hatten, als sie im April 1915 den Stoß von Gorlice beschlossen, eine Kriegshandlung von solch gewaltigen Abmessungen, wie sie nun hinter den Verbündeten lag, im Auge gehabt. Conrad war gegenüber den Russen grundsätzlich wohl von ernstem Vernichtungswillen erfüllt gewesen, aber er hatte noch in seiner Denkschrift vom 7. April der bestimmten Meinung Ausdruck verliehen, daß ein entscheidender Erfolg gegen das Zarenheer nach wie vor nur durch weitausholende Umfassungen von den Karpathen und von Ostpreußen her (S. 301) zu erzielen sei. Wenn er trotzdem einige Tage zuvor gegenüber dem GM. Cramon schon einen Angriff bei Gorlice angeregt hatte, so hatte er dabei im Wesen nur an eine taktische Entlastung der Karpathenfront gedacht. Falkenhayn wollte dem Durchbruch von Gorlice wohl von Anbeginn eine größere Auswirkung sichern, aber auch er hatte nur das Erreichen begrenzter Ziele im Sinne — wie etwa die Gewinnung des Sanflusses. Es hatte dann auch weiter bei beiden Generalstabschefs stets neuer, oft mühsam abgerungener Entschlüsse bedurft, ehe die Kriegshandlung zu voller Reife gedieh. Man erinnere sich nur der unerhört schweren Gewissenslast, die Conrad in den Tagen der Kriegserklärung Italiens auf sich nehmen mußte.

Aus dem Blickfeld der obersten Führung zerfällt der große Feldzug in zwei scharf geschiedene Phasen. Der Vorstoß vom Dunajec über Przemyśl bis Lemberg stellt sich dem rückschauenden Beurteiler als unmittelbare strategische Auswirkung des Durchbruches von Gorlice dar, und es darf hier sicherlich gefragt werden, ob der Erfolg dieser Offensive kein größerer gewesen wäre, wenn sich die Führung der Mittelmächte von Haus aus die Gewinnung der Hauptstadt Galiziens als Ziel gesteckt oder zu stecken vermocht hätte1). Dabei mag freilich zu be*) Moser, Ernsthafte Plaudereien über den Weltkrieg (Stuttgart 1925), 115 ff.

denken sein, daß es kaum allein auf den früheren Einsatz der durch Falkenhayn allmählich beigestellten Verstärkungen angekommen wäre, sondern auch auf eine raschere Bewältigung der Schwierigkeiten im Nachschub, die auf diesem Kriegsschauplätze und bei den Zerstörungsmethoden des Feindes von Anbeginn besonders groß waren und mit jedem Schritt von der Grundstellung weg noch größer wurden. Wie dem aber auch sei — den Russen gelang es jedenfalls, den durch die Stoßrichtung Mackensens bedingten außerordentlich großen Gefahren zwar unter Opfern, aber doch in geschlossener Front zu entrinnen, so daß sich Ende Juni 1915, rein strategisch betrachtet, im Osten eine dem Sommer 1914 nicht unähnliche Lage ergab, die naturgemäß auch die Führung der Verbündeten vor ähnliche Aufgaben stellte wie vor Jahresfrist die öst.-ung. Heeresleitung. Und man kann wahmehmen, daß auch Entschlüsse gefaßt wurden — allerdings gegenüber einem mehrfach aufs Haupt geschlagenen Feinde — wie sie seit den Zeiten des FM. Heß zum begründeten Rüstzeug jedes kaiserlichen Generalstabes gehörten und nicht minder durch Conrad bei Kriegsbeginn gefaßt worden sind1). Es mochte dem öst.-ung. Generalstabschef einige Befriedigung gewähren, zu sehen, wie jetzt der Krieg doch die Bahn einschlug, die er ihm längst und immer wieder aufs Neue zu weisen versucht hatte.

Dabei drängten sich, als Mackensens Heeresgruppe gegen Norden angesetzt wurde, in die Erörterungen der Heeresleitungen auch wieder die beiden grundlegenden Fragen ein, die beim Einleitungsfeldzug des öst.-ung. Nordheeres entscheidend gewesen waren: die Fragen, wie der Schutz des Hauptangriffes gegen Osten hin zu bewerkstelligen, und wie das Zusammenwirken zwischen den galizischen und den ostpreußischen Streitkräften einzurichten wäre. Die erste der beiden Fragen löste Conrad zu Anfang Juli zunächst noch dahin, daß er die unmittelbar östlich und südöstlich von Lemberg kämpfenden Armeen an den oberen Bug und an die Złota Lipa vorstoßen ließ. Gegenüber dem Vorschläge Conrads, den Nordstoß Mackensens in weiterer Folge durch eine bewegliche Flankendeckung zu sichern, drang Falkenhayn mit der Auffassung durch, daß es verläßlicher sein werde, hinter der Ostflanke Mackensens einen von Tag zu Tag sich gegen Norden verlängernden Schützengraben zu ziehen.

Unterdessen war Mackensens Heeresgruppe schon in der ersten

!) Bd. I (2. Aufl.), 12 ff.; Bd. II, 552; dazu auch Kiszling, FM. Conrads Kriegsplan gegen Rußland (Mil. wiss. Mitt., Jhrg. 1925, 469 ff.) und Glaise-Horstenau, Franz Josephs Weggefährte (Lebensbeschreibung Becks, Wien 1930), 261 ff.

Juliwoche mit dem Einrücken in die Front Hrubieszów—Józefów etwa in die Linie gelangt, in der Ende August und Anfang September 1914 der Angriff des k.u.k. Nordheeres kulminiert hatte. Die Offensive mußte damals vor allem wegen des Mißgeschickes aufgegeben werden, das den rechten Heeresflügel ereilt hatte. Doch auch ohne dieses wäre den angreifenden Armeen Auffenbergs und Dankls kaum ein durchschlagender Erfolg beschieden gewesen, da das von Conrad erhoffte Eingreifen des deutschen Ostheeres über den Narew ausblieb, die eigene Angriffskraft aber nicht mehr ausreichte, diesen Ausfall zu ersetzen. Nun aber, zu Anfang Juli 1915, ging Falkenhayn bereitwilligst auf die Anregung Conrads ein, die Armee Gallwitz über den Narew mit dem historischen Vorrückungsziele Siedlec anzusetzen. Dabei stellte er sich allerdings zu Hindenburg und Ludendorff in heftigen Gegensatz, die weiter nordwärts in der allgemeinen Richtung Minsk ausgreifen wollten 1). Der Meinungsstreit Siedlec oder Wilna, zuerst vom Deutschen Kaiser zugunsten Falkenhayns entschieden, vertiefte die zwischen den beiden Hauptquartieren längst bestehende Mißstimmung bis zur Unversöhnlichkeit. Innerhalb des dieser Darstellung gezogenen Rahmens ist nur zu erwähnen, daß Conrad an der Stoßrichtung Siedlec festhielt, solange die Russen noch westlich der Weichsel standen, dann aber das von Hindenburg und Ludendorff gewünschte weitere Ausgreifen befürwortete. Gleichzeitig verfocht der öst.-ung. Generalstabschef den Plan — es war nach dem Falle von Iwangorod und Warschau — daß nun auch das Angriffsziel Mackensens tiefer in den Rücken des Feindes, also von Siedlec in die Richtung Brest-Litowsk zu verlegen sei. Er fand aber mit diesen noch immer von entschiedenem Vernichtungswillen diktierten Vorschlägen, wie auch mit der Anregung, die Armeen Hindenburgs möglichst bald zu verstärken, nicht die Zustimmung Falkenhayns. Dieser schrieb am 9. August an den Rand einer Note seines öst.-ung. Kollegen, daß es seiner Ansicht nach „unendlich weniger wichtig sei, wo die 11. und die Bugarmee durchstießen, als daß es ihnen an irgendeiner Stelle gelinge, wirklich durchzukommen2)“. Noch bezeichnender für die grundsätzliche Einstellung zu den Problemen des Krieges äußerte sich Falkenhayn vier Tage später schriftlich gegenüber Hindenburg: „Eine Vernichtung des Feindes ist von den laufenden Operationen im Osten niemals

Ludendorff, Kriegserinnerungen, 114 ff.; Foerster, 125 ff.; K a b i s c h, Streitfragen des Weltkrieges 1914—1918 (Stuttgart 1924), 186; Z w eh 1, Falkenhayn und zahlreiche sonstige Literatur.

2) Foerster, 139.

erhofft worden... Die Vernichtung im großen durfte im vorliegenden Falle nach meiner Ansicht . . . auch nie angestrebt werden. Es fehlen einfach die Grundbedingungen dafür1).“

Der von Falkenhayn aufgestellte Grundsatz, daß es gleichgültig sei, wo man den Feind warf, wenn er nur irgendwo geworfen wurde, war denn auch für die Führung des Feldzuges der Armeen Mackensens in gewissem Sinne maßgebend geworden. Während jeweils die eine Armee, die gerade taktisch günstigere Bedingungen vorfand, anzugreifen und als Sturmbock zu wirken hatte, lag es an den anderen Streitkräften der Heeresgruppe, Zurückhaltung zu wahren, bis wieder ihre Stunde schlug. So hatte Ende Juni ein kurzer Vorstoß der 11. Armee, der auch zum Beziehen der Grundstellung für den weiteren Angriff erforderlich war, die vor der 4. Armee stehenden Russen zum endgültigen Rückzug hinter den breiten Tanewgrund genötigt. Als kurz darauf ein großer Teil der 11. Armee doch wieder im Flankenschutz gegen Osten gefesselt wurde, und ein neuer Impuls nur vom Einsatz von Verstärkungen zu erwarten war, kam die 4. Armee an die Reihe, einen weiteren Schritt nach vorwärts zu tun und zugleich in der zehntägigen blutigen „Zweiten Schlacht bei Kraśnik“ die Masse der Heeresreserven Alexejews auf sich zu ziehen, wodurch wieder dem nächsten Angriff des rechten Nachbarn nützlich vorgearbeitet wurde. Prompt führte dieser Mitte Juli den Schlag bei Krasnostaw. Dieses abwechselnde Vorwärtsstampfen der schweren Kriegsmaschine blieb auch dann Gesetz, als die neue Bugarmee an die Seite der zwei anderen Stoßarmeen trat. Bis weit hinter die Front des Feindes gezogene Gefechtsstreifen kennzeichneten diese Kampfführung, deren Hauptelement der Stirnkampf mit jeweilig zusammengezogenen, sozusagen fluktuierenden Stoßgruppen war.

Sicherlich entsprangen solche Methoden nicht durchaus dem freien Wollen der Führung, sondern sie waren vielfach das Ergebnis verschiedener Bedingtheiten. Hatte sich doch Ende Juni der Stabschef Mackensens, GM. Seeckt, nachdrücklich mit dem Gedanken befaßt, entsprechend starke Kräfte über den Bug zu werfen und von da aus flankierend in den Kampf der Stoßarmeen eingreifen zu lassen! Mit diesem Plane näherte sich Seeckt in gewissem Sinne den Ideen Conrads über die Schaffung eines beweglichen Flankenschutzes (S. 573). Die Absicht blieb jedoch aus mehrfachen Gründen vorerst (S. 628) unausgeführt. Das Oberkmdo. Mackensen sah auch dann von der Verwirklichung ab, als Mitte Juli das Vordringen Puhallos über den Bug gute Erfolgsmöglichkeiten zu

i) Foerster, 140.

bieten schien. Nachrichten über eine erhebliche Verstärkung der Russen zwischen Bug und Weichsel und über ein Versteifen ihres Widerstandes an dieser Hauptangriffsfront veranlaßten vielmehr das Heeresgruppen-kmdo. am 18. Juli, die k.u.k. 1. Armee zum Halten zu befehligen. Mitte August aber, als die Bugarmee dann doch östlich des Flusses, der ihr den Namen gegeben hatte, vorzudringen begann, waren die Ereignisse schon so weit ausgereift, daß ein gewiß auch manche Gefahr in sich bergendes weiteres Ausholen gegen Osten keine entscheidende Wirkung mehr versprach. Immerhin wäre es noch denkbar gewesen, auf dem rechten Flügel der Hauptangriffsmasse stärkere Kräfte zu einem tiefen Stoß in das Wirrsal der russischen Streitermassen zusammenzuraffen. Aber man wagte sich nicht in das Sumpf- und Seengelände südwestlich von Włodawa hinein. Das Schwergewicht des Angriffes wurde vielmehr noch weiter gegen links verlegt, nach der Richtung Parczew hin. Jedes Hinübersinken nach Westen erleichterte es aber den Russen, sich aus der Umklammerung zu lösen, in der sie lange genug, bis in die zwölfte Stunde, auszuharren gewagt hatten.

Die Vorstellung, die Sumpfgebiete seien für größere Heereskörper nicht betretbar, erwies sich später als falsch. Sie war aber nicht die einzige Ursache einer Kriegführung, die auf weiterreichende Erfolge verzichtete. Das Bedenken, bei nach Osten ausholenden Bewegungen aus den Weiten des russischen Raumes selbst in der Flanke gefaßt zu werden, mochte nicht minder dazu beigetragen haben.

Das bei der Ausdehnung des Kriegstheaters schüttere, von den Russen schwer beschädigte und aller Betriebsmittel beraubte Bahnnetz konnte nur unter großem Zeitaufwand wiederhergestellt und auf mitteleuropäische Spurweite gebracht werden. Der Nachschub bereitete wachsende Schwierigkeiten. Es ist bewundernswert, daß die bei Brest-Litowsk kämpfenden k.u.k. Truppen von den Bahnendpunkten westlich der Weichsel auf 150 km Luftlinie überhaupt versorgt werden konnten. Trotzdem erforderte die Kriegslage, dem im Rückzug überaus geschickten Feind an den Fersen zu bleiben, so daß das Zusammenziehen stärkerer Kräfte auf mannigfaltige Hindernisse gestoßen wäre. Es ist nicht zu vergessen, daß der gewaltige Feldzug auch so, wie er geführt wurde, die größten Anforderungen an die Truppen stellte. Zutreffend sagt der auch heute noch unübertroffene Barde des Weltringens, Hermann Stegemann, in seiner „Geschichte des Krieges1)“: „Der Feldzug hatte tiefe Lücken gerissen. Jeder Tag hatte Blut gefordert, Dysenterie und Flecktyphus

v) Stegemann, Geschichte des Krieges, III. Bd. (Stuttgart 1919), 360 f.

schlichen durch die Reihen, Pferdeleichen lagen zu Tausenden auf den polnischen Wegen, unzählige Kraftwagen waren zugrunde gerichtet worden, und die Wiederherstellung von Bahnen, Straßen und Brücken kostete viel Zeit und erforderte ein ungeheures, wertvolles Material, das zu Kriegszwecken in fremder Erde verscharrt werden mußte. Dünn und dünner wurde die Kampffront, denn die Etappe verschlang immer zahlreichere Kräfte. Die Kämpfer selbst waren müde und abgehetzt, ungenügend verpflegt und von brütender Sonne, von klatschenden Regengüssen und erstickenden Sandstürmen hart mitgenommen.“

Die Verluste, die das öst.-ung. Nordheer in den vier Feldzugsmonaten seit Gorlice erlitten hatte, beliefen sich an Toten, Verwundeten und Gefangenen auf etwa eine halbe Million Mann.

Da war es nun sicherlich zu erklären, wenn die Kunst des Manövers schließlich zu kurz kam, und der Krieg in verhältnismäßig einfachen Formen über die Wälder, Sandhügel und Sumpflandschaften Polens und Wolhyniens hinwegrollte. Die Russen zogen daraus freilich erheblichen Vorteil. Die noch zu Anfang Juli weit gegen Westen vorgeschobene Mitte des Zarenheeres konnte zurückgenommen werden, ohne daß trotz der schweren Schläge die Front irgendwo riß. Der Bogen verflachte sich, bis schließlich die russische Schlachtordnung nach der Einnahme von Brest-Litowsk in einer nahezu geraden, meridional gerichteten Linie verlief. Wohl hatten die Russen seit Beginn des Monats Mai 100.000 Mann durch Tod, über eine halbe Million durch Verwundung und Erkrankung und mindestens ebensoviel durch Gefangennahme1) sowie über 2600 Geschütze, 1950 Maschinengewehre und eine Unmasse von Kriegsgerät verloren. Von diesen Einbußen traf das russische Heer der Verlust an Waffen und Kriegsgerät besonders schwer, da man bei deren Ersatz zum großen Teil auf die Hilfe der Alliierten angewiesen war. Dagegen standen für die Auffüllung der Stände noch immer fast unerschöpfliche Menschenreserven zur Verfügung. Auch hatten die Russen ihren Befehls- und Erhaltungsapparat im großen unversehrt zu retten vermocht, da den Heeren der Mittelmächte die Abschnürung ganzer Armeen versagt geblieben war.

Solcherart lastete das Problem des russischen Krieges, an dem ein Jahrhundert früher der Kriegsruhm eines Napoleon zerschellt war, noch

a) Rußland im Weltkriege 1914/18 in Ziffern, herausgegeben vom statist. Zentralbureau (in russischer Sprache, Moskau 1925), 30. — Diese Veröffentlichung gibt die Zahl der in Gefangenschaft geratenen Soldaten mit 457.288 Mann an — im Gegensatz zu den Angaben der Verbündeten, nach denen 1,007.332 Russen gefangengenommen wurden.

immer schwer auf den Schultern der Feldherren der Verbündeten. Ihre Heere hatten vom Mai bis August, in knapp vier Monaten, von Gorlice über Przemyśl und Lemberg bis Brest-Litowsk ein 520 km tiefes Schlachtfeld in unaufhörlichen Kämpfen durchmessen und schließlich mit 13 Armeen, die insgesamt 120 Infanterie- und 20 Kavalleriedivisionen zählten,

11 russische Armeen mit etwa 125 Infanterie- und 35 Kavalleriedivisionen vor sich hergetrieben. Gegenüber der Bewegung solch gewaltiger Massen verblaßte selbst die Erinnerung an Napoleons russischen Feldzug, in dem die französische Armee zwar einen doppelt so weiten Weg zurücklegte, aber schon bei ihrem Ausschreiten nur 500.000 Mann stark war. Der gigantische Siegeszug der Verbündeten mochte denn auch bis auf weiteres die Gefahr eines Moskowitereinbruches in Mitteleuropa zuverlässig gebannt haben. Zugleich war den Russen weites Land entrissen worden, dessen wirtschaftliche Schätze den unter dem Hungerkrieg schon schwer leidenden Mittelmächten wohl zustatten kommen sollten. Aber kriegsentscheidende Bedeutung kam diesen mit nicht geringen Opfern erkauften Erfolgen noch keineswegs zu, und politisch wurden sie dadurch, daß sie unter den Mittelmächten und zwischen diesen und Rußland die polnische Frage zwingend aufrollten, beinahe zu Parther-pfeilen, die auf die Schützen zurückschnellten. Von den goldenen Brücken zu Rußland hinüber, von denen Conrad gegenüber Burián gesprochen hatte (S. 668), war man weiter entfernt denn je.

Unerbittlich nahm der Krieg im Osten seinen Fortgang.

DIE SOMMERSCHLACHTEN GEGEN ITALIEN

(23. Juni bis 7. Juli)

Hiezu Beilage 37

' Artillerievorbereitung und Erkundungsgefechte

(23. bis 29. Juni)

Nachdem der Aufmarsch des italienischen Heeres beendet war, und seine Divisionen sich an die öst.-ung. Isonzofront herangeschoben hatten, befahl Gen. Cadorna endlich am 21. Juni, einen Monat nach der Kriegserklärung, seine beiden rechten Flügelarmeen zum entscheidenden Angriff. Von der 3. Armee sollten am 23. das VII. und das neu in die Front gestellte X. Korps „auf den Rand der Hochfläche [von Doberdö] zwischen Monfalcone und Sagrado vorstoßen“, während das XI. Korps (ohne die 22. ID.) zwischen Sagrado und der Wippachmündung zu demonstrieren hatte. Bei der 2. Armee wurde dem VI. Korps die Eroberung des Görzer Brückenkopfes zum Ziel gesetzt, wobei es durch die 22. ID. des XI. Korps zu unterstützen war. Das II. Korps hatte den Isonzo zu überschreiten und die Höhe KukAóll zu nehmen. Die 29. ID. des VIII. Korps wurde der 2. Armee als Reserve zugewiesen. Als Heeresreserve wurde das XIV. Korps (27. und 28. ID.) zwischen Cormons und Medea bereitgestellt1). Das selbständige IV. Korps hatte von Norden her die Befestigungen von Tolmein anzugreifen2).

Doch nicht in raschem Ansturm wollten die Italiener die österreichischen Stellungen erobern, sondern in einem langsamen, methodischen Verfahren, das durch eine ausgiebige Beschießung eingeleitet werden sollte. Dementsprechend begannen am 23. zuerst die italienischen Geschütze zu donnern. Vom frühen Morgen an legte sich das Feuer auf den Rand der Doberdöhochfläche, um nachmittags auch auf den Görzer Brückenkopf überzugreifen. Die Italiener verstanden es aber noch keineswegs, ein

J) Ital. Gstb. W., II, Dokumente, 177.

2) T o s t i, 73; Zingales, 231 ff. Aus der italienischen Literatur ist nicht zu ersehen, welche Aufgaben dem XII. Korps der 2. Armee, weiters der 4. KD. zugefallen waren. Von den Heeresreserven scheinen das XIII. Korps noch bei Verona, die 16. ID. des VIII. Korps bei Bassano verblieben zu sein.

Vernichtungsfeuer auf die in Aussicht genommenen Einbruchspunkte zu vereinigen, sondern überschütteten die Verteidigungsstellungen regellos mit einem Geschoßhagel, der unverhältnismäßig wenig Wirkung erzielte.

Um das Ergebnis ihres Bombardements zu erkunden, unternahmen die Italiener am 23. bei sinkendem Tage an mehreren Stellen Teilvorstöße gegen die Doberdöhochfläche. Sie wurden überall abgewehrt, sogar von den kleinen Abteilungen, die vor der Hauptverteidigungsstellung lagen, so von einem Infanteriezug, der bis zur Kirche von Porto Rosega, dann von je einer Kompagnie, die nach Sagrado und Sdraussina vorgeschoben waren. Die beiden letztgenannten, die alle seit dem 9. Juni unternommenen Übergangsversuche vereitelt hatten, wurden nun, um sie nicht weiter zu gefährden, auf die Hauptstellung zurückgenommen, worauf in der Nacht zum 24. die italienische 21. ID. des XI. Korps sich am Höhenrand zwischen Sagrado und Polazzo festzusetzen vermochte. Die 22. ID. dieses Korps hielt nordöstlich davon das Flußufer zwischen derWippach-mündung und Lucinico besetzt.

Gegen den Görzer Brückenkopf hatte das italienische 2. Armeekmdo. das VI. Korps (11., 12. und 4. ID.) frontal angesetzt, während das II. Korps (3. und 33. ID.) von Plava über den Kuk A 611 gegen das Kloster Mt. Santo Vordringen sollte, um von Norden her in den Rücken der Verteidiger zu gelangen1). Im Sinne des anbefohlenen methodischen Vorgehens lag es, daß gegen die Front Podgora—Pevma—Oslavija zunächst nur je eine Brigade der drei Divisionen des VI. Korps vorging, deren Angriff sich am ersten Tage aber gar nicht fühlbar machte. Dafür griff nachts bei Plava eine Brigade der 33. ID. achtmal an, ohne dem die Höhe -<>-383 verteidigenden Bataillon der 1. GbBrig. nur einen Zoll Bodens rauben zu können.

Das italienische IV. Korps beschränkte sich auf wirkungsloses Beschießen der Stellungen des k.u.k. XV. Korps.

Aus den Ereignissen des ersten Schlachttages hatte GdI. Boroević den Eindruck eines dem Abschnitt III drohenden Massenangriffes gewonnen und traf ungesäumt Maßnahmen, um die Gruppe Goiginger, wenn geboten, verstärken zu können. Die Masse der 187. IBrig. der 94. ID. wurde eiligst nach Mavhinje und Sistiana vorgezogen, aus den Marschformationen des XVI. Korps (18., 48. und 58. ID.) wurde unter Obst. Mitlacher 2) rasch die drei Regimenter starke 16. MaBrig. gebildet

1)    Zingales, 231 ff.

2)    Obst. Mitlacher war vorher Kommandant der 60. GbBrig. (siehe Kriegsgliederung S. 25), deren Truppen aber nie vereinigt worden waren.

und nachMerna dirigiert. Beide Brigaden wurden dem FML. Goiginger unterstellt. Hinter dem gleichfalls bedrohten Görzer Abschnitt verblieben somit nur die 11. GbBrig. der 48,ID. und die 44. SchD., zusammen zehn Bataillone.

Dem vorläufig allerdings noch recht wirkungslosen italienischen Feuer konnte eine auch nur annähernd gleichstarke Artillerie nicht entgegengestellt werden. Namentlich fehlte es an schwerem und weittragendem Geschütz. Nur die bis in die vorderste Linie vorgezogenen zwei 30.5 cm-Mörser vermochten die italienischen schweren Batterien zu erreichen, deren Zahl Cadorna aber noch immer viel zu gering erschien, um mit Erfolg die so „formidablen“ österreichischen Stellungen zu bekämpfen !).

Das unbefriedigende Ergebnis des italienischen Artilleriefeuers am ersten Schlachttage veranlaßte die feindlichen Führer, die Beschießung an den folgenden Tagen fortzusetzen. Das Bombardement wurde wohl vielfach von Teilvorstößen begleitet; doch trugen diese Angriffe noch keineswegs den Charakter eines entscheidungsuchenden Ansturmes, sondern wurden offenbar nur zur Erkundung, zur Störung der Arbeiten an den zerschossenen Stellungen sowie zur Gewinnung einzelner Geländeteile unternommen, deren Besitz als Ausgangspunkte für den späteren Hauptangriff nötig zu sein schien. Drei Räume waren es vornehmlich, in denen sich die Anfangskämpfe in der letzten Juniwoche abspielten: am Plateaurand zwischen Monfalcone und Sdraussina, am Görzer Brückenkopf und bei Plava, während an den Verbindungsstrecken beide Gegner sich nur auf die Beobachtung beschränkten. Desgleichen durften sich die Verteidiger des Tolmeiner Brückenkopfes und der zum Krn sich hinanziehenden Höhenstellung bis zur Monatswende verhältnismäßiger Ruhe erfreuen.

Auf der Karsthochfläche versuchten am 24. zwei Bataillone der italienischen 19. ID. vergeblich, von Polazzo aus das mauerfeste Gehöft Castello (auf halbem Wege zwischen der Ruine 143 und Sagrado) im Handstreich zu nehmen. Auch widerfuhr den Italienern das Mißgeschick, daß ihre bei Sagrado geschlagene Kriegsbrücke neuerdings zerschossen wurde. Erst nach Gangbarmachen der gesprengten permanenten Brücke, über die dann ausreichend Infanterie an den Höhenfuß gebracht wurde, wies der Herzog von Aosta dem XI. Korps und dem Nordflügel des X. den Mt. S. Michele als Angriffsziel zu, wozu vorerst die Ruine 143 genommen werden sollte, während der Masse des X. Korps die Wegnahme der Höhe 118 auf getragen wurde1).

Vorsichtig schoben sich nun an den nächsten vier Tagen die italienischen Angriffstruppen unter dem anhaltenden Feuerschutze ihrer mächtigen Artillerie an die österreichischen Kampfstellungen heran, die durch die Beschießung empfindlichen Schaden erlitten. Doch nicht nur auf den Höhenrand zwischen A121 und Sdraussina, sondern auch auf die dahinter gelegenen Sammelräume lenkte der Feind seine Geschoßgarben, ohne allerdings bei den im dolinenreichen Karstgelände geschickt verteilten Reserven eine nennenswerte Wirkung zu erzielen. Immerhin störte das auch nachts unterhaltene Geschützfeuer die nur bei Dunkelheit mögliche Ausbesserung der Stellungsschäden und rief schon am 26. Juni beim FML, Goiginger den Eindruck eines unmittelbar bevorstehenden Massenangriffes hervor. Um diesem begegnen zu können, wurde allnächtlich ein Regiment der 16. MaBrig. zur Straßengabel südwestlich von Merna vorgezogen, das allerdings wegen des quälenden Wassermangels bei Tag stets wieder an die Wippach zurückmarschieren mußte. Im übrigen lehnten die Bataillone der vordersten Kampflinie die ihnen zugedachte Ablösung ab, um an der Abwehr des schon sehnsüchtig erwarteten italienischen Angriffes mitwirken zu können. So kam es zunächst nur zu einer notdürftigen Ordnung der schon stark vermengten Verbände, wozu der regnerische und deshalb auch ruhigere 28. Juni willkommene Gelegenheit bot.

Das am 29. mächtig anschwellende italienische Artilleriefeuer, das sich mit besonderer Stärke auf den Raum westlich vom Mt. S. Michele, dann auf die Höhen knapp östlich und nördlich von Monfalcone legte, erhöhte die Besorgnisse des Abschnittskmdos. III, das nun zwei Bataillone der 185. IBrig. und ein Marschregiment dem GM. Boog, ein zweites Marschregiment dem GM. Lukachich unterstellte, welche Truppen jetzt dauernd näher an die Kampffront gezogen wurden.

Gegen Görz und seinen feldmäßigen Brückenkopf setzten die Italiener am 24. gleichfalls die Beschießung fort, wodurch nicht nur die Stellungen schwer beschädigt wurden, sondern auch das Kloster Mt. Santo in Flammen aufging sowie deutlich gekennzeichnete Spitäler unter dem Granatenhagel zu Schaden kamen. Die abends und nachts gegen Oslavija und den mit Weinstöcken und Akazienbüschen bewachsenen Podgorarücken unternommenen Vorstöße zerschellten aber an der wackeren Haltung der unerschütterten Verteidiger. Dieses Wechselspiel von Artilleriefeuer und nächtlichen Erkundungsvorstößen wiederholte sich bis 29. Juni, diesen mitinbegriffen, wobei sich die italienische Infanterie stetig näher an die Stellungen heranarbeitete und die Gefahr eines dem Brückenköpfe drohenden Massenangriffes deutlich fühlen ließ. Deshalb ermächtigte GdI. Boroević schon am 24. abends das XVI. Korpskmdo., im Bedarfsfalle auf die östlich von Görz als Armeereserve stehende

11. GbBrig. zu greifen.

Bei Plava griff am 24. je eine Brigade der 3. und der 33. ID. an. Sie versuchten hiebei den Verteidigern der Höhe -<>383 von Norden her beizukommen, wurden jedoch in ihre Ausgangsstellungen zurückgejagt und erlitten mörderische Verluste, namentlich an Offizieren1). Das gleiche Mißgeschick ereilte das italienische II. Korps, als es am nächsten Tage bei strömendem Regen den Angriff erneuerte. Und auch am 26. vermochte die sich trefflich bewährende 1. GbBrig. die schon nur mehr matt angreifenden Italiener zurückzuschlagen.

War es den wackeren Kämpfern der 5. Armee bis jetzt wohl gelungen, dem Feinde selbst den bescheidensten Raumgewinn streitig zu machen, so verschloß sich das Armeekmdo. keineswegs der Erkenntnis, daß der entscheidende Angriff erst bevorstand, der mit sehr unterlegenen Kräften abgewehrt werden mußte. Dem 20 Bataillone starken XV. Korps wußte es das durch Alpini und Bersaglieri verstärkte IV. Korps gegenüber. Aber immerhin bot der Gebirgscharakter dieses Teiles der Armeefront dennoch die Gewähr, daß der Abschnitt I trotz der bedeutenden Überlegenheit des tatsächlich 60 Bataillone starken Feindes mit den eigenen Kräften das Auslangen finden werde. Den 26 Bataillonen des XVI. Korps gegenüber nahm GdI. Boroević zutreffend das italienische II. und VI. nebst Mobilmilizbrigaden mit etwa 80 Bataillonen an; das von 40 Bataillonen verteidigte Karstplateau wußte er vom XI., X. und VII. Korps der Italiener, zusammen auf etwa 75 Bataillone geschätzt, umschlossen, ungerechnet die zwei schon am Isonzo festgestellten Kavalleriedivisionen und die sonstigen herangeholten Heeresreserven. Die Abschnitte II und

III würden also jedenfalls Reserven gebraucht haben. Doch standen dem GdI. Boroević nur mehr drei Marschbataillone bei Merna, vier Bataillone und sechs Batterien von der 48. ID. — die übrigens bedingungsweise schon dem XVI. Korps zugewiesen waren — südöstlich von Görz, und die nur fünf Bataillone zählende 44. SchD. zur Verfügung.

Aber auch die letztgenannte sollte nicht mehr lange in seinem Befehlsbereiche bleiben. Denn mittlerweile hatten die unerfreulichen Ereignisse auf dem Krn ergeben (S. 533), daß bei der 20. HID. Truppe und

Führer den Anforderungen eines Krieges im Hochgebirge aus Mangel an Erfahrung, Ausrüstung und Eignung der der Tiefebene entstammenden Mannschaft nicht entsprachen. Ein deshalb am 24. Juni vom GdK. Rohr an das Südwestfrontkmdo. gestellter Antrag auf Ersatz dieser Division durch eine gebirgstüchtige, nötigte dem Erzherzog Eugen einen nicht leicht zu fassenden Entschluß ab, da die einzig hiefür geeignete und überhaupt verfügbare Reserve die bei der 5. Armee befindliche 44. SchD. war. Da man aber in zutreffender Voraussicht den Kampfbeginn erst in einigen Tagen erwartete, wurde trotz der sowohl am Isonzo wie in Kärnten genugsam gespannten Lage der gruppenweise Tausch der beiden Divisionen gewagt. Am 28. Juni wurde die 44. SchD. nach Kärnten abgesendet, nachdem knapp vorher die ersten 41/2 Bataillone und 5 Batterien des VII. Korps in Dörnberg eingetroffen waren. Boroević besaß daher nur 10V2 Bataillone und 11 Batterien als Armeereserve für seine rund 80 km betragende Landfront, wozu noch die Sorge um die 30 km lange Küstenstrecke Duino—Rovigno trat, die nicht aus dem Auge gelassen werden durfte, weil man bei der Unkenntnis des Standortes der italienischen Heeresreserven berechtigterweise immer wieder mit einem etwaigen Landungsversuch in der Flanke rechnen mußte.

Noch größer als die doppelte Überlegenheit der Italiener an Infanterie war die an Artillerie; denn den 300 leichten und 54 schweren Geschützen der 5. Armee wähnte man 600 Feld- und 100 schwere italienische Feuerschlünde gegenüber, womit die tatsächliche Zahl aber noch um mindestens 50 Feld- und etliche schwere Geschütze unterschätzt worden war.

Erfreulich waren die relativ geringen Verluste; sie betrugen in den Abschnitten II und III vom 23. bis 29. Juni insgesamt etwa 300 Tote und etwas über 1000 Verwundete.

Die entscheidenden Tage der Schlacht (30. Juni bis 7. Juli)

Hiezu Skizze 34

Nach siebentägigem Bombardement, einer bisher in der Kriegführung noch ganz ungewöhnlichen Erscheinung, schritten am 30. Juni die Italiener mit der 3. und der 2. Armee zum Angriff. Die Einleitungskämpfe reiften zur Schlacht aus. Bei der 3. Armee sollte sich das VII. Korps des Südwestrandes der Karsthochfläche, das X. des Mt. S. Michele bemächtigen, indes dem XI. Korps offenbar noch eine festhaltende Gefechtsaufgabe zufiel. Bei der gegen den Görzer Brückenkopf angesetzten 2. Armee erwartete man sich viel von der 33. ID., die, nach Süden herangezogen, von Plava über den Kuk gegen den Mt. Santo Vordringen sollte, um den frontalen Angriff des VI. Korps zu erleichtern *). Da Cadorna jetzt nicht mehr von der Sorge eines österreichischen Angriffes aus Tirol bedrückt wurde, zog er auch einen Teil der Heeresreserven nach Friaul heran und wies hievon zunächst die 29. ID. des VIII. dem VI. Korps zur Verstärkung seines Südflügels zu.

Während sich am 30. gegen den Mt. Sabotino und die Podgorahöhe tęotz des gewaltigen Kräfteaufgebotes nur schwache Infanterieangriffe richteten, entbrannte ein heftiger Kampf um die Karsthochfläche. Nachdem schon in der vorangegangenen stürmischen Regennacht die italienische

19. ID. bei Redipuglia einen Überfall versucht hatte, schwoll am 30. morgens das Artilleriefeuer zu ganz besonderer Heftigkeit an. Die am Höhenfuß östlich von Sdraussina gelegenen Vorstellungen wurden hiedurch unhaltbar und geräumt. Die südwestlich davon zur Ruine 143 sich hinziehende Hauptstellung des linken Flügels der von GM. Boog befehligten 93. ID. wurde gänzlich niedergetrommelt; ihre dezimierten Verteidiger bezogen 200 bis 300 Schritte weiter östlich auf freiem Karstboden eine neue Stellung, ohne daß der Feind jedoch ernsthaft nachgefolgt wäre. Weiter südlich wurde der Abschnitt der 2. GbBrig., GM. Lukachich, am Nachmittag zuerst von einzelnen Bataillonen, dann aber von der ganzen, noch durch ein Bersaglieriregiment verstärkten italienischen 20. ID. bestürmt. Doch bis zum Erreichen der Hindernisse war die Stoßkraft der feindlichen Masse schon erheblich aufgebraucht, und die Abteilungen, die zwar zunächst der Straße Selz—Doberdö einzudringen vermochten, wurden durch einen glänzenden Gegenangriff dreier Bataillone hinausgeworfen. Kläglich endete ein aus dem Angriffsraum der 13. ID. von einem Regiment gegen die Höhe A121 unternommener Vorstoß, weil schließlich nur ein Bataillon gegen den rechten Flügel der 6. GbBrig., Obst. v. Hellebronth, wirklich vorgegangen war.

Die beiden ersten Julitage brachten eine auffallende Steigerung des italienischen Feuers gegen den Tolmeiner Brückenkopf, vor dem auch lebhafte Truppenbewegungen festzustellen waren; dagegen sank im Görzer Abschnitt die Gefechtstätigkeit. Vor der Karsthochfläche ließ der Herzog von Aosta aber nicht locker. Von frühestem Morgen an überschüttete die feindliche Artillerie den ganzen Kampfraum mit Geschossen, um den bei sinkendem Tage einsetzenden Angriff vorzubereiten. Nach!) Z i n g a 1 e s. 233.

dem am 1. Juli etwa drei Regimenter des italienischen X. Korps zwischen Redipuglia und Polazzo vergeblich vorzudringen versucht hatten, traten in der fünften Nachmittagsstunde des folgenden Tages sieben bis acht Regimenter des X. Korps gegen den Abschnitt Selz—Sagrado zum Angriff an, der sich allerdings bald wieder in mehrere örtliche Kämpfe auflöste. Hiebei trieben die Bataillone der Generale Boog und Lukachich den Feind durch Feuer und durch Gegenstöße bis an den Höhenfuß zurück, nur bei Redipuglia vermochte er sich nach dem Heranziehen von Verstärkungen auf etwa 300 Schritte vor dem Hindernis festzuklammern.

War das Siegesgefühl der Truppen durch diese Erfolge auch mächtig gehoben, so machte sich doch schon allenthalben schwere Ermüdung bemerkbar, die den Wunsch der Führer, ihre Bataillone abzulösen, verständlich erscheinen ließ. GdI. Boroević aber, der dem Abschnitt III schon das dritte Regiment der 16. MaBrig. zur Verfügung gestellt hatte, konnte sich nicht entschließen, seine letzten Reserven, viereinhalb Bataillone des VII. Korps und vier östlich von Görz befindliche Bataillone, einzusetzen; denn dazu war ihm die Lage noch zu wenig geklärt.

Die italienische Führung wieder war nach den erlittenen Mißerfolgen zur Erkenntnis gelangt, daß sie in der bisherigen Gruppierung die Karsthochfläche nicht gewinnen könne. Deshalb ordnete der Herzog von Aosta am 2. Juli abends an, daß sich an den Angriffen gegen den Mt. S. Michele auch das XI. Korps zu beteiligen habe37). So stürmten am

3. Juli mehr als zwei Divisionen des X. und das XI. Korps gegen die inneren Flügel der Abschnitte der Generale Boog und Lukachich an. Nach wütendem, wechselvollem Kampfe gelang es einem von etwa drei italienischen Regimentern durchgeführten Massenstoß, bei Redipuglia in die österreichische Stellung einzubrechen. Doch Obst. Mitlacher, der den rechten Flügel der Gruppe GM. Lukachich befehligte, raffte eiligst fünf Bataillone zusammen und warf den Feind nicht nur aus der Stellung hinaus, sondern weit über den Hang hinunter38). König Viktor Emanuel II., der von seinem Hauptquartier zu Udine nach Turriaco geeilt war, um vom Kirchturm aus dem Kampfe zuzusehen, mußte Zeuge des Mißgeschickes seinerTruppen sein39). GdI.Boroević stellte inBerücksichtigung des ernsten

Charakters der Karstkämpfe von seinen spärlichen Reserven die 41/2 Bataillone des VII. Korps dem FML. Goiginger zur Verfügung, der sie dem Mittelabschnitt des GM. Lukachich zuwies.

Am 3. Juli lebte aber auch der Kampf am Nordflügel der Isonzofront auf. Das italienische IV. Korps, das sich schon seit dem 30. Juni rüstete, trat zum Angriff an, um den Besitz des Krnmassivs durch die Eroberung des über den Mrzli vrh nach Tolmein streichenden Abfallrückens und der zwei im Isonzoknie südlich von Tolmein liegenden Kuppen, die den Kernstützpunkt des Brückenkopfes bildeten, zu vervollständigen !). Doch die zeitlich früh von der Krnspitze vordringenden Alpinikompagnien wurden von den Kroaten des Bataillons IV/53 im Nahkampf geworfen, und die italienische 8. ID., die südlich anschließend bis zum Mrzli vrh angriff, brach schon 1000 Schritte vor den Hindernissen zusammen. Die am 4. Juli im Krngebiet neuerlich angreifenden Alpini wurden durch Handgranaten und Steinwürfe zurückgetrieben. Südlich des Isonzo versuchte die durch Bersaglieri verstärkte 7.ID. gegen den Tolmeiner Brückenkopf ihr Glück; aber auch sie wurde mit schweren Verlusten heimgeschickt. Nun verzichtete das italienische IV. Korps auf die Fortsetzung seines opferreichen Beginnens.

Am Karstplateau nahm unterdessen der Kampf am 4. Juli seinen Fortgang. Tief gestaffelt schritten hier starke italienische Kräfte um 2h nachm. zwischen Sdraussina und Selz zum Angriff. Den ersten Ansturm vollführte die 21.ID. desXI.Korps gegen den Mt. S. Michele. Nach zweistündigem erbittertem Ringen war sie von den Truppen Boogs geworfen. An der südlich anschließenden Front, wo die 31. ID. des

XIII. Korps die schon stark gelichteten Reihen des X. Korps verstärkte, und auch die 14. sowie Teile der 13. ID. auftraten, waren Redipuglia und Selz die Brennpunkte des wütenden Kampfes, bis nach wechselvollem Fechten auch die letzten eingedrungenen Italiener hinausgeworfen waren. Einige ganz zerschossene Stellungsteile, die im zusammengefaßten italienischen Artilleriefeuer nicht mehr zu halten gewesen wären, wurden gegen eine 100 bis 200 Schritte weiter hinten liegende Stellung eingetauscht.

Trotz der großen Verluste und der Ermüdung der Truppen Goi-gingers entschloß sich GdI. Boroević noch immer nicht, seine letzte Verfügungstruppe, vier Bataillone der 48. ID., auf den Karst zu verschieben; denn erst am 6. Juli durfte er auf zwei weitere Bataillone des VII. Korps sowie auf die Anfänge der durch die Heeresleitung vom Balkankriegsschauplatz herandisponierten 10. GbBrig. der 61. ID. rechnen.

!) T o s t i, 79; Zingales, 233.

Als am 5. Juli die Kämpfe bei Tolmein im Abklingen waren, ging nun am mittleren Isonzo die Hölle los, denn im Zusammenhang mit den ununterbrochenen Stürmen gegen die Hochfläche von Doberdö wurde auch das VI. Korps zum entscheidenden Angriff gegen Görz aufgerufen. Eine Brigade der 3. ID. hatte den Mt. Sabotino anzugreifen, die 4. ID. Oslavija und Pevma; die 11. und die 12. ID. sollten die Podgorahöhe und die 29. ID. von Süden her die Brückenschanze bei Lucinico berennen. Doch die italienische Infanterie ging zögernd, ungeordnet und ohne Schwung vor, sie mußte vielfach von ihren Offizieren sogar mit Hieben angetrieben werden. Deshalb vermochten auch die 8y2 den Brückenkopf verteidigenden Bataillone die sechsfach überlegenen Italiener zurückzuschlagen und ihnen schwerste Verluste beizufügen1). Sie wurden vom k.u.k. 58. IDKmdo. auf etwa 4000 Mann geschätzt, während die eigenen Truppen 65 Tote und 450 Verwundete zu beklagen hatten.

Ihren Gipfel erklomm die Schlacht mit den Kämpfen, die am 5. auf der Karsthochfläche ausgefochten wurden. Nach mehreren nächtlichen Vorstößen vermochte das italienische X. Korps, das durch die halbe 22. ID. des XI. verstärkt worden war, schon um 8h morgens den Nordflügel der Gruppe des GM. Lukachich einzudrücken. Nach Einsatz des HIR. 17 des VII. Korps wurde die Lage bei Redipuglia wiederhergestellt. Bei Po-lazzo mußte das IR. 46 helfend beispringen, und es wurde Abend, ehe die Stoßkraft des schwere Verluste erleidenden Angreifers gebrochen war. Aber auch die Verteidiger waren am Ende ihrer Kräfte, die meisten Bataillone auf die Hälfte, ja oft auf ein Drittel ihres Sollstandes zusammengeschmolzen. Die Berichte des FML. Goiginger erfüllten den GdI. Boroević daher umsomehr mit Besorgnis, als italienische Überläufer über das Eintreffen der 28. ID. bei Cormons und zweier weiterer Divisionen bei Villa Vicentina berichteten, und Flieger bei diesen Orten tatsächlich neue Truppenlager bemerkt hatten. Mit der Fortsetzung des italienischen Angriffes mußte daher gerechnet werden. Boroević entschloß sich nunmehr, das 12. GbBrigKmdo. und 5 Bataillone der 48. ID. sowie das eben eingetroffene HIR. 1 des VII. Korps (2 Bataillone) dem Abschnitt III zuzuweisen. Er konnte umsomehr hoffen, nun auch einem neuerlichen Ansturme zu widerstehen, als er vom Südwestfrontkmdo. verständigt wurde, daß er außer mit der 10. GbBrig. noch mit der von Pola

Wie einem am 5. Juli von den öst.-ung. Radiostationen mitgelesenen italienischen Funkspruch entnommen wurde, machte Cadorna der 2. Armee heftige Vorwürfe, weil sie den gegen die Karsthochfläche gerichteten Ansturm der 3. nicht entsprechend unterstützte (Ronge, 168).

herangeholten 14. GbBrig. rechnen dürfe, deren Spitzenstaffel gleichfalls am 6. im Armeebereich einlangen werde.

Mit dem Zusammenbruch des italienischen Angriffes am 5. war wohl die erste Isonzoschlacht im wesentlichen schon siegreich beendet. Wenn an den nächsten zwei Tagen noch manchenorts neue Kämpfe aufloderten, so blieben sie doch an Heftigkeit weit hinter jenen des 5. Juli zurück. So versuchten am 6. drei Alpinibataillone neuerlich gegen unsere Krnstellung vorzukommen, wurden aber von den bewährten Höhenverteidigern abgewiesen, die sich hiebei auch der trefflichen Artillerieunterstützung der schon im Flitscher Abschnitt eingesetzten 44. SchD. erfreuen durften. Bei Görz verspürte das italienische VI. Korps nach dem letzten verlustreichen Mißerfolg wenig Neigung, es auf eine neue Kraftprobe ankommen zu lassen. Nur gegen den Südflügel des Brückenkopfes richteten am 6. die 12. ID. und tags darauf die 29. ID. einige ergebnislos bleibende Vorstöße. Auch bei der italienischen 3. Armee, die mehrere neue Verbände in die vorderste Linie gestellt hatte, ließ der Angriffseifer merklich nach. Abendliche Vorstöße der 21. ID. bei Sdraus-sina, Polazzo und Redipuglia waren die einzigen Kraftäußerungen, zu denen am 6. und 7. Juli sich die Italiener gegen die Karsthochfläche noch aufzuraffen vermochten.

In der Nacht zum 8. Juli, an dem an der ganzen Isonzofront völlige Ruhe eintrat, begannen im Abschnitt III die schon seit dem 5. befohlenen, aber wegen der Kämpfe undurchführbar gewesenen Ablösungen, wobei zunächst die 14. GbBrig. und die schon eingetroffenen Teile des VII. Korps in die Front gestellt wurden.

Noch am 5. Juli hatte die Heeresleitung auch die Absendung der zweiten Brigade der 61. ID., der 16. HGbBrig., samt dem Divisionskmdo. von Slawonien an den Isonzo verfügt, welche Kraft nun durch die Neubildung der k. u. 19. LstGbBrig. aus fünf Bataillonen der Savesicherung ersetzt wurde. Durch das Abziehen der 61. ID. vom Balkan schwächte das AOK. seine dortigen mobilen Truppen allerdings um ein Drittel; doch es nahm dieses Wagnis bewußt in Kauf, da es der verläßlichen Abwehr des italienischen Angriffes die größte Bedeutung beimaß, die russische Front aber nicht schwächen wollte, an der sich die Verbündeten in erfolgreicher Offensive befanden. Schließlich trug das Südwestfrontkmdo. dem Bedürfnis der 5. Armee nach einem einheitlichen Truppenverbande für die Karsthochfläche dadurch Rechnung, daß es die Vereinigung des VII. Korps am Südflügel der 5. Armee verfügte. Hiezu hatte dem schon eingeleiteten Wechsel der 44. SchD. und der 20. HID. vom 10. Juli an der gruppenweise Tausch der 48. und der 17. ID. zu folgen. Mit dieser Maßnahme war auch der Vorteil der Vereinigung des VII. Korps verknüpft.

Beim Ausklang der Schlacht standen zwischen Krn und Adria den acht öst.-ung. Divisionen mit 92 Bataillonen, 300 Feld- und 56 schweren Geschützen achtzehn italienische Divisionen (samt Alpini und Bersa-glieri) mit 225 Bataillonen und etwa 700 Geschützen gegenüber, wobei auf beiden Seiten noch nicht eingesetzte Heeresreserven unberücksichtigt sind. Der Gewinn des zweiwöchigen Kampfes war für die Italiener verschwindend klein und bestand nur in der Besitznahme des westlichsten Ausläufers der Karsthochfläche zwischen Sagrado und der Ruine 143, dann in der Festsetzung an den Höhenfüßen bei Redipuglia, Verme-gliano und Selz. Zwar waren hiedurch gedeckte Batterieräume gewonnen worden, aus denen weiterhin der Mt. S. Michele auch von Süden her bekämpft werden sollte. Aber teuer genug war dieser bescheidene Gewinn erkauft worden, denn die Italiener büßten 1916 Mann an Toten,

11.495 an Verwundeten und 1536 an Vermißten und Gefangenen ein1), indes die k.u.k. 5. Armee 8800 Mann durch Tod und Verwundung und 1150 an Vermißten verloren hatte2).

Bemerkenswert ist noch die Veränderung, die der Operationsplan der Italiener im Verlaufe des Juni und der ersten Juliwoche erfahren hatte. Während ursprünglich zunächst die Wegnahme der Hochfläche von Bainsizza beabsichtigt war, war späterhin wegen der Unmöglichkeit, den oberen und mittleren Isonzo zu überschreiten, das Schwergewicht immer mehr nach Süden geglitten, bis sich schließlich — ganz im Gegensatz zur ersten Absicht — der Hauptangriff gegen die Karsthochfläche von Doberdö gerichtet hatte. Cadorna stellt dies in seinen Denkwürdigkeiten3) mit Bedauern fest, da er sich seinerzeit von einer ungesäumten Besitznahme des oberen Idriatales die Möglichkeit einer raschen und ungehemmten Vorrückung in das Laibacher Becken erträumt hatte.

Bei der k.u.k. 5. Armee muß außer dem taktischen Erfolg der nahezu völligen Behauptung der Kampflinie noch der in dieser Schlacht erzielte moralische Gewinn besonders hervorgehoben werden. Aus dem

x) Ital. Gstb. W., II, Text, 225. Die italienischen Verluste betrugen 5.95o/0 des Gesamtstandes der 2. und der 3. Armee.

2)    Die Verluste der 5. Armee verteilen sich wie folgt: Abschnitt I: 850Tote, Verwundete und Vermißte; Abschnitt II: 2300, Abschnitt III: 6800. — Verfeuert wurden in der Zeit vom 29. Juni bis einschließlich 5. Juli im Abschnitt I: 240.000 Gewehrpatronen, 3100 Artilleriegeschosse; im Abschnitt II: 410.000 Patronen und 10.840 Geschosse; im Abschnitt III: 1,800.000 Patronen und 40.100 Geschosse.

3)    C a d o r n a, La guerra, I, 124.

Gelingen des ersten kühnen Versuches, den zahlenmäßig weit überlegenen Feind nahe der Grenze aufzuhalten, war die Überzeugung geschöpft worden, auch den weiteren Angriffen erfolgreich die Stirne bieten zu können. Hiemit war der Grundstein für alle folgenden Schlachten gelegt, die am Isonzo im Verlaufe von achtundzwanzig Monaten geschlagen werden sollten. Der in der ersten Isonzoschlacht erkämpfte Abwehrsieg hatte aber auch der öst.-ung. Wehrmacht wie dem ganzen Reiche erheb-lichenGewinn an Ansehen und Geltung eingebracht. Das gesteigerte Selbstvertrauen der Führung im Kampfraume fand sinnfällig dadurch seinen Ausdruck, daß an der zweiten der im Bau befindlichen hinteren Stellungen, die etwa 10 bis 16 km westlich von der oberen Save verlief, nicht mehr weitergearbeitet wurde. Die dortigen Arbeitskräfte konnten der vordersten Linie zugeführt werden.

So willkommen dieser Zuschuß an Arbeitshänden auch war, konnten doch die zahlreichen Mängel der Verteidigungsstellung nicht in der kurzen Zeit bis zum Wiederaufflammen der Kämpfe behoben werden. Im Abschnitt I stand vornehmlich der Felsboden des Gebirges dem Stellungsbau hindernd entgegen, und im Kampfraum des XVI. Korps war es die große Ausdehnung, die einen raschen Arbeitsfortschritt unmöglich machte. Die schwierigsten Verhältnisse bestanden aber auf der Karstfläche von Doberdö, wo der nackte Stein die Herstellung von Kampfgräben und schußsicheren Unterkünften ungemein erschwerte. Hier wurden die Truppen überdies durch den Wassermangel empfindlich gequält; es dauerte viele Monate, bis die erste vom Armee-Etappenkmdo. gebaute Wasserleitung einige Abhilfe schuf.

Die zweite Isonzoschlacht

(18. Juli bis 10. August)

Hiezu Beilage 38

Bereitstellung der Kräfte und Ei nleitungs kämpfe auf der Karsthochfläche und vor Görz

(18. und 19. Juli)

Nach dem Abflauen der ersten Schlacht gewährten die Italiener den Verteidigern der Isonzofront eine Ruhepause von kaum zwei Wochen. Dann schritten sie neuerlich zum Angriff.

In richtiger Erwartung eines baldigen feindlichen Ansturmes hatten die öst.-ung. Befehlsstellen das Heranführen der für die 5. Armee bestimmten Verstärkungen beschleunigt und die nötig erscheinenden Ablösungen eingeleitet. Während beim XV. Korps alles unverändert blieb, wurde beim XVI. die von Syrmien herangeführte 10. GbBrig. der 61. ID. im Nordteil des Görzer Brückenkopfes eingesetzt. Die zum Abtransport nach Kärnten bestimmte 12. GbBrig. der 48. ID. stand bei Beginn der zweiten Schlacht noch südlich von Görz inReserve. Auf der Karsthochfläche übernahm am 10. Juli das VII. Korpskmdo. den Befehl über den Abschnitt III. Dort standen die 20. HID. am rechten Flügel, die 61. ID. (14. Gb- und 16. HGbBrig.) in der Mitte und die 57. ID. (6. Gb- und 187. IBrig. der 94. ID.) am linken Flügel. Die 2. GbBrig. der 57. ID. und die eben eintreffende 17. ID. waren Korpsreserve. Die 93. und die 94. ID. waren derart umgeformt worden, daß jene, die sich als Armeereserve im Wippachtale befand, die 8V2 kampfkräftigeren Marschbataillone erhielt. Die aus Landsturm- und Küstenschutzabteilungen gebildete 94. ID. wurde mit der Küstenbewachung betraut.

GdI. Boroević hatte noch die eintreffende 17. ID. statt der 61. ID. in die Front stellen und diese — nur mit der 16. LstGbBrig.1) — zum

XVI. Korps verschieben wollen, wo sich schon die andere Brigade dieser Division, die 10. GbBrig., befand. Die 14. GbBrig. sollte die Reserve des VII. Korps bilden. Doch ehe diese am 16. Juli befohlenen Ablösungen durchgeführt werden konnten, brach der italienische Angriff los.

Die Stärke der 5. Armee betrug am 18. Juli — die nach Kärnten noch nicht abgesendete 12. GbBrig. und die eintreffende 17. ID. eingerechnet, aber ohne Marsch- und Küstenschutzformationen — 105 Bataillone mit 103.000 Feuer- und 236 Maschinengewehren, außerdem noch 1850 Reiter und 431 Geschütze.

Cadorna nahm für die Fortsetzung des Angriffes in Aussicht, den Hauptschlag abermals gegen die Karstfläche zu führen, insbesondere gegen den Mt. S. Michele und gegen die Höhe A 118 (Mt. dei sei Busi). Nach Eroberung dieser beiden Eckpfeiler der Karststellung sollte an die Bezwingung des Görzer Brückenkopfes geschritten werden2). Cadornas Angriffsbefehl vom 15. Juli bestimmte für die erste Aufgabe die 3. Armee. Die 2. Armee hatte indes den Gegner zwischen Plava und der Wippach-mündung durch Angriffe zu binden und namentlich Artillerieverschiebungen zu verhindern.

!) Die 16. HGbBrig. führte, weil nur aus ungarischem Landsturm bestehend, von nun an die Bezeichnung: k. u. 16. LstGbBrig.

2) C a d o r n a, La guerra, I, 140; Ital. Gstb. W., II, Text, 225 ff., Dokumente, 254.

Die Angriffsweisungen des italienischen 3. Armeekmdos. entsprachen der ihm übertragenen Aufgabe. Das Schwergewicht war auf die Eroberung des Mt. S. Michele und des südwestlich davon gelegenen Dorfes

S. Mai-tino gelegt, wozu das XI. Korps mit der 19. und der 21. ID. im ersten und mit der 22. ID. im zweiten Treffen angesetzt wurde. Den südlichen Pfeiler, den Mt. dei sei ßusi, hatte das VII. Korps (13. und 14. ID.) anzugreifen. Zu seiner Unterstützung hielt sich hinter ihm die 27. ID. als Armeereserve bereit. Zwischen den beiden Hauptangriffsgruppen hatte das nur mehr eine Division (20. ID.) starke X. Korps im Einklänge mit den beiden Flügelkorps vorzurücken. Drei Kavalleriedivisionen standen teils als Küstensicherung, teils als Armeereserve zwischen der Sdobba und der Aussa.

Das 2. Armeekmdo. befahl dem VI. Korps (12., 11. und 4. ID.), sein methodisches Vorgehen zur Eroberung des Görzer Brückenkopfes fortzusetzen, während dem vor Plava und Canale stehenden II. Korps (3. und 32. ID.) für seine Angriffshandlungen freie Hand gelassen wurde. Beim IV. Korps waren schon seit einigen Tagen Vorbereitungen für eine Umfassung des Tolmeiner Brückenkopfes von Norden her im Gange. Im Isonzoabschnitt südlich von Lucinico hatte im Sinne der Weisungen Cadornas die halbe 29. ID. einen Flußübergang vorzutäuschen und die Verbindung zwischen den inneren Flügeln der 3. und der 2. Armee herzustellen. Die andere halbe 29. und die 23. ID. bildeten nordwestlich von Cormons die Reserve des 2. Armeekmdos.

Die Heeresleitung hatte als ihre Verfügungstruppe das XIV. Korps (28. und 30. ID.) hinter die Mitte der 3. Armee genommen. Schließlich war reichlich schweres Geschütz, namentlich für die 3. Armee und für das VI. Korps, herangeschafft worden.

Es entsprach ganz der bedächtigen Heerführung der Italiener, wenn der Kommandant der 3. Armee, der Herzog von Aosta, zuerst auf dem Höhenrande zwischen dem Isonzo nordöstlich von Sdraussina und dem Karsthügel A118 einen Aufmarschraum schaffen wollte, aus dem dann der umfassende Angriff gegen den flachgewölbten Mt. S. Michele angesetzt werden sollte. Vorher hatte aber ein durch Einsatz zahlreicher schwerer Batterien kräftiger gestaltetes Artilleriefeuer dem Sturm der Infanterie den Weg zu bahnen. So begann die Schlacht am 18. Juli mit einer machtvollen Beschießung der ganzen Karsthochfläche. Desgleichen ließ die 2. Armee gegen den südlichen und mittleren Teil des Görzer Brückenkopfes ihre Geschütze spielen, während sich gegen das XV. Korps nur mäßiges, durch ein heftiges Gewitter gedämpftes Feuer richtete.

Die Beschießung der Stellungen der 61. ID. und der 20. HID. auf der Hochfläche von Doberdö, die um 4hfrüh begonnen hatte und die sich um die Mittagszeit zur größten Heftigkeit steigerte, verursachte bedeutende Verluste in den Reihen der in der vordersten Linie stehenden Verteidiger und große Schäden an den ohnehin fast nur durch Steinschlichtung geformten Deckungen.

Im Gegensatz zur ersten Isonzoschlacht, in der die allerdings noch ungeregelte Feuervorbereitung der Italiener mehrere Tage andauerte, schritten diesmal die 14.ID. noch am 18. Juli um llhvorm., das XI. Korps um lh und die 20.ID. um 2h nachm. zum Angriff. Dieser löste sich bald in eine Reihe blutiger Nahkämpfe auf, in denen sehr oft das Bajonett den Ausschlag gab. Das Ergebnis war, daß bloß bei der 20. HID. östlich von Sdraussina die Front zweier Kompagnien um etwa 200 Schritte zurückgedrängt wurde. An diesem dürftigen Ergebnisse änderte auch ein bei Einbruch der Dunkelheit wiederholter allgemeiner Angriff der Italiener nichts, an dessen Abwehr bei der 20. HID. sich auch schon die 33. IBrig. der 17. ID. beteiligen konnte. Die 2.GbBrig. wurde hinter die 14. gestellt, denn die Verluste der in der Front stehenden Brigaden waren beträchtlich; namentlich die ungarischen Landsturmregimenter der 16. LstGbBrig. hatten stark geblutet1).

Die gegen den Görzer Brückenkopf und gegen die Stellungen östlich von Plava gerichteten Angriffe waren bloß demonstrativer Art; sie konnten mühelos abgewehrt werden.

Aus den Ereignissen des Tages hatte das k.u.k. 5. Armeekmdo. den Eindruck eines gegen die Abschnitte III und II teils im Gange, teils in Vorbereitung befindlichen Angriffes gewonnen, der durch noch heranrückende Reserven genährt werden würde. Dem GdI. Boroević standen nur die schwache 93. ID. sowie die 12. GbBrig., deren Rückbehaltung vom AOK. genehmigt worden war, als Armeereserve zur Verfügung.

Der 19. Juli wurde durch einen vor Tagesanbruch längs der Straße Vermegliano—Doberdö unternommenen Vorstoß des italienischen VII.Korps eingeleitet, der rasch Raum gewann. Reserven der 61. ID. und herbeieilende Abteilungen der südlich anschließenden 6. GbBrig. vermochten schließlich bis 8h früh den Feind aufzuhalten. Der nördliche Abschnitt der Hochfläche lag vom frühen Morgen an wieder unter dem Eisenhagel der übermächtigen italienischen Artillerie, worauf gegen 4h nachm. der durch die halbe 22. ID. verstärkte rechte Flügel des italieni-

i) Das Ital. Gstb. W., II, Text, 239, führt an, daß die 3. Armee am 18. Juli 2500 Gefangene eingebracht, selbst aber nur 1000 Mann Verluste erlitten habe.

sehen XI. und das X. Korps zum Angriff schritten. Ihr Ansturm wurde abgeschlagen, nur ein schmales Grabenstück bei der Ruine 143 blieb in Feindeshand. Bei sinkender Sonne versuchte auch das italienische

VII. Korps in mehreren hartnäckig wiederholten Stürmen gegen Doberdö durchzubrechen. Doch vergebens; die Vorstöße mißglückten und die treffsicher schießende Artillerie der 61. ID. zog blutige Furchen in die Reihen der zurückflutenden Italiener.

Auch der Görzer Brückenkopf wurde am 19. durch ernstere Angriffe bedroht. Nach starker Beschießung schritt zur Mittagsstunde das

VI. Korps mit drei Divisionen zum Sturm. Bis 4h nachm. währte das erbitterte Ringen, ehe die letzten Italiener aus der arg beschädigten Hinderniszone hinausgeworfen waren. Einem um 5h wiederholten Angriffe war das gleiche Mißgeschick beschert. Die demonstrativen Vorstöße des italienischen II. Korps an dem tief eingeschnittenen Isonzotal wurden von der 1. GbBrig. leicht abgewiesen.

War an den beiden Kampftagen beim k.u.k. XVI. Korps gar kein und beim Korps Erzherzog Joseph kein erwähnenswerter Geländeverlust eingetreten, so wirkte die hohe Einbuße von etwa 5500 Toten, Verwundeten und Vermißten doch erschreckend, die das VII. Korps bis jetzt zu beklagen hatte. Am stärksten hatte die 20. HID. gelitten, obwohl sich ihr Nordflügel am zweiten Schlachttage verhältnismäßig der Ruhe erfreuen durfte. Sie zählte, am 18. mit 6000 Gewehren in den Kampf getreten, nur mehr 2000 Mann, die seelisch sehr stark hergenommen waren. Um das VII. Korps zur Abwehr weiterer Angriffe zu befähigen, zögerte das

5. Armeekmdo. nicht, ihm die 93. ID. zuzuweisen, die vom Erzherzog in den Raum zwischen Doberdö und S. Martino vorgezogen wurde. Ihr Führer, GM. Boog, hatte noch am 19. den Befehl im Abschnitt zwischen der Wippach und Polazzo übernommen und sollte die besonders ruhebedürftige 81. HIBrig. möglichst bald aus dem Kampfe ziehen.

Auch der Heeresleitung bereiteten die ungewöhnlich hohen Verluste des VII. Korps ernste Sorgen. Wiederholten sie sich bei Fortsetzung der Schlacht, deren Höhepunkt erst bevorstand, so schien es fraglich, ob sie mit Erfolg durchgekämpft werden könne. Das AOK. mußte aber auf eine verläßliche strategische Rückendeckung am Isonzo für das zurzeit vor Iwangorod, Lublin und Cholm in entscheidende Kämpfe verwickelte Nordheer bedacht sein. Sollte die Offensive mit Erfolg weitergeführt werden, durfte dieses auch durch Kräfteabgaben nicht geschwächt werden. Um die 5. Armee trotzdem weiterhin zu nachhaltigem Widerstand zu befähigen, griff das AOK. auf die einzigen mobilen Reserven an öst.-ung.

Truppen der Balkanfront, auf die 59. ID. und die 19. LstGbBrig., die vom 21. und vom 24. an der Isonzofront zugeführt wurden. Hier begannen sie am 22. und am 25. Juli einzutreffen.

Verlust und Rückeroberung des Mt. S. Michele

(20. bis 24. Juli)

Die Eroberung des Raumes bei der Ruine 143 durch das italienische X. Korps enthob das XI. weiterer Sorge um seine rechte Flanke. Ohne den für den Angriff auf den Mt. S. Michele als nötig erachteten Ausgangsraum auch im Süden beim VII. Korps schon gewonnen zu haben, ließ der Herzog von Aosta das X. und das XI. Korps am 20. zur Wegnahme dieser Höhe schreiten, der für den Besitz der Karstfläche entscheidende Bedeutung zukam. Hiezu sollten die beiden Korps den Ansturm zwischen der Wippach und der Höhe A 118 (ausschließlich) erneuern, während das VII. gegen die letztgenannte Höhe vorerst nur demonstrativ zu wirken hatte. Eine fünfstündige Feuervorbereitung sollte den dritten Schlachttag einleiten1).

Ehe aber die italienischen Batterien ihr Feuer begonnen hatten, schritt GM. Boog im Morgengrauen mit Bataillonen der 20. HID. und der 17. ID. zur Rückeroberung der am Vortage verlorenen Stellungsteile. Doch schon während der nächtlichen Bereitstellung zu dieser Unternehmung hatten die Truppen durch italienisches Geschützfeuer schmerzliche Verluste erlitten2). Der Angriff war daher auch nur teilweise von Erfolg gekrönt und löste schon vormittags einen italienischen Gegenstoß aus. Diesem folgte nach einem die Widerstandskraft der Verteidiger schwer erschütternden Massenfeuer der italienische Hauptangriff gegen den Mt. S. Michele. Da die italienischen Batterien auch den Osthang mit ihrem Eisenhagel bedeckten, wurde ein sofortiges Vorführen der bereitgestellten 93. ID. zur Unterstützung der äußerst bedrängten Verteidiger unterlassen, um vorzeitige Verluste zu vermeiden. Sie und die zum Straßenbug südwestlich von Merna in das Vallonetal herangezogene

12. GbBrig. waren aber bereit, für den Fall des Verlustes der Höhe zum Gegenangriff zu schreiten. Unterdessen kämpften die stark vermengten Truppen der 20. HID. und der 17. ID. mit Hartnäckigkeit und Erbitterung um den von den hageldicht einfallenden und explodierenden Geschossen in ein Rauchmeer gehüllten Mt. S. Michele; schließlich erlagen

!) Tosti, 87; Ital. Gstb. W., II, Text, 250.

2) Das IR. 96 büßte während dieser Nacht allein 13 Offiziere und 600 Mann ein.

sie der Übermacht. Um 5h30 nachm. gewann das italienische XI. Korps den flachen Oberteil des Berges *), während weiter gegen Südwesten hin die Gruppe Boog, unterstützt durch schneidige Gegenstöße der 14. GbBrig., alle Stellungen zu behaupten vermochte. Auch die 61. ID. schlug alle Angriffe des X. und des VII. Korps der Italiener zurück.

Die kritische Lage am Südflügel der 5. Armee veranlaßte das Südwestfron tkmdo., nun im eigenen Bereich nach Reserven Umschau zu halten. Nur in Tirol waren zwei Regimenter verfügbar, das KJR. 4 und das KSchR. I, die ihre Stände auffüllen und, ihrer alten Mannschaft längst beraubt, alpin ausgebildet werden sollten. Sie wurden nun eiligst an den Isonzo verschoben. Auch legte Erzherzog Eugen dem GdI. Boroević nahe, das XV. Korps, bei dem nur auf dem Krn gekämpft wurde (S. 539), zugunsten der südlichen Abschnitte zu schwächen, auf welche Anregung das 5. Armeekmdo. wegen des bei Tolmein etwa eintretenden Truppenbedarfes jedoch nicht einging. Dafür gestand Boroević dem

VII. Korps das Recht zur Einreihung seiner im oberen Wippachtale bereitgestellten XII. Marschbataillone zu.

Unterdessen traf GM. Boog am 20. abends die Vorbereitungen für den Gegenangriff auf den Mt. S. Michele mit insgesamt 15 Bataillonen der 20. HID., der 17. und der 93. ID. sowie der 12. GbBrig. Dieser begann nach zweistündiger Feuervorbereitung am folgenden Tag um 4h früh. Schon nach fünfviertel Stunden durfte Boog die Rückeroberung des Gipfels melden. Nun beabsichtigte Boog den Feind bis an den Isonzo zurückzuwerfen; doch heftiges Feuer, das den verfolgenden Truppen entgegenschlug, hemmte die weitere Vorrückung2).

Cadorna hatte schon am 20. abends der 3. Armee seine Heeresreserve, das XIV. Korps, mit der ausdrücklichen Weisung eines geschlossenen Einsatzes zur Verfügung gestellt. In der Not des Augenblicks, vor Boogs Gegenangriff, wurde die 30. ID. jedoch brigadeweise beim XI. und X. Korps in die Front geworfen und die bisherige Armeereserve, die 27. ID., dem VII. Korps zugewiesen, während sich der Herzog von Aosta die 28. ID. des XIV. Korps als neue Verfügungstruppe zurückbehielt3).

Die große Erschöpfung der Truppen ließ es dem GM. Boog rätlich erscheinen, die Fortsetzung des Angriffes auf den 22. zu verschieben. So wurde dieser Tag zeitlich früh mit dem Angriff des Nordflügels des

1)    Ital. Gstb. W., II, Text, 251.

2)    Erzherzog Joseph, II, 199 f.

3)    Ital. Gstb. W., II, Text, 250.

VII. Korps eingeleitet, durch den der Feind bis an den Höhenrand bei Sdraussina zurückgeworfen wurde. Doch ein von Nordwesten her geführter Gegenstoß von Teilen der 30. und 28. ID. der Italiener brachte die schon ermatteten und arg gelichteten Streiter Boogs um ihren Gewinn. In der am Morgen innegehabten Ausgangsstellung, die nun zu behaupten war, sollten Ergänzungen eingereiht werden. Sie waren besonders bei der 20. HID. nötig, die nur mehr 1200 Gewehre zählte. Das heftige Artilleriefeuer, das auch das Hintergelände abfegte, verhinderte aber bei Tag jeden Verkehr. Die Truppen blieben daher ohne Verpflegung und auch ohne Wasser, was bei der herrschenden Hitze wieder besonders quälend war.

Die am 21. von den Italienern weiter im Süden unternommenen Angriffe boten der 61. und der 57. ID. Gelegenheit, erneut ihre unerschütterte Widerstandskraft zu erweisen. Bei der 61. ID. währte das Ringen sogar bis zum 22. früh; zu Mittag und in der Nacht zum 23. mußte sich die Division neuerlicher Durchbruchsversuche an der Straße nach Doberdö erwehren.

Auf dem Mt. S. Michele senkten am 23. nach dem fünftägigen blutigen Streite beide Gegner ermattet die Waffen. Das Abflauen des italienischen Feuers ermöglichte es endlich, den Truppen Verpflegung und Mannschaftsersatz zuzuführen und die erforderlichen Ablösungen vorzunehmen. So trat am 23. abends an Stelle der nach Merna als Reserve des VII. Korps zurückgenommenen 93. ID. die neu eingetroffene 9. GbBrig. der 59. ID. westlich vom Mt. S. Michele in die Front ein. Am folgenden Tage wurde die 12. GbBrig. knapp hinter dieser Höhe als Reserve aufgestellt. Den Befehl über den nördlichen Abschnitt des VII. Korps, in dem auch noch Teile der 20. HID. und der 17. ID. standen, übernahm der neue Führer der 20. HID., GM. Lukachich. Die beiden Regimenter aus Tirol wurden bei Selo versammelt.

Hitziger ging es am 23. und 24. am Südwestrand der Doberdö-karstfläche zu. Hier verursachte am 23. vormittags ein Angriff des italienischen VII. Korps einen Einbruch zwischen Selz und Vermegliano, dessen örtlicher Erfolg aber am nächsten Morgen von der 61. ID. mit Unterstützung von Teilen der 2. GbBrig. wieder wettgemacht wurde. Kurz darauf ging dieser Stellungsteil wohl wieder verloren, weil die statt der italienischen 14. ID. frisch in die Front gestellte 27. ID. mit ganzer Kraft zum Angriff schritt. So kam die 61. ID. gar nicht zur Ruhe; auf sie entfiel auch der Großteil der am 23. und 24. Juli 2800 bis 3000 Mann betragenden Verluste des k.u.k. VII. Korps.

Der Kampf um den Görzer Brückenkopf (20. bis 24. Juli)

Zur selben Zeit wie auf dem Karst wurde auch vor Görz erbittert gerungen, da sich das italienische VI. Korps sehr ernsthaft um die ihm aufgetragene methodische Eroberung des Brückenkopfes bemühte (S. 747).

Einem am 20. vormittags unternommenen Erkundungsvorstoß der Italiener, der mißglückte, folgte in den ersten Nachmittagsstunden der Angriff des ganzen VI. Korps, der sich namentlich gegen die Gipfelhöhe knapp westlich von Podgora richtete. Nach hin und her wogenden Nahkämpfen, bei denen die Italiener um 7h30 abends sogar vorübergehend auf der Kammlinie festen Fuß fassen konnten, wurden schließlich alle Stellungen — bis auf eine kleine Vorposition — durch die 58. ID., GM. Erwin Zeidler, behauptet. Dalmatinische Truppen hatten sich bei diesen blutigen Kämpfen besonders ausgezeichnet. Berge von Leichen lagen vor und in den aufgewühlten Gräben der Verteidiger. Die Behauptung des nördlichen Eckpfeilers des Brückenkopfes, des Mt. Sabo-tino, war zum größten Teil der vom östlichen Isonzoufer flankierend wirkenden Artillerie zu danken.

Am folgenden Tage waren die Podgorahöhe und der Mt. Sabotino wieder die Brennpunkte des blutigen Ringens. Drei von der italienischen

4.    ID. gegen den Mt. Sabotino geführte Angriffe scheiterten wie am Vortage schon im Abwehrfeuer. Auf der Podgora verbluteten sich die Regimenter der 11., der 12. und der 29. ID. der Italiener im Kampfe gegen die mit heroischer Tapferkeit ihre Gräben verteidigenden Dalmatiner1). Nach dieser empfindlichen Schlappe verzichtete das italienische VI. Korps auf die entschlossene Fortführung des opferreichen Unternehmens2). Dafür säuberte die k.u.k. 58.ID. am 23. die Podgorahöhe von den letzten Feindnestern. In ihrem Ingrimm über die bisherigen Mißerfolge — ein anderer Grund dafür war nicht erkennbar — bewarfen die Italiener die Stadt Görz am 24. mit Brandbomben.

Hatte man zwar schon am 22. vermuten dürfen, daß die Angriffskraft der Italiener vor dem Brückenkopf gebrochen war, so wies das

5.    Armeekmdo. dem XVI. Korps am 23. doch noch das Kmdo. der 59. ID. und die 18. GbBrig. zu.

*) Alfred K r a u s s, Der erste Isonzofeldzug (S c h w a r t e, V, 163).

l) Das italienische VI. Korps verlor vom 18. bis 24. Juli 463 Tote, 2703 Verwundete und 224 Vermißte (Ital. Gstb. W., II, Text, 260).

Italienische Angriffe im Krngebiet (19. bis 25. Juli)

Weitab von den beiden Brennpunkten der zweiten Isonzoschlacht, der Doberdökarstfläche und dem Görzer Brückenkopf, aber doch in zeitlichem Zusammenhang mit den dortigen Kämpfen, standen die heftigen Zusammenstöße im Hochgebirgsgclände des Krn.

Das italienische IV. Korps hatte es sich zur Aufgabe gestellt, die nordöstlich von der Krnspitze befindlichen Höhen -c>-2041 und -<>-1931 zu nehmen. Hiedurch sollte die östlich davon im Lepenja- und Tol-minskabachtale mögliche Verschiebung öst.-ung. Truppen zwischen Flitsch und Tolmein unterbunden und die Umfassung des Tolmeiner Brückenkopfes von Norden her eingeleitet werden1). Von der Vrata-, der Krn-und der Kozljakspitze ausgehend, hatten den Angriff etwa drei Bataillone zu führen, während die übrigen Bataillone der Alpinigruppen A und B den Angriff durch Feuer unterstützen sollten. Der 8. ID. war als Angriffsziel der Mrzli vrh vorgezeichnet. Die 7. ID. hatte bloß durch Geschützfeuer zu wirken, die Bersaglieridivision den Abschnitt zwischen Saga und Vršič zu behaupten.

Nach einer nachtsüber währenden Beschießung der öst.-ung. Höhenstellungen durch schweres Geschütz griffen die Alpini am 19. Juli um 5h früh zuerst die vorspringende Stellung der k.u.k. 3. GbBrig. auf •<>- 2163 und jene des zur Armeegruppe Rohr gehörenden GbSchR. 1 auf -c>-2041 an.

Während die Gebirgsschützen die von der Vrata in den Gebirgskessel absteigenden Italiener schon durch Feuer abweisen konnten, mußte die 3. GbBrig. den Feind, der in ihre Stellungen eingedrungen war, durch einen für beide Teile verlustreichen Gegenangriff hinauswerfen. Der Angriff der italienischen 8. ID. gegen den Mrzli vrh machte sich gar nicht fühlbar.

Am folgenden Tage zog der Feind Verstärkungen heran und schritt nach starker Feuervorbereitung am 21. erneut zum Angriff. Seine nördlichste Kolonne strebte der Höhe -<>-1931 zu, doch die scharfe Wacht haltenden Gebirgsschützen konnten sich wieder die Alpini durch Gewehrfeuer allein vom Leibe halten. Auf der Höhe -<>-2163 dagegen entspann sich in den vom Artilleriefeuer fast ganz zerstörten Deckungen ein wütendes Handgemenge, in dem sich Freund und Feind aller Nahkampfwaffen und auch gewaltiger Felsstücke als Kampfmittel bedienten. Schließlich mußten die drei stark gelichteten Bataillone der 3. GbBrig., die seit dem 19. Juli etwa 1300 Mann eingebüßt hatten, den Trümmerhaufen dem Feinde überlassen. Sie zogen sich um 800 Schritte gegen Osten auf die bastionartige Höhe -cj>- 2077 zurück.

Kaum hatte sich die 3. GbBrig. in der neuen Stellung zur Not eingerichtet, mußte sie vom 22. auf den 23. um Mitternacht einen Überfall abwehren und am darauf folgenden Tage wiederholte Anstürme abschlagen. Auch der am 24. während eines Gewitters von den Alpini versuchte Handstreich scheiterte an der Wachsamkeit der Verteidiger, die am 25. einen letzten italienischen Angriff nicht nur im Handgemenge zurückwiesen, sondern durch Nachstoßen sogar ihre Stellungen verbesserten. Nun gaben die Italiener bis Mitte August im Krngebiet ihre Angriffe auf.

Der günstige Stand des Abwehrkampfes an der Front der k.u.k.

5. Armee am 24. Juli und das scheinbare Abflauen der italienischen Angriffe an diesem Tage veranlaßten den GO. Conrad, der Südwestfront Weisungen für die Bildung und Verwendung von starken Reserven nach beendeter Schlacht zukommen zu lassen. Es sollten die beiden Tiroler Regimenter wieder dem Landesverteidigungskmdo. zurückgesendet und hinter der Isonzofront womöglich drei Infanteriedivisionen und die 14. GbBrig. zur Verfügung der Heeresleitung bereitgestellt werden. Doch diese Pläne wurden zunichte, denn der Angriff, den die italienische 27. ID. am 24. abends bei Vermegliano begonnen hatte (S. 752), leitete einen neuen Großkampf ein, der sich am 25. über die ganze Karsthochfläche erstreckte.

Der Höhepunkt der Schlacht auf der Karsthochfläche

(25. und 26. Juli)

Hiezu Skizze 35

In der Meinung, daß die öst.-ung. Truppen auf der Hochfläche von Doberdö durch die bisherigen Kämpfe und durch die dabei erlittenen Verluste zermürbt worden seien, faßte das italienische Höchstkmdo. den Entschluß, den Angriff zur Gewinnung dieses wichtigen Abschnittes der Walstatt „um jeden Preis“1) fortzusetzen. Hiezu wurde der 3. Armee auch das letzte Korps der Heeresreserve, das XIII. (25. und 31. ID. 2), unterstellt, das schon am 22. von Verona nach Palmanova verlegt worden war. Die 2. Armee aber wurde am 25. von Cadorna wegen ihrer Un*) Ital. Gstb. W., II, Dokumente, 283.

2) Die 26. ID. scheint der Karnischen Gruppe zugewiesen worden zu sein.

tätigkeit mit Vorwürfen bedacht, wie einem abgehorchten Funkspruche entnommen werden konnte. Er feuerte sie zu Ablenkungsangriffen an der ganzen Armeefront an. Diese Mahnung wirkte sich aber nur in verstärktem Geschützfeuer und einzelnen Vorstößen bei Plava aus.

Der Führer der 3. Armee, der Herzog von Aosta, beauftragte nun das XI. Korps, mit der 21. und der 22. ID., welch beide er durch Teile der 28., der 30. und der 25. ID. verstärkte, wieder den Mt. S. Michele und das VII.Korps, mit der 27. und der 13. ID., erneut die Höhe A 118 zu erstürmen; die 14. ID. blieb Reserve des letztgenannten Korps. Das dazwischen befindliche X. Korps (19. und 20. ID., verstärkt durch Teile des XIV. Korps) hatte nach entsprechendem Raumgewinn die beiden Flügelkorps durch Artilleriefeuer zu unterstützen. Die 31. ID. behielt sich der Armeeführer zu seiner Verfügung zurück. Der Angriff, der durch den am 24. abends begonnenen und auch mißglückten Vorstoß der 27. ID. eingeleitet worden war, hatte am 25. beim XI. und beim VII. Korps nach zwei Stunden Feuervorbereitung um 9h30 vorm. zu beginnen.

Auf dem Nordflügel traf die südlich von der Straße Sdraussina—

S. Martino vorrückende italienische 22. ID. auf die 9. GbBrig., die mit der Eigenart des Geländes und des Kampfes noch nicht vertraut war. Sie wich bis S. Martino zurück und entblößte daher die Nordflanke der südlich anschließenden, aus Bataillonen der 20. HID. und der 17. ID. gebildeten 33. IBrig., die, auch in der Front bedrängt, gleichfalls den Höhenrand aufgab. Durch Einsatz von Teilen der nur mehr 1600 Mann starken 12. GbBrig. in die zwischen den beiden Brigaden aufgesprungene Lücke gelang es, im Laufe des Tages nach sehr heftigen Kämpfen die Gefechtskrise zu überwinden und den Mt. S. Michele zu behaupten; für den Verteidiger war es hiebei nützlich, daß die italienische 21. ID. von Nordwesten her nur demonstrativ wirkte. Am Abend hatte sich die 3 3.IBrig. noch eines heftigen Nahangriffes zu erwehren, ehe sie einige der am meisten hergenommenen Bataillone durch solche auswechseln konnte, die neu aufgefüllt waren.

Bei der 61. ID. vermochte sich die 14. GbBrig. aus eigener Kraft der am Vormittag von den inneren Flügeln des X. und VII. Korps der Italiener unternommenen Anstürme zu erwehren. Nachmittags dehnten sich die feindlichen Angriffe bis Selz hin aus, wobei der Höhenrand zwischen Redipuglia und Selz samt der vielumstrittenen Höhe A 118 verlorenging. Doch das auf dieser liegende schwere Artilleriefeuer beider Parteien machte es den Italienern unmöglich, dort auszuharren. So war die Höhe nachtsüber unbesetzt. Für die Rückeroberung, die noch während der

Dunkelheit erfolgen sollte, wurde der 61. ID. das KSchR. I (31/2 Bataillone) zugewiesen. Mehrfache Verzögerungen brachten es mit sich, daß der schwierige Gegenangriff doch erst am 26. früh unternommen wurde, wodurch wohl die Höhe A118, nicht aber die beiderseits anschließenden .Stellungsteile zurückgewonnen werden konnten.

In dieser kritischen Lage befand sich das k.u.k. VII. Korps, als die italienische 3. Armee am 26. neuerlich zum Massensturm schritt. Beim Korps Erzherzog Joseph standen zur Unterstützung der sehr erschöpften Fronttruppen an vollwertigen Reserven nur das KJR. 4 (zwei Bataillone) und ein Jägerbataillon der 18. GbBrig. hinter der Gruppe Lukachich, zwei Kaiserschützenbataillone hinter der 61. ID. sowie ein Infanteriebataillon am Südflügel der 57. ID. zur Verfügung. Verwendbar, aber von verminderter Kampfkraft waren die auf dem Mt. S. Michele stehende 12. GbBrig., zwei Bataillone hinter der 16. LstGbBrig. und vier Bataillone der 93.ID. bei Merna. Sieben andere hinter der Front befindliche Bataillone waren völlig verbraucht. Die eben eintreffende k. u. 19. LstGbBrig.J) wurde bei Ranziano im Wippachtale versammelt.

Den italienischen Ansturm gegen den Mt. S. Michele leitete von Nordwesten her die durch Teile der 28. und der 30. ID. sowie durch Bersa-glieribataillone verstärkte 21. ID. ein. Die italienische Artillerie hatte aber die schwachen Hindernisse des Gegners nicht zu zerstören vermocht, und nun stauten sich vor ihnen die dichten Sturmkolonnen, in denen die Verteidigungsartillerie ein fürchterliches Blutbad anrichtete. Der den Angriff leitende Brigadier und viele Stabsoffiziere fielen; dies erhöhte die Wirrnisse in der Führung2). Endlich brach die italienische Infanterie doch vor und gewann nach hartem Kampfe gegen 10h vorm. die Gipfelhöhe. Schon zur Mittagsstunde fegte sie jedoch ein Gegenstoß der vom Obst. Schwarzenberg befehligten 12. GbBrig. hinweg, verfolgt vom Feuer der Artillerie, die unter den flüchtenden Italienern blutige Ernte hielt.

Mittlerweile war weiter südlich die verstärkte 22. ID. gegen S. Martino vorgebrochen, das sie nach Verdrängung des Südflügels der 9. GbBrig. besetzte. Nach der Rückeroberung des Mt. S. Michele wurde der Feind auch hier ohne Einsatz der Korpsreserve aus dem brennenden Dorfe verjagt und gegen Westen verfolgt.

Während nun das erschöpfte XI. Korps Ruhe hielt, brachen das

X. und das VII. gegen den Abschnitt Polazzo—Selz vor. Das bis 9h abends

!) Die vom Obst. Drennig befehligte 19. LstGbBrig. bestand aus den ungarischen Landsturminfanteriebataillonen III/l, II/3, 1/4, 1/6 und 111/12.

2) Ital. Gstb. W., II, Text, 274ff.

währende Ringen führte bei der Ruine 143 nach starken Schwankungen schließlich keine wesentliche Änderung der Lage herbei. Weiter südlich ging der 14. GbBrig. um 5h nachm. die Höhe A 118 abermals verloren, um eine Stunde später wieder den Besitzer zu wechseln. Östlich von Po-lazzo und zwischen Vermegliano und Selz mußten die zerschossenen Höhenrandstellungen allerdings den Italienern überlassen bleiben.

Nach dem Großkampftag des 26. Juli war der Höhepunkt der zweiten Isonzoschlacht überschritten. Die Angriffskraft der italienischen 3. Armee war erschöpft1). Der Heftigkeit des Kampfes entsprechend waren auch die Verluste sehr hoch. Sie betrugen am 26. bei den Italienern, die auf dem Mt. S. Michele gefochten hatten, 2958 Mann, beim k.u.k. VII.Korps am 25. und 26. 6000 an Toten, Verwundeten und Vermißten. Seit dem 18. Juli hatte die k.u.k. 5. Armee 29.800 Mann2) eingebüßt, wovon auf das VII.Korps etwa 25.000 entfielen. Es hatte im schwierigsten Gelände des Schlachtfeldes die Hauptlast des Kampfes zu tragen gehabt3).

Spärlich waren die Verstärkungen, die das 5. Armeekmdo. dem VII. Korps zukommen lassen konnte: vom XVI. Korps zwei weitere Jägerbataillone der 18. GbBrig., dann die aus kampfungewohntem Landsturm gebildete 19. LstGbBrig. Das Südwestfrontkmdo. beauftragte das Tiroler Landesverteidigungskmdo., seine einzige Reserve an öst.-ung. Truppen, das KJR. 1, von Bozen sofort zur 5. Armee zu senden; überdies wurde das auf der Fahrt von Galizien nach Tirol begriffene KSchR. II in Wien nach der Isonzofront umgelenkt.

Das Abflauen der Schlacht

Die kräftige Gegenwehr, der die italienische 3. Armee am 25. und

26. begegnet war, ließ nun ihren Führer vor einem öst.-ung. Gegenangriff bangen, der ihn um den bisherigen Raumgewinn bringen konnte. Cadorna befahl daher noch am 26. die Verschiebung der 23. ID. und tags darauf die der 29. ID. von der 2. Armee zur 3. Armee, der auch die halbe 26. von der Karnischen Gruppe und am 29. die 16. ID. von der Dolo-

1)    Ital. Gstb. W., II, Text, 281.

2)    Diese Verlustzahl verteilt sich auf 4850 Tote, 16.400 Verwundete und 85501 Vermißte; in letzterer Zahl sind auch die verwundet in Gefangenschaft Geratenen sowie die zahlreichen nicht geborgenen und verschütteten Toten einzurechnen.

3)    Der Kommandant des VII. Korps, GdK. Erzherzog Joseph, wurde für seineFührertätigkeit in dieser, dann in der dritten und vierten Isonzoschlacht sowie für seine in den Jahren 1916 und 1917 in der Bukowina erfochtenen Siege mit dem Kommandeurkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet.

mitenfront zugewiesen wurden1). Bis zum vollständigen Eintreffen dieser Verstärkungen sahen die Italiener von großen Angriffshandlungen ab, ließen ihre Artillerie aber in fast unverminderter Stärke weiter wirken. Deshalb kostete der 2-7. Juli, an dem die 33. IBrig. einen Vorstoß des italienischen X. Korps abzuwehren hatte, dem k.u.k. VII. Korps abermals gegen 1000 Mann. An den beiden folgenden Tagen, an denen die 14. GbBrig. in heftigen, Wechsel vollen Kämpfen die Höhe A 118 gegen Anstürme der italienischen 27. ID. behauptete, büßte das Korps des Erzherzogs Joseph wieder 2500 Mann ein.

Trotz der noch allseits gespannten Lage traf der Erzherzog, dessen Korps seit Schlachtbeginn von 32 auf 74 Bataillone 2) angewachsen war, Maßnahmen zur Neugliederung seiner Truppen. Auf dem Nordflügel wurden nach Einreihung von Marschformationen am 29. die 20. HID. (5000 Gewehre) und die 17. ID. (4800 Gewehre) wieder in die Front gestellt, die 9. und die 12. GbBrig. sowie die 93. ID. (2600 Gewehre) als Korpsreserve zurückgezogen. Die 61. ID. erhielt außer der 14. und der

16. GbBrig. noch die 18. der 59. ID. und die 6. der 57. ID. zugewiesen, hatte aber dafür die 2. GbBrig. an die 57. ID. abzugeben. Schließlich sollten die beiden empfindlich gelichteten Tiroler Regimenter — das KJR. 4 war am 31. auch bei der 61.ID. eingesetzt worden — als Armeereserve aus der Front gelöst werden. Späterhin war geplant, das 61. ID-Kmdo. samt der 16. LstGbBrig. zum XVI. Korps treten zu lassen, um dort mit der 10. GbBrig. wieder den ursprünglichen Divisionsverband herzustellen.

Die Ablösungen wurden gestört und verzögert durch feindliche Teilvorstöße, die zwischen dem 30. Juli und dem 1. August vornehmlich in der Dunkelheit an den gewohnten Druckpunkten der Front erfolgten und daher die tagsüber unter dem schweren Artilleriefeuer leidenden Verteidiger auch nachts um ihre karg bemessene Ruhe brachten. So hatten diese drei verhältnismäßig ruhigeren Tage beim VII. Korps etwa 4000 Opfer gefordert.

Das Abflauen der Kampftätigkeit nach dem 26. Juli ließ das Süd-westfrontkmdo. und das AOK. bereits an den Abschluß der zweiten Isonzoschlacht glauben. Übereinstimmend erachteten beide Befehlsstellen auch weiterhin das Festhalten an der bisher so erfolgreichen Abwehr als zweckentsprechend. Hiebei erwuchs allerdings das Haushalten mit den

1)    Ital. Gstb. W., II, Text, 281.

2)    Eigentlich wären es 80 Bataillone gewesen; doch hatten sechs wegen großer Verluste vorübergehend aufgelöst werden müssen.

an der Südwestfront verfügbaren schwachen Kräften zur schwer erfüllbaren Pflicht, insbesondere seit die zweite Isonzoschlacht so unerwartet hohe Blutopfer gefordert hatte. Um die zur Verminderung dieser Opfer gebotenen Maßnahmen zu erörtern, begab sich der Erzherzog Eugen am 29. zum 5. Armeekmdo. nach Laibach und zum VII. Korpskmdo. nach Kostanjevica. GdI. Boroević und namentlich der mit der Leitung der Befestigungsarbeiten an der Isonzofront betraute Generalgenieinspektor FML. Blénesi vertraten die Ansicht, daß andere als die bisher ausgeführten Deckungen, die im wesentlichen nur aus Steinschlichtungen bestanden, im Karstboden nicht herstellbar wären. Doch gerade diese Deckungen wurden von der übermächtigen italienischen Artillerie leicht zerstört, wozu sich noch der schon hervorgehobene katastrophale Nachteil der Steinsplitterung gesellte. Deshalb forderte der Generalstabschef des Südwestfrontkmdos., FML. Alfred Krauss, die Aussprengung von Gräben in den Karstfelsen. Mochten auch andere Befehlsstellen an der Isonzofront diese Notwendigkeit bereits erkannt haben, so hatte man deren Durchführung wegen Mangel an Zeit, Bohrwerkzeugen und Arbeitskräften sowie wegen des engen Kontaktes mit dem Feinde bis jetzt nicht nachdrücklich genug betreiben können.

Was den Verlauf der vorderen Kampfstellung auf der Doberdö-hochfläche betraf, war dem Nachteile des Umfaßtseins nicht abzuhelfen, insolange auf die Behauptung des Mt. S. Michele Wert gelegt wurde. Den bei diesen ungünstigen Kampfverhältnissen sich stets ergebenden großen Kräfteverbrauch hätten nur vermehrte Ergänzungen für das VII. Korps wettmachen können. Die um eine Entscheidung angerufene Heeresleitung glaubte keine bindenden Zusagen machen zu können. Dagegen war sie bereit, den vom Südwestfrontkmdo. nachdrücklich erhobenen Forderungen um Zuweisung einer der italienischen nach Zahl und Wirkungsfähigkeit gleichwertigen schweren Artillerie nach Möglichkeit zu entsprechen, welchen Zusagen sich auch die DOHL. *) und die Kriegsmarine anschlossen. Allerdings waren die in den nächsten Wochen eintreffenden schweren Geschütze nur ein Bruchteil des Erwünschten.

Aber auch ein Vorstoß zur Verhinderung der feindlichen Umfassung der Karstbastion wurde in Kostanjevica erörtert, und namentlich ein Vortragen des Südflügels bis etwa in die Linie Ronchi—Bestrigna für zweckmäßig erachtet. Daß hiebei ein für die Herstellung von Schützengräben

*) Von Deutschland traf am 5. Juli eine Batterie mit vier 13 cm - Langrohrkanonen ein. Bis zum Oktober 1917 war dies der einzige deutsche Truppenteil, der an der Isonzofront focht.

leicht bearbeitbares Gelände gewonnen werden würde, ließ diesen Gedanken verlockend erscheinen. Als jedoch Boroević erklärte, hiezu außer der eben von Galizien zur Südwestfront anrollenden 8. ID. x) noch vier Divisionen zu benötigen, erledigte sich dieser Plan aus Mangel an Kräften von selbst; denn die Heeresleitung durfte den auf dem russischen Kriegsschauplätze gegen Brest-Litowsk angesetzten Angriffsarmeen zur Stunde so starke Kräfte nicht entziehen. Eine Abgabe schien erst nach Abschluß dieses Feldzuges, also etwa Mitte August, möglich zu werden, aber auch dann mochten nach Ansicht des AOK. die Verstärkungen gerade hinreichen, um den Kräfteverbrauch auf dem Südflügel der 5. Armee auszugleichen.

Ehe noch die vorerwähnten diesbezüglichen Ferngespräche abgewickelt waren, und auch bevor noch eine der in Aussicht gestellten schweren Kanonen einlangte, raffte sich die italienische 3. Armee am 2. und 3. August nochmals zu einem Angriff auf, dessen Ziel die Abschnürung des zwischen den Höhen -<>-197 (südlich von Sdraussina) und A 118 vorspringenden Stellungsteiles war2). Wieder floß Blut auf dem glühend heißen Felsgestein, wieder wurden Steinwälle erstürmt und verloren. Die Hauptanstrengungen richtete die italienische 27. ID. auf den südlichen Eckpfeiler der Karstfront und stieß gerade in die Ablösung der 14. GbBrig. durch die 2. GbBrig. hinein. Dessenungeachtet trotzten die vermengten Bataillone im Nahkampf den Bemühungen des Feindes. Die

17. ID., FML. Gelb, konnte sich bei der -c>-197 schon durch Gewehrfeuer der Angriffe des nunmehr statt des XI. Korps in der Front stehenden XIV. erwehren. Immerhin beliefen sich die Verluste des k.u.k.

VII. Korps an diesen beiden Tagen auf etwa 1500 Mann.

Der neuerliche Mißerfolg veranlaßte die italienische Heeresleitung am 3. August, den Befehl zur Einstellung der Offensive am mittleren und unteren Isonzo zu geben. Da der Herzog von Aosta aber den Angriff durch langsames und methodisches Vorarbeiten fortzusetzen befahl3), glimmte die Schlacht noch einige Tage fort, ohne besondere Änderungen zu zeitigen.

Über das Ergebnis der zweiten Isonzoschlacht schreibt der italienische Generalstab á):

!) Die 8. ID., FML. Fabini, bestand damals aus der 96. IBrig. (KJR. 2 und 3), der 88. KSchBrig. (KSchR. III), einer Schwadron und zwei Feidhaubitzbatterien.

2)    T o s t i, 90.

3)    Ital. Gstb. W., II, Text, 286; T o s t i, 91.

4)    Ital. Gstb. W., II, Text, 287.

„Der Panzer der feindlichen [öst.-ung.] Abwehr war hie und da eingedrückt, aber nicht durchbrochen. Noch hat sich der Widerstand der verstärkten gegnerischen Front den Zerstörungsmitteln, die die italienische Heeresleitung an der Julischen Front versammeln konnte, überlegen erwiesen. Obwohl diese Mittel in Menge und an besserer Organisation jene übertrafen, die in der ersten Schlacht zur Verfügung standen, waren sie doch noch immer unzulänglich. Das Ergebnis dieser Schlacht bestand in der Erweiterung des Stützpunktes auf -c>-170 [liegt 800 Schritte westlich vom Mt. S. Michele], in dem Ersteigen des westlichen Höhenrandes der Hochfläche von Doberdö und in der Vorverlegung unserer Linie bis zum Mt. dei sei Busi [Höhe A118]1).“

Erhellt aus dieser freimütigen Äußerung einerseits das Eingeständnis des völligen Mißerfolges, so ist andererseits zu erkennen, daß die italienische Heeresleitung damals schon bestrebt war, den Kampf am Isonzo in Form von Materialschlachten zu führen, deren Schrecknisse sich stets steigerten.

Ungewöhnlich hoch waren die blutigen Verluste, die die k.u.k. 5. Armee erlitten hatte. Sie betrugen vom 15. Juli bis zum 15. August 46.640 Mann2). Die Italiener geben ihre vom 18. Juli bis zum 3. August erlittenen Einbußen mit 41.866 Mann an3); diese dürften bis Mitte August die gleiche Höhe wie jene des Verteidigers erreicht haben. Wenn man aber berücksichtigt, daß in der Schlacht 129 öst.-ung. Bataillone gegen etwa 260 italienische gefochten haben, waren die Verluste der 5. Armee vergleichsweise doppelt so groß als jene ihrer Feinde.

Nach Beendigung der zweiten Isonzoschlacht stellten die Italiener im August ihre Infanterieangriffe ein. Das Artilleriefeuer, das übrigens an der Isonzofront nie mehr verstummen sollte, forderte aber nochmanch schmerzlich empfundenes Opfer. Immerhin bot die verhältnismäßige Ruhe dem 5. Armeekmdo. die Möglichkeit, seine Verteidigungsmaßnahmen zu verbessern.

In organisatorischer Hinsicht wurden alle vier Kaiser jägerregimenter als 8. ID. (58. und 96. IBrig.) vereinigt. Die 93. ID. wurde bei Auflösung der Mehrzahl der neugebildeten Truppen aus der 185. IBrig. (KSchR. I

Der italienische Geländegewinn beschränkte sich tatsächlich auf einen bloß 200 bis 600 Schritte breiten Streifen, der von ■<>• 197 bis ausschließlich der Höhe A 118 reichte.

2)    Hievon waren tot 7721, verwundet 26.629 und vermißt 12.290 Mann; außerdem hatte die Armee in dieser Zeit einen Abgang von etwa 6400 Kranken.

3)    Ital. Gstb. W., II, Text, 287; Z i n g a 1 e s, 242, errechnet die Verluste nur mit 37.000 Mann. Nach T o s t i, 91, sollen sie sogar nur 33.717 betragen haben.

und drei kombinierte Marschbataillone) und der 88. KSchBrig. (KSchR. II und III) zusammengesetzt.

Bei der Bereitstellung der Reserven berücksichtigte GdI. Boroević die beiden Hauptangriffspunkte der Italiener: den Görzer Brückenkopf und den Mt. S. Michele. Namentlich dem letztgenannten schienen bald neue Gefahren zu drohen, denn die Fliegeraufklärung konnte eine starke Eisenbahnbewegung über Latisana nach Monfalcone, die Erdbeobachtung eine lebhafte Tätigkeit beim Feinde im Küstenraume feststellen. Um nun sowohl gegen eine Wiederholung des Durchbruchsversuches auf dem Karst, als auch gegen eine nicht unwahrscheinliche italienische Unternehmung bei Triest gewappnet zu sein, verfügte Boroević eine Neuaufstellung der Reserven. Die 61. ID., wieder aus der 10. GbBrig. und der

16. LstGbBrig. bestehend, kam östlich von Görz hinter die 58. ID. Auf der Karsthochfläche standen hinter den vier in der Front befindlichen Divisionen (17., 57., 59. ID. und 20. HID.) zwei Gebirgsbrigaden und die 93. ID. Die 8. ID. hielt Boroević bei Vogersko und Cernizza zu seiner Verfügung. Der schon für den Abtransport nach Kärnten bestimmten 12. GbBrig. der 48. ID. wurde bei Temnica und Lipa eine kurze Erholung gewährt. Dem XV. Korps, das sich hinsichtlich Truppen Verwendung einer gewissen Selbständigkeit erfreuen durfte, wurde vorübergehend die 58. IBrig. der 8. ID. zugeteilt.

Schließlich wurde nach eingehenden Beratungen, die nicht ohne ernste Verstimmung zwischen Laibach und Marburg verliefen, der Ausbau der vorderen Kampfstellung, namentlich auf dem Karst, in die Wege geleitet.

Cadorna erachtete das italienische Heer aber noch keineswegs für ausreichend gerüstet, um schon wieder die österreichische Isonzofront zu berennen. Es währte noch bis in den Oktober, ehe wieder ein Großkampf im Küstenlande entbrannte.

Die Kärntner Front von Anfang Juli bis Mitte August 1915

Neugliederung der beiderseitigen Streitkräfte und Stellungsbau Hiezu Beilage 39 sowie Skizze 36

Nach den ergebnislos gebliebenen öst.-ung. Gegenunternehmungen gegen das Promos und am Krn (S. 531 und 533) begannen die verwickelten Ablösungen der Truppen des VII. Korps durch die 44. SchD. und die 48. ID. (S. 738), die nahezu die ganze Front der Armeegruppe Rohr berührten und über drei Wochen bis zum 20. Juli dauerten. Trotzdem hatte der Austausch nicht vollständig bewirkt werden können, weil die

12. GbBrig. wegen des Beginnes der zweiten Isonzoschlacht auf dem Karst zurückbehalten wurde und daher auch Teile der 17. ID. in Kärnten verbleiben mußten.

Gleichzeitig wurde eine Neugliederung der Armeegruppe in vier Abschnitte (I bis IV) vorgenommen. Anfangs August stand im Abschnitt I zwischen der bis zum Steinkarspitz hinausgeschobenen Westgrenze des Armeegruppenbereiches und dem Straniger Spitz die 48. ID., FML. Gabriel (die 11. und Teile der 59. GbBrig. sowie Truppen der

17. ID.). Anschließend daran bis zum Schinouz, diesen inbegriffen, sicherte GM. Fernengel, der Führer der 59. GbBrig., mit Bataillonen seiner Brigade und der 17. ID. die Grenzstellungen. Südlich bis zum Rombon stand im Abschnitt III mit zusammengewürfelten Truppen die

92. ID., FML. Langer; den IV. Abschnitt, der bis zum Krn reichte, hatte GM. Nemeczek mit der 44. SchD. zu verteidigen.

Die Summe der Streitkräfte, über die das seit 3. Juli nach Villach vorverlegte Armeegruppenkmdo. anfangs August verfügte, betrug 45 Bataillone (hievon 8 freiwillige Schützenbataillone), 5y2 Schwadronen und 46i/2 Batterien mit 42.000 Feuergewehren, 150 Maschinengewehren, 650 Reitern und 281 Geschützen (ohne Werksartillerie).

Eine andere wichtige Angelegenheit, die zu einer baldigen und befriedigenden Lösung gedrängt hatte, war die Frage der Organisation und der Verwendung der alpenländischen freiwilligen Schützenformationen. Sie waren bei Ausbruch des Krieges mit Italien dem Rufe „Volk und Heimat in Not“ zum Schutze der bedrohten Grenzen in altbewährter Treue gefolgt und stellten zunächst zwar ein Massenaufgebot dar, das aber militärischer Ausbildung und Ausrüstung, dann auch kriegserprobter Führung entbehrte, also nicht als schlagfertige Kampftruppe gelten konnte. Das Kommando der Südwestfront befahl daher vorerst die Vereinigung der Unausgebildeten und Minderjährigen aller freiwilligen Schützenformationen in einem Ausbildungslager in Wolfsberg in Kärnten, in der Absicht, eine Umwandlung des gesamten freiwilligen Schützenwesens auf neuer und militärisch brauchbarer Grundlage einzuleiten. Die Neuordnung dieser freiwilligen Verbände erfolgte dann im Laufe des Monats Juli nach einem von der Heeresleitung genehmigten Entwürfe des Armeegruppenkmdos. Rohr und war bis etwa Mitte August abgeschlossen.

Aus den Frontdiensttauglichen der vier Kärntner freiwilligen Schützenregimcnter wurde das k. k. Kärntner frw. Schützenregiment mit dem Kmdo. und den Bataillonen I bis IV in der Stärke von 2000 Feuergewehren gebildet. Die Minderjährigen wurden in Jungschützenkompagnien in Wolfsberg vereinigt, die Wachdiensttauglichen in vier Ersatzkmdos. der vier Feldbataillone zusammengefaßt und in der Etappe zu Bewachungszwecken und im Eisenbahnsicherungsdienst verwendet. Außerdem bestand das Oberkmdo. der k. k. Kärntner frw. Schützen in Klagenfurt, dem die Ersatzkmdos. und Wachformationen unterstellt waren.

In ähnlicher Weise wurden aus den Frontdiensttauglichen der sechs frw. Salzburger Schützenbataillone die k. k. Salzburger Schützenbataillone I und II aufgestcllt, die später in ein Bataillon zu sechs Kompagnien umgewandelt wurden.

Auch die Frontdiensttauglichen der nach und nach auf ein k. k. Steirisches frw. Schützenregiment reduzierten Freiwilligenformationen Steiermarks wurden in einer frontfähigen Auszugskompagnie und einer kriegsstarken Kompagnie des frw. Bürgerund Schützenkorps Graz zusammengefaßt und zunächst in Wolfsberg weiter ausgebildet.

Die Wachdiensttauglichen der Salzburger und steirischen Schützenformationen wurden in Ersatikmdos. beziehungsweise Wachbataillone vereint und wie die Kärntner Ersatzkmdos. verwendet. Die Oberleitungen der frw. Schützenformationen Salzburgs und Steiermarks wurden aufgelöst.

Die oberösterreichischen Schützenformationen wurden dem Militärkmdo. Innsbruck unterstellt und zur Ausbildung nach Tirol verlegt.

Die frw. Schützenformationen Untersteiermarks und einige Kompagnien frw. Schützen Krains und des Küstenlandes waren dem 5. Armeekmdo. untergeordnet.

Durch die Umgestaltung der aus ungleichartigen Elementen bestehenden Freiwilligenaufgebote in feldverwendbare, für Wachdienste geeignete und Ausbildungsabteilungen war dem Armeegruppenkmdo. ein nicht zu verachtender Kraftgewinn erwachsen. Als dann nach beendeter Neuordnung die als Kampftruppe verwendbaren freiwilligen Schützenbataillone vom September an in die Front gestellt wurden, waren sie unter Anleitung kriegserfahrener Führer bald allen Anforderungen des Abwehrkampfes gewachsen.

Auch die der Armeegruppe Rohr gegenüberstehende „italienische Karnische Gruppe“ mußte sich wiederholte Male in Truppenverschiebungen fügen, die durch die Ereignisse in den Nachbarräumen bedingt waren. Durfte sie sich am 18. Juni der Verstärkung durch die 26. ID. der Heeresreserve erfreuen, so mußte sie am 3. Juli, zur Zeit der Hochspannung in der ersten Isonzoschlacht, je eine Brigade der 23. und der

24. ID. an die 2. Armee abgeben. Diesen folgte zu Ende des Monats Juli während der zweiten Schlacht die halbe 26. ID. zur 3. Armee. Anfangs August verfügte das Kommando der Karnischen Gruppe, in das das XII. Korpskmdo. aufgegangen war, über zwei Divisionen in neuer Zusammensetzung, und zwar die 24. ID. im Fella- und die 26. ID. im But-Degano-Abschnitt. Einschließlich der seit Kriegsbeginn hier befindlichen

Gebirgstruppen stand der Armeegruppe Rohr eine etwa gleichstarke Kraft von 43 Bataillonen und 47 Batterien gegenüber1).

In den bisherigen Kämpfen war es der Armeegruppe Rohr wohl gelungen, den Feind am Kärntner Grenzkamm aufzuhalten; die beherrschende Kammlinie vom Wolayer Kopf bis zum Findenigkofel befand sich jedoch mit Ausnahme der höchsten Kuppe des Kl. Pal noch immer in Feindeshand. Die sich an den Norühängen anklammernden öst.-ung. Truppen waren daher anhaltend verlustbringender Flankierung durch die italienischen Promosbatterien ausgesetzt, die Räume hinter den Stellungen und die Zugangswege eingesehen. Ähnlich ungünstig war die eigene Lage südlich von Malborgeth, wo die feindliche Artillerie, dank dem vom Mittagskofel und vom Mt. Piper gebotenen Einblick in das Kanaltal, bis Tarvis za wirken vermochte. Besonders nachteilig erwies sich der Verlust des Krn-Vrata-Vrsicrückens, von wo der Feind nicht nur die Becken von Flitsch und Tolmein und deren Zugänge, sondern auch die tiefergelegenen Stellungen und Nachschubswege einsehen konnte und damit den Flügel und Anschlußraum zur 5. Armee dauernd bedrohte.

Unter diesen Umständen’war ein nachhaltiges und verläßliches Halten der Kärntner Front nur dann mit einem Mindestmaß an Kräften möglich, wenn die Verteidigung auf den sie begünstigenden Hängen und Gebirgsrücken lag. Diese Forderung hatte daher Unternehmungen zur Verbesserung der ungünstig gelegenen Frontteile nötig gemacht. Doch der Mangel an ausreichenden, mit der Kriegführung im Hochgebirge vertrauten Infanteriekräften und einer für diese schwierigen Angriffe entsprechenden Artillerie standen ihr entgegen. So ging GdK. Rohr auf ein am 9. Juli vom benachbarten XV. Korps der Isonzoarmee gestelltes Ansuchen um Mitwirkung bei der Vertreibung der Italiener vom Krn-Vrata-Vrsicrücken nicht ein. Vollends mußten aber alle Angriffspläne zurückgestellt werden, als die Armeegruppe Rohr während der zweiten Isonzoschlacht noch aus eigenem Antrieb drei Bataillone und fünf Batterien, die vom VII. Korps zurückgeblieben waren, an die Armee Boroević abgab, und als von Mitte August an, wie noch zu schildern sein wird, auch der Ostflügel Rohrs heftig angegriffen wurde.

Da Stellungsverbesserungen durch Kampf aus vorstehend geschilderten Gründen immöglich waren, mußte sich das Armeegruppenkmdo. Rohr den technischen Ausbau der Verteidigungslinien angelegen sein lassen. Hindernd standen dabei der schwer zu bearbeitende Felsboden, der Mangel an Werkzeug, der häufige Truppenwechsel und die unzweifel!) Ital. Gstb. W., II, Text, 376 f.

hafte Abneigung der Kampftruppen gegen den Stellungsbau entgegen. Dazu waren anfangs mit Rücksicht auf die ungewisse Dauer eines Widerstandes an der Grenze alle verfügbaren technischen Kräfte zum Ausbau der 2. Stellung im Zuge der Gailtaler Alpen angesetzt worden. Erst als der Versuch gelungen war, den Feind unmittelbar an der Grenze aufzuhalten, wurde Mitte Juli allen Abschnitten befohlen, die Befestigungsarbeiten an den hinteren Stellungen zugunsten der vordersten Linie einzustellen, um das Ausharren in den an Hilfsmitteln armen, schwer zugänglichen und vielfach ungünstigen vorderen Kampfräumen zu ermöglichen. Neben Kampfgräben und Deckungen im gewachsenen Felsen waren Bahn- und Wegbauten, Seilbahnen und Aufzüge, ferner Unterkünfte, Vorratslager und vieles andere für eine Überwinterung im Hochgebirge von Grund auf neu zu schaffen1).

Auf Grund von Erfahrungen aus den Kämpfen im Görzischen ordnete das Kmdo. der Südwestfront die ungesäumte Anlage einer nahe hinter der vordersten Linie verlaufenden „Rückhaltstellung“ an, in der man allenfalls örtlichen Einbrüchen des Angreifers begegnen konnte. Sie war eine Vorstufe zu dem sich in dieser Phase des Krieges entwickelnden Verteidigungssystem in drei Linien.

Die Kämpfe im Grenzraume Kärntens

Nach dem mißglückten Angriff des k.u.k. VII. Korps auf das Promos bis zum Beginn der zweiten Isonzoschlacht (18. Juni) beschränkten sich die Gefechtshandlungen, abgesehen von kleinen, erfolglosen Vorstößen der Italiener, auf tägliche Artilleriekämpfe und auf die dauernde Beschießung der Werke bei Malborgeth «und Raibl 2).

A) Besonders wichtig war die im Frieden versäumte Anlage eines fahrbaren Überganges von Kronau (Bahn und Straße im Tal der Wurzener Save) über den Mojstrovka-paß (1611 m) ins obere Isonzotal. Dadurch konnte der zeiträumlich abgetrennte Abschnitt IV von der leicht zu unterbindenden Predilstraße für alle Fälle unabhängig gemacht werden. Merkwürdigerweise war der Verkehr durch das vom Feinde zum Teil eingesehene und im Bereiche seiner Geschütze liegende Koritnicatal bis Mitte Juli ungestört geblieben. Zu diesen Arbeiten gehörte auch die Ausgestaltung und Verlängerung des aus dem Koritnicatal bei Breth in das Seebachtal bei Raibl führenden Bergwerksstollens für den allgemeinen Verkehr (besonders für Verwundeten- und Materialtransporte), so daß die stark unter schwerem Feuer liegende Predilstraße unterfahren werden konnte. Der Ausbau der Gailtalbahn von Hermagor bis Kötschach-Mauthen und die Anlage von mindest einer Fahrstraße vom Gailtal in jeden Unterabschnitt wurde begonnen.

2) Auf das Fort Hensel bei Malborgeth fielen bis Mitte Juli gezählte 2267 Bomben vom 21 cm-Kaliber aufwärts, was einem Gesamtgewicht von etwa 350 t Eisen entspricht.

Vom 18. Juli an steigerte sich das italienische Geschützfeuer, das sich jetzt vom Neveasattel aus auch gegen die Flitscher Sperren und gegen den Ort Raibl richtete.

Ein Versuch, die feindliche Beobachtung am Grenzkamme zunächst der Prevalascharte zu bekämpfen, von wo das Flitscher Becken und die Räume hinter unseren Stellungen beiderseits vom Isonzotale eingesehen waren, mißlang bei der unzulänglichen Reichweite unserer Geschütze. Erst die Aufstellung einer Gebirgskanone auf dem Rombon sollte dies ermöglichen. Die lästigen italienischen Batterien im Dognatale konnten erst vom 23. Juli an unter Zielfeuer genommen werden, nachdem vorher kühne Aufklärer hinter den feindlichen Sicherungen nördlich vom Bramkofel einen geeigneten Beobachtungspunkt erklommen hatten.

Die Truppenabgaben aus Kärnten und aus Tirol an die Isonzofront während der zweiten Schlacht scheinen der italienischen Beobachtung nicht entgangen zu sein und mögen am 30. Juli zahlreiche Unternehmungen gegen die Armeegruppe Rohr verursacht haben, die weitere Truppenverschiebungen verhindern sollten. So griffen mehrere italienische Bataillone die Stellungen der 11. GbBrig. auf dem Kl. Pal an. Sie drangen ein, wurden aber nach wechselvollen Kämpfen geworfen, wobei im Nachstoß die eigene Linie noch vorverlegt werden konnte. Weiter östlich vermochte sich der Feind auf dem Hohen Trieb festzusetzen, während er im Lo-dinutpaß (westlich vom Findenigkofel) zurückgeschlagen wurde. Heftig wurde am gleichen Tage auch im Bereich der 92. ID. um den östlichen Zweispitz L) und um die Piperscharte gekämpft. Hier erstürmten mehrere Alpinikompagnien nach neunstündiger Beschießung, die auch das Heranführen von Reserven hinderte, die beiden nur von je einer halben Kompagnie des FJB. 9 und des IR. 27 heldenmütig verteidigten Punkte. Die eingeleitete Rückeroberung mußte bei dem schlechten Wetter und der sehr schwierigen Annäherung über steile Felswände aufgegeben werden.

Konnten die Vorstöße abgewehrt werden, die die Italiener in den nächsten Tagen auf dem Hohen Trieb und auf dem Freikofel unternommen hatten, so gaben die Regsamkeit des Feindes auf dem Karnischen Kamm,

Das Werk war hiedurch ein Trümmerhaufen geworden. Trotzdem feuerten die heldenmütigen Kanoniere aus einem intakt gebliebenen Geschützturm unentwegt weiter — die anderen Geschütze und Maschinengewehre waren schon in neue, im Gelände befindliche Anlagen eingestellt worden — und verleiteten die Italiener zu andauernder Munitionsverschwendung.

*) Der Westgipfel des Zweispitz war von den Italienern schon in den ersten Kriegstagen kampflos besetzt worden (S. 528).

wo er jederzeit den Kampf unter für ihn günstigen Verhältnissen aufnehmen konnte, sowie das Beschießen von Orten im Gailtal dem GdK. Rohr doch Anlaß zu Besorgnissen. Vor dem Einlangen der am Isonzo festgehaltenen 12. GbBrig. und schwerer Artillerie konnte aber an eine Verbesserung der eigenen Lage im Plöckengebiete nicht geschritten werden.

Dafür war auf dem Westflügel der Armeegruppe kühnen Aufklärungsabteilungen der 48. ID. und der Division Pustertal die Besetzung der Linie Pala di Sterpe—Mga. Chivion geglückt, wodurch die Besatzung des auf den Mt. Peralba vorgeschobenen Postens gegen Angriffe von Westen her gesichert wurde. Am 7. und 8. August unternahmen vier italienische Kompagnien von Süden und Osten her einen Angriff gegen den Mt. Peralba, der aber völlig mißlang1).

Ähnliche Besorgnisse wie um den Karnischen Kamm stiegen dem Armeegruppenkmdo. in Villach auch um das Flitscher Becken und um den Raum südlich von Malborgeth auf, wo der Feind allmählich seine Artilleriewirkung gegen Osten erweiterte. Die Wegnahme der italienischen Artilleriebeobachtungspunkte im Gebiete des Mittagskofels schien dem GdK. Rohr daher sehr nötig zu sein, wozu er das GSchR. 1 verwenden wollte, das in seiner Stellung von dem aus Rußland anrollenden GSchR. 2 auf dem Krn abgelöst werden sollte. Doch ehe es dazu kommen konnte, steigerte sich vom 12. August an das italienische Artilleriefeuer gegen die beiden östlichen Abschnitte der Armeegruppe Rohr und leitete neue heftige Kämpfe am oberen Isonzo ein.

Die Kämpfe am oberen Isonzo in der zweiten Augusthälfte 1915

Hiezu Beilage 40

Der italienische Angriff splaň und die Stärke beider Parteien

Als Cadorna seinen Plan, den Durchbruch der öst.-ung. Front zwischen Plava und dem Meere zu erzwingen, in den ersten zwei Isonzoschlachten blutig gescheitert sah, beschränkte er sich am Mittel- und Unterlauf dieses Flusses darauf, die gegnerischen Kräfte durch eine kaum unterbrochene Reihe von örtlich begrenzten Unternehmungen festzuhalten. Gleichzeitig ▼erlegte er die Angriffshandlungen in den Raum Tolmein—Krn—Flitsch und hoffte, hier die Mißerfolge auf dem Karst und bei Görz vor Beginn der schlechten Jahreszeit durch eine Teiloffensive wettmachen zu können.

Der verstärkte linke Flügel der italienischen 2. Armee hatte mit Teilen der Karnischen Gruppe nach Wegnahme des ganzen Krnstockes1) den Brückenkopf von Tolmein anzugreifen und dann das Becken von Flitsch zu besetzen.

Die Eroberung der beiden „Ausfallstore Tolmein und Flitsch“ sollte einerseits die linke Flanke der italienischen Isonzofront der steten Bedrohung entziehen2), andererseits den italienischen Truppen günstige Bedingungen für das Vordringen nach Innerösterreich schaffen. Denn sofort nach Besitznahme des Brückenkopfes und Beckens von Tolmein war geplant, den Angriff der Hauptkraft der italienischen 2. Armee von Norden her gegen Plava und Görz folgen zu lassen3), während die Besetzung des Beckens von Flitsch den Angriff auf die Kärntner Sperren von Westen, Süden und Osten einzuleiten hatte.

Die Durchführung dieser für sich abgesonderten Unternehmung war schon früher beabsichtigt gewesen, hatte jedoch aus Mangel an genügenden Kräften, besonders an schwerer Artillerie, unterbleiben müssen4). Jetzt konnte sie nicht mehr aufgeschoben werden, da die vorgeschrittene Zeit im Hochgebirge zur Ausführung drängte.

Mit der Leitung der Operationen war der Führer des italienischen

IV. Korps, GLt. Nicolis di Robilant, beauftragt. Zur Verstärkung wurden seinem Korps noch besonders tüchtige und gebirgsgewohnte Truppen aus den Nachbarbereichen unterstellt. Robilant plante, die 7. ID. den Südflügel des Tolmeiner Brückenkopfes vom Isonzo bei Selo bis westlich von Sv. Maria, die je etwa brigadestarken Alpinigruppen A und B, nördlich anschließend, den Nordteil des Brückenkopfes und den Vodil vrh beiderseits des Flusses angreifen zu lassen. Die verstärkte 8. ID. und der rechte Flügel der 33. ID. sollten den vom Isonzo gegen den Krn aufwärts streichenden Mittel- und Hochgebirgsrücken des Mrzli vrh—Šleme— Mažnik nehmen und sodann in das von Norden nach Tolmein führende Tal des Tominski potok vorstoßen.

Nahezu gleichzeitig hatte der zweite Teil des Unternehmens, die Wegnahme des Beckens von Flitsch und der umfassende Angriff gegen die Kärntner Sperren, zu beginnen. Hiezu sollte vorerst der linke Flügel

*) Die vorausgehende Besetzung des Gebirgsstockes sollte die Fortnahme der beiden Becken erleichtern. Ein solcher Versuch war schon in der zweiten Isonzoschlacht unternommen worden und gescheitert.

2)    Ital. Gstb. W., II, Text, 289.

3)    C a d o r n a, La guerra, I, 144.

4)    Ital. Gstb. W., II, Text, 288.

der am Krn angesetzten verstärkten 33. ID. und die Hauptkraft der Bersaglieridivision die Höhen östlich von Flitsch (Javorcek, Lipnik) gewinnen, um dann aus dem Sočatale entweder nach Süden das Krnmassiv oder nach Norden die Sperren zu umgehen. Teile der Bersaglieri hatten aus der Talenge bei Saga vorzubrechen und das Becken selbst zu besetzen.

Überdies waren von Westen Teile der Karnischen Gruppe, und zwar eine kombinierte Abteilung in Brigadestärke unter GM. Giardina im Resiatale und auf dem Grenzkamm des Mt. Canin zum Angriff gegen die Höhen nördlich von Flitsch (Rombon), der rechte Flügel der italienischen

24. ID. im Raccolanatal zum Angriff über den Neveasattel gegen die Sperren bereitgestellt. Östlich von Karfreit stand eine Gruppe von fünf Alpinibataillonen als Korpsreserve zum Eingreifen sowohl gegen Tolmein als auch gegen Flitsch bereit.

Auf unserer Seite standen nach wie vor im Abschnitte I der Isonzofront das XV. Korps, nördlich auf dem Krnmassiv anschließend im Abschnitte IV der Armeegruppe Rohr die 44. SchD.

Die Kämpfe, die hier am 12. August um die beiden Becken begannen und stellenweise, wie bei St. Luzia, am Mrzli vrh, am Vršič und bei Flitsch, die Heftigkeit jener auf der Hochfläche von Doberdö erreichten, dauerten, durch kurze Kampfpausen unterbrochen, fast sieben Wochen lang und erneuerten sich an den genannten Brennpunkten trotz sehr bedeutender Verluste des Angreifers mit einer geradezu staunenswerten Zähigkeit, ohne daß diese zu einem erwähnenswerten Erfolge geführt hätte.

Die Kämpfe bei XZolmein vom 12. bis zum 20. August

Mit einer schweren Artilleriebeschießung der öst.-ung. Stellungen von Selo bis Flitsch am 12. und 13. setzte der Kampf ein, wobei auch hier erstmalig die planmäßige Zerstörung der Orte hinter der Front erfolgte. Bis zum 20. August wurden gegen das XV. Korps und den linken Flügel der 44. SchD. bei Tag und Nacht zahlreiche, örtlich und zeitlich zwar nicht einheitliche, aber starke Angriffe geführt, die immer wieder von heftigen Beschießungen abgelöst wurden.

Am 14. vormittags setzte der Ansturm der italienischen Infanterie ein. Er richtete sich zuerst gegen die östlich vom Krngipfel aufragenden Felsspitzen und Grate und gegen den nach Süden abfallenden Rücken Mažnik—Sleme—Mrzli—Vodil. Den hier angreifenden Truppen der 33. und der 8. ID. sowie der Alpinigruppe A blieb jedoch der Erfolg versagt. Unter großen Opfern brachen die Anstürme zumeist schon vor den Hindernissen der 3. und der 15. GbBrig. zusammen.

Während am 15. und 16. August die Kämpfe nördlich vom Isonzo^ abflauten und der Angreifer teilweise in seine Ausgangsstellungen zurückging, brach am zweitgenannten Tage die verstärkte 7. ID. gegen den Brückenkopf von Tolmein vor. Sie sollte nach Besitznahme der im Becken liegenden Höhen A 588 und Sv. Maria den Kampf auf das linke Isonzoufer tragen, um den wichtigen Talknoten bei St. Luzia zu gewinnen1).

Der Angriff wurde auch hier bis zum Nachmittag fast durchwegs abgewehrt. Nur am Westhang der Höhe A 588 brach der Feind in zwei Kompagnieabschnitte eines in der Ablösung begriffenen Bataillons der

8. GbBrig. ein. Die an demselben Tage und am 17. mit den verfügbaren schwachen Reserven angesetzten Gegenangriffe führten nicht zu dem gewünschten Erfolge; zum Teil deshalb nicht, weil die höheren Befehlsstellen von der Lage im Raume Selo—A 588 noch keine klare Kenntnis hatten.

Mit Rücksicht auf die schüttere Besetzung der Front und den Mangel an Verfügungstruppen — die spärlichen Reserven waren in den zweitägigen Kämpfen verbraucht worden — schien die Gesamtlage des XV. Korps kritisch geworden, die Gefahr eines Durchbruches nahegerückt zu sein. Drang der Feind in Fortsetzung seiner Angriffe bei Tolmein durch, so konnten die Höhenstellungen umfaßt oder umgangen, und die wichtige Wocheinerbahn für die Versorgung des Korps verloren werden. Der Nachschub für die 50. ID. hätte dann auf der Straße über den Podbrdosattel und auf unfahrbaren Wegen aus der Wochein über das Hochgebirge, jener der 1. ID. über den Kirchheimer Sattel bewerkstelligt werden müssen. Man hegte aber auch Besorgnisse, ob bei einem starken feindlichen Nachstoße die am östlichen Isonzoufer befindliche zweite Stellung ohne Reserven behauptet werden konnte.

Doch des Armeeführers eiserner Wille überhob die Unterführer schwieriger Entschlußfassung. GdI. Boroević befahl unbedingtes Halten der Hügel im Tolmeiner Talkessel, gestattete das Einreihen von Marschformationen und wies das XVI. Korps zu kräftiger Artillerieunterstützung an. Außerdem setzte er die 58. IBrig. 2) der 8. ID., die bei Dörnberg im Wippachtale als Armeereserve stand, über Chiapovano 3) zum XV. Korps

x) Zingales, 400.

2)    Die aus dem 1. und 2. KJR. gebildete Brigade war choleraverseucht und sollte möglichst lange in Reserve bleiben. Auch war nach Eintreffen weiterer Verstärkungen am Isonzo geplant, die hochgebirgsvertrauten Kaiserjäger an den Grenzen Tirols zu verwenden. Die kritische Lage beim XV. Korps durchkreuzte die Absicht des Kmdos. der Südwestfront, und so stand die Brigade bis Anfang Oktober bei Tolmein im Kampf.

3)    Allgemein war die slawische Bezeichnung „Čepován“ gebräuchlich, weil auch die Bevölkerung dieses Landstriches rein slowenisch war.

in Marsch, wo sie mit ihren vordersten Teilen allerdings erst am 18. abends eintreffen konnte.

In dieser bedrohlichen Lage stellte FML. Kaiser, der Kommandant der 50. ID., am 17. August nachmittags seine Divisionsreserve, das Bataillon IV/37, nebst Organen seines Stabes dem Korpskmdo. zur Wiederherstellung der Lage bei der 1. ID. zur Verfügung, obwohl gegen seinen eigenen Divisionsabschnitt neue Angriffe begonnen hatten.

Indes hatte sich am 18. vormittags die Lage am Südflügel der •8. GbBrig. geklärt. Der Stützpunkt Selo war fest in unserem Besitz; obwohl völlig isoliert, hatte seine tapfere Besatzung alle feindlichen Stürme abgeschlagen. Nördlich davon war der schmale italienische Einbruchsraum allseits abgeriegelt und unsere Linie geschlossen. Reserven waren aus der Front gezogen, die Neugruppierung und teilweise Verstärkung der Artillerie im Tolmeiner Becken nahezu beendet. Die Krise war überwunden. Nach Aussage von Gefangenen standen aber neue Angriffe bevor. Man konnte auch den Anmarsch von Verstärkungen beobachten.

Schon am 18. August nachmittags griffen nach starkem Artilleriefeuer etwa vier Bataillone neuerlich die Höhen von Sv. Maria und A 588 an. Aber alle Versuche des Feindes, den hier am 16. erzielten geringen Vorteil zu erweitern, blieben vergeblich.

Am 19. früh warf der vorbereitete Gegenangriff des Bataillons IV/37 den Feind endgültig vom Kamme zwischen Selo und A 588 zurück. Der Erfolg, den die Italiener in den tagelangen, sehr verlustreichen Angriffen errungen hatten, beschränkte sich auf die Gewinnung eines bescheidenen Grabenstückes am Westhange der Höhe A 588.

Die in den beiden letzten Tagen gegen den Brückenkopf gerichteten Angriffe waren von starken Vorstößen gegen den Krn und den Mrzli vrh begleitet; doch die Heftigkeit der Angriffe hatte vorläufig ihren Höhepunkt überschritten. Starke Artilleriebeschießungen und kleinere Teilangriffe konnten das für die Italiener dürftige Ergebnis dieser Kampfperiode nicht mehr ändern; dies umsoweniger, als unterdessen mittlere und schwere Geschütze beim XV. Korps eingelangt waren, die die Bekämpfung der hoch über dem Tolmeiner Becken auf dem Grenzkamm des Kolowrat eingebauten, sehr lästigen schweren italienischen Batterien aufnahmen.

In sechstägigen Kämpfen hatte der Angreifer bei aller Tapferkeit und Ausdauer mit Ausnahme der Eroberung des erwähnten Grabenstückes überhaupt keinen Erfolg erringen können. Truppen in der Stärke von etwa sieben Brigaden, unterstützt durch eine mächtige Artillerie, hatten das nur halb so starke XV. Korps, das seit Ende Juli vom FML. Stöger-Steiner befehligt wurde, vergebens angegriffen und unverhältnismäßig große Blutopfer bringen müssen.

Das Ringen um das Becken von Flitsch

Nahezu gleichzeitig mit den Angriffen bei Tolmein begann von Mitte August an gegen die an das XV. Korps nördlich anschließende 44. SchD. der Armeegruppe Rohr eine Reihe von Unternehmungen, die die Eroberung des Beckens von Flitsch und das Niederkämpfen der nordöstlich davon befindlichen Sperrwerke zum Ziele hatten.

Die Truppen des Verteidigers standen hier, bis auf ein kurzes Talstück östlich von Flitsch, in weit ausgedehnten Hochgebirgsstellungen, die schwer zugänglich waren. Seit dem in den ersten Kriegswochen eingetretenen Verluste der Kammlinie Vršič—Vrata—Krn war der Verlauf der Front unverändert geblieben (Skizze 32). Auf dem in nordwestlicher Richtung abfallenden Rücken des Vršič befand sich eine vorgeschobene Stellung zwecks Flankierung der eigenen Verteidigungslinien am Lipnik und Javorcek und zur Beobachtung nicht eingesehener Räume vor der Front. Sonst standen vor der Front im Tale des Slatenikbaches und des Isonzo, dann westlich von Flitsch und am Südwesthang des Rombon nur kleine Aufklärungs- und Sicherungsabteilungen.

Bis Anfang August hatte der Feind den das Becken von Flitsch im Westen umschließenden Hochgebirgskamm des Mt. Canin nicht überschritten. Weiter südlich hatten seine Truppen die Talenge nordöstlich von Saga und den Polounikrücken schon Ende Mai erreicht, sich aber dort weiterhin untätig verhalten. Durch Abhorchen italienischer Ferngespräche, dann durch Gefangene und Überläufer war der Verteidiger über Absichten und Kräfteverteilung des Feindes fast bis ins einzelne zutreffend unterrichtet und daher vor Überraschungen gefeit. Doch konnte für die Behauptung des Rombon, von dem aus vor allem die Beobachtung des Beckens möglich war, zunächst nur durch eine geringe Verstärkung der Besatzung und durch Aufstellen eines Gebirgsgeschützes auf dem Gipfel des Berges vorgesorgt werden.

Am 3. August begannen italienische Aufklärungsabteilungen über den westlichen Grenzkamm und von Süden gegen Flitsch vorzufühlen. Der Ausbaueines über die Prevalascharte führenden Weges aus aemRaccolana-ins Isonzotal deutete auf die Annäherung von Kräften auch aus dieser Richtung hin. Im Halbkreise vom Neveasattel über Saga, Serpenizza und Ravna schossen sich Batterien aller Kaliber auf die Stellungen und Sperren bei Flitsch ein1), und am 12. August begann das Zerstörungsfeuer gegen die Stellungen vom Rombon bis zum Krn, das mit großem Munitionsauf-wande und wechselnder Stärke bei Tag und Nacht anhielt. Zwei Tage später setzten die Anstürme der italienischen Infanterie ein, die vor dem durch die Artillerie der 44. SchD. unterstützten Nordflügel des k.u.k.

XV. Korps schon am selben Tage verlustreich scheiterten. Am 15. begannen auch nördlich vom Krn zähe und bis zum 20. August oft wiederholte Angriffe des italienischen IV. Korps.

Diese galten in erster Linie der nur von einem Bataillon des niederösterreichischen SchR. 21 verteidigten Vorstellung des Vršič, die am 15. und 16. durch Bersaglieriabteilungen bestürmt wurde. Doch die wackeren Schützen wußten den vielfach überlegenen Feind mit blutigen Köpfen abzuweisen. Am 17. August erneuerten die Italiener ihre Bemühungen gegen das vorspringende Felsennest, ohne auch diesmal einen Erfolg zu erzielen. Eine hierauf einsetzende zweitägige Kampfpause bot den Verteidigern die Gelegenheit zur Auffüllung ihrer arg gelichteten Reihen.

Am 19. abends schwoll das Zerstörungsfeuer gegen die Kampfstellungen der 87. SchBrig. wieder an. Es dauerte die Nacht zum 20. fort, um sich früh auf der Vršičstellung zu größter Heftigkeit zu steigern, ßis 8h früh waren Deckungen und Hindernisse vom Felsboden hinweggefegt, als Bersaglieri und Infanterie neuerlich mit großer Wucht und anerkennenswertem Schwung zum Sturme schritten. Vier Stunden hindurch brandete nun Welle auf Welle gegen die österreichischen Stellungen. Zweimal gelang der Einbruch auf dem Kamm. Immer wieder wurde der sich anklammernde Feind in die Abgründe hinabgeworfen. Von den benachbarten Bergspitzen des Lipnik griffen Teile des Kärntner GbSchR. 1 durch flankierendes Feuer unterstützend ein. Sie sahen die tapfere Besatzung des Vršič im feindlichen Geschoßhagel aufrecht stehend Handgranaten und Felsblöcke auf die anstürmenden Italiener schleudern, die Herankommenden mit dem Bajonett empfangen und Leib an Leib den wilden Kampf austragen.

Endlich gegen Mittag ermattete der Feind; schwer geschädigt stellte er die fruchtlosen Berennungen ein und zog sich in seine Ausgangsstellungen zurück, verfolgt vom Feuer der wenigen nicht zerschossenen

J) Diese Sperren, die am 18. Juli zum erstenmal beschossen wurden, bestanden aus dem veralteten Werk „Hermann“ und der Straßensperre. Bis auf zwei Panzerhaubitzen waren die Geschütze und die Mehrzahl der Maschinengewehre in das Anland verlegt worden. Die Werke wirkten auch hier vornehmlich dadurch, daß sie das schwerc feindliche Feuer auf sich zogen.

Geschütze und Maschinengewehre. Erbittert durch den Mißerfolg, überschüttete die feindliche Artillerie den ganzen Abschnitt der 87. SchBrig. mit Geschossen aller Kaliber bis zum sinkenden Tag. Dann versuchte der Italiener noch einmal den Erfolg an sich zu reißen. Aber sein Schwung war gebrochen. Bei Einbruch der Nacht waren alle Teile der Stellung in festem Besitz der heldenmütigen Verteidiger.

Die erwartete Fortsetzung der Angriffe blieb vorläufig aus; denn östlich vom oberen Isonzo versuchte der Feind in der nächsten Zeit bloß durch kleine Unternehmungen sich von Westen und Süden her durch das Slateniktal an den Fuß des Javorček heranzuarbeiten.

Während auf dem Hochgebirgsrücken zwischen dem Isonzo und dem Krn sich die italienischen Angriffe in engem Raume abspielten, waren die zur Eroberung von Flitsch bereitgestellten Bataillone des Gen. Giardina und der Bersaglieridivision (S. 771) langsam vortastend den Hang des Caninmassivs herabgestiegen und aus der Enge von Saga nordwärts vorgerückt. Am 14. erreichten sie kampflos den Süd- und Westrand des Beckens von Flitsch und blieben hierauf sechs Tage stehen, währenddessen die italienischen Batterien ihre Geschosse in die österreichischen Stellungen und Sperren schleuderten. Am 20. wurde der Vormarsch wieder aufgenommen, wobei unsere Vortruppen plänkelnd langsam gegen die Hauptlinien zurückwichen. Von den Sperren und der Artillerie nunmehr unter Feuer genommen, rückte der Angreifer sehr zögernd heran; die Erfahrungen von Görz und vom Doberdöplateau hatten ihn vorsichtig gemacht. Insgesamt gingen vom Krn bis zum Rombon 20 Bataillone vor, unterstützt von 171/2 Batterien, denen 9 Bataillone und 81/2 Batterien der 44. SchD. gegenüberstanden.

Bis zum 22. August abends hatten sich die Italiener an den Westhang des Rombon und südlich von Flitsch herangeschoben. Am nächsten Morgen gewannen sie durch Überfall einen vorgeschobenen Stützpunkt auf dem Südwesthang des Rombon. Ein weiteres Vordringen der Alpini verhinderte die nur zwei Kompagnien und vier Geschütze starke Besatzung dieses Berges, die durch eine Kompagnie verstärkt wurde, um diesen Eckpfeiler der Verteidigung des Flitscher Raumes sicher zu behaupten.

Indessen besetzten Bersaglieriabteilungen kampflos den vor der Front gelassenen Ort Flitsch und näherten sich unseren Talstellungen. Gefangene kündigten für den 24. einen italienischen Angriff an; doch der Feind blieb an diesem Tage am Rombonhange stehen. Dafür brachen Abteilungen durch Flitsch gegen die Talstellung vor; sie wurden von der Artillerie der 44. SchD. gefaßt und fluteten zurück. Dasselbe Schicksal erlitt ein Bataillon, das zwei Tage später hier den Angriff versuchte.

Im Zusammenhange mit dem italienischen Angriff gegen Flitsch stießen am 24. auch nördlich davon mehrere Alpinibataillone der 24. ID., die tags vorher die Reichsgrenze zwischen der Confinspitze und dem Somdognasattel überschritten hatten, gegen das schroffe Massiv des Wischberges vor. Sie sollten nach dessen Eroberung im Seebachtale weiterrücken, um dem Gen. Giardina den Angriff auf den Rombon und die Umgebung der Flitscher Sperren zu erleichtern. Doch alle Bemühungen, die nahe der Grenze verlaufenden und nur von Landstürmern besetzten Stellungen der 92. ID. zu durchbrechen, vereitelte im wesentlichen schon die wachsame Verteidigungsartillerie. Einen starken Vorstoß am Südhang des Wischberges wehrte die Grabenbesatzung ab.

Indessen konnten die Verteidiger den Anmarsch frischer feindlicher Kräfte über den Neveasattel beobachten, und vom Sattel zwischen dem Rombon und der Confinspitze sprach sich eine Bedrohung des linken Flügels der benachbarten 92. ID. aus. All dies erweckte den Eindruck, daß der Angreifer seine Bereitstellung für den eigentlichen Angriff auf die Stellungen zwischen Rombon und dem Isonzo noch nicht beendet hatte; desgleichen schien die entscheidende Artillerievorbereitung noch nicht begonnen zu haben. Doch kündigten die bisherigen feindlichen Maßnahmen sowohl einen Angriff gegen die Talstellung östlich von Flitsch, als auch einen solchen gegen den Rombon von Westen her an. Um diesen drohenden Gefahren zu begegnen, galt es vor allem, für die verläßliche Behauptung des Rombon vorzusorgen. Deshalb lenkte das Kommando der Südwestfront das eben vom russischen Kriegsschauplatz anrollende GbSchR. 2 in diesen Raum. Das erste mit Gebirgsausrüstung versehene Bataillon wurde am 27. geteilt an den inneren Flügeln der 92. ID. und der 44. SchD. eingesetzt, indes GdK. Rohr die beiden ändern Bataillone zu seiner Verfügung bei Raibl zurückbehielt.

Gerade am gleichen Tage begann der erwartete Angriff gegen den Rombon. Zwei Alpinibataillone, unterstützt von mehreren Gebirgs- und schweren Batterien, stießen von Westen, Südwesten und Süden gegen den zerklüfteten Gipfel des Berges vor. Sie hatten diesen nach Aussage von Gefangenen um jeden Preis zu nehmen. Tatsächlich gelang es den gebirgsvertrauten, besonders ausgewählten Truppen, auf der Spitze vorübergehend Fuß zu fassen. Ein Gegenstoß der örtlichen Reserve warf den Feind bis Mittag wieder zurück. Auch am Hange zwischen dem Rombongipfel und der Straße beim Eingang ins Koritnicatal vermochte der Angreifer die eigene Front etwas zurückzudrängen; hier stellte eine kleine Reserve am Hang die geschlossene Front wieder her. Hervorragend hatte die Verteidigungsartillerie, nicht zuletzt die auf dem Rombon aufgestellten Gebirgskanonen, in den hin und her wogenden Kampf eingegriffen und dadurch beigetragen, daß alle Angriffe abgewehrt wurden, und der heißumstrittene Berg an der Rüste dieses krisenreichen Tages behauptet blieb.

Die Ereignisse der letzten Augusttage

Während der Kampf am Rombon abflaute und in Plänkeleien ausklang, versuchte der Italiener um Mitternacht zum 28. August durch einen großangelegten Handgranatenüberfall sich der Vršičstellung zu bemächtigen. Dank der Wachsamkeit der Besatzung konnte dieser Nachtangriff bis zum Morgengrauen abgewehrt werden. Ein um 6h früh wiederholter Ansturm scheiterte ebenfalls, worauf die Italiener aus Ingrimm über ihren Mißerfolg ein mehrstündiges Geschützfeuer auf die hartgeprüften Schützen des SchR. 21 richteten.

Ein mißglückter italienischer Vorstoß gegen die Hauptstellung des Rombon am 29. August und ein ebensolcher Abendangriff gegen die Talstellung am 30. beschloß die Reihe der für die Italiener ergebnislos gebliebenen Augustkämpfe im Raume von Flitsch.

Südlich vom Krn flammte nach kurzer Pause der Kampf wieder vor dem Tolmeiner Brückenköpfe auf, wobei sich die Angriffe der durch Alpini verstärkten italienischen 7. ID. namentlich gegen die 8. GbBrig. richteten, um ihr die schon oft bestürmten Höhen Sv. Maria und A 588 zu entreißen. Doch bei den in den Nächten auf den 21. und 22. August unternommenen Vorstößen vermochte der Feind nicht, die Stellungshindernisse des Verteidigers zu überwinden. Daraufhin richtete sich am

22. vormittags gegen den vorgenannten, nur IV2 km breiten Frontabschnitt ein Massenfeuer von etwa 15 Batterien, das bis zum Einbruch der Dunkelheit dauerte. Doch die hierauf während der Nacht mehrfach wiederholten Durchbruchsversuche wurden wieder völlig abgeschlagen, an welchem Erfolg die Artillerie durch ihr wirkungsvolles, von der Lom-hochfläche aus auch durch flankierendes Feuer hervorragenden Anteil hatte. Nach dem 23. August beschränkte sich der Angreifer auf das Vortreiben von Sappen an die öst.-ung. Stellungen und auf Feuerüberfälle. In den letzten Augusttagen wiederholte er — diesmal von Norden her — den Versuch, den Tolmeiner Brückenkopf zu nehmen. Nach stärkster Artilleriebeschießung wiesen Truppen der 3. GbBrig. am 28. vormittags fünf aufeinanderfolgende Angriffe gegen den Mrzli Vrh, den Sleme-rücken und im Isonzotale bei Dolje ab, wobei die durch Alpini und Bersaglieri verstärkte 8. ID. schwere Verluste erlitt. Nachmittags steigerte sich das feindliche Feuer gegen die Front Krn—Selo in einem bisher nicht dagewesenen Maße. Vor allem gegen die Hügelstellungen zusammengefaßt, fegte es die Hindernisse fort und zerstörte alle Gräben. Um 8h abends, schon im Dunkeln, brach ein Massenangriff von etwa vier Regimentern vor, der zum Teil bis in die Stellungen gelangte. Örtlichen Reserven und einem bosnischen Bataillon gelang es, den Feind in harten nächtlichen Gegenangriffen vollends zurückzuwerfen, wobei feindliche Abteilungen, die unsere Stellungen nicht rechtzeitig räumten, abgeschnitten und von den erbitterten Bosniaken niedergemacht wurden. Nach diesen Mißerfolgen trat verhältnismäßige Ruhe bis zum Wiederaufleben der italienischen Angriffe im September ein.

Begebenheiten in den westlichen Abschnitten der Armeegruppe Rohr

Hiezu Skizze 36

Während der linke Flügel der Armeegruppe Rohr, vor allem die 44. SchD., durch die Kämpfe am oberen Isonzo hart in Mitleidenschaft gezogen wurde, erfreute sich die Front auf dem Karnischen Kamm fast völliger Ruhe. Sie kam den Ende August stattfindenden Ablösungen zugute.

Zwischen dem 24. und dem 27. August traf von der Doberdöhoch-fläche die 12. GbBrig. in Oberdrauburg ein; dafür mußten die bei der Gruppe GM. Fernengel verbliebenen Teile des IR. 43 (zweieinhalb Bataillone) und zwei Marschbataillone der 92. ID. (X./IR.27 und IX./SchR. 3) an die 5. Armee abgegeben werden. Diese Ablösungen bedingten nach dem anfangs September erfolgten Einsatz der 12. GbBrig. bei der 48. ID. eine neue Gliederung und Begrenzung der Abschnitte, wobei die 57. und die 59. GbBrig. unter dem Befehl des GM. Fernengel im Abschnitt II vereinigt wurden. In diesen Tagen begann auch der allmähliche Einsatz des neugebildeten Kärntner freiwilligen Schützenregiments in die Front. Eine wertvolle Verstärkung erhielt GdK. Rohr durch die Zuweisung von zwei schweren und zwei Gebirgsbatterien sowie von mehreren kleinkalibrigen, im Gebirge sehr gut verwendbaren Marine-Landungsgeschützen. Die fortschreitende Festigung der Front gestattete ferner den Einbau einer Anzahl von zwar veralteten und bisher in hinteren Stellungen als Positionsgeschütze bereitgestellten Kanonen (M. 75/96) in die vordersten Linien, die sich hier für engbegrenzte Aufgaben als brauchbar erwiesen.

Bei dieser seit Mitte Juli anhaltenden verhältnismäßigen Ruhe besserten sich auch in erfreulicher Weise die Kampfstände; zwei Drittel der Bataillone erreichten bis Ende August den vollen Kriegsstand. Nur die schwer kämpfende 44. SchD. blieb weit unter dieser Zahl.

Die Sommerkämpfe in Tirol

Hiezu Beilage 27

Die Dolomitenoffensive der Italiener

Als der erste italienische Angriff gegen die Dolomitenfront nach seinem Mißlingen am 18. Juni eingestellt worden war, ließ die Armee des Gen. Nava eine Kampfpause eintreten, die mit dem Heranbringen schwerer Geschütze aus den italienischen Festungen und mit Vorbereitungen für eine neue Offensive ausgefüllt wurde. Das Ziel dieses Angriffes, der am 5. Juli zu beginnen hatte, war die Besitznahme des durch Toblach und die Sellagruppe abgegrenzten Raumes. Hiezu hielten die Italiener vorerst die Niederkämpfung der dort befindlichen Sperrforts für nötig.

Während es dem IX. Korps schon beim ersten Offensivsprung gelungen war, bis nahe an die Werke Ruaz, Corte und Tre Sassi heranzukommen, sollte sich das I. Korps die Einschließungslinie vor Plätzwiese, Landro und Sexten erst jetzt erkämpfen. Hiezu wurde die 10. ID. in dem weitgespannten Raume zwischen dem Mt. Peralba und dem Popenatale angesetzt. Die 2. ID. hatte beiderseits von Cortina d’Ampezzo in nordwestlicher Richtung gegen das Rautal vorzudringen. Das IX. Korps (17. und 18. ID.) sollte mit je einer Kolonne gegen das Werk Tre Sassi, die Höhe Settsass und den Col di Lana vorgehen, offenbar um den Einbruch in das Abteital zu erzwingen1).

Am 5. Juli begann die Artillerie der italienischen 4. Armee die österreichischen Sperren zu bombardieren, am 7. die Infanterie vorzurücken.

Der rechte Flügel der 10. ID. machte erst am 9. Juli gegen die 5 km westlich vom Tilliacher Joch gelegene Königswand einige ergebnislose Angriffsversuche, die am 12. vorübergehend eingestellt wurden. Ein am 18. bei Nebel und Schneegestöber zwischen dem Wildkaarleck und dem Eisenreich erneuter Angriff führte wohl bis an die Drahthindernisse des Gegners, wurde hier aber von der wachsamen Besatzung, Standschützen und Gendarmerieassistenzen der 56. GbBrig., sowie von Reserven des

Alpenkorps1), abgewiesen. Die österreichische Vorstellung im Sextentale blieb dagegen völlig unbehelligt und konnte allmählich zur Hauptverteidigungslinie ausgestaltet werden.

Lebhafter ging es auf dem Mt. Piano zu, der die Annäherung an die Forts Landro und Plätzwiese sowie den Einblick ins Höhlensteintal verwehrte. In achttägigen, vom 15. bis zum 22. Juli währenden Kämpfen versuchte die westliche Kolonne der italienischen 10. ID. dieses Berges Herr zu werden. Hiebei gelang es ihr, am 18. in die am Westhang gelegene Stellung einzubrechen, am 20. durch Umgehung von Norden sogar bis in die Geschützlinie vorzudringen; doch in hitzigen Nahkämpfen wurde der Feind von 59ern und Kaiserschützen wieder verdrängt2). Nach einem neuerlichen Fehlschlag am 22. stellten die Italiener ihre als fruchtlos erkannten Bemühungen ein.

Mittlerweile waren aus Freiwilligen der Kaiserschützenabteilungen gebildete „alpine Detachements“ in kühner Kletterarbeit darangegangen, sich auf den Nordhängen des Mt. Cristallo festzusetzen. Hiedurch wurde die Mt. Piano-Stellung in der Westflanke gesichert, und überdies die Benützung der Straße von Schluderbach bis Rufredo ermöglicht.

Weiter westlich galten die italienischen Bestrebungen der Besitznahme des Travenanzesabschnittes, der von der aus drei Landsturm- und vier Standschützenkompagnien bestehenden Werksbesatzung Tre Sassi und einem Bataillon des bayrischen Leibregiments verteidigt wurde. Hiezu griff die italienische 2. ID. des I. Korps den Tofanarücken von Osten her an. Die 17. ID. des IX. Korps ging von Süden gegen die schwierigen, vom Val Costeana in das Travenanzestal führenden Ge-birgssteige sowie gegen Tre Sassi vor3). In hartnäckigen, vom 7. bis

10. Juli andauernden Kämpfen, wobei von beiden Gegnern alpine Höchstleistungen vollbracht wurden, vermochten sich die Italiener auf den Tofane III und II und auf der -<>-2547 (Cima diFalzarego) nördlich vom Falzaregopaß festzusetzen.

Die im weitgedehnten Abschnitt zwischen der Ruine Buchenstein und der Croda Grande (11km nordöstlich von Fiera di Primiero) vorgehende

18. ID. legte das Schwergewicht auf den rechten Flügel. Zwischen dem 7. und dem 9. Juli bestürmten einige Bataillone die Vorstellung des Col di Lana, andere am 9. und 10. den Sasso di Stria und die benachbarte Lagazuoiposition. War ihnen auch kein Erfolg beschieden, so gab diese

ł) Die Bayern im Großen Kriege 1914/1918 (München 1923), 214.

*) Feurstein, Dolomitenkämpfe (Mil. wiss. Mitt., Jhrg. 1925, 491).

*) Ital. Gstb. W., II, Text, 341 ff.

Bedrohung doch Veranlassung, die schwache Besatzung des Abschnittes Buchenstein (drei deutsche Jäger- und vier Standschützenkompagnien sowie Gendarmerieassistenzen) durch Reserven zu verstärken, außerdem am 11. Juli den ganzen Abschnitt der 51. GbBrig. dem Führer der 1. bayr. Jägerbrigade, GM. Ritt. v. Tutschek, zu unterstellen, wobei jene im westlichen Teil des Raumes zusammenzurücken hatte. Durch frische Truppen gekräftigt, vermochte die Besatzung des Col di Lana allen vom 15. bis zum 20. Juli täglich wiederholten Anstürmen zu trotzen1). ImTravenanzes-tal setzte sodann die planmäßige Vertreibung der Italiener ein, die am 27. abgeschlossen war. Nur die Rückeroberung der Cima di Falzarego sollte einem ferneren Zeitpunkte Vorbehalten bleiben, weil es an ausreichender Artillerie gebrach. Sie wurde späterhin ganz fallen gelassen.

Die Umfassung des Col di Lana im Dreiviertelkreis ließ nun GdK. Dankl wieder auf seinen Plan der Verkürzung der langen, über das Por-doijoch verlaufenden Stellung durch Vorverlegung gegen Osten zurückkommen. War wegen der durch die Nähe der italienischen Grenze gegebenen beschränkten Verwendbarkeit des Alpenkorps (S. 515) auch keine völlig befriedigende Lösung möglich, so wurde an dem nebeligen Nachmittag des 29. Juli doch wenigstens die Linie Sasso di Mezzodi—Cherz - sogar ohne Kampf — eingenommen. Hiedurch wurde die vom Pordoi-joch über Arabba ins Gadertal führende Straße frei und Raum für die Aufstellung von Batterien gewonnen.

Obwohl nun schon zwei Angriffe der Italiener — der erste vom 5. bis 11., der zweite vom 15. bis 20. Juli reichend — mißglückt waren, raffte sich die 4. Armee am 31. Juli noch ein drittes Mal zur Gewinnung des ihr vorgezeichneten Zieles auf. Dieser Angriff traf die Tiroler Landesverteidigung in einem besonders kritischen Augenblick, weil alle Reserven an öst.-ung.Truppen an die Isonzofront abgesendet worden waren, und auch die für Tirol bestimmt gewesene 8. ID. zur 5. Armee gelenkt wurde (S. 636 und 761).

Schweres Artilleriefeuer gegen die alten Werke Landro und Corte, wodurch das zweitgenannte völlig in Trümmer geschossen wurde, leitete das italienische Unternehmen ein. Es hatte in erster Linie wieder die vorspringende Bastion der Dolomitenfront, den Col di Lana, zum Ziele. Doch erwehrten sich am 2. August deutsche Jägerkompagnien des Ansturmes der italienischen 18. ID., und Batterien des Verteidigers, die gelegentlich der Vorverlegung der Front nach Arabba vorgezogen worden waren, vermochten jetzt aus flankierender Stellung wirkungsvoll die Ab

l) Pichler, Der Krieg in Tirol 1915/1916 (Innsbruck 1924), 56 f.

wehr zu unterstützen. Am 4. August abends stürmten nach machtvoller Beschießung nochmals italienische Bataillone gegen die zerschossenen Gräben vor. Sie drangen auch ein, wurden aber in wütendem Handgemenge wieder zurückgeworfen. Seit jener besonders blutigen Nacht führte ■ der Col di Lana bei den Italienern den Namen „Col di sanguc“, der „Blutberg“. Auf zweihundert Schritte vor der Verteidigungsstellung gruben sich die gelichteten italienischen Abteilungen ein und hielten fortan Ruhe, während die schweren Geschütze ihr Zerstörungswerk im gleichmäßigen Tempo fortsetzten1). Hiedurch erlitt auch die Sperre Ruaz das Schicksal des Forts Corte. Dieses wurde in ein Scheinwerk umgewandelt, das die italienischen Batterien späterhin noch oft zu Munitionsvergeudung verleitete. Die Vorstöße, die die Italiener am 9. und 15. August gegen die Zwischen dem Col di Lana und dem Mt. Sief befindliche Sattelstellung unternahmen, blieben wirkungslos.

Weiter östlich glückte es der italienischen 17. ID. am 3. August, die Verteidiger des zwischen den Tofane I und II durchführenden Überganges zurückzudrücken, was eine empfindliche Gefährdung des Nachschubes für die ohnehin stark ausgesetzten Verteidiger des Travenanzes-tales zur Folge hatte. Ein am 20. unternommener Angriff der 17. ID. galt der Erweiterung ihres seinerzeitigen Raumgewinnes auf der Cima di Falzarego gegen Norden; doch nur schwere Verluste waren das Ergebnis dieser Unternehmung.

Das italienische I. Korps mühte sich im August mit der 2. ID. wieder um den Mt. Piano ab2). Nach zwei Ablenkungsvorstößen am 2. und 4. richtete sich am 11. ein starker Angriff gegen die österreichische Stellung im Popenatale. Am Abend wurde sie am Westhang des Mt. Piano durchbrochen. Tags darauf zeitigte der Versuch der Italiener, den Erfolg auszuweiten, bei den Verteidigern eine kritische Lage, bis ein am 13. unternommener Gegenangriff nach krisenreichen Kämpfen die Kaiserjäger, 59er und Standschützen wieder in den Besitz ihrer Stellung brachte. Zwei am 15. unternommene italienische Angriffe vermochten hieran nichts mehr zu ändern.

Zwischen dem Höhlenstein- und dem Sextentale gelang es den beim

I. Korps eingeteilten Alpinibataillonen in schwierigen, vom 14. bis zum

17. August ununterbrochen währenden Kämpfen sich der Vorstellung zu bemächtigen, die über die Felszacken des Dreizinnenmassivs verlief. Als sie aber noch am 17. und dann wieder am 19. die von einem Marsch-

1)    Pichler, 59.

2)    Ital. Gstb. W., II, Text, 356.

bataillon der Kaiserschützen verteidigte Hauptstellung am Toblinger Knoten angriffen, hatten sie schwerste Verluste zu beklagen, ohne ihrem Ziele nahe gekommen zu sein.

Im Sextener Abschnitt stieß nach kräftiger Artillerievorbereitung, die bis zum Dorf Sexten reichte, der durch Teile der Armeereserve (1. ID.) verstärkte rechte Flügel der 10. ID. am 4. August nördlich von der Straße gegen die Höhen Seikofl und Eisenreich vor. Bayern vom LeibregimentJ) und Innsbrucker Standschützen bereiteten den Italienern aber einen so blutigen Empfang, daß sie erst im September eine Wiederholung des Angriffes wagten. Wohl aber hielt das italienische Feuer auch weiter an; es richtete sich vornehmlich gegen die Ortschaft Sexten, die schon Mitte August nur mehr ein qualmender Trümmerhaufen war.

Bis Ende August war die italienische 4. Armee ihrem Ziele, der Pustertalbahn, trotz ihrer vielfachen Überlegenheit und bei aller Aufopferung des einzelnen Kämpfers dank dem heroischen Verhalten der durch deutsche Bataillone verstärkten Tiroler Landesverteidiger nicht näher gekommen.

Der italienische Angriff im Val Sugana und auf der Hochfläche von Lavarone und Folgaria

Mochte auch Cadorna in diesem Zeitpunkte einen Vorstoß der Österreicher aus Südtirol nicht mehr befürchten (S. 739), so war die Gefahr eines derartigen Unternehmens nicht dauernd gebannt, insolange sie im Besitze des befestigten Sammelraumes von Folgaria und Lavarone standen. Der erste italienische Offensivsprung hatte die österreichischen Werke nicht überwunden. Nunmehr sollten sie niedergekämpft und der Nordwestrand der Hochfläche in der Linie Cimone A1528 (südlich von Caldonazzo)—Sommo alto (südöstlich von Folgaria) gewonnen werden40). Mit dieser Aufgabe wurde das V. Korps der 1. Armee betraut, von dem die 15. ID. im Suganatal und beiderseits davon, die 34. ID. gegen Lavarone und die 9. gegen Folgaria angreifen sollten.

Die Stärke des Verteidigers im Val Sugana, der 52. HaBrig., war seit Mai unverändert geblieben. Die 180. IBrig., die auf den Hochflächen stand, hatte ein Marschbataillon und zwei aus ganz jungen Freiwilligen gebildete oberösterreichische Schützenbataillone zugewiesen erhalten.

Außerdem war der Befehlsbereich dieser Brigade geteilt und der östliche Abschnitt dem Obst. Ritt. v. Ellison des Geniestabes unterstellt worden.

Die Vorrückung der 15. ID., die die Aufmerksamkeit des Verteidigers von der gegen Lavarone und Folgaria gerichteten Hauptaktion ablenken sollte, begann unter dem Schutze einer mächtigen Artillerie, die in vier Gruppen (auf dem Mt. Lisser, bei Cast. Tesino, auf dem Agaro sowie im Vanoi- und Cismontale) aufgefahren war. Bis zum 16. erreichten die Italiener kampflos die Höhe Civaron (südöstlich von Borgo) und die Orte Strigno und Bieno; ein weiteres Vordringen über die Ertragsgrenze ihrer eingebauten Artillerie unterblieb. Vielleicht hatten sie dank der geschickten Verschleierung durch die k.u.k. Sicherungstruppen noch gar keine Kenntnis, daß die österreichische Verteidigungslinie viel weiter im Westen, über die Höhen Sommo, Panarotta und Kreuzspitz, verlief.

Am 15. August begann die italienische Artillerie auch gegen die Werke der Hochfläche ihr Zerstörungsfeuer, wodurch Cima di Vezzena in Trümmer geschossen und Lusern schwer beschädigt wurde. Doch die Verlegung der Kampfmittel dieser Forts in geschickt angelegte Felskavernen hatte schon vorher im gleichen Raume neue, viel kräftigere und widerstandsfähigere Verteidigungsanlagen entstehen lassen.

Die vom 17. August an einsetzenden Angriffe der 9. ID. stockten schon vor zwei Beobachtungsposten, die sich auf dem Coston (eine halbe Kompagnie) und bei der Mga. Milegna (etwa 40 Mann) eingenistet hatten. Unterstützt durch die treffsichere Werksartillerie schlugen sie heldenmütig bis zum 19. alle Anstürme des vielfach überlegenen Feindes ab. Dann ging die Handvoll Kaiserschützen und Kufsteiner Standschützen von der Mga. Milegna befehlsgemäß auf den Mt. Maronia zurück, worauf am nächsten Tage Alpini die verlassene Mga. Milegna stürmten. Der Posten auf dem Coston blieb aber trotz des am 20. gegen ihn gerichteten Angriffes zweier Bataillone unerschütterlich stehen.

Nach viertägiger Pause ging das ganze italienische V. Korps zum Angriff vor. Im Suganatal besetzte die 15. ID. am 24. August kampflos den Armenterrarücken, Borgo und den Salubio. Die 34. ID. stürmte gegen die nach starkem Bombardement für niedergekämpft angesehenen Werke Cima di Vezzena, Verle und gegen den feldmäßigen Stützpunkt Basson. In wütendem Kampfe, der die ganze Nacht über bis zum Morgen anhielt, erlitten die Italiener jedoch einen völligen Mißerfolg1). Die

!) Den in den Stützpunkt Basson eingedrungenen Feind warf Obst. Otto Ritt. Ellison v. Nidlef mit nur fünf Offizieren seines Stabes wieder hinaus. Das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens lohnte diese außergewöhnliche Heldentat.

oberösterreichischen Jungschützen hatten bei diesem Ringen ihre Feuertaufe glänzend bestanden1). Die 9. ID. der Italiener begnügte sich mit der Festsetzung vor dem Mt. Maronia.

Ende August konnte der italienische Ansturm gegen die Hochfläche von Folgaria—Lavarone als abgeschlagen gelten. Der Abwehrsieg war in erster Linie der außergewöhnlichen Standhaftigkeit und der Tapferkeit der spärlichen Verteidiger zu danken. Sicherlich hatten sie ihren Erfolg aber auch dem Umstande zuzuschreiben, daß die Italiener ihre Angriffe gegen die einzelnen Ziele zu verschiedenen Zeiten unternahmen, wodurch der Verteidiger in die Lage kam, seine schwache Artillerie zur Abwehr jeweilig zusammenzufassen. Die in diesen Kämpfen gesammelten Erfahrungen führten dazu, daß das Landesverteidigungskmdo. die Kampfmittel nahezu aller, auch der modernen Werke Tirols im Anlande einbauen ließ.

Die Ereignisse im Etschtal und an der Tiroler

Westfront

Im Etschtale, vor Riva und in den Judikarien legten sich die Italiener während des Sommers größte Zurückhaltung auf. Namentlich im letztgenannten Abschnitt blieb die italienische 6. ID. sogar außerhalb der Ertragsgrenze der österreichischen Geschütze. Die große Entfernung zwischen den beiden Stellungen bot kühnen Hochgebirgsabteilungen von hüben und drüben Gelegenheit zu Überfällen und Streifzügen, die meist dem Besitz guter Aussichtspunkte und Artilleriebeobachtungsposten galten. Nur Rovereto wurde, unbekümmert darum, daß es seit jeher ein Hauptsitz der Irredenta war, durch italienische Artillerie so kräftig unter Feuer genommen, daß die Bevölkerung die Stadt räumen mußte.

Mehr Tätigkeit entwickelte die italienische 5. Division. Ihr war vom

III. Korpskmdo. die Wegnahme des Tonalepasses, dann der Gr. Naglerspitze und des Mt. Scorluzzo im Ortlergebiete aufgetragen worden2).

Nach sechstägiger, vom 15. bis 20. August währender Beschießung der Tonalepaßstellung setzte am 21. das Unternehmen der italienischen Infanterie und der Alpini ein. Es gipfelte in einem breit angelegten Angriff von drei Bataillonen gegen die Tonalestellung, der von Flügelunternehmungen gegen die C. di Bedole, gegen den Presenasee und gegen die Höhe Laghetti begleitet war. Dank der hervorragenden Haltung der 54. HaBrig. sowie dem wirksamen Abwehrfeuer der Werksartillerie, die

1)    V e 11 2 é, Die Geschichte des Weltkrieges (Wien 1919), II, 237 f.

2)    Ital. Gstb. W., II, Text, 334, Dokumente, 358 ff.

trotz schwerster Schäden an den Forts erfolgreich in den Kampf eingriff, schlug das Beginnen der Italiener fehl.

Die Unternehmung im Ortlergebiet gedieh über die Verfassung des Angriffsentwurfes nicht hinaus41).

Ende August 1915 durfte sich die Landesverteidigung von Tirol rühmen, gar keinen diesseits der gewählten Verteidigungslinie gelegenen Fleck heimatlicher Erde dem Feinde überlassen zu haben, im Gegenteil: an zahlreichen Stellen, so südlich vom Stilfserjoch, auf der Hochfläche von Folgaria, östlich vom Pordoijoch, auf dem Mt. Piano und auf dem Kreuzbergsattel wurden unsere Stellungen sogar vorverlegt. Dieser Abwehrerfolg ist umso höher einzuschätzen, als die Truppen Tirols nur 4iy2 Bataillone 42), 132 Standschützenkompagnien, 42y2 mobile Feld- und Gebirgsbatterien, 3 schwere Batterien und 559 stabile Geschütze43) zählten, indes die 1. und die 4. Armee der Italiener insgesamt 283 Bataillone, 81 Feld-, 25 Gebirgs- und mehr als 8 schwere Batterien stark waren44), aber trotz dieser gewaltigen Überlegenheit bei ehrenvollsten Leistungen nirgends durchzudringen vermocht hatten.

Die ersten Kämpfe gegen Italien im Lichte der heutigen Geschichtskenntnis

Der spätere Verlauf der Ereignisse auf dem Schlachtfelde vermag an der Tatsache nichts zu ändern, daß das Eingreifen Italiens in den Krieg von Österreich-Ungarn als tödliche Bedrohung empfunden werden mußte. Wenn es in dieser Darstellung — im Gegensatz etwa zum Werke des preußischen Generals v. Kuhl 45) unterlassen wurde, die politische und ethische Seite der Handlungsweise des früheren Dreibundgenossen, die Gründe, die ihn erst zum Verharren in der Neutralität und dann zum Abschwenken in das Lager der Feinde veranlaßten, einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, so hat dies seine Ursache darin, daß hier politische Fragen nur dann erörtert werden sollen, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhange mit der eigentlichen Kriegführung stehen. Aus dem gleichen Grunde konnte die auch heute noch umstrittene Frage un-erörtert bleiben, ob es den Mittelmächten möglich gewesen wäre, den früheren Verbündeten zu anderem Handeln zu veranlassen. Wohl aber war es unvermeidlich, durch Anführung besonders eindrucksvoller Zeugnisse (S. 507 ff.) die Stimmung zu kennzeichnen, die in der Stunde schwerster Not der Eintritt Italiens in den Krieg zu Pfingsten 1915 bei den Führern des Donaureiches und seinen Völkern hervorgerufen hat. Ohne deren Erwähnung wäre die verbissene und stolze Entschlossenheit, mit der an die Abwehr dieses neuen Feindes geschritten wurde, nie und nimmer zu verstehen gewesen.

Das Ziel, das dem verantwortlichen Führer des italienischen Heeres, GLt. Cadorna, vorgeschwebt hatte, war fürs erste, dem offiziellen Mobilisierungsbefehle und der Kriegserklärung den Vormarsch über die Grenze auf dem Fuße folgen zu lassen. Bedenkt man, daß diesem ersten historischen Akte des italienischen Krieges eine Vorbereitungszeit von über neun Monaten vorausgegangen war, so war es sicherlich kein übermäßiger Optimismus, wenn sich die neuen Verbündeten vom Eingreifen Italiens eine rasche, kriegsentscheidende Wendung erhofften. Und nicht minder waren die Besorgnisse berechtigt, mit denen die leitenden Persönlichkeiten der Mittelmächte, zumal Österreich-Ungarns, dem Anmarsche des neuen Feindes entgegensahen. Daß sich weder die Hoffnungen der einen, noch die Besorgnisse der anderen erfüllen sollten, gehört zu den größten Rätseln, die der Weltkrieg den rückschauenden Beurteilern auferlegt.

Sicherlich ist es den italienischen Kritikern zuzubilligen, daß die Bereitschaft des italienischen Heeres bei Kriegsausbruch trotz der langen Vorbereitung noch mancherlei zu wünschen übrig ließ und daß an dem Tage, da die von der Entente bewilligte Frist ablief (S. 415), kaum die Hälfte der Divisionen schlagbereit an der Grenze stand1). Gewiß berechtigte auch der Mangel an Kriegserfahrung gegenüber einem schon kriegsgewohnten Gegner die italienischen Führer zu gewisser Vorsicht. Trotzdem ist es nach der heutigen Kenntnis der Lage kaum zu bezweifeln, daß ein wagemutigerer, weniger methodischer Führer als Cadorna mit den 400.000 Streitern, die zu Pfingsten an der venetianischen Grenze aufmarschiert waren und sich binnen drei Wochen mehr als verdoppeln sollten, die 100.000 Landstürmer, auf die er zunächst traf, und die erst

x) Vgl. neben verschiedenen in diesem Bande schon angeführten Werken auch Alberti, L’azione militare, 31 ff. und 47 ff.

allmählich durch eine gleich große Zähl allerdings meist vorzüglicher und kriegserfahrener Kämpfer verstärkt wurden, an einem beliebigen Punkt zu überrennen vermocht hätte. Die Lage für einen Erfolg war günstiger, als sie je ein Feldherr in der Weltgeschichte angetroffen hatte. Der bedächtige italienische Heerführer ließ aber den Augenblick ungenützt vorübergehen.

Begreiflich ist es, daß Cadorna von Anbeginn stark unter dem Eindrücke der strategischen Schwierigkeiten stand, die der Kriegsschauplatz bot. Das italienische Heer sah sich in einem tiefen Sack zusammengedrängt, der auf der einen Seite vom Meere, auf der anderen Seite von den Alpen gebildet wurde. Die Südtiroler Bastion des Gegners stellte für die in Venetien aufmarschierende Heeresmasse eine Rückenbedrohung dar, die auch dann nicht zu unterschätzen war, wenn man bedachte, daß die ungünstige Bahnlage in den Alpen eine allzu rasche Versammlung überlegener österreichischerStreitkräfte kaum möglich machte1). Es ist daher zu verstehen, daß Cadorna um die Sicherung seines Isonzoangriffes in Flanke und Rücken besorgt war. Dabei wird man allerdings die Frage stellen, ob der italienische Feldherr auch recht tat, daß er von seinen vier Armeen zwei „in Kordonstellungen verzettelte, um alles zu decken, und nur mit der Hälfte seiner Streiter am Isonzo erschien2)“. Es hat da / wohl Clausewitz recht, wenn er bei Gelegenheit erinnert: „Da der Krieg ... immer etwas von der Natur des Glückspieles behält, so kann auch die Kriegführung jenes Elementes durchaus nicht entbehren, und der Feldherr, der zu wenig Neigung zu diesem Spiele hat, wird, ohne es zu ahnen, hinter der Linie Zurückbleiben und im großen Kontobuch der kriegerischen Erfolge in eine tiefere Schuld geraten, als er denkt.“

Als erstes Hauptziel setzte Cadorna dem Angriff seines Heeres die? Eroberung der Adriametropole Triest. Die politischen Gründe, die für diesen Gedanken sprachen, lagen gerade im Hinblick auf das italienische Temperament auf der Hand. Auch spielte möglicherweise die Militärkonvention mit hinein, die Italien am 16. Mai mit Rußland abgeschlossen hatte (S. 415 f.) und die sein Heer verpflichtete, im südwestlichen Ungarn die Vereinigung mit den Serben zu suchen. Die Eroberung von Triest wäre,

!) Nicht zu Unrecht erinnerte der Deutschsüdtiroler Abgeordnete Reut-Nicolussi in der Abschiedsrede, die er am 10. September 1919 vor der österreichischen Nationalversammlung hielt, an die „geschichtliche Tatsache“, daß im Verlaufe des Weltkrieges „die ganze öst.-ung. Wehrmacht dreimal versucht hat“, von Südtirol aus einen entscheidenden Flanken- und Rückenstoß gegen das italienische Heer zu führen, ohne daß er geglückt wäre. Reut-Nicolussi, Tirol unterm Beil (München 1928), 29.

2) Stegemann, Geschichte des Krieges, IV (Stuttgart 1921), 408.

namentlich wenn man sie mit einer Unternehmung an einem südlicheren Punkte der Adriaküste verbunden hätte, für die Monarchie ein gewiß außerordentlich empfindlicher Schlag gewesen. Trotzdem steht zur Erwägung, ob nicht eine andere Angriffsrichtung militärisch rascher zu einem vollen Erfolge geführt hätte.

In der Tat hat Cadorna seine erste Offensive im Karstbereiche von zwei Unternehmungen begleiten lassen, deren eine das Pustertal bei Tob-lach, die andere den Raum Tarvis—Villach zum Ziele hatte. Gen. Alberti, erblickt in der erstgenannten Richtung die einzige, in der, rein theoretisch betrachtet, eine rasche Entscheidung zu erreichen gewesen wäre 1). Aber die strategischen und taktischen Vorbedingungen seien durch die Flankenbedrohung aus Tirol und bei dem schwierigen Gelände so ungünstig gewesen, daß Cadorna recht gehabt habe, auf einen Hauptangriff in diesem Raume von Haus aus zu verzichten. Mögen diese Erwägungen manches für sich haben, so wird man dem ebengenannten Kriegshistoriker kaum zustimmen können, wenn er folgert, daß die Schwierigkeiten eines Vordringens in das Pustertal das italienische Heer überhaupt von Beginn an zur Führung eines Abnützungskrieges verurteilt hätten. Dazu war man auch dann noch nicht genötigt, als Erzherzog Eugen und Boroević Mitte Juni schon eine stärkere Abwehrfront am Isonzo errichtet hatten. Angenommen selbst, daß der Widerstand dieser gegnerischen Front die Gelegenheit zu einem kurzen Schlage nicht mehr bot, so ergaben sich zweifellos in der Richtung auf Tarvis und Villach Erfolgsmöglichkeiten, deren Ausnützung gegenüber der noch sehr lockeren Grenzbewachung den Niederbruch der Isonzofront herbeizuführen imstande war. Napoleon hat im Jahre 1797 diesen Weg eingeschlagen, der ihn rasch bis Leoben führte. Das Unternehmen, das Cadorna in den ersten Kriegswochen in dieser Richtung ansetzte, entbehrte von Anbeginn des nötigen Schwunges, indes der Vorstoß auf Toblach überhaupt nicht zur Entwicklung kam.

Wenn Cadornas Wagemut zu wünschen übrig ließ, so zeigte sein Gegner Conrad umso mehr von dieser Eigenschaft, als er in den Tagen vor Kriegsausbruch bei aller begreiflichen Niedergeschlagenheit den Gedanken verfocht, die Italiener über den Karst und die Julischen Grenzgebirge vorbrechen zu lassen und bei ihrem Austritte aus den Gebirgen mit inzwischen zusammengezogenen 20 Divisionen anzufallen. Ein solcher Plan entsprach durchaus dem Denken eines Feldherrn, der nie mehr litt, als wenn er dem Feinde die Initiative auf längere Dauer überlassen mußte. Dennoch wird seine Zweckmäßigkeit von der Kritik fast durchwegs bezweifelt. So stellt Kuhl vor allem nicht mit Unrecht die Frage, ob sich die Italiener bei ihrem zögernden Vorgehen den an den Gebirgsausgängen lauernden Streitkräften der Mittelmächte überhaupt so bald gestellt hätten, und.er meint, daß dann eingetreten wäre, was schon Falkenhayn in seinen Denkwürdigkeiten sagte *): „So wäre die Lauerstellung in den Gebirgs-becken [von Laibach und Villach—Klagenfurt] wahrscheinlich darauf hinausgekommen, daß gegen Rußland, Serbien und Italien gar nichts Entscheidendes geschah, indem man abwartete, was die Feinde zu tun belieben würden.“ Dazu kam noch das große Fragezeichen, ob eine nicht unerheblich geschwächte Front gegen Rußland den gegen Italien angesetzten Armeen auf die Dauer wirklich eine unbedingt verläßliche Rückendeckung hätte bieten können. So lohnte es sich denn, daß der öst.-ung. Generalstabschef schließlich dem Drängen seines reichsdeutschen Kollegen nachgab und die vom Balkan herangebrachten Korps bis an den Isonzo vorführen ließ.

Erst eine Woche, nachdem die k.u.k. 5. Armee ihren Aufmarsch im Görzischen und in Friaul vollendet hatte, setzten die Italiener zum ersten großen Angriff an. Wenn der Kräfteunterschied auch ein ganz gewaltiger war, so konnte der Verteidiger den feindlichen Ansturm fürs erste doch ohne äußerste Kraftanspannung abwehren, nicht zuletzt deshalb, weil ihm der beim Angreifer herrschende Mangel an Kriegserfahrung bestens zustatten kam. Viel schwieriger wurde es ihm von den unter der Führung todesmutiger Offiziere mit Elan angreifenden Italienern schon in der zweiten Isonzoschlacht gemacht. Es gab kritische Stunden, in denen der Ausgang des Kampfes an einem Faden zu hängen schien — bis es endlich der unvergleichlichen Tapferkeit der Truppe gelang, dem zahlenmäßig noch immer weit überlegenen Feinde abermals Halt zu gebieten.

Als zu Anfang August die Streiter am mittleren Isonzo und in der Karstwüste von Doberdö ermattet die Waffen senkten, da war es beiden Heeresleitungen klar, daß dieser Kampfraum, an den sich nun die Hauptkräfte gefesselt sahen, bei seiner räumlichen, ausgreifende Manöver verbietenden Begrenztheit und bei der Eigenart des Kampfbodens eine besondere Kriegführung erfordere.

Cadorna befreundete sich unter diesen Eindrücken immer mehr mit der seinem Denken auch sonst angepaßten Auffassung, daß an die Stelle des Angriffskrieges mit weitgesteckten Zielen mehr oder minder ein mühsamer Zermürbungskrieg zu treten habe. Der Entschluß mochte ihm umso leichter fallen, als die Zeit mindestens nicht gegen Italien arbeitete, er noch aus dem Vollen eines reichen Mannschaftsersatzes schöpfen konnte und die Rüstwerkstätten fast der ganzen Welt hinter sich hatte. Daß eine solche Kampfweise dennoch das Gefüge der Armee lockerte, sollte die Verfassung des italienischen Heeres im Kriegsjahr 1917 erweisen.

Auch die öst.-ung. Führung verfehlte nicht, aus dem bisherigen Gange der Dinge ihre Schlußfolgerungen zu ziehen. GdI. Boroević, der Führer auf dem Schlachtfelde, fand sich verhältnismäßig leicht mit dem Entschluß ab, auch die nächsten Schlachten in strikter Abwehr zu schlagen, wenn man ihm nur die unbedingt nötigen Verstärkungen zur Verfügung stellte. Das heranrollende III. Korps (S. 702) mochte fürs erste genügen, einen neuen Strauß mit einiger Zuversicht aufnehmen zu dürfen. Dagegen litten GO. Conrad und wohl auch das Kmdo. der Südwestfront von Haus aus unter dem Gedanken, weitere Divisionen in die alles verzehrende Esse der Schlacht werfen zu müssen, ohne mehr als Abwehrerfolge zu erringen. Aber die vom öst.-ung. Generalstabschef nie aus den Augen gelassene Möglichkeit, zu einem Gegenangriff großen Stiles überzugehen, lag in weiter Ferne. Noch hieß es, den gigantischen Feldzug gegen Rußland zu einem entsprechenden Ausklang zu bringen; außerdem heischte die gespannte Lage an den Dardanellen eine Offensive gegen Serbien, die den Mittelmächten und ihrem neuen bulgarischen Verbündeten den Weg nach dem Goldenen Horn eröffnen sollte.

Nachträge zum Zweiten Bande

I

Auf S. 285, 8. bis 10. Zeile von oben, ist ein Telegramm des italienischen Generalstabschefs Cadorna angeführt, das FM. Conrad aus dem öst.-ung. Rotbuche (S. 35) in den IV. Band seiner Denkwürdigkeiten (S. 176) übernommen hat, das aber in dieser Form nicht existiert. Cadorna hat, wie auch Alberti auf S. 93 seiner Schrift über den „General Falkenhayn“ (in deutscher Sprache, Berlin 1924) mitteilt, auf Conrads Schreiben vom 1. August 1914 (Aus meiner Dienstzeit, IV, 158) in einem vom 3. August datierten Schreiben lediglich geantwortet, daß er wegen der Neutralitätserklärung seiner Regierung nicht in der Lage sei, „in diesem Augenblicke“ auf die von Conrad aufgeworfenen Fragen einzugehen. Wohl aber hatte am gleichen Tage, an dem die Antwort Cadornas abging, der öst.-ung. Militärattache, Obst. Graf Szeptycki, mit dem italienischen Generalstabschef eine Unterredung, über die er gleich nachher telegraphisch und schriftlich nach Wien berichtete. Das Telegramm, dessen Wortlaut im öst.-ung. Rotbuche und damit auch bei Conrad, IV,

176, zum Teile irrtümlich Cadorna zugeschrieben wurde, lautete:

..Antwort auf Brief [Conrads vom 1. August] schriftlich erhalten, enthält Ablehnung der Forderung wegen Neutralität. Klassen 90, 89, Rest 91 heute einberufen, Zweck leicht bewaffnete Neutralität. Habe vom Chef des Generalstabes persönliche Versicherung erhalten, daß, wenn Lovcen und Gleichgewicht im Adriatischen Meere von ÖsterreichUngarn respektiert wird, sich Italien niemals gegen uns wenden wird.“

Die schriftliche Meldung Szeptyckis nach Wien hatte den folgenden Wortlaut:

..Die Einberufung der Jahrgänge 90, 89 und Rest 91 (das ist Kavallerie und Artillerie) bezweckt, die Armee in den normalen Stand zu setzen, den die lybische Krankheit [das heißt der Feldzug in Lybien] so stark hergenommen hat. Vorerst hat man nicht die Absicht, weitere Jahrgänge einzuberufen. Italien betrachtet sich nicht als ausgetreten aus dem Dreibund, sondern daß dieser Krieg nicht der Casus foederis ist. Ich fragte darauf, warum dann eine bewaffnete Neutralität und gegen wen eigentlich die Bewaffnung gerichtet sei? Wäre sie doch gegen uns gerichtet? Darauf Antwort: .Dies unbedingt nicht, da wir niemals die Gelegenheit benützen würden, Österreich-Ungarn Provinzen zu entreißen im Momente, wo es anderwärts beschäftigt ist. Sollte jedoch Österreich-Ungarn den Lovcen besetzen oder das Gleichgewicht in der Adria zu unsern Ungunsten verrücken, dann — aber nur dann — würden wir uns anfragen, warum das geschehe? Da aber Österreich-Ungarn mit Rußland und Serbien genug zu tun haben wird, so wird es doch an den Lovcen nicht denken und das Adriagleichgewicht nicht verletzen/ — Ich frug weiter: ,Können Exzellenz mir die Versicherung geben, daß, wenn wir Tirol von Truppen degagieren, Italien uns nicht das Messer in den Rücken treibt?1 Darauf Antwort: ,Dies wird niemals geschehen; Sie können dem Chef sagen, daß Tirol ruhig degagiert werden kann; wie kann man uns so etwas zumuten und so weit an unserer Loyalität zweifeln?1 (Die Frage war meinerseits absichtlich scharf gehalten) ..

Den Schluß der Meldung Szeptyckis bildeten Eindrücke über die Lage und deren Beurteilung. Vgl. über diesen Gegenstand außer den angeführten Quellen noch das Wiener „Fremdenblatt“ vom 24. Juli 1915.

II

Zu S. 543, Fußnote 1, teilt der Deutschmeisterobstlt. Seifert, einer der Mitkämpfer, in der „Deutschmeister-Zeitung“, Juli 1931, mit, daß, im Gegensatz zu den damaligen Frontmeldungen, die Darstellung des Ital. Gstb. W. richtig ist. Vgl. auch Hoen, Walds t ä 11 e n-Z i p pe r er und Seifert, Die Deutschmeister, 542ff.    •    •

PERSONENVERZEICHNIS

UND

VERZEICHNIS DER ÖST.-UNG. UND DER DEUTSCHEN TRUPPENVERBÄNDE

A

Abbas II. Khedive von Ägypten 6 Alberti Cesare, ital. Gen.

790, 793 Albrecht Erzherzog, FM.

507

Alexander ThronfolgerPrinzregent von Serbien

281, 416 Alexejew Michael Wassil-jewitsch, russ. GdI. 123,

164,    196,    220,    257,    309,

310,    311,    340,    418,    435,

496,    555,    575,    578,    596,

597,    601,    608,    609,    610,

624,    631,    634,    644,    651,

654,    665,    671,    672,    688,

689,    697,    716,    717,    720,

721, 727

Aosta Vittorio Emanuele Filiberto di Savoia, duca di, ital. GLt. 510, 541, 735, 739, 740, 747, 750, 751, 756, 758, 761 Apór de Al-Tórja Samuel Baron, GM. 466, 492 Arnim v., preuß. GM. 630 Arz v. Straussenburg’Artur, FML. 34, 38, 39, 40, 42,

43, 50, 51, 54, 60, 62, 63, 68, 69, 70, 79, 102,

111, 135, 137, 153, 200,

201, 211, 259, 298, 316,

320, 321, 323, 324, 326,

338, 352, 366, 370, 375, 376, 377, 382, 383, 384,

386, 423, 425, 431, 470, 485, 489, 490, 500, 562,

565, 588, 594, 621, 624,

636, 645, 647, 649, 674,

690,    700, 708, 709, 711, 720

Auffenberg Moritz Ritt, v., GdI. 726 Aust Adolf, GM. 331 Avarna G., duca di, ital. Botschafter 507

B

Bardolff Karl, Dr. jur., Obst.

182,    GM. 249 Bartheldy Stephan, FML.

104

le Beau Aurel v., GM. 411 Behr-Negend.ank Karl v., preuß. GM. 454, 455, 469, 471, 475, 47S, 479 Békési Adalbert, Obstlt. 192,

359,    398

Bellmond Edl. v. Adlerhorst Anton, FML. 394, 433, 440, 441 Below Otto v., preuß. GdI.

99 . Beneckendorff, s. Hindenburg

Benedikt XV. 64, 284 Benigni inMüldenberg Siegmund Ritt, v., FML. 155, 157, 158, 159, 168, 171, 172, 173, 174, 187, 188,

360,    456, 457, 494, 500, 572, 613, 614, 615, 616, 617, 618

Berchtold Freih. von u. zu Ungarschütz, Frätting und Püllütz Leopold Gf., Minister des Äußern 41, 56, 94, 96, 110, 282 Berndt Otto, GM. 33, 75,

78, 100, 140, 146, 149,

183,    329, 335, 337, 338, 353, 366, 369, 375, 396,

423, 440, 464, 465, 503,

556, 557, 560, 567, 569, 570, 580, 581, 666

Beseler Hans v., preuß. GdI. 651

Besser Alfred v., preuß. GLt.

305, 351 Bethmann-Hollweg Theobald v., Dr., deutscher Reichskanzler 41,54,283, 309, 348, 668 Biffl Franz, Obst. 231, 232, 236

Blénesi Alexander, FML.

760

Bobrinski Wladimir Alexe-jewitsch Gf., russ. Gouverneur von Lemberg 503 Bogat v. Kostanjevac Stephan, FML. 540 Böhm-Ermolli Eduard v., GdK. 44, 45, 84, 85, 86,

87, 8S, 89, 90, 92, 93, 95,

151, 154, ISO, 181, 183, 186, 194, 195, 197, 202,

206, 208, 209, 210, 225, 227, 229, 230, 231, 232,

234, 235, 237, 238, 240,

241, 245, 246, 247, 249,

250, 251, 255, 258, 259,

261, 265, 266, 305, 333,

345, 353, 354, 356, 357,

367, 375, 394, 395, 419,

420, 421, 422, 432, 439,

440, 441, 454, 472, 481,

494, 502, 503, 555, 557,

558, 559, 560, 567, 568, 569, 573, 579, 582, 584,

585, 586, 5S7, 612, 659, 660, 662, 663, 664, 702 Bolfras Artur Freih. v., GdI.

307, 668 Bolzano Edl. v. Kronstätt Heinrich, Obst. 335, 350,

399, 444, 460, 557, 558, 569, 581, 582, 585, 614, 617, 618 Bongiovanni Luigi, ital. Obstlt., Militärattache in Berlin 282, 303 Boog Adolf v., GM. 109,

148, 149, 152, 736, 739,

740, 741, 749, 750, 751, 752

Boroević v. Bojna Svetozar, GdI. 33, 36, 37, 38, 39,

40, 41,    42,    43,    47, 48,49,

50, 51,    52,    53,    54,58,    60,

61, 63,    64,    66,    67, 68,    70,

71, 73,    74,    76,    77, 78,    80,

95, 96, 97, 101, 102, 103, 104, 105, 107, 10S, 109,


112, 127, 128, 129, 131,

133,    134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 144, 145,

146, 148, 149, 150, 151,

152, 154, 166, 177, 182, 183, 186, 194, 197, 202, 205, 206, 219, 225, 227,

229, 230, 231, 232, 233,

235, 237, 239, 240, 241,

242, 245, 246, 247, 248, 251, 253, 255, 256, 267,

305, 316, 322, 329, 349, 353, 369, 375, 379, 393,

395, 397, 405, 408, 410, 411, 412, 419, 420, 536, 537, 538, 540, 543, 545, 546, 734, 737, 738, 740,

741, 742, 746, 748, 751, 760, 761, 763, 766, 772,

790, 792

Bothmer Felix Gf. v., bayr. GdI. 195, 249, 261, 264,

345, 368, 399, 400, 442,

445, 446, 459, 460, 461,

462, 463, 464, 465, 468, 469, 557, 558, 559, 568, 569, 570, 581, 582, 583,

585, 587, 600, 612, 616, 618

Bratianu Jonel, rum. Ministerpräsident 416, 554

Brauner Adolf, Obst. 37

Bredow Anatole Gf. v., preuß. GLt. 82, 83, 89,

112, 196, 371, 387, 388, 389, 390, 391, 565, 566,

587, 601, 604, 638, 641, 642, 644, 684, 698, 719

Brudermann Rudolf Ritt, v., GdK. 573

Brusati Roberto, ital. GLt. 510, 515

Brussilow Alexej Alexan-drowitsch, russ. GdK.

36, 40, 47, 51, 58, 74,93,

108, 124, 126, 129, 133,

134,    162, 166, 186, 187,

201, 204, 206, 207, 219, 220, 222, 223, 225, 258, 259, 309, 340, 344, 345,

356, 367, 368, 369, 375,

376, 384, 396, 418, 421,

423, 430, 436, 439, 480,

495, 496, 497, 498, 500, 502, 503, 564, 577, 578,

626, 660, 662, 666, 672

Bülow Bernhard Fürst v., deutscher Botschafter in Rom 282, 347

Burggasser Johann, Obst. 106

Burián v. Rajecz Stephan Baron, Minister des Äußern 110, 167, 282, 283, 296, 307, 308, 309,

347, 403, 406, 450, 550, 668, 730

c

Cadorna Luigi conte, ital. GLt. 284, 285, 286, 287,

288, 509, 510, 511, 512, 516, 521, 523, 535, 538,

542, 543, 544, 552, 733, 735, 739, 742, 744, 746,

747, 751, 755, 758, 763, 769, 784, 788, 789, 790,

791, 793

Clausewitz Karl v., preuß. Gen. und Militärschriftsteller 789

Colerus v. Geldern Emil, GdI. 53, 62, 63, 67, 76, 77,    127, 128, 134, 152,

177, 232, 233

Conrad v.Hötzendorf Franz Freih., GdI. 19, 20, 33,

34,    40,    41,    46,    47, 55,

56,    57,    68,    89,    91, 92,

93,    94,    96,    97,    98, 113,

132, 143, 152, 154, 161, 165, 167, 184, 195, 199, 208, 209, 218, 220, 223,

225, 227, 228, 229, 234, 262, 268, 269, 276, 277, 283, 285, 288, 294, 297,

298, 299, 300, 301, 302,

304, 305, 306, 307, 308,

309, 317, 323, 347, 348, 349, 350, 372, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 409,

410, 411, 412, 413, 414,

433, 447, 448, 449, 450,

468, 497, GO. 504, 513, 550, 551, 552, 573, 574, 586, 600, 601, 611, 612,

638, 640, 641, 642, 643,

654, 667, 668, 669, 670,

686, 687, 688, 700, 701, 702, 703, 705, 707, 715, 724, 725, 726, 727, 730, 755, 790, 791, 792, 793, 794

Conta Richard v., preuß. GLt. 130, 170, 194

Cramon August v., preuß. GM. 132, 195, 298, 299,

300, 302, 305, 724

Csermák Michael, Obst. 48, 53, 66, 104 Csicserics v. Bacsány Maximilian, FML. 21 Czapp v. Birkenstetten Karl, GM. 426 Czibulka Klaudius, FML.

155, 157, 158, 168, 173, 174, 187, 188, 190, 191,

243, 244, 263, 346, 358,

359, 360, 361, 398, 402, 446, 456, 457, 458, 459,

466, 467, 493, 494, 500, 586, 659, 660

D

Danilow Georg Nikiforo-witsch, russ. GdI. 122, 123, 124, 160, 164, 310, 340, 416, 417, 435, 451,

452, 672, 693 Dankl Viktor, GdK. 40, 43,

47. 52, 56, 75, 80, 81, 82, 83, 84, 90, 99, 195,

267, 342, 351, 370, 379, 387, 388, 389, 390, 391,

392, 405, 408, 411, 426, 514, 515, 518, 521, 576, 726, 782 Delwig Sergej Nikolaje-witsch, russ. Gen. 392 Dimitriew Radko, russ. GdI. 33, 36, 37, 47,51,79,100, 102, 135, 136, 166, 178, 198, 199, 205, 211, 225,

310, 311, 312, 323, 324, 325, 326, 328, 331, 332,

336, 338, 339, 340, 341, 344, 350, 351, 354, 361, 362, 363, 364, 372, 373,

377, 381, 382, 383, 384,

385, 414, 417 Dobrorolski Sergej Kon-stantinowitsch, russ. GLt.

354    _

Dragičevic Georg, Oblt. 385 Dragomirow Abram Mi-chailowitsch, russ. GLt.

35, 204, 323, 325, 331, 340, 351, 362, 363, 435 DrennigTheodor, Obst. 757 Dschemal Pascha, türk.

DivGen. 6 Dürfeld Heinrich Freih. v., Obst. 260 Durski v.Trzasko Karl Ritt., FML. 66, 67, 73, 106, 632


E

Eckhardt v. Eckhardtsburg Friedrich, GM. 359, 360,

361, 398 EichhornHermann v., preuß.

GO. 98, 716 Ellison Ritt. v. Nidlef Otto, Obst. 785 Emmich Otto v., preuß. GdI.

321, 324, 326, 330, 333,

334, 338, 343, 344, 352, 353, 354, 355, 366, 370,

375, 376, 382, 385, 424,

425, 429, 487, 489, 490,

562, 564, 577, 588, 594,

636, 645, 674, 675, 677,

679, 680, 681, 682, 687, 690

Enver Pascha, türk. Vizegeneralissimus u. Kriegsminister 6 Essad Pascha Toptani 280 Eugen Erzherzog, GdK. 29, 98, 105, 137, 275, 277, 278, 280, 281, 304, 308,

348, 405, 406, 407, 408,

411, GO. 412, 509, 538,

545, 738, 751, 760, 790 Ewert Alexej Jermolaje-witsch, russ. GdI. 44, 45,

84, 85, 86, 370, 379, 391,

565, 566, 578, 634

F

Fabini Ludwig v., FML. 59,

69, 236, 380, 381, 385,

437, 591, 605, 761 Falkenhayn Erich v., preuß. GLt. 5, 29, 41, 54, 55, 56, 91, 92, 93, 95,96,97, GdI. 98, 132, 154, 161, 167, 171, 208, 225, 226,

227, 228, 234, 276, 277,

282, 283, 298, 299, 300,

301, 302, 303, 304, 305,

306, 307, 308, 309, 310,

315, 347, 348, 349, 350,

372, 403, 405, 406, 407, 408, 409, 410, 411, 412, 413, 414, 443, 447, 448, 449, 450, 468, 497, 550, 552, 573, 586, 600, 607,

611, 612, 640, 641, 642,

652, 654, 667, 668, 669,

670, 686, 692, 693, 700,

701, 703, 707, 708, 715, 719, 724, 725, 726, 727, 791

Falkenhayn Eugen v., preuß. GdK. 674, 677, 678, 681,

689, 690 Ferdinand König von Rumänien 245 Fernengel Johann, GM. 3S6,

410, 523, 526, 527, 529,

530, 764, 779 Fischer Eduard, Obst. 73,

74, 105 Fischer Gustav, Obst. 236 Fleischmann Ignaz, GM. 460

Fleischmann v. Theissruck Moritz, Hptm. 132, 299, 302

Fox Vinzenz, FML. 89, 534, 537, 540 Franęois Hermann v., preuß. GdI. 319, 324, 326, 334,

338, 343, 366, 370, 375,

376, 378, 384, 423, 425, 430

FJI 8, 29, 94,

165, 213, 214, 215, 217, 277, 283, 285, 289, 290, 293, 295, 307, 308, 403, 405, 440, 503, 504, 507,

549, 668, 703 Freytag-Loringhoven Hugo Freih. v., preuß. GLt. 55, 97, 132

Friedrich Erzherzog, FM. 94, 165, 237, 249, 278,

289, 322, 325, 403, 433,

612, 702 Friedrich II. König von Preußen 414 Frommei Rudolf Ritt v., bayr. GdK. 45, 85, 86,

87, 88, 90, 683, 684, 685,

697, 698, 699, 714, 715, 723

Frugoni Pietro, ital. GLt. 510, 541

G

Gabriel Theodor, FML. 764 Gallwitz Maximilian v., preuß. GdA. 44, 45, 84,

85, 86, 87, 88, 89, 90, 161, 196, 585, 611, 612,

631, 640, 650, 651, 652,

671, 685, 697, 698, 699, 714, 715, 719, 723, 726 Gantscheff Peter, bulgar. Obst. 669

Gelb Edl. v. Siegesstern Karl, FML. 491, 527,

^ 529, 761

Gerok Friedrich v., württ. GdI. 193, 194,246,264,

399, 400, 442, 443, 459,

460, 462, 463, 464, 466,

557, 558, 568, 581, 582, 583, 600, 621, 625, 637,

647, 649, 650, 656, 659, 678, 682, 701, 722 Gheri Philipp, Obst. 614 GiardinaAntonino, ital.GM.

771, 776, 777 GillenschmidtAlexanderFe-dorowitsch v., russ. GLt. 44, 86 Giolitti Giovanni, ital.

Staatsmann 406 Goglia Ferdinand, FML.

420, 559, 568, 580, 583, 585

Goiginger Heinrich, FML. 537, 734, 735, 736, 741, 742

Goiginger Ludwig, GM. 238 Goldbach Anton, GM. 387, 389, 412, 427, 551 Goltz Colmar Freih. v. der, preuß. GFM. 276, 304 Gorbatowski Wladimir Ni-kolajewitsch, russ. Gen.

555, 594, 665, 717 Gössmann Otto, GM. 524, 526

Grillparzer Franz, Dichter

508

Groener Wilhelm, württ.

Obst. 305 Grzesicki Viktor, Obst. 619, 632    ,

Guilleaume Arpád, Obst.

66, 73

Guseck Edl. v. Glankirchen Oskar, FML. 518

H

Habermann Hugo Edl. v., FML. 174, 493 Hadfy v. Livno Emmerich, FML. 79, 201, 321 Hallerv. Hallenburgjoseph, poln. Leg.-Obstlt. 66, 74, 156

Hassenteufel Franz, Obst.

627, 661, 662, 663 Hauer Leopold Freih. v., GdK. 44, 45, 84, 85, 86,


87, 88, 89, 90, 388, 644,

698,    699, 715

Haus Anton, Admiral 284, 404, 535 Hauser Edmund, Obst. 585 Haustein v. Haustenau Heinrich, GM. 236 Hellebronth v. Tiszabeö Gustav, Obst. 739 Henneberg Joseph Freih. v., Obst. 527 Herberstein Herbert Gf., GM. 466 Heß Heinrich Freih. v., FM. 725

Heydebreck Ernst Hennig v., preuß. GLt. 359, 622,

625, 660, 661, 662, 665, 666, 688, 701, 702, 703,

704, 705, 706, 720, 722 HeyeWilhelm.preuß.Obstlt. 641

Hindenburg Paul v. Be-neckendorff u. v., preuß. GFM. 85, 87, 88, 90, 91, 92, 97, 107, 109, 160, 161, 162, 164, 168, 195,

196, 208, 234, 235, 299, 349, 448, 549, 611, 612, 650, 652, 653, 670, 685,

699,    714, 716, 726 Hinke Alfred Edl. v., GM.

614, 702 Hofmann Peter, FML. 66,

67, 73, 105, 106, 128,

130, 154, 169, 171, 185,

193, 194, 195, 235, 246,

261, 264, 345, 350, 399, 400, 443, 444, 446, 459,

460, 461, 462, 464, 465,

569, 570, 581, 585, 614,

616, 617, 618 Hohenlohe-Schillingsfürst Gottfried Prinz zu, GM.

a. D., Botschafter 94 Horsetzky Edl. v. Hornthal Ernst, FML. 322, 327, 351, 380, 385, 432, 437, 591, 592, 593 Hubert Ottokar, Obstlt. 216 Hussein Ibu Ali, Groß-scherif von Mekka 6 Hussein Kiamil Pascha Sultan von Ägypten 6 Hussein Nachitschewanski Chan, russ. GLt. 126

I

Ignatiew Alexej Alexeje-witsch Gf., russ. GM. und Militärattache in Paris 124

Inselt v. Gölle Stephan, Hptm. 740 Irmanow Wladimir Alexan-drowitsch, russ. GdI. 326, 328, 338, 352 Iwanow Nikolaj Judowitsch, russ. GdA. 35,36, 47, 57,

58, 72, 74, 79, 86, 100,

123, 124, 128, 160, 162,

163, 164, 194, 205, 211, 220, 224, 225, 243, 256,

257, 268, 269, 309, 310,

311, 312, 325, 326, 328,

331, 336, 340, 341, 343,

351, 362, 363, 367, 372,

373, 377, 381, 384, 417,

418, 419, 430, 431, 432,

434, 435, 446, 451, 452,

476, 480, 496, 497, 501,

554, 555, 574, 575, 583,

585, 586, 672, 689, 702

J

Januschkiewitsch Nikolai N ikolaj ewitsch,russ.GLt. 164, 257, 310, 325, 332,

362, 363, 435 Jaschke Johann, GM. 524 Jemrich von der Bresche Eduard Ritt., GM. 566 Joffre Joseph, franz. Gen.

124, 341, 374 Jordan-Rozwadowski v. Groß-Rozwadow Thaddäus Ritt., GM. 567 Joseph Erzherzog, GdK. 43,

52, 61, 64, 65, 71, 103, 127, 128, 134, 150, 177, 183, 252, 255, 256, 329, 523, 524, 527, 529, 531, 749, 757, 758, 759 JosephFerdinandErzherzog, GdI. 34, 37, 47, 49, 51,

56, 59,101, 135, 137, 146,

152, 166, 178, 179, 199,

205, 232, 233, 306, 317,

325, 331, 339, 342, 365, 371, 379, 380, 423, 426,

428, 438, 455, 471, 488,

576, 591, 593, 594, 597,

606, 628, 633, 635, 641,

672, 687, 703

K

Kaiser Julius, FML. 192,

359, 458, 459, 466, 467,

614, 615 Kaiser Edl. v. Maasfeld Franz, FML. 536, 539, 540, 773 Karl Franz Joseph Erzherzog-Thronfolger, Obst.

^ 96, 322

Kaschtalinski Nikolaus Ale-xandrowitsch, russ. Gen.

496, 497, 499, 500, 501 Kestřanek Paul, FML. 321 Kirchbach auf Lauterbach Johann Freih. v., GdI.

426, 588 Kirchbach auf Lauterbach Karl Freih. v., GdK. 81, 339, 343, 351, 364, 365, 371,-379, 380, 381, 382, 383, 386, 426, 427, 437, 438, 441, 448, 449, 625, 627

Kitchener Horatio Herbert, Viscount of Khartoum, brit. FM. 416 Klembowski WladislawNa-poleonowitsch, russ. Gen.

644, 654 Kletter Ernst, GM. 43, 44,

52, FML. 61, 80, 385 Klinger Ludwig, Obstlt. 434 Kneußl Paul Ritt, v., bayr. GM. 321, 375, 376, 378, GLt. 440, 565, 576, 577, 588, 594 Köckh Adolf, Obst. 83, 346 König Götz Freih. v., preuß. GdK. 389, 390, 630, 639,

641, 642, 643, 683, 684,

714, 715, 719, 723 Koennen-Horák Edl. v. Höhenkampf Ludwig, FML. 289, 408, 518 Konstantin I. Königder Hellenen 7, 280 Korda Ignaz Edl. v., FML,

244, 346, 358, 360, 361. 398, 402, 458, 459, 466,

467, 493, 614, 616 Kornhaber v. Pilis Adolf, FML. 39, 48, 53, 54, 60,

179, 397, 454, 465, 468,

469, 492, 494, 495 Kornilow Lawr Jegoro-witsch, russ. GM. 337 Korzer Karl, Obst. 434


Kosak Ferdinand, FML.

396, 397 Kosch Robert, preuß. GLt.

557,    558, 570, 582, 5S3, 624

Kövess v. Kovessháza Hermann, Gdl. 195,317, 387,

389,    390,    391,    427,    454,

558,    601,    630,    631,    638,

639,    641,    642,    643,    653,

654,    655,    668,    669,    670,

6S3,    684,    697,    698,    699,

700,    703,    708,    709,    711,

713,    714,    717,    719,    720

Krafft v. Dellmensingen Konrad, bayr. GLt. 408,

514, 521 Králiček Rudolf, FML. 38, 39, 60, 62, 63, 67, 68,69,

70,71, 79, 100, 101, 152, 153,    177,    236,    327,    331,

339,    343,    350,    356,    365,

380,    381,    383,    428,    438,

488,    590,    628

Kralowetz v. Hohenrecht Gottlieb, FML. 141 Kratky Karl, GM. 444 Krauss Alfred, FML. 105,

275, 277, 760 Krauss Rudolf, GM. 166 Krautwald v. Annau Joseph Ritt., FML. 34, 35, 38,

39, 40, 42, 43, 48, 52, 53,

61, 64, 65, 66, 68,69, 72, 75, 76, 77, 78, 103, 109, 127,    129,    134,    139,    148,

183,    186,    242,    329,    361,

398,    399,    402,    458,    459,

466,    467,    468,    493,    572,

613, 702 Kreysa Eduard Edl. v., , FML. 557, 559, 560, 567,

568, 569, 580, 581, 586 Křitek Karl, Gdl. 50, 51,

52, 58, 62, 69, 78, 81, 82, 111,    137,    138,    145,    146,

150,    151,    152,    153,    166,

183,    563,    648,    694

Kuczera Hugo, FML. 538 Kuhl Hermann v., preuß.

Gdl. 787, 791 Kuhn Franz, Obst. 346, 613 Kundmann Rudolf, Obstlt. 55

Kusmanek Hermann v., Gdl.

42, 72, 73, 209, 210, 212, 213, 215, 216, 217, 229 Küttner Ferdinand, Obst. 492

L

Laczhegyi Zoltán, Lt. 253 Langer Karl Edl. v., FML.

523, 524, 528, 532, 764 Lanzinger Anton, GM. 523, 527, 529 Lauenstein Otto v., preuß.

GLt. 315 Lauingen Wilhelm v., GM.

664, 665 Laxa Wladimir, Obst. 348 Lehmann Georg Edl. v., FML. 75, 468, 492, 493,

494, 614 Leonhardi Theodor Freih.

v., GM. 394, 445, 446 Leopold Prinz von Bayern, bayr. GFM. 549, 640,

670, 679, 683, 684, 687, 692, 693, 697, 698, 699,

700, 703, 714, 715, 718, 719, 720, 721, 723 Lequio Clemente, ital. GLt.

510, 525, 526, 529, 532 Lesch Leonid Wilhelmo-witsch, russ. Gdl. 385,

424, 427, 428, 431, 432,

436, 624 Letschitzki Platon Alexeje-witsch, russ. Gdl. 162,

164, 186, 225, 242, 243,

262, 341, 346, 373, 398,

399,    400, 402, 443, 445, 446, 447, 452, 456, 457,

458, 466, 475, 493, 497,

569, 572, 575, 618

Lieb Joseph, GM. 142 Lilienhoff-Adelstein God-win v., GM. 106, 155,

156, 157, 158, 159, 168, 169, 172, 173, 174, 187,

188,    189, 190 Linsingen Alexander v.,

preuß. Gdl. 96, 97, 106, 107, 108, 109, 129, 131, 133, 154, 155, 157, 158, 159, 169, 170, 171, 173,

189,    190, 193, 194, 208,

242, 245, 246, 248, 249, 259, 260, 261, 264, 265, 272, 345, 359, 368, 399,

400,    419, 442, 443, 444,

445, 446, 447, 458, 459,

461, 462, 463, 464, 465,

468, 469, 495, 557, 558,

568, 573, 579, 581, 582,

583, 584, 585, 586, 600, 628, 637, 646, 650, 660,

662, 665, 687, 688, 708, 710

Lischka Emil, FML. 673, 675

Litzmann Karl, preuß. Gdl. 699

Ljubicić Stephan, FZM. 51,

59, 62, 69, 70, 78, 101, 102, 111, 192, 243, 244,

263, 265, 346, 358, 359,

361, 401, 402, 444 Lloyd-George David, brit.

Staatsmann 451 Ludendorff Erich, preuß. GM. 54, 93, 95, 96, 97, 107, 108, 109, 132, 161, 349, 611, 652, 726 Lukachich v. Somorja Géza, GM. 736, 739, 740, 741,

742, 752, 757 Lütgendorf Kasimir Freih. v., FML. 202, 204, 206,

210, 229, 230, 233

M

Macchio Karl Freih. v., Botschafter 347 Mackensen August v., preuß. GO. 44, 45, 46, 84, 86,

88, 89, 90, 93, 95, 96,99,

196, 306, 312, 315, 316, 317, 323, 324, 325, 327,

328, 329, 330, 331, 334,

338, 339, 342, 349, 350,

351, 352, 365, 369, 371, 375, 376, 377, 380, 381,

382, 383, 384, 385, 386,

392, 405, 406, 408, 414, 417, 418, 422, 423, 424,

425, 426, 427, 428, 429, 431, 432, 433, 438, 439,

440, 442, 447, 448, 449, 451, 453, 454, 455, 470,

471, 475, 476, 478, 480,

482, 483, 486, 488, 490,

492, 495, 497, 499, 500,

501, GFM. 504,550,552, 557, 560, 561, 562, 563, 564, 565, 573, 574, 577,

579, 582, 58S, 590, 592,

594, 595, 598, 600, 601,

604, 606, 607, 608, 609, 611, 612, 613, 618, 619, 620, 622, 623, 625, 626,

628, 629, 631, 632, 633,

635, 637, 646, 647, 648,

649, 654, 655, 658, 659, 660, 662, 665, 666, 670,


671, 672, 674, 675, 676,

678, 679, 686, 687, 688,

689, 690, 692, 693, 695, 698, 700, 701, 703, 705,

707, 708, 711, 717, 719, 721, 725, 726, 727 Maric v. Gjurgjevac Karl, GM. 537 Marschall Wolf Freih., preuß. GdK. 170, 171,

172, 173, 187, 188, 189, 190, 191, 243, 245, 263,

346, 358, 359, 360, 361, 398, 402, 458, 464, 465,

467, 557, 600 Martinek August, Obst. 216 Martiny Hugo, FML. 61,80,

81, 82, 83, 206, 235, 236,

237, 238, 240, 241, 247, 324, 326, 333, 353, 355, 393, 433, 439, 440, 596, 599, 603, 655, 704 Marwitz Georg v. der, preuß. GdK. 235, 253,

254, 255, 256, 258, 302, 395, 422, 439, 560, 577, 588, 708 Matheis Franz, Oblt. 84 Mattanovich Erwin Edl. v., FML. 289 Meixner v. Zweienstamm Hugo, GdI. 64, 65, 66,

68, 69, 71, 76, 77, 103,

242, 253, 254 Menges Wilhelm, preuß.

GLt. 85, 388 Mensdorff-Pouilly-Dietrich-stein Albert Gf. v., Botschafter 451 Metz Rudolf Ritt. v. Spon-dalunga, GM. 321, 423, 424, 425 Metzger Joseph, GM. 182, 197, 198, 407, 604 Mihaljevic Michael, Obst.

156, 157, 159, 168 Mischek Johann, Obst. 588,

641, 642, 655 Mischtschenko Pawel Iwa-nowitsch, russ. GdA. 351, 390

Mitlacher Alfred, Obst. 734, 740

Molnár v. Péterfalva De-siderius, GM. 425 Moltke Helmuth Gf. v., preuß. GFM. 3 Morgenstern v. Sashegyi Gustav, Obst. 317, 334

Muhammed V. Kaiser der Osmanen und Kalif 6 Müller Richard, GM. 605 Müller Rudolf, Obst. 614,

615, 617

N

Nachitschewanski s. Hussein Nagy Paul Edl. v., GM.

Napoleon I. 219, 414, 729, 730, 790 Nava Luigi, ital. GLt. 510, 516, 521, 780 Nemeczek Joseph, GM. 764 Neußer Karl, Hptm. 626 Nicolis di Robilant Mario, ital. GLt. 770 Nikola König von Montenegro 415 Nikolai Nikolajewitsch, Großfürst - Generalissimus 3, 28, 36, 57, 58, 122, 123, 124, 160, 162, 163, 164, 224, 225, 257,

268, 281, 310, 311, 312,

332, 340, 341, 350, 363,

364, 373, 374, 396, 415, 435, 496, 497, 554, 578, 596, 610, 631, 671, 716 Nikolaus II. 28, 216, 225, 272, 283, 312, 450, 496, 554

Nottes Klement, GM. 35, 42 Novak v. Arienti Guido, GM. 544

o

Olochow Wladimir Apollonowitsch, russ. Gen. 476, 481, 496, 554, 555, 562,

563, 564, 565, 575, 578, 594

P

Pacor v.Karstenfels u.Hegy-alja Joseph, Obst. 530 Paić Joseph Ritt, v., Obst.

136, 197, 331, 604, 607 Papp Daniel, Mjr. 105, 106, 169, Obstlt. 192, 243,360, 398, 459, 468, 572 Perneczky Eugen, GM. 528, 533, 540 Peteani v. Steinberg Artur Freih., GM. 61, 65, 66 Petričevic Georg, Hptm. 188

Pflanzer-Baltin Karl Freih, v., GdK. 12, 13, 15, 64. 66, 67, 72, 73, 78, 103,

104, 105, 106, 108, 109,

110, 111, 112, 129, 133, 135, 155, 156, 157, 158, 159, 162, 163, 164, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 179, 180, 181, 182,

184, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194,

197, 199, 208, 212, 213, 220, 221, 222, 223, 225, 226, 228, 229, 241, 242, 243, 244, 245, 257, 258,

262, 263, 265, 272, 278,

299, 309, 311, 345, 346, 349, 358, 359, 360, 361,

368, 398, 399, 401, 443, 444, 446, 456, 457, 458,

459, 465, 466, 467, 468, 492/497, 500, 551, 571, 572, 583, 584, 585, 613,

615, 616, 617, 618, 702 Piłsudski Joseph, poln.Leg.-Obst. 52, 426 Plehwe PawelAdamowitsch, russ. GdK. 44, 123, 417, 418

Plettenberg Karl Freih. v., preuß. GdI. 324,366,375,

382, 674, 678, 680, 681,

682, 689, 690, 692, 693,

694, 695, 696, 708

Podhoránszky Eugen v.,

GM. 388, 653 Poincare Raymond, Präsident der Franz. Republik 283 Poliwanow Alexej Andre-jowitsch, russ. GdI. 554 Pollio Alberto, ital. GLt. 284 Potiorek Oskar, FZM. 19,

20, 22, 276

Preuschen Karl Freih. v., preuß. GM. 623, 624 Procházka Robert, Mjr. 347 Puchalski Stanislaus v., GM.

424, 425 Puhallo v. Brlog Paul, FZM.

109, 112, 126, 127, 129,

133, 180, 222, 412, 419,

420, 421, 422, 432, 439, 449, 566, 587, 588, 607, 622, 624, 626, 627, 661, 662, 666, 687, 703, 704,

705, 706, 707, 727 Putnik Radomir, serb. Woi-I wode 415


R

Radetzky v. Radetz Joseph Gf., FM. 413, 507, 508 Ragosa Alexander, russ.

GLt. 3S9, 391 Rehwald Karl, Obst. 396,

400, 445, 446, 454, 461,

464, 494, 495, 499 Rennenkampf Pawel Karlo-witsch v., russ. GdK. 28 Reut-Nicolussi Eduard, Dr., Abgeordneter 789 Reuter Ernst v., preuß. Obst. 475

Reymann Hugo, GM. 49,

51, 59, 382, 385, 427 Rhemen zu Barensfeld Adolf Freih. v., Gdl.

156, 173, 187, 189, 191,

243, 244, 263, 358, 359,

360, 361, 398, 401, 456, 458, 459, 467, 493, 494, 500

Richthofen Manfred Freih. v., preuß. GLt. 86, 87,

88, 90

Riedl Ludwig, Obst. 423 Robilant siehe Nicolis Rohr Franz, GdK. 289, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 296, 300, 307, 405, 408,

411, 523, 524, 526, 528, 531, 532, 534, 537, 539, 540, 738, 754, 764, 765, 766, 768, 769, 771, 774, 777, 779 Rónai-Horváth Eugen,FML.

66, 67, 73, 103, 104 Ropolo Edoardo, ital.

Obstlt. 415 Roth Joseph, FML. 34, 49,

50, 51, 52, 59, 62, 63, 69, 70, 78,111,201,317, 321, 324, 327, 333, 339, 343, 365, 382, 383, 438, 455,

590, 591, 592, 593, 594,

595, 596, 598, 602, 605,

607, 657, 673, 674, 675,

676, 677, 680, 701 Rozwadowski, s. Jordan-Rozwadowski Russ Viktor, Lt. 156 Rußki Nikolaj Wladimiro-witsch, russ. Gdl. 36, 57,

58, 123, 124, 163, 164, 309, 672, 717

S

Sacharow Wladimir Victo-rowitsch, russ. GdK. 48,

58, 187 Salandra Antonio, ital. Ministerpräsident 7, 406 Saletta Tancredi, ital. GLt. 284

San Giuliano Antonino marchese di, ital. Minister für Ausw. Angel. 7 Sarkotić Stephan v., Gdl.

29, 408, 550 Sávoly Johann, Obst. 614 Schaible Ernst, GM. 322 Schariczer v. Rény Georg, FML. 388, 639, 641 Schay Gustav, FML. 426, 564

Scheuchenstuel Viktor v., FML. 238, FZM. 426, 455, 603, 646, 648 Schiesser Anton, GM. 518 Schkinski Jakob Fedoro-witsch, russ. Gdl. 354,

355

Schlieffen Alfred Gf. v., preuß. GFM. 20, 21 Schmidt v. Georgenegg Albert, FML. 51, 59, 69, 186, 197, 202, 204, 206,

207, 211, 230, 233, 235,

236, 238, 246, 247, 250, 258, 260, 261, 266, 420,

421, 439, 440, 441, 502, 560, 581 Schneider Edl. v. Manns-Au Joseph, GM. 65, 433 Schnetzer Franz, Obst. 490 Schön Joseph, GM. 702 Schönburg-Hartenstein Alois Fürst, FML. 156, 444, 456, 457, 458, 459,

467, 493, 494, 500, 613,

614, 615, 616 Schreitter v. Schwarzenfeld Franz Ritt., FML. 155, 157, 158, 159, 173, 174, 446, 613, 615, 616, 617

Schtscherbatschew Dimitrij Gregoriewitsch, russ. Gdl. 58, 367, 368, 373,

443, 444, 445, 456, 502,

570, 572, 583 Schüler Eugen, GM. 73 Schultheisz v.DevecserEmil, FML. 66, 105, 106, 110,

111, 155

Schwarzenberg Felix Prinz zu, Obst. 757 Schweinitz Wilhelm v., preuß. Mjr. 406 Schwer Edl. v. Schwertenegg Otto, GM. 243, 360 Scotti Karl, FML. 296 Seeckt Hans v., preuß. Obst.

315, 317, 448, GM. 561, 562, 670, 727 Seifert Joseph, Obstlt. 794 Seiller Viktor Freih. v., Hptm. 94, 410 Seliwanow Andrej Nikola-jewitsch, russ. Gdl. 216 Siegler v. Eberswald Konrad, FML. 104 Smekal Gustav, FML. 433,

593, 703, 704, 705, 706 Smuts Jan Christian, süd-afrik. Staatsmann 451 Sonnino Sidney Baron, ital. Minister für Ausw. Angel. 7, 283, 406 Soós v. Badok Karl, Obst.

111, 190 Spannocchi Lelio Gf., Obst. 252

Spiess v.Braccioforte Silvio, Obst. 252 Stegemann Hermann, Geschichtschreiber 728 Stehr, preuß. GM. 130 Stein Hermann Freih. v., bayr. GLt. 478,479, 482, 483, 485, 487, 488, 489, 490

Stöger-Steiner Edl. v. Steinstätten Rudolf, FML. 317,

322,    323,    325,    328,    331,

333,    339,    342,    343,    351,

365,    381,    386,    426,    437,

438,    455,    591,    774

Stolzmann Paulus v., preuß.

GM. 109, 169, 171 Stracker Karl, GM. 572 Straub Johann, Obst. 302 Stürgkh Joseph Gf., FML. 167

Stürgkh Karl Gf., öst. Ministerpräsident 29, 348 SuchomlinowWladimir Ale-xandrowitsch,russ. GdK. 554

Szende v. Fülekkelecseny Franz, GM. 317, 325, 327, 334, 338, 364, 365, 383, 386, 427, 428, 429, 455, 4S3, 488, 501


Szeptycki Stanislaus Gf., Obst. 793, 794 Szurmay Alexander, FML.

33, 37, 38, 39, 42,43,48, 53, 54, 59, 60, 62, 68, 69,

70, 79,101, 104,108,109,

111, 126, 127, 129, 130, 131, 132, 133, 135, 140,

141, 144, 149, 150, 151,

153, 154, 180, 181, 183,

185, 193, 197, 198, 202, 203, 206, 207, 210, 211,

222, 223, 231, 235, 238, 240, 247, 248, 249, 251, 258, 259, 260, 261, 264,

265, 266, 345, 357, 368,

369, 399, 400, 442, 445, 446, 459, 461, 462, 463,

464, 465, 468, 469, 494,

495, 497, 498, 499, 555,

556, 557, 560, 568, 570,

579, 584, 585, 612, 621, 622, 626, 627, 628, 659, 660, 665, 666, 704, 705

T

Tamásy v. Fogaras Árpád, FML. 42 Tappen Gerhard, preuß.

Obst. 55, 299 Tegetthoff Wilhelm v., Vizeadmiral 507 Tersztyánszky v. Nádas Karl, GdK. 181,183,186,

196,    197,    198,    202,    204,

206,    207,    209,    210,    211,

223,    225,    229,    230,    231,

232,    234,    236,    237,    238,

240,    241,    247,    250,    261,

266,    267,    394,    395,    396,

397,    412,    420,    550

Tirpitz Alfred v., deutsch.

Großadmiral 8 Tisza v.Borosjenö et Szeged Stephan Gf., ung. Ministerpräsident 29, 105,

110, 282, 348, 406, 507

Tomann Friedrich, Oblt. 615 Trollmann Ignaz, FML. 134,

180, 204, 206, 207, 230,

236, 238, 247, 261, 397, 502, 568, 580 Troyer Joseph, Mjr. 446 T schurtschenthaler v. Helmheim Heinrich, FML. 66,

68, 72, 75, 77, 180 Tutschek Ludwig Ritt, v., bayr. GM. 782

U

Ungar Karl, Oblt. 250 Unschuld Ritt. v. Melasfeld Felix, GM. 704 Urbański v. Ostrymiecz August, GM. 390

V

Veith Georg, Dr. h. c., Obst.

142, 175, 203 Venizelos Eleutherios, griech. Ministerpräsident

7, 280

Véver Richard Freih. v., Obstlt. 365 Viktor Emanuel III. 284, 285, 507, 509, 740 Vogelhuber Eduard, Obst. 538

W

Waldstätten Egon Freih. v., Mjr. 386 Wangenheim Hans Freih. v., deutscher Botschafter in Konstantinopel 276 Weiss v. Mainprugg Franz Ritt., GM. 346, 494, 572 Wieden Edl. v. Alpenbach Eduard, Obst. 393 Wieden Edl. v. Alpenbach Heinrich, Obst. 291

Wilhelm II. 7, 93, 96, 194,

245, 246, 306, 504, 612, 702, 726 Willerding Rudolf Ritt, v., GM. 421, 664, 665 Winckler Arnold v., preuß. GLt. 590, 625, 647, 661, 662

Wolff Karl, Obstlt. 388,391 Wolodtschenko Nikolai Ge-rasimowitsch, russ. GM.

323, 325, 326, 327, 328, 331, 332 Wossala Ernst, Obst. 191 Woyrsch Remus v., preuß. GO. 43, 44, 45, 46, 51,

56, 81, 83, 84, 85, 86,

87, 89, 91, 93, 99, 111,

112, 178, 195, 201, 235, 371, 387, 388, 389, 390,

391, 426, 549, 565, 566, 574, 588, 601, 603, 604, 606, 607, 608, 613, 618,

619, 620, 629, 630, 631,

632, 636, 637, 638, 639,

640, 641, 642, 643, 644,

653, 654, 655, 656, 670,

683, 684, 687, 691, 697, 698, 699, 700, 703, 714,

715, 718, 719, 723 Wurm Wenzel, FZM. 534, 537, 538

z

Zastrow Ernst v., preuß.

GLt. 99 Zeidler Erwin, GM. 536, 753 Zeiss Oskar, Mjr. 43, 52, 61,

65 . Zeynek Theodor Ritt, v.,

Obstlt. 616

Ziegler Emil Ritt, v., FML.

238, GdK. 580, 582, 659,

662, 663, 664, 665


I: Korps

Verzeichnis der öst.-ung. Truppenverbände


I.    44, 81, 82, 83, 339, 370,

387, 388, 449, 566, 587, 622, 625, 627, 663, 704

II.    44, 49, 81, 82, 83, 271, 370, 387, 388, 389, 390,

566,    587, 622, 625, 627, 660, 664, 704

III.    34, 35, 38, 39, 43, 48,

53, 54, 60, 62, 63, 68,

69, 71, 75, 76, 77, 78,

100, 101, 103, 111, 128,

134, 135, 136, 137, 139,

140, 141, 144, 146, 147,

149, 150, 151, 152, 153, 16b, 177, 183, 186, 200, 205, 211, 228, 230, 232,

233, 239, 240, 242, 252, 271, 329, 330, 335, 347,

349, 360, 361, 398, 402,

457, 466, 468, 492, 493, 572, 613, 614, 615, 616,

702, 792

IV.    44, 46, 84, 85, 86, 88,

90, 226, 336, 353, 357,

367, 369, 420, 439, 440,

441, 453, 454, 472, 473, 475, 476, 477, 481, 484,

491, 498, 499, 502, 503,

555, 556, 557, 559, 560,

567,    568, 569, 570, 580, 581, 582, 583, 585, 586,

659, 660, 664

V.    44, 52, 81, 83, 102, 104, 107, 133, 136, 140, 141,

144, 149, 151, 154, 180,

181, 182, 183, 185, 197, 202, 203, 206, 207, 210, 211, 229, 230, 231, 234,

237, 238, 240, 246, 247,

251, 258, 259, 260, 261,

265, 266, 336, 354, 356,

357, 368, 369, 394, 396, 397, 412, 454, 455, 473,

475, 476, 477, 482, 484,

498, 499, 555, 556, 557, 559, 568, 569, 570, 579,

580, 5S2, 583, 586, 660, 664

VI.    48, 49, 50, 51, 53, 54,

59, 60, 62, 63, 68, 70,

102, 179, 316, 321, 323, 324, 325, 326, 330, 334,

338, 343, 352, 355, 366,

370, 375, 376, 377, 382,

383, 384, 386, 422, 424,

429, 430, 431, 454, 455,

470, 473, 475, 476, 477,

478, 482, 485, 486, 489, 490, 499, 500, 502, 561, 562, 564, 565, 576, 588,

594, 621, 623, 624, 636,

645, 647, 649, 656, 657, 658, 659, 674, 678, 680, 682, 690, 692, 693, 695, 696, 697, 700, 708, 709,

710,    711, 713, 720, 721, 722

VII.    33, 34, 35, 38, 39, 43,

48,    52,    53,    54,    60,    61,

62,    63,    64,    65,    66,    68,

69,    71,    72,    75,    76,    77,

103, 127, 134, 135, 137, 138, 139, 140, 141, 144,

145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 153, 177, 197, 202, 205, 228, 232, 235,

238, 239, 242, 252, 255, 256, 329, 335, 336, 337, 344, 353, 354, 366, 368, 369, 375, 394, 396, 407, 408, 409, 410, 411, 412,

523, 526, 530, 531, 738, 740, 741, 742, 743, 744, 746, 749, 751, 752, 757,

758, 759, 760, 761, 763, 766, 767

VIII.    137,    139, 140, 146,

147, 148, 149, 154, 222,

276, 277, 278, 281, 336, 353, 357, 383, 386, 426, 427, 428, 437, 438, 455,

476, 490, 560, 563, 576, 588, 589, 591, 593, 595,

596, 598, 599, 600, 602, 603, 604, 606, 607, 619, 620, 628, 629, 632, 634,

636, 638, 645, 646, 647,

648, 654, 655, 656, 657, 658, 673, 674, 676, 677,

678, 679, 680, 691, 694, 695, 697, 700, 703, 709,

711,    712, 713, 718, 723

IX.    33, 35, 37, 38, 39, 43, 48, 53, 54, 60, 77, 101,

236,    317, 325, 327, 331,

339, 343, 350, 352, 356,

365, 371, 379, 380, 382,

383, 385, 386, 422, 426,

427, 428, 430, 431, 437,

438, 442, 455, 471, 478,

479, 480, 483, 487, 488,

501, 560, 563, 565, 576, 588, 589, 590, 591, 593,

597, 598, 604, 606, 607, 608, 619, 620, 628, 632,

633, 634, 636, 637, 645,

646, 647, 648, 649, 655, 656, 657, 658, 673, 676, 677, 679, 680, 681, 701,

704, 705, 707

X.    40, 41, 43, 48, 49, 51,

53, 60, 61, 64, 65, 66, 68, 69, 75, 76, 103, 134, 135, 137, 138, 139, 140, 141, 144, 145, 146, 147,

149, 150, 151, 153, 182, 186, 197, 202, 205, 228,

229, 230, 231, 232, 235,

237,    238, 239, 242, 246, 247, 253, 254, 316, 322, 324, 326, 329, 330, 333,

335, 336, 337, 343, 352,

355, 366, 369, 375, 379,

393, 396, 397, 414, 419, 433, 436, 439, 440, 441,

442, 449, 455, 458, 466,

468, 479, 480, 483, 487, 4S8, 490, 560, 563, 576, 588, 589, 591, 593, 595,

596, 597, 598, 599, 600, 601, 602, 603, 604, 607,

608, 619, 620, 623, 628, 632, 633, 634, 636, 637, 645, 646, 647, 648, 649,

655, 656, 657, 658, 670,

673, 674, 676, 677, 687,

701, 703, 704, 705, 707

XI.    51, 52, 54, 58, 59, 60, 62, 63, 102, 170, 175,

179, 188, 189, 190, 191,

192, 346, 458, 459, 466,

467, 492, 494, 614, 616,

617

XII.    44, 45, 46, 84, 85, 86,

267, 271, 317, 642, 683,

684, 699, 714, 715, 723


XIII.    105, 110, 111, 156,

157, 158, 159, 168, 171,

172, 173, 174, 186, 187, 188, 189, 190, 276, 277, 281, 346, 398, 401, 456, 458, 459, 467, 493, 494, 500, 613, 616, 702

XIV.    102, 179, 259, 271, 321, 322, 325, 327, 331, 333, 334, 339, 342, 343,

351, 364, 365, 371, 379,

380, 382, 385, 386, 426,

437, 438, 441, 455, 488, 490, 501, 515, 560, 563,

576, 588, 589, 590, 591, 593, 597, 598, 602, 604,

606, 608, 619, 620, 628,

629, 632, 633, 634, 636,

645, 646, 647, 648, 649,

656, 657, 658, 659, 673,

676, 678, 679, 680, 682, 690, 691, 692, 694, 695,

701, 704, 705, 707

XV.    271, 276, 277,278,408, 410, 411, 533, 534, 535, 537, 540, 541, 544, 734, 737, 741, 746, 747, 751, 763, 766, 771, 772, 773, 774, 775

XVI.    271, 276, 277,278,408, 410, 411, 534, 535, 537, 540, 546, 734, 737, 745, 746, 749, 753, 758, 759, 772

XVII.    102, 146, 147, 149,

150, 152, 153, 177, 186,

205, 211, 228, 230, 232,

236, 237, 239, 240, 252, 256, 329, 335, 336, 337, 344, 353, 354, 355, 366,

369, 375, 393, 394, 395,

397, 441, 449, 454, 455,

469, 470, 471, 478, 479,

483, 485, 487, 488, 489, 490, 501, 560, 563, 565,

576, 588, 589, 591, 593, 595, 596, 597, 598, 599, 603, 604, 606, 607, 619,

628, 629, 632, 633, 634,

636, 645, 646, 647, 648,

649, 656, 657, 658, 673,

675, 676, 677, 679, 680,

681, 682, 690, 691, 694, 695, 697, 700, 709, 710, 712, 718, 723

XVIII.    34, 48, 49, 50, 51,

53, 60, 61, 64, 66, 67, 68,

71,72, 75, 76, 77, 78, 103, 133, 134, 139, 140, 141, 144, 148, 149, 151, 154, 180, 181, 182, 183, 185,

197, 202, 203, 206, 207,

229, 230, 231, 233, 234,

235, 237, 238, 241, 246, 247, 250, 258, 260, 266,

336, 354, 357, 367, 369,

394,    396, 397, 420, 454, 472, 473, 475, 476, 477, 481, 484, 491, 498, 499,

555, 556, 559, 568, 569,

570, 579, 580, 582, 583,

586, 659, 660, 665

XIX. 105, 107, 134, 140,

141, 144, 149, 150, 151,

154, 180, 181, 185, 186,

196, 197, 203, 204, 206,

207, 209, 210, 230, 236,

237, 238, 247, 260, 261,

266, 277, 281, 336, 345, 353, 357, 367, 369, 394,

395,    420, 441, 453, 454,

472, 473, 475, 476, 477,

481, 484, 491, 498, 499,

502, 503, 555, 556, 559,

567, 569, 570, 580, 582,

583, 585, 586, 660, 664

Korps (Gruppe) Benigni 613, 614, 615, 616, 617,

618

Korps Czibulka 155, 158,

172,    173,    187,    188,    346,

358,    398,    402,    456,    457,

458,    459,    466,    493,    494,

586, 659 Korps (Gruppe) Hofmann

105,    106,    128,    130,    154,

169,    171,    193,    194,    235,

261,    264,    345,    350,    399,

443,    444,    446,    459,    460,

461,    464,    465,    569,    570,

581,    585,    614,    616,    617

Korps Schmidt-Georgenegg

186, 258, 260, 261 Komb. Korps GdK. Kirchbach 343, 351, 364, 365,

371, 379, 380, 381, 382,

386, 426 Komb.KorpsKrauss 276,277 Gruppe Anton Bellmond 433, 440, 441 Gruppe Goldbach s. Goldbach (Personenverzeichnis)

Gruppe Ljubičič, bezw. Schönburg 263, 265, 346, 358, 359, 361, 401, 402,

444,    456, 457, 458, 459,

467, 493

Gruppe Rónai-Horváth 66,

67, 73    ^

Gruppe Stöger-Steiner, 's. Stöger-Steiner (Personenverzeichnis)

Gruppe Szurmay, s. Szurmay (Personenverzeichnis)

LstGruppe Kletter, s.

Kletter (Personenverzeichnis)

KavKorps Apór 466, 492 KavKorps Berndt 75, 78, 100, 101 KavKorps Hauer 44, 84,

86, 87, 89, 90, 387

II: K. u. k. Infanterie-, k. k.- Schützen (Lst.)-und k. u. Honvéd-d i v i s i o n e n

1.    278, 411, 534, 536, 537, 539, 540, 772, 773

2.    41, 53, 64, 65, 66, 68,

71, 75, 77, 84, 103, 127,

135, 140, 141, 183, 205,

228, 235, 237, 246, 248, 250, 253, 254, 255, 256, 316, 324, 330, 337, 344, 353, 355, 366, 393, 420,

421, 440, 441, 449, 455,

480, 591, 593, 595, 597, 599, 602, 603, 646, 648,

655, 656, 658, 670, 674,

677, 704, 706, 707

3.    59, 69, 78, 178, 179,

267, 317, 322, 324, 325, 327, 328, 331, 339, 351,

356, 365, 380, 385, 432,

437, 441, 455, 560, 591,

593, 594, 597, 598, 602, 605, 658, 673, 675, 676,

677, 680, 681, 692, 694,

695, 705, 707

4.    44, 370, 387, 389, 391,

392, 426, 566, 584, 587,

588, 607, 608, 620, 629, 632, 634, 635, 636, 645,

647, 648, 657, 659, 673,

675, 676, 690, 691, 694,

695, 703, 705, 708, 710

5.    44, 81, 154, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 187, 188, 191, 193, 245, 263,

358, 401, 456, 458, 467,

493, 614, 702

6.    34, 35, 38, 39, 53, 54,

60, 62, 63, 69, 77, 79,


101,    102,    106,    108,    109,

110,    133,    155,    156,    157,

159,    166,    168,    170,    172,

173,    174,    188,    189,    191,

263,    358,    401,    444,    456,

458,    467,    491,    493,    494,

500,    613,    615

7. 105, 107, 109, 126, 135, 144,    207,    249,    259,    277,

357,    368,    369,    396,    445,

446,    459,    461,    468,    495,

499,    556,    557,    560,    567,

569,    579,    580,    584,    627,

660,    665,    666,    705

S. 59, 69, 200, 201, 233,

236,    252,    316,    317,    322,

324,    325,    327,    331,    334,

339,    351,    356,    365,    380,

381,    383,    385,    436,    437,

438,    455,    560,    591,    593,

594,    597,    598,    602,    604,

605,    636,    761,    762,    763,

772, 782

9. 137, 138, 139, 146, 148,

149,    150,    151,    154,    180,

185,    231,    278,    354,    357,

368,    396,    419,    420,    439,

454,    473,    477,    481,    482,

484,    498,    556,    569,    570,

579,    586,    659,    662,    663,

664,    665,    666,    704

10.    35, 53, 54, 60, 62, 68,

70, 79, 80, 100, 137, 200, 211,    316,    317,    321,    325,

326,    327,    330,    334,    338,

339,    343,    371,    382,    427,

428,    429,    455,    471,    483,

488,    490,    501,    564,    565,

591,    593,    594,    597,    598,

599,    602,    603,    604,    605,

628,    632,    635,    636,    645,

648,    657,    658,    673,    675.

676,    677,    679,    680,    688,

690,    691,    705,    707

11.    51,59, 78,102,137,146,

150,    166,    183,    228,    229,

335,    337,    344,    394,    395,

396,    433,    441,    449,    454,

455,    471,    479,    483,    485,

487,    488,    564,    589,    591,

593,    595,    598,    599,    623,

629,    636,    645,    648,    657,

658,    673,    674,    675,    676,

690,    691,    694,    703,    708,

709, 711, 712, 713, 723

12.    44, 75, 77, 80, 81, 82,

83,84, 100,179, 200, 201, 321,    324,    326,    330,    334,

338,    343,    352,    355,    366,

370, 377, 378, 379, 382,

384, 423, 424, 425, 430, 431, 470, 471, 473, 474,

477, 485, 489, 499, 500, 562, 678, 680, 682, 695,

696, 711, 713, 720, 721, 722

13.    Sch. 34, 43, 51, 69, 70, 79, 137, 152, 153, 166, 177, 178, 179, 180, 197, 202, 229, 230, 236, 237,

238, 261, 357, 367, 394,

419, 420, 439, 440, 454,

473, 481, 484, 491, 498,

556,    557, 567, 568, 569,

580, 581, 586, 587, 621, 622, 660, 663, 664, 666,

687, 702, 704, 707

14.    44, 52, 61, 80, 82, 83,

197, 204, 206, 209, 229,

230, 231, 232, 234, 235, 353, 357, 368, 396, 419, 454, 482, 484, 491, 556, 559, 570, 579, 580, 586

15.    69,79,84,178,179,188,

190, 191, 263, 358, 359,

360, 361, 398, 402, 456, 457, 458, 459, 467, 493, 613, 614

16.    45,46,84,387,388,427, 630, 631, 63S, 639, 641,

642, 653, 654, 683, 684, 698, 700, 709, 713, 714,

719, 723

17.    39, 48, 54, 61, 62, 65,

71, 128, 141, 235, 252, 337, 344, 366, 523, 525, 526, 527, 528, 529, 530,

531, 744, 746, 748, 750,

751, 752, 756, 759, 761, 763, 764

18.    278, 535, 537, 538, 542, 734

19.    102, 107, 128, 130, 166,

169, 190, 193, 195, 399,

400, 442, 464, 468, 469,

557,    558, 559, 581, 582, 583

20.    H. 35, 39, 48, 52, 54, 61,65, 71, 127, 148, 197, 202, 234, 235, 252, 256, 335, 337, 344, 366, 523,

524, 526', 527, 528, 531,

533, 737, 743, 746, 748, 749, 750, 751, 752, 756, 759, 763

21.    Sch. 137, 138, 139, 146,

147, 148, 149, 150, 151,

153, 177, 183, 197, 228,

230, 232, 246, 248, 250,

253,    254, 255, 256, 278, 316, 322, 324, 326, 330, 335, 337, 344, 350, 364,

381, 383, 386, 390, 426, 427, 441, 455, 501, 565, 591, 593, 594, 597, 598, 599, 602, 603, 632, 634,

635, 637, 647, 650, 656,

657,    659, 673, 674, 675,

676, 677, 680, 692, 694,

695, 705, 707

22.    Sch. 60, 127, 128, 151,

211, 228, 230, 232, 252,

316, 326, 335, 360, 398,

487, 702

23.    H. 214, 215

24.    41, 53, 61, 64, 65, 66, 68, 69, 71, 72, 75, 76, 77, 84, 103,127, 135, 140,

183, 206, 229, 231, 232,

237, 246, 248, 249, 253,

254,    255, 256, 316, 324,

329, 330, 335, 337, 343, 344, 352, 355, 379, 393, 433, 434, 440, 455, 480,

4S3, 591, 593, 595, 597, 599, 601, 602, 603, 633,

635, 637, 646, 647, 648, 650, 655, 656, 658, 670,

674, 677, 704, 705, 706, 707

25.    44, 82, 83, 370, 371,

387, 389, 390, 391, 426, 564, 584, 587, 588, 622,

626, 627, 660, 661, 704

26.    Sch. 35, 38, 39, 43, 53,

54, 62, 79, 137, 152, 166,

177, 178, 200, 230, 232,

234, 266, 329, 335, 337, 344, 354, 394, 395, 396,

441, 449, 455, 469, 470,

471, 479, 483, 490, 563,

589, 590, 591, 593, 598,

599, 602, 603, 606, 628, 632, 633, 634, 635, 636,

658,    673, 675, 676, 677,

6S0, 688, 691, 705, 707

27.    44, 45, 84, 85, 86, 87,

88, 90,180, 185,197, 202,

229, 230, 232, 234, 235,

236, 237, 357, 367, 369,

395, 396, 419, 420, 439, 440, 441, 454, 473, 491,

556, 560, 567, 569, 570,

580, 581, 586

2S. 60, 63, 76, 100, 101,

127, 137, 228, 233, 252, 256, 329, 335, 614, 702


29.    105, 107, 127, 129, 134,

135, 148, 151, 185, 204,

206, 230, 237, 251, 255, 258, 260, 277, 336, 345,

353, 357, 367, 397, 420,

454, 473, 481, 484, 491,

498, 502, 556, 567, 568,

580,    586

30.    51, 59, 78, 102, 179, 188, 190, 191, 192, 243,

244, 347, 458, 459, 466, 614

31.    84, 85, 86, 180, 182,

185, 197, 202, 209, 210,

229,    357, 367, 397, 420,

440, 454, 473, 491, 556,

557, 567, 568, 569, 580,

581,    5S6, 660, 663, 664

32.    84, 85, 86, 87, 88, 89,

180, 182, 197, 202, 203,

230,    235, 236, 237, 238,

247, 357, 367, 397, 420,

421, 440, 454, 556, 560,

567, 570, 580, 581, 659,

660, 663, 664, 665

33.    44, 81, 82, 83, 84, 99, 102, 107, 127, 133, 151,

230,    231, 233, 237, 247,

250, 251, 258, 259, 354,

356,    368, 397, 419, 454,

482, 484, 491, 556, 559,

569, 570, 579, 580, 586

34.    76, 77, 103, 127, 148,

151, 183, 206, 229, 230,

231,    232, 236, 237, 251, 253, 254, 255, 258, 261,

266, 336, 345, 353, 357, 367, 397, 420, 441, 454,

481, 4S4, 491, 498, 499, 556, 568, 580, 586

35.    46, 84, 86, 88, 89, 90,

388, 630, 63S, 639, 641,

642, 653, 654, 683, 684,

698, 700, 719

36.    105, 110, 155, 168, 172, 174, 187, 188, 191, 277,

358, 396, 401, 446, 456, 457, 458, 459, 467, 493, 613, 614, 615, 617

37.    H. 44, 81, 83, 84, 99, 102, 107, 127, 133, 151,

229, 230, 237, 238, 247,

258, 260, 264, 265, 354,

357,    364, 368, 381, 383,

386, 390, 426, 455, 569,

591, 595, 597, 599, 603, 632, 633, 646, 648, 655,

656, 658, 674, 676, 682,

691, 694, 698, 703, 708,

709, 711, 712, 713, 714, 718, 723

38.    H. 35, 38, 39, 42, 53,

62, 79, 151, 166, 180,

184, 185, 207, 235, 238,

242,    247, 249, 251, 260, 261, 264, 368, 442, 445, 446, 460, 463, 464, 468,

469, 494, 495, 557, 559,

568, 582, 584

39.    H. 37, 40, 59, 60, 70,

79,84, 179,200,211,321,

324, 326, 334, 338, 343,

352, 355, 366, 377, 378,

382, 384, 423, 424, 425,

430, 431, 436, 471, 473, 474, 477, 485, 4S9, 499, 562, 678, 680, 682, 695,

696, 711, 713, 720, 721, 722

40.    H. 105, 107, 126, 238, 249, 264, 277, 357, 368,

369, 442, 445, 446, 459,

460, 461, 463, 464, 465,

468, 494, 495, 499, 556,

567, 568, 569, 570, 579,

581, 582, 584, 660, 661,

665, 666, 687, 705

41.    H. 151, 166, 180, 185,

186, 196, 204, 206, 207,

230, 237, 23S, 246, 260, 261, 266, 353, 357, 364,

381, 389, 390, 391, 392, 426, 455, 501, 563, 564, 5S9, 591, 593, 595, 597,

598, 599, 602, 603, 605,

607, 620, 632, 658, 673,

675, 676, 681, 690, 691,

694, 703, 708, 710, 711,

712, 713, 723

42.    H. 105, 110, 155, 156

157, 159, 168, 170, 172,

173, 174, 189, 190, 191,

243,    244, 277, 346, 358,

359, 360, 398, 458, 468,

492, 500, 572

43.    Sch. 51, 102, 103, 127, 133, 134, 141, 143, 197,

202, 206, 236, 237, 258,

266, 353, 357, 420, 440,

454, 473, 491, 499, 502,

556, 567, 570, 580, 581,

586, 587, 663, 664

44.    Sch. 127, 133, 134, 258,

354, 357, 368, 396, 420,

422, 449, 454, 477, 531,

546, 735, 737, 738, 743,

763, 764, 771, 774, 775, 776, 777, 779, 780

45.    Sch. 34, 40, 59, 60, 68, 79, 102, 135, 137, 146,

150, 166, 177, 183, 186,

197, 202, 211, 234, 235,

248, 250, 254, 255, 256,

316, 322, 324, 330, 335,

337, 343, 344, 352, 355,

393, 396, 433, 434, 440,

455, 479, 483, 487, 488,

564, 589, 591, 592, 593,

595, 597, 599, 605, 648,

657, 658, 673, 675, 676,

677, 680, 681, 682, 691,

695, 703, 705, 708, 710

46.    Sch. 44, 81, 83, 342,

370, 379, 387, 389, 390, 391, 426, 427, 449, 566,

584, 587, 5S8, 600, 621, 622, 626, 627, 660, 661, 662, 704

48. 278, 408, 411, 535, 537,

543, 544, 546, 734, 735, 737, 741, 742, 744, 746,

763,    764, 769, 779

50.    278, 411, 533, 534, 535,

536.    537, 539, 540, 544,

772, 773

51.    H. 179, 200, 258, 259, 261, 353, 357, 367, 396,

397, 420, 440, 454, 465,

468, 469, 492, 494, 495,

498, 556, 559, 569, 570, 579, 580, 582, 583, 586

52.    66, 155, 156

54.    73, 105, 155, 191

55.    67, 73, 130, 345, 460,

468, 570, 581, 585, 614,

616, 618

56.    35, 39, 75, 77, 103, 104

57.    27S, 403, 412, 524, 531,

534,    536,    537,    542,    543,

545,    546,    746,    752,    757,

759, 763

58.    278, 308, 411, 535, 536,

537,    542, 734, 753, 763

59.    278, 308, 408, 750, 752,

753, 763

61.    408, 741, 743, 746, 748, 749, 751, 752, 756, 757, 759, 763

62.    591, 598, 603, 60S, 646,

648,    649,    658,    674,    676,

680,    687,    701,    703,    704,

705, 707

70. H. 551

90.    296, 411

91.    296, 411, 518

92.    296, 411, 523, 524, 540,

764,    768, 777, 779


93.    296, 412, 534, 536, 537,

538, 543, 546, 739, 746, 748, 749, 750, 751, 752, 757, 759, 762, 763

94.    296, 412, 534, 537, 538, 734 746

106. Lst. 43, 81, 82, 83, 84,

102, 179, 1S8, 317, 321,

325, 327, 331, 334, 339, 343, 356, 380, 385, 437,

438, 441, 455, 471, 483,

488, 565, 591, 593, 594,

597, 598, 599, 601, 602, 603, 604, 606, 608, 620, 632, 634, 655, 658, 673, 682, 691, 694, 703, 708,

^ 709, 711, 712, 713, 723 Komb. ID. Goiginger 278 Komb. HID. Kornhaber 35,

38, 42, 53, 60, 79, 179 Komb. Martiny 235, 236,

237, 238    '

ID. Pustertal 520, 769 Siebenbürger GendTD. 551

III: K. u. k. Kavallerie-, k. u. Honvédkavallerie-divisionen

100, 101, 106, 110, 135,

157, 159, 168, 172, 173,

174, 187, 188, 190, 191,

358, 359, 360, 398, 458,

459, 466, 468, 492, 493, 614

6. 34, 37, 50, 59, 63, 70,

79, 100, 188, 190, 192,

243, 245, 360, 398, 458, 466, 468, 492, 493, 494,

613, 614

7.87,88,90,195,    391,    565,

566,    588,    601,    630,    637,

638,    639,    641,    642,    643,

644,    683,    684,    698,    699,

700, 703, 706, 720

8.    35, 39, 72, 75, 77, 103,

104,    229,    242,    243,    263,

346,    358,    359,    360,    361,

398,    457,    459,    467,    468,

492,    493, 613, 614

9.    45,    85, 86, 87, 88,    427,

630,    638,    639,    641,    642,

644,    683,    684,    697,    698,

699, 700, 715, 723

10.    37, 39, 40, 43, 48, 52,

53,54,61, 65, 66, 6S, 71, 75,    100,    101,    110,    157,

159,    168,    169,    170,    171,

174,    187,    188,    190,    191,

193,    243,    360,    361,    398,

457,    459,    466,    468,    492,

493,    613, 615

11.H.    37, 50, 51, 54, 60,

70,    75, 100,    101,    135,

137,    236,    317,    322,    343,

351,    365,    371,    379,    380,

423,    430,    436,    438,    455,

480,    4S2,    485,    487,    499,

503,    562,    621,    622,    628,

632,    636,    649,    650,    656,

658,    662,    666,    704,    706,

720

IV: K. u. k. Infanterie-, k. k. Schützen-, k.u.Honvédinfanterie-, k.u.k., k. u. Gebirgs-, k.u.k. Marsch-, k.u.k. Halbbrigaden

5. 605

7. 322

9. 244, 346, 494, 613

12.    500, 613, 614

13.    158

14.    463, 567

16. 188, 189, 191, 244, 263, 346 21. 395, 396

23.    75,81,82, 83, 321,423,

424, 425

24.    82, 83, 378, 382, 423,

424, 425

26.    Sch. 556, 560

27.    484, 490

28.    484

31.    317, 364, 365

32.    683, 684

33.    529, 530, 748, 756, 759

34.    527, 530

37.    69

38.    69, 70

39.    H. 528

40.    H. 438, 490, 563

41.    Sch. 147, 148, 483, 488

43.    Sch. 62, 63, 70, 77, 79,

80, 100, 101, 102, 107, 166

44.    Sch. 35, 76, 100

47.    64

48.    434

57.    528

58.    762, 763, 772

59.    440, 441

60.    188

65.    260

66.    126, 127, 142, 197, 202, 259

71.    126, 127, 462, 463, 569

72.    158

74.    H. 483, 488

75. H. 130, 131, 133, 151,

153, 154, 584

77. H. 425

79. H. 570, 581

81.    H. 528, 539, 540, 541, 749

82.    H. 58, 69

86.    Sch. 34, 49, 50, 51, 59,

60, 70, 102, 107, 166,

396, 441

87.    Sch. 775, 776

88.    KSch. 59, 63, 102, 188,

192, 398, 761, 763

96. 761, 762

128.    H. 235, 240, 241, 247,

251, 253, 254, 258, 260,

446, 459, 461, 463, 464,

465, 495, 499, 556, 567,

568, 570, 580, 582, 587

129.    169, 399

130.    169, 399, 460

131.    67, 130, 169, 399, 400, 444

179.    520, 521

180.    519, 520, 784

181.    518


183.    523,524,525,527,529, 531

184.    523, 524, 528

185.    736, 762

187. 734, 746

201.    H. 441

202.    H. 551, 614

1.    Gb. 542, 543, 544, 734, 737

2.    Gb. 536, 739, 746, 748,

752, 759, 761

3.    Gb. 536, 539, 540, 754, 755, 771, 779

4.    Gb. 278

5.    Gb. 278, 542

6.    Gb. 278, 536, 739, 746,

748, 759

7.    Gb. 539

8.    Gb. 539, 540, 772, 773,

778

9.    Gb. 752, 756, 757, 759

10.    Gb. 281, 408, 741, 742, 746, 759, 763

11.    Gb. 546, 735, 737, 764, 768

12.    Gb. 546, 746, 748, 750, 751, 752, 756, 757, 759,

763,    764, 769, 779

13.    Gb. 544

14.    Gb. 348, 743, 746, 748,

751, 755, 756, 758, 759,

761

15.    Gb. 536, 539, 771

16.    HGb. 408, 743, 746

18. Gb. 278, 753, 757, 758,

759

51. Gb. 521, 782

55.    Gb. 520

56.    Gb. 411, 520, 527, 780

57.    Gb. 527, 529, 530, 531,

779

58.    Gb. 543

59.    Gb. 386, 410, 411, 523,

524, 526, 527, 529, 530,

764,    779

60.    Gb. 536, 537, 734

16. Ma. 734, 736, 740 Komb. Obst. Bolzano 137,

138, 139, 140, 144, 147,

151, 191, 226, 229, 242, 335, 350, 399, 444, 460,

557, 558, 581, 585, 614,

617, 618 Komb. Obst. Fischer 236 Komb. Obstlt. Papp 398,

459, 468, 572 Komb. GM. Reymann 49,51, 59

Komb. GM. Szende 317,

338, 383, 386, 427, 428, 429, 455, 483, 488, 501 Komb. Obst. Wieden 291 Gruppe Obst. Rehwald, s. Rehwald (Personenverzeichnis)

50.    Ha. 518

51.    Ha. 519, 521

52.    Ha. 520, 784

53.    Ha. 517

54.    Ha. 517, 786

57. Ha. 523, 524

V: K. k. und k. u. Landsturminfanterie-(Gebirgs-, Territorial-) brigaden

K. k. 1. 37, 43, 83,138,139, 140,    144,    146,    147,    150,

226,    228,    229,    232,    234,

236,    242,    252,    256,    335,

337,    394,    419,    440,    441,

449,    454,    473,    484,    498,

556,    570,    579,    580,    586,

659, 666 K. u. 16. Gb. 746, 748, 757,

759, 763 K. u. 19. Gb. 743, 750, 757, 758

K. k. 35. 37, 43, 83 K. u.104. 277 K. k. 108. 216 K. u. 109. 280, 408 K. k. 110. 44, 80, 83 K. k. 112. 290 K. u. 126. 158 K. u. 128. 104, 235, 249 K. k. 205. 551 K. k. Obst. Köckh 83 K. k. 2. Ma. 291 K. k. Terr. 5. 291 K. k. Terr. 6. 277 K. k. Terr. 11. 35,38,42,48, 53

K. k. Terr. 12. 106,128,246, 399

VI: Kavalleriebrigaden

I.    644

3. 426, 428, 436, 455, 483,

598, 599, 603

5. 63

9. 639, 643

II.    637

16. 370, 387, 426, 427, 566

18. 335

19. H. 191, 243, 244, 346, 492

21. 335

l.LstHus. 104, 231, 235,

335, 337, 369, 393, 433, 449, 503, 556, 579, 582,

586, 664

VII: K. u. k., k. k. und k. u. Fußtruppen

IR. 1. 81, 401 IR. 3. 470 IR. 4. 389, 627 IR. 5. 346 IR. 7. 615 IR. 8. 391 IR. 9. 434 IR. 11. 582 IR. 13. 244, 346, 585 IR. 14. 333, 334, 385, 437,

441, 602, 605 X. MaBaon. 14. 522, 527 IR. 16. 188, 614, 616 IR. 17. 174 IR. 21. 602, 605 IR. 23. 84, 664 IR. 27. 35, 399, 768, 779, IR. 28. 176, 200, 232, 236

252, 428, 508 IR. 29. 513 RBaon. 29. 291 IR. 34. 502 IR. 36. 201, 428, 429 IR. 37. 469, 513

II. Baon. 37. 527

IV. Baon. 37. 773 RBaon. 37. 291 IR. 38. 740 IR. 39. 252, 527 IR. 40. 65 IR. 43. 528, 779 IR. 45. 434 IR. 46. 529, 531, 742 IR. 47. 233, 456 IR. 50. 653

IV. Baon. 53. 741 IR. 55. 454 IR. 56. 321, 470 IR. 57. 382, 477 IR. 59. 236, 322, 437, 441, 781, 783 IR. 62. 317 IR. 63. 454, 477, 489 IR. 68. 211 IR. 69. 210 IR. 72. 664 IR. 73. 473 IR. 76. 204, 207


IR. 80. 259

IR. 81. 49, 137, 229, 237,

255, 335, 350 IR. 82. 317, 386, 426, 427, 428 IR. 83. 250 IR. 84. 388, 389 IR. 87. 236

IR.8S. 137, 229, 255, 335, 350

IR. 93. 244, 346

IR. 96. 750

IV. Baon. 96. 346

IR.97. 614

IR. 101. 253    .

IR. 102. 482, 580 KJR. 1. 200, 322, 331, 365,

637, 758, 762, 772 KJR. 2. 322, 328, 438, 605,

636, 761, 762, 772 KJR. 3. 322, 331, 436, 437,

605, 636, 761, 762 KJR. 4. 179, 200, 232, 236,

252, 322, 331, 637, 751,

752, 755, 757, 759, 762 FJB. 1. 346 FJB. 8. 346 FJB. 9. 346, 768 FJB.11. 83 FJB. 13. 346 FJB. 14. 346 FJB.16. 346 FJB. 18. 346 FJB. 19. 83 FJB. 21. 461 FJB.25. 661 FJB.27. 346 FJB. 30. 200 bh. 1. 49, 102 bh.2. 174 SchR. 1. 502 SchR. 3. 398, 779 SchR. 5. 51, 71, 75, 100,

101, 290, 447 SchR. 6. 230, 386, 426

SchR. 7. 157, 436, 437, 480

SchR. 9. 234, 236, 252, 606

SchR. 10. 230

SchR. 12. 232

SchR. 15. 627

SchR. 20. 143

SchR. 21. 142, 775, 778

SchR. 24. 206, 419, 502

SchR. 30. 236

SchR. 31. 370, 626

SchR. 32. 626

KSchR.I. 347, 751, 752,

755, 757, 759, 762 KSchR.II. 758, 763 KSchR. III. 761, 763, 781 GbSchR. 1. 399, 446, 533,

754, 769, 775

IX. MaBaon. GbSch. 1. 531 GbSchR. 2. 769, 777 HIR. 1. 742 HIR. 3. 533 HIR. 4. 528 HIR. 6. 477 HIR. 17. 531, 742 HIR. 30. 240, 254 K. k. LstIR. 1. 580 K. k. LstlR. 2. 580 K. k. LstlR. 27. 289, 291 K. k. LstlR. 33. 212 TLst. IR. 289, 291, 292

III. Baon. k. u. LstlR. 1.757

II.    Baon. k. u. LstlR. 3. 757 I. Baon. k. u. LstlR. 4. 757

I. Baon. k. u. LstlR. 6. 757 K. u. LstlR. 9. 212

III.Baon.k.u.    LstlR. 12.757 K. u. LstlR. 16. 212 K.k.LstlBaon. 152. 535,542 K. k. LstMaBaon. 10. 526,

530, 531

VIII: K. u. k. Kavallerie

DR. 3. 615 UR. 13. 252

IX: K. u. k. Artillerie Fs AR. 1. 385

X:Tcchnische Truppen

Pioniergruppe Mischek 588,

641, 642, 655 Pionierkomp. 3/9 642

XI: Sonstiges

Militärkmdo. Graz 291 Militärkmdo.Hermannstadt

105,    412, 457, 551 Militärkmdo. Innsbruck 291 Militärkmdo.Temesvár 551 Siebenbürg. GendBaon. 105,

106

Freiw. SchFormationen aus Krain, Küstenland, Oberösterreich, Salzburg und Steiermark 765, 785, 786 Kärntner Freiw. Sch. 524, 765

Polnische Legion Durski

106, 632, 633, 637, 658,

676, 682, 691, 703, 713, 718, 723

Polnische Legion Piłsudski

52, 59

1.    Brig. d. Poln. Legion 387,

426, 587, 588, 603, 632

2.    Brig. d. Poln. Legion 360,

398, 459, 468, 492, 500

Brig. Grzesicki (3.) d. Poln.

Legion 619, 632 StandschBaon.Innsbruck784 StandschBaon. Kufstein 785 StandschBaon. Lienz 527 Triestiner JungschBaon. 292 Kriegsflotte 535 Donauflottille 278


Verzeichnis der deutschen Truppenverbände

I: Armeekorps

G. 316, 321, 323, 324, 325,

326,    327,    330,    334,    338,

343,    352,    355,    366,    370,

375,    376,    377,    378,    379,

382,    384,    422,    423,    424,

425,    430,    431,    436,    454,

455,    471,    474,    475,    476,

477,    478,    482,    485,    489,

490,    499,    561,    562,    564,

576,    588,    589,    590,    592,

594,    595,    621,    622,    623,

624,    636,    637,    645,    649,

656, 657, 658, 659, 674,

694, 696, 708, 709, 712, 718, 722

X. 316, 317, 318, 321, 375,

378, 382, 385, 423, 425, 429, 431, 432, 436, 437,


454, 471, 474, 475, 478, 480, 482, 485, 487, 489, 490, 561, 562, 564, 576,


577, 581, 588, 589, 593,

595, 598, 601, 606, 607,

623, 624, 629, 635, 636,

637, 649, 656, 657, 673, 674, 677, 680, 687, 688,

690, 696, 701

XXI.    98

Alpenkorps 408, 411, 514,

515, 516, 521, 781, 782

Beskidenkorps 235,238,239, 240, 241, 242, 245, 246, 247, 253, 255, 256, 298, 309, 329, 335, 336, 344,

357, 366, 367, 369, 375,

394, 395, 396, 397, 419,

420, 421, 440, 441, 449,

453, 454, 472, 473, 477,

482, 484, 490, 491, 498,

499, 502, 503, 552, 556,

557, 559, 560, 561, 562,

565, 568, 576, 577, 579,

584, 585, 588, 590, 600,

620, 621, 625, 637, 647,

649, 650, 656, 659, 678,

679, 680, 692, 693, 695,

696,    708, 710, 713, 720, 722

Korps Gallwitz 44, 45, 84,

86, 87, 89, 90

Korps Kneußl 565, 576,

577, 588, 594

Komb. Behr, s. Behr (Personenverzeichnis)

Komb. Bothmer, s. Bothmer (Personenverzeichnis)

Komb.Emmich, bzw.Kneußl 321, 324, 325, 326, 330,

333, 334, 338, 343, 344,

352, 366, 370, 375, 376,

378 . .

Komb. Stein, s. Stein (Personenverzeichnis)

X. R. 557, 558, 559, 568,

569, 570, 581, 582, 583,

592, 600, 621, 624, 636,

637, 656, 657, 674, 680, 6S2, 687, 689, 690, 691,

692, 693, 694, 695, 696,

697,    708, 709, 711, 712, 717, 718, 722

XXII.    R. 449, 454, 455, 471, 474, 475, 476, 478, 482,

4S5, 486, 490, 499, 561,

562, 564, 576, 577, 588,

5S9, 590, 592, 594, 595,

59S, 601, 621, 622, 624,

636,    637,    649,    656,    657,

674,    690,    692,    695,    697,

708,    709,    710,    711,    712,

713,    718,    722

XXIV.    R. 107, 128, 129,

130,    154,    169,    170,    171,

173,    192,    193,    195,    245,

246,    261,    264,    399,    400,

442,    443,    459,    460,    463,

464,    466,    558,    568,    570,

581,    585,    600,    621,    625,

637,    647,    649,    650,    656,

659,    678,    679,    682,    692,

693,    701,    710,    719,    722

XXV.    R. 698, 699

XXXX.    R. 699

XXXXI.    R. 316, 319, 320, 321, 325, 330, 333, 334, 343, 355, 366, 370, 375,

376, 377, 378, 382, 383,

384, 409, 422, 423, 425,

429, 430, 454, 470, 473, 474, 475, 477, 482, 485,

489, 490, 491, 498, 499,

502, 550, 561, 562, 574,

577, 590, 600, 612, 621,

622, 625, 626, 627, 628,

632, 636, 646, 647, 649,

650, 656, 658, 659, 660,

661,    662, 678, 679, 682, 692, 710, 719, 722

LKorps 86, 89, 112, 195,

387, 389, 390, 391, 630,

631, 637, 638, 639, 641,

642, 643, 644, 683, 684,

698, 714, 715, 719, 723 Korps Graudenz 57, 90, 99 Korps Posen 86, 87, 88 KavKorps Frommei 45, 85

86,    87, 88, 90, 683, 684,

685, 697, 698, 699

KavKorps Heydebreck 622,

625, 626, 627, 628. 660,

662,    665, 666, 688^ 701,

702, 703, 704, 705, 706,

720, 722

KavKorps Richthofen 86,

87,    88, 90

Gruppe (Korps) Marschall

358, 360, 361, 398, 458

II: Infanterie-, Kavalleriedivisionen

1.    G. 379, 382, 384, 423, 474, 678, 681, 692, 694

2.    G. 377, 378, 382, 423,

474, 478, 623, 682, 692, 694

3. G. 107, 109, 131, 132,

133, 138, 150, 154, 169,

170, 171, 184, 185, 193,

194, 261, 368, 442, 445,

446, 460, 461, 463, 464,

465, 557, 558, 568, 700

1.1.107, 130, 131, 132, 133,

154, 169, 170, 171, 192,

193,    194, 261, 264, 368,

399, 409, 442, 445, 460,

461, 462, 464, 557, 558,

559, 568, 600, 621, 625, 647, 650, 656, 659, 678,

682, 689, 696, 710, 719, 722

3.1.171

4.1.    169, 170, 171, 190, 193,

194,    198, 235, 246, 253, • 255, 256, 329, 440, 472,

650, 679, 695

19.1.    316, 334, 338, 343,

352, 355, 375, 376, 379, 380, 382, 384, 386, 422,

426, 427, 429, 430, 475,

478, 623, 636, 648, 677

20.1.    316, 321, 330, 338,

352, 354, 355, 375, 377,

379, 380, 382, 384, 424,

425, 475, 478, 622, 656, 678

22.1.    442, 449, 455, 469,

470, 479, 483, 488, 490,

499, 562, 564, 590, 621,

623,    624, 637, 674, 681,

688, 696, 710, 719, 722

56.1.    348, 355, 375, 377,

382, 384, 385, 425, 428,

454, 478, 482, 483, 485, 487, 550, 561, 563

101.1.    412, 468, 494, 557,

624,    678, 682, 695, 709,

711, 712

103.1.    412, 550, 604, 607, 622, 626, 628, 632, 637,

649, 660, 662, 666, 678, 692, 696, 708, 709, 712

105.1.    412, 468, 494, 557,

624, 625, 656, 682, 690,

695,    708, 709, 711, 712

107.1.    449, 454, 563, 565,

577, 600, 621, 679, 695,

696,    710, 722

119.1.    316, 320, 321, 326, 330, 337, 338, 352, 354,

366, 375, 378, 3S2, 393,

423, 424, 425, 430, 454,

469, 470, 471, 479, 489,

563, 565, 590, 606, 607,

621, 623, 636, 637, 656,


657, 677, 678, 6S1, 689,

692, 694, 696, 708, 709,

710, 722

ll.bayr. I. 316, 318, 320,

321, 324, 326, 330, 335,

352, 354, 355, 366, 375,

378, 3S2, 384, 392, 423,

424, 425, 430, 431, 433,

435, 436, 439, 440, 455,

475, 489, 562, 564, 565,

600, 621, 679, 696, 710, 722

1. GR. 44, 45, 46, 85

5. R. 715

25. R. 235, 253, 254, 255,

336, 395, 440, 472, 679, 720

35. R. 84, 86, 235, 253, 254,

255, 440, 472, 679

43.    R. 678, 681, 690, 697,

710, 711, 720, 722

44.    R. 590, 677, 680, 682,

697, 710, 711, 712, 718

47. R. 37, 49, 59, 69, 101,

305, 317, 322, 325, 328,

330, 333, 339, 342, 343, 351, 356, 365, 381, 383,

386, 426, 438, 455, 591,

598, 599, 603, 607, 633,

646, 648, 649, 656, 658,

673, 674, 676, 680, 686,

687, 690, 692, 695, 697,

708, 709, 711, 712

48. R. 107, 128, 130, 442,

460, 464, 465, 495, 557,

568, 570, 582, 614, 700

81.    R. 321, 324, 326, 334, 343, 352, 378, 382, 424,

429, 430, 431, 625, 678, 696

82.    R. 320, 324, 326, 334, 343, 352, 370, 382, 424,

425, 429, 430, 431, 436,

439, 626, 627, 661, 678,

679, 6S2, 692, 696

8. bayr. R. 449, 455, 475,

478, 482, 485, 487, 488,

550, 561, 563

3.    L. 371, 565,566,604,630

4.    L. 371, 630, 719

Div. Bredow 82, 83,89, 112, 196, 371, 387, 388, 389,

390, 391, 565, 566, 587,

630, 641, 642, 644, 684, 719

Div. Menges 85, 388

GKav. 621, 623, 636, 649,

656, 674, 677, 680, 690,

701, 708, 709, 711

5.    Kav. 87, 107, 169, 170,

171, 188, 190, 191, 243,

359, 398, 458, 463, 464,

465, 467, 581, 582, 583,

585, 600, 622, 662, 665,

666, 700, 701, 703, 704,

706, 720

6.    Kav. 86, 87, 88

8.    Kav. 87

9.    Kav. 86, 87, 638, 639,

643, 644, 683, 715

III: Infanterie-, Kavalleriebrigaden

209.1. 130, 154 1. bayr. Jg. 782 50. R. 253

Brig. Reuter, s. Reuter (Personenverzeichnis)

22. L. 644

9. Kav. 358

LKav. 630, 637, 639, 642,

644, 683

IV: Fußtruppen bayr. ILeibR. 781, 784


Druckfehlerverzeichnis

Seite 117,

20. Zeile

von

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oben: 39. HID. statt 39. ID. unten: Nachitschewanski statt Nachiczewanski Fußnote i): KJR. 1 statt TKJR. 3 „    2): v. Kalm statt Tile

unten: Armeeoberkommandant statt Armeekomn „ k.u.k. VI. Korps statt k.u.k. Korps oben: IX. Korps statt X. Korps unten: Stellung statt Stallung

„ beidemal Łączkij Brzeskie statt Łączkij „    47. statt 47

oben: 17. statt 1.

„ GLt. statt GM. unten: 35. statt 43. oben: Soča statt Soca


Beilage 14,    Seite    16,    14.    Zeile    von    unten:    Gdl. statt GdK.

14,    „    25,    17.    „    „    oben:    Vogelhuber statt Voglhuber

14,    „    27,    18.    „    „    „    k. u. LstlR. statt HIR.

15: Wisłok statt Wisłoka 29: Żurów statt Żurków 29: Strzeliska Nowe statt Strzeliska Nowa

1

)    Beim Rückzug an den Dunajec und in die Karpathen waren bis Ende September 4600 km Bahn mit 800 geräumten Stationen und zerstörten Objekten dem Feinde überlassen worden. Beim Vormarsch mußten die Teile bis an den San (1100 km) unter dem Drange der Zeit und getrieben von der Not der Front wiederhergestellt werden. Das Nachfolgen des Vollbahnbetriebes bestimmte beim Vormarsch wesentlich die Güte der Truppenversorgung.

2

2)    Vgl. Bd. I, 34.

3

)    Reichsarchiv, VI, 310.

4

2)    C o n r a d, V, 809 und 817 ff.

5

)    In ihrer Begleitung befanden sich GLt. v.Freytag-Loringhoven, der deutsche Obst. Tappen (Chef der Operationsabteilung der DOHL.) und der k.u.k. Obstlt. Kundmann.

6

) C o n r a d, V, 913 ff. Der Oberbefehlshaber Ost hatte am 26. gemeint, ein öst.-ung. Korps könne, wenn die Front in Galizien bloß gehalten würde, nach Mława transportiert werden.

7

") Ebenda, V, 928 f.

8

3) Ebenda, V, 942.

9

)    In diesen arbeitsreichen Tagen herrschten große Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Führer der Armeegruppe und seinem Generalstabschef, die zu einer Verwahrung Pflanzer-Baltins beim AOK. führten. Dieses bezeichnete selbstverständlich bei auseinandergehenden Anschauungen über den Operationsplan den Willen des Kommandanten als ausschlaggebend.

10

)    Für den Teil des Heeresbefehles, der sich auf den Raum nördlich von der Weichsel bezieht, vgl. Beilage 4.

11

Nach den Angaben des GM. Pitreich in seinem wiederholt erwähnten Schreiben.

12

) Zwei Bataillone traten zur 3. GID.; zwei Bataillone der Spitzenstaffel hatte Hofmann am 20. bei der Ausladung in Volovec abgefangen und mit Fuhrwerken auf sein Gefechtsfeld gezogen. Das AOK. billigte nachträglich diese Überschreitung der Befugnisse seitens des hervorragend tüchtigen Führers, dessen Bitten um Verstärkung bisher ungehört geblieben waren.

13

   Serb. Gstb. W., VIII, 42f.

14

   Ebenda, VIII, 61.

15

   Ebenda, VIII, 51.

16

4)    Ebenda, VIII, 78. — Auch die Westmächte waren bestrebt, zur Eröffnung einer von Saloniki durch Serbien nach Rußland führenden Landverbindung das ihrige beizutragen. Aber der Versuch, mit Hilfe von Venizelos Griechenland zum Verlassen seiner Neutralität zu bewegen, scheiterte noch an der Widerstandskraft des Königs Konstantin.

17

)    Schwarte, Der Große Krieg 1914—1918; Die Organisation der Kriegführung (Leipzig 1921), I, 18 f.

18

)    Z w e h 1, Erich v. Falkenhayn (Berlin 1926), 129 f.; Alberti, L’azione mili-tare italiana nella guerra mondiale (Rom 1924), 71 ff.

19

Gruppe GM. Weiss: 9. IBrig. (IR. 13 und 93); FJB. 8, 9 und 16. Gruppe Obst. Kuhn: IR. 5. Gruppe Obst. Köckh: IV/96, 16. IBrig. (FJB. 14 und 18). Korpsreserve: FJB. 1, 13 und 27.

20

) Vgl. vor allem die Schrift Grischinskij, Das Angriffsmanöver des XXV. Korps im Mai 1915 (Wojenno istoritscheski sbornik, II. Teil); dann auch H o e n, Waldstätten-Zipperer und Seifert, Die Deutschmeister (Wien 1928), 380 ff und Michel und Wohl, Das Vierundachtziger Buch (Wien 1919), S7ff.

21

In einem vom 15. datierten Schreiben vertrat Conrad gegenüber dem Minister

22

durch die Grafschaft Glatz und einen Grenzstreifen in Schlesien zu entschädigen.

23

GM. Rudolf Ritter Metz von Spondalunga, Kommandant der 23. IBrig., erhielt für seine Leistungen im Maifeldzuge das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens. Die gleiche Auszeichnung wurde dem Artilleriebrigadier der 12. ID., Oberst Ludwig Riedl, für seine Tätigkeit in der Schlacht bei Gorlice und während der Verfolgungskämpfe bis zum 17. Mai zuteil.

24

Von den sechs Bataillonen des Regiments war je eines beim XIV. und beim IX. Korps eingesetzt.

25

   Die Ziele für das VI. Korps und die Garde waren in den Befehlen vom 26. abends etwas weiter gegen Osten vorverlegt, wurden aber dann im Laufe des 27., wohl unter dem Eindrücke des russischen Gegenangriffes gegen die inneren Flügel der 11. und der 4. Armee, näher gesteckt.

26

2)    Boncz-Brujewitsch, II, 170ff.; Nesnamow, 49 ff.; Zajontsc Ilkowski j, 302 ff.; Danilow, 484 ff.

27

Als die höheren Befehlsstellen den Rückschlag beim tschechischen SchR. 7 auf dessen politische Unverläßlichkeit zurückführen wollten, wies der Brigadier einen solchen Verdacht entschieden zurück.

28

Die beiden Honvéddivisionen (38. und 40.) zählten jede wenig über 1000, die k.u.k. 7. ID. samt den bei ihr eingesetzten Verstärkungen 3600, die 55. ID. 4000 Gewehre. Der Stand der deutschen Divisionen schwankte zwischen 5500 und 6000 Streitern. Hinzig die k.u.k. 19. ID. konnte mehr als 10.000 Feuergewehre ausweisen.

2) Reichsarchiv (Manuskript).

29

   Ital. Gstb. W., II, Text, 63.

30

2)    In diese Zahl sind das deutsche Alpenkorps und einige erst nach Kriegsausbruch eintreffende Marschbataillone nicht eingerechnet.

31

3)    Ital. Gstb. W., II, Text, 124; T o s t i, La guerra Italo-Austriaca, 1915—1918 (Mailand 1927), 62.

32

Nach der Darstellung im ital. Gstb. W., II, Text, 102, sollen sich zwei Bataillone doch auf dem Ostufer behauptet haben.

2)    Zwei Bataillone und eine Gebirgsbatterie der 57. ID. standen noch in Kärnten und sind hier nicht eingerechnet.

3)    T o s t i, 69; C a d o r n a, La guerra, I, 136 f.

33

Wenn verschiedene italienische Schriftsteller (Cadorna, La guerra, I, 129; Z i n g a 1 e s, 232; Tosti, 59 f., 70) die besondere technische Ausgestaltung der öst.-ung. Stellung hervorheben, so entspricht dies keineswegs den Tatsachen. Siehe auch P i t r e i c h, Der österreichisch-ungarische Bundesgenosse im Sperrfeuer (Klagenfurt 1930), 219 f.

34

) Danilow, 512 f., 521 ff. — K o r o 1 k o w, Das mißlungene Cannae (in russischer Sprache, Moskau 1926), 14.

35

   Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 323.

36

2)    Nesnamow, IV, 69.

37

   Tosti, 78 f.

38

2)    Bei diesen Kämpfen zeichnete sich Hptm. Stephan Inselt v. Gölle, Kommandant des III. Bataillons des IR. 38, durch persönliche Tapferkeit und entschlußfreudige Führung derart hervorragend aus, daß er mit dem Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens belohnt wurde.

39

3)    T o s t i, 79.

40

) Das Königlich Bayerische Infanterie-Leibregiment im Weltkrieg 1914—1918 (München 1931), 84.

2) Ital. Gstb. W., II, Text, 320 f., Dokumente, 340 f.

41

   Ital. Gstb. W., II, Text, 336.

42

   Darunter 24 zu nur drei Kompagnien; dafür waren einzelnen Bataillonen die in Kompagnien oder Züge zusammengefaßten Gendarmericassistenzen angegliedert worden.

43

3)    Darunter mehr als zwei Drittel alte, aus den Jahren 1861 bis 1880 stammend.

44

4)    Vorstehende Stärkeangabe fußt auf der italienischen Kricgsglicdcrung bei Kriegsbeginn. Bis Ende August wurden aber zahlreiche schwere Geschütze aus den Festungen des Hinterlandes zugeschobcn, deren Zahl nicht festgestcllt werden kann.

45

   Kuhl, I, 210 ff.